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Bakterielle Infektionen

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42.1 Diagnostik bakterieller Infektionen

Klaus-Peter Hunfeld, Thomas A. Wichelhaus, Volker Brade

Die Diagnostik bakterieller Infektionen erfordert die Kenntnis des Erregers,der folgendermaßen nachgewiesen werden kann:

  • Die Isolierung und Identifizierung des Erregers in der Kultur oder im mikroskopischen Präparat.
  • Serologische Tests zum Nachweis Erreger spezifischer Antikörper gegen das Bakterium oder bakterielle Antigene
  • Die Bestimmung von Erreger spezifischem Antigen.
  • Die Detektion von Erreger spezifischer DNA/RNA.
  • Immunologische Funktionsassays (z.B. γ-Interferon-release assays).

42.1.1 Direkter Erregernachweis

Der kulturelle Erregernachweis gilt für viele Krankheiten durch Infektion als Goldstandard in der mikrobiologischen Diagnostik. Die Anzucht von anspruchslosen, schnell wachsenden Bakterien ist in der Regel einfach, sicher, schnell und kostengünstig durchzuführen und darüber hinaus für die therapeutisch bedeutsame Antibiotika-Empfindlichkeitstestung der Erreger unabdingbar. Auf die Methoden des kulturellen Erregernachweises wird in den nachfolgenden Beiträgen nicht eingegangen. Für diese Untersuchungstechniken wird auf einschlägige Fachbücher der Medizinischen Mikrobiologie verwiesen. Je nach Art des Erregers mit seinen zum Teil anspruchsvollen Wachstumseigenschaften und längeren Generationszeiten kann aber das notwendige Untersuchungsintervall bis zum Vorliegen eines mikrobiologischen Befundes manchmal Tage oder auch mehrere Wochen (z.B. Mykobakterien) betragen.

Der direkte Nachweis von Mikroorganismen kann alternativ bei schwer anzüchtbaren Erregern, z.B. der atypischen Pneumonie, auch serologisch über Erreger spezifische Antigene mittels spezifischer polyklonaler oder besser monoklonaler Antikörper, über die direkte Immunfluoreszenz, Enzyme-Linked Immunosorbent-Assay oder immunchromatographische Assays erfolgen, z.B. der Nachweis von Legionellen-Antigen im Urin.

Molekularbiologische Methoden werden bevorzugt dann eingesetzt, wenn das Ergebnis sehr schnell vorliegen soll, z.B. MRSA-PCR oder die in vitro-Vermehrung eines anspruchsvollen Erregers nur schwer möglich ist bzw. die Erregeranzucht viel Zeit in Anspruch nimmt, z.B. Pertussis, Mykobakteriosen /1234/.

42.1.1.1 Molekularbiologische Methoden

Siehe auch Beitrag 52.3 – Amplifikationstechniken.

42.1.1.1.1 Wichtige Grundbegriffe

Zielsequenz

Zielsequenzen sind genetisch stabile, klar definierte und für den jeweiligen Erreger spezifische Zielstrukturen im Genom der jeweiligen Spezies oder Gattung. Aus nicht primär sterilen Materialien gewonnene Proben sollten für die gezielte Erregersuche möglichst Erreger-spezifische Zielstrukturen verwenden. Dem gegenüber ist aus primär sterilen Materialien durch die Verwendung von Konsensussequenzen auch eine universellere Erregersuche und Detektion möglich /1/.

Analytische Spezifität

Die Spezifität molekularbiologischer Nachweisverfahren determiniert sich durch die Exklusivität für eine Zielstruktur bzw. einen bestimmten Erreger, um so falsch positive Ergebnisse durch kreuz reagible molekulare Strukturen bei eng verwandten Erregern zu vermeiden /1/.

Analytische Sensitivität

Die analytische Sensitivität steht für die Wahrscheinlichkeit des Nachweises einer Zielsequenz in einer Präparation von Nukleinsäuren aus einem typischen klinischen Probenmaterial, z.B. Genom-Äquivalente pro Milliliter oder je PCR-Ansatzvolumen /1/.

Diagnostische Sensitivität und Spezifität der Nukleinsäure-Amplifikationstechniken

Im Gegensatz zur analytischen Leistungsfähigkeit von Verfahren der Molekularbiologie beziehen sich die diagnostisch Sensitivität auf richtig positive Proben bei Kranken und die diagnostische Spezifität richtig negative Proben eines Referenzkollektivs. Es handelt sich um klinisch eindeutig charakterisierte Individuen mit der gesuchten Erkrankung bzw. Vergleichskollektive ohne die gesuchte Infektionserkrankung oder mit eng verwandten bakteriellen Infektionen /1/.

42.1.1.1.2 Analytik mittels Gensonden

Eine Gensonde (Probe) ist eine kurze markierte einzelsträngige Nukleinsäure, die komplementär zu dem DNA- oder RNA-Abschnitt ist, der nachgewiesen werden soll. Die Länge der Sonden (DNA- oder RNA-Fragmente) ist variabel (zumeist 15–50 Nukleotide). Die Gensonden-Analytik beruht auf der Eigenschaft von Nukleinsäuren, sich durch die Ausbildung spezifischer Basenpaarungen unter geeigneten experimentellen Bedingungen reversibel an für sie komplementäre Nukleinsäuresequenzen zu binden (Hybridisierung). Gängige Testformate sind die Flüssigphasen-, Festphasen- und die in situ-Hybridisierung.

Die Hybridisierung von Flüssigphasen ist am weitesten verbreitet. Derartige Sondentests, die Erreger spezifische Zielsequenzen anwenden, sind zwar hoch spezifisch, aber zumeist von nur geringer analytischer Sensitivität. Sie haben daher für den Direktnachweis von Erregern aus klinischen Proben im Vergleich zu Verfahren der Amplifikation von Nukleinsäure deutlich an Bedeutung verloren und werden im Wesentlichen nur noch für die Identifikation von Mikroorganismen und auch für den Nachweis von Resistenzgenen aus Kulturmaterial eingesetzt.

Die Gensonden Analytik ist durch vier Verfahrensschritte charakterisieren:

  • Trennung der DNA-Doppelstränge (Denaturierung) in der Probe.
  • Hybridisierung von Erreger-DNA oder -RNA und Gensonde.
  • Entfernung nicht hybridisierter Gensonden (Waschvorgang).
  • Nachweis der Hybridisierungsprodukte mit einem geeigneten Detektionssystem.

Um die Zahl der DNA-Targetmoleküle in der Probe, d.h. die Nachweisempfindlichkeit zu erhöhen, kann dem Hybridisierungsverfahren eine klassische Anreicherungskultur oder eine molekularbiologische Amplifikationstechnik, z.B. in Form einer PCR, vorgeschaltet werden /2/.

Sonderformen der Analytik mit Gensonden ist die Verfahren der Signalamplifikation, die nicht primär die Erreger-spezifische Zielsequenz vermehren, sondern durch eine Verstärkung des Detektionssignals nach spezifischer Bindung von Gensonden zu einer erhöhten analytischen Sensitivität führen. Beispiele für diese Verfahren sind das Hybrid-Capture Verfahren oder das Branched DNA Verfahren, die allerdings eher für hohe Erregerkonzentrationen in der Probe geeignet sind und vor allem in der virologischen Erregerdiagnostik Bedeutung haben.

42.1.1.1.3 Verfahren zur Amplifikation von Zielsequenzen

Nachfolgend wird lediglich auf die für bakterielle Infektionen wesentlichen Verfahren eingegangen /2/.

Nukleinsäure-Amplifikations-Techniken (NAT)

NAT-Verfahren wie die Polymerase Chain Reaction (PCR) oder die Ligase Chain Reaction (LCR) sind weitgehend automatisierbare molekularbiologische in vitro-Verfahren zur zielgerichteten exponentiellen Vermehrung (Amplifizierung) von Nukleotidsequenzen.

PCR: Voraussetzung für die Amplifikation erregerspezifischer DNA ist, dass die DNA-Zielsequenz am 5'- und 3'-Ende so weit bekannt ist, dass zwei Oligonukleotide (Primer) als Synthesestarter abgeleitet werden können. Die PCR ist durch 3 Verfahrensschritte charakterisiert:

  • Denaturierung der zu vermehrenden doppelsträngigen DNA in Einzelstränge (bei 94 °C).
  • Anlagerung (Annealing bzw. Hybridisierung) der Primer an die Zielsequenz der DNA-Einzelstränge bei ca. 55 °C.
  • Polymerisierung (Extension) der Einzelstrang-DNA zur Doppelstrang-DNA mittels einer thermostabilen Polymerase bei 72 °C.

Nested PCR: Für dieses Verfahren werden zwei verschiedene PCR-Ansätze entweder integriert oder sequentiell hintereinander geschaltet. Nach Beendigung der ersten PCR erfolgt eine weitere PCR gestützte Amplifikation der Zielsequenz über ein zweites Primerpaar, welches an spezifische Sequenzen innerhalb des Amplifikats aus der ersten Vervielfältigung bindet und so den inneren Teil des primären Amplifikats erneut vervielfältigt. Dies führt zu einer erhöhten Sensitivität dieser geschachtelten PCR Analyse. Derartige Verfahren sind anfällig für Kontaminationen und sollten möglichst integriert im selben Reaktionsgefäß (Single-tube assay) vorgenommen werden, um ohne Öffnung des Gefäßes auszukommen und so das Kontaminationsrisiko zu minimieren.

Multiplex-PCR: Mit diesem Verfahren werden durch Kombination verschiedener Primerpaare im Idealfall mehrere Pathogene gleichzeitig aus derselben Probe spezifisch nachgewiesen. Derartige PCR’s werden z.B. zum gleichzeitigen Nachweis typischer respiratorischer Pathogene zur Diagnostik der Pneumonieverwendet. Multiplex-PCR’s sind meist nicht für alle Erreger gleichermaßen empfindlich und in vielen Fällen weniger sensitiv als die entsprechenden Singleplex-PCR /3/.

Light chain reaction (LCR): Das Verfahren wird nur noch selten eingesetzt und ist vergleichbar dem der PCR. Der Unterschied, besteht darin, dass nach thermischer Denaturierung der Nukleinsäuresequenzen im zweiten Teil des Zyklus zur Zielsequenz komplementäre Oligonukleotide angelagert werden. Diese liegen so dicht beieinander, dass im dritten Teil des Zyklus die hybridisierten Oligonukleotide durch eine thermostabile Ligase miteinander kovalent verknüpft werden können.

Real time quantitative PCR: Basierend auf dem klassischen PCR-Prinzip ist die real-time PCR eine Variation der PCR Technik mit der Aufgabe ein Zielmolekül zu vermehren und gleichzeitig zu quantifizieren. Ein wesentliches Merkmal ist, dass das amplifizierte Bruchstück der klassischen PCR auch detektiert wird während die Amplifikation real weiterläuft. Zwei Verfahren werden zur Detektion der real-time PCR-Produkte angewendet:

  • Unspezifische Fluoreszenzfarbstoffe (z.B. SYBR Green), die sich in die zweisträngige DNA einschalten.
  • Sequenz-spezifische Oligonukleotide (z.B. TaqMan Sonden), die mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert sind. Diese Farbstoffe erlauben einen Nachweis erst nach der Hybridisierung der Sonde mit ihrer komplementären Sequenz.

Siehe auch Beitrag 52.3 – Amplifikationstechniken.

42.1.1.1.4 Identifikation von Zielsequenzen

Identifikation von Amplifikationsprodukten

Eine einfache Möglichkeit für den Nachweis von Amplifikaten der PCR ergibt sich durch den Einsatz von interkalierenden Farbstoffen (z.B. Cybergreen), die sich präferentiell an doppelsträngige DNA-Moleküle binden und dadurch verstärkt fluoreszieren.

Eine weitere Möglichkeit zur Messung und Identifizierung von Amplifikaten ist die Anwendung von spezifisch gelabelten DNA-Sonden und Molecular-Beacons. Hierbei handelt es sich um Farbstoff-markierte, kurze Nukleinsäurefragmente, die nach Bindung an ihre spezifische Zielsequenz über eine Konformationsänderung zu einer differenzierten Interaktion der an sie gebundenen Donator- und Akzeptorfarbstoffe führen. Dies bewirkt eine Änderung im Fluoreszenzverhalten dieser Farbstoffe im Vergleich zur Ausgangssituation, welche dann automatisch über spezifische Optiken qualitativ und quantitativ gemessen werden kann /3/.

DNA-Microarrays

Hierbei handelt es sich um im Mikroformat auf verschiedenen Reaktionsfeldern von miniaturisierten Reaktionsträgern (Glasmikrochips) aufgetragene immobilisierte Oligonukleotide mit spezifischer Sequenz. Die Oligonukleotide fungieren als Festphasen gekoppelte Hybridisierungssonden. Nach erfolgreicher Bindung der Targets werden die Komplexe über gekoppelte Farb- oder Fluoreszenzreaktionen sichtbar gemacht. Derartige Tests werden zur direkten Detektion spezifischer Targetmoleküle aus dem Untersuchungsmaterial und zur hochsensitiven Detektion und Identifikation von PCR-Produkten genutzt. Die Anwendung erfolgt z.B. im Bereich der molekularen Detektion von Resistenzmechanismen /2/.

42.1.1.2 Leistungsfähigkeit und Aussagekraft molekularbiologischer Testsysteme

Wenn zwischen Probenentnahme und Ergebnis möglichst wenig Zeit zur Diagnostik spezieller oder besonders anspruchsvoller Erreger vergehen soll, stellen NAT bei vergleichsweise hoher analytischer Sensitivität und Spezifität, als Kultur-unabhängige Analyseverfahren eine wertvolle Alternative dar /1234/. Dies gilt besonders dann, wenn es sich um schwer anzüchtbare Mikroorganismen handelt oder z.B. bei immunsupprimierten Patienten eine spezifische Immunantwort nicht zwangsläufig zu erwarten ist. Diesen Vorteilen stehen mögliche Nachteile gegenüber:

  • Molekularbiologische Verfahren können methodisch bedingt kaum zwischen Vermehrungs fähigen Organismen und avitalen Erregern unterscheiden.
  • Bei hoher Sensitivität besteht die Gefahr falsch positiver Befunde durch Umgebungs- oder Labor-bedingte Kontaminationen /1234/.
  • Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sind neue molekularbiologische Nachweisverfahren häufig wesentlich teurer als konventionelle Methoden.
  • Als nachteilig muss ebenfalls die in vielen Bereichen noch sehr gering ausgeprägte Standardisierung im Hinblick auf Zielsequenzen, Untersuchungsmethoden und die Probenbehandlung (DNA- und RNA-Isolierung) angeführt werden.
  • Die Evaluation von modernen molekularbiologischen Methoden in der Literatur und die Ergebnisse der externen Qualitätssicherung zeigen nicht ohne Grund eine z.T. erhebliche Variationsbreite der Leistungsfähigkeit von In-house Tests und kommerziellen Analysesystemen. Dies gilt insbesondere für die im Vergleich zu virologischen molekularen Untersuchungsmethoden noch relativ wenig standardisierten NAT-Verfahren in der medizinischen Bakteriologie, Mykologie und Parasitologie.
  • Molekularbiologischen Untersuchungsergebnisse sollten, wenn immer möglich, sowohl durch den Kliniker wie auch durch den Laborarzt nur im Kontext mit anderen mikrobiologischen Testergebnissen und verfügbaren klinischen Informationen erfolgen /1234, 5, 67/.

42.1.1.3 Präanalytik und interne Qualitätssicherung

Üblicherweise sollte Probenmaterial für die NAT im Kühlschrank bei 2–8 °C maximal 3 Tage zwischen gelagert werden. Ist eine längere Lagerung notwendig, erfolgt die Aufbewahrung für DNA-Analysen bei –20 °C und RNA-Analysen bei –70 °C in geeigneten Probengefäßen. Es ist zu beachten, dass bei Flüssigproben das Einfrieren und Auftauen zur Lyse von Bakterien und zellulären Bestandteilen führen kann /1/.

Im Rahmen der internen Qualitätskontrolle sind von zentraler Bedeutung /5/:

  • Maßnahmen gegen Kontaminationen.
  • Trennung der Prä-, Post-, und Amplifikationsschritte in autarken Räumen, wo geboten.
  • Wenn notwendig Einhaltung einer Einbahnstraße im Probenfluss seitens des Personals.
  • Nukleinsäure-Isolationsverfahren sind regelmäßig zu prüfen.
  • Dekontamination von Nukleinsäuren.

Kontrollen

  • Negativkontrollen: Mitführen in allen Aufarbeitungsschritten.
  • Positivkontrollen: Definierte Kontrollen im Bereich der Nachweisgrenze.
  • Kontrollproben mit bekannter Erregerkonzentration bei quantitativen Verfahren.
  • Verwendung von an internationalen Standardpräparationen abgeglichenen quantitativen Kontrollmaterialien (wenn verfügbar).
  • Inhibitionskontrolle in jeder Patientenprobe.

Identifizierung des Amplikons

  • Hybridisierung, Sequenzierung oder Restriktionsenzymanalyse.
  • Alleinige Größenbestimmung im Gel oder der Schmelzkurvenanalyse mit SYBR-Green nicht ausreichend.

Weiterhin sind Qualitätssicherungdmaßnahmen einzuhalten /5/.

Externe Qualitätssicherung

Im Rahmen der externen Qualitätskontrolle sind in Deutschland Ringversuche zum Bakteriengenom-Nachweis etabliert und halbjährlich durchzuführen /5/:

  • Bordetella pertussis.
  • Borrelia burgdorferi.
  • C. trachomatis, C. pneumoniae.
  • EHEC/STEC.
  • Helicobacter pylori.
  • Legionella pneumophila.
  • Listeria monocytogenes.
  • MRSA.
  • Mycobacterium tuberculosis.
  • Mycoplasma pneumoniae.
  • Neisseria gonorrhoeae.
  • Salmonella enterica.
  • Coxiella burnetii.
  • Francisella tularensis.

42.1.2 Indirekter Erregernachweis

Infektionserreger lassen sich auf indirektem Wege über die Bestimmung Erreger spezifischer Antikörper nachweisen, die im Rahmen einer humoralen Immunantwort gebildet werden. Von der humoralen Immunantwort abzugrenzen ist die Leihimmunität, d.h. die passive Übertragung von Antikörpern:

  • Von der Mutter auf den Fetus im Rahmen einer Schwangerschaft.
  • Nach Gabe von Blutprodukten.
  • Nach einer passiven Immunisierung.

42.1.2.1 Definition serologischer Grundbegriffe

Titer

Der Antikörper-Titer ist der reziproke Wert der höchsten geometrischen Probenverdünnung, bei der im jeweiligen Test noch ein positiver Reaktionsausfall vorliegt.

Einheiten pro Milliliter (U/ml)

Die meisten kommerziellen Immunoassays verwenden artifizielle Hersteller abhängige Units zur Testquantifizierung und sind somit untereinander für einen gegebenen infektionsserologischen Parameter nicht vergleichbar . Nur für wenige Parameter (z.B. Tetanus, Pertussis, Syphilis) stehen internationale Standardpräparationen zur Verfügung, die prinzipiell bei korrekter Einstellung der Tests eine Angabe in internationalen Units (IU)/ml erlauben. Vielfach sind aber, wie die Ergebnisse der infektionsserologischen Ringversuche zeigen, auch hier die quantitativen Ergebnisse kommerzieller Anbieter nur sehr bedingt oder gar nicht vergleichbar /6/.

Grenztiter/Grenzwert (Cut-off)

Der Grenztiter/Grenzwert ist der Antikörper-Titer oder Testwert, ab dem das Ergebnis eines serologischen Detektionsverfahrens, z.B. IFT/ELISA, mit hoher Wahrscheinlichkeit als spezifisch anzusehen ist. Der Grenztiter oder Grenzwert ist wesentlich für die diagnostische Sensitivität und Spezifität eines Tests und muss zumeist Test abhängig etabliert werden durch die vergleichenden Untersuchungen von:

  • Klinisch eindeutig Erkrankten.
  • Einer ausreichend großen Zahl (> 100) gesunder Kontrollprobanden, z.B. Blutspender aus der jeweiligen Region.
  • Proben von Individuen mit anderen Infektionen durch möglicherweise kreuz reagierende Erreger /7/.

Für viele infektionsserologische Tests (z.B. für Helicobacter sp., B. burgdorferi, Brucella sp.) können derartige Cut-offs nicht universelle Gültigkeit erlangen, sondern müssen in Bezug auf ihre Sensitivität und Spezifität u.U. regional evaluiert und den örtlichen epidemiologischen Gegebenheiten angepasst werden /7/.

Graubereich

Es handelt sich um den medizinisch und/oder methodisch bedingten und für jeden Assay, z.B. IFT, ELISA, individuell definierten Unsicherheitsbereich in der Interpretation des Ergebnisses. Der Graubereich umfasst die Überschneidung von negativem und positivem Kollektiv.

Diagnostischer Titer oder Testwert

Man spricht von diagnostischem Titer oder Testwert, wenn der Antikörper-Titer/Testwert so hoch ist, dass er allein mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen einer Infektion hinweist. Diagnostische Titer ausreichender Spezifität sind Test abhängig nur für wenige Erreger ausreichend gut etabliert, z.B. VDRL > 16 in der Lues-Serologie.

Signifikante serologische Befundänderung/ Titerdifferenz

Die Bestimmung von Antikörpern sollte nach Möglichkeit an zwei im Abstand von mindestens 10–14 Tagen (bei manchen Erregern wie z.B. Legionellen oder Borrelien auch nach 3–6 Wochen) entnommenen Proben durchgeführt werden.

Als signifikant können dann in der Paralleluntersuchung folgende Konstellationen kommentiert werden:

  • Der Erstnachweis von spezifischen Antikörpern bei negativer Vorprobe (Serokonversion).
  • Eine Befundänderung beider Proben im Parallelansatz um mindestens zwei geometrische Verdünnungsstufen, d.h. einen 4 fachen Anstieg oder Abfall des Titers, bzw. ein 2–3 facher Anstieg oder Abfall des quantitativen ELISA-Werts.
  • Das Absinken der spezifischen Antikörpertiter unter die Nachweisgrenze bei positiver Vorprobe (Re-Konversion).

Dies gilt überwiegend nur für Paralleluntersuchungen zusammen mit der Vorprobe im gleichen Testansatz unter Verwendung des gleichen Assays.

42.1.2.2 Serologische Verfahren

Basis der serologischen Untersuchungsverfahren ist die Antigen-Antikörper-Reaktion. Sie erbringt den Nachweis einer gegen einen Infektionserreger gerichteten humoralen Immunantwort über die Detektion Erreger spezifischer Antikörper mit Hilfe von bekannten Antigenen /89/.

Etablierte serologische Verfahren sind:

Agglutinationsverfahren.

  • Direkte Agglutination (z.B. Widal).
  • Indirekte/passive Agglutination, z.B. indirekter Hämagglutinationstest (IHAT).
  • Neutralisationstest.
  • Komplement-Bindungsreaktion (KBR).

Detektionssysteme unter Anwendung markierter Antikörper (siehe Tab. 52.1-1 – Immunchemische Techniken) z.B.:

  • Immunfluoreszenztest (IFT).
  • Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA).
  • Chemoluminiszenz Immunoassay (CLIA).
  • Multiplex-Fluoreszenz-Immunoassays.
  • Westernblot (Immunoblot).
  • Lineblot.

Multiplex-Fluoreszenz-Immunoassays

Die Neuentwicklung von Multiparameter-Testsystemen auf Einzelantigenbasis (Luminex-Technologie) erlauben simultane Multiplexanalysen einer Vielzahl von Analyten (z.B. Antigenen) in einer Probe im selben Messvorgang. Derartige Multiplex-Assays werden direkt in einer Mikrotiterplatte durchgeführt. Das Verfahren basiert auf winzigen Antigen-beschichteten Polystyrolpartikeln (Beads), die analog zu Westernblot und ELISA als Festphase für verschiedenste Nachweisreaktionen dienen /10/. Die verschiedenen Bead-Typen sind durch einen einheitlich definierten Fluoreszenzfarbton (Leerfärbung) gekennzeichnet und z.B. mit rekombinanten Borrelien-Einzelantigenen beschichtet. Die zu untersuchenden Proben werden dann inkubiert, wobei der jeweilige Bead-Typ an ggf. vorhandene Antigen spezifische Antikörper in der Patientenprobe bindet. Im nächsten Schritt werden die an der Oberfläche der Beads gebundenen Antikörper mit einem spezifischen Konjugat (Bindungs spezifischer Fluoreszenzmarker) markiert und so als Antigen-Antikörper-Komplex sichtbar gemacht. Die Menge des gebundenen Analyten ist dabei der entstehenden Fluoreszenzintensität direkt proportional und kann so quantifiziert werden. Im Analysesystem werden die Beads dann hinsichtlich ihrer jeweiligen Bindungs- und Leerfluoreszenz individuell detektiert, analysiert und quantitativ ausgewertet. Das Resultat sind Multi-Analyten-Profile, die funktional die Vorteile von Immunoblotanalysen mit den Untersuchungsprinzipien quantifizierbarer Immunoassays verbinden. Im Vergleich zu konventionellen ELISA weisen Multiplex-Fluoreszenz-Immunoassays unter Verwendung von Einzel- oder Mischantigenen eine deutlich verbesserte Aussagekraft auf /11/.

Interferon-γ release assay (IGRA)

Hierbei handelt es sich um Zellstimulations-Assays, deren Nachweisprinzip auf der Interferon-γ (INF-γ) Produktion von Immunzellen (z.B. T-Zellen) des Patienten nach Exposition und spezifischer Stimulation mit Erreger spezifischen Antigenen beruht. Nach einer entsprechenden Inkubationszeit wird das über die Antigenstimulation von im Blut des Patienten befindlichen spezifisch sensibilisierten Immunzellen gebildete IFN-γ in einem zweiten Testschritt über ein ELISA-Verfahren quantitativ gemessen. Entscheidend für die Testqualität sind die Eignung der verwendeten Erreger spezifischen Antigene sowie das Mitführen von negativen, positiven und Funktionskontrollen. Derartige Tests finden vor allem in der Tuberkulosediagnostik Anwendung /12/.

42.1.3 Spezifikation serologischer Testergebnisse

Serologische Resultate sollten qualitativ und quantitativ interpretiert werden. Ein qualitatives Ergebnis wird interpretiert als:

  • Positiv (reaktiv), wenn Antikörper nachgewiesen werden.
  • Negativ (nicht-reaktiv) bei Fehlen von Antikörpern.

Quantitative serologische Resultate werden spezifiziert angegeben, z.B. als Titer, in U/ml, IU/ml, oder als Angabe eines Grenzwertes. Auch die Angabe der Ergebnisse von Immunoasays kann qualitativ oder semiquantitativ erfolgen mit Angabe einer Beurteilung wie positiv 42 U/ml oder positiv (320 U/ml).

Bei Interpretation der Ergebnisse eines Immunoblots wird die Klasse der detektierten Antikörper, eine Beschreibung der detektierten Proteinbande, das Bandenmuster und eine Beurteilung der Testkonstellation genannt.

42.1.4 Diagnostische Schlüssigkeit serologischer Tests

Die diagnostische Zuverlässigkeit einer Methode in der Infektionsserologie und die Interpretation der Befunde, abgeleitet von den Resultaten, werden von den technischen Optionen und der Testkonzeption beeinflusst. Nur ein kleiner Teil der infektionsserologischen Tests hat eine genügend hohe diagnostische Sensitivität und Spezifität. Die Kombination eines Tests mit hoher diagnostischer Sensitivität mit einem spezifischen Bestätigungstest ist das beste diagnostische Prinzip.

Agglutinationsverfahren (Widal Reaktion) und KBR

Hier werden im selben Testansatz IgG- und IgM-Antikörper (im Widal und in der KBR vornehmlich IgM) erfasst; eine klassenspezifische Differenzierung der spezifischen Immunantwort ist in diesen Testsystemen nicht möglich. Insofern sind diese Verfahren primär als Screening-Tests und Zusatztests (KBR), aber nicht als alleiniger diagnostischer Ansatz geeignet.

IFT, ELISA, CLIA, LIA und Immunoblot

In Abhängigkeit vom Konjugat (polyvalenter oder monovalenter Sekundärantikörper) kann die erregerspezifische Immunantwort sowohl polyvalent erfasst, wie auch Antikörperklassen-spezifisch (IgG, IgM, IgA) differenziert werden. Auch kann im Immunoblot sowohl eine Antigen-spezifische wie auch eine Antikörperklassen-spezifische Analyse der Immunantwort vorgenommen werden. Der Immunoblot ist daher besonders als Abklärungs- und Bestätigungstest geeignet.

Qualitative Interpretation serologischer Tests

Ein negatives Testergebnis spricht gegen das Vorliegen spezifischer Antikörper. Eine latente oder manifeste Infektion mit dem vermuteten Erreger kann aber nur dann weitgehend ausgeschlossen werden, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Infektion und der Blutentnahme ein Zeitraum von mindestens 7–14 Tagen (bei bestimmten Erregern wie B. burgdorferi oder Legionellen sogar 3–6 Wochen) liegt und es sich nicht um Patienten mit Immunschwäche handelt.

Ein positives Testergebnis spricht für eine akute, kurzzeitig oder schon längerfristig zurückliegende Infektion mit dem entsprechenden Erreger. Voraussetzung ist, dass eine Kreuzreaktivität, bedingt durch die Antigengemeinschaft mit einem anderen Erreger, weitgehend ausgeschlossen werden kann.

Quantitative Interpretation serologischer Tests

Von serologischen Testsystemen gemessene quantitative Ergebnisse (Titer, U/ml, IU/ml) sind abhängig:

  • Vom Anstieg, der Persistenz und dem Abfall der Titer bzw. IU.
  • Dem Infektionserreger.
  • Von Güte und Zeitpunkt einer ggf. eingeleiteten antibiotischen Therapie.
  • Dem Immunstatus des Patienten.
  • Der Antigenpräparation.
  • Der angewendeten Nachweismethode.

Für eine sichere quantitative Befundinterpretation ist eine Verlaufsbeurteilung von im Abstand von mindestens 7–14 ( bis 21) Tagen entnommenen und im selben Assay untersuchten Proben notwendig. Es sprechen:

  • Ein Anstieg um mindestens zwei geometrische Verdünnungsstufen (vierfacher Titeranstieg) in den klassischen Titer-Tests (IHAT, IFT, KBR) und eine Verdopplung bis Verdreifachung quantitativer ELISA-Ergebnisse in aufeinander folgenden, parallel im selben Assay bestimmten Proben für die akute Infektion.
  • Gleichbleibend erhöhte Titer/Werte in aufeinander folgenden Proben für eine bestehende oder kürzlich abgelaufene Infektion.
  • Der Abfall des Titers um das 4-fache bzw. des ELISA-Ergebnisses um das 2–3-fache in zwei aufeinander folgenden, parallel getesteten Proben für eine vor kurzem durchgemachte, abklingende Infektion.

Ein den Grenzwert nicht überschreitendes Testergebnis schließt die akute Infektion aber nicht aus. Ursache kann die mangelnde Aktivierung des Immunsystems sein, z.B. auf Grund:

  • Eines erst kurz zurückliegenden Infektionszeitpunkts.
  • Einer frühzeitig initiierten Therapie.
  • Einer lokalisierten Infektion.
  • Einer Abwehrschwäche des Immunsystems.

Immunglobulin-klassenspezifische Analyse der Antikörperantwort

Der Nachweis von Erreger-spezifischen IgM-Antikörpern (bei einigen Erregern wie Helicobacter und Chlamydien auch IgA-Antikörpern) in der Einzelprobe weist üblicherweise auf eine akute, noch bestehende oder kürzlich abgelaufene Infektion hin. IgM-Antikörper werden als primäre Immunantwort auf eine Infektion gebildet, erreichen üblicherweise nach 2–3 Wochen maximale Werte und fallen innerhalb von 2–3 Monaten nach Auftreten der klinischen Symptomatik unter die Nachweisgrenze ab.

Allerdings bestehen Ausnahmen von dieser Regel bei einigen bakteriellen Infektionserregern, wie z.B. Borrelia burgdorferi und Treponema pallidum. Hier können spezifische IgM-Antikörper nach durchgemachter Infektion und auch nach Therapie noch Monate und Jahre persistieren.

Spezifische IgG-Antikörper steigen üblicherweise 2–3 Wochen nach erfolgter Infektion an. Maximale Werte werden nach mehreren Wochen erreicht. IgG-Antikörper persistieren lange Zeit, oft lebenslang.

Die Höhe der spezifischen IgG-Konzentration kann ein Kriterium der Immunitätslage (Serumnarbe, Impfung) und des Immunschutzes vor einer Neuerkrankung durch denselben Erreger sein, z.B. Tetanus-Immunität. In der Verlaufbeurteilung sprechen:

  • Ein ansteigendes spezifisches IgG für die akute Infektion oder die exogene oder endogene Reinfektion.
  • Gleichbleibend hohe Werte für eine zurückliegende, aber noch bestehende Infektionserkrankung oder eine abgelaufene Infektion.

42.1.5 Spezielle serologische Konstellationen

Bei der Befundung serologischer Tests ist zu beachten:

  • Reinfektionen, z.B. bei Pertussis, Syphilis, können, trotz des fehlenden Nachweises von spezifischem IgM in der KBR, dem IHAT, dem IFT und im ELISA einen Anstieg des Titers/Testergebnisses bewirken.
  • Reinfektionen, z.B. Syphilis, Borreliose, werden häufig nicht oder erst verspätet von einem Anstieg spezifischer IgM-Antikörper begleitet.
  • Spezifische IgA-Antikörper haben in der Diagnostik von Infektionen/Reinfektionen durch bestimmte Erreger, z.B. Bordetella pertussis, Helicobacter pylori eine gewisse Bedeutung. Allerdings können derartige Antikörper z.T. länger persistieren, sich irregulär verhalten bzw. auch durch Impfungen induziert werden. Die diagnostische Wertigkeit der Erreger-spezifischen IgA-Bestimmung in der bakteriologischen Infektionsserologie wird daher zunehmend kritisch gesehen bzw. nicht mehr empfohlen, zumal sich IgA-Assays in Evaluationsstudien und im Rahmen der externen Qualitätssicherung unter Routinebedingungen z.T. als wenig reproduzierbar erwiesen haben .
  • Der Nachweis Erreger-spezifischer IgM-Antikörper aus fetalem oder Neugeborenen-Blut ist primär verdächtig auf eine prä- oder perinatale Infektion. Die Verwendung von Nabelschnurblut ist diesbezüglich unsicher (cave Plazentaleck). Der kontinuierliche Abfall des erregerspezifischen IgG (Halbwertszeit ca. 4 Wochen) post partum deutet auf Leihimmunität hin.
  • IgM- und IgG-Antikörper-Titer nach Impfung können in Einzelfällen die Beurteilung einer möglichen (Re-)Infektion erschweren.

Allein an Hand qualitativer oder quantitativer serologischer Testergebnisse lassen sich Aussagen zur Effektivität einer antibiotischen Therapie in Abhängigkeit vom Erreger nur im Ausnahmefall, z.B. Syphilis, und nur in Kenntnis klinischer Zusatzinformationen treffen.

42.1.6 Störungen serologischer Testsysteme

Je nach Typ und Güte des Tests sind serologische Untersuchungsverfahren durch eine Reihe von Faktoren störbar. Zu unterscheiden sind dabei unspezifische Reaktionsausfälle durch Störfaktoren und falsch-positive Ergebnisse durch Kreuzreaktionen (Epitopgemeinschaften) des eingesetzten Antigens mit anderen als dem gesuchten Erreger, oder mit Antigenen des infizierten Wirtsorganismus. Typische Störfaktoren sind:

  • Rheumafaktoren.
  • Immunkomplexe.
  • Autoantikörper.
  • Pharmaka.
  • Antikoagulantien.
  • Matrixeinflüsse.

Die häufigste Ursache für falsch-positive serologische Testergebnisse sind aber Kreuzreaktionen, z.B. eine falsch-positive Brucellen-Serologie bei bestehender Yersinia enterocolitica-Infektion. Art und Ausmaß der Kreuzreaktivität und Störanfälligkeit sind von der Testmethode und der Güte des eingesetzten Antigens abhängig.

42.1.7 Qualitätssicherung in der bakteriologischen Infektionsserologie

Generell gelten für serologische Untersuchungen die gleichen Anforderungen der Good Laboratory Practice und der Qualitätssicherung für die Präanalytik, Analytik und Postanalytik wie in anderen Bereichen der Laboratoriumsmedizin . Das infektionsserologische Laboratorium muss alle notwendigen Sicherheitsanforderungen für medizinische Laboratorien erfüllen . Dringend geboten ist die Einrichtung eines Qualitätsmanagementsystems mit regelmäßiger interner und externer Qualitätskontrolle und Dokumentation. Hier wird auf die einschlägigen mikrobiologisch-infektiologischen Qualitätsstandards der DGHM, MIQ-Standards, QM-Handbücher und DIN-Normen verwiesen. Die Präanalytik, Analytik und Postanalytik im Hinblick auf quantitative und qualitative infektionsserologische Untersuchungen unterliegen in Deutschland, wo fachlich geboten und sinnvoll, den Bestimmungen der RILIBÄK für qualitative und quantitative laboratoriumsmedizinische Untersuchungen /13, 1415/.

Die Infektionsserologie arbeitet mit biologischen Testsystemen und ist z.T. wenig standardisiert und automatisiert. Dennoch lassen sich unter optimalen Bedingungen sehr gute diagnostische Ergebnisse erzielen. Einige Faktoren sollten jedoch bezüglich der Infektionsserologie besondere Beachtung finden und werden im Folgenden näher erläutert.

Interne Qualitätssicherung in der bakteriologischen Infektionsserologie

Die Arbeitsanleitungen für die durchgeführten Testverfahren sind ständig zu aktualisieren und in einem Labormanual zu sammeln. Grundsätzlich sollte eine jede diagnostische Untersuchung der internen Qualitätssicherung unterliegen . Die Art und Häufigkeit der Überwachung richtet sich nach den Vorgaben des Herstellers und dem Grad der Störanfälligkeit der serologischen Assays. Darüber hinaus sind in Deutschland die Bestimmungen der RILIBÄK zu beachten.

Untersuchungsmaterial

Das Untersuchungsmaterial ist üblicherweise Serum, sofern eine sterile Gewinnung der Probe gewährleistet ist. Eine Hämolyse im Probenmaterial ist zu vermeiden. Serum ist wegen seiner besseren Transportstabilität vorzuziehen und gegenüber Temperatur- oder mechanischen Einflüssen weit weniger empfindlich. Für viele Untersuchungen ist aber je nach Assay auch Plasma geeignet.

Lagerung

Serumproben können bis zur Untersuchung in dicht schließenden Gefäßen bei 4 °C für ca. 3–4 Tage gelagert werden. Sind längere Zeiträume nötig oder werden Rückstellproben aufbewahrt, sollten diese Seren üblicherweise bei –20 °C gelagert werden. Für Untersuchungen auf IgM, die nicht innerhalb von 3 Tagen vorgenommen werden konnten, werden Serumproben, optimalerweise bei –60 °C oder darunter, eingefroren. Ist dies nicht möglich, ist zu bedenken, dass der IgM-Anteil u.U. nicht mehr der ursprünglichen Höhe entsprechen kann .

Serumbank

Eine qualitativ hochwertige infektionsserologische Untersuchung und die Beurteilung von Serokonversionen und signifikanten quantitativen Befundänderungen hängt entscheidend von der Möglichkeit ab, Paralleluntersuchungen mit Vorproben vornehmen zu können. Zweitseren sollten daher parallel mit den Erstseren untersucht werden. Fachlaboratorien sind deshalb gehalten, eine Serumbank zur Lagerung von Vergleichsproben aufzubauen, um negative und positive Proben für spätere Paralleltestungen zur Verfügung zu haben. Ohne dieses Vorgehen ist vielfach eine valide Serodiagnostik mit klinisch aussagekräftiger Kommentierung nicht möglich.

Qualitäts-Kontrollseren

Kontrollproben sind zu portionieren und bei –20 °C (IgM: –80 °C) adäquat zu lagern. In der Regel sind in jedem Testansatz zumindest eine positive (optimalerweise quantifizierbare) Kontrolle, eine Cutoff Kontrolle und eine negative Kontrolle mit zu führen. Bei entsprechend längeren Untersuchungsläufen müssen mehrere Kontrollen in einer dem Untersuchungsgang angemessen Zahl mitgeführt werden.

Antigene, Ambozeptor, Komplement

Neue Reagenzienchargen für die KBR sollten unter Verwendung von definierten Kontrollen in den entsprechenden Vorversuchen auf ihre Aktivität geprüft werden. Die Überprüfung kann orientierend erfolgen, sofern der Hersteller für die Chargenkonformität und Stabilität bürgt.

Pipetten und Dispenser, Geräte, Mikroskope

Hier muss z.B. im Rahmen einer Fristenliste eine regelmäßige Eichung, Wartung und Reinigung entsprechend der DIN-Normen und den Bestimmungen der RILIBÄK erfolgen und dokumentiert werden. 

Quantifizierbare Untersuchungen

Wo immer sinnvoll, sollten Untersuchungen qualitativ und quantitativ durchgeführt werden. Hier sind in jedem Falle definierte positive, grenzwertige und negative Kontrollseren mitzuführen. Bei quantitativen Assays (IFT, IHAT, KBR) sollten die Kontrollen quantifizierbar sein und ggf. ausverdünnt werden, um Interassay-Schwankungen zu dokumentieren und in der Diagnostik zu berücksichtigen.

Die Quantifizierung von ELISA-Ergebnissen muss apparativ gemessen werden. Das Ergebnis der Messungen muss im linearen Bereich der Eichkurve liegen, insbesondere dann, wenn die Primärdaten für weitergehende Berechnungen (Indizes Liquor cerebrospinalis/Serum, signifikante Befundänderungen) verwandt werden.

Konjugate aus eigener Herstellung für den ELISA, Immunoblot oder IFT müssen bei einem Chargenwechsel durch Schachbretttitration eingestellt werden.

Beim Immunoblot müssen die Art und Position der immundominanten Antigene im Blot geprüft sein und dem Anwender müssen Auswerteschablonen und gut evaluierte Bewertungsschlüssel zur Verfügung stehen. In jedem Testansatz sollten entweder definierte positive und negative Reaktionskontrollen und Seruminkubationskontrollen mitgeführt werden. Diese Aufgaben müssen suffizient durch testintegrale Funktionskontrollen, z.B. Inkubations- bzw. Konjugatkontrollen, abgebildet werden. Cutoff Kontrollen (analytischer oder klinischer Cutoff), die eine einheitliche Beurteilung der Färbeintensität von Banden und deren Berücksichtigung für die Testauswertung ermöglichen, sind essentiell.

Referenzseren und Standardseren

Wenn immer möglich sollten nationale und internationale Referenzstandards mitgetestet werden und zur Überprüfung und Verbesserung einer einheitlichen Quantifizierung benutzt werden /6/. Eine Übersicht über die derzeit erhältlichen nationalen und internationalen Standardseren und deren Bestellung ist möglich bei: National Institute for Biological Standards and Control, PO Box 1193, Blanche Lande, South Mimms, Potters Bar, Herfordshire EN6 3QH, United Kingdom (https://www.nibsc.org).

Externe Qualitätssicherung

Ziel einer jeden Qualitätskontrolle in der Medizin ist die Überprüfung medizinischer Leistungen und davon ausgehend die Verbesserung der Behandlungsqualität. Qualität muss objektiv überprüfbar und durch Zertifikate belegbar sein. Inzwischen unterliegt eine ganze Anzahl von infektionsserologischen Parametern im Hinblick auf die externe Qualitätssicherung den Bestimmungen der RILIBÄK. In den z.T. wenig standardisierten Bereichen der Infektionsserologie stellen Ringversuche ein unabdingbar wichtiges und unabhängiges Instrument der externen Qualitätskontrolle dar und ermöglichen insbesondere die Aufdeckung systematischer Fehler. Ringversuche erlauben zudem eine realitätsnahe Evaluation von Laborleistungen in einer großen Zahl von Laboratorien.

Zugleich kann an Hand eines zuvor charakterisierten Probenpanels die gesamte Bandbreite der im Gebrauch befindlichen Inhouse-Tests und der kommerziellen Untersuchungsmethoden überprüft werden. Auch die korrekte Kommentierung und Bewertung von Befunden der infektionsserologie als wichtige laborärztliche Leistung wird bis zu einem gewissen Grad überprüfbar . Für alle Qualitäts bewussten Laboratorien ist die Teilnahme an Ringversuchen daher selbstverständlicher Bestandteil der externen Qualitätskontrolle. Die derzeit in Deutschland z.B. von INSTAND, Düsseldorf angebotenen Ringversuche für bakteriologisch-infektionsserologische Parameter sind zusammengefasst in Tab. 42.1-2 – Freiwillige und verpflichtende bakteriologisch-infektionsserologische Ringversuche in Deutschland.

Literatur

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42.2 Bartonellose

Klaus-Peter Hunfeld, Thomas A. Wichelhaus, Volker Brade

Bartonellosen sind vielgestaltige, subakut, akut oder chronisch persistierend verlaufende Infektionen bei Mensch und Tier und beinhalten klassische Erkrankungen wie das Fünftagefieber, das Oroya-Fieber und die Katzenkratzkrankheit. Der Verlauf und die Ausprägung von Krankheitserscheinungen beim Menschen wird erheblich vom Immunstatus des Patienten beeinflusst und eine ganze Reihe von neuen Erregern und Erkrankungsformen wurden erstmalig bei HIV-Erkrankten und anderen immunsupprimierten Personen beschrieben. Die Erreger sind fakultativ intrazelluläre, rickettsienähnliche Bakterien. Einige Vertreter der Bartonellen wie beispielsweise Bartonella henselae, der Erreger der Katzenkratzkrankheit, sind erst Anfang der 90er Jahre als humane Pathogene definitiv identifiziert worden /123/.

Die Gattung Bartonella umfasst derzeit über 20 verschiedene Spezies /4/. Die Speziesdifferenzierung erfolgt molekular z.B. über die 16S-23S (ITS)-Region oder das ribC-Gen /3/. Es besteht eine enge phylogenetische Verwandtschaft zu den Rickettsien und Brucellen /34/. Bartonellen sind anspruchsvolle, pleomorphe, gramnegative Stäbchenbakterien, die erst nach längerer Bebrütung (7–20 Tage) unter mikroaerophilen Bedingungen auf kochbluthaltigen Nährböden anwachsen. Die wichtigsten humanpathogenen Vertreter sind B. quintana, B. bacilliformis und B. henselae (Tab. 42.2-1 – Wichtige Vertreter der Gattung Bartonella). Andere zoonotische Spezies, B. clarridgeiae, B. elizabethae, B. vinsonii, B. grahamii, B. koehlerae, B. washoensis, sind wahrscheinlich fakultativ pathogen und z.T. erst in letzter Zeit in den Blickpunkt des medizinischen Interesses gerückt /1234/. Einziges bekanntes Reservoir für B. quintana und B. bacilliformis ist der Mensch. Die Übertragung von B. quintana erfolgt durch die humane Körperlaus (P. humanus). Wichtigstes Reservoirtier für B. henselae und B. clarridgeiae, die Erreger der Katzenkratzkrankheit, sind Katzen, bei denen häufig asymptomatische hochgradige Bakteriämien vorliegen. Die Vektoren für B. henselae und B. clarridgeiae sind nicht sicher bekannt; derzeit vermutet werden Flöhe und Fliegen. B. bacilliformis ist nur in bestimmten Gebieten Südamerikas endemisch, die dem Verbreitungsgebiet des spezifischen Vektors, der Sandfliege Luzomya entsprechen. Die Übertragung von verschiedenen Bartonellen auch durch Zecken und andere Arthropoden wird gleichfalls diskutiert /45, 6, 7, 89/.

Der direkte Erregernachweis mittels Kultur ist für die mikrobiologische Routinediagnostik derzeit weitgehend bedeutungslos.

42.2.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Epidemiologie

Im Gegensatz zu B. bacilliformis, die nur in den Andenregionen Perus, Equadors und Kolumbiens verbreitet ist, kommen B. quintana und B. henselae weltweit vor. Das Fünftagefieber ist als Erkrankung hochgradig assoziiert mit schlechten hygienischen Verhältnissen. So erlitt bereits Napoleons Grande Armée während ihres Russlandfeldzugs erhebliche Verluste und die Westalliierten verzeichneten später allein im I. Weltkrieg über 1 Mio. erkrankter Soldaten (engl. Name: trench fever) /3/. In letzter Zeit spielt der Erreger erneut, gerade bei Randgruppen, als urbanes Fünftagefieber und als Erreger von Endokarditiden wieder eine Rolle. Die Durchseuchungsraten in entsprechenden Risikogruppen (HIV, Obdachlose und Drogenabhängige) liegen bei 10–30 % /10/.

Die Häufigkeit der Katzenkratzkrankheit wird in den USA auf ca. 9/100.000 pro Jahr geschätzt. Die Antikörperprävalenz bei Katzen liegt weltweit bei 5–90 %. In Deutschland werden bis zu 13 % der Lymphknotenschwellungen am Hals durch B. henselae verursacht /4/. Vieles bezüglich der Epidemiologie, Übertragung und Charakterisierung von Reservoirwirten und möglicher Vektoren der bislang seltener isolierten potentiell human pathogenen Spezies ist nach wie vor unklar /45, 89/.

Inkubationszeit

Etwa 7 Tage bis zu mehreren Wochen.

Klinische Symptomatik

Bartonellen vermögen ein äußerst mannigfaltiges Spektrum an klinischen Symptomen hervorzurufen. Dabei kommen neben rein lokalen Infektionen bei fast allen Erregern auch systemische Verläufe und septische Organmanifestationen vor /111/. Je nach zu Grunde liegendem Erreger lassen sich folgende typische Verlaufsformen unterscheiden /13, 411/:

  • Die Katzenkratzkrankheit nach Infektion mit B. henselae oder B. claridgeiae. Hier kommt es ca. 7 Tage nach Katzenkontakt an der Eintrittsstelle zur Bildung einer papulösen oder pustulösen Effloreszenz und nachfolgender regionaler Lymphadenitis. In ca. 50 % der Infizierten entwickeln sich Allgemeinsymptome mit begleitendem Fieber.
  • Das durch Infektion mit B. quintana hervorgerufene Fünftagefieber: Nach Tagen bis Wochen kommt es zu plötzlich einsetzendem Fieber mit Schüttelfrost, das günstigstenfalls 4–5 Tage andauert. Bei der periodischen Form treten 5 bis 8 Fieberschübe von bis zu 5 Tagen Länge auf. Bei chronischem Verlauf kann es zu Fieberkontinua von bis zu 6 Wochen Dauer kommen. Oligosymptomatische afebrile Verläufe sind selten.
  • Die durch B. bacilliformis bedingte Carriónkrankheit: Typischerweise steht am Anfang dieses in Südamerika vorkommenden Krankheitsbildes eine hochfieberhafte Infektion (Oroyafieber) mit begleitender Hämolyse (Nachweis von intra erythrozytären Bakterien im Giemsa-gefärbten Blutausstrich) und einer nicht unerheblichen Letalität bei nicht antibiotisch behandelten Patienten. Im Anschluss an die fieberhafte Allgemeininfektion können auch bei nicht immunkompromittierten Patienten z.T. über Jahre persistierende knotige Angiomatosen der Haut (Verruga peruana) auftreten. Vor allem B. quintana und B. henselae können darüber hinaus Ursache für chronische infektiöse Myokarditiden und Endokarditiden mit Fieber durch rezidivierende Bakteriämien sein. B. henselae ruft zudem das Parinaud-Syndrom (granulomatöse Konjunktivitis und ipsilaterale Lymphknotenschwellung) hervor und ist ein wichtiger Erreger von Uveitis, Neuro- und Chorioretinitiden. Auch neurologische Infektionen mit meningitischem und enzephalitischem Verlauf sind beschrieben /34, 5, 711/.

Bei immunsupprimierten Personen und insbesondere bei HIV-Patienten sind vielgestaltige Krankheitsmanifestationen möglich, darunter die sowohl durch B. quintana wie auch durch B. henselae bedingte Peliosis (angiomatöse Herde in Leber und seltener in der Milz) und die sogenannte bazilläre Angiomatose. Diese vaskuloproliferativen tumorösen Läsionen werden durch spezielle angiogenetische Pathogenitätsfaktoren der Bartonellen ausgelöst und sind nach antibiotischer Therapie vollständig reversibel /34/.

Meldepflicht

Es besteht keine Meldepflicht nach IfSG.

42.2.2 Serologische Untersuchungen

Bei entsprechendem klinischen Verdacht ist der indirekte Erregernachweis mittels serologischer Diagnostik ab der 1.–2. Krankheitswoche indiziert.

IFT

Die Analyse der Immunantwort für IgG, IgA und IgM gegen Bartonellen wird sowohl in Form des üblichen IFT für die verschiedenen Spezies, wie auch als Mikroimmunfluoreszenztest (MIFT) mit mehreren Bartonella spp. pro Auftragsfeld angeboten. Als etabliert gelten darf lediglich der Nachweis spezifischer IgG-Antikörper /345/. Als besonders geeignet haben sich Antigensuspensionen von Bartonellen erwiesen, die aus Zellkulturen (Vero-Zellen) gewonnen werden und wichtige immunodominante Antigene (z.B. BadA) ausreichend exprimieren. Die Nachweisempfindlichkeit kann je nach Antigen (Houston-/Marseilles-Stamm) unterschiedlich sein /5/. Die diagnostische Sensitivität und Spezifität der verschiedenen IFT und MIFT ist zudem Test- und Hersteller-abhängig /1512/. Umfangreiche Evaluationsstudien mit gut charakterisierten Seren geben diagnostische Sensitivitäten von 50–98 % bei Spezifitäten von 89–96 % in Abhängigkeit von den gewählten Antigenen und Grenztitern an /5/. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Herstellern können erheblich sein /5/. Festkulturantigene erbringen im Gegensatz zu Zellkulturantigenen deutlich niedrigere Titer. Eine externe Qualitätskontrolle ist in Deutschland für die Bartonellen-Serologie noch nicht etabliert. Insofern liegen nur wenige objektivierbare Daten zur diagnostischen Qualität der kommerziellen Testsysteme vor.

ELISA und Immunoblot

Zur Anwendung kommen Antigene aus Ganzzellextrakten oder auch angereicherte äußere Membranpräparationen von Bartonellen. Antigene aus Zellkulturen zeigen eine höhere Sensitivität als Präparationen von Bartonellen, die auf konventionellen Festnährböden angezüchtet wurden. Insgesamt sind ELISAs für die IgG- und IgM-Detektion bislang zumeist etwas weniger sensitiv als der IFT und objektivierbare Leistungsdaten sind kaum verfügbar /35/. Immunoblots sind kommerziell kaum erhältlich und hinsichtlich klarer, sensitiver und spezifischer Interpretationskriterien und der diagnostisch relevanten immunodominanten Proteine bislang nicht ausreichend evaluiert /19/.

Untersuchungsmaterial

Serum: 1–2 ml

Referenzwerte und Grenztiter*

IFT/MIF

IgG

< 64–128

IgM

< 20

IgA

< 40

ELISA

(IgG, IgM und IgA)

negativ

* Grenztiter und Immunoblotinterpretation sind ebenso wie diagnostische Sensitivität und Spezifität Test- und Hersteller-abhängig. Die hier genannten Grenztiter sind daher als Richtwerte zu verstehen und sollten für den im jeweiligen Labor gebräuchlichen Test mittels laborinterner Leistungsprüfung an positiven Referenzproben und an negativen Blutspenderseren für die lokale epidemiologische Situation kritisch überprüft werden.

Serologische Befundinterpretation

Die meisten Patienten zeigen eine Serokonversion ca. 1–2 Wochen nach Beginn der klinischen Symptome. Die Werte für spezifisches IgM erreichen nach etwa 4 Wochen ihr Maximum, um dann innerhalb von ca. 100 Tagen unter die Nachweisgrenze abzufallen. Spezifisches IgG ist fast zeitgleich nachzuweisen, erreicht 7–8 Wochen post-infectionem wesentlich höhere Werte als das IgM, um dann kontinuierlich abzufallen und über Monate (teils Jahre) nach einer Infektion niedrigtitrig zu persistieren /1/.

Auch spezifische IgA-Antikörper werden gebildet und gelten ebenfalls als Hinweis für eine bestehende oder noch nicht lange zurückliegende Infektion. Je nach Dauer der Infektion und nach Art des Verlaufes (akut, subakut, chronisch) sind positive Befunde für spezifisches IgG und IgA in Kombination mit einem IgM-Nachweis mit einer Infektion vereinbar. Bei chronischen Verläufen kann das IgM fehlen.

Die IgM-Titer im IFT sind zumeist niedriger als die IgG- und IgA-Titer. Zurzeit darf allerdings im Hinblick auf die Routinediagnostik lediglich die serologische Befundung des IgG-Nachweises (nicht aber des IgM- und IgA-Nachweises) als wirklich etabliert gelten /35/.

Bewertung der Titer /11112/:

  • Titer ab 64–128 für IgG gelten im IFT als positiv und geben einen Hinweis auf eine bestehende oder zurückliegende Bartonellen Infektion.
  • Als diagnostisch gelten IgG-Titer von > 256 und sind mit positiven prädiktiven Werten von 90–100 % zumeist Ausdruck einer aktuell bestehenden Infektion /13/.
  • Klinisch Erkrankte zeigen aber durchaus noch wesentlich höhere Titer von > 2.048.
  • Als beweisend gilt der 4 fache Titeranstieg in parallel getesteten Verlaufsproben.
  • Auch sind seronegative Befunde bei klinisch und mikrobiologisch gesicherten Bartonellosen beschrieben.

Hinweise und Störungen zur Serologie

Positive Ergebnisse in der Bartonellen Serologie (auch IgG-Nachweise) sind stets im klinischen Kontext und prinzipiell mit Vorsicht zu interpretieren /5/. Die verschiedenen Bartonella spp., insbesondere B. henselae, B. quintana und B. bacilliformis, zeigen eine ausgesprochene wechselseitige Kreuzreaktivität. Die serologische Differenzierung ist nur ansatzweise im MIFT über die parallel bestimmte Titerhöhe oder durch Kreuzabsorption möglich /1/.

Falsch-positive Reaktionen durch Kreuzreaktivität mit Treponema pallidum, Chlamydien, Mykoplasmen, Coxiellen, Ehrlichien, Anaplasmen, Bordetella pertussis, Francisella tularensis und Toxoplasma gondii kommen vor /13, 512/.

Im Rahmen der polyklonalen Stimulierung bei der Infektion mit CMV und EBV sind ebenfalls falsch-positive oder unspezifische Befunde in der Serologie der Bartonellen beschrieben /5/.

42.2.3 Molekularbiologische Untersuchungen

Gut evaluierte kommerzielle Test-Kits sind nicht verfügbar. In Speziallaboratorien sind unter wissenschaftlichen Studienbedingungen molekularbiologische Methoden wie die PCR und die DNA-Hybridisierung für den direkten Bartonellennachweis aus klinischen Materialien (Blut, Liquor cerebrospinalis, Biopsate) eingesetzt worden.

Als diagnostische Zielsequenzen wurden z.B. speziesspezifische Abschnitte des 16S-rRNA-Gens, der 16S–23S-intergenic-transcribed-spacer-Region (ITS), des rpoB-Gens, des htrA-Gens und des Citratsynthetase (gltA)-Gens beschrieben /35/. In entsprechenden klinisch-diagnostischen Evaluationsstudien durch Forschungslaboratorien zeigten sich allerdings erhebliche Unterschiede in der Nachweisempfindlichkeit der PCR in Abhängigkeit von Patientenkollektiv und Methode.

Die diagnostische Sensitivität schwankt zwischen 60 und 100 %, die Spezifität wird mit ~ 100 % angegeben /135/.

Auch wenn eine Empfehlung zu bestimmten Zielsequenzen oder speziellen Methoden bislang nicht ausgesprochen werden kann, so gilt der Direktnachweis mittels 16S-23S (IST)-PCR als besonders sensitiv /5/.

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42.3 Borreliose

Klaus-Peter Hunfeld, Thomas A. Wichelhaus, Volker Brade

Die unter dem Begriff der Borreliosen zusammengefassten Erkrankungen werden durch spiralförmige, bewegliche Bakterien aus der Familie der Spirochaetaceae verursacht. Dadurch besteht eine für die Labordiagnostik bedeutsame Verwandtschaft zu den Treponemen und Leptospiren. Zum Genus Borrelia zählen sowohl die sogenannten Rückfallfieber Borrelien, wie auch die untereinander genetisch eng verwandten Vertreter des Borrelia burgdorferi-Komplexes, darunter die Erreger der Lyme-Borreliose (Synonym Lyme-Krankheit).

B. recurrentis spielt weltweit als Erreger des epidemischen Läuse-assoziierten Rückfallfiebers eine Rolle. Darüber hinaus übertragen verschiedene Lederzecken z.B. in Osteuropa und im Mittelmeerraum das durch B. caucasica, B. hispanica und B. hermsii hervorgerufene endemische Rückfallfieber /12/. Die Verdachtsdiagnose des Rückfallfiebers wird durch den mikroskopischen oder molekularbiologischen Erregernachweis im Blut direkt gesichert.

In Mitteleuropa bereitet jedoch vor allem die Lyme-Borreliose als die hierzulande bedeutsamste Vektor-übertragene Infektionskrankheit sowohl bei der klinischen Diagnose, als auch im Hinblick auf die direkte und indirekte Labordiagnostik größere Schwierigkeiten. Daher wird im Folgenden ausschließlich auf die diagnostischen Möglichkeiten bei klinischem Verdacht auf Lyme-Borreliose eingegangen.

Der Erreger der Lyme-Borreliose wurde 1982 in den USA durch W. Burgdorfer entdeckt und nach seinem Erstbeschreiber B. burgdorferi benannt /23/. Auf der Basis von Sequenzunterschieden der 5S–23S-intergenic-Spacer-Region des rRNA-Operons ist eine Einteilung des B. burgdorferi-Komplexes in verschiedene eng verwandte Genospezies möglich (Tab. 42.3-1 – Vertreter des Borrelia burgdorferi-Komplexes mit humanpathogener Bedeutung) /45/. Derzeit umfasst der B. burgdorferi-Komplex 18 Spezies. Für B. valaisiana und B. bissetii wird eine humane Pathogenität diskutiert. Als gesichert human-pathogen gelten bislang lediglich B. burgdorferi, B. afzelii, B. spielmanii, B. garinii und B. bavariensis /5/.

Die Erreger zeigen einen relativen Organotropismus:

  • B. burgdorferi für Gelenkmanifestationen.
  • B. afzelii und B. spielmanii für Hautmanifestationen.
  • B. garinii und B. bavariensis für das Nervensystem.

Die spiralförmigen Bakterien haben eine Länge von 4–30 μm und eine Dicke von 0,2–0,3 μm. Der Protoplasmazylinder der Bakterienzelle ist von 7–11 Geißeln umgeben /2/. Nach außen schließt sich eine äußere Membran an, in der verschiedene immunodominante äußere Membranproteine (Outer surface proteins: Osp A bis Osp F) identifiziert worden sind.

Pathogenetisch und serodiagnostisch von besonderer Relevanz war die Beschreibung und Charakterisierung der Variable major protein-like sequence expression site (VlsE) /7/.

Die zum B. burgdorferi-Komplex zählenden humanpathogenen Genospezies zeigen eine ausgesprochene genetische und phänotypische Heterogenität, was u.U. die mikrobiologische Diagnostik erheblich erschweren kann. Für diagnostische und epidemiologische Zwecke können Borrelienisolate mittels molekularbiologischer Verfahren (DNA-DNA-Hybridisierung, Plasmidanalyse, Restriktions-Längen-Polymorphismus-Analyse) und durch OspA-spezifische monoklonale Antikörpern typisiert werden /57/. Die derzeit favorisierte Methode zur Charakterisierung neuer Spezies ist das Multi-Locus-Sequence-Typing (MLST) /58/.

Borrelien sind kulturell nachweisbar. Bezüglich der kulturellen Erregerdiagnostik wird auf die spezielle Fachliteratur verwiesen. Die Kultur ist aufwendig und wird nur für besondere Indikationen in Speziallaboratorien eingesetzt /2/.

42.3.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Epidemiologie

In Europa sind 5 humanpathogenen Genospezies des B. burgdorferi-Komplexes verbreitet (Tab. 42.3-1 – Vertreter des Borrelia burgdorferi-Komplexes mit humanpathogener Bedeutung). In den USA kommt lediglich B. burgdorferi sensu strictu vor. Das natürliche Reservoir von Borrelien sind vor allem kleine Nagetiere, aber auch Wild und Haustiere. Die Übertragung der Borrelien auf den Menschen erfolgt in Mittel- und Osteuropa im Wesentlichen durch Schildzecken (Ixodes ricinus, Ixodes persulcatus). Bei einem Zeckenstich ist das Risiko einer Borrelieninfektion in ganz Deutschland gegeben, da ca. 20 % der adulten Zecken, ca. 10 % der Nymphen und ca. 1 % der Larven mit Borrelien infiziert sind.

Die hohe Prävalenz von Borrelienantikörpern in der Gesamtbevölkerung (Europa: 1–36 %; Deutschland: 3–17 %) belegt ein regional unterschiedlich großes Infektionsrisiko /7/. Aber nur bei ca. 1 % der Zeckenstiche ist mit dem Auftreten von Krankheitssymptomen zu rechnen /2/.

Die Häufigkeit der Infektionen folgt der biologischen Aktivität der Zecken und gipfelt in der wärmeren Jahreszeit (April bis Oktober). In Europa schwankt die Inzidenz der Lyme-Borreliose zwischen 155/100.000 in Slowenien und 0,6/100.000 in Irland /9/. Ältere Arbeiten gehen für Deutschland von näherungsweise 30–60.000 Neuerkrankungen pro Jahr aus /810/. In den neuen Bundesländern besteht eine Meldepflicht für die Lyme-Borreliose. Für die neuen Länder sind durchschnittliche Inzidenzraten von bis zu 5.221 Fällen pro Jahr von den lokalen Gesundheitsbehörden berichtet worden /21011/. Neuere Untersuchungen legen aber Zahlen von bis zu 220.000 inzidenten Fällen jährlich in Deutschland nahe /11/.

Inkubationszeit

Tage bis zu mehrere Monate, unter Umständen sogar Jahre.

Klinische Symptomatik

Die meisten Infektionen (95 %) durch B. burgdorferi nach einem Zeckenstich verlaufen klinisch inapparent. Bei der manifesten Lyme-Borreliose handelt es sich, analog zur Syphilis, um eine stadienhaft ablaufende Multisystem Erkrankung mit vorwiegender Beteiligung der Haut, der Gelenke und des Nervensystems (Tab. 42.3-2 – Klinische Manifestationen der Lyme-Borreliose).

Die wichtigsten klinischen Falldefinitionen einer manifesten Lyme-Borreliose sind mit laboratoriumsmedizinischen Untersuchungsindikationen zusammengefasst /9/. Siehe Tab. 42.3-3 – Klinische Falldefinitionen und Untersuchungsindikationen.

Eine Einteilung erfolgt klinisch nach der Art der Symptome und entsprechend der Dauer der Infektion in frühe und späte Manifestationen /28/.

Frühmanifestationen (lokalisiert, Stadium I): Das wandernde Erythem ist Leitsymptom dieses Stadiums. Nach einer Inkubationszeit von Tagen bis Wochen kommt es typischerweise zu einer örtlichen, sich dann ringförmig ausbreitenden Hautröte (Erythema migrans).

Frühmanifestationen (disseminiert, Stadium II): Schon nach einem Zeitraum von Tagen bis hin zu einigen Monaten nach der Primärinfektion kann der Erreger in verschiedene Organsysteme, vor allem in das Nervensystem, disseminieren.

Das Bannwarth-Syndrom (Meningo-Radikulo-Neuritis) stellt die häufigste Krankheitsmanifestation und somit das Leitsymptom dieses Stadiums dar. Klinisch stehen brennende, häufig nächtliche, radikuläre Schmerzen mit oder ohne Lähmungserscheinungen im Vordergrund. Sonderformen des Stadiums II sind die Fazialisparese das multiple Erythem, die Lyme-Karditis und das Borrelien-Lymphozytom. Die Fazialisparese kann einseitig oder selten doppelseitig auftreten und insbesondere bei Kindern bereits sehr früh, z.T. bereits wenige Tage nach einem Zeckenstich auch ohne vorangehendes Erythem manifest werden /2/.

Spätmanifestationen (disseminiert, Dauer über 6 Monate: Stadium III): Bei Erregerpersistenz ist eine Fortdauer der Infektion über Monate bis Jahre möglich. Die Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA) und die Lyme-Arthritis sind die häufigsten Manifestationen dieses Stadiums. Die ACA betrifft vor allem die unteren Extremitäten. Nach zunächst stark entzündlichen Reaktionen wird im Endstadium der ACA eine ausgeprägte Hautatrophie beobachtet. Die typische Lyme-Arthritis betrifft vor allem große Gelenke wie das Kniegelenk. Neurologische Spätmanifestationen (Enzephalitis) sind sehr selten /28/.

Der natürliche Verlauf der Borrelieninfektion kann stark variieren und ist bis auf Spätmanifestationen (Krankheitsdauer über 6 Monate) zumeist selbstlimitierend. In den meisten Fällen kommt es nach Zeckenstich mit subklinischer Infektion niemals zu einer Erkrankung. Die Infektion schreitet nicht zwingend von einem Stadium zum anderen fort. Auch ohne antibiotische Behandlung ist nur bei etwa 20 % der Patienten mit Erythema migrans mit disseminierten Früh- oder Spätmanifestationen zu rechnen. Auf der anderen Seite wird typischerweise nur bei etwa 30 % der Patienten mit Bannwarth-Syndrom ein vorausgegangenes Erythema migrans beobachtet /812/. Die klinische Diagnose der Lyme-Borreliose wird durch die Tatsache erschwert, dass die Krankheitssymptome häufig unspezifisch sein können und ein Zeckenstich nur bei etwa 50 % der Patienten erinnerlich ist /2812/. Wegen dieser besonderen Schwierigkeiten bei der klinischen Diagnose kommt den Laboruntersuchungen bei gezielter Indikationsstellung eine erhebliche diagnostische Bedeutung zu /8/. Siehe Tab. 42.3-3 – Klinische Falldefinitionen und Untersuchungsindikationen.

Meldepflicht

Es besteht deutschlandweit bislang keine flächendeckende Meldepflicht nach IfSG für die Lyme-Borreliose (B. burgdorferi). Eine Meldepflicht besteht nach IfSG § 7 (Labor) jedoch für B. recurrentis.

42.3.2 Serologische Untersuchungen

Für die Diagnose Lyme-Borreliose bedarf es der klinischen Feststellung eines passenden Krankheitsbildes /9/. Nur bei entsprechenden klinischen Symptomen ist die serologische Untersuchung indiziert. Die Untersuchung ist bei entsprechendem Verdacht erst ab der Woche 2–3 nach einer möglichen Infektion oder Exposition für die diagnostische Absicherung sinnvoll.

Sinnvolle Indikationen für die serologische Untersuchung bei Verdacht auf Lyme-Borreliose sind zusammengefasst in Tab. 42.3-3 – Klinische Falldefinitionen und Untersuchungsindikationen.

Neue Immunoassays (ELISA und CLIA) haben durch den Einsatz neuer Antigene (besonders VlsE) eine verbesserte diagnostische Sensitivität und Spezifität. Deshalb wurde vorgeschlagen für die Primärdiagnostik auf den nachgeschalteten Einsatz von Immunoblots zur Bestätigung positiver Screeningbefunde zu verzichten /9/. Entsprechende Studien in Europa zeigen jedoch, dass keiner der in der Diagnostik der Lyme-Borreliose gebräuchlichen serologischen Tests für sich allein genommen eine ausreichend hohe diagnostische Spezifität besitzt /910, 13, 1415/. Deshalb wird von den meisten wissenschaftlichen Fachgesellschaften als verlässlichstes labordiagnostisches Vorgehen empfohlen /89, 1216/:

  • Suchtest hoher Nachweisempfindlichkeit (ELISA).
  • Kombiniert mit einem Bestätigungstest hoher Spezifität (Immunoblot).

Siehe:

42.3.2.1 Suchtests

Als Suchtest sollten ELISA und CLIA eingesetzt werden. Derartige Testverfahren sind sowohl für die polyvalente, wie auch für die selektive und quantitative Bestimmung von IgG und IgM geeignet. Andere serologische Tests, z.B. IHAT oder KBR und auch der IFT, sind nicht mehr zeitgemäß /916/. Die Patientenseren werden bei einer Reihe von Assays mit T. phagedenis vorabsorbiert, um die Spezifität der Suchtests zu erhöhen. Für den selektiven IgM-Nachweis ist je nach Test ggf. die Serumbehandlung mit einem Rheumafaktor Absorbens zur Vermeidung falsch-positiver Ergebnisse durch Rheumafaktoren notwendig. Rekombinante Testformate verzichten häufig auf eine derartige Vorbehandlung.

ELISA, CLIA

Die Antigenfraktionen für die spezifische Antikörperdetektion im ELISA bzw. CLIA bestehen entweder aus einem Ultrasonikat oder Zellextrakt von Borrelien (Ganzzell-ELISA, Extrakt-Antigen-ELISA) oder aus rekombinant hergestellten, gereinigten Proteinen, die in vivo eine spezifische Immunantwort anregen können, wie z.B. Osp17/p18 (DbpA), Flagellin (p41), p39, p58, Osp C, VlsE (selektiver ELISA). Auch sind Hybridtests verfügbar, die beide Arten der Antigenpräparation kombinieren, z.B. Anreicherung konventioneller Antigenextrakte mit rekombinatem OspC oder VlsE.

Studien zur Frage, ob Immunoassays die hochspezifische Antigene (VlsE) oder Peptide (C6) anwenden ausreichend sensitiv und spezifisch sind um die übliche zweischrittige Serodiagnostik zu ersetzen /17/, lassen derzeit noch Fragen offen. Ein Grund ist, dass die Präsenz von mehreren humanpathogenen Borrelien-Genospezies in Europa und die daraus resultierende Heterogenenität der immundominaten Antigene derartige Testansätze erschwert /91315/.

Die CLIAs unterscheiden sich von den ELISA lediglich im Hinblick auf die Art der Detektion nicht aber prinzipiell bezüglich der eingesetzten Antigenpräparationen. Die Spezifität moderner Immunoassays liegt bei 80–90 % und derartige Assays sind im Laboralltag bei großen Probenzahlen wegen der automatisierten Ablesung, der Messgenauigkeit und einfacheren Handhabung für die serologische Borrelien-Diagnostik Standard. Die Ergebnisse der verfügbaren Immunoassays können in Abhängigkeit von Antigenkomposition und Hersteller stark variieren. Die Resultate verschiedener Tests und Laboratorien sind daher nur bedingt vergleichbar /1014, 18/, zumal Parallelansätze mit archivierten Vorseren kaum vorgenommen werden.

42.3.2.2 Bestätigungstests

Als Bestätigungstest dienen neben klassischen Ganzzell-Lysat-Immunoblots (Westernblots) vor allem Immunoblots und Lineblots mit rekombinant hergestellten Antigenen (rekombinanter Blot). Zunehmend kommen auch Hybridtests zum Einsatz, die beide Arten der Antigenpräparation kombinieren.

Ganzzell-Lysat-Immunoblot

Für den Ganzzell-Lysat- oder Vollantigen-Immunoblot wird Borrelien-Ultrasonikat als Antigenpräparation eingesetzt (Abb. 42.3-2 – Immunoblotformate mit verschiedenen Antigenpräparationen). Somit stehen sämtliche Borrelien-Antigene, d.h. sowohl spezifische immundominante wie auch unspezifische Proteine, für die Antikörperdetektion zur Verfügung. Für die Qualität eines solchen Blots ist die optimale Expression der spezifischen immundominanten Antigene des verwendeten Borrelienstamms entscheidend.

Untersuchungen haben gezeigt, dass verschiedene Stämme eine z.T. erhebliche Variabilität ihrer immundominanten Antigene aufweisen. Für Europa hat sich der B. afzelii-Stamm PKo als besonders geeignet erwiesen /81618/.

Unter standardisierten Bedingungen wurden Kriterien zur Auswertung von Vollantigen-Immunoblots unter Verwendung des Stammes PKo erarbeitet (Tab. 42.3-5 – Beispielhafte Kriterien für die positive Interpretation von Immunoblots). Nachteilig ist, dass bestimmte immundominante und für die Diagnostik wichtige neue Antigene wie das VlsE nur in vivo exprimiert werden und daher unter konventionellen Bedingungen nicht zur Verfügung stehen.

Viele Hersteller konventioneller Lysatblots setzen daher bestimmte rekombinante Proteine (VlsE, OspC) speziell zu (Hybridtests), um diese diagnostischen Lücken zu schließen. Chargenspezifische Auswerteschablonen und die Überprüfung der Antigenlokalisation mittels monoklonaler Antikörper durch den Hersteller bei Ganzzell-Lysat-Immunoblots sind für die Ergebnisqualität der Diagnostik mit Vollantigenblots entscheidend /8/.

Rekombinanter Immunoblot

Zunehmend kommen sehr spezifische Immunoblots zur Anwendung, bei denen Antigenpräparationen von rekombinant hergestellten Proteinen, z.B. Osp17/p18 (DbpA), VlsE, p41 (Flagellin, internes Fragment), OspC, OspA, p39/BmpA, p41/i (Flagellin), p83/100 zur Untersuchung auf Borrelienantikörper verwendet werden (selektiver Blot) /16/.

Siehe Abb. 42.3-2 – Beispiele für unterschiedliche Immunoblotformate mit verschiedenen Antigenpräparationen.

Zudem können, um der immunologischen Variabilität der verschiedenen Borrelien Rechnung zu tragen, spezifische Antigene verschiedener Genospezies im selben Testansatz verwendet werden. Die diagnostische Sensitivität des rekombinanten Tests ist von Art und Anzahl der verwendeten Antigene abhängig.

Beim rekombinanten Immunoblot sind die gefärbten Banden des Antigenmusters leichter den definierten Antigenen zuzuordnen als bei Blots mit Ganzzell-Lysat. Der rekombinante Immunoblot ist daher insbesondere solchen Laboratorien zu empfehlen, die nicht über große Erfahrung auf diesem Gebiet der Serodiagnostik verfügen.

Wie Untersuchungen aus der externen Qualitätskontrolle zeigen, gilt aber auch für diese Testsysteme wegen der erheblichen Unterschiede zwischen den auf dem Markt befindlichen Tests nur eine sehr eingeschränkte Vergleichbarkeit der Testergebnisse bzw. der Wiederfindungsrate spezifischer Blotbanden /1018/. Deshalb sind die in Tab. 42.3-5 – Beispielhafte Kriterien für die positive Interpretation von Immunoblots dargestellten Kriterien nur als Orientierungshilfe gedacht, können aber nicht generell auf die Auswertung der stark unterschiedlich konzipierten derzeit verfügbaren kommerziellen Testkits mit ihrer Vielzahl unterschiedlicher Antigenpräparationen und Auswertekriterien übertragen werden /10/. Insbesondere fehlen Kriterien für den einheitlichen Umgang mit grenzwertigen Befunden.

Lineblot

Produktion und Prozessierung der im Lineblot verwendeten Antigene sind prinzipiell die gleichen wie für klassische rekombinante Immunoblots. Es entfällt aber der elektrophoretische Separationsschritt. Dadurch werden die verwendeten Antigene nicht stark denaturiert, sondern schonend direkt selektiv auf die Trägermembran gesprüht.

Siehe Abb. 42.3-2 – Beispiele für unterschiedliche Immunoblotformate mit verschiedenen Antigenpräparationen.

Auf diese Weise können mehrere homologe immun dominante Antigene unterschiedlicher Isolate verschiedener Genospezies mit identischem oder ähnlichem Molekulargewicht auf demselben Testträger kombiniert werden. Der Lineblot hat eine gute diagnostische Sensitivität und Spezifität zum Nachweis von Borrelienantikörpern /16/. Lineblots sind deshalb attraktiv, weil selbst hoch spezifische immun dominante Antigene (z.B. VlsE, OspC) der verschiedenen Genospezies bezüglich ihrer diagnostischen Reaktivität unterschieden werden /81516/.

Vorteile von Immunoblot und Lineblot: In wissenschaftlichen Vergleichsstudien wird auf die Limitationen kommerziell hergestellter konventioneller und rekombinanter Immunoblots hingewiesen /101418/. Dennoch gilt der Immunoblot bei korrekter diagnostischer Indikation nach wie vor als einer der spezifischsten diagnostischen Tests in der Antikörperdiagnostik der Lyme-Borreliose. Insbesondere Immunoblots bzw. Lineblots mit rekombinanten Antigenen sind für die meisten diagnostischen Fragestellungen hinsichtlich ihrer Aussagekraft besonders geeignet /1617/. Unter Berücksichtigung der Zahl und Stärke der Banden sind in diesen Testsystemen auch Aussagen über die Qualität und Dauer der Immunantwort und damit eine genauere Einordnung des Befundes in den klinischen Kontext möglich /81619/.

Die Identifikation der Blotbanden über chargenspezifische Auswerteschablonen und ihre korrekte Gewichtung, sowie das Mitführen von positiven Kontrollen und Cutoff-Kontrollen ist unabdingbar, um falsch-positive Befunde und Verwechslungen Antigenenzu vermeiden /816/.

Multiplex-Fluoreszenz-Immunoassays (MFI) /20/

Die Neuentwicklung von Multiparameter-Testsystemen auf Einzelantigenbasis (Luminex-Technologie) erlaubt simultane Untersuchungen einer Vielzahl von Analyten, z.B. Antigenen, in einer Probe im selben Messvorgang. Derartige Multiplex-Assays werden direkt in einer Mikrotiterplatte durchgeführt. Das Verfahren basiert auf winzigen Antigen beschichteten Polystyrolpartikeln (Beads), die analog zu Westernblot und ELISA als Festphase für verschiedenste Nachweisreaktionen dienen /20/.

Das Resultat sind Multi-Analyten-Profile die funktional die Vorteile des Immunoblots mit den Untersuchungsprinzipien quantifizierbarer Immunoassays verbinden. Somit weisen MFI eine im Vergleich zu konventionellen ELISA unter Verwendung von Einzel- oder Mischantigenen deutlich verbesserte Aussagekraft auf.

Untersuchungsmaterial

  • Serum: 1 ml
  • Liquor cerebrospinalis (bei Verdacht auf Neuroborreliose, parallel zur Serumentnahme): 1 ml

Grenztiter und Referenzwerte*

ELISA/CLIA

Kein Nachweis spez. IgG- und IgM-AK

Immunoblot/MFI

Keine spezifischen Reaktionen

* Grenztiter und die Immunoblotinterpretation sind ebenso wie Sensitivität und Spezifität u.U. Test- und Hersteller-abhängig. Die genannten Grenztiter sind als Richtwerte zu verstehen und sollten für den im jeweiligen Labor gebräuchlichen Test mittels Labor interner Leistungsprüfung an positiven Referenzproben und an negativen Blutspenderseren für die lokale epidemiologische Situation kritisch überprüft werden.

42.3.2.3 Serologische Befundinterpretation

Wie die Ergebnisse von Ringversuchen im Rahmen der externen Qualitätskontrolle und wissenschaftliche Evaluationsstudien zeigen, können die individuellen diagnostischen Sensitivitäten und Spezifitäten der verschiedenen Testverfahren im Einzelfall Test- und Hersteller-abhängig erheblich variieren /101416/. Vor Einführung eines neuen Testverfahrens ist daher eine laborinterne Leistungsprüfung angezeigt. Hierfür sind Serumproben von Patienten mit klinisch gesicherter Lyme-Borreliose und Serumproben von gesunden Blutspendern (Kontrollgruppe) geeignet.

Testergebnisse in der Borreliose-Serologie werden entsprechend den Angaben des Herstellers (cutoff Werte/ oder U/ml) als negativ, positiv oder grenzwertig befundet. Weder die Festlegung von Grenzwerten für den ELISA, noch die Bewertung von spezifischen Banden im Immunoblot durch die verschiedenen Hersteller erfolgen allgemeingültig nach einem standardisierten Verfahren /10/. Zudem fehlen internationale oder nationale Referenzpräparationen oder einheitliche Festlegungen von Grenzwerten. Daher sind die qualitativen und quantitativen Untersuchungsergebnisse der Tests (z.B. U/ml im ELISA, Bandenmuster im Immunoblot) nicht direkt vergleichbar, sondern Hersteller-abhängig. Das ist bei der Interpretation von Testresultaten verschiedener Laboratorien und bei Verlaufskontrollen zu berücksichtigen. Die Signifikanz von Befundänderungen ist immer im Parallelansatz mit dem Vorserum zu prüfen /821/.

Stadium-abhängige Antikörperkinetik bei Lyme-Borreliose

Üblicherweise finden sich Antikörper gegen Borrelien-Antigene ca. 2–6 Wochen nach Beginn der Borrelien-Infektion. Meistens geht dabei die Bildung von IgM-Antikörpern der IgG-Antikörperbildung voran /81621/. In einzelnen Fällen kann es zum Fehlen der IgM-Antwort kommen. Auch kann die IgM-Antwort bei Reinfektionen fehlen, da diese üblicherweise mit einer deutlichen IgG-Antwort ohne wesentliche IgM-Produktion einhergehen. In der Frühphase der Infektion richtet sich die Immunantwort für beide Immunglobulin-Klassen zunächst gegen ein schmales Spektrum von Borrelien-Antigenen. Hier sind insbesondere das Flagellin (p41), das VlsE und das OspC zu nennen. Antikörper gegen das VlsE und OspC sind von besonderer diagnostischer Bedeutung, da sie als hochspezifisch gelten.

Die Einführung des VlsE-Antigens hat erheblich zur Steigerung der Empfindlichkeit der Borrelien-Serologie beigetragen /17/. Bei Verwendung dieses Antigens finden sich bei frühen Krankheitsmanifestationen (z.B. Erythema migrans, Neuroborreliose) signifikant häufiger, bereits neben IgM-Antikörpern auch spezifische IgG-Antikörper gegen Borrelien. Trotzdem bleiben eine ganze Reihe von Patienten nach kurzer Infektionsdauer noch seronegativ. Die im Rahmen von Studien zur Seroprävalenz erhobenen Positivitätsraten für die verschiedenen Manifestationen der Krankheitsind zusammengefasst in /81621/:

Mit zunehmender Zeitdauer steigt die Anzahl seropositiver Patienten an und erreicht bei Spätmanifestationen praktisch 100 %. Die Immunantwort ist in diesen Fällen gegen ein breites Spektrum spezifischer Borrelien-Antigene gerichtet.

In der späten Phase der Infektion kommt vor allen solchen Proteinen wie dem p83/100, dem p39 (BmpA) und dem Osp17/p18 (DbpA) eine besondere diagnostische Bedeutung zu. Im Gegensatz dazu sind Antikörper gegen OspA relativ selten und werden besonders bei Patienten mit Lyme-Arthritis beobachtet /81621/.

Wie mit anderen Infektionskrankheiten, kann es bei immunsupprimierten Patienten zu verzögerten oder ausbleibenden Immunantworten kommen. Insgesamt darf aber gelten, dass seronegative Lyme-Borreliosen bei normal immunkompetenten Patienten eine Rarität sind, es sei denn, es handelt sich um eine relativ frische Infektion bzw. kurze Krankheitsdauer. In diesen Fällen ist ggf. der direkte Nachweis des Erregers indiziert.

Interpretation bei negativem Suchtest

Bei einem negativen Testergebnis auf Borreliose wird die Untersuchung abgeschlossen. Im Befund ist aber der Hinweis nötig, dass ein negativer Befund eine Lyme-Borreliose im Stadium I und II je nach Infektionsdauer nicht auszuschließen vermag. Bei Patienten mit diesen Krankheitsstadien sind negative Befunde besonders häufig. Bei fortbestehendem Verdacht kann die Serodiagnostik nach 2–6 Wochen wiederholt werden. In einzelnen Fällen kann die messbare Immunantwort allerdings durch eine frühzeitig begonnene Antibiotikatherapie unterdrückt werden, so dass eine Serokonversion für IgG und IgM ganz ausbleibt oder die Antikörperantwort abrogativ verläuft (fehlende IgG-Serokonversion) /81621/.

Interpretation bei positivem Suchtest

Ein grenzwertiges oder positives Testergebnis im Suchtest ist mit Vorsicht zu bewerten, da falsch-positive Befunde (z.B. bei Lues, anderen bakteriellen Infektionen oder CMV-/EBV-Infektion) trotz Absorption kreuzreagierender Antikörper mit T. phagedenis vorkommen /22/. Bei einem grenzwertigen oder positiven Lyme-Borreliose-Suchtest ist in jedem Falle ein TPPA durchzuführen (siehe Beitrag 42.14 – Syphilis), um eine bestehende oder durchgemachte Syphilis als mögliche Ursache einer falsch-positiven Borreliose-Serologie auszuschließen /81621/. Bei einem abgesicherten positiven Borrelien-Testergebnis liegt dann ein starker Hinweis auf einen Kontakt mit dem Erreger vor. Nur bei bekannter, eindeutiger Klinik sind weitere Laboruntersuchungen nicht notwendig. In allen anderen Fällen ist bei grenzwertigem oder positivem Befund ein Abklärungstest angezeigt.

Interpretation bei negativem Abklärungstest

Ein negativer Abklärungstest (Immunoblot oder Lineblot) ist dahingehend zu interpretieren, dass ein falsch-positives Ergebnis im Suchtest vorliegt. Die Borrelien-Serologie ist als negativ zu befunden. Weitere Untersuchungen sind in der Regel nicht angezeigt.

An falsch-negative Befunde in frühen Infektionsstadien (Erythema migrans, Neuroborreliose) ist zu denken.

Siehe Tab. 42.3-5 – Beispielhafte Kriterien für die positive Interpretation von Immunoblots.

Interpretationen bei grenzwertigem Abklärungstest

Grenzwertige Befunde im Immunoblot bereiten besondere Interpretationsprobleme, da die oben genannten Kriterien für den Nachweis einer Borrelieninfektion und für eine Krankheitsdiagnose nicht gegeben sind. In diesen Fällen kann die Durchführung eines Reservetests, z.B. Überprüfung eines Vollantigen-Blot-Ergebnisses mittels rekombinantem Blot, hilfreich sein (Abb. 42.3-1 – Serologische Stufendiagnostik bei Verdacht auf Lyme-Borreliose).

Wenn Suchtest und Reservetest diskrepante Ergebnisse liefern, ist bei grenzwertigem Blot-Ergebnis ein starker Hinweis auf eine falsch-positive Serodiagnostik gegeben.

Bei einem positiven bzw. grenzwertigen Reservetest ist der serologische Befund mit einem Frühstadium der Lyme-Borreliose vereinbar. Solche Ergebnisse sprechen aber fast immer gegen eine schon länger bestehende, fortdauernde Infektion bzw. eine Spätmanifestation der Lyme-Borreliose. Unter Berücksichtigung der klinischen Diagnose ist bei V.a. eine frische Infektion eine Wiederholung der Serodiagnostik in 3–6 Wochen zu empfehlen. Ergibt sich keine Änderung des Befundes so ist eine aktive Lyme-Borreliose denkbar unwahrscheinlich /81621/.

Interpretationen bei positivem Abklärungstest

Bei positivem Immunoblot wird eine Analyse des Bandenmusters vorgenommen. Für die Testinterpretation werden folgende Daten erhoben /21/:

  • Klasse der reaktiven Antikörper (IgM und/oder IgG).
  • Intensität der Banden.
  • Zahl der erkannten Banden (Antigene) und deren Molekulargewicht.

Verdacht auf ein Früh- oder Spätstadium der Lyme-Borreliose: Unter Berücksichtigung der klinischen Angaben wird der durch folgende Befunde gestützt:

  • Der isolierte Nachweis von IgM gegen p41 oder OspC ist ein wichtiger Marker des Frühstadiums der Lyme-Borreliose /821/. Der ausschließliche Nachweis der p41-Bande ist wegen der Antigengemeinschaft mit Flagellinproteinen anderer Bakterien für eine Lyme-Borreliose aber nicht beweisend. Ein solcher Befund ist nur dann mit der klinischen Diagnose einer Lyme-Borreliose im Frühstadium kompatibel, wenn zusätzlich entsprechende klinische Informationen vorliegen.
  • Mit dem Nachweis von Antikörpern gegen zwei spezifische Antigene, z.B. gegen das p41 oder p 41/i (einem Borrelien-spezifischen Teilstück des Flagellins) und gegen VlsE bzw. OspC ist die Diagnose eines Frühstadiums der Lyme-Borreliose besser abgesichert, wobei mindestens eine dieser Banden intensiv sein sollte /21/.
  • Die klinische Diagnose eines Spätstadiums wird labordiagnostisch nur dann unterstützt, wenn mehrere Banden über einen weiten Molekulargewichtsbereich mit zum Teil intensiver Ausprägung erkennbar sind. Wegen ihrer Borrelienspezifität sind die p83/100-Banden und die Osp17/p18-Banden diagnostisch von besonderem Wert. Sie sprechen zusammen mit einem breiten Bandenmuster für eine späte Phase der Immunantwort /821/.

Für die Befundung eines Blot-Ergebnisses im zuvorgenannten Sinn sind folgende klinische Angaben unentbehrlich:

  • Aussagen zur Behandlungsbedürftigkeit sind auf der Basis eines positiven Immunoblots und ELISA’s allein nicht möglich, da Antikörper (auch solche der IgM-Klasse) nach einer durchgemachten und sogar nach einer behandelten Erkrankung lange (Monate bis Jahre) persistieren können /21/.
  • Der Nachweis spezifischer Antikörper allein belegt nicht automatisch eine klinisch manifeste Infektion. Hierfür bedarf es einer Zusammenführung des serologischen Ergebnisses mit der klinischen Verdachtsdiagnose, zumal ein serologischer Aktivitätsmarker analog der VDRL-Reaktion in der Lues-Serologie bisher fehlt.
  • Reinfektionen kommen vor, sind aber serologisch nur durch signifikante Befundänderungen im Parallelansatz mit einem Vorserum eindeutig zu diagnostizieren.
  • Der isoliert positive Nachweis von IgM-Antikörpern spricht in nahezu allen Fällen gegen eine Spätmanifestation der Lyme-Borreliose /81621/.

42.3.2.4 Neuroborreliose

Die Borrelieninfektion manifestiert sich häufig als Erkrankung des Zentralnervensystems (Tab. 42.3-2 – Mögliche klinische Manifestationen der Lyme-Borreliose). Grundsätzlich folgt der Gang der serologischen Analytik nach dem bewährten Schema (Abb. 42.3-1 – Serologische Stufendiagnostik bei Verdacht auf Lyme-Borreliose).

Konventionelle Antikörperdiagnostik

Bei einer Neuroborreliose werden in Abhängigkeit von der Krankheitsdauer und der zur Diagnostik eingesetzten Antigenpräparation in 60–90 % intrathekal Antikörper produziert /8212324/.

Der Nachweis dieser Antikörperproduktion im zentralen Nervensystem ist nur durch die parallele und quantitative Untersuchung von Liquor cerebrospinalis und Serum auf Borrelien spezifische Antikörper möglich. Hierfür kann vereinfacht die IgG-Konzentration oder die des Albumins in Serum und Liquor zu der in Serum und Liquor gemessenen Konzentration der Erreger-spezifischen Antikörper (IgG, IgM) in Beziehung gesetzt werden /82123, 25/.

Aus diesen Daten wird dann der Liquor-Serum-Index (LSI) nach folgender Formel ermittelt:

LSI = IgG o. Albumin-Konz. (Serum) × spez. AK-Konz. [ELISA (U/ml)] im Liquor IgG o. Albumin-Konz. (Liquor) × spez. AK- Konz. [ELISA(U/ml)] im Serum

Sofern nicht Test spezifisch anders evaluiert, sprechen LSI-Werte von ≥ 2 im ELISA für eine intrathekale Antikörperproduktion als Folge einer Neuroborreliose /82125/. Grenzwertig sind LSI-Werte von 1,5–1,9.

Die diagnostische Richtigkeit positiver Befunde sollte in Zusammenhang mit den Proteinbefunden und serologischen Daten der Liquorserologie in Einklang gebracht werden.

Bei Verwendung geeigneter Tests und einer Dauer der neurologischen Symptome von über 2 Monaten schließt ein negativer Antikörperbefund bei fehlender Pleozytose und normaler Proteinkonzentration im Liquor cerebrospinalis eine Neuroborreliose weitestgehend aus /81221/.

CXCL13 als Neuroborreliose-Marker

Das Chemokin CXCL13 stellt einen bei der Diagnostik der Neuroborreliose zunehmend interessanten Parameter dar. Als chemotaktisches Zytokin (Chemokin) stimuliert es neben anderen Effekten insbesondere die Einwanderung von B-Lymphozyten in das zentrale Nervensystem /2426/. Die Präsenz von B-Lymphozyten im Liquor cerebrospinalis bei Neuroborreliose (aber auch bei Neurolues) ist ein schon länger bekanntes Phänomen. Bisherige Untersuchungen /12/ legen nahe, dass CXCL13 bereits früh nach Beginn der Erkrankung im Liquor cerebrospinalis nachweisbar ist und der spezifischen Bildung von Antikörpern im Liquor vorausgehen kann /2426/. Einige Studien zeigen eine höhere diagnostische Sensitivität von CXCL13 bei früher Neuroborreliose gegenüber dem Borrelien-spezifischen Antikörperindex im Liquor /26/. Die diagnostische Sensitivität und Spezifität für CXCL13 wird mit 94–100 % und 63–96 % angegeben /2426/. Zudem sinkt die CXCL13-Konzentration im Liquor unter Therapie offensichtlich relativ schnell ab und kann zukünftig deshalb als möglicher Marker eines Therapieerfolgs dienlich sein /24/.

Die Datenlage zur diagnostischen Spezifität im Hinblick auf andere infektiöse und entzündliche ZNS-Erkrankungen ist noch nicht ausreichend. Bekanntermaßen lassen sich erhöhte CXCL13-Konzentrationen auch bei Infektion mit verwandten Erregern (z.B. Treponema pallidum) messen. Die Bestimmung von CXCL13 ist noch nicht breit verfügbar und nicht ausreichend standardisiert /12/.

42.3.3 Molekularbiologische Untersuchung

Konventionelle und real-time PCR-Tests sind publiziert und auch kommerziell erhältlich. Als PCR-Targets werden unterschiedliche DNA-Zielsequenzen zur Detektion in verschiedenen Materialien verwendet /582127/.

Siehe Tab. 42.3-4 – Indirekte und direkte diagnostische Verfahren bei Lyme-Borreliose.

Die Nachweisempfindlichkeit der PCR für Borrelien entspricht weitgehend der des Kulturnachweises /81226/. Eine Ausnahme stellen Patienten mit Lyme-Arthritis dar. Hier ist die Nachweisempfindlichkeit der PCR der Kultur überlegen und hat aus Synovialflüssigkeit oder Gelenkbiopsaten einen hohen diagnostischen Stellenwert /58/.

Die Studienergebnisse erlauben noch keine Empfehlung zur Anwendung für eine bestimmte Methode, da die externe Qualitätskontrolle für diese diagnostischen Verfahren recht heterogene Resultate erbracht hat /28/. Laut Expertenempfehlung sollten beim PCR-Nachweis mindestens zwei unterschiedliche DNA-Zielsequenzen verwendet werden, um die diagnostische Zuverlässigkeit zu erhöhen /8/. Der molekulare Nachweis aus Urin wird mangels analytischer Spezifität weitgehend abgelehnt /58/. Positive Befunde sollten über eine Sequenzierung der Amplifikate abgesichert und die nachgewiesenen Genospezies identifiziert werden /8/.

Qualitätssicherung

Die Teilnahme an infektionsserologischen Ringversuchen in der Borrelien-Serologie ist seit 2011 laut Richtlinie der Bundesärztekammer zweimals jährlich verpflichtend. Der molekularbiologische Nachweis von Borrelia burgdorferi wird im Rahmen des Ringversuchs Bakteriengenom-Nachweis auf freiwilliger Basis angeboten. Die Ergebnisse der externen Qualitätskontrolle im Rahmen dieser Ringversuche zeigen eine erhebliche Heterogenität der derzeit auf dem Markt befindlichen Testsysteme /101618/. Die aus metaanalytischen Daten der Jahre 2006–2008 verfügbaren Bestehensquoten für gängige Testsysteme sowie die klinische Bewertung der Ringversuchsproben für den infektionsserologischen Ringversuch sind in Abb. 42.3-3 – Bestehensquoten in der Borrelien-Serologie zusammengefasst.

Nicht empfohlene diagnostische Tests

Neben den Standardtests der Lyme-Borreliosediagnostik werden weitere wenig evaluierte oder schlicht unzuverlässige Untersuchungsmethoden zur Anwendung. Derartige Testmethoden umfassen den Nachweis:

  • Den Nachweis zystischer Formen von Borrelien.
  • Die CD57+/CD3 Lymphozyten-Subpopulationsdiagnostik.
  • Den Lymphozyten-Transformationstest.
  • Den Nachweis zirkulierender Immunkomplexe oder den Visual contrast sensitivity Test (VCS).

Die diagnostische Applikation derartiger Tests wird von Expertenrichtlinien wegen mangelnder diagnostischer Sensitivität und Spezifität explizit nicht empfohlen /5812/.

42.3.4 Empfindlichkeitstestung

Siehe Literaturstelle /29/.

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42.4 Brucellose

Klaus-Peter Hunfeld, Thomas A. Wichelhaus, Volker Brade

Brucellosen des Menschen manifestieren sich als fieberhafte akut, subakut oder chronisch verlaufende systemische bakterielle Infektionen. Die Brucellose ist primär eine Zoonose. Zur Zooanthroponose wird sie durch direkten Kontakt mit infizierten Wild- oder Nutztieren oder durch Verzehr kontaminierter Rohmilchprodukte /1/.

Die zur Gattung Brucella gehörenden Bakterien sind kleine (0,6 × 0,7 μm), unbewegliche, gramnegative Stäbchen. Die Erreger sind capnophil, weisen Lipopolysaccharide in der Zellwand auf und sind fakultativ intrazelluläre Bakterien, die innerhalb von Phagozyten überleben können /2/.

Die humanpathogenen Brucellen sind aufgeführt in Tab. 42.4-1 – Vertreter der Gattung Brucella mit gesicherter Pathogenität für den Menschen.

Molekulargenetische Studien legen nahe, dass die bislang beschriebenen Arten eigentlich als Biovarietäten einer einzigen Genospezies, B. melitensis, aufgefasst werden sollten /1/. Das Erregerreservoir sind infizierte Wild- und Nutztiere (Tab. 42.4-1). Die Erreger sind auf Spezialnährböden anzüchtbar, Primärkulturen müssen bis zu 21 Tage bebrütet werden. Wegen der hohen Infektiosität kommen Laborinfektionen beim Umgang mit Probenmaterialien und Kulturen häufig vor. Der gezielte Umgang mit Brucellen darf daher nur in Laboratorien der Sicherheitsstufe 3 erfolgen /3/.

Im akuten Stadium der Brucellose wird der Erregernachweis immer angestrebt (L3-Labor). Primärkulturen werden frühestens nach einer Woche positiv, auf eine ausreichend lange Bebrütung, gerade von Blutkulturen von mindestens 3 Wochen, ist daher zu achten.

42.4.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Epidemiologie

Brucellen sind invasiv und vermögen den Menschen sowohl über die intakte Haut- oder Schleimhaut wie auch nach Aerosolbildung über die Lungen zu infizieren. Ursächlich ist zumeist der Kontakt mit infektiösen Nutztieren oder deren Ausscheidungen. Daher sind bestimmte Berufsgruppen wie Schäfer, Landwirte, Tierpfleger, Schlächter, Tierzüchter, Tierärzte, Melker, Molkerei- und Laborpersonal bevorzugt betroffen /12/. Die Infektion wird für diesen Personenkreis als Berufskrankheit anerkannt. Nicht ausreichend erhitzte Milch oder Milchprodukte oder Nahrungsprodukte von infizierten Tieren sind eine weitere Infektionsquelle /12/. Dieser Infektionsweg ist im Mittelmeerraum und im Nahen Osten weit verbreitet und betrifft meistens Patienten mit B. melitensis-Infektionen. Die Erkrankung kommt aber weltweit vor und zählt zu den bedeutendsten bakteriellen Zoonosen mit über einer halben Million Neuerkrankungen jährlich und Prävalenzraten, die in einigen Ländern über 10/100.000 liegen /245/. Die Tierbestände in Deutschland gelten als frei von Brucellen. Humane Infektionen sind daher in den allermeisten Fällen Reiseinfektionen oder Nahrungsmittel-assoziierte Erkrankungen, z.B. durch importierten Rohmilchkäse. Im Jahre 2010 wurden in Deutschland 22 Fälle von Brucellose gemeldet /6/.

Inkubationszeit

Gewöhnlich 1–3 Wochen, bei B. melitensis bis zu 3 Monaten.

Klinische Symptomatik

Die Erkrankung beginnt mit unspezifischen Prodromi wie Abgeschlagenheit und Gliederschmerzen und kann dann einen akuten, subakuten oder chronischen Verlauf nehmen. Konjunktivitis, Angina, Bronchitis und Hauterscheinungen an der Eintrittsstelle, z.B. Hände, kommen vor. Bei akutem Verlauf kommt es zu remittierendem Fieber mit typischen abendlichen Maxima bis > 39 °C. Dabei liegt paradoxerweise eine relative Bradykardie vor. Die klinischen Manifestationen sind sehr variabel /12, 5, 67/. Es werden unterschieden:

  • Die durch B. abortus hervorgerufene larviert verlaufende Bang-Krankheit mit intermittierenden Fieberperioden, Milzschwellung und ansonsten eher uncharakteristischer Klinik.
  • Das durch B. melitensis hervorgerufenen Typhus-ähnliche Maltafieber mit akutem Krankheitsverlauf, stärkeren subjektiven Beschwerden, Gewichtsverlust und typisch undulierendem Fieber.

Auch Infektionen durch B. canis, B. suis, B. pinnipedalis und B. microti sind beim Menschen beschrieben (Tab. 42.4-1 – Vertreter der Gattung Brucella mit gesicherter Pathogenität für den Menschen).

Die akute Brucellose kann spontan ausheilen oder in das chronische Stadium der Organmanifestation übergehen. Als fakultativ intrazelluläre Erreger rufen Brucellen dann eine granulomatöse Entzündung hervor. Typische Organmanifestationen sind Hepato-Splenomegalie, Lymphknotenschwellungen, Sakroiliitis, Osteoarthritis, Osteomyelitis und mögliche ZNS-Beteiligung (neurasthenisches Syndrom, Meningoencephalitis). Auch bei Kindern mit uncharakteristischer Allgemeinsymptomatik und intermittierendem oder ondulierendem Fieber sollte an eine Brucellose gedacht werden. Im Routinelabor sind häufig eine leichte Erhöhung von LDH und AP, weniger häufig von ALT und GGT, auffällig. Die Leukozytenzahl ist meist normal /7891011/.

Meldepflicht

Der direkte oder indirekte Nachweis einer Brucellose ist nach IfSG § 7 (Labor) meldepflichtig. Bei den entsprechenden Berufsgruppen sind Brucellosen den Unfallversicherungsträgern anzuzeigen und werden ggf. als Berufserkrankung anerkannt /12/.

42.4.2 Serologische Untersuchungen

Wegen des nicht charakteristischen Krankheitsbilds stützt sich die Diagnose häufig auf den spezifischen Antikörpernachweis. Agglutinationstests basieren auf der Nachweisbarkeit von Antikörpern gegen Lipopolysaccharid-Antigene. Diese Antikörper können nach durchgemachter Infektion lange Zeit persistieren. In Endemiegebieten ist die Aussagekraft serologischer Tests wegen hoher Durchseuchungsraten daher eingeschränkt. Es ist daher wichtig, serologische Testbestecke im lokalen epidemiologischen Kontext zu evaluieren /2510/. 85 % der Brucellosen werden serologisch diagnostiziert /3/.

Bei klinischem Verdacht auf eine akute oder chronische Brucellose ist in jedem Fall eine Untersuchung auf spezifische Antikörper 7–10 Tage nach Beginn klinischer Symptome indiziert.

Mikroagglutinations-Test (Card-Test)

Der Card-Test benutzt den Stamm Brucella abortus 1119-3 (USDA) als Antigensuspension (8 %), angefärbt mit Rose Bengal Farbstoff (pH 3,65). Kommerziell verfügbar sind mit Rose Bengal gefärbte Antigene von B. melitensis und B. abortus für den sensitiven Card-Test. Ein positives Ergebnis muss aber in jedem Falle durch den Röhrchenagglutinations-Test (Widal) oder einen anderen serologischen Test bestätigt werden /25/.

Widal-Test

Inaktivierte Suspensionen von Brucellen werden mit ansteigenden Verdünnungen des Patientenserums inkubiert. Der Test kann als klassischer Röhrchen-Widal oder als Mikrotiterplatten Test mit gefärbtem Antigen durchgeführt werden und gilt nach wie vor als Standardtest für den indirekten Brucellen Nachweis. Die diagnostische Sensitivität beträgt bis zu 95 % bei Patienten mit klinisch und kulturell gesicherter Brucellose /13/, Testdauer 2 Tage. Nachgewiesen werden IgG-, IgA- und IgM-Antikörper.

Komplement-Bindungsreaktion (KBR)

Die KBR hat eine geringere Empfindlichkeit als der Widal-Test.

Dipstick-Assays

Diese Assays benutzen an Testträger gebundenes Antigen aus ganzen Zellen für den spezifischen IgM-Nachweis /14/. Die diagnostische Sensitivität und Spezifität werden mit 93 % angegeben.

Fluoreszenz-Polarisations-Immunoassay (FPA)

Der FPA funktioniert wie ein simplifizierter ELISA unter Zuhilfenahme eines Antigens aus Brucellenpolysaccharid, welches an einen Fluoreszenz gelabelten Detektor gebunden ist. Die diagnostische Sensitivität des FPA wurde mit 96 % für kulturbestätigte Brucellose-Fälle ermittelt. Die Spezifität liegt bei etwa 98 %.

Brucella lateral flow-Assay (LFA)

Ea handelt es sich um einen immun-chromatographischen Test für den spezifischen IgM- und IgG-Nachweis. Der Test kann als POCT-Test ohne größere Laborinfrastruktur durchgeführt werden. Ein Blutstropfen aus der Fingerbeere wird auf das Auftragefeld gebracht. Eventuell vorhandene Antikörper werden über Gold gelabelte monoklonale Antikörper in immunchromatographischer Technik nachgewiesen. Die diagnostische Sensitivität und Spezifität des Assays sind über 95 %. Der LFA ist für den Antikörpernachweis in allen Krankheitsstadien geeignet.

Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA)

Als sensitives und spezifisches Verfahren kommt zunehmend der ELISA mit Ganzzell-Antigen zum Einsatz und erlaubt eine Klassen-spezifische Analyse der Immunantwort.

Durch die Bestimmung von IgG- und IgM-Antikörpern ist eine bessere Unterscheidung in frische oder schon länger zurückliegende Infektionen auch bei Seren mit niedrigen Titern möglich /15/. In Evaluationsstudien wurden diagnostische Sensitivitäten bis zu 97 % bei Spezifitäten bis zu 97 % für den kombinierten IgG- und IgM-Nachweis angegeben /51315/. Die kommerziell verfügbaren Testsysteme sind aber von unterschiedlicher Qualität.

Untersuchungsmaterial

Serum: 2–4 ml

Referenzwerte und Grenztiter*

Card-Test:

< 80

Widal-Test:

< 80

KBR:

< 5

FPA/LFA/ELISA:

Test abhängige Grenztiter

* Grenztiter sind ebenso wie Sensitivität und Spezifität. Test- und Hersteller-abhängig. Die hier genannten Grenztiter sind als Richtwerte zu verstehen und sollten für den im jeweiligen Labor gebräuchlichen Test mittels laborinterner Leistungsprüfung an positiven Referenzproben und an negativen Blutspenderseren für die lokale epidemiologische Situation kritisch überprüft werden.

42.4.2.1 Serologische Befundinterpretation

Im Verlauf der Immunantwort erscheinen zunächst IgM-Antikörper (ca. 1 Woche nach Infektion), gefolgt von IgG-Antikörpern in der 2. Krankheitswoche. Die höchsten Titer werden ca. 4 Wochen nach Erkrankungsbeginn erreicht. Sehr früh im Krankheitsverlauf können die serologischen Nachweise noch negativ sein. Deshalb sollte eine Kontrolluntersuchung nach ca. 2 Wochen im Verdachtsfall erfolgen. Üblicherweise kommt es nach erfolgreicher Therapie innerhalb von Monaten zu einem signifikanten Abfall des Antikörpertiters /25/. Für diese Untersuchungen sollten aber Parallelansätze mit demselben Testsystem verwendet werden.

Ein schneller Abfall von IgG-Antikörpern gilt als prognostisch guter Indikator für eine erfolgreiche Therapie. Persistierend hohe IgG-Antikörper nach Behandlung sollten hingegen Anlass zu engmaschigen Kontrollen im Hinblick auf ein mögliches Rezidiv sein /25/. Spezifische Antikörperkonzentrationen sinken bei Patienten mit lokalen Komplikationen langsamer ab. Ein Rezidiv ist häufig durch einen erneuten Anstieg von spezifischen IgG-Antikörpern gekennzeichnet. Einige suffizient behandelte Patienten zeigen jedoch hohe Antikörperbefunde über Monate oder sogar Jahre, trotz negativer Blutkulturen und klinischer Symptomfreiheit /25, 1011/.

Unter Studienbedingungen zeigten 12 Monate nach suffizienter Therapie 25 % der Patienten eine Persistenz von IgM-Antikörpern und annähernd 90 % wiesen spezifische IgG-Antikörper auf. Die Serologie ist daher für das Monitoring des Therapieerfolges nur bedingt geeignet. Deshalb können in endemischen Regionen Patienten mit aktiver Erkrankung nicht immer ausreichend gut von Patienten mit Rezidiv, Erregerpersistenz oder durchgemachter Infektion abgegrenzt werden /25/.

Spezielle Testinterpretation

Die KBR, der Dipsticktest, der FPA, der LFA und der Widal sind gattungsspezifisch und ermöglichen keinen Rückschluss auf den ätiologischen Erreger.

Widal: Bei klinischer Diagnosestellung haben 98 % der Patienten Titer von ≥ 160 /51315/. Die höchsten Titer bestehen in den ersten Krankheitswochen und fallen dann langsam, z.T. bis über Jahre, ab. Ein Einzeltiter lässt keine genaue Aussage zum Infektionszeitpunkt zu.

Mikroagglutinations-Test: In der Einzelprobe sind Titer von ≥ 160 verdächtig auf eine Brucellose. Als eindeutiger Beleg gelten eine Serokonversion oder ein vierfacher Titeranstieg nach Beginn der klinischen Symptomatik im Parallelansatz mit dem Vorserum. Eine Mitagglutination anderer Brucellen-Spezies in niedrigeren Serumverdünnungen wird immer gefunden und darf nicht bewertet werden /25/.

In einer neueren Evaluationsstudie wird die Sensitivität für Agglutinationstests mit 84,6 % bei Patienten mit kulturell gesicherter Brucellose angegeben. Bei einem Cutoff von 1 : 160 war die Sensitivität 64,7 %, bei einem Cutoff Wert von 1 : 320 allerdings nur noch 47,1 %.

KBR: Sie wird zumeist erst ab der 4. Krankheitswoche positiv (Titer > 5). Niedrig-positive Titer (20–80) persistieren bei chronischen Infektionen oder sind Ausdruck von Kreuzreaktionen. In Gebieten mit niedriger Brucelloseinzidenz sollte aber jeder Titer von ≥ 20 bei begründetem klinischem und anamnestischem Verdacht Anlass zu weiterer Diagnostik und zur Kontrolle des Titerverlaufs sein.

LFA: Der LFA zeigte sich in Studien z.T. sogar leicht sensitiver bei der Detektion von spezifischen IgG- und IgM-Antikörpern als der Agglutinationstest /5/.

ELISA: Die Diagnostik sollte immer IgG- und IgM-Antikörper umfassen. In Regionen mit niedriger Inzidenz sollte jeder positive Befund als auffällig interpretiert und weiter abgeklärt werden. Die Spezifität von ELISAs wird von einigen Autoren geringer eingeschätzt als die der Agglutinationsverfahren /2/.

Hinweise und Störungen zur Serologie

Grundsätzlich sollten serologische Testbestecke im Hinblick auf den jeweiligen Cutoff im lokalen epidemiologischen Kontext evaluiert, überprüft und angepasst werden /25/.

Card-Test und Widal-Test: Es treten nicht selten falsch-negative Ergebnisse auf Grund eines Prozonenphänomens durch inkomplette Antikörper oder durch sehr hohe Antikörpertiter auf. Deshalb sollten mindestens zwei Serumverdünnungen untersucht werden. Zur Erkennung eines Prozonenphänomens sollte die Reihenverdünnung über 1 : 360 liegen /25/.

Störfaktoren: Bei der Brucellose treten nicht selten inkomplette blockierende Antikörper bei niedrigen bis mittleren Serumverdünnungen auf. Sie besetzen die Antigene auf den Brucellen, führen aber nicht zur sichtbaren Agglutination. Wenn trotz negativer Widal-Reaktion ein Verdacht auf Brucellose besteht, wird ein Brucellose-Coombstest angeschlossen /25/.

Brucellose-Coombstest: Für den Coombstest wird der Widal-Ansatz mit der 1 : 80- bzw. 1 : 100-Serumverdünnung zentrifugiert und das Sediment, bestehend aus Immunkomplexen von Brucellen mit inkompletten Antikörpern, gewaschen. Gewaschenes Sediment wird resuspendiert und mit Coombs-Serum versetzt. Bei Präsenz von inkompletten Brucella-Antikörpern kommt es zur Agglutination. Grenztiter ≥ 80.

Widal-Reaktion: Falsch-positive Widal-Titer treten bei Infektionen mit Yersinia enterocolitica O9, bei Cholera, nach Choleraimpfung und bei Tularämie auf. Bei positivem Reaktionsausfall in der Brucellen-Serologie sollte daher eine weitere Abklärung in der Yersinien- und Francisellen-Serologie erfolgen /25, 1011/.

42.4.3 Molekularbiologische Untersuchungen

Wegen der Vielgestaltigkeit der Erkrankung und der Gefahr der Laborinfektion im direkten Umgang mit Brucellen sind Versuche zur Etablierung molekularbiologischer Nachweisverfahren unternommen worden /25, 1718/. Die Frage, ob Serum oder Vollblut für den molekularbiologischen Nachweis mittels Brucellen spezifischer PCR besser geeignet ist, wird in wissenschaftliche Studien evaluiert. Einige PCR-Testverfahren benutzen beispielsweise das BCSP31-Gen oder konservierte Abschnitte des 16S-rRNA-Gens von Brucellen /1718/.

Neuere PCR-Verfahren sind in der Lage, über konventionelle Multiplex-Technik alle Brucella-Spezies und den Impfstamm Brucella abortis RW 51, Brucella abortus S 19 und Brucella melitensis Rev1 zu erfassen /25, 1718/. In einer weltweiten Multicenterstudie erwies sich die sogenannte Bruce-Ladder-PCR als geeignet für die schnelle Identifikation von Brucella-Isolaten aus klinischen Materialien im mikrobiologischen Routinelabor /5/. Die Nachweisgrenze für einige real-time PCR-Assays liegt bei etwa 5 Bakterien/Ansatz. Die Sensitivitäten und Spezifitäten dieser Assays unter den speziellen Bedingungen von Forschungslaboratorien sind hoch (Sensitivität: 94,9–100 %; Spezifität 96,5–100 %) /25, 1718/. Die diagnostische Sensitivität kann weiter gesteigert werden, indem mehrere Ansätze pro Probe gefahren werden oder auf Multicopygene wie das IS711 Insertionselement von Brucellen getestet wird /5/. Diese Verfahren sind aber nicht breit etabliert und erprobt und sollten Speziallaboratorien vorbehalten bleiben.

Die PCR ist nicht für die Kontrolle des Behandlungserfolges geeignet, da auch klinisch suffizient therapierte Patienten noch für Monate (ggf. für Jahre) einen positiven Brucellen-DNA-Nachweis zeigen können. Die klinische Bedeutung dieses Phänomens ist noch nicht abschließend geklärt. Es gelten somit negative PCR-Resultate im Verlauf als Hinweis auf einen Therapieerfolg, während eine Persistenz positiver Nachweise engmaschig im Hinblick auf ein mögliches Rezidiv oder eine Erregerpersistenz geprüft werden sollte /5/.

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42.5 Campylobacter-Infektionen

Manfred Kist

Campylobacter sind polar begeißelte, gebogene oder spiralig gewundene, gramnegative, nicht sporenbildende Stäbchen. Der Bakterienfamilie Campylobacteriaceae mit den Gattungen Campylobacter und Arcobacter /1/ werden inzwischen 23 Spezies zugeordnet, von denen im wesentlichen nur C. jejuni und C. coli, in geringerem Maße auch C. upsaliensis und C. lari als humanpathogene Durchfallerreger eine Rolle spielen. C. fetus subspecies fetus verursacht eine Reihe extraintestinaler Infektionen überwiegend bei Patienten mit chronischen, immunkompromittierenden Grundkrankheiten. A. butzleri und A. cryaerophilus sind seltene Durchfallerreger, beide wurden auch bei extraintestinalen Infektionen (Bakteriämie, Endokarditis), gangränöse Appendizitis) gefunden /234/. Die Gattung Sulfospirillum, die ebenfalls den Campylobacteriaceae zugeordnet wird, hat keine medizinische Bedeutung. Die serologische Diagnose einer Campylobacteriose ist in der Praxis ausschließlich für Infektionen mit C. jejuni und C. coli relevant.

42.5.1 Verbreitung, klinische Symptomatik

Inzidenz in Deutschland

Im Jahr 2010 betrug die gemeldete Inzidenz je 100.000 Einwohner 80,3 Erkrankungen /5/. Campylobacter jejuni/coli wird in Deutschland, regional unterschiedlich, bei 5–10 % der mikrobiologisch untersuchten Durchfallskrankheiten als alleiniger Erreger isoliert /6/ und ist vor den Salmonellen die häufigste bakterielle Ursache akuter Enteritiden. Der Erreger wird im Sommer vermehrt nachgewiesen. Nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG ) unterliegen Campy-lobacterisolierungen der Labormeldepflicht für übertragbare Erreger.

Infektionen des Menschen mit Campylobacter fetus werden selten beobachtet. Meist werden die Erreger aus Blutkulturen oder aus Stuhlproben nachgewiesen. Patienten mit chronischen Grundleiden wie Leberzirrhose, chronisch myeloischer Leukämie, Diabetes mellitus, Malignom und insbesondere AIDS-Patienten scheinen besonders gefährdet zu sein.

Epidemiologie

Weltweit zählen die sog. thermophilen Campylobacter spezies zu den häufigsten bakteriellen Durchfallserregern /78/. In Großbritannien betrug 2010 die Inzidenz der gemeldeten Fälle 117/100.000 Einwohner und nahm somit eine europäische Spitzenstellung ein /9/, aber gezielte Untersuchungen lassen eine jährliche Inzidenz bis zu 1.100/100.000 vermuten /10/. In Deutschland tritt der Erreger vermehrt in ländlich strukturierten Regionen auf.

Die Campylobacterinfektion ist eine typische Zoonose. Campylobacter jejuni und Campylobacter lari besiedeln häufig kommensalisch den Intestinaltrakt vieler Vögel und Säugetiere, bei den Nutztieren sind davon besonders das Geflügel, in geringerem Maße das Rind betroffen. Auch Haustiere, besonders junge Katzen und Hunde, kommen für den Menschen als Infektionsquelle in Frage /89/. Der weitaus häufigste Übertragungsmodus der menschlichen Campylobacterinfektion ist der Konsum kontaminierter Lebensmittel, in erster Linie Frischgeflügel und Rohmilch /61112/. Die Übertragungswege von Campylobacter fetus, Campylobacter upsaliensis, der Arcobacter sp. sowie der übrigen seltenen Campylobacterarten auf den Menschen sind noch weitgehend unbekannt.

Bevorzugt betroffener Personenkreis

Alle Altersgruppen, besonders Kinder im Schulalter, vornehmlich in ländlich strukturierten Regionen. In bestimmten Reiseregionen wie Spanien, Zentralafrika, Nepal zählen Campylobacter zu den häufigeren Ursachen der Reisediarrhöe /12/.

Inkubationszeit

1–5 Tage für die C. jejuni/coli-Infektion. Inkubationszeiten für andere Campylobacter-Infektionen unbekannt.

Klinische Symptomatik

Intestinale Campylobacteriose: Nach einem Prodromalstadium mit Krankheitsgefühl, Frösteln und Kopf- und Gliederschmerzen kommt es typischerweise zu einem plötzlichen Fieberanstieg, krampfartigen abdominellen Schmerzen, Übelkeit, Schwindel und Kreislaufstörungen. Die Diarrhöe beginnt meist plötzlich und steigert sich auf bis zu 20 Entleerungen pro Tag. Nach 1–3 Tagen klingt das Fieber ab. In den anfangs wässrigen Stühlen treten nun in bis der Hälfte der Fälle Schleim- und Blutbeimengungen auf, mikroskopisch sind in der Regel massenhaft Leukozyten nachweisbar. Die Durchfälle sistieren meist spontan nach 5–7 Tagen /613, 1415/. Nach Abklingen der akuten Symptomatik werden die Erreger im Mittel noch 2– 4 Wochen im Stuhl ausgeschieden /614/. Milde Erkrankungen bis hin zur symptomlosen Ausscheidung werden ebenfalls beobachtet.

Nach einer durchgemachten Infektion bildet sich anscheinend eine zeitweise Immunität gegen den ursächlichen Stamm aus, die vor einer Erkrankung, nicht aber vor einer Infektion durch denselben Erreger schützt /16/. Sie beruht möglicherweise auf einer IgA-Antwort gegen das Flagellin /17/.

Extraintestinale Manifestationen wie rezidivierende Bakteriämien, Thrombophlebitis, Endokarditis, Meningitis und extraintestinale Abszedierungen sind typisch für Infektionen mit Campylobacter fetus, besonders bei Patienten mit chronischen und immunkompromittierenden Grundleiden /18/.

Die wichtigsten Spätkomplikationen der Campylobacter-Enterokolitis sind die reaktive Arthritis, das Reiter-Syndrom und das Guillain-Barré-Syndrom (GBS). Die reaktive Arthritis tritt in 1–2 % der Infektionen auf. Sie beginnt 1–2 Wochen nach dem akuten Ereignis, gehäuft bei Patienten mit dem HLA-Antigen B27, und befällt bevorzugt Kniegelenke, Hüft- und Sprunggelenke sowie die kleinen Fingergelenke /1920/. Die Arthritis ist in der Regel selbstlimitierend, kann allerdings bis zu einem Jahr dauern. Bis zu 20 % der an Arthritis Erkrankten entwickeln ein Reiter-Syndrom /21/. Eine gefährliche Spätkomplikation ist GBS. Man vermutet, dass bis zu einem Drittel der GBS-Fälle auf eine Campylobacter-Infektion zurückgehen /2223/.

42.5.2 Serologische Untersuchungen

Campylobacter besitzen thermostabile Polysaccharide und Oligosaccharide und thermolabile Proteinantigene, die auf der Oberfläche zugänglich sind und für die Serotypisierung verwendet werden können. Wie die Sequenzierung des Gesamtgenoms erkennen lässt, könnte hierbei eine ausgeprägte Phasenvariabilität, insbesondere der Lipooligosaccharid-Antigene, ein Problem darstellen /24/.

Bei Campylobacter jejuni/coli unterscheidet man mindestens 100 Serotypen nach LIOR (Proteinantigene) und etwa 90 Serotypen nach PENNER (Polysaccharidantigene). Erstere werden in der Objektträgeragglutination mit absorbierten Antiseren, letztere durch passive Hämagglutination, bestimmt. Zwischen beiden Systemen bestehen Überlappungen, so dass die Antigenformel eines Erregers immer durch die Angabe beider Serotypen (LIO/PEN) definiert ist /2526/. Die serologische Typisierung kann bei der Aufklärung von Infektketten hilfreich sein, sie hat jedoch keinen Eingang in die Routinediagnostik gefunden und wurde inzwischen durch molekulargenetische Typisierungsmethoden ersetzt /27/.

Für die Serodiagnostik von Folgeerkrankungen der Campylobacter-Infektion haben Enzyme-Linked Immunosorbent Assays (ELISA) und Western-Immunoblot-Verfahren die Komplement-Bindungsreaktion (KBR) abgelöst. Nach wie vor haben der direkte und indirekte Erregernachweis aus Stuhlproben und anderen Materialien bei der Labordiagnostik von Campylobacter-Infektionen eine hohe Priorität hat.

Enzyme-Linked Immunosorbent Assay (ELISA): Ursprünglich wurden Ultrasonikat-Überstände /2829/ oder gewaschene Bakterien-Überstände /30/, beide nach saurer Glycin-Extraktion aus verschiedenen Campylobacter jejuni-Stämmen eingesetzt. Auch die rekombinanten Proteine P18 und P39 wurden mit Erfolg in einem Test mit hoher Sensitivität und Spezifität verwendet /31/.

Unter Verwendung dieser Proteine, zusammen mit weiteren rekombinanten Oberflächenproteinen (PorA, Cbf1, Cbf2, PEB2) wurde ein serologischer Kit (ELISA und Immunblot) entwickelt, der zugelassen und kommerziell verfügbar ist /32/.

42.5.2.1 Interpretation serologischer Ergebnisse

Innerhalb von 2–3 Wochen nach Krankheitsbeginn kommt es regelmäßig zu einem Anstieg von IgG-Antikörpern, in etwa 60 % sind erhöhte IgA-Titer und in 30 % erhöhte IgM-Titer nachweisbar /2830/.

In einer älteren Studie wurden allerdings auch in 89 % der gesunden Kontrollen deutlich erhöhte IgG-Titer bis 1 : 1.280 gefunden /28/, in einer anderen zeigten alle Rohmilchtrinker unabhängig von einer akuten Campylobacterinfektion signifikant erhöhte IgG-Titer /30/. Die diagnostische Sensitivität der Testverfahren betrug in beiden Studien für IgG 58,8–98 %, für IgA 63–76,1 % und für IgM 30–74 %. Die diagnostische Spezifität wurde für IgG mit 11–73,6 %, für IgA 81,4–97 % und für IgM 68,4–97 % gefunden /2830/.

IgA- und IgM-Titer fallen 30–50 Tage nach Krankheitsbeginn deutlich ab, die IgG-Titer persistieren anscheinend länger. In beiden Studien wird dem Nachweis signifikant erhöhter IgA-Antikörpern die größte diagnostische Bedeutung zugeordnet.

Mit der Verwendung rekombinanter Proteinantigene verbesserten sich die Testcharakteristika deutlich: Diagnostische Sensitivität 92 % bei einer Spezifität von 99 %, positiver und negativer Vorhersagewert von jeweils 97 % /31/. Dieser ELISA ist für die Routinediagnostik nicht verfügbar. Mit dem bisher kommerziell zugelassenen ELISA /32/ wurden bei 310 Patienten mit kulturell nachgewiesener Campylobacteriose IgG- bzw. IgA-Antikörper in 86 bzw. 40 % gefunden, bei gesunden Blutspendern waren entsprechende Antikörper in 16 bzw. 3 % nachweisbar. Angaben zur diagnostischen Sensitivität und Spezifität liegen nicht vor.

Immunoblot: Bei einem kommerziell verfügbaren Line-Immunblot /32/ wurden bei Patienten mit gesicherter Campylobacter-Infektion in 80 % IgG- und in 37 % IgA-Antikörper, bei gesunden Blutspendern in 14 % IgG- und in 2,5 % IgA-Antikörper nachgewiesen.

Mögliche Verfälschung der Legionella-Serodiagnostik (IFT): Mehrfach wurde über den Nachweis eines positiven Legionella-IFT bei Patienten mit Campylobacter-Infektion berichtet. So zeigten 71 % der Patienten eine positive Reaktion gegen Legionella-Spezies /34/.

Hinweis: Die Labordiagnostik der intestinalen wie auch der extraintestinalen Campylobacter/Arcobacter-Infektion basiert in erster Linie auf dem kulturellen Erregernachweis.

Der Nachweis von Serumantikörpern ist bisher für die Diagnostik der akuten Campylobacterinfektion ohne praktische Bedeutung. Ein serologischer Test zur Diagnostik einer durchgemachten Campylobacteriose bei der ätiologischen Abklärung von Spätkomplikationen kann hilfreich sein. Ein negativer Test schließt aber bisher eine entsprechende Ätiologie wegen der großen antigenetischen Diversität der Erreger nicht zuverlässig aus.

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42.6 Chlamydien-Infektion

Klaus-Peter Hunfeld, Volker Brade, Eberhard Straube

Chlamydien, obligat intrazelluläre Bakterien, verursachen Infektionen bei Mensch und Tier. Das klinische Spektrum der durch Chlamydien hervorgerufenen Beschwerden bei Menschen ist vielgestaltig und umfasst akute und chronische Erkrankungen, darunter venerische Infektionen, Augeninfektionen und respiratorische Erkrankungen. Chlamydien enthalten sowohl DNA als auch RNA und weisen typische strukturelle Eigenschaften von gramnegativen Bakterien auf. Die Zellwand enthält ein spezielles Lipopolysaccharid, welches für die immunologischen Kreuzreaktionen zwischen den verschiedenen Spezies verantwortlich zeichnet. Als obligat intrazelluläre Parasiten nutzen die Bakterien verschiedene Syntheseleistungen der Wirtszelle, obwohl sie diese entsprechend ihrer genetischen Ausstattung zum Teil selbst realisieren könnten. Dies betrifft auch ATP. Chlamydien stehen deshalb über transmembrane Sekretionsmechanismen und Transportsysteme mit ihrer Wirtszelle in engem Austausch  /12345/.

Chlamydien durchlaufen einen komplexen Zyklus der Vermehrung /3/:

  • Zunächst gelangen die infektiösen ca. 0,3 μm kleinen Elementarkörperchen durch Endozytose in eine geeignete Wirtszelle. Daraus entstehen im nächsten Schritt 0,8–1 μm große, metabolisch aktive und vermehrungsfähige Bakterien, genannt Retikularkörperchen (synonym Initialkörperchen).
  • Innerhalb des Endosoms vermehren sich diese Retikularkörperchen durch Zweiteilung und füllen den zellulären Einschluss mit bis zu mehreren Hundert Bakterienzellen. Dauer und Ausmaß dieser Vermehrung hängt von den Zytokin-Reaktionen der Wirtszelle und der Verfügbarkeit verschiedener Metabolite ab. Nach etwa 48–72 h reorganisieren sich die Retikularkörperchen zunehmend zu Elementarkörperchen um (Kondensation).
  • Durch Ruptur der Wirtszelle oder gesteuerte Exozytose werden die nunmehr infektiösen Elementarkörperchen freigesetzt und können andere Zellen oder Individuen infizieren.

1999 wurde eine nicht unumstrittene Reklassifikation des Genus Chlamydia – basierend auf der genetischen Analyse von ribosomalen Genen, DNA-DNA-Hybridisierung sowie phänotypischer und morphologischer Informationen vorgeschlagen /67/. Seit dem sind die Chlamydiales eine schnell wachsende Ordnung von Bakterien mit unterschiedlichen Wirten. Die Familie Chlamydiaceae enthält länger bekannte humanpathogene Spezies, wie C. trachomatis, C. pneumoniae und C. psittaci, daneben aber eine Vielzahl tierpathogener Spezies oder Umweltchlamydien. Zu diesen gehören auch C. abortus, als Erreger seltener, aber schwer verlaufender systemischer Infektionen, sowie Simkania negevensis und Waddlia chondrophila als Erreger respiratorischer Infektionen beim Menschen /456, 734/.

Siehe Tab. 42.6-1 – Humanmedizinisch bedeutsame Chlamydien-Spezies und -Serovare.

Eine Anzucht der Erreger ist in der Zellkultur oder im bebrüteten Hühnerei möglich, spielt aber für das Routinelabor keine Rolle. Die Anzucht aviärer Isolate von C. psittaci darf wegen des hohen Infektionsrisikos nur in Speziallaboratorien der Sicherheitsstufe III durchgeführt werden /5/.

42.6.1 Chlamydia trachomatis

Epidemiologie

C. trachomatis wird anhand des Major outer membrane proteins (MOMP), dem Hauptmembranprotein, in die Serovare A bis L unterschieden. Das momp-Gen erlaubt eine fast identische Einteilung. C. trachomatis ruft sexuell übertragenen Erkrankungen, Infektionen des Neugeborenen und Augeninfektionen hervor /135/. International sind Chlamydien die häufigste Ursache sexuell übertragener Infektionen mit einer Inzidenz, die weltweit auf ca. 100 Mio. Neuerkrankungen geschätzt wird /89/. In Deutschland wird mit schätzungsweise 300.000 bis 500.000 C. trachomatis-Infektionen jährlich gerechnet /2/. Vor allem betroffen sind Frauen im Jugend- und jungen Erwachsenenalter, Risikogruppen mit häufig wechselndem Geschlechtspartner sowie Neugeborene infizierter Mütter /1011, 12, 13, 1415/.

Von den Folgen der Infektion besonders bedroht sind Mädchen und junge Frauen, bei denen die chronische und meist unbemerkte Infektion durch entzündliche Veränderung der Eileiter zu ektopischen Schwangerschaften und Infertilität (bis zu 20 %) führen kann /31012/. Allein in Großbritannien werden die Kosten für die Diagnose und Behandlung derartiger Infektionen auf bis zu 50 Mio. Pfund/Jahr geschätzt /14/.

C. trachomatis Infektionen finden sich gehäuft bei Männern bis zum 35 und bei Frauen bis zum 25. Lebensjahr /12/.

Epidemiologische Studien in Deutschland belegen ein Vorkommen in ca. 0,9–10 % der 15 bis 17 jährigen weiblichen Jugendlichen aber nur in 0,1–4 % der gleichaltrigen Jungen /21113/. Bei Frauen zwischen 20 und 24 beträgt die Prävalenz 4–6 %, bei den über 30 jährigen aber lediglich noch 1–2 % /11/. Bei infizierten Müttern ist eine peripartale Übertragung in 36–60 % zur erwarten. Bei infizierten Kindern kommt es vor allem zu Augen- und Atemwegsinfektionen /121335/.

Inkubationszeit

10 Tage bis mehrere Wochen.

Klinische Symptomatik

Urogenitalinfektionen: Bei der Frau beginnt die Infektion als Zervizitis, Urethritis oder auch als Proktitis und führt dann durch Fortleitung im Verlauf zu einer Adnexitis, aus der sich eine entzündliche Vernarbung mit Verschluss der Tuben entwickeln kann. Als Komplikation kann es zu Pelvoperitonitis oder Perihepatitis und Infertilität kommen. In etwa 70 % verlaufen die Infektionen inapparent oder nur mit geringer klinischer Symptomatik. Unspezifische Symptome sind Ausfluss, Dysurie, Bauch- und Rückenschmerzen. Daneben kommen auch Endometritis und die Pelvic inflammatory disease vor /134, 8, 1013/.

Bei Männern bleibt die Infektion häufig asymptomatisch, kann jedoch auch zur nicht-gonorrhoischen oder post gonorrhoischen Urethritis führen, bzw. bei entsprechender sexueller Orientierung eine Proktitis verursachen /5/.

Lymphogranuloma venereum (LGV): Die Serovare L1 bis L3 von C. trachomatis rufen das LGV hervor. Die Erkrankung wird sexuell übertragen und findet sich hauptsächlich in den Tropen und Subtropen. In den letzten Jahren wurden, auch wieder vermehrt autochthone Erkrankungen in Europa bei homosexuellen meist HIV-positiven Männern beobachtet . Typisch sind Ulzerationen der Urogenitalschleimhäute mit Fieber und ausgeprägter Schwellung der urogenitalen bzw. perianalen Lymphknoten /516/.

Augeninfektionen: Die Serovare D–K können im Rahmen von Schmierinfektionen die Schwimmbadkonjunktivitis hervorrufen /135/.

  • Trachom: Die Serovare A, B und C von C. trachomatis bilden das Biovar Trachoma und verursachen in vielen Ländern der Tropen und Subtropen die chronischen, follikulären Bindehautinfektionen. Die Erkrankung führt über eine granulomatöse Konjunktivitis im langfristigen zeitlichen Verlauf und durch Re-Infektionen zu Pannusbildungen und Narben und schließlich durch Hornhauttrübung zur Erblindung. Die Übertragung erfolgt durch Schmierinfektionen in den endemischen Gebieten. Geschätzt werden weltweit 146 Millionen Erkrankte und 6 Millionen Erblindete /5/.

Infektion des Neugeborenen: Infizierte Schwangere vermögen C. trachomatis im Geburtsverlauf auf das Neugeborene zu übertragen. Bis zu 40 % der Kinder entwickeln eine Einschlusskonjunktivitis (Blennorrhoea neonatorum), ca. 20 % eine Pneumonie des Neugeborenen. Daneben kann es auch Chlamydien bedingt zur Pharyngitis und Otitis media kommen. Seit 1995 gehören das Screening auf Chlamydien bei Schwangeren zur Routine im Rahmen der Schwangerenvorsorge /134, 10, 1214/.

Folgeerkrankungen: Als post- und parainfektiöse Folgesymptome könne reaktive Arthritis (1 % der Patienten mit C. trachomatis-Urethritis: 80 % HLA-B27-positiv) /11/, sowie der sognannten M. Reiter (Reiter Trias: Urethritis, Konjunktivitis, Arthritis) auftreten /135/.

Meldepflicht

Regelung in den Bundesländern unterschiedlich.

42.6.1.1 Erregernachweis

Für den Antigennachweis werden der direkte Immunfluoreszenz, der Antigennachweis mittels Enzymimmunoassay, aber auch immunologische Schnelltests verwendet. Für die direkte Immunfluoreszenz werden monoklonale Antikörper gegen Antigene wie LPS bzw. MOMP genutzt. Für größere Probenzahlen ist das Verfahren zu aufwändig. Die optimale Abstrichentnahme ist für die Materialgüte kritisch /89/. Die diagnostische Sensitivität beträgt im Vergleich zur Kultur nur ca. 80–90 % bei wechselnder Spezifität. Wegen ihrer höheren Spezifität gegenüber dem potentiell kreuzreaktiven Anti-LPS-Antikörper werden bevorzugt monoklonale Antikörper gegen MOMP eingesetzt /8917/.

Antigennachweise mittels ELISA werden mit monoklonalen oder polyklonalen Antikörpern gegen LPS durchgeführt. Kreuzreaktionen mit gramnegativen Bakterien können daher zu falsch-positiven Ergebnissen führen. Die Spezifität kann mittels blockierender monoklonaler Antikörper bei positivem Testausfall erhöht werden. Besonders geeignet sind Abstrichproben der Urethra und Endocervix. Weniger gut geeignet ist Urin. Die diagnostische Sensitivität derartiger Tests ist meistens deutlich niedriger als die der molekularen Nachweisverfahren. Die Spezifität beträgt ca. 92–97 % /589/. Wegen des resultierenden niedrigen positiven prädiktiven Wertes bei niedriger Prävalenz sind diese Verfahren zum Screening ungeeignet  /589/.

Antigennachweise werden auch in Form von POCT-Tests als immunchromatographische Assays angeboten. In vergleichenden Studien zeigen diese Schnelltests eine unzureichende Sensitivität und Spezifität. Die in der Literatur für verschiedene kommerzielle Testsysteme angegebenen Sensitivitäten und Spezifitäten schwanken je nach Ausgangsmaterial (Abstriche, Urin) zwischen 12 und 83 % bzw. 69 und 100 %. Diese Tests werden daher von den einschlägigen Richtlinien nicht empfohlen /918/.

42.6.1.2 Molekularbiologische Diagnostik

Die Nukleinsäure-Amplifikation ist in der Diagnostik der Chlamydien das Verfahren mit der höchsten Nachweisempfindlichkeit bei sehr hoher Spezifität. Molekulare Verfahren sind häufig um eine Stufe des Logarrhythmus sensitiver als der Antigennachweis mittels ELISA /9/. Als spezifische Targets für C. trachomatis dienen z.B. das pCCT1-Gen, das Omp1-Gen, die pCCT1 dnaB-Like Region, das 16S-rRNA-Gen und das 23S-rRNA-Gen. Zum Einsatz kommen neben der klassischen PCR auch die Strand-displacement amplification (SDA), die Transcription-mediated amplification (TMA) und die Ligase-chain reaction (LCR) /35, 9, 17, 18, 19, 2021/.

Beim Vergleich dieser Verfahren in klinischen Studien finden sich gute Übereinstimmungen zwischen den unterschiedlichen Tests. Diskrepanzen treten vorwiegend bei Proben mit niedriger Erregerkonzentration auf. Verfahren, die Multi copy-Targets (z.B. 16S-rRNA) oder pCCT1 (kryptisches Plasmid) benutzen, haben häufig eine höhere Nachweisempfindlichkeit als Methoden, die Single copy-Targets verwenden. Eine Mutation im Zielbereich der PCR, das einen Abschnitt aus dem kryptischen Plasmid amplifiziert, hat zur unbemerkten Ausbreitung eines C. trachomatis Stammes vom Serovar E (nvCT) in Skandinavien geführt. Da solche Mutanten immer wieder auftreten können, sollten die verwendeten PCR-Protokolle regelmäßig mit einer PCR kontrolliert werden, die ihre Zielsequenz im Chromosom hat. Die Nachweisgrenze kommerzieller Nachweisverfahren liegt zwischen 6 und 15 Elementarkörperchen (EK/ml) bzw. 0,025–2 Inclusion forming units (IFU)/ml /9/.

Die Nachweisempfindlichkeit und diagnostische Sensitivität verschiedener Tests ist variabel. Für Hybridisierungstests werden diagnostische Sensitivitäten von 65–96 % bei Spezifitäten von 96–100 % angegeben. Bei Amplifikationsverfahren sind diagnostische Sensitivitäten von 90–100 %, bei Spezifitäten von 99 –100 % beschrieben. Molekulare Nachweisverfahren haben daher die Kultur als Goldstandard für den C. trachomatis-Nachweis abgelöst /59/.

Für molekulare Nachweisverfahren geeignet sind bei Frauen Zervikal- oder Vaginalabstriche und bei Männern Urethralabstriche oder die erste Portion des Morgenurins. Aus Kostengründen wird für das Screening Urin als Material auch zur Untersuchung von Frauen angegeben. Augenabstriche sowie Sekrete oder Sekretspuren eignen sich ebenfalls als Untersuchungsmaterial. In Deutschland ist seit 1995 ein Screening auf Chlamydien bei Schwangeren Bestandteil der Mutterschaftsvorsorge. Seit 2007 ist die jährliche Untersuchung auf C. trachomatis mittels Nukleinsäure-Amplifikations-Technik eine Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung für sexuell aktive Frauen bis zum 25. Lebensjahr /22/.

Einige der kommerziell verfügbaren Testsysteme ermöglichen neben dem Nachweis von C. trachomatis den gleichzeitigen Nachweis von N. gonorrhoea /1921/. Eine Übersicht über die verfügbaren Leistungsdaten der verschiedenen diagnostischen Verfahren gibt Tab. 42.6.2 – Direkte diagnostische Verfahren bei C. trachomatis Infektionen.

Hinweise und Störungen

In der PCR sind falsch-positive Befunde durch Kontamination und falsch-negative Befunde durch Inhibitoren möglich. Falsch-negative Befunde kommen auch bei Infektionen mit speziellen C. trachomatis-Varianten vor, die eine Deletion im kryptischen Plasmid (pCCT1) aufweisen /23/. Die meisten kommerziellen Assays sind aber so überarbeitet, dass sie auch diese so genannte Schwedische C. trachomatis-Variante erfassen /9/.

Molekularbiologische Tests eignen sich nicht zur Therapiekontrolle.

42.6.1.3 Serologische Untersuchungen

Für den spezifischen Nachweis von IgG-, IgM- und IgA-Antikörpern gegen C. trachomatis kommen neben dem Mikro-Immunfluoreszenz-Test (MIFT) vor allem ELISAs, aber auch Immunoblots und Lineassays zum Einsatz. Für den Mikro-Immunfluoreszenztest (MIFT) dienen Formalin fixierte Elementarkörperchen als Antigenquelle. Der Test ist arbeitsaufwändig und wegen subjektiver Beurteilung nur bedingt standardisierbar /24, 2526/. In der Routinediagnostik ist der MIFT weitgehend durch ELISA ersetzt. Als Testantigene werden überwiegend LPS, das Hauptmembranprotein (MOMP), aber auch rekombinante Antigene verwendet. Mittels LPS-basierter ELISA sind Antikörper wahrscheinlich früher nachzuweisen. Derartige Tests ermöglichen aber keine Differenzierung zwischen den verschiedenen Spezies der immer größer werdenden Familie der Chlamydien /17, 1920/. Derartige Genus-spezifische Tests sollten daher nicht mehr in der Routinediagnostik eingesetzt werden. Hingegen sollten, wenn überhaupt, Spezies-spezifische ELISAs auf der Basis synthetischer Peptidpräparationen eingesetzt werden. Immunoblots und Lineblots unter Verwendung rekombinanter Proteinpräparationen sind wenig evaluiert, bilden wahrscheinlich aber den einzigen Ausweg aus der durch unspezifische Kreuzreaktionen kaum interpretierbaren Chlamydienserologie /89/.

42.6.1.3.1 Serologische Befundinterpretation

Spezifische Antikörper sind nach urogenitaler Infektion erst 6–8 Wochen später nachweisbar und daher für die Primärdiagnostik ungeeignet. Auch haben Antikörperuntersuchungen auf C. trachomatis bei akuten lokalen bzw. oberflächlichen Infektionen des unteren Genitaltraktes keinen diagnostischen Stellenwert mehr, da die Antikörperantwort verzögert auftritt, schwach ausgeprägt sein kann oder ganz fehlt. Bei Infektionen des unteren Genitaltraktes sind molekularbiologische Nachweise entsprechend den Empfehlungen der einschlägigen Richtlinien durchzuführen /58911, 1822/.

Eine Indikation für die Serologie ergibt sich lediglich bei längerdauernden, aszendierenden oder invasiven Infektionen, bei denen C. trachomatis das Epithel überquert (Pelvic inflammatory disease, lymphogranuloma venereum und reaktive Arthritis). Hier resultiert in der Regel eine deutliche Antikörperantwort. In diesen speziellen Fällen kommt einem deutlichen Antikörperanstieg im IgG oder einzelnen stark erhöhten IgG-Werten eine diagnostische Bedeutung zu, zumal der Erreger dann meist nicht mehr im Abstrichmaterial nachweisbar ist /589/. Die diagnostische Bedeutung von Antikörpern der Immunglobulinklasse A ist weiterhin unklar, da bisher keine klinische Studie den Beitrag von Antikörpern der Klasse IgA zur Diagnose von Infektionen durch C. trachomatis eindeutig nachweisen konnte.

Zur Diagnostik einer Neugeborenen-Pneumonie durch C. trachomatis kommt dem Nachweis spezifischer IgM-Antikörper neben der molekularen Diagnostik aus respiratorischen Materialien Bedeutung zu. Titer ≥ 32 gelten hier als diagnostisch relevant /1/.

Hinweise und Störungen

In jedem Fall sollten Spezies-spezifische Tests eingesetzt werden, um Kreuzreaktionen bei hoher Durchseuchung mit C. pneumoniae (Seroprävalenz bei Erwachsenen bis 70–80 %) zu vermeiden. Die Standardisierung von ELISA-Tests und dem MIFT lässt erheblich zu wünschen übrig /242526/. Nach durchgemachter Infektion können IgG-Antikörper gegen C. trachomatis außerdem über Monate (gelegentlich über Jahre) persistieren. Auch kommen Reinfektionen und chronische Infektionen vor, die ohne IgG-, IgM- oder IgA-Anstieg verlaufen und serologisch zumeist nicht eindeutig abgegrenzt werden können. Eine Differenzierung zwischen einer zurückliegenden oder einer aktiven Infektion ist deshalb nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Daher ist dem molekularen Nachweis der Vorzug zu geben / 5, 8911/.

42.6.2 Chlamydia pneumoniae

Epidemiologie

C. pneumonia kommt weltweit vor und stellt eine häufige Ursache für Infektionen des menschlichen Respirationstraktes dar. Der Erreger gilt als Ursache von bis zu 2 % aller ambulant erworbenen Pneumonien und von ca. 5 % der Bronchitiden und Sinusitiden im Erwachsenenalter. Die Epidemiologie für C. pneumoniae-Infektionen in Deutschland ist lückenhaft. Die Antikörperprävalenz beträgt mit 20 Jahren ca. 50 % und mit 60–70 Jahren 70–80 %. Bei insgesamt hoher Durchseuchung ist davon auszugehen, dass fast jeder Mensch im Laufe seines Lebens Infektionen bzw. Re-Infektionen z.T. mehrfach durchmacht. Die überwiegende Zahl der Erkrankungen verläuft subklinisch oder mild /1,3 ,5, 27, 28, 2930/.

Inkubationszeit

Tage bis Wochen.

Klinische Symptomatik

Typisch sind häufig subakute oder leicht verlaufende respiratorische Infektionen. Relativ häufig ist ein subakuter Beginn. Die Symptome reichen von Halsschmerzen, anhaltendem Husten und Otitis media bis zu seltenen Manifestationen wie Endokarditis, Myokarditis, Erythema nodosum und reaktiver Arthritis. Gelegentlich kommen auch systemische Infektionen und Fieber unklarer Genese (Fever of unknown origin; FUO) vor /15628/.

Weltweit wird C. pneumoniae als infektiöse Ursache von 6–20 % der Community acquired pneumonia (CAP) angenommen, wobei unerlaubterweise Antikörperprävalenz und Erregernachweis zusammengenommen wurden /6/. Molekularepidemiologische Studien in Deutschland legen ein Vorkommen von C. pneumoniae in unter 2 % der ambulanten Pneumonien nahe /29/. Derartige Pneumonien zeigen neben selbst limitierenden milden Verläufen gerade bei älteren Patienten oder Patienten mit Begleiterkrankungen auch schwere Verlaufsformen, zumal Koinfektionen mit anderen bakteriellen Pneumonie-Erregern in ca. 30 % der Fälle vorkommen können /6/.

Weitere Manifestationen respiratorischer Erkrankungen sind Bronchitis, Sinusitis sowie Exazerbationen bei vorbestehender respiratorischer Grunderkrankung (COPD, Asthma). Auch wird die Beteiligung von C. pneumoniae im Rahmen weiterer Erkrankungen (Atherosklerose, multiple Sklerose, Alzheimer Erkrankung) in der Literatur diskutiert. Eine kausale Assoziation von C. pneumoniae mit diesen Erkrankungen ließ sich allerdings in den bisher nicht bestätigen /35611/.

Meldepflicht

Es besteht keine Meldepflicht für C. pneumoniae-Infektionen.

42.6.2.1 Erregernachweis

Die diagnostische Sensitivität von Antigennachweisen aus respiratorischem Material ist mit 20–60 % bei Spezifitäten von ca. 90 % gering und wird für die praktische Routine nicht empfohlen /511/.

42.6.2.2 Molekularbiologischer Nachweis

Wegen der zuvor genannten Schwierigkeiten ist der molekularbiologische Nachweis mittels PCR, Sondenhybridisierung oder Realtime-PCR besonders attraktiv. Mehrere Studien konnten zeigen, dass molekulare Nachweisverfahren bei der Diagnostik von C. pneumoniae-Infektionen wesentlich sensitiver sind als die Kultur. Molekulare Erregernachweise stimmen häufig nicht mit den serologischen Befunden überein /29/. Als Zielstrukturen sind in der Literatur das Pst-1-Fragment (437-bp), spezifische Abschnitte des 16S-rRNA-Gens, das 53-kD-Protein- und das 60-kD-Protein-Gen von C. pneumoniae für konventionelle oder nested-PCR-Protokolle beschrieben /561129/. Realtime-PCR Verfahren scheinen konventionellen, nicht geschachtelten PCR-Protokollen überlegen zu sein. Interessant ist die Anwendung des PCR-Nachweises im Rahmen von Multiplex-Verfahren mit gleichzeitigem Nachweis von L. pneumophila und M. pneumoniae in respiratorischen Proben im Sinne eines atypischen Pneumonie-Panels. Derartige Tests sind kommerziell verfügbar. Die Standardisierung und Leistungsfähigkeit der Methoden außerhalb des Speziallabors ist sehr variabel /56/.

42.6.2.3 Serologische Untersuchungen

Serologische Testverfahren bei C. pneumoniae-Infektionen umfassen den Mikro-Immunfluoreszenz-Test (MIFT) und verschiedene ELISAs. Die Serologie gilt als insgesamt schlecht standardisiert und wenig verlässlich. Der MIFT wird nach wie vor in der Literatur und auch vom CDC als der serologische Goldstandard angesehen, obwohl dieser Test erhebliche Limitationen aufweist //56, 24, 25, 26, 2728/.

Auch eine Vielzahl verschiedener ELISA ist verfügbar /26/. Hier ist entscheidend, dass zumindest Spezies-spezifische ELISA zur Antikörperbestimmung benutzt werden, um Kreuzreaktionen mit anderen Spezies, insbesondere C. psittaci, zu vermeiden. Für C. pneumoniae-ELISAs kommen z.B. speziell aufbereitete und um das kreuzreaktive LPS-depletierte Extraktantigene zum Einsatz . Die verschiedenen Systeme sind nicht einheitlich in ihrer Quantifizierung und damit hinsichtlich ihrer diagnostischen Aussage nicht verlässlich bzw. standardisiert . Neben MIFT und ELISA sind auch Immunoblots und immunchromatographische Testsysteme verfügbar. Allerdings fehlen bislang einheitliche Bewertungskriterien und derartige Tests sind hinsichtlich ihrer diagnostischen Qualität nicht ausreichend evaluiert /6/. Der diagnostische Nutzen dieser Assays bei insgesamt höheren Kosten bleibt derzeit zweifelhaft /2425, 2627/.

42.6.2.3.1 Serologische Befundinterpretation

Die derzeit verfügbaren serologischen Methoden sind prinzipiell wenig aussagekräftig. Der Nachweis von IgM-Antikörpern, eine Serokonversion oder ein vielfacher Anstieg des IgG-Antikörpertiters im Rahmen der Primärinfektion gilt als hinweisend /2427/. Dabei ist die in praxi kaum durchgeführte Untersuchung von Serumpaaren im Verlauf notwendig. IgM-Antikörper erscheinen nach Primärinfektion innerhalb von 2–3 Wochen, IgG-Antikörper nach ca. 6–8 Wochen /26/. Bei Re-Infektionen kann die IgM-Bildung völlig ausbleiben oder nur niedrigtitrig präsent sein. Der IgG-Antikörperanstieg findet früher statt (ca. 1–2 Wochen nach Re-Infektion). Die alleinige Beurteilung des Infektionsstatus an Einzelproben ist praktisch unmöglich /26/. Als epidemiologisch auffällig gelten hohe IgG-Titer von > 512 bzw. über 640 im MIF /2426/.

Bei einer Durchseuchung der Bevölkerung von bis zu 80 % sind Antikörpernachweise, wenn überhaupt, nur zur Erkennung der Primärinfektion sinnhaft /2628/. Für die Erkennung von häufig auftretenden Reinfektionen kann die Serologie nur in den seltensten Fällen einen Beitrag leisten. Die Höhe der Antikörpertiter korreliert nicht mit den kulturellen und molekularbiologischen direkten Infektionsnachweisen /29/. Auch persistieren IgG- und IgA-Antikörper hochtitrig bis mitteltitrig über Monate, teilweise sogar länger /2426/.

Die S3-Leitlinie zur ambulant erworbenen Pneumonie stellt fest, dass die Chlamydienserologie zur Primärdiagnose der Pneumonie nichts beiträgt /36/. Versuche sind unternommen worden, Spezies spezifische ELISA-Testsysteme am MIFT zu kalibrieren, um so über die Höhe der Antikörperbefunde Korrelationen zum Infektionsstatus ziehen zu können /25/. Solange Verfahren zur Chlamydienserologie nur an bereits bestehenden und wenig befriedigenden Verfahren evaluiert werden, bleiben deren Ergebnisse wenig aussagefähig. Erst die Evaluierung dieser Verfahren mit klar definierten Krankheitsfällen wird die Beurteilung des diagnostischen Beitrages der Chlamydienserologie ermöglichen. Das zeigen auch die Ergebnisse der externen Qualitätskontrolle /26/.

Bei Verdacht auf C. pneumoniae-Infektion ist der Molekularbiologie für den Infektionsnachweis daher in jedem Falle der Vorzug zu geben.

Hinweise und Störungen

Limitationen serologischer Techniken zum Nachweis einer C. pneumoniae-Infektion umfassen /5626/:

  • Schwierigkeiten bei der Akquirierung und Untersuchung gepaarter Serumproben im Verlauf.
  • Eine hohe Antikörperprävalenz in der erwachsenen Population.
  • Eine nicht unerhebliche Rate an Kreuzreaktionen.
  • Die schlechte Sensitivität und Spezifität bei der Erfassung von akuten Infektionen und Re-Infektionen.
  • Der als Goldstandard angesehene MIFT gilt generell als nicht ausreichend sensitiv und spezifisch und kann außer bei der Primärinfektion, nicht zwischen persistierenden Infekten, Re-Infektionen oder zurückliegenden Infektionen sicher unterscheiden /26/.

Eine größere Studie untersuchte 11 serodiagnostische Testkits im Hinblick auf die Wiederfindungsrate bei gesunden Blutspendern. Es wurde eine erhebliche Variationsbreite im Hinblick auf die Sensitivität (78–98 %) im Vergleich zum MIFT festgestellt. Die diagnostische Sensitivität Spezies spezifischer Tests variierte von 58–100 % /26/. Die Sensitivität und Spezifität Spezies-spezifischer ELISA-Tests wird daher nur im Kindesalter bei vergleichsweise niedriger Seroprävalenz als relativ verlässlich angesehen. Die Verwendung Spezies-spezifischer Antigene mit hoher Spezifität, aber niedriger Immunogenität (z.B. MOMP) oder hoher Immunogenität, aber niedriger Spezifität (Omp2, CrpA) erbrachte sehr variable Resultate. Möglicherweise lassen sich zukünftig im Rahmen der Proteomanalyse von C. pneumoniae besser geeignete Antigene identifizieren, die eine aussagekräftigere serologische Diagnostik voranbringen können (Übersicht Lit. /26/).

42.6.3 Simkania negevensis

Epidemiologie

Der Erreger wurde in Israel als Auslöser respiratorischer Erkrankungen bei Bewohnern der Negev Wüste gefunden. Infektionen scheinen aber, wenngleich nur sporadisch, weltweit vorzukommen. Die Durchseuchung liegt entsprechend seroepidemiologischen Studien zwischen 7 und 18 %. Als Reservoir wird der Mensch vermutet. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion /528/.

Inkubationszeit

Tage bis Wochen.

Klinische Symptomatik

Der Erreger wurde vor allem bei Patienten mit Bronchiolitis, Asthma und ambulant erworbener Pneumonie nachgewiesen.

Meldepflicht

Eine Meldepflicht besteht nicht.

Diagnostik

Zur Verfügung stehen neben serologischen auch molekularbiologische Methoden (PCR). Der Erregernachweis ist bisher Spezial- und Forschungslaboratorien vorbehalten /528/.

42.6.4 Chlamydia psittaci

Epidemiologie

Entsprechend der Variabilität des MOMP-Antigens bzw. des ompA-Gens wird der Erreger in insgesamt 8 Serovare bzw. 9 Genotypen unterteilt /431/. Zoonotische Infektionen durch C. psittaci treten weltweit bei Nutz- und Wildtieren auf.

Als humanpathogen gelten aviäre Stämme, die wegen ihrer hohen Infektiosität nur in Laboratorien der Sicherheitsklasse III gehalten und vermehrt werden dürfen. Isolate von nicht aviären Haus- oder Wildtieren gelten für den Menschen als nicht pathogen. Bedeutende Ausbrüche humaner Psittakose in den Jahren 1929 und 1930 hingen mit dem Import infizierter tropischer Vögel aus Südamerika nach Europa und Nordamerika zusammen. Zu größeren Ausbrüchen kam es auch in den 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts in Geflügelzuchtbetrieben in den USA und Europa /431/. C. psittaci ist zwischenzeitlich nahezu endemisch in den Truthahnbeständen in vielen europäischen Ländern. Zuchtgeflügel, aber auch Papageien und Tauben spielen als Infektionsquellen für den Menschen eine wichtige Rolle /34528/. Typische Risikogruppen sind Vogelbesitzer, Tierpfleger und Tierärzte, Angestellte in Tierhandlungen, Geflügelfarmen oder Schlachthöfen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch wurde bisher nicht beschrieben /31/.

Die Übertragungen auf den Menschen erfolgt überwiegend aerogen nach Inhalation von Aerosolen und Stäuben aus Ausscheidungen infizierter Vögel / 28/. Exkremente, Sekrete und Federn können selbst bei Austrocknung noch ca. 4 Wochen infektiös bleiben /428/. Zwischen 1996 und 2007 wurden in Deutschland zwischen 12 und 155 Fälle gemeldet /431/. Die Tendenz in den letzten Jahren war abnehmend. Im Jahr 2010 wurden in Deutschland 20 Fälle von Psittakose gemeldet /32/. Dabei ist aber von einer erheblichen Dunkelziffer auszugehen.

Inkubationszeit

Die Inkubationszeit der Ornithose beträgt 5–14 (–30) Tage.

Klinische Symptomatik

Die Infektion kann subklinisch, als grippaler Infekt, de Mononukleose vergleichbar, Typhus-artig oder als atypische Pneumonie verlaufen. Charakteristisch ist die Manifestation als atypische Pneumonie mit plötzlichem Beginn, Schüttelfrost, hohem Fieber, trockenem Husten und Kopfschmerzen. Auch kommen Muskel- und Gelenkschmerzen, Hepatomegalie, gastrointestinale Beteiligung und Fieber unklarer Genese vor. Bei bis zu 70 % der Patienten besteht eine Splenomegalie. Der Schweregrad reicht dabei von oligosymptomatischen bis hin zu tödlich verlaufenden systemischen Infektionen. Unbehandelt beträgt die Letalität bis zu 20 %. Der Erreger wird auch mit MALT-Lymphomen im Bereich der Tränenkanäle in Zusammenhang gebracht 345, 2831/.

Selten beschrieben sind Meningitis, Enzephalitis, Endokarditis, Myokarditis, Konjunktivitis, reaktive Arthritis, Haut-Exantheme, Hepatitis, Nierenbeteiligungen, Venenthrombosen, Pankreatitis oder Thyreoiditis.

Labordiagnostisch zeigen sich normale oder leicht verminderte Leukozytenzahlen, gelegentlich auch eine Leukopenie (ca. 25 %). Daneben finden sich ein erhöhtes C-reaktives Protein sowie z.T. erhöhte Transaminasen insbesondere bei schweren Infektionen /1431/.

Meldepflicht

Der direkte oder indirekte Nachweis von C. psittaci ist nach IfSG § 7 (Labor) meldepflichtig /28/.

42.6.4.1 Direkte Nachweisverfahren

Antigennachweisverfahren (direkte Immunfluoreszenz, ELISA) sind wegen geringer Spezifität im Routinelabor unbedeutend /431/.

Eine molekulare Detektion z.B. mittels nested PCR’s basierend auf den ompA-Gen und incA-Gen Nachweis aus BAL, Blut und Gewebeproben ist verfügbar. Darüber hinaus ist es mittels quantitativer Realtime-PCR in Kombination mit Sequenzierung bzw. Microarrays möglich, neben der Spezies auch den Genotyp diagnostisch nachzuweisen . Bislang ist keines der beschriebenen molekularen Nachweisverfahren kommerziell erhältlich /4, 5, 31/.

42.6.4.2 Serologische Untersuchungen

Häufig angewendete serologische Tests sind die KBR, der ELISA und der MIFT. KBR und ELISA benutzen zumeist LPS-basierte Antigenpräparationen und sind daher anfällig für Kreuzreaktionen /42428/. Die Komplementbindungsreaktion gilt als das am wenigsten sensitive Verfahren und wird zudem wegen der schlechten Standardisierbarkeit nicht mehr empfohlen. Der ELISA gilt als das sensitivste serologische Verfahren /4/. Referenzmethode zum Nachweis spezifischer Antikörper ist der MIFT. Die Antikörpertestung ist aber durch mangelnde Standardisierung und diagnostischer Sensitivität behaftet. Ein sinnvolles Vorgehen ist eine Stufendiagnostik aus sensitivem ELISA als Screeningtest und MIFT als Bestätigungstest /45/.

Hinweise und Störungen

Falsch negative MIFT-Befunde bei Patienten mit gesicherter Psittakose kommen vor allem in der Frühphase vor. Da die meisten serologischen Tests Ganzzell-Antigenpräparationen benutzen, sind Kreuzreaktionen mit anderen Bakterien über das LPS oder die heat-shock proteins möglich /2431/. Auch kommen erhebliche Kreuzreaktionen zwischen den verschiedenen Chlamydia spp. vor.

Für eine frische Infektion beweisend, gilt der vierfache Titeranstieg im MIFT in parallel untersuchten und im Abstand von 2 Wochen entnommenen Serumproben /431/. Einzeltiter von 1 : 16 für IgM im MIFT gelten als hinweisend, bedürfen jedoch der Bestätigung durch IgG-Serokonversion im Follow-up. Antibiotisch vorbehandelte Patienten entwickeln zum Teil keine detektierbare Antikörperantwort mehr /431/.

Bei niedriger Prävalenz von C. trachomatis- und C. psittaci-Antikörpern in der untersuchten Patientengruppe (unter 5 %) ist zu berücksichtigen, dass in Abhängigkeit von der Spezifität des verwendeten Tests mit falsch-positiven Ergebnissen zu rechnen ist /31/. Seren mit hohen spezifischen Antikörpertitern gegen andere Chlamydien können zudem Kreuzreaktionen in den verschiedenen Tests zeigen und sind nur im MIFT mit ausreichender Sicherheit beurteilbar /2431/. Ein positiver Befund in einem Enzymimmunoassay oder der KBR sollte durch eine andere Methode, beispielsweise mittels PCR oder MIFT überprüft werden, um falsch-positive Ergebnisse durch Kreuzreaktionen zu vermeiden /431/.

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42.7 Ehrlichiose und Anaplasmose

Klaus-Peter Hunfeld, Thomas A. Wichelhaus, Volker Brade

Die als Ehrlichiosen und Anaplasmosen subsummierten Erkrankungen manifestieren sich als fieberhaft verlaufende systemische Infektionen unterschiedlichen Schweregrads bei Mensch und Tier. Die Erkrankungen werden durch intrazelluläre Bakterien, die Ehrlichien, Anaplasmen und Neorickettsien hervorgerufen und vorwiegend durch Zecken übertragen /1/. Erstmalig beschrieben wurden diese bakteriellen Infektionserreger in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts durch Gordon und Donatien als Verursacher fieberhafter Infektionen bei Tieren /1/. Bis zur Erstbeschreibung der Erkrankung beim Menschen 1987 waren derartige Infektionen daher aus der Veterinärmedizin als Zoonosen bei verschiedenen Wild-, Haus- und Nutztieren bekannt /1/.

In den letzten Jahrzehnten belegen zahlreiche humane Fälle in den USA /23/ und später auch in Europa /4/ die medizinische Relevanz solcher zooanthroponotischen Erkrankungen sowohl für Reiserückkehrer wie auch für autochthon Zecken-exponierte Personen in Europa.

Ehrlichien und Anaplasmen sind 0,4–1,5 μm große, obligat intrazelluläre gram-negative Bakterien, die bevorzugt hämatopoetische Wirtszellen befallen. In der äußeren Membran finden sich immunodominante Proteine wie z.B. P42–44 von A. phagocytophila und P120 sowie P22–29 von E. chaffeensis. Antigene Variabilitäten dieser immundominanten Proteine kommen vor. Die Zellwand weist weder LPS noch Peptidoglycan auf. In den Zielzellen kommt es im Rahmen der zyklischen Erregervermehrung zu haufenförmigen Ansammlungen von bis zu 40 Tochterzellen innerhalb modifizierter Phagosomen, die als Morula (Maulbeere) bezeichnet werden /45/.

Die Erreger wurden früher als Ehrlichien (nach Paul Ehrlich) bezeichnet und sind weltweit verbreitet /1/. Molekularbiologische Analysen auf der Basis des 16S-rRNA-Gens und des groESL-Operons belegen eine enge Verwandtschaft, insbesondere der granulozytären Ehrlichien untereinander und mit dem Genus Anaplasma mit konsekutiver Reklassifikation der Erreger. Die Vertreter, die granulozytäre Zielzellen befallen, z.B. E. phagocytophila, E. equi, wurden zusammengefasst und in Anaplasma (Ehrlichia) phagocytophilum umbenannt /45/. Zudem wurde E. sennetsu dem Genus Neorickettsia zugeordnet und in Neorickettsia sennetsu umbenannt /5/.

Pragmatisch erfolgt die Einteilung der humanen Erkrankungen weiterhin entsprechend der Affinität der Erreger zu ihren zumeist granulozytären und monozytären Zielzellen. E. platys befällt Thrombozyten. Heute umfasst die zur Gattung der Rickettsiales gehörende Familie der Anaplasmataceae u.a. die Spezies Anaplasma (vorm. Ehrlichia) phagocytophilum als Erreger der humanen granulozytären Anaplasmose (HGA), E. ewingii als Erreger der humanen Ewingii-Ehrlichiose (HEE), sowie Ehrlichia chaffeensis und E. canis als Verursacher der humanen monozytären Ehrlichiose (HME) /456/.

Der kulturelle Erregernachweis in speziellen Zellkulturen (HL-60) oder im Tierversuch ist in der mikrobiologischen Routinediagnostik ohne Bedeutung. Im Akutstadium ist an einen Giemsa-gefärbten Blut- bzw. Knochenmarksausstrich für den Schnellnachweis von intrazellulären Einschlüssen zu denken /67/.

42.7.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Epidemiologie

In den USA sind seit 1986 über 5.000 Fälle von Infektionen beim Menschen, sowohl durch die von Ixodes spp. übertragenen granulozytäre Anaplasmen, als auch durch die durch Amblyoma americanum übertragene monozytäre Ehrlichiose bekannt geworden (Inzidenz 16–58/100.000) /47/. Daneben kommt im Süden der USA die humane Ewingii-Ehrlichiose vor. In Südostasien (Malaysia, Westjapan) ist das humane Sennetsu-Fieber (westjapanische infektiöse Mononukleose) ausgelöst durch Neorickettsia sennetsu, endemisch /46/.

In Zentral-, Mittel- und Südeuropa sind etwa 100 gut dokumentierte Fälle von HGA vor allem in Skandinavien und Slowenien beschrieben /689/. In Nord- und Mitteleuropa dominiert A. phagocytophilum. Die regionale Verbreitung entspricht dem geographischen Verteilungsmuster der zur Gattung Ixodes gehörenden Überträgerzecken (I. ricinus, I. persulcatus). Das Infektionsrisiko steigt mit der Länge des Saugakts. Molekularepidemiologische Studien in Europa zeigen eine regional unterschiedlich hohe Nachweisrate in Ixodes ricinus-Zecken von 0,8–45 % (Deutschland 3 %) /1/. Als Reservoirtiere der Anaplasmen und Ehrlichien werden für die meisten Arten hauptsächlich Kleinsäuger und Rotwild angenommen /468/. In Südeuropa finden sich auch Erreger der monozytären Ehrlichiose (E. canis). Der wichtigste Vektor ist hier Rhipicephalus sanguineus /1/. Fälle von HME sind in Südeuropa aber nicht bekannt geworden.

Vermehrt Zecken-exponierte Risikokollektive (Lyme-Borreliose-Patienten, Waldarbeiter) weisen gegenüber der Normalbevölkerung (Blutspender) signifikant häufiger spezifische Antikörper auf /1610/. Die Seroprävalenz in entsprechenden Risikokollektiven schwankt europaweit von 2–24 % /110/. Die klinische Relevanz der humanen Ehrlichiose und Anaplasmose ist schwierig abzuschätzen, da die ganze Breite klinischer Manifestationen von grippeartigen Verläufen bis hin zu schweren fieberhaften Infektionen reichen kann. Auch sind spezifische mikrobiologische Untersuchungen nicht allgemein verfügbar und flächendeckende Daten zur Inzidenz und Prävalenz der Erkrankung für Europa fehlen nach wie vor /16/.

Inkubationszeit

4 Tage bis 4 Wochen nach Zeckenstich (Median 7 Tage).

Klinische Symptomatik

Die klinischen Erscheinungsbilder der humanen Ehrlichiosen und Anaplasmose sind sehr ähnlich /46/. Typische Symptome der akuten humanen granulozytären Anaplasmose (HGA) und der humanen monozytären Ehrlichiose (HME) sind vor allem Fieber mit Schüttelfrost, Kopfschmerz und Myalgie wenige Tage bis zu etwa 4 Wochen nach einem Zeckenstich.

Die differentialdiagnostische Abgrenzung von anderen Zecken-übertragenen Erkrankungen wie Lyme-Borreliose und FSME kann im Einzelfall schwierig sein da /46/:

  • Die meisten Infektionen subklinisch verlaufen.
  • In 11–36 % auch stammbetonte Hauteffloreszenzen auftreten /146/.
  • Bei schweren Verläufen, z.B. bei Abwehrgeschwächten, Husten, gastrointestinale Beschwerden und Gelenkschmerzen, Meningitis sowie pneumonische Infiltrate hinzukommen können.
  • Nur allgemeine labordiagnostische Symptome wie eine deutliche CRP-Erhöhung (nicht bei Borreliose und FSME), Leukopenie, Anämie, Thrombzytopenie und eine variable Erhöhung der Aminotransferasen bestehen /41112/.

Die Krankheitsdauer beträgt nur im Ausnahmefall länger als 14 Tage. Chronische Verlaufsformen kommen praktisch nicht vor. Die Letalität der HME wird mit ca. 3 %, die der HGA mit unter 1 % angegeben /1/.

Meldepflicht

Es besteht keine Meldepflicht nach IfSG.

42.7.2 Serologische Untersuchungen

Bei klinischem Verdacht auf eine akute oder nicht lange zurückliegende humane Anaplasmose oder Ehrlichiose ist primär die serologische Untersuchung auf spezifische Antikörper ab der 2. Woche nach Infektion indiziert.

IIFT

Der IIFT für IgG- und IgM-Antikörper stellt das gängigste Verfahren (Goldstandard) für den indirekten Erregernachweis bei Verdacht auf HGA oder HME dar. Als Antigenquelle dienen mit Ehrlichien bzw. Anaplasmen infizierte Zellkulturen. Kommerzielle Testsysteme sind z.B. für den Antikörpernachweis gegen E. chaffeensis (HME) und A. phagocytophilum (HGA) verfügbar.

In amerikanischen Studien bei Patienten mit gesicherter Ehrlichiose werden die Spezifität und Sensitivität des IFA orientierend mit 93–97 % bzw. mit 93–100 % angegeben /11/.

ELISA

ELISA unter Verwendung von rekombinant hergestellten immunodominanten Membranproteinen von Ehrlichien, z.B. p44 von A. phagocytophilum, haben eine gute Sensitivität und Spezifität, sind aber bislang lediglich in Speziallaboratorien verfügbar /1113/.

Immunoblot

Für die Serodiagnostik mittels Immunoblot werden Ganzzelllysate oder rekombinant hergestellte Proteine verwendet /1113/. Diese Testsysteme sind wenig evaluiert.

Untersuchungsmaterial

Serum: 1 ml

Grenztiter und Referenzwerte*

Immunfluoreszenz-Test (IFT)

  • IgG

< 80

  • IgM

< 20

ELISA (IgG, IgM)

Negativ

Immunoblot

Negativ (kein Nachweis spezifischer IgG- und IgM-Banden)

* Grenztiter und Immunoblotinterpretation sind ebenso wie Sensitivität und Spezifität Test- und Hersteller-abhängig. Die genannten Grenztiter sind daher als Richtwerte zu verstehen und sollten für den im jeweiligen Labor gebräuchlichen Test mittels laborinterner Leistungsprüfung an positiven Referenzproben und an negativen Blutspenderseren für die lokale epidemiologische Situation kritisch überprüft werden.

42.7.2.1 Serologische Befundinterpretation

In der akuten Phase der Erkrankung weisen nur 18–45 % der Patienten einen positiven Antikörpernachweis auf . In diesen Fällen sollte der Direktnachweis des Erregers im Blutausstrich oder besser mittels PCR-Verfahren versucht werden. Die meisten Patienten (80 %) serokonvertieren etwa 7–30 Tage nach Beginn der klinischen Symptome und sind somit einer indirekten Erregerdiagnostik durch den Nachweis spezifischer Antikörper zugänglich /46, 711/. Die höchsten Titer werden 4–6 Wochen nach Infektion beobachtet und erhöhte Titer bleiben bei ca. 50 % der Patienten mindestens 18 Monate lang nachweisbar /13/.

Im IIFT gelten in Abhängigkeit vom Test IgG-Titer von 64 bzw. 80 als verdächtig auf eine stattgehabte Infektion. Titer von 160 bis > 256 in Kombination mit einem positiven IgM-Nachweis (Titer > 20) gelten als verdächtig auf eine frische oder noch nicht sehr lange zurückliegende Infektion. Beweisend ist eine Serokonversion und ein vierfacher Titeranstieg im Parallelansatz mit dem Vorserum /46, 1112/.

Aussagekräftig für einen Infektionsnachweis im Immunoblot ist der Nachweis spezifischer Antikörper (IgG und IgM) gegen immundominante äußere Membranproteine P42–44 von A. phagocytophilum (HGA) bzw. gegen die Proteine P120 und P28–29 von E. chaffeensis (HME) /41113/.

Der Blot ist weniger gut evaluiert, gilt aber als hochspezifisch und wird von einigen Laboratorien als Bestätigungstest genutzt. Diskrepante Ergebnisse gegenüber dem IIFT kommen auch bei Patienten mit klinisch gesicherter Ehrlichiose und Anaplasmose vor und können auf Antigenvariabilitäten verschiedener Isolate bzw. auf unterschiedliche Qualität und Chargenstabilität kommerzieller Immunoblots zurückgeführt werden /12/.

Eine Stufendiagnostik, wie bei der Lyme-Borreliose üblich, ist bei der humanen Ehrlichose und Anaplasmose nicht als Standard etabliert.

Hinweise und Störungen zur Serologie

Falsch-positive Reaktionen in der Ehrlichiose-Serologie kommen bei Autoimmunerkrankungen, CMV und EBV-Infektionen sowie bei Q-Fieber und Bartonellen-Infektionen vor /46/.

Eine unterschiedlich stark ausgeprägte Kreuzreaktivität besteht sowohl zwischen den verschiedenen Anaplasma- und Ehrlichia spp. sowie zu den Rickettsien, möglicherweise auch zu weiteren bakteriellen Erregern wie Brucellen und Legionellen /711/.

Eine positive Ehrlichiose-Serologie kann Ursache falsch-positiver Befunde in der Borrelien-Serologie sein /11/.

42.7.3 Molekularbiologische Untersuchungen

Dem molekularbiologischen Direktnachweis des Erregers aus EDTA- bzw. Citratblut und ggf. auch aus Liquor cerebrospinalis kommt in der akuten Phase der Infektion eine große Bedeutung zu. Entsprechende diagnostische Tests sind auch kommerziell verfügbar, stehen aber zumeist nur in Speziallaboratorien zur Verfügung und sind ungenügend standardisiert /46/.

Falsch-negative und falsch-positive Ergebnisse sind möglich. Die diagnostische Sensitivität wird mit 85–90 % bei einer Spezifität von ~ 100 % angegeben /461112/. Als Zielsequenzen für den PCR-Nachweis von Ehrlichien aus EDTA- oder Citrat-Blut dienen spezifische Abschnitte des 16S-rRNA-Gens sowie des epank1-Gens für A. phagocytophilum (HGA) bzw. des omp1-Gens, des gp120-Gens, des TRP32-Gens oder des 16S-rRNA-Gens von E. chaffeensis (HME) /4611/. Bei entsprechender Primerwahl können über spezifische Zielsequenzen des 16S-rRNA-Gens theoretisch alle Erreger der HGA und HME in einem Ansatz erfasst werden.

Bei hoher Spezifität wird die diagnostische Sensitivität der PCR bei diesen relativ seltenen Erkrankungen mit 85–100 % für E. chaffeensis und 50–95 % für A. phagocytophilum angegeben  /46/.

Literatur

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13. Walker DH Diagnosing Human Ehrlichiosis: Current Status and Recommendations. ASM News 2000; 66: 287–9.

42.8 Gonorrhoe

Klaus-Peter Hunfeld, Thomas A. Wichelhaus, Volker Brade

Die Gonorrhoe (Tripper, GO) wird durch Neisseria gonorrhoeae hervorgerufen. Die Gattung Neisseria (N) wird der Betasubgruppe der Proteobakterien zugerechnet. Die Gonorrhoe gehört weltweit zu den am häufigsten sexuell übertragenen bakteriellen Erkrankungen neben der Infektion durch C. trachomatis /1/.

Bei N. gonorrhoeae handelt es sich um gramnegative, semmelförmige, zumeist intrazellulär gelegene Diplokokken, die im Rahmen der Diagnostik primär durch den mikroskopischen und kulturellen Nachweis in eitrigen Sekreten dargestellt werden. Pili auf der Oberfläche der Gonokokken vermitteln die Haftung auf den Zellen der Schleimhaut des Urogenitaltrakts. Dort werden die Bakterien durch Phagozytose aufgenommen, vermehren sich und zerstören die Wirtszellen. In der Folge dieser Vorgänge kommt es zu einer akuten eitrigen Entzündung /23/.

Für die direkte mikroskopische Untersuchung werden zwei Objektträger mit Abstrichmaterial (Urethralabstrich, Zervikalsekret, Anorektalabstrich) angefertigt und nach Trocknung mit Methylenblau und nach Gram gefärbt.

Die direkte Mikroskopie aus klinischem Material (vor allen Dingen Urethralabstrich bei Männern) zeigt eine diagnostische Sensitivität von über 95 %) bei einer Spezifität über 99 %. Für andere klinische Materialien oder asymptomatische Individuen ist die Untersuchung nicht ausreichend sensitiv /4/.

Der kulturelle Nachweis von Gonokokken zählt auch weiterhin als Goldstandard in der mikrobiologischen Diagnostik, nicht zuletzt deshalb, weil die Kultur über die Empfindlichkeitstestung auch Aussagen über eine suffiziente Antibiotikatherapie erlaubt /45/. Für die Erregeranzucht erfolgt die Probenentnahme mit einem Rayon- oder Dacron-Abstrichtupfer, der bei nicht sofortigem Ausstreichen auf Schokoladenagar in ein Transportmedium gegeben wird /26/. Eine Sentinelstudie des Robert Koch-Instituts in Deutschland zur Verwendung von diagnostischen Tests bei Verdacht auf N. gonorrhoeae-Infektionen zeigte, dass Mikroskopie (64 %) und Kultur (60 %) die am häufigsten eingesetzten Verfahren waren. Die PCR wurde in 33 %, der Antigentest in 26 % und serologische Verfahren in 26 % der Fälle eingesetzt /6/.

42.8.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Epidemiologie

Weltweit wird die Zahl an Neuinfektionen auf ca. 60 Millionen pro Jahr geschätzt /1/. Allein in den USA treten jährlich ca. 700.000 neue N. gonorrhoeae-Infektionen auf /4/. Mit Wegfall der Meldepflicht sind für Deutschland flächendeckend keine verlässlichen Resistenz- und Inzidenzdaten für N. gonorrhoeae verfügbar /7/. Im Jahr 2000 lag die Inzidenz der Gonorrhoe in Deutschland bei ca. 10/100.000 Einwohner. Dies entsprach nur etwa 10 % der tatsächlichen Fallzahlen.

Einziges Erregerreservoir von N. gonorrhoeae ist der Mensch. Eintrittspforten sind die Schleimhäute von Urogenitaltrakt, Mundhöhle, Rektum und Analkanal, sowie bei Neugeborenen die Konjunktiven, die während des Geburtsvorganges infiziert werden /23/.

Weltweit ist eine Zunahme von Penicillin-resistenten Stämmen (Penicillinase-produzierende N. gonorhoeae, PPNG) festzustellen. Sentineluntersuchungen aus dem Rhein/Main-Gebiet aus 2008 zeigen Penicillinresistenzen von 25 %, Ciprofloxacin-Resistenzen von 64 %, Azithromycin-Resistenzen von 20 % und Tetracyclin-Resistenzen von 16 %. Cephalosporine der dritten Generation sind aber nach wie vor wirksam /7/. Etwa 25 % der infizierten Männer und 50–80 % der infizierten Frauen sind asymptomatische Keimträger und stellen somit eine wichtige unerkannte Infektionsquelle dar.

Inkubationszeit

2–5 Tage.

Klinische Symptomatik

Typische Manifestationen sind eine schmerzhafte eitrige Urethritis bei Männern und eine häufig asymptomatische Zervizitis bei Frauen.

Klassische Manifestationsformen:

  • Frauen: Zervizitis, Urethritis, Bartholinitis, Pharyngitis, Proktitis.
  • Männer: Urethritis, Pharyngitis, Proktitis.

Komplikationen:

  • Frauen: Endometritis, Adnexitis, Peritonitis.
  • Männer: Prostatitis, Epididymitis.
  • Frauen und Männer: Sterilität, reaktive Arthritis (oft Monarthritis des Kniegelenks), Gonokokkensepsis, Endokarditis.
  • Neugeborene: Konjunktivitis.

Meldepflicht

Es besteht keine Meldepflicht nach IfSG.

42.8.2 Serologische Verfahren für den Erregernachweis

Serologische Verfahren wie die Komplement-Bindungsreaktion, Latexagglutinationen, Immunfluoreszenztechniken und Immunoblot sind ebenso wie Antigennachweise entwickelt worden und auch zum Teil verfügbar. Derartige Nachweistechniken sind mit Einführung molekularbiologischer Nachweisverfahren zunehmend irrelevant geworden . Eine gewisse Indikation für den indirekten Erregernachweis besteht unter Umständen bei chronischen oder disseminierten Infektionen /459/.

Enzymimmunoassay (ELISA)

Aus dem Abstrichtupfer eluiertes Antigen bindet an monoklonale gegen Gonokokkenantigen gerichtete Antikörper auf der festen Phase. Die gebildeten Immunkomplexe werden mit Hilfe eines Enzym-markierten Zweitantikörpers detektiert.

Komplement-Bindungsreaktion (KBR)

Bei der KBR wird die unsichtbare komplementbindende Antigen-Antikörper-Reaktion der Untersuchungsprobe (Testsystem) durch den Zusatz eines ebenfalls Komplement benötigenden hämolytischen Indikatorsystems sichtbar gemacht. Als KBR-Antigen kommt ein in Serum-freiem Kulturmedium gezüchteter N. gonorrhoeae-Stamm zur Anwendung.

Untersuchungsmaterial

  • Serum (indirekter Erregernachweis): 1 ml
  • Urethra, Zervix-Abstrich (direkter Erregernachweis)

Grenztiter*

KBR-Grenztiter:

Unter 10

Antigennachweis:

Negativ

* Grenztiter sind ebenso wie Sensitivität und Spezifität Test- und Hersteller-abhängig. Der hier genannte Grenztiter ist als Richtwert zu verstehen und sollte für den im jeweiligen Labor gebräuchlichen Test mittels laborinterner Leistungsprüfung an positiven Referenzproben und an negativen Blutspenderseren für die lokale epidemiologische Situation kritisch überprüft werden.

Serologische Befundinterpretation

Der Antigennachweis zeigt im Vergleich zur Kultur, je nach Patientenkollektiv und Studie, eine diagnostische Sensitivität von 67–96 % bei einer Spezifität von 94–98 %  /10/. Bei weiblichen und männlichen Niedrigrisiko-Patienten beträgt der positive prädiktive Wert des Tests nur etwa 50 % /10/. Wegen teils erheblicher diagnostischer Schwächen werden derartige Tests derzeit nicht empfohlen /11/.

Ein mindestens 4-facher Titeranstieg zwischen zwei Seren aus der Akut- und Rekonvaleszenzphase spricht für eine Gonokokkeninfektion. KBR-Titer von ≥ 20 können bei entsprechender Klinik Hinweis auf eine Gonokokken-assoziierte Folgeerkrankung, z.B. Arthritis, sein.

Hinweise und Störungen zur Serologie

Kreuzreaktionen mit Antikörpern gegen Antigene anderer Herkunft bedingen häufig falsch-positive Ergebnisse in der KBR. Daher hat die Interpretation mit Vorsicht zu erfolgen!

Falsch-positive Testergebnisse im direkten Antigennachweisverfahren kommen besonders bei weiblichen Patienten vor, wenn andere Erreger (Neisseria spp., M. catarrhalis, Bacteroides spp., Enterobacter spp., Proteus spp.) in hoher Keimzahl anwesend sind /10/.

42.8.3 Molekularbiologische Untersuchungen

Für den Kultur unabhängigen direkten Nachweis von N. gonorrhoeae bei Verdacht auf Urogenitalinfektion haben molekularbiologische Nachweisverfahren (PCR, NAT) deutlich an Bedeutung gewonnen /11, 12/.

Mit Kultur unabhängigen Nachweisen werden auch Vancomycin-empfindliche, auf Selektivnährböden nicht zu kultivierende Gonokokken, sowie abgestorbene oder geschädigte Keime, z.B. nach antibiotischer Behandlung erfasst. Eine ganze Reihe, auch kommerzielle, molekulare Nachweisverfahren mit unterschiedlichen genetischen Zielsequenzen zum Nachweis von N. gonorrhoeae sind verfügbar. Einige dieser Verfahren erlauben auch einen kombinierten Nachweis von C. trachomatis zur Detektion von Doppelinfektionen  /111314/.

Zur Senkung der höheren Kosten bei molekularbiologischem Nachweis wurden in internationalen Evaluationsstudien gepoolte Analysen unterschiedlicher Proben durchgeführt /1/. Dabei ist aber zu beachten, dass ein derartiges Pooling bei 10 Proben das Detektionslimit des molekularbiologischen Nachweises unter Umständen um einen Faktor 10 absenken kann. Insgesamt sind Sensitivität und Spezifität, positiver und negativer prädiktiver Wert stark vom eingesetzen Verfahren und der Prävalenz des Erregers, das bedeutet, von der lokalen epidemiologischen Situation abhängig. Auch können bislang eventuelle Antibiotikaresistenzen nicht nachgewiesen werden /145/.

Die meisten kommerziell verfügbaren Tests sind primär für den Nachweis aus Urethral- bzw. Vaginal- und Zervikalabstrichen sowie aus Urin zugelassen. Der Nachweis aus extraurogenitalen Manifestationen bleibt entsprechend den einschlägigen Empfehlungen bei ungenügender Datenlage primär der Kultur vorbehalten /14/.

Der molekularbiologische Nachweis sagt zunächst nichts über die Vitalität der gefundenen Neisserien aus und ist auch nicht primär zur Therapiekontrolle geeignet. Laut dem Center of Disease Control der USA wird eine molekularbiologische Kontrolle, wenn überhaupt, erst frühestens 3 Wochen nach der Beendigung der antibiotischen Therapie für sinnvoll erachtet /4/.

Aufgrund der engen genetischen Verwandtschaft von N. gonorrhoeae mit apathogenen Neisserien und infolge des Austauschs von mobilen genetischen Targetsequenzen zwischen pathogenen und nichtpathogenen Neisserien kommen je nach Verfahren falsch positive Ergebnisse vor. Falsch positive Resultate können auch durch Kreuzkontamination der Probe auftreten. Falsch-negative Ergebnisse durch Inhibitoren in der Probe werden ebenso beobachtet wie falsch-negative Resultate durch erhebliche Sequenzvariationen von N. gonorrhoeae mit konsekutivem Versagen der Primerbindung an das speziesspezifische Target /1/. Molekularbiologische Nachweisverfahren zeigen in Abhängigkeit von Test und Studiendesign diagnostische Sensitivitäten von 65–100 %, Spezifitäten von 94–100 %, positive prädiktive Werte von 31–100 % und negative prädiktive Werte von 95–100 % /11314/.

Gensonden

Gensonden zeigen im Vergleich zur Kultur für Urethral- und Zervikalabstriche eine diagnostische Sensitivität von 97–100 % bei einer Spezifität von 99 % /1011/.

Literatur

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42.9 Helicobacter pylori-Infektion

Klaus-Peter Hunfeld, Thomas A. Wichelhaus, Volker Brade

Gramnegative Bakterien der Gattung Helicobacter (H) gehören zur Klasse der α-Proteobakterien und zur Familie der Helicobacteriaceae. Die Erreger sind spiralig gewunden und zumeist begeißelt. Bislang sind über 30 verschiedene Spezies beschrieben, von denen eine ganze Reihe auch bei Tieren vorkommen und sehr selten auf den Menschen übertragen werden können, z.B. H. heilmannii. Die einzelnen Spezies sind von unterschiedlicher Humanpathogenität und können ganz unterschiedliche Erkrankungen auslösen /123/.

H. pylori ist die wichtigste humanpathogene Spezies und ist ätiologisch assoziiert mit der Typ B-Gastritis, dem peptischen Ulkus, dem MALT-Lymphom und dem Adenokarzinom des Magens. Wesentliches Reservoir ist der Mensch. Mit der Entdeckung des Erregers 1983 und der ätiologischen Aufklärung der klassischen Ulkuskrankheit revolutionierten Warren und Marschall die Gastroenterologie und erhielten für ihre Arbeiten 2006 den Medizinnobelpreis /124/.

42.9.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Epidemiologie

Die H. pylori-Infektion ist eine der häufigsten chronischen Infektionen des Menschen. Der primäre Lebensraum von H. pylori ist die Magenschleimhaut. Die Übertragung erfolgt auf gastro-oralem und fäkal-oralem Weg, direkt oder auch indirekt über kontaminierte Speisen /1345/. Intrafamiliäre Übertragungen und Ausbrüche sind gut belegt /5/. Die H. pylori-Infektion kommt weltweit vor, wobei die Durchseuchung antiproportional zu den hygienischen Standards ansteigt. Die Prävalenz des Erregers schwankt dabei zwischen über 90 % in den Entwicklungsländern und ca. 30 % in den Industrienationen. In Deutschland finden sich alters- und geschlechtsabhängig Prävalenzen von 5–7 % bei Kindern, bei 12–24 % der unter 30-Jährigen und bei ca. 30 % der über 35-Jährigen (Zunahme um ca. 1 % pro Lebensjahr). In den Industrienationen sinkt die Prävalenz derzeit allerdings kontinuierlich /45/.

Klinische Symptomatik

Die meisten H. pylori-Infektionen verlaufen klinisch inapparent. Symptomatische Verläufe zeigen sich als:

  • Chronische, oberflächliche Gastritis.
  • Ulzera des Duodenums, seltener auch des Magens.
  • Chronisch-atrophische Gastritis, aus der sich ein Adenokarzinom des Magens entwickeln kann.

H. pylori ist ein wichtiges Kokarzinogen für maligne Magentumore (Karzinom, MALT-Lymphom) /135/.

42.9.2 Diagnostik der H. pylori-Infektion

Für das Management der H. pylori-Infektion existiert eine evidenzbasierte SIII-Leitlinie der AWMF /5/. Der Nachweis einer H. pylori-Infektion kann dargestellt, mit invasiven und nicht-invasiven Methoden /56/:

Die mikrobiologische H. pylori-Diagnostik umfasst kulturelle, serologische und molekularbiologische Nachweismethoden. Zur Diagnose einer bestehenden Infektion sind vor allem direkte Testverfahren (Histologie, Urease-Schnelltest, Atemtest, Stuhl-Antigentest) geeignet. Allerdings ist keine Testmethode außer der Kultur absolut spezifisch /35/. Bei sinkender Prävalenz steigt die Möglichkeit falsch positiver Testergebnisse. Für eine zuverlässige Diagnose sollten zwei positive Testergebnisse vorliegen. Bei diskrepanten Testergebnissen ist ein weiteres Analyseverfahren hinzuzuziehen /5/. Nach dem ersten Therapieversagen wird die Endoskopie und die kulturelle Untersuchung mit Antibiogramm auf H. pylori empfohlen /5789/.

Stuhlantigen-ELISA

Zur Anwendung kommen monoklonale oder polyklonale-H. pylori-Capture-Antikörper, die an Mikrotiterplatten-Kavitäten gebunden sind. Der qualitative H. pylori-Antigennachweis erfolgt durch Zugabe verdünnter Stuhlproben und einem entsprechend markierten monoklonalen oder polyklonalen Antikörper. Eine Metaanalyse von Studien zum Antigennachweis aus Stuhl bei Kindern und Erwachsenen zeigte eine signifikante Überlegenheit von ELISA auf der Basis monoklonaler Antikörper im Vergleich zu Testsystemen basierend auf polyklonalen Antikörpern /1011/. Die Tests erreichen bei nicht vorbehandelten Patienten diagnostische Sensitivitäten von 96 % bei Spezifitäten von 97 % /3/.

Der Antigentest im Stuhl ist bei Patienten unter 45 Jahren zum Screening indiziert, und zwar bei denjenigen mit Dyspepsie ohne weitere Alarmsymptome. Der Test sollte als Alternative angesehen werden zum therapeutischen Monitoring, wenn der Atemtest nicht verfügbar ist.

Siehe auch Beitrag 14.1.1 – Helicobacter pylori Infektion.

Jedoch sollte der Zeitraum zwischen dem Ende der antibiotischen Therapie und der Beurteilung einer Eradikation des Erregers mindestens 4 Wochen betragen, um falsch positive und falsch negative Ergebnisse zu vermeiden /5/.

Serologische Verfahren für den indirekten Erregernachweis

Mit H. pylori kolonisierte oder infizierte Personen zeigen in der Regel eine lokale Antikörperantwort gegen Oberflächenantigene des Erregers. In etwa 95 % der Fälle ist die Immunantwort auch im Serum nachweisbar. Während die lokale Antikörperantwort an der Magenschleimhaut vorwiegend durch IgA bestimmt ist, sind die zirkulierenden Antikörper häufiger vom IgG-Typ. IgM-Antikörper sind nur gelegentlich nachweisbar und von fraglicher Spezifität /512/. Bei niedriger Prävalenz der H. pylori-Infektion bei Kindern und jungen Erwachsenen in Deutschland muss mit einer hohen Rate falsch positiver Tests gerechnet werden. Die Serologie ist häufig ungenügend validiert, kann nicht zwischen aktiven und abgelaufenen Infektionen oder Kolonisationen unterscheiden und bietet keine Grundlage zur Diagnostik einer aktiven Infektion oder für eine Therapieentscheidung /5/.

Tests und POCT-Assays zum Nachweis von IgG- und IgA-Antikörpern in Speichel, Urin und Vollblut sind von begrenzter diagnostischer Sensitivität und Spezifität und nicht für die Detektion einer H. pylori-Infektion oder Kolonisation zu empfehlen /513/.

Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA): Die quantitative Bestimmung von H. pylori-Antikörpern erfolgt mit dem ELISA-Verfahren. Als Antigene werden Detergentienextrakte eines H. pylori-Stammes, der Zytotoxin-assoziiertes Protein (CagA) und Vakuolisierendes Zytotoxin (VacA) exprimiert, eingesetzt. Auch werden rekombinant hergestellte spezifische Antigenpräparationen verwendet.

Immunoblot: Der Immunoblot verwendet je nach Assay gereinigte Ganzzelllysat-Extrakte und rekombinante Antigene von H. pylori. Die Tests sind für die spezifische IgG- und IgA-Diagnostik verfügbar, dienen als Bestätigungstest bei fraglichen Ergebnissen des Enzymimmunoassays und erlauben den Nachweis von Antikörpern gegen Pathogenitäts-assoziierte Proteine wie CagA und VacA. Diese Proteine von H. pylori stehen im Verdacht, die Wahrscheinlichkeit, ein Ulkus oder Magenkarzinom auszubilden, zu erhöhen. Die Kenntnis von Pathogenitäts- und Virulenzfaktoren hat aber noch keine Konsequenzen für das Patientenmanagement. Von eine regelhaften Immunoblotanwendung bzw. einer Untersuchung auf derartige Faktoren ist daher abzusehen /5/.

Untersuchungsmaterial

  • Serum (indirekter Erregernachweis): 1 ml
  • Stuhl: Haselnuss große Menge für den direkten Erregernachweis in einem Stuhlprobenröhrchen im Labor abgeben.

Grenztiter und Referenzwerte*

Antigennachweis

Negativ

ELISA (IgG, IgA)

Negativ

Immunoblot

Negativ (kein Nachweis spezifischer IgG- und IgA-Banden)

* Grenztiter und Immunoblotinterpretation sind ebenso wie Sensitivität und Spezifität Test- und Hersteller-abhängig. Die hier genannten Grenztiter sind als Richtwerte zu verstehen und sollten für den im jeweiligen Labor gebräuchlichen Test mittels laborinterner Leistungsprüfung an positiven Referenzproben und an negativen Blutspenderseren für die lokale epidemiologische Situation kritisch überprüft werden.

42.9.2.1 Serologische Befundinterpretation

Antigennachweis im Stuhl

Der Nachweis von H. pylori-Antigen im Stuhl ist vereinbar mit der Diagnose H. pylori-Infektion/Kolonisation. Liegt nach Therapie keine erneute Indikation zur Endoskopie vor, so hat der Antigennachweis im Stuhl mittels monoklonaler Antikörper zur Eradikationskontrolle eine gegenüber dem Atemtest vergleichbare Wertigkeit. Zwischen Ende der Therapie und Kontrolle müssen dabei mindestens 4 Wochen liegen /5/.

Antikörpernachweis im Serum

Der Nachweis von spezifischem IgG zeigt an, dass der Organismus sich mit H. pylori auseinandergesetzt hat. Der IgG-Titer spiegelt dabei nicht den aktuellen Infektionszustand wider. Ein über Jahre nachgewiesener hoher Titer kann ein Hinweis auf eine chronische Infektion sein. Die gleichzeitige Bestimmung von IgG- und IgA-Antikörpern erhöht zwar in einigen Studien die diagnostische Sensitivität, da in 2–7 % der Fälle von H. pylori-assoziiertem Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni nur IgA-Antikörper nachweisbar sind. Die IgA-Antiköpertests sind aber schlechter standardisiert und werden deshalb zur Diagnostik nicht generell empfohlen /5/.

Nach erfolgreicher Eradikation von H. pylori kann der IgA-Antikörpertiter innerhalb des ersten halben Jahres stärker abfallen als der IgG-Titer. Dieser fällt frühestens nach 3–12 Monaten messbar ab /3514/. Auch bei erfolgreich eradizierten Patienten können spezifische Antikörper aber noch über Monate (ggf. sogar Jahre) hochpositiv persistieren. Zu verwerten sind dabei aber lediglich parallel mit identischen Tests untersuchte Seren im Verlauf und wenn die Abnahme des quantitativen Befundes 50 % beträgt. Zur Therapiekontrolle einer H. pylori-Eradikation ist die IgG-Antikörper-Bestimmung somit nicht generell geeignet /35/.

Hinweise und Störungen zur Serologie

Die Einnahme von Antibiotika, Wismut-Präparaten oder Protonenpumpen-Inhibitoren vor Durchführung des Stuhlantigen-Tests kann auf Grund der hemmenden Wirkung auf H. pylori ein falsch-negatives Ergebnis hervorrufen. Testkits zum Nachweis von H. pylori-Antikörpern sollten im jeweiligen geographischen Umfeld evaluiert sein, um falsch negative Ergebnisse auf Grund der großen antigenen Variabilität des Erregers zu vermeiden /15/.

42.9.3 Molekularbiologische Untersuchungen

Nukleinsäure-Amplifikationstechniken erlauben einen spezifischen und in Abhängigkeit vom Untersuchungsmaterial, mehr oder weniger sensitiven Nachweis von H. pylori /35/. Der Nachweis spezifischer genomischer DNA aus dem Faeces ist mit dem Problem der Inhibition von Nukleinsäureamplifikations-Methoden behaftet und hat sich in der Praxis bei hohem Aufwand und erheblichen Kosten im Vergleich zum Antigennachweis nicht durchgesetzt. Die Untersuchung von Magensekret und Biopsien mittels PCR stellt ein spezifisches und sensitives Detektionsverfahren dar /16/. Die H. pylori-PCR aus Magenbiopsien ist bezüglich ihres Mehrwerts im Vergleich zu anderen Methoden (Kultur, Histologie) kritisch zu beurteilen und gilt als Reservetest /3/.

Gelingt bei positiver Urease-Reaktion und bei positiver Histologie eine Anzucht nicht, können molekularbiologische Methoden (PCR bzw. Real-time PCR mit Sondenhybridisierung) als sogenannte Rescue-Tests eingesetzt. Das gilt vor allem für den Kultur unabhängigen Nachweis von bestehenden Antibiotikaresistenzen eingesetzt werden /3/. Mittels dieser Tests lassen sich die genetischen Determinanten der Clarithromycin-, Tetracyclin-, Chinolon- und Rifamycin-Resistenz zuverlässig bestimmen. Die Resistenzbestimmung mittels Kultur ist jedoch wenn immer möglich vorzuziehen, da sie eine exakte phänotypische Minimale Hemmkonzentrations-Bestimmung erlaubt und auch eine Sensibilitätsprüfung gegen Amoxicillin und Metronidazol zulässt /3/.

Literatur

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42.10 Legionellose

Klaus-Peter Hunfeld, Thomas A. Wichelhaus, Volker Brade

Die Legionellose (Legionärskrankheit) wurde erstmals 1976 bei einem Treffen von Kriegsveteranen in Philadelphia/USA als akute, durch Legionellen verursachte, Atemwegserkrankung diagnostiziert /124/.

Legionella (L) ist die einzige Gattung der Familie der Legionellaceae und umfasst mehr als 40 Spezies mit mehr als 60 Serogruppen. Legionellen sind im Wasser lebende gramnegative, obligat aerobe Stäbchenbakterien, die auf Grund ihrer monopolaren Begeißelung beweglich sind. Legionellen kommen weltweit im Süßwasser vor. Im Temperaturbereich von 25–55 °C, insbesondere bei Stagnation des Wassers, vermehren sich Legionellen intrazellulär in Amöben und anderen Protozoen; bei Temperaturen unterhalb 20 °C vermehren sich Legionellen nicht; bei Temperaturen größer 60 °C sterben sie ab. Weniger als die Hälfte der Legionellen-Spezies sind humanpathogen /12/. Die für Erkrankungen des Menschen mit einem Anteil von etwa 90 % bedeutsamste Art ist L. pneumophila, wobei den Serogruppen 1, 4 und 6 die größte Relevanz zukommt /124/. Daneben kommen, insbesondere in immunkompromittierten Risikogruppen, auch andere Legionellen wie z.B. L. longbeachae, L. bozemanae oder L. micdadei als Infektionserreger in Frage /23/.

Die Übertragung erfolgt durch Inhalation infizierter Aerosole aus Wasseranlagen, z.B. der Warmwasserversorgung in Wohnhäusern, Hotels, Krankenhäusern, aus Duschköpfen, Klimaanlagen, Whirlpools, Inhalationsgeräten, Dentaleinheiten oder Kühltürmen. Es besteht keine Ansteckungsgefahr von Mensch zu Mensch /2/.

42.10.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Epidemiologie

Legionellen-assoziierte Erkrankungen treten weltweit, insbesondere auch sporadisch im Rahmen von Ausbrüchen auf. Erkrankungsgipfel liegen, bei über das ganze Jahr zu registrierenden Infektionen, in den Sommer- und Herbstmonaten. In Deutschland ist schätzungsweise mit 15–30 Tausend Legionellen-Pneumonien pro Jahr zu rechnen /5/. 1–5 % der im Krankenhaus behandelten Pneumonien werden als Legionellosen diagnostiziert /67/. In den USA nahm die Zahl der an das CDC gemeldeten Fälle von 2002 bis 2003 um 70 % zu und es werden jährlich über 2.000 Fälle an das CDC gemeldet /2/. In den letzten Jahren ist ein erheblicher Anstieg der Legionellose-Inzidenz in den Vereinigten Staaten und Europa zu beobachten. In Europa wurden in den Jahren 2003 bis 2004 knapp 4.000 ambulant erworbene Legionellenpneumonien und 1.150 Reise-assoziierte Legionellenpneumonien diagnostiziert /2/.

In Deutschland ergaben die Untersuchungen des Community Acquired Pneumonia (CAP)-Netzwerk einen Anteil der Legionellenpneumonie von 3,8 % an der Gesamtzahl der beobachteten ambulant erworbenen Pneumonien. 90 % der Fälle waren durch L. pneumophila und 10 % durch andere Legionella spp. verursacht /25/. Legionellen wurden in praktisch allen Frischwasserressourcen nachgewiesen. Als wesentliche Quelle für humane Infektionen gelten jedoch Klimaanlagen und wenig benutzte Leitungswassersysteme in Gebäuden /2/. Der Gesetzgeber schreibt in Deutschland die regelmäßige Überprüfung von Leitungswassersystemen in öffentlichen Gebäuden und Mietshäusern vor. Die definitive Diagnose einer Legionellose basiert auf der Kultur aus respiratorischen Materialien oder Pleuraflüssigkeit auf BCYE-Agar /2/. Da Legionellen noch nie von gesunden Personen isoliert wurden, ist eine positive Kultur immer beweisend für eine Legionella-Infektion (100 %ige Spezifität bei allerdings geringer Sensitivität) /57/.

Inkubationszeit

  • Legionellen-Pneumonie (Legionärskrankheit): 2–10 Tage
  • Pontiac-Fieber: 1–2 Tage

Klinische Symptomatik

Legionellen-Pneumonie (Legionärskrankheit): Die klassische Legionellose beginnt mit uncharakteristischen grippeähnlichen Prodromalerscheinungen wie Kopf- und Gliederschmerzen, anfangs unproduktivem, später produktivem Husten. Innerhalb weniger Stunden kommt es zu hohem Fieber, Schüttelfrost, Myalgien (besonders im Thorax), gelegentlich auch zu Abdominalschmerzen mit Durchfällen und Erbrechen sowie zu Enzephalopathie mit Benommenheit bis hin zu schweren Verwirrtheitszuständen. Die Letalität liegt bei 15 % und kann bei unbehandelten immunkompromittierten Patienten bis auf 80 % ansteigen /2/.

Bekannte Risikofaktoren sind Immunsuppression, Zigarettenrauchen, Alkoholmissbrauch, pulmonale Begleiterkrankungen und höheres Alter /23/.

Pontiac-Fieber: Dieses ist durch einen leichten Krankheitsverlauf mit Kopf-, Glieder-, Thoraxschmerzen, Husten, und Fieber ohne Pneumonie gekennzeichnet /12/.

Meldepflicht

Der direkte oder indirekte Nachweis von Legionella spp. ist nach IfSG § 7 (Labor) meldepflichtig.

42.10.2 SerologischeTests: direkter Erregernachweis

Direkter Immunfluoreszenz-Test

Die Nachweisempfindlichkeit des direkten Immunfluoreszenz Tests ist nicht befriedigend. Um signifikante Keimzahlen sichtbar zu machen, werden etwa 104 Legionellen pro ml Untersuchungsmaterial benötigt, eine Keimdichte die häufig nicht erreicht wird. Die direkte Immunfluoreszenz mit polyklonalen oder monoklonal enzymmarkierten Antikörpern für den Nachweis von Legionellen aus bronchoalveolärer Lavage hat bei einer diagnostischen Spezifität bis zu 95 % /5/ eine Sensitivität unter 60 %.

Bronchialsekret, entnommen mittels Bronchoskopie, ist das bevorzugte Untersuchungsmaterial.

Abzuraten ist von Sputum, zumindest unter Verwendung polyklonaler Antiseren, da immunologische Kreuzreaktionen zu falsch-positiven Ergebnissen führen können /48/.

ELISA

Der ELISA für den Antigennachweis im Urin erfasst nicht alle Legionellenspezies und deren Serogruppen mit gleicher Empfindlichkeit. Die diagnostische Sensitivität des Testsystems wird bei Patienten mit definierter Legionellose auf 50–70 % geschätzt. Die Nachweisempfindlichkeit ergab 94,6 % für L. pneumophila der Serogruppe 1 aber nur 86 % unter Einschluss von Proben mit den Serogruppen 2, 3, 4, 6 und 10. Es existieren keine genauen Angaben bezüglich der Nachweisempfindlichkeit für andere Legionella-Spezies /910/.

Immunchromatographischer Schnellnachweis

An Nitrocellulose adsorbierte Antikörper gegen L. pneumophila Serogruppe 1 ermöglichen den Schnellnachweis von Legionella-Antigen im Urin. Das Testsystem ist nur für L. pneumophila Serogruppe 1 ausgelegt und erfasst weder andere Serogruppen noch andere Legionellen-Spezies /2/.

42.10.3 Serologische Tests: indirekten Erregernachweis

Der Antikörpernachweis ist eher für epidemiologische Zwecke als für die aktuelle Krankheits bezogene Diagnostik geeignet. Eine klinische Diagnose ist über die Beurteilung der humoralen Immunanwort nur retrospektiv zu bestätigen und auf Grund einer Vielzahl möglicher Kreuzreaktionen mit erheblicher Unsicherheit behaftet /2/.

Indirekter Immunfluoreszenztest (IIFT)

Bakterienausstriche von L. pneumophila-Gemischen verschiedener Serovarietäten werden mit verdünntem Patientenserum inkubiert. Bei positiven Proben binden sich spezifische Antikörper an die bakteriellen Antigene. Gebundene Antikörper werden in einem zweiten Inkubationsschritt mit Fluorescein markierten Anti-Human-Antikörpern angefärbt und im Fluoreszenzmikroskop sichtbar gemacht.

Die Vielfalt der existierenden Legionellenantigene stellt für den IIFT bezüglich der Empfindlichkeit ein erhebliches Problem dar. Nicht selten wird versucht, diese Schwierigkeit durch Benutzung polyvalenter, also aus mehreren Serogruppen von L. pneumophilia oder auch unterschiedlichen Legionellen-Spezies bestehenden Antigenpools zu umgehen. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass mit zunehmender Zahl unterschiedlicher Antigene die Spezifität des immunologischen Nachweises abfällt. Bei positiver Reaktion eines Poolantigens ist deshalb für eine valide diagnostische Aussage eine Bestätigungsuntersuchung mit monovalenter Objektträgerbeschichtung geboten /48/.

Untersuchungsmaterial

  • Serum (für den indirekten Erregernachweis): ml
  • Urin (für den direkten Erregernachweis): 5–10 ml
  • Sekrete tiefer Atemwege (für PCR): 5–10 ml

Referenzwerte und Grenztiter*

Indirekter Immunfluoreszenztest (IIFT)

< 128–256

Antigennachweis

Negativ

* Grenztiter sind ebenso wie Sensitivität und Spezifität. Test- und Hersteller-abhängig. Die hier genannten Grenztiter sind als Richtwerte zu verstehen und sollten für den im jeweiligen Labor gebräuchlichen Test mittels laborinterner Leistungsprüfung an positiven Referenzproben und an negativen Blutspenderseren für die lokale epidemiologische Situation kritisch überprüft werden.

42.10.4 Serologische Befundinterpretation

Direkter Erregernachweis

Antigen-Nachweis im Urin mittels ELISA oder immunchromatographischen Assays ermöglichen eine einfache und schnelle Diagnose. In einer größeren Metaanalyse zur diagnostischen Zuverlässigkeit von Antigennachweisen mittels kommerzieller und In-Haus-Testsystemen ergab sich für derartige Tests eine gepoolte diagnostische Sensitivität von 74 % (95 % CI, 68–81 %) bei einer gepoolte Spezifität von 99 % (95 % CI, 98–99 %) /211/. Der Nachweis des Legionella-Antigens im Urin ist beweisend für eine Legionellose. Es werden insbesondere Antigene der Serogruppe 1 angezeigt. Teilweise werden durch Kreuzreaktionen auch andere Serogruppen mit allerdings geringer Sensitivität erkannt /29/. Daher sind die Testsysteme zumeist nur für den Nachweis von Legionella pneumophila Serogruppe 1-Antigen aus Urin ausreichend verlässlich. Die Antigenausscheidung ist bereits 24 h nach Infektion festzustellen und persistiert meist einige Tage bzw. Wochen, aber nur selten über Monate. Ein negatives Ergebnis schließt eine Legionelleninfektion allerdings nicht aus.

Der direkte Erregernachweis im Urin ist im Vergleich zum direkten Erregernachweis im Bronchialsekret zu bevorzugen. Die Urinuntersuchung hat eine höhere Nachweisempfindlichkeit und ist einfacher in der Handhabung im Vergleich zum Immunfluoreszenz-Test aus Bronchialsekret /2/.

Serologische Tests des indirekten Erregernachweises

Der indirekte Erregernachweis mittels serologischer Testverfahren erfordert für den Nachweis einer frischen Infektion den vierfachen Anstieg des Antikörpertiters auf mindestens ≥ 128 oder eine Serokonversion. Für den IIFT gilt für L. pneumophila ein mindestens vierfacher Titeranstieg als diagnostisch signifikant. Die Praxis einen Einzeltiter von ≥ 256 als hinweisend auf eine Legionella-Infektion zu werten, wird im Rahmen eines Nonoutbreak-settings kontrovers diskutiert /1210/. Ein einzelner Titer von 256 wird vielfach als nicht ausreichend spezifisch angesehen, da je nach Region und Bevölkerungsgruppe ein unterschiedlich hoher Durchseuchungsgrad vorherrscht /2/.

Der serologische Nachweis mit Titeranstieg in gepaarten Seren kann unklare Krankheitsbilder in der Regel erst retrospektiv klären, da die Antikörperbildung erst in der Frühphase der Erkrankung beginnt. In der klinischen Praxis spielt die Serologie nur eine sehr untergeordnete Rolle. Die Serologie bleibt daher vor allem epidemiologischen Studien vorbehalten /2/. Die Serokonversion erfolgt bei den meisten Patienten mit Legionärskrankheit erst bis zu 3 Wochen nach Erkrankungsbeginn. Sie sollte jedoch für insgesamt 9 Wochen kontrolliert werden /12/. Manche Patienten, auch solche mit Kultur-gesicherter Legionellose, konvertieren im Rahmen der serologischen Untersuchung nie. Die diagnostische Sensitivität der Serodiagnostik liegt bei etwa 80 %, die diagnostische Spezifität bei ca. 95 % /248/.

Bis zu einem Drittel aller deutschen Probanden haben niedrigtitrige Legionellenantikörper. Dies ist angesichts der ubiquitären Verbreitung von zahlreichen Legionellenarten und -Serogruppen an aquatischen Standorten und der unklaren Prävalenz nicht-pneumonischer Legionellenerkrankungen wie z.B. des Pontiac-Fiebers nicht verwunderlich. Die Häufigkeit des Pontiac-Fiebers wird bis zum Hundertfachen der Legionärskrankheit geschätzt /246/.

42.10.4.1 Hinweise und Störungen zur Serologie

Die Verwendung gepoolter Antigene für den IIFT im Rahmen des indirekten Erregernachweises bedingt einen Summationseffekt der niedrigen Legionellen-Antikörperkonzentrationen, der eine klare Cutoff-Festlegung erschwert. Hinzu kommt, dass eine erhebliche Anzahl von immunologischen Kreuzreaktionen von Legionellen mit anderen Bakterien gefunden wird, z.B. P. aeruginosa, P. fluorescens, P. alcaligenes, Xanthomonas spp., aber auch Flavobacterium spp., Bacillus cereus, Bacteroides fragilis, B. pertussis, Campylobacter spp. und verschiedenen Enterobakterien. Die infektionsimmunologische Diagnostik kann hiervon häufig beträchtlich gestört werden /124/.

42.10.5 Molekularbiologische Untersuchungen

Wegen der Schwierigkeiten beim schnellen kulturellen Nachweis von Legionellen und den Limitationen des Antigennachweises für Non-Legionella pneumophila-Spezies sind eine Reihe molekularbiologischer Verfahren zur Schnelldiagnose von Legionella spp. aus klinischen Materialien entwickelt worden. Targetregionen sind z.B. die 5S- und 16S RNA-Gene sowie das mip-Gen /21213/. Geeignete Untersuchungsmaterialien sind Sputum und Sekrete der tiefen Atemwege. Der Stellenwert von Urin und anderen Nicht-Atemwegsmaterialien in der Legionellose-Diagnostik ist nicht ausreichend evaluiert. Der große Vorteil molekularer Nachweisverfahren besteht in ihrer hohen Sensitivität und Spezifität sowohl für L. pneumophila, als auch für seltene andere pathogene Legionella spp., die mittels der verfügbaren Antigentests nicht ausreichend erfasst werden.

Untersuchungen zur Sensitivität und Spezifität von Realtime-PCR gestützten Nachweisverfahren mit anschließender Sondenhybridisierung zur Identifikation von Legionella spp. erbrachten Sensitivitäten von 64–82 % bei Spezifitäten von 80–98 %. Es handelte sich um Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Materialien von Patienten mit gesicherter Legionellose /13/. Zu fordern ist eine genaue molekulare Identifikation der Spezies mittels Sondenhybridisierung, Sequenzierung oder Schmelzpunktanalyse des jeweiligen Amplikons. Das ist wichtig um klinisch irrelevante falsch positive Resultate infolge umweltbedingter Kontaminationen durch apathogene Non-L. pneumophila spp. zu vermeiden, zumal Legionellen auch in Lösungen und Laborutensilien vorkommen können.

Externe Qualitätskontrolle

Eine externe Qualitätskontrolle wird im Rahmen als Teil des Ringversuchs Bakteriengenom-Nachweis angeboten.

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42.11 Leptospirose

Klaus-Peter Hunfeld, Thomas A. Wichelhaus, Volker Brade

Die Leptospirose ist eine akute bis chronische, teilweise auch klinisch inapparent verlaufende Zoonose, hervorgerufen durch pathogene Leptospiren /123/. Das Genus Leptospira (L) gehört zur Familie der Spirochaeten und umfasst derzeit ca. 20 Spezies, von denen 8 humanpathogen sind. Innerhalb der Spezies werden aufgrund der verschiedenen antigenen Eigenschaften serologisch insgesamt mindestens 320 Serovare unterschieden:

  • Die apathogene Spezies L. biflexa mit etwa 60 Serovaren.
  • Die pathogene Spezies L. interrogans, die weiter in mindestens 260 Serovare differenziert werden kann, z.B. L. interrogans Serovar icterohaemorrhagiae, L. interrogans Serovar grippotyphosa.

Eine Leptospirämie ist in der frühen Phase der Infektion durch Blutkulturen nachzuweisen.

Bezüglich des kulturellen Erregernachweises wird auf die spezielle Fachliteratur verwiesen .

Der Direktnachweis des Erregers mittels Mikroskopie und Kultur aus klinischen Materialien ist möglich, spielt allerdings für die meisten Routinelaboratorien keine Rolle. Die meisten Infektionen werden serologisch diagnostiziert /238, 9, 10, 1112/.

42.11.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Epidemiologie

Leptospiren kommen weltweit vor und verursachen Anthropozoonosen, die in unterschiedlichen Schweregraden verlaufen können . Während in den westlichen Industrienationen die Zahl der Erkrankungen durch bessere hygienische Verhältnisse eher abnimmt, bleibt diese Infektion ein wichtiges Problem in Ländern der Tropen und Subtropen . Die Zahl der Neuerkrankungen wird weltweit auf 300.000 bis 500.000 Fälle jährlich geschätzt /2/. Klimatische und Umweltveränderungen begünstigen die Ausbreitung der Infektion. So sind größere Ausbrüche, insbesondere im Verlauf von Überflutungen durch ein vermehrtes Einbringen der Erreger in die Umwelt zu beobachten . In den Industrienationen kommen lokal gehäufte Erkrankungsfälle vor allem im Rahmen von Freizeitaktivitäten (Wassersport, Bootstouren) sowie im Anschluss an sportliche Großereignisse oder auch bei Reiserückkehrern vor /1237/.

Primäre Infektionsquelle sind immer Leptospiren infizierte Tiere, vor allem Ratten und Mäuse, aber auch Haustiere wie Hunde und Schweine. Der Mensch wird durch Kontakt mit Ausscheidungen der Tiere (Harn, Beschnüffelung), Fleisch oder Oberflächenwasser, das Leptospiren enthält, infiziert /27/. Die Übertragung erfolgt durch Läsionen von Haut und Schleimhäuten, Konjunktiven und über kontaminierte Aerosole. Gefährdet sind bestimmte Berufsgruppen, z.B. Schweinezüchter, Metzger, Abwasser-, Kanal-, Feldarbeiter, Tierärzte (Meldung als Berufskrankheit) sowie Angler und Wassersportler . Die frühere Annahme, dass spezifische Erkrankungen durch bestimmte Serovare bedingt sind, wie Weil’sche Krankheit durch Serovar icterohaemorrhagiae, Canicola-Fieber durch Serovar canicola, Schweinehüterkrankheit durch Serovar tarassovi, Schlamm- und Feldfieber durch Serovar grippotyphosa, ist nicht mehr aufrecht zu erhalten / /45712/.

Inkubationszeit

3–30 Tage, normalerweise 5–14 Tage.

Klinische Symptomatik

Die Leptospirose präsentiert sich, abhängig vom Serovar und der Abwehrlage des Patienten, in verschiedenen Schweregraden, von der inapparenten über die leichte bis zur schweren fulminanten Infektion. Etwa 90 % der symptomatischen Patienten haben eine milde, Grippe-ähnliche Symptomatik. Selbst in hoch endemischen Regionen wird die Leptospirose in bis zu 70 % der Fälle nicht diagnostiziert /23/.

Das klinische Bild reicht von leichten Symptomen bis hin zu schweren Verläufen mit Blutungen, Nierenversagen, Ikterus und tödlichen Komplikationen /23/. Die Inkubationszeit beträgt 5–14 Tage. Ein akutes Nierenversagen tritt in 10 bis über 60 % der Fälle auf. Eine Thrombozytopenie wird in bis zu 50 % der Fälle beobachtet.

Eine relativ neu beschriebene Komplikation ist das Leptospirose-assoziierte pulmonal-hämorrhagische Syndrom mit Brustschmerzen, Husten, Luftnot und pulmonalen Einblutungen. Respiratorische Symptome können 4–6 Tage nach Krankheitsbeginn auftreten und innerhalb von 72 h zum Tod führen /3/. Der Krankheitsverlauf, insbesondere der schweren Infektion, kann biphasisch verlaufen mit einer bakteriämischen (septikämische) Frühphase, gefolgt von einer der Phase der Organerkrankung (Tab. 42.11-1 – Biphasischer Verlauf der Leptospirose). Die Letalität schwerer Verläufe beträgt bis über 20 % /23/.

Im Routinelabor ist die BSG erhöht, die Leukozytenzahl kann normal bis leicht erhöht sein, die Aminotransferasen sind leicht erhöht, ebenso wie Bilirubin und Alkalische Phosphatase. Der Urinstatus ist auffällig. Das Serumbilirubin kann bis auf 20 mg/dl ansteigen. Bei neurologischer Begleitsymptomatik findet sich im Liquor cerebrospinalis meist eine Zellzahlerhöhung von weniger als 500 Zellen/μl, während Protein und Glucose normal oder nur leicht pathologisch sind /3/.

Meldepflicht

Der direkte oder indirekte Nachweis von Leptospira interrogans ist nach IfSG § 7 (Labor) meldepflichtig.

42.11.2 Serologische Untersuchungen

Bei Verdacht auf Leptospirose, 1–2 Wochen nach der Infektion (in der Phase der Organerkrankung), ist die Bestimmung von spezifischen Antikörpern wegweisend.

Antigennachweis

Zur Antigendetektion aus Urin wird der Dot Blot-ELISA eingesetzt. Der Test benutzt monoklonale Antikörper gegen ein 35 kD-Antigen pathogener Leptospiren. Der Test ist zum Teil bereits vor dem Nachweis spezifischer IgM-Antikörper positiv. Größere Evaluationsstudien stehen aus /3/.

Direkter Immunfluoreszenz-Test

Der Nachweis von L. interrogans in Körperflüssigkeiten, wie Blut, durch die direkte Immunfluoreszenz mittels markierter Antikörper ermöglicht eine Erregerdiagnostik in der frühen Phase der Infektion bei fraglicher Sensitivität /89/.

Mikroagglutinations-Reaktion (MAR, im englischen Schrifttum MAT)

Als serologische Referenzmethode gilt die sensitive und spezifische aber zeitaufwendige und in der Durchführung potentiell infektiöse Mikroagglutinations-Reaktion. Der MAR arbeitet mit Lebendkulturen einer breiten Palette an Serovaren. Die Agglutinations-Reaktion wird unter dem Dunkelfeldmikroskop beurteilt, wobei als Endpunkt die höchste Verdünnung gilt, bei der eine Agglutination von über 50 % der Leptospiren zu sehen ist /13910/.

Indirekter Hämagglutinationstest (IHAT)

Mit Zellkomponenten von Leptospiren der Serovare icterohaemorrhagiae und grippotyphosa sensibilisierte Schaferythrozyten werden in Mikrotiterplatten mit verdünnten Patientenseren inkubiert. Sind spezifische Antikörper gegen Leptospiren vorhanden, kommt es zu einer Agglutination der Erythrozyten.

Bei positiven Seren bildet sich eine Zellmatte auf dem Boden der Vertiefung, bei negativen Seren sedimentieren die Erythrozyten in Form eines Knopfes. Der Test zeigt eine breite Kreuzreaktion mit anderen Leptospiren-Serovaren (L. bataviae, L. australis, L. pomona, L. sejroe, L. hardjo) /12131415/.

ELISA, lateral flow-Test, DriDot-Test, Immunoblot

Bei diesen, zum Teil kommerziell verfügbaren Tests, werden genospezifische IgG- und/oder IgM-Antikörper detektiert. Antigenpräparationen umfassen Lipopolysaccharid-Antigene, aber auch rekombinante Proteinpräparationen (rLIP1 41, rOmpl 1, Leptospiren-Immunglobulin-Like (LIG) Protein) /3/. Die Verlässlichkeit dieser Testsysteme unter Routinebedingungen ist wenig evaluiert. Für ELISA werden diagnostische Sensitivitäten von 84 bis über 90 % bei Spezifitäten von 88–99 % angegeben. Für Lateral-flow assays beträgt die Sensitivität 81 % bei einer Spezifität von bis zu 96 % /3/. Die Ergebnisse von Evaluationsstudien sind allerdings wechselnd. Eine Übersicht über verfügbare kommerzielle Tests vermittelt eine Richtlinie der WHO /311/.

Untersuchungsmaterial

Serum: 1 ml

Referenzwerte und Grenztiter*

Mikroagglutinations-Reaktion (MAR)

Unter 100

Indirekter Hämagglutinationstest (IHAT)

Unter 100–160

ELISA, LFA, Immunoblot

Negativ für IgG und IgM

* Grenztiter sind, ebenso wie Sensitivität und Spezifität, Test- und Hersteller-abhängig. Die hier genannten Grenztiter sind als Richtwerte zu verstehen und sollten für den im jeweiligen Labor gebräuchlichen Test mittels laborinterner Leistungsprüfung an positiven Referenzproben und an negativen Blutspenderseren für die lokale epidemiologische Situation kritisch überprüft werden.

42.11.2.1 Serologische Befundinterpretation

Spezifische Antikörper werden 5–7 Tage nach Beginn der klinischen Symptomatik nachgewiesen und erreichen das Maximum in der Woche 3–5 /2310/. Als Goldstandard gilt die Mikroagglutinationsreaktion (MAR, im englischen Schrifttum MAT) /231011/. Bei der MAR werden native Patientenseren mit Leptospirenkulturen titriert und dann für 2–4 h bei 30 °C oder Raumtemperatur inkubiert. Die MAR detektiert Serogruppen-spezifische IgM- und IgG-Antikörper /310/. Die verwendeten Leptospirenpanels sollten möglichst repräsentative Serovare wichtiger und lokal häufiger Serogruppen und Serotypen enthalten /1011/.

Die WHO empfiehlt 19 Serovare aus 16 Serogruppen /11/. Der Serovar-spezifische Antikörpernachweis korreliert nur bedingt mit dem der Infektion tatsächlich zugrunde liegendem Serovar. Die gebildeten Leptospirenantikörper agglutinieren oft mehrere Serovare /1011/. Die MAR kann zu Beginn der Infektion negativ ausfallen. Daher sind serologische Kontrollen angezeigt /1314/. Die Sensitivität der MAR wird mit 90 %, die Spezifität mit über 90 % angegeben /3/. Eine serologisch bestätigte Leptospirose ist definiert durch einen im Parallelansatz erkannten 4-fachen Titeranstieg zwischen zwei im Abstand von 8–14 Tagen entnommenen Serumproben bzw. von Serum aus der Akut- und Rekonvaleszenzphase /369/. Positive Titer können insbesondere in endemischen Regionen über Monate (ggf. Jahre) persistieren /23/.

Mikroagglutinations-Reaktion (MAR)

Positiv: Titer ≥ 400; bei gegebener Klinik ist ein Titer von ≥ 400 beweisend für eine Leptospirose.

Verdächtig: Titer 100 bzw. 200; diese Titer sind mit einer laufenden Infektion vereinbar.

Negativ: Titer unter 100; dieser Titer spricht gegen eine akute Infektion, schließt sie jedoch nicht sicher aus /31011/.

Indirekter Hämagglutinationstest (IHAT)

Ein positives Ergebnis (Titer > 160) zeigt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Infektion mit Leptospiren an. Ein negatives Ergebnis kann eine Infektion nicht mit letzter Sicherheit ausschließen. Der Test kann nicht zwischen den Serovaren differenzieren. Im Vergleich zur MAR zeigt der IHAT eine diagnostische Sensitivität von 79 % bei einer Spezifität von 96 % /1213/.

Objektträgeragglutinations-Schnelltest

Ein positives Ergebnis im Schnelltest bedarf der Überprüfung mittels anderer serologischer Verfahren wie dem MAR. Ein negatives Ergebnis schließt eine Infektion mit Leptospiren nicht aus.

Enzyme-linked Immunosorbent Assay

Ein 4-facher Anstieg des ELISA-Werts in zwei parallel untersuchten Serumproben ist diagnostisch beweisend /14/. Vergleichende Untersuchungen lassen für den IgM-ELISA eine diagnostische Sensitivität von 86,5 % und eine Spezifität von 97 % erkennen /1213/.

Störungen serologischer Testsysteme

Kreuzreagierende Antikörper können bei Syphilis, Borreliose, Rückfallfieber und Legionellose beobachtet werden.

Bis zu 10 % der Patienten zeigen keine Serokonversion innerhalb von 30 Tagen nach Auftreten klinischer Symptome.

Ein erhöhter Antikörpertiter (≥ 100) kann nach Infektion in einigen Fällen noch jahrelang bestehen bleiben.

Eine frühzeitige Therapie z.B. mit Tetrazyklinen kann die Immunantwort verzögern oder ganz unterdrücken /3710/.

42.11.3 Molekularbiologische Methoden

Das zum Teil sehr variable Krankheitsbild und die Schwierigkeiten beim Direktnachweis des Erregers haben zur Entwicklung einer Reihe von molekularbiologischen Nachweisverfahren geführt /23/. Ein Teil der Methoden sind in der WHO-Guideline beschrieben /11/.

Die Nukleinsäure-Amplifikationstechniken (NAT) erlauben den Nachweis erregerspezifischer DNA. Die verwendeten Primersysteme sollten idealerweise zwischen pathogenen und apathogenen Leptospiren differenzieren. Als genetische Targets dienen unter anderem 16S- und 23S-RNA-Gene oder Insertionssequenzen (IS1533) secY, das Flagelin-Gen, das rrs-, flaB-, rrl-Gen sowie der Genlokus LA 3521 Leptospira interrogans /381115/. Ein weiteres PCR-Protokoll mit molekularen Targets im secJ- und Flagelin-Gen wurde von der WHO publiziert.

Auch real time-PCR-Verfahren unter Zuhilfenahme gelabelter Sonden sind verfügbar /311/. Ein weiteres molekulares Nachweisverfahren ist die Loop-mediated isothermal Amplifikation.

Die diagnostischen Sensitivitäten und Spezifitäten dieser Verfahren sind wechselnd, da größere Evaluationsstudien fehlen /3/. Für Realtime-PCR-Methoden wurden diagnostische Sensitivitäten von 100 % bei Spezifitäten von 93 % publiziert /2311/. Der NAT-Nachweis von Leptospiren ist aus Blut, Urin, Liquor cerebrospinalis und Gewebe möglich. Über die Dauer einer DNA-Ausscheidung nach Infektion bzw. die asymptomatische Ausscheidung von Leptospiren-DNA in endemischen Regionen ist wenig bekannt /3/.

Literatur

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2. Vieira As, Pinto Ps, Lilenbaum W. A systematic review of leptospirosis on wild animals in Latin America. Trop Anim Health Prod 2018; 50 (2): 229–38.

3. Toyokawa T, Ohnishi M, Koizumi N. Diagnosis of acute Leptospirosis. In: Expert Rev. Anti Infect Ther 2011; 9: 111–21.

4. Schütt-Gerowitt H. Die Familie der Spirochaetaceae-Spirochätosen. In: Köhler W, Eggers HJ, Fleischer B, Marre R, Pfister H, Pulverer G (eds). Medizinische Mikrobiologie. München; Urban & Fischer 2001; 452–64.

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9. Pope V, Bragg SL, Schriefer ME, Larsen SA. Immunologic methods for diagnosis of spirochetal diseases. In: Rose NR, Hamilton RG, Detrick B (eds). Manual of clinical laboratory immunology. Washington; American Society for Microbiology 2002; 477–93.

10. Lizer J, Velinesi S, Weber A, Krecic M, Meeus P. Evaluation of 3 serological tests for early detection of Leptospira-specific antibodies in experimentally infected dogs. J Vet Intern Med 2018; 32 (1): 201–7.

11. WHO. Human leptospirosis. Guidelines for diagnosis, surveillance and control. Genf 2003.

12. Farr RW. Leptospirosis. Clin Infect Dis 1995; 21: 1–6.

13. Bajani MD, Ashford DA, Bragg SL, et al. Evaluation of four commercially available rapid serological tests for diagnosis of leptospirosis. J Clin Microbiol 2003; 41: 803–9.

14. Wallach J. Leptospirosis In: Wallach J (ed). Interpretation of diagnostic tests. Philadelphia; Lippincott, Williams & Wilkins 2000; 806–7.

15. Smythe LD, Smith IL, Smith GA, Dohnt MF, Symonds ML, Barnett LJ, McKay DB. A quantitative PCR (TaqMan) assay for pathogenic Leptospira spp. BMC Infect Dis 2002; 2: 13–9.

42.12 Mykobakterien-Infektion

Udo Reischl, Ruxandra Enzensberger, Borris Boeddinghaus, Klaus-Peter Hunfeld, Jürgen J. Wenzel

Aus klinischer Sicht unterscheidet man drei Gruppen innerhalb des Genus Mycobacterium (M):

  • M. tuberculosis-Komplex mit den obligat pathogenen Spezies
  • M. tuberculosis, M. bovis, M. microti und M. africanum, die Erreger der Tuberkulose.
  • Nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM bzw. MOTT: Mycobacteria other than tuberculosis) als fakultativ pathogene Erreger atypischer mykobakterieller Infektionen.
  • M. leprae, eine weitere obligat pathogene Spezies, die in diesem aber nicht besprochen wird.

Die Tuberkulose ist weltweit eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten, mit der höchsten Rate an Todesfällen nach AIDS. Heute verfügen wir über eine wirksame Therapie der Tuberkulose, die aber mit langen Behandlungszeiten und häufigen Nebenwirkungen belastet ist. Große Probleme bereiten Tuberkulosestämme mit Resistenz gegen übliche Antituberkulotika. Deren epidemisches Auftreten hat die Bedeutung einer raschen Diagnostik deutlich gemacht.

Nichttuberkulöse Mykobakterien verursachen Mykobakteriosen der Lunge, Haut, Halslymphknoten und bei Abwehrgeschwächten disseminierte Infektionen. Ihre Häufigkeit hat im Verlauf der letzten 2 Jahrzehnte im Zusammenhang mit der AIDS-Epidemie erheblich zugenommen.

Die kulturbasierte Diagnostik und Resistenztestung nimmt mehrere Wochen in Anspruch. Mit dem Einzug von Nukleinsäure-gestützten Nachweisverfahren in das mikrobiologische Labor stehen seit einigen Jahren auch zahlreiche molekularbiologische Methoden zum schnellen Direktnachweis aus klinischem Probenmaterial sowie zur Speziesdifferenzierung von Mykobakterien zur Verfügung.

Mykobakterien sind langsam wachsende, sporenlose, obligat aerobe Stäbchen. Sie zeichnen sich aus durch einen besonderen Aufbau ihrer Zellwand, die neben mehrschichtigem Peptidoglykan auch zahlreiche langkettige und wachsartige Mykolsäuren enthält. Durch diese lipidhaltige doppelschichtige Zellwand widerstehen Mykobakterien im Rahmen spezieller Färbetechniken der aggressiven Entfärbung mit Salzsäure-Alkohol-Mischung, weshalb sie auch als säurefeste Stäbchen bezeichnet werden. Diese einzigartige Struktur trägt dazu bei, dass sie im Organismus innerhalb der Phagozyten jahrelang in ruhendem Zustand persistieren können, mit der Möglichkeit einer endogenen Exazerbation. Derzeit werden mehr als 140 anerkannte Spezies innerhalb des Genus Mycobacterium aufgeführt, von denen aber nur ein kleiner Teil Infektionen beim Menschen hervorrufen kann.

Unter den sog. Tuberkulosebakterien hat M. tuberculosis, das überwiegend durch Tröpfcheninfektion ausgehend von Tuberkulosekranken übertragen wird, die größte Bedeutung. Demgegenüber ist M. bovis seit der Eliminierung der Rindertuberkulose in Deutschland sehr selten geworden. Der Genuss roher Kuhmilch bleibt aber weiterhin in Ländern der dritten Welt eine Infektionsquelle. In Afrika kommt außerdem M. africanum vor. Als ein Reservoir für M. microti gelten in Europa beispielsweise Hauskatzen /1/.

Nichttuberkulöse Mykobakterien finden sich ubiquitär als Teil der Umweltflora in Erde, Staub und Wasser. Auch Geflügel und andere Tiere kommen als Erregerreservoir vor, hingegen ist eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch eher die Ausnahme. Die klinische Relevanz dieser Opportunisten im klinischen Probenmaterial kann nur vor dem Hintergrund des jeweiligen individuellen Krankheitsbilds eingeschätzt werden (Tab. 42.12-1 – Klassifikation ausgewählter nichttuberkulöser Mykobakterien nach ihrer Pathogenität).

42.12.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Epidemiologie

Es wird geschätzt, dass ca. 1/3 der Weltbevölkerung mit Tuberkulose infiziert ist. Jährlich kommen etwa 10 Millionen neue Fälle offener Lungentuberkulose hinzu, und ca. 2 Millionen Menschen sterben an dieser Erkrankung.

In Deutschland lag die Tuberkuloseinzidenz im Jahr 2010 bei 5,3/100.000 Einwohner. In Großstädten wie Frankfurt, Berlin oder Hamburg ist die Häufigkeit der Tuberkulose bedingt durch den Migrantenanteil doppelt so hoch. Die mit Abstand höchste Inzidenz findet sich jedoch in Entwicklungsländern, allen voran in Asien und Afrika (bis zu 200/100.000 Einwohner/Jahr). Bei Einwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion, insbesondere aus Kasachstan, sowie aus dem ehemaligen Jugoslawien, ist auch in Deutschland mit einer höheren Infektionswahrscheinlichkeit sowie mit Antibiotika resistenten M. tuberculosis-Isolaten zu rechnen /23/. Zwar war der Anteil der Erkrankungen mit multiresistenten Erregern in Deutschland mit 2,1 % im Jahr 2009 niedrig, allerdings gehen sie mit einer erhöhten Letalität (7,6 % gegenüber 3,6 %) und höheren Kosten einher /45/.

In Studien zur Epidemiologie von NTM lag die Inzidenz in Industrienationen bei 0,4 und 3,9/100.000 Einwohner /6/. Bei HIV-negativen Patienten waren ca. 20 % der Lungenmykobakteriosen durch NTM verursacht. Der Anteil von NTM als Auslöser von Mykobakteriosen insgesamt stieg von 9 % (1989) auf 31 % (1997). Bestimmte Patientengruppen haben ein erhöhtes Risiko an NTM zu erkranken: 25–50 % aller AIDS-Patienten und bis zu 10 % aller Knochenmarkstransplantierten bzw. massiv Immunsupprimierten erleiden eine Infektion mit NTM, am häufigsten in Form disseminierter Erkrankungen. Bei Mukoviszidose-Patienten wird ebenfalls häufiger ein Befall der Lunge durch NTM beobachtet.

Inkubationszeit und Dauer der Ansteckungsfähigkeit

Die Inkubationszeit der Tuberkulose kann wenige Wochen bis viele Monate betragen. Klinische Symptome treten in der Regel 6 Monate nach einer Infektion auf, jedoch kann sich eine Erkrankung auch wesentlich früher, sogar vor einer Tuberkulinkonversion, manifestieren. Das Erkrankungsrisiko ist in den ersten beiden Jahren nach der Infektion am höchsten. Reaktivierungen latenter Herde können jedoch noch nach Jahrzehnten auftreten.

Die Ansteckungsfähigkeit der offenen Lungentuberkulose ist am höchsten, solange säurefeste Stäbchen mikroskopisch im Sputum, Bronchialsekret oder Magensaft nachweisbar sind. Unter einer wirksamen antituberkulösen Kombinationstherapie sind Patienten, die mit einem sensiblen Stamm infiziert sind, innerhalb von 2–3 Wochen meist nicht mehr infektiös /2/. Geschlossene Herde, wie z.B. Wirbelkörperabszesse, gelten als nicht ansteckend und betroffene Patienten gelten somit nicht als isolationspflichtig.

Klinische Symptomatik

Prädisponierende Faktoren für das Auftreten der Tuberkulose sind soziale Faktoren wie schlechte Ernährung und verschiedene Formen der Abwehrschwäche: Alkoholismus, HIV-Infektion, hämatoonkologische Erkrankungen, Zytostatika- oder Cortisontherapie. Nur 10 % aller Infizierten erkranken im Verlauf ihres Lebens an einer manifesten Tuberkulose. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Postprimärtuberkulose.

Die klinischen Symptome einer aktiven Lungentuberkulose (ca. 80 % der Manifestationen) sind meist vieldeutig und weisen auf eine chronische, konsumierende Erkrankung hin: Chronischer Husten mit Auswurf, im typischen Fall Hämoptoe, Thoraxschmerzen bei Pleurabeteiligung, subfebrile Temperaturen, Nachtschweiß, Gewichtsabnahme und Leistungsknick.

Unter den extrapulmonalen Formen (ca. 20 %) kommt am häufigsten die Lymphadenitis (8 %) vor, gefolgt vom Pleurabefall (4 %), der Urogenitaltuberkulose (3 %), der tuberkulösen Arthritis (2 %) und der lebensgefährlichen Meningitis tuberculosa (0,5 %) /2/.

HIV-Patienten nehmen eine Sonderstellung ein, indem sie ein 5- bis 10-fach höheres Risiko der Tuberkulose-Reaktivierung haben, häufig in Form von extrapulmonalen und disseminierten klinischen Bildern.

NTM rufen bei Immunkompetenten am häufigsten Tuberkulose-ähnliche Lungenerkrankungen hervor, so z.B. M. kansasii. Darüber hinaus können sie Weichteilinfektionen (M. marinum, M. chelonae) oder Lymphadenitiden bei Kindern (M. avium subsp. hominissuis, M. intracellulare, M. malmoense) verursachen /78/. Gelegentlich werden sie durch ein Trauma inokuliert, z.B. M. marinum. Die Bedeutung nichttuberkulöser Mykobakterien hat in den letzten Jahren durch die steigende Zahl von massiv immunsupprimierten Patienten zugenommen, so dass diese Opportunisten in der mikrobiologischen Diagnostik stärker berücksichtigt werden müssen. Bei Immunsupprimierten stellen disseminierte Infektionen die häufigste Manifestation dar, vor allem M. avium intracellulare- und M. kansasii-Infektionen sind häufige bakterielle Komplikationen /9/. Allerdings zeigen in Abhängigkeit von der Pathogenität nur ca. 10 % der Patienten mit Nachweis von NTM auch klinische Zeichen einer Infektion. Häufig handelt es sich nur um eine Kolonisation.

Meldepflicht

Meldepflichtig durch den behandelnden Arzt sind nach § 6 Infektionsschutzgesetz die Erkrankung und der Tod an einer behandlungsbedürftigen Tuberkulose, auch wenn ein bakteriologischer Nachweis nicht vorliegt. Das Labor meldet vorab den Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum, nach § 7 namentlich den kulturellen und den Nukleinsäure-basierten Nachweis von Mykobakterien aus dem M. tuberculosis-Komplex, sowie nachfolgend das Ergebnis der Resistenzbestimmung. Für atypische Mykobakterien besteht keine Meldepflicht.

42.12.2 Mikroskopische und kulturelle Untersuchungen

Trotz Fortschritten in der Diagnostik bleibt die Mikroskopie essentiell in der Kontrolle der Tuberkulose, weil sie schnell und billig die infektiösesten Fälle durch die Ziehl-Neelsen- oder Auramin-Rhodamin Färbung identifiziert. Über mikroskopische Nachweisverfahren kann jedoch nicht zwischen Tuberkulosebakterien und NTM unterschieden werden /10/. Außerdem ist die Nachweisempfindlichkeit, zumindest für den Ausschluss einer Mykobakterien-Infektion ungenügend (Tab. 42.12-2 – Vergleich der Methoden in der Mykobakterien-Diagnostik).

Die definitive Diagnose der Tuberkulose und anderer Mykobakteriosen erfordert den bakteriologischen Erregernachweis, der jedoch aufgrund der langen Generationszeit mancher (langsam wachsender) Mykobakterienspezies einige Zeit in Anspruch nimmt. Als Goldstandard hat sich der kombinierte Einsatz von festen und flüssigen Kulturmedien erwiesen /11/. Mit Hilfe spezieller Flüssigmedien wurde die mittlere Nachweiszeit auf 14 Tage verkürzt. Bis zum sicheren Ausschluss einer Mykobakteriose sind die Kulturen jedoch 8 Wochen zu bebrüten /1213/. Jedes neue Isolat aus dem M. tuberculosis-Komplex muss gegen die Tuberkulostatika der ersten Wahl getestet werden.

Die Spezies innerhalb des M. tuberculosis-Komplexes gelten als Keime der Risikogruppe 3. Folglich müssen alle Arbeitsschritte mit angezüchteten Erregern unter strenger Einhaltung adäquater hygienischer Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt werden (L3-Laboratorium).

42.12.3 Molekularbiologische Untersuchungen

Ein breites Spektrum an molekularbiologischen Methoden existiert zum Direktnachweis aus klinischen Proben, zur Speziesidentifizierung und zur Resistenzprüfung von Mykobakterien. Während die Nachweisempfindlichkeit Nukleinsäure-gestützter Methoden teilweise schlechter ist als die der Kultur, können diese Verfahren die Zeit zur Diagnose von Wochen auf Stunden bzw. Tage verkürzen. Sie sind zwar teurer, aber dafür auch wesentlich sensitiver und spezifischer als die Mikroskopie und können die Erreger des M. tuberculosis-Komplexes auf Nukleinsäureebene spezifisch nachweisen. Dieses Merkmal wird um so wichtiger, je höher der Anteil von NTM in einer Klinik ist, da der positive Vorhersagewert der Mikroskopie entsprechend schlechter wird. Der Einsatz von NukleinsäureAmplifikationstechniken (NAT) in der Mykobakteriendiagnostik umfasst /1415/:

  • Den direkten Nachweis von M. tuberculosis bzw. NTM in klinischem Probenmaterial.
  • Die Speziesidentifizierung von kulturell vermehrten Mykobakterien.
  • Die molekulare Resistenztestung.
  • Die molekulargenetische Typisierung für epidemiologische Fragestellungen.

42.12.3.1 Direktnachweis von M. tuberculosis-Komplex

Beim Einsatz von NAT handelt es sich um eine Indikationsuntersuchung. Generell ist der Benefit bei einer mittleren Wahrscheinlichkeit einer Tuberkulose am größten. Neben der Möglichkeit zur frühzeitigen Einleitung einer gezielten Therapie ist auch die frühzeitige Einleitung hygienischer Maßnahmen zur Unterbrechung von Infektionsketten bedeutsam. Die Indikation ist gegeben bei /216/:

  • Begründetem Tuberkuloseverdacht bei mikroskopisch negativem Sputum.
  • Mikroskopisch positiven Sputen, wenn eine rasche Unterscheidung zwischen Tuberkuloseerregern und NTM erfolgen soll.
  • Schwerem Krankheitsbild.
  • Besonders gefährdeten Patienten (AIDS, Immunsupprimierte, Kleinkinder).

Bestimmungsmethode

Alle NAT-Verfahren beruhen auf der Nukleinsäureisolierung und anschließender exponentieller Vervielfältigung von spezifischen DNA-Bereichen innerhalb des Bakteriengenoms bzw. RNA von Mykobakterien. Die gebräuchlichsten in vitro Amplifikationsmethoden sind die Polymerasekettenreaktion (PCR), die Transcription mediated amplification (TMA) und die Strand displacement amplification (SDA). Viele kommerzielle NAT-Testsysteme für den schnellen und sensitiven Direktnachweis von M. tuberculosis Nukleinsäuren aus klinischem Untersuchungsmaterial besitzen mittlerweile eine Zulassung durch die amerikanische Food and Drug Administration. Die Richtigkeit und Zuverlässigkeit entsprechender kommerzieller Testkits lässt sich aus entsprechenden Studien sowie den aktuellen Auswertungen der regelmäßig durchgeführten Ringversuche zum NAT-gestützten Nachweis von M. tuberculosis entnehmen. Diese Werte betragen in der Regel 92–97 % /17/ und die kommerziell angebotenen NAT-Testsysteme unterscheiden sich in ihrer durchnittlichen Performance nur marginal.

Aus methodischer Sicht sind zwei Weiterentwicklungen hervorzuheben:

  • Der reverse Dot-Blot (Streifenblot): Zur schnellen Differenzierung zwischen Vertretern des M. tuberculosis Komplexes und NTM sind spezielle Streifenblot-Testformate kommerziell verfügbar, die im Anschluss an ein klassisches PCR-Verfahren die entsprechenden Amplifikationsprodukte über spezifische Hybridisierungsreaktionen und Farbdetektion (vergleichbar einem Western-Blot) nachweisen. Je nach Konzeption der PCR und des Streifenblots kann das resultierende Bandenmuster dann durch Vergleich mit entsprechenden Referenzmustern einer bestimmten Mykobakterienspezies, einem Genotyp oder einer Antibiotikaresistenz-vermittelnden Mutante zugeordnet werden. Als Ausgangsmaterial für diese Testsysteme eignet sich NALC-NaOH dekontaminiertes pulmonales, mikroskopisch-positives Direktmaterial oder Kulturmaterial.
  • Kartuschen PCR-Testsysteme: Bei einigen aktuellen Testkonzepten laufen die Einzelschritte der DNA-Isolierung, Amplifikation und Real-time Detektion spezifischer PCR-Produkte innerhalb einer geschlossenen Kartusche ab. Durch das komplett automatisierte Testprinzip entfallen die gelegentlich fehlerbehafteten manuellen Arbeitsschritte, die Testdurchführung ist nicht mehr auf speziell geschultes Personal beschränkt und die Interpretation der Ergebnisse erfolgt über die geräteeigene Software mit der Labor EDV-Schnittstelle. Mit dem geschlossenen Konzept können bei fachgerechter Abarbeitung, Kontaminationen durch PCR-Produkte weitgehend ausgeschlossen werden. Als Ausgangsmaterial wird dekontaminiertes respiratorisches Direktmaterial und Kulturmaterial empfohlen. Nach initialer chemischer Inaktivierung kann auch Untersuchungsmaterial aus dem Respirationstrakt direkt in das Testsystem eingesetzt werden. Das geht aber mit Nachteilen in der Nachweisempfindlichkeit einher.

Untersuchungsmaterial

Materialien des Respirationstrakts, Liquor cerebrospinalis und Lymphknoten, Biopsien, Punktate, Magensaft und Urin sowie Vollblut bei disseminierter Infektion.

42.12.3.2 Befundinterpretation

Gezielt eingesetzt kann die rasche Diagnostik und Resistenzbestimmung mit NAT-Verfahren die Überlebensrate der Erkrankten verbessern und Kosten sparen /18/. Die NAT-Verfahren erbringen in fast allen mikroskopisch positiven Proben den Nachweis einer Tuberkulose und diagnostizieren zusätzlich etwa die Hälfte der mikroskopisch negativen, nur kulturell positiven Fälle /18/. Auch werden mit den verschiedenen Materialien ähnliche Ergebnisse erzielt, sofern die Nukleinsäurepräparationen aus nicht-respiratorischem Untersuchungsmaterial frei von Inhibitoren sind.

Insgesamt ist die Genauigkeit der Ergebnisse von NAT besser als die der Mikroskopie und nur wenig schlechter als die der Kultur einzuschätzen /19/. Die Frage, ob ein unbehandelter Patient eine offene Lungentuberkulose hat, beantworten NAT-Verfahren in 92–95 % der Fälle korrekt, verglichen mit 80 % bei der Mikroskopie. Insofern könnten sie diese ersetzen, in Anbetracht der deutlich höheren Kosten ist jedoch ein solches Vorgehen nicht bei jedem Patienten praktikabel /20/.

Auf den Versuch eines kulturellen Nachweises darf jedoch in keinem Fall verzichtet werden, denn er liefert mit den Ergebnissen der Empfindlichkeitstestung die Grundlage für eine effiziente und gezielte Antibiotikabehandlung.

Positives Ergebnis

Insgesamt beträgt die diagnostische Sensitivität der Methoden 80–90 % bei einer Spezifität von etwa 99 % (Tab. 42.12-3 – Kommerzielle NAT-Tests). Hieraus resultieren positive Vorhersagewerte von 94–98 %. Für mikroskopisch negative Proben sinkt die diagnostische Sensitivität jedoch auf 60–80 %. Wegen der großen Bedeutung und Konsequenzen soll ein positives Ergebnis durch eine zweite Untersuchung, möglichst aus einer anderen Probe, bestätigt werden /21/. Falsch-positive Ergebnisse können bei allen Nachweisverfahren durch Laborkontaminationen, den Nachweis nicht mehr infektiöser bzw. vermehrungsfähiger Erreger oder mögliche Kreuzreaktionen verursacht werden.

Negatives Ergebnis

Insgesamt liegt der negative Vorhersagewert bei 95 % /20/. Daher ist bei negativem Testergebnis eine behandlungsbedürftige Tuberkulose nicht mit Sicherheit ausgeschlossen.

Bei dringendem klinischem Verdacht auf Vorliegen einer Tuberkulose sollte dennoch eine Therapie eingeleitet werden. Es kann eine weitere Probe untersucht, ansonsten das Ergebnis der Kultur abgewartet werden.

Hinweise und Störungen

Untersuchungsmaterial

In erster Linie geeignet sind Materialien des Respirationstraktes, auf welche sich die Zulassungen vieler kommerzieller Testsysteme beschränken.

Von drei an verschiedenen Tagen gewonnenen Sputen zur Tuberkulose-Diagnostik soll das erste für die NAT eingesetzt werden oder gegebenenfalls das mikroskopisch positive /16/. Zahlreiche Studien belegen, dass die Tests auch mit anderen Materialien aussagekräftige Resultate erzielen.

Hervorzuheben ist, dass bei extrapulmonaler Tuberkulose die klinische Diagnose oft unklar und das mikrobiologische Untersuchungsergebnis wegweisend ist. Geeignet sind insbesondere: Liquor und Lymphknoten, aber auch Biopsien, Punktate, Magensaft und Urin sowie Vollblut bei disseminierter Infektion.

Bei Biopsien und Abszessmaterialien können reichlich vorhandene Inhibitoren die Untersuchung stören.

Bereits fixiertes Material kann zwar ebenfalls eingesetzt werden, jedoch ist eine erhebliche Einbuße an Nachweisempfindlichkeit in Kauf zu nehmen.

Alle Proben sollten kühl gelagert und vor Austrocknung geschützt werden.

Nachweismethode

Die Mikroskopie wird üblicherweise zur Frage der Infektiosität und zum Therapiemonitoring des Patienten eingesetzt.

Der molekularbiologische Direktnachweis, mit dem keine intakten, vermehrungsfähigen Erreger, sondern lediglich deren Nukleinsäure nachgewiesen wird, ist besonders geeignet für die Erstdiagnose einer aktiven, unbehandelten Tuberkulose. Für die Beurteilung der Infektiosität der nachgewiesenen Erreger sind diese Verfahren derzeit unzureichend evaluiert.

In jedem Fall muss die Gesamtheit der Befunde berücksichtigt werden. Die alleinige molekularbiologische Untersuchung einer Patientenprobe ist abzulehnen, da die Nachweisempfindlichkeit der Kultur höher ist und die Kultur darüber hinaus zur Erstellung eines Antibiogramms unverzichtbar ist.

Inhibitionskontrolle

Kommerzielle NAT-Testsysteme besitzen in der Regel ein Kontrollsystem, das anzeigt, ob sich inhibierende Substanzen in der eingesetzten Nukleinsäurepräparation befinden. Ein negatives NAT-Ergebnis ist daher nur valide, wenn die Inhibitionskontrolle positiv ist. Werden im Testkonzept Inhibitionsereignisse beobachtet, sind die Befunde als nicht interpretierbar zu klassifizieren.

Abhängig von der Art des Probenmaterials und der NAT-Methode liegt der Anteil inhibierter Proben bei 1–5 % und ist nur bei bekannt problematischem Material (Stuhl, Formalin-fixiertes Gewebe, eitrige Proben) höher. In diesen Fällen kann eine Wiederholung der gesamten NAT-Untersuchung versucht werden oder es ist neues Untersuchungsmaterial anzufordern /22/.

Bei NAT-Testsystemen mit speziesübergreifenden Primersequenzen, aber M. tuberculosis-spezifischen Sondensequenzen kann bei Anwesenheit großer Mengen an NTM im Probenmaterial auch die Inhibitionskontrolle negativ ausfallen. In diesen seltenen Fällen muss auf alternative Testsysteme ausgewichen oder das Ergebnis der Kultur abgewartet werden.

42.12.4 Immunologische Diagnostik

42.12.4.1 Tuberkulintest

Historisch betrachtet war der heute immer noch weit verbreitete Tuberkulintest der erste immunologisch-diagnostische Tuberkulosetest. Das vor mehr als 100 Jahren entwickelte Testprinzip beruht auf der Provokation einer lokalisierten Hautreaktion gegen Tuberkuloprotein als klassisches Zeichen einer immunologischen Spätreaktion des Typs IV nach Coombs und Gell.

Weite Verbreitung fanden ein intrakutaner Multipunkturstempel (Tine-Test) und die intrakutane Injektion einer Tuberkulinlösung (Mendel-Mantoux). Histologisch entsteht bei positiver Reaktion eine perivaskuläre, mononukleäre Zellinfiltration, die als tastbare, flache und ungleichmäßige Hautinduration mit umgebender Rötung imponiert. Der Test wird nach drei Tagen abgelesen, wobei die Größe der Induration gemessen und bei einem Durchmesser von über 6 mm als positiv bewertet wird.

Zu den Nachteilen des vergleichsweise kostengünstigen Tuberkulintests gegenüber den moderneren immunologischen Methoden zählen z.B.:

  • Der Test unterscheidet nicht zwischen einer Reaktion aufgrund einer Infektion mit M. tuberculosis und einer Reaktion aufgrund einer zurückliegenden BCG-Impfung.
  • Die Testdurchführung und -auswertung ist in hohem Maße vom Untersucher abhängig. Eine Wiedereinbestellung der Patienten zum Ablesen des Tests ist notwendig.
  • Kreuzreaktionen mit NTM sind häufig, aber bisher nicht ausreichend evaluiert.

42.12.4.2 Interferon Gamma Release Assays (IGRA)

Die Einschränkungen der Aussagefähigkeit des Tuberkulintests werden von den seit einigen Jahren kommerziell erhältlichen IGRA zum Teil aufgehoben. Aktuell verfügbare Testsysteme sind der T-SPOT.TB (T-Spot, Oxford Immunotec, Oxford, UK) und der QuantiFeron Gold In-Tube (QFT, Cellestis, Chadstone, Australien). Die Ergebnisse dieser Tests werden nicht von einer vorangegangenen BCG Impfung beeinflusst. Kreuzreaktionen mit den meisten NTM kommen nicht vor (Ausnahmen bilden Infektionen mit M. szulgai, M. marinum und M. kansasii).

Untersuchungsmaterial

Als Untersuchungsmaterial wird für den T-Spot Test bei Erwachsenen einmalig 6–8 ml Lithium-Heparin Vollblut zur Präparation der mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMC) entnommen. Beim QFT Test wird je 1 ml Blut direkt in drei speziell beschichtete Abnahmeröhrchen entnommen. Alle weiteren Schritte erfolgen im Labor. Eine erneute Vorstellung des Patienten in der Klinik oder Praxis ist zur Testauswertung nicht nötig. Allerdings stehen diesen Vorteilen im Vergleich zum einfachen Tuberkulintest höhere Kosten gegenüber. Ferner muss betont werden, dass auch diese Tests nicht in der Lage sind, zwischen aktiver und latenter Infektion mit M. tuberculosis zu unterscheiden.

Testprinzip

Das Testprinzip beider Systeme beruht auf der Messung der Interferon-gamma (IFN-γ) Produktion von T-Zellen nach spezifischer Stimulation mit zwei oder drei M. tuberculosis-spezifischen Antigenen (ESAT-6, CFP-10, TB 7.7; letzteres nur bei QFT) nach 16–24 Stunden Inkubation. Trotz dieser Gemeinsamkeit unterscheiden sich die Systeme in der für den Nachweis von IFN-γ verwendeten Methodik.

T-SPOT.TB assay: Der Test beruht auf der Enzyme Linked Immuno Spot Technique (ELISPOT). Hierbei werden zunächst mononukleäre Zellen aus dem peripheren Blut isoliert, gewaschen und gezählt. In einem vorbeschichteten Mikrotiter-Testformat werden für jede Probe vier Reaktionen mit je 250.000 Zellen angesetzt: Negativkontrolle, Stimulation mit ESAT-6, Stimulation mit CFP10 und Positivkontrolle (Phytohämagglutinin als Mitogen). Während der Inkubation sezernieren die spezifisch oder durch Mitogen stimulierten Zellen IFN-γ, welches von IFN-γ-Antikörpern an der Bodenmembran der Kavität gebunden, und am nächsten Tag mit Hilfe eines Sekundärantikörper-Konjugates und einer Farbreaktion sichtbar gemacht wird. Jeder farbige Punkt auf der Membran repräsentiert eine individuelle, Zytokin sezernierende T-Zelle.

Die Anzahl dieser Punkte korreliert mit der Anzahl von M. tuberculosis-spezifischen T-Effektorzellen im peripheren Blut des Patienten. Die Durchführung des T-Spot Tests ist vergleichsweise aufwendig. Unter bestimmten klinischen Voraussetzungen (z.B. bei starker Immunsuppression, HIV-Infektion) könnte der Einsatz einer standardisierten Anzahl gewaschener mononukleärer Zellen jedoch gegenüber anderen Methoden von Vorteil sein.

QuantiFeron Gold In-Tube Assays (QFT): Für die Durchführung wird jeweils 1 ml peripheres Blut in drei innen beschichtete Probenröhrchen entnommen (Negativkontrolle; Stimulation mit ESAT-6, CFP10 und TB 7.7; Positivkontrolle). Während der meist im Labor stattfindenden Inkubation werden die Zellen im Vollblut durch die Antigene der Wandbeschichtung stimuliert. Sezerniertes IFN-γ bleibt am Ende der Inkubation und nach Zentrifugation im Überstand und wird mittels ELISA nachgewiesen. Zum Ausschluss unspezifischer IFN-γ-Produktion verwenden beide Testformate eine Negativkontrolle in der keine Stimulation durch Antigene stattfindet. Eine Mitogen-Positivkontrolle überprüft jeweils die grundsätzliche Fähigkeit der Zellen in der Probe, IFN-γ zu produzieren.

Bewertung

Die Bewertung der IGRA Tests hinsichtlich ihrer diagnostischen Sensitivität und Spezifität für die Detektion latenter oder Kultur-negativer aktiver Tuberkulosen wird dadurch erschwert, dass für diese Fragestellung keine Referenzmethode existiert. Die Abschätzung der Nachweisempfindlichkeit der Tests wurde deshalb in Studien ersatzweise an Personengruppen mit kulturbestätigter aktiver Tuberkulose durchgeführt. Dementsprechend wurde die Spezifität der Tests an Personengruppen abgeschätzt, bei denen eine Infektion mit M. tuberculosis sehr unwahrscheinlich war. Vor diesem Hintergrund ist die Übertragung der in Studien bestimmten Daten für die diagnostische Sensitivität und Spezifität nur eingeschränkt auf die Fragestellung latente Tuberkulose möglich. In einer Vielzahl von Studien wurde die diagnostische Sensitivität der IGRA mit der des Tuberkulintests verglichen und überwiegend als gleichwertig oder leicht überlegen angegeben (80–90 %). Die diagnostische Spezifität der IGRA (80–90 %) wird überwiegend höher bewertet als beim Tuberkulintest (etwa 85 %) /23/.

Beim direkten Vergleich des QFT mit dem T-Spot wurde in einer Metaanalyse ein leichter Vorteil hinsichtlich der Spezifität für den QFT bei nicht-BCG Geimpften (99 % vs. 96 %) und BCG Geimpften (96 % vs. 93 %) berichtet.

Für den T-Spot scheint nach dieser Analyse ein leichter Vorteil bei der diagnostischen Sensitivität zu bestehen /24/.

Zusammenfassend zeichnet sich ab, dass die IGRA Tests das Potenzial besitzen, den Tuberkulintest abzulösen. National und international werden zur Zeit viele Empfehlungen dementsprechend überarbeitet /23/.

Hinweise und Störungen

Bei beiden IGRA Testformaten können nicht auswertbare Ergebnisse auftreten. Als präanalytische und technische Störfaktoren kommen, z.B. Überschreitung der zulässigen Transportzeit vor Inkubation oder Isolierung mononukleärer Zellen, falsche Probenlagerung, ungenügendes Mischen oder Überfüllung der QFT Probenröhrchen in Frage. Auch werden bei immunsupprimierten oder HIV infizierten Patienten mit einer CD4-T-Zellzahl von unter 200 Zellen/μl häufiger nicht auswertbare Ergebnisse beobachtet werden.

42.12.5 Nicht tuberkulöse Mykobakterien (NTM)

Ein rascher Nachweis und eine Differenzierung von NTM ist in bestimmten Fällen wünschenswert, da sich die Therapie an der nachgewiesenen Spezies orientiert. Indiziert sein kann z.B.:

  • Der Nachweis von M. avium, M. intracellalare, M. kansasii und M. malmoense bei HIV-Patienten oder immunsupprimierten Patienten im Blut.
  • Die rasche Bestimmung einer Mykobakterien-Spezies bei Materialien mit ausreichend hoher Keimzahl, z.B. Biopsien mit säurefesten Stäbchen im mikroskopischen Befund.

Reverser Dot-Blot (Streifenblot)

Auch für den differenzierten NAT-gestützten Nachweis einer Reihe klinisch relevanter NTM Spezies sind spezielle Streifenblot-Testformate kommerziell verfügbar. Aufgrund ihrer Praktikabilität, der besseren Differenzierung und höheren analytischen Spezifität haben diese die früher weit verbreiteten Gensonden weitgehend abgelöst. In Verbindung mit einem vorhergehenden NAT-gestützten Amplifikationschritt wird der Nachweis von M. avium, M. intracellulare, M. kansasii, M. malmoense und des M. tuberculosis-Komplexes direkt aus dekontaminierten, pulmonalen und extrapulmonalen klinischen Proben ermöglicht.

Sequenzierung

In einigen spezialisierten Laboratorien wird zur molekulargenetischen Speziesidentifizierung von bekannten und noch nicht beschriebenen Mykobakterienspezies die Amplifikation von Speziesmarker-Genen, deren anschließende Sequenzierung und Datenbankabgleich mit bekannten Sequenzen eingesetzt. Im Gegensatz zu den vorgefertigten Streifenblots mit definierter Speziesabdeckung hat diese Strategie den Vorteil, dass alle Mykobakterien-Spezies erfasst und identifiziert werden können.

Nachteilig ist die methodisch bedingte geringere Nachweisempfindlichkeit dieser Spezies übergreifenden Nachweis- und Differenzierungsverfahren. Solche Methoden sind jedoch hervorragend geeignet zur raschen Erregeridentifizierung in primär sterilen, mikroskopisch positiven Materialien, etwa Biopsien.

Untersuchungsmaterial

Materialabhängig spielen verschiedene Spezies eine Rolle.

  • Lymphknoten bei Kindern: M. avium-Komplex, M. malmoense.
  • Blut: M. avium-Komplex.
  • Hautabszesse: M. marinum.

Bewertung

Gelingt ein direkter Nachweis von NTM, kann die Therapie früh umgestellt oder eine unnötige Isolierung aufgehoben werden. Ausreichende Daten sind nur für einige Fragestellungen vorhanden. Generell zeichnen sich die Verfahren durch eine hohe Spezifität aus. Die Nachweisempfindlichkeit hängt von einer Reihe Faktoren wie der verwendeten Methode ab, dem jeweiligen Untersuchungsmaterial und der nachzuweisenden Spezies. Da die Erreger fakultativ pathogen sind, ist zur besseren Bewertung positiver Befunde ein quantitativer Nachweis anzustreben /6/.

42.12.6 Speziesidentifizierung von kulturell vermehrten Mykobakterien

PCR-gestützte Nachweis- und Differenzierungsverfahren

Für die molekularbiologische Speziesdifferenzierung von bereits kultivierten Mykobakterien steht ein breites Spektrum von Testsystemen zur Verfügung. Ausgehend von Reinkulturen oder Einzelkolonien kann nach Amplifikation entsprechender Abschnitte des Bakteriengenoms (sog. Speziesmarker) für einen Großteil der infektiologisch relevanten NTMs eine rasche Identifizierung innerhalb von 2 h mit hoher Nachweisempfindlichkeit und Spezifität erreicht werden /25/. Allerdings decken die kommerziellen Testsysteme nicht alle pathogenen Spezies ab.

Größere Erfahrungen mit kommerziellen Tests liegen nur bei einigen Herstellern vor. Diese können neben dem M. tuberculosis-Komplex eine Reihe weiterer klinisch relevanter Mykobakterienspezies nachweisen und differenzieren /26/.

DNA-Sequenzierung

Ausgehend von Reinkulturen oder Einzelkolonien kann die molekulare Identifizierung aller Mykobakterienspezies auch über spezielle PCR-Protokolle mit anschließender Sequenzierung der amplifizierten Segmente innerhalb etablierter Speziesmarker-Gene (wie 16S rDNA, rpoB, gyrA, ITS) erfolgen. Diese Vorgehensweise eignet sich auch zur Charakterisierung von bisher noch nicht beschriebenen Spezies. Siehe Beitrag 42.12-5 – Nicht tuberkulöse Mykobakterien.

Ein zuverlässiger Abgleich der so erhaltenen Sequenzinformationen setzt die Verfügbarkeit von umfassenden, z.T. kostenpflichtigen und vor allem speziell auf Mykobakterien hin validierten Datenbanken voraus, z.B. RIDOM, MicroSeq 500 /27/, oder SmartGene /28/. Daher bleibt die qualifizierte Interpretation der Sequenzdaten weitgehend den auf molekulare Speziesidentifizierung spezialisierten Laboratorien vorbehalten.

Ein entscheidender methodenbedingter Nachteil bei der DNA-Sequenzierung ist jedoch die partielle Überlagerung von Sequenzierungssignalen beim Vorliegen von Erregergemischen. Daher sind solche Verfahren streng auf die Speziesdifferenzierung von Erregern, die bereits in Reinkulturen vorliegen, oder den Nachweis von bakteriellen oder fungalen Monoinfektionen in normalerweise sterilem Probenmaterial limitiert. Im Vergleich zu den klassischen biochemischen Methoden sind diese molekularbiologischen Untersuchungen schnell, spezifisch und auch relativ kostengünstig.

MALDI-TOF zur Speziesidentifizierung

In einigen Laboratorien wird die biophysikalische MALDI-TOF Technologie mit entsprechend umfangreichen Datenbanken routinemäßig zur schnellen Differenzierung von kultivierten Bakterien und Pilzen eingesetzt. Diese Datenbanken enthalten umfangreiche Sammlungen spezifischer Fragmentmuster aller klinisch relevanten Mykobakterienspezies. Falls entsprechenden Großgeräte vor Ort verfügbar sind, können diese Fragmentmuster auch zur zuverlässigen Speziesdifferenzierung aller in Reinkultur vorliegenden Mykobakterien eingesetzt werden.

Hinweise und Störungen

Wie bei anderen Bakterienspezies kann eine abschließende Identifizierung der Mykobakterienisolate nur durch die kritische Synopsis kultureller, biochemischer, biophysikalischer und/oder molekulargenetischer Ergebnisse erreicht werden.

42.12.7 Nachweis von Resistenzmutationen

Eine effiziente Bekämpfung von durch Mykobakterien hervorgerufenen Erkrankungen erfordert eine rasche und sichere Speziesdifferenzierung sowie Empfindlichkeitsprüfung. Die zunehmende Verbreitung von resistenten M. tuberculosis-Isolaten ist eine ernste Bedrohung für Erkrankte und ihre Umgebung. Herkömmliche Kulturmethoden zur Mykobakteriendiagnostik und Resistenztestung sind sehr zeitaufwändig. Solange das Vorliegen resistenter M. tuberculosis-Isolate bei einem Patienten nicht gesichert ist, kann es durch die Verabreichung unwirksamer Antibiotika zu einer weiteren Ausbreitung resistenter Bakterien und zu weiteren Resistenzentwicklungen kommen. Zudem kann es bei inkonsequenter Einhaltung des Therapieplans oder frühzeitigem Therapieabbruch zur Entwicklung multiresistenter (MDR)-TB kommen /29/.

Eine multiresistente TB liegt vor, wenn das M. tuberculosis-Isolat gegen die beiden wichtigsten First-Line-Antituberkulotika Rifampicin und Isoniazid resistent ist. Eine möglichst frühzeitig vorliegende Information zur Resistenz ist anzustreben, da weltweit eine rasche Zunahme an Infektionen mit multiresistenten Isolaten zu beobachten ist. Aufgrund verzögerter Diagnostik und den damit verbundenen inadäquaten Therapiemaßnahmen bei multiresistenten TB-Patienten kann es zudem zur Entwicklung von extrem resistenten (XDR) M. tuberculosis-Isolaten kommen. Infektionen mit XDR-TB-Erregern werden weltweit beobachtet. In einigen Ländern sind sogar bereits 20 % der multiresistenten TB-Fälle extrem resistent.

Eine Reihe von NAT-gestützten Testsystemen zur molekularen Resistenztestung ist kommerziell verfügbar. So wird beispielsweise im Xpert MTB/RIF Real-time PCR Testsystem neben dem Nachweis von M. tuberculosis DNA auch gleichzeitig die Anwesenheit von Resistenz vermittelnden Mutationen für Rifampicin abgeprüft /30/. Die praktische Bedeutung des Nachweises einer Rifampicin-Resistenz liegt darin, dass diese einen guten Indikator für das Vorhandensein von Multiresistenz darstellt und dann alternative Therapieschemata zum Einsatz kommen müssen.

Liegen bereits DNA-Präparationen mikroskopisch positiven Probenmaterials oder von Reinkulturen vor, so können auch bestimmte GenoType Streifenblots zur weitergehenden molekularen Resistenztestung gegen First- und Second-Line-Antituberkulotika eingesetzt werden.

So können mögliche Resistenzen untersucht werden gegen:

  • Rifampicin durch Detektion der häufigsten Mutationen im rpoB-Gen.
  • Isoniazid durch Detektion der häufigsten Mutationen in den Genen katG und inhA /31/.
  • Fluorchinolone durch Analyse des gyrA-Gens.
  • Antibiotika wie Viomycin, Kanamycin, Amikacin oder Capreomycin durch Analyse des rrs-Gens.
  • Das First-Line-Antituberkulotikum Ethambutol durch Analyse der häufigsten Mutationen im embB-Gen erfolgen.

In der Regel korrelieren die entsprechenden PCR-Ergebnisse zu über 90 % mit denen der konventionellen phänotypischen Empfindlichkeitstestung, sind aber mit einem oftmals entscheidenden Zeitgewinn von 20 bis 30 Tagen verbunden /32/.

Bewertung

In Gebieten mit hoher Resistenzrate (einige Megastädte in Industrienationen oder in den Schwellenländern) wird im Rahmen der Primärdiagnostik bei positivem M. tuberculosis-Befund der Einsatz von Methoden zur molekularen Resistenztestung empfohlen. Somit können mögliche Resistenzen schnell entdeckt und Infektionsketten mit multiresistenten M. tuberculosis-Isolaten frühestmöglich zu unterbrochen werden /20/.

Die Verfahren zur molekularen Resistenztestung können jedoch nur den jeweils aktuellen Erkenntnisstand abbilden auf Grund:

  • Der Vielzahl möglicher biochemischer Resistenzmechanismen.
  • Der bisher nur teilweise erfassten oder bekannten Komplexizität der Resistenzmechanismen.
  • Der dynamischen Veränderung von Resistenz-vermittelnden Mutationen im Bakteriengenom.

Die Verfahren der molekularen Resistenztestung liefern zwar einen hilfreichen Hinweis für das wahrscheinliche Vorliegen einer Resistenz gegen bestimmte Antibiotika, für eine endgültige Beurteilung muss jedoch das Ergebnis der konventionellen Empfindlichkeitstestung abgewartet werden.

Epidemiologische Untersuchungen

RFLP und Spoligotyping sind molekularbiologische Verfahren, um einzelne M. tuberculosis-Komplex-Stämme zu typisieren. Diese methodisch aufwendigen Typisierungsverfahren sind wertvoll um Infektionsketten im Rahmen von Epidemien oder falsch-positive Laborbefunde aufzudecken. Wegen des relativ hohen apparativen Aufwands und der erforderlichen Expertise bei der Auswertung und Interpretation der molekularbiologischen Typisierungsergebnisse bleiben sie jedoch weitgehend den Referenzzentren vorbehalten /14/.

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42.13 Pertussis

Klaus-Peter Hunfeld, Thomas A. Wichelhaus, Volker Brade

Pertussis (Keuchhusten) ist eine bakteriell bedingte Atemwegserkrankung mit zumeist schwerem, über mehrere Wochen andauerndem, anfallsartigem Husten und wird durch Bordetella pertussis, ein gramnegatives Stäbchenbakterium, hervorgerufen. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion bei engem Kontakt. Bei nicht immunen Individuen beträgt die Ansteckungswahrscheinlichkeit ca. 90 % /2/. Nach Adhäsion an die mit Zilien versehenen Epithelzellen der Atemwege, vermittelt durch verschiedene Adhäsine, z.B. filamentöses Hämagglutinin (FHA), vermehren sich die Bordetellen dann auf dem zilientragenden Epithel des Respirationstraktes . Besonders B. pertussis vermag eine große Anzahl von Toxinen und Virulenzfaktoren zu bilden. Dazu zählen Pertussis-Toxin (PT), FHA, Trachea-Zytotoxin (TCT), Pertactin, hitzelabiles Toxin und Adenylatcyklase-Toxin. Diese Toxine helfen, die Wirtsabwehr zu umgehen und rufen eine lokale Gewebeschädigung hervor, z.B. durch TCT /1234/.

Der Mensch ist für B. pertussis das einzige Reservoir. B. parapertussis und B. bronchiseptica werden bei Menschen und Tieren gefunden /5/. Infektionen mit B. parapertussis können ebenfalls zu einem Keuchhusten ähnlichen Krankheitsbild führen, das aber meist milder und kürzer verläuft. B. bronchiseptica ruft bei Tieren respiratorische Erkrankungen hervor und wird nur in seltenen Fällen im Rahmen von Atemwegserkrankungen bei abwehrgeschwächten Personen nachgewiesen. Selten werden auch andere Bordetellen wie B. avium, B. hinzii oder B. holmsii bei respiratorischen, lokalen und systemischen Infektionen bei Immunsupprimierten gefunden /125/.

Der kulturelle Nachweis mittels Spezialnährböden kann mit hinreichender Sicherheit nur zu Beginn der Erkrankung (Inkubationszeit, katarrhalisches Stadium, Beginn des Stadium convulsivum) geführt werden. Bei 100 % Spezifität schwanken die kulturellen Nachweisraten zwischen 5 und 70 %. Die direkten kulturellen Nachweisraten sind daher in der täglichen Praxis auch wegen der Empfindlichkeit der Erreger deutlich limitiert /12, 3, 45/.

42.13.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Epidemiologie

Keuchhusten kommt das ganze Jahr über vor, besonders häufig aber im Herbst und Winter. Häufungen von Pertussiserkrankungen treten in Deutschland alle 3–4 Jahre auf /136/. Die Inzidenz in Europa schwankt zwischen < 1 pro 100.000 in Portugal und 200 pro 100.000 in der Schweiz.

In Deutschland schwankte die Inzidenz zwischen 12 pro 100.000 in Sachsen und 68 pro 100.000 in Mecklenburg-Vorpommern im Jahre 2006 /6/. Eine Studie in den Großstädten Rostock und Krefeld erbrachte eine Inzidenz von 165 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr /6/. Durch die allgemeine Impfempfehlung für Säuglinge und Kleinkinder in Deutschland und den Einsatz von Kombinationsimpfstoffen unter Einschluss der azellulären Pertussis-Komponente stieg der Durchimpfungsgrad kontinuierlich an und erreichte bei Schulkindern im Jahre 2007 etwa 93 % /36/. Wegen der begrenzten Dauer der Immunität sowohl nach natürlicher Erkrankung (15–20 Jahre) als auch nach vollständiger Impfung (etwa 10 Jahre) können sich Jugendliche und Erwachsene allerdings reinfizieren /346/. Aus den Meldedaten wird ersichtlich, dass die Zahl der Erkrankungen im späten Jugend- und Erwachsenenalter in Deutschland kontinuierlich ansteigt und das Durchschnittsalter bei Pertussis-Infektionen von 15 Jahren 1995 bis auf 41,7 Jahre im Jahr 2008 anstieg. Ursächlich hierfür ist eine kontinuierliche Abnahme des Impfschutzes der Allgemeinbevölkerung nach dem 30. Lebensjahr /36/. Seit 2009 besteht daher die Empfehlung, Erwachsene bei fälligen Auffrischimpfungen für Tetanus und Diphterie gleichzeitig auch gegen Pertussis zu impfen /3/.

Inkubationszeit

7–14 (–20) Tage.

Klinische Symptomatik

Keuchhusten ist in der Regel eine Erkrankung, die über mehrere Wochen bis Monate andauert. Die Ansteckungsfähigkeit beginnt am Ende der Inkubationszeit und kann bis zu 3 Wochen nach Beginn des Stadium convulsivum andauern. Die Patienten sind bis zu fünf Tage nach Beginn der antibiotischen Behandlung ansteckend.

Der typische Verlauf erfolgt in drei Stadien (insbesondere bei Säuglingen) /1234/:

  • Stadium catarrhale (Dauer 1–2 Wochen): Grippeähnliche Symptome mit Schnupfen, leichter Husten, Schwäche und mäßiges Fieber.
  • Stadium convulsivum (Dauer 4–6 Wochen): Anfallsweise auftretende Hustenstöße (Stakkatohusten), gefolgt von inspiratorischem Ziehen.
  • Stadium decrementi (Dauer 6–10 Wochen): Abklingen der Hustenanfälle.

Atypischer Verlauf (insbesondere bei Erwachsenen):

  • Länger dauernder Husten ohne die typischen Hustenanfälle.

Die Klinik der Pertussis-Infektionkann altersabhängig unterschiedlich sein:

  • Neugeborene und Kleinkinder zeigen in 90 % atypische paroxysmale Hustenattacken mit Lungenentzündung und Apnoe (75 % Pneumonie, 25 % Apnoe, 14 % Krampfanfälle, Enzephalopathie 5 %).
  • Bei Schulkindern sind typische Symptome.
  • In 10–20 % aller Jugendlichen und Erwachsenen mit chronischem Husten über mehr als 7 Tage liegt ursächlich eine Pertussis-Infektion vor /6/.

Falldefinition des Robert-Koch-Instituts /7/

Husten von mehr als 14 Tagen Dauer und eines der folgenden Kriterien: Anfallsweise auftretender Husten, inspiratorischer Stridor, Erbrechen nach den Hustenanfällen (auch bei Säuglingen).

Labordiagnostischer Nachweis /7/

Positiver Befund durch mindestens eine der 4 folgenden Methoden: Erregerisolierung, Nukleinsäurenachweis (z.B. PCR), einmalig deutlich erhöhter IgG-Nachweis (ELISA), deutliche Änderung zwischen 2 Proben beim IgG- oder IgA-Nachweis (z.B. ELISA).

Meldepflicht

Es besteht keine generelle Meldepflicht nach IfSG. Eine Meldepflicht auf Länderebene besteht in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Entsprechend § 1 des IfSG sind Pertussis-Erkrankte in Kindergärten und Pflegeheimen bis 5 Tage nach Beginn der antibiotischen Therapie vom Dienst freizustellen. Ohne antibiotische Therapie beträgt der Zeitraum 3 Wochen. Krankenhäuser sollten ähnliche Regelungen befolgen /67/.

42.13.2 Serologische Untersuchungen

Bei einer klassischen Keuchhusten-Symptomatik wird die Diagnose in der Regel durch den klinischen Befund gestellt. Eine Indikation für eine serologische Diagnostik besteht bei längerem Husten ohne typische Hustenanfälle bei Kindern, aber auch bei Geimpften, Adoleszenten und Erwachsenen.

Die serologische Diagnostik auf B. pertussis-Antikörper benutzt vorwiegend den ELISA unter Verwendung von Filamentous hemagglutinin (FHA) und Pertussis Toxin (PT) als Antigene. Zu bevorzugen sind ELISA auf der Basis von PT /3689/.

Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA)

Der ELISA dient dem semiquantitativen und qualitativen Nachweis von IgG-, IgM- und IgA-Antikörpern. Moderne ELISA verwenden gereinigte oder rekombinante Antigene, vornehmlich PT und FHA.

PT ist spezifisch für B. pertussis. ELISA unter Verwendung anderer Antigenpräparationen zeigen keine Linearität im Vergleich zum WHO-Standard. ELISA mit PT als Antigen erfassen aber Infektionen durch andere Bordetellen nicht.

FHA erlaubt sowohl die Detektion von Antikörpern gegen B. pertussis als auch gegen B. parapertussis /126, 910/.

Bei der Verwendung von ELISA zum Nachweis von B. pertussis-Antikörper sind daher Assays zu bevorzugen, die gereinigtes PT als Testantigen benutzen und am 1. Internationalen Referenzstandard der WHO für B. pertussis-Antikörper standardisiert sind /235, 611/.

Immunoblot

Im Rahmen einer Zwei-Stufen-Diagnostik kann der Immunoblot bei fraglichen Befunden im ELISA eingesetzt werden. Elektrophoretisch aufgetrennte Proteine von B. pertussis, darunter PT und FHA, werden zur Detektion der spezifischen Immunantwort verwendet. Die gelegentlich zusätzlich angebotene Untersuchung auf Adenylatcyclase-Toxin-Antikörper kann nicht sicher zwischen Infektion und Impfung unterscheiden /9/. Bei den kommerziellen Testsystemen variiert die diagnostische Sensitivität und Spezifität erheblich. Vorteile für den Immunoblot gegenüber dem ELISA bestehen nicht. Bei vergleichenden Untersuchungen wurde gezeigt, dass die semiquantitativen Blotergeb-nisse nicht mit den quantitativen ELISA-Resultaten korrelierten . Blot-Untersuchungen für IgA- und IgG-Antikörper sind daher nur von sehr eingeschränkter Bedeutung für die Pertussis-Serodiagnostik /2912/.

Neutralisationstest

Pertussis-Toxin-neutralisierende Antikörper lassen sich mit einem aufwendigen Verfahren im Neutralisationstest mit der CHO (Chinese hamster ovarial)-Zellkultur nachweisen. Dieser Test ist jedoch weniger empfindlich als der Enzymimmunoassay /13/. Für die Routinediagnostik ist dieser Test ohne Bedeutung.

Komplementbindungsreaktion (KBR)

Der Nachweis komplementbindender Antikörper gelingt auch im fortgeschrittenen Stadium nur bei 30–50 % der Erkrankten, wohingegen spezifische Antikörper im ELISA fast immer nachzuweisen sind /415/. Auf Grund der im Vergleich zum ELISA geringeren Nachweisempfindlichkeit wird die KBR in der Routinediagnostik nicht mehr empfohlen /910/.

Untersuchungsmaterial

Serum (indirekter Erregernachweis): 1 ml

Referenzwerte und Grenztiter*

KBR

Unter 10

ELISA

(PT-IgG)

Unter 40 IU/mL

(IgA, IgM)

Negativ

Immunoblot

(IgG, IgM, IgA)

Negativ

* Grenztiter und Immunoblotinterpretation sind ebenso wie Sensitivität und Spezifität u.U. Test- und Hersteller-abhängig. Die hier genannten Grenztiter sind daher als Richtwerte zu verstehen und sollten für den im jeweiligen Labor gebräuchlichen Test mittels laborinterner Leistungsprüfung an positiven Referenzproben und an negativen Blutspenderseren für die lokale epidemiologische Situation kritisch überprüft werden.

42.13.2.1 Serologische Befundinterpretation

Antikörper können bei einer Erstinfektion mit B. pertussis bei Nichtgeimpften erst relativ spät, d.h. 1–2 Wochen nach dem Auftreten von Symptomen, detektiert werden. Während der alleinige Nachweis von spezifischem IgG auch mit einem Status nach Pertussis-Impfung vereinbar ist, ist der gleichzeitige Nachweis von IgA und von IgM bei einem Nichtgeimpften mit entsprechender Symptomatik mit einer Erstinfektion vereinbar /1415/.

Reinfektionen und Impfungen können aber auch mit erhöhten Konzentrationen von spezifischem IgG und u.U. auch von IgA einhergehen /25/.

IgG-Antikörper: Die Antikörper treten frühestens 2–3 Wochen nach Krankheitsbeginn im Serum auf. 6–8 Wochen nach Beginn des paroxysmalen Hustens erreicht die Antikörperbildung ihr Maximum /10/. Die Testung ist über eine WHO-Referenzpräparation standardisiert /916/.

IgA-Antikörper: Diese Antikörper sind im Verlauf der natürlichen Infektion 7–14 Tage nach Krankheitsbeginn messbar und persistieren 6–24 Monate /5/. IgA-Antikörper werden auch nach Impfung und bei einer natürlichen symptomatischen oder asymptomatischen Reinfektion gebildet und sind deshalb sogar bei gesunden Erwachsenen zu finden /56/.

IgM-Antikörper: Die Antikörper werden kurzfristig bei einem Teil der Geimpften, vor allem aber bei einer Primärinfektion frühestens 5–10 Tage nach Beginn des Stadium convulsivum nachgewiesen und persistieren für 6–12 Wochen. IgM-Antikörper sind Ausdruck einer akuten Erkrankung. Allerdings ist die Testung wenig standardisiert /3910/.

Vergleichsstudien mit kommerziellen PT-ELISA haben gezeigt:

  • Für die IgG-Bestimmung diagnostische Sensivitäten von 84–100 % bei Spezifitäten von 81–93 % /11/.
  • Für ELISA unter Verwendung von Mischantigenen eine diagnostische Spezifität von 51–59 %.
  • Für die IgA-Bestimmung diagnostische Sensivitäten von 53–73 % bei Spezifitäten von 67–94 % /11/.

Der Bestimmung von IgM-Antikörpern und IgA-Antikörpern gegen B. pertussis wird zur Diagnostik nicht regelhaft empfohlen. Unter Routinebedingungen kommt ihnen nur eine eingeschränkte Bedeutung zu /239/.

Eine Beurteilung der Immunität gegen Pertussis durch serologische Methoden ist nicht möglich /25/.

Für die Diagnostik in Deutschland bestehen folgende Empfehlungen im Hinblick auf Grenzwerte für den PT-ELISA /235/ (bezogen auf ein WHO-Referenzpräparat /16/):

  • Anhalt für kürzlichen Erregerkontakt: IgG über 100 IU/ml.
  • Kein Anhalt für kürzlichen Erregerkontakt: IgG unter 40 IU/ml.
  • Spezifität sichern: IgG über 40 IU/ml aber unter 100 IU/mL (Untersuchung einer 2. Probe oder Bestimmung von Antikörpern gegen andere Antigene).

Cave: Der serologische Nachweis eines auffälligen Einzelwertes ist bis zu 36 Monate nach der Impfung mit einem azellulärem Pertussisimpfstoff nicht verwertbar.

Der Nachweis einer Infektion bei einem signifikanten Anstieg von Antikörpern gegen B. pertussis durch Paralleluntersuchung eines Serumpaares gilt als belegt, wenn /36910/:

  • Die erste Probe innerhalb der ersten 2 Wochen nach Beginn des paroxysmalen Hustens und
  • die zweite Probe 3–5 Wochen später entnommenen wurde.

Hinweise und Störungen zur Serologie

Hyperlipämische, hämolytische und/oder mikrobiell kontaminierte Proben können falsch-positive bzw. falsch-negative Ergebnisse verursachen. Tests unter Verwendung von FHA oder Ganzzelllysaten sind nicht B. pertussis-spezifisch. Positive Resultate können auch bei Infektionen mit anderen Bordetellen oder Mykoplasmen vorkommen /25/.

42.13.3 Molekularbiologische Untersuchungen

Die Nukleinsäure-Amplifikationstechniken (NAT) erlauben den Nachweis erregerspezifischer DNA. Etablierte Targetregionen sind das Adenylatcyclase-Gen, die Promotorregion des Pertussistoxin-Gens (ptxA-Pr), das Porin-Gen und die als sehr sensitiv geltenden sogenannten Insertionssequenzen, z.B. IS481. Die zur Anwendung gebrachten Primersysteme sollten idealerweise B. pertussis, B. parapertussis und B. bronchiseptica erfassen und zwischen den Spezies differenzieren können. IS481-gestützte Nachweise sind nicht strikt B. pertussis-spezifisch. In einer größeren Studie bei Kindern unter 5 Jahren zeigten sich PCR-positive Resultate typischerweise bis zu 21 Tagen nach Auftreten der initialen Symptome und zumindest 14 Tage nach Beginn des Hustens. Bei jungen, nicht geimpften Kindern besitzen Kultur und PCR eine diagnostische Sensitivität von etwa 70 %. Bei Schulkindern, Jugendlichen und Erwachsenen beträgt die diagnostische Sensivität der PCR 10–30 %. Die Nachweisraten der PCR nehmen mit zunehmender Krankheitsdauer ab, die Anwendung der PCR 4 Wochen nach Krankheitsbeginn ist daher nicht mehr sinnvoll /28, 1718/.

Untersuchungsmaterial

Nasopharyngealsekret, Nasopharyngealabstrich, idealerweise mit Dacrontupfer, ohne Transportmedium.

Bewertung

Die hohe Nachweisempfindlichkeit der Methode, die teilweise deutlich über der Kultur liegt, sowie die hohe Spezifität lassen dem molekularbiologischen Nachweis einen hohen Stellenwert zukommen /2378, 1718/.

Literatur

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42.14 Syphilis

Hans-Jochen Hagedorn

Treponema pallidum-Infektionen lösen beim Menschen verschiedenartige Erkrankungen aus (Tab. 42.14-1 – Erreger und Charakteristika verschiedener T. pallidum-Infektionen). Bei den endemischen Treponematosen (Bejel, Yaws, Pinta) sind Spätmanifestationen selten, die Rate der Spontanheilungen wird mit nahezu 100 % angegeben.

T. pallidum, Subspezies pallidum, ist der Erreger der Syphilis. Bei dieser Infektion heilen nur 60 % der Erkrankungen spontan aus. Bei einem hohen Prozentsatz geht die nicht rechtzeitig oder sanierend behandelte Infektion in ein Sekundärstadium mit langzeitiger Latenz und schließlich in ein klinisch fassbares Tertiärstadium bzw. in eine Neurosyphilis über.

Die Syphilis ist weltweit von großer Bedeutung. Nach Schätzungen der WHO beträgt die jährliche Neuerkrankungsrate etwa 12 Millionen. Hauptsächlich betroffen sind Südostasien, Afrika und Südamerika. In Osteuropa war in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts ein starker Anstieg der Syphilis Neuinfektionen auf bis zu 263 pro 100.000 Einwohner zu beobachten. In der russischen Föderation wurden 2008 noch 59 und in Zentraleuropa zwischen 4,7 und 10,3 Fälle pro 100.000 Einwohner registriert. In Westeuropa und den USA stieg die Zahl der Syphilis Neuinfektionen seit dem Jahr 2000 wieder an. Die aktuelle jährliche Syphilis-Inzidenz beträgt in den westlichen Industriestaaten ca. 2–4 pro 100.000 Einwohner. In Deutschland wurden 2010 3,7 Fälle pro 100.000 Einwohner erfasst. Hauptsächlich betroffen sind Männer, die Sex mit Männern haben. So fand sich im Jahr 2010 bei Männern eine mit 7 Fällen pro 100.000 Einwohner 14-mal höhere Syphilis-Inzidenz als bei Frauen mit 0,5 pro 100.000 Einwohner. Von besonderer Relevanz ist die Problematik der Syphilis- und HIV-Koinfektion. Die konnatale Syphilis spielt in Deutschland mit aktuell nur noch einem Fall pro Jahr wegen der insgesamt niedrigen Infektionsrate bei Frauen, aber vor allem auch dank der konsequent durchgeführten Mutterschaftsvorsorge-Untersuchungen kaum noch eine Rolle /123, 456/.

Primärsyphilis

An der Eintrittstelle des Erregers bildet sich zunächst eine singuläre Papel, dann ein Bläschen und schließlich ein in der Regel schmerzloses Ulkus mit einem derben Randwall, der Primäraffekt. Parallel kommt es meist zu einer regionalen Lymphknotenschwellung. Der Primäraffekt muss nicht im Genitalbereich liegen. Abhängig von den Sexualpraktiken kann er auch im Oral- oder Analbereich lokalisiert sein. Erschwert wird die klinische Diagnostik durch mögliche atypische Manifestationsformen. Nicht indurierte Läsionen mit unscharfer Abgrenzung, multiple und/oder schmerzhafte Ulzera insbesondere in der Analregion und bei HIV-infizierten Patienten werden gesehen. Der Primäraffekt kann fehlen, bei ungünstiger Lokalisation unerkannt bleiben oder mit Läsionen anderer Genese (Lymphogranuloma venereum, Ulcus molle, Herpes genitalis) verwechselt werden. In der Frühphase des Primärstadiums gelingt die Labordiagnose der Syphilis nur durch den direkten Erregernachweis aus Läsionen. In den meisten Fällen sind aber, wenn der Patient den Arzt aufsucht, auch schon spezifische IgM- und IgG-Antikörper nachweisbar.

Sekundärsyphilis

Etwa 9–10 Wochen nach unbehandelter Infektion tritt als Folge der hämatogenen Ausbreitung des Erregers beim Patienten ein meistens makulo-papulöses Exanthem auf. Das Sekundärstadium dauert Wochen bis Monate. Rezidive nach erscheinungsfreien Intervallen kommen vor. In diesem Stadium ist der Erregernachweis mit den herkömmlichen Methoden nicht mehr möglich, dafür zeigen die serologischen Tests in der Regel charakteristische Antikörperkonstellationen, die auch über die Behandlungsbedürftigkeit eine sichere Information geben.

Latenz

Symptomfreie Infektionsphasen werden je nach Definition /67/ im ersten bzw. auch im zweiten Jahr als Frühlatenz, danach als Spätlatenz bezeichnet. Die Labordiagnose der latenten Syphilis kann bei fehlenden anamnestischen Hinweisen nur durch ein Treponemen-Antikörper-Screening gestellt werden.

Tertiärsyphilis

Das dritte Stadium der Syphilis kann nach einer symptomfreien Latenzzeit von 1–20 Jahren auftreten und bietet das heute seltene Bild der gummösen oder der häufigeren kardiovaskulären Syphilis. Im Zentralnervensystem (ZNS) ist eine Vielzahl von neurologischen Symptomenkomplexen möglich. Die meningovaskuläre Syphilis als häufigste Erscheinungsform ist klinisch uncharakteristisch. Die klassischen Formen der Neurosyphilis, progressive Paralyse und Tabes dorsalis, die auch als quartäre Lues bezeichnet werden, sind derzeit sehr selten. Zahlreiche neurologische Erkrankungen können das Bild einer Neurosyphilis vortäuschen. Die Indikation zur Durchführung einer T. pallidum-Antikörpersuchreaktion ist zur Erkennung der späten Krankheitsstadien besonders häufig gegeben.

Reinfektion

Nach sanierend behandelter Infektion kann, trotz der bestehenden IgG-Antikörpernarbe, die Infektion neu erworben werden. Sie beginnt mit den klinischen Erscheinungen der Primärsyphilis und ist Indikation der für diese beschriebenen diagnostischen Verfahren.

Syphilis neonatorum

Im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge ist zur Vermeidung einer konnatalen Syphilis ein T. pallidum-spezifischer Antikörpersuchtest vorgeschrieben. Ist dieser positiv, muss unter Berücksichtigung der Infektions- und ggf. Behandlungsanamnese die Frage einer möglichen aktiven Infektion und resultierenden Behandlungsindikation abgeklärt werden.

Bei Frauen, die während der Schwangerschaft eine Syphilis durchgemacht haben, ist grundsätzlich eine Indikation gegeben, das Neugeborene auf eine erworbene T. pallidum-Infektion zu untersuchen.

Syphilitische Proktitis

Viele Personen mit Kondom-freien Analverkehr geben beim Arzt keine Beschwerden wie Fieber, Gewichtsverlust, Ausschlag, genitale Läsionen oder Darmbeschwerden an /28/.

Die serologischen Syphilis-Ergebnisse sind:

  • positiver Treponema pallidum Agglutinations Test
  • ein Titer im Plasma-Reagin Test
  • ein negativer HIV-Test.

42.14.1 Untersuchungsgang bei Syphilis

Der Untersuchungsgang bei Verdacht auf Syphilis ist dargestellt in /689/:

42.14.1.1 Erregernachweis im Patientenmaterial

Dunkelfeldmikroskopie

Prinzip: Mit einer sterilen Öse aus einer verdächtigen Primärläsion der Frühphase der Infektion entnommenes Material wird auf einen Objektträger gebracht, mit einem Deckglas abgedeckt und im Dunkelfeldmikroskop bei ca. 400-facher Vergrößerung auf Spirochäten mit charakteristischer Morphologie und typischem Bewegungsmuster untersucht. Die Nachweisgrenze liegt bei ca. 1 × 105 Treponemen/ml. Die diagnostische Sensitivität der DFM beträgt 80–95 % bei einer Spezifität von 77–100 % /7/.

Direkte Immunfluoreszenz

Prinzip: Fixierte Abstriche von Patienten oder Gewebeschnitte werden auf einem Objektträger angetrocknet und mit einem monoklonalen, gegen T. pallidum-Antigene gerichteten FITC-konjugierten Antikörper überschichtet /9/.

Nukleinsäure-Amplifikationstechniken (NAT)

Prinzip: Nachweis von T. pallidum mittels NAT, z.B. mit der Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Die NAT basiert auf der Amplifikation eines DNA-Anteiles (Primer), der z.B. das 47 kD-Oberflächenantigen oder die T. pallidum-DNA-Polymerase I (polA) kodiert. Als Nachweisgrenze werden 1–65 Treponemen angegeben. Die PCR ist empfindlicher als die mikroskopischen Nachweismethoden. Sie erreicht bei Syphilis im Primärstadium eine diagnostische Sensitivität bis zu 95 % und im Sekundärstadium bis zu 80 % /10/. Die Einführung der PCR als zusätzliches diagnostisches Kriterium steht zur Diskussion. Derzeit kann jedoch keine Empfehlung für die Anwendung der Methode im Routinelabor gegeben werden.

Untersuchungsmaterial

In Ausstrichen von verdächtigen Hautstellen und von Schleimhäuten:

  • Frisches Material für die Dunkelfeld-Mikroskopie.
  • Getrocknetes Material zur Verwendung für de Inmmunfluoreszenz-Nachweis von T. pallidum.

Die Nukleinsäure-Amplifikations-Techniken können in vielen Untersuchungsmaterialien durchgeführt werden. Von flüssigem Material sollten 2–5 ml aspiriert werden, da der Nachweis oft von der Menge des eingesetzten Untersuchungsmaterials abhängt.

Alle flüssigen Materialien sollten in separaten sterilen Röhrchen, die einen Stabilisator enthalten, versendet werden. Für Abstriche sollte der Tupfer in physiologischer Kochsalzlösung versendet werden. Gewebeproben können Formalin-fixiert, in Paraffin eingebettet oder in Kochsalzlösung versendet werden.

Der Versand sollte zügig erfolgen, eine zwischenzeitliche Lagerung bei 4–8 °C ist bis 24 Stunden möglich.

Interpretation der Ergebnisse

Kurz nach dem eine Infektion mit T. pallidum in einer syphilitischen Läsion durch den direkten Nachweis erkannt wurde, sind die serologischen Tests noch negativ. Die diagnostische Sensitivität der Dunkelfeld-Mikroskopie ist 80–95 % bei einer Spezifität von 77–100 % /7/ In einer Metaanalyse und systemische Review wurde die Richtigkeit der PCR mit der Dunkelfeld-Mikroskopie als Referenzmethode verglichen /11/:

  • Die diagnostische Sensitivität betrug jeweils 79,8 % (95 % CI 72,7–85,4 %) und 71,4 % (46,0–88,0 %) für tpp47-Tp-PCR und polA-Tp-PCR.
  • Die diagnostischen Spezifitäten waren jeweils 95,3 % (95 % CI 93,5 bis 96,6 %) und 93,7 % (95 % CI 91,8 bis 95,2 %).

Die Labordiagnostik der Neurosyphilis ist kompliziert, speziell wenn sie asymptomatisch ist und kein Labortest ist geeignet die Infektion des Nervensystems mit T. pallidum zu detektieren. Bei Patienten mit Neurosyphilis wurde DNA in 29,8 % und 24,2 % der Fälle im Liquor cerebrospinalis mit der tpp47-Tp-PCR und der polA-Tp-PCR jeweils detektiert. Die diagnostische Spezifität betrug jeweils 75,8 % und 69,7 % bei Spezifitäten von jeweils 86,8 % und 92,3 % für die tpp47-Tp-PCR und der polA-Tp-PCR /12/.

In einer Dänischen Untersuchung wurden die Treponemengene arp, tpr und tp0548 bei 197 typisierbaren Proben von 22 Mykobakterienstämmen untersucht, wobei der Typ 14d/g für 54 % der Fälle repräsentativ war /13/.

Aus der Literatur ergibt sich, dass die PCR eine wichtige Zusatzuntersuchung zur Dunkelfeldmikroskopie und dem direkten Fluoreszenznachweis zur Bestätigung der Syphilis in einem Primäraffekt wie Genitalulkus, Gewebe oder Flüssigkeit ist. Die serologische Diagnostik bleibt aber die wichtigste Nachweismethode, da durch die Blutentnahme leicht Untersuchungsmaterial gewonnen werden kann /14/.

42.14.1.2 Serologische Suchreaktionen

Zur Erkennung bzw. zum Ausschluss einer Syphilis ist eine für T. pallidum-Antikörper spezifische Seroreaktion zu verwenden. Aus wirtschaftlichen Gründen werden Tests empfohlen, die simultan T. pallidum-spezifische IgG- und IgM-Antikörper detektieren. Die Syphilis-Antikörpertests verwenden sehr unterschiedliche Antigenkonzepte. Diese reichen von Ultraschallhomogenaten bzw. Detergentienextrakten von Subspezies pallidum (Stamm Nichols) bis hin zur Anwendung singulärer rekombinanter Antigene. Die meisten neuen ELISA- und Chemilumineszenz-Assays arbeiten mit einer Kombination der als hochspezifisch akzeptierten Antigene Tp15, Tp17 und Tp47 /15/.

Treponema pallidum-Hämagglutinations-Assay (TPHA)

Prinzip: Indirekte Hämagglutination. Fragmente von durch Ultraschall oder Sodium Dodecyl Sulfat (SDS) behandelten, Subspezies pallidum (Stamm Nichols) werden an Oberflächenstrukturen von Schaf- oder anderen tierischen Erythrozyten fixiert. In Gegenwart homologer Antikörper tritt eine makroskopisch erkennbare Agglutination ein. Im negativen Serum sedimentieren die Erythrozyten in den Näpfchen der für diesen Test benutzten Mikrotiterplatten. Als Kontrollantigen werden nicht-sensibilisierte Erythrozyten verwendet. Eine Quantifizierung der Antikörperbefunde durch Titerbestimmung ist möglich und wird für reaktive Proben empfohlen. Die diagnostische Sensitivität beträgt im Primärstadium der Syphilis im Mittel 76 (69–90) %, in den folgenden Infektionsstadien 100 %. Die Spezifität des Tests wird mit 98–100 % angegeben. Der Test weist IgM- und IgG-Antikörper nach. Seine diagnostische Sensitivität und Spezifität wird mit 96–99 % angegeben /6715/.

Treponema pallidum-Partikelagglutinationstest (TPPA)

Prinzip: Wie beim TPHA-Test. An Stelle von Erythrozyten werden Gelatine- oder Bentonit-Kügelchen als Antigenträger verwendet. Der Vorteil dieses Testsystems ist, dass heteroagglutinierende Antikörper den Reaktionsablauf nicht stören. Sensitivität und Spezifität entsprechen derjenigen des TPHA-Tests.

Treponema pallidum-Latexagglutinationstest (TPLA)

Prinzip: Wie beim TPHA-Test. Antigenträger sind Latexpartikel. Die diagnostische Sensitivität und Spezifität sind derjenigen des TPHA-Tests vergleichbar. Heteroagglutinierende Antikörper stören nicht.

Treponema pallidum-Enzymimmunoassay (Tp-ELISA)

Prinzip: Kompetitiver oder indirekter Antikörper-ELISA. Fragmente von T. pallidum oder relevante Partialantigene werden an einer Festphase fixiert und mit dem Patientenserum überschichtet. Nach einem Waschvorgang folgt die Detektion der an die Festphase gebundenen IgG- und/oder IgM-Antikörper aus dem Patientenserum.

Im Falle kompetitiver Tests werden mit einem Enzym-markierten und mit Reiter-Treponemen (T. phagedenis) vorabsorbierten T. pallidum-Antiserum die Antigen-Antikörperkomplexe markiert und ihre Menge durch Enzymaktivitätsbestimmung ermittelt.

Bei den indirekten ELISA erfolgt die Detektion der an die Festphase gebundenen Antikörper aus dem Untersuchungsmaterial mittels Enzym-markierter Antihuman-Immunglobuline. Eine semiquantitative Abschätzung des Antikörpergehalts der Probe erfolgt über die Berechnung eines Indexwertes (Extinktionswert der Probe dividiert durch den Extinktionswert des Cut-off-Kontrollwertes).

Die diagnostische Sensitivität der Tp-ELISA ist mit 82–100 % bei einer Spezifität von 97–100 % dem TPHA-Test vergleichbar /15/.

Weitere ELISA-Modifikationen zum differenzierten Nachweis spezifischer IgG- und IgM-Antikörper werden kommerziell angeboten, z.B. μ-capture-ELISA, aber in der Regel nicht als Suchreaktionen eingesetzt.

Treponema pallidum Chemilumineszenz Assay

Prinzip: Diese Syphilis-Antikörpersuchtests werden in der Regel in Großgeräten als Einschritt- oder Zweischritt-Immunoassays eingesetzt. Als Testantigene kommen an eine feste Phase oder Mikropartikel gekoppelte rekombinante Antigene (Tp15, Tp17, Tp47) in Kombination oder auch singulär zur Anwendung. Aus der Patientenprobe an die Festphase gebundene Antikörper werden nach einem Waschschritt über die Induktion einer Chemilumineszenz-Reaktion detektiert.

Auch bei diesen Tests ist eine semiquantitative Angabe der Antikörperkonzentration in der Probe möglich. Nach den bisherigen Erfahrungen haben auch diese Tests eine den TPHA/TPPA und ELISA Tests vergleichbare diagnostische Sensitivität und Spezifität.

Syphilis-Schnelltests

Prinzip: Es ist ein immunchromatographischen T. pallidum-Antikörpernachweis unter Verwendung rekombinanter Antigene. Die Untersuchung kann mit Vollblut, Blut aus heparinisierten Kapillaren, Plasma oder Serum ausgeführt werden. Die diagnostische Sensitivität wird durch die Zuverlässigkeit und die Beschaffenheit der Probe wesentlich beeinflusst. Während bei der Untersuchung von Serum im Vergleich zum TPHA/TPPA die relative Sensitivität der Schnelltests von 67–100 % reicht, reduziert sich diese bei der Untersuchung von Vollblutproben auf 64–82 % /16/.

Die Schnelltests erlauben im Vergleich zu konventionellen Nachweisverfahren keine frühere Diagnosestellung. Eine Unterscheidung zwischen aktiven Behandlungs bedürftigen und zurückliegenden ausgeheilten Syphilisinfektionen ist nicht möglich. Eine Behandlungsindikation kann aus dem Befund allein nicht abgeleitet werden.

Nach Auffassung der WHO ist die Anwendung von Syphilis-Schnelltests in Ländern, die ein flächendeckendes Netz für Laboratoriumsdiagnostik bieten, nicht sinnvoll und deshalb dort nicht empfohlen /3/.

42.14.1.3 Serologische Bestätigungsreaktionen

Positive oder fragliche Ergebnise von Suchtests müssen durch Bestätigungstests hinsichtlich ihrer Spezifität abgesichert werden. Hierfür können spezielle Tests angewendet werden, die nicht als Syphilis-Suchtest zum Einsatz kommen. Aber auch die im Beitrag 42.14.1.2 – Serologische Suchreaktionen genannten Suchreaktionen, mit Ausnahme der Syphilis-Schnelltests, sofern sie ein vom jeweils durchgeführten Suchtest differentes Methodenkonzept präsentieren, können angewendet werden.

Entsprechend kann bei TPHA/TPPA-Screening ein ELISA oder Chemilumineszenz Assay als Bestätigungstest angewendet werden und vice versa bei einem Immunoassay-Screening auch der TPHA/TPPA /68/.

Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorptions-Test (FTA-ABS)

Prinzip: Indirekte Immunfluoreszenz nach Absorption des Patientenserums mit kreuzreagierenden Antigenen von apathogenen Treponemen.

Als Antigen für den FTA-ABS-Test werden abgetötete Treponemen des pathogenen Nichols-Stamms verwendet, die auf Objektträgern fixiert sind oder bei Verwendung von Treponemen-Suspensionen auf diese aufgetragen und luftgetrocknet werden. Vor dem Auftragen des Patientenserums auf die beschichteten Objektträger wird das Patientenserum mit einem Homogenisat aus T. phagedenis (Reiter) absorbiert, um kreuz reagierende Antikörper zu entfernen. Anschließend werden die vorabsorbierten Proben auf den Objekträgerfeldern inkubiert. Nach einem Waschgang wird mit einem FITC-konjugierten polyvalenten oder IgG-spezifischen Antihumanglobulin überschichtet und wieder inkubiert. Nach erneutem Spülen des Präparats wird dieses getrocknet und im Fluoreszenzmikroskop bei einer Wellenlänge von 480 nm und einer etwa 400 fachen Vergrößerung abgelesen.

Die diagnostische Sensitivität des FTA-ABS-Tests in der Standard-Serumverdünnung von 1 : 5 (ein Teil Serum und vier Teile Absorptionsmedium) wird bei Patienten mit Frühsyphilis im Primärstadium mit 84 % (70–100 %) und in den folgenden Infektionsstadien mit 100 % angegeben. Die diagnostische Spezifität beträgt 94–100 % /567, 915/.

Treponema pallidum-Immunoblot

Prinzip: Die durch SDS-Polyacrylamidgel-Elektrophorese (SDS-PAGE) im elektrischen Feld voneinander getrennten T. pallidum-Polypeptide werden auf Nitrozellulose-Streifen gebunden. Alternativ werden rekombinante Antigene direkt auf Nitrozellulose-Streifen aufgesprüht und unter der Bezeichung Immunoblot oder Line-Assay als IgG- oder IgM-antikörperspezifische Testkits kommerziell angeboten. Die IgM- bzw. IgG-Spezifität wird durch entsprechende mit Meerrettich-Peroxidase markierte Antiseren gesichert.

Die diagnostische Sensitivität und Spezifität des IgG-Immunoblots betragen ca. 99 % /715/. Die diagnostische Spezifität des IgM-Immunoblots liegt bei 98–99 %, zur Sensitivität sind die Angaben unterschiedlich.

Bei seropositiver Primärsyphilis und der Syphilis im Sekundärstadium beträgt die diagnostische Sensitivität nahezu 100 %, bei latenter Infektion, Syphilis im Tertiärstadium und Reinfektionen sind Befunddiskrepanzen zwischen verschieden IgM-Antikörperassays und falsch-negative Befunde möglich /6/.

Die Nomenklatur der durch SDS-PAGE dargestellten Polypeptide des Referenzstamms Nichols von T. pallidum, Subspezies pallidum, ist festgelegt /1314/. Es handelt sich um 16 Proteine bzw. Polypeptide von 190–15,5 kDa. Für den Immunoblot sind wegen der T. pallidum-Spezifität diejenigen mit einer Masse von 47,2 und 15,5 kDa von entscheidender diagnostischer Bedeutung. Zusätzlich wird oftmals auch das 44,5 kDa-Antigen (TmpA) mit in die Testbewertung einbezogen.

42.14.1.4 Nachweis der Behandlungsbedürftigkeit

Fraktionierter IgM-Antikörper-Assay (19 S IgM-Antikörper-Test)

Prinzip: Abtrennung der IgG- von den IgM-Antikörpern des Patientenserums durch Säulenchromatographie oder Ultrazentrifugation. Alternativ kann die IgG-Fraktion auch durch Anti-Human-IgG-Serum (RF-Absorbens) präzipitiert werden. Anschließend Untersuchung der IgM-Fraktion unter Verwendung eines FITC-konjugierten Anti-Human-IgM-Serums mit μ-Kettenspezifität /68/.

T. pallidum-IgM-ELISA

Prinzip: Beim T. pallidum-IgM-ELISA gibt es verschiedene Verfahrensmöglichkeiten. Am häufigsten angewendet wird der Sandwich-ELISA, bei dem die Festphase mit T. pallidum-Fragmenten oder rekombinanten Antigenen beschichtet ist. Das Patientenserum wird vor dem Einsatz in den Test mit einem Anti-Human-IgG-Serum präzipitiert und der Test mit einem mit Meerrettich-Peroxidase konjugierten Anti-Human-IgM-Serum entwickelt /1718/.

Alternativ kann ein μ-Capture-Enzymimmunoassay mit einem Anti-Human-IgM-Antikörper an der Festphase verwendet werden. Die Detektion Treponemen spezifischer IgM-Antikörper erfolgt durch Zugabe von Treponemen Antigen und eines monoklonalen Antikörpers, der gegen ein Antigen des Axialfilaments von T. pallidum gerichtet ist /917/.

T. pallidum-IgM-Immunoblot

Siehe zuvor.

Venereal Disease Laboratories Test (VDRL), Cardiolipin-Mikroflockungstest ( CMT)

Prinzip: Quantitativer Nachweis von anti-lipoidalen Antikörpern mit Hilfe der Präzipitation. Solche Antikörper vom IgM- und IgG-Typ kommen bei Patienten mit Treponemeninfektionen vor, sie sind für diese aber nicht spezifisch. International wird der Test als VDRL, in Deutschland auch als CMT bezeichnet. Bei diesem Test, ebenso wie beim RPR-Test und der Cardiolipin-KBR wird als Antigen ein Gemisch aus Cardiolipin-Kristallen, Lecithin und Cholesterin mit einer Verdünnungsreihe des Patientenserums zusammengebracht. Der Test wird auf speziellen Glasplatten mit geschliffenen Kavitäten durchgeführt und nach der Inkubation auf einem Rotationsschüttler mikroskopisch bei ca. 100 facher Vergrößerung abgelesen. Beim VDRL tritt in Gegenwart von anti-lipoidalen Antikörpern eine Verklumpung des kristallinen Antigens auf. Alternativ ist auch eine Testdurchführung auf Mikrotiterplatten möglich. Die Spiegelvergrößerung des Ablesegeräts sowie ein geringer Zusatz eines Farbstoffs zum Antigen reichen aus, um bei einem quantitativen Testansatz die Endverdünnung mit einer 2+ Reaktivität gut erkennen zu können.

Die Herkunft der lipoidalen Antikörper bei Infektionen ist experimentell nicht geklärt. Es wird angenommen, dass sie als immunologische Reaktionsprodukte auf einen Entzündungs bedingten Zellzerfall im infizierten Organismus anzusehen sind. Dabei werden aus den betroffenen Zellen lipoid haltige Mitochondrien freigesetzt, die vom Immunsystem nicht als körpereigen erkannt werden. Gegen das Lipoid der Mitochondrien werden Antikörper synthetisiert.

Rapid-Plasma-Reagin (RPR)-Test

Prinzip: Auf den Feldern einer Kunststoffkarte oder Pappkarte werden Verdünnungen des Patientenserums mit einer Suspension aus Cardiolipin, Lecithin, Cholesterin und Kohlepartikeln gemischt. Alternativ kann das Testantigen auch auf den Testträgern angetrocknet sein. Bei dieser Testmodifikation werden dann Verdünnungen des Patientenserums auf die Testfelder gegeben. Nach Inkubation auf einem Rotationsschüttler ist bei positivem Resultat die Agglutination durch Bildung unterschiedlich großer schwarzer Flocken makroskopisch zu erkennen. Dieser Test ist in der Handhabung einfacher als der VDRL-Test. Die qualitativen und quantitativen Resultate sind weitgehend vergleichbar /15/. Der RPR-Test ist in den angloamerikanischen Ländern weit verbreitet und wird dort auch als Syphilis-Suchreaktion verwendet.

Cardiolipin-Komplement Bindungsreaktion (Card-KBR)

Prinzip: Die Bindung von Antigen-Antikörperkomplexen bei Patienten mit Lipoidantikörpern bewirkt einen Komplementverbrauch. Das Meerschweinchen-Komplement steht im Versuchsansatz für die Reaktion mit dem anschließend zugefügten hämolytischen Indikatorsystem (Schaferythrozyten + Ambozeptor) nicht mehr zur Verfügung. Tritt keine Lysis ein, ist das Komplement verbraucht, d.h. die Cardiolipin-KBR positiv. Umgekehrt zeigt die Lysis im Indikatorsystem das Fehlen von Lipoidantikörpern an (Card-KBR negativ). Wegen ihrer Aufwendigkeit wird diese Methode nur noch wenig benutzt.

42.14.1.5 Serologische Verlaufskontrollen nach Behandlung

19S IgM-Antikörpertest: Siehe zuvor.

Quantitativer VDRL, CMT, RPR, Card-KBR: Siehe zuvor.

42.14.1.6 Interpretation der serologischen Ergebnisse

Verdacht auf Primär- oder Sekundärsyphilis

Kurze Zeit nach der Infektion kann T. pallidum in einer syphilitischen Läsion mit direkten Diagnoseverfahren (DFM, DFA, NAT) nachweisbar sein bei noch negativer Serologie. Die Serokonversion folgt der initialen klinischen Symptomatik in der Regel in einem Zeitfenster von wenigen Tagen. Daher sollte bei entsprechendem klinischen Verdacht ein negativer Befund im T. pallidum Antikörpersuchtest nach einer Woche, ggf. auch mehrfach, kontrolliert werden. Bei allen nachfolgenden Infektionsstadien der Syphilis sind Treponemennspezifische Antikörper nachweisbar. Bei anamnestisch begründetem Verdacht auf eine mögliche frühe Infektion und fehlender oder atypischer klinischer Symptomatik sollte der Suchtest in mehrwöchigen Abständen bis zu 90 Tagen nach dem potentiellen Zeitpunkt der Infektion wiederholt werden.

Bei positivem T. pallidum-Antikörpersuchtest muss die serologische Diagnostik durch eine oder mehrere Bestätigungsreaktionen zur Absicherung der Befundspezifität erweitert werden. Für die Beurteilung der möglichen Aktivität der durch Such- und Bestätigungstest gesicherten Infektion ist ein quantitativer Cardiolipin-Test (VDRL, RPR oder Card-KBR) unverzichtbarer Bestandteil der Diagnostik. Bei Erstbefunden, sowie insbesondere bei fehlender Infektions- und Behandlungsanamnese, sollte das positive Serum auch mit einem Treponemen spezifischen IgM-Antikörper Assay untersucht werden. Lipoid- und Treponemen spezifische IgM-Antikörpertests sind nicht als alternative sondern als sich gegenseitig ergänzende Verfahren zu sehen. Bei einer Syphilis-Erstinfektion sind im Frühstadium spezifische IgM-Antikörper früher nachweisbar als Lipoidantikörper. Bei spätlatenter Infektion, im Tertiärstadium und vor allem bei Reinfektion, finden sich oftmals hoch positive Titer von Lipoidantikörpern bei negativen oder nur schwach positiven Testresultaten im T. pallidum spezifischen IgM-Antikörpertest.

Verschiedene Befundmuster und deren Bewertung zum Ausschluss einer Treponematose oder bei Verdacht auf Primär- bzw. Sekundärsyphilis sind aufgeführt in Tab. 42.14-3 – Befundbewertung bei Verdacht auf Primär- bzw. Sekundärsyphilis.

Das positive Ergebnis eines Treponemen spezifischen IgM-Antikörper-Assays sollte bei Erstuntersuchung unbehandelter Patienten als Zeichen für eine Behandlungsbedürftigkeit gewertet werden. In den frühen Stadien unbehandelter Erstinfektionen mit T. pallidum sowie bei einigen Patienten mit unzureichender Therapie findet man Erreger spezifische IgM-Antikörper mit hohem Titer (> 1 : 320). Der Titer der Lipoidantikörper kann negativ oder positiv sein. Titer > 1 : 8 gelten bei unbehandelten Patienten ebenfalls als Hinweis auf eine aktive Infektion. Bei positiver Grunddiagnostik (Suchreaktion, Bestätigungstest) sind das parallel negative Ergebnisse eines IgM- und eines Lipoidantikörper-Assays als Hinweis auf eine zurückliegende, ausreichend behandelte oder auch spontan geheilte Treponematose (sogenannte Seronarbe) zu werten.

Zu beachten ist bei der Befundbewertung, dass hohe Erreger spezifische IgG-Antikörpertiter in vivo eine Hemmung der Synthese von IgM-Antikörpern bewirken können. Somit schließt ein negativer IgM-Antikörperbefund nicht in allen Fällen eine aktive Infektion mit Treponemen aus.

IgM-Antikörperbefunde und deren immunologische Bedeutung für die Infektion sind aufgeführt in Tab. 42.14-4 – IgM-Antikörper-Konstellationen und deren infektionsimmunologische Bewertung.

Verdacht auf latente Infektion mit Treponemen

An eine Erregerpersistenz bei asymptomatischen Patienten (latente Infektion) ist zu denken bei hoch positivem Suchtest, z.B. im TPHA/TPPA-Test bei Titern > 1 : 5.120 und positivem Bestätigungstest. Spezifische IgM-Antikörpertiter und Titer von Lipoidantikörpern können bei diesen Fällen von hoch positiv bis negativ variieren. Lipoidantikörper sind meist mit Titern > 1 : 8 nachweisbar. Nicht selten finden sich bei diesen Fällen ein negatives Ergebnis auf IgM-Antikörper und ein zugleich deutlich positiver Nachweis von Lipoidantikörpern. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang zusätzlich, dass bei Reinfektionen auch nach sanierender Antibiotikabehandlung Treponemen spezifische Antikörper auf sehr hohem Titerniveau über lange Zeit persistieren können.

Verdacht auf Neurosyphilis

Etwa 3,5% der Patienten mit klinischen und ophthalmologischen Zeichen der Syphilis haben eine Neurosyphilis, wenn entsprechende Laborbefunde im Serum und Liquor cerebrospinalis vorliegen. Die Neurosyphilis kann eine symptomatische oder asymptomatische und frühzeitig auftretende (1-2 Jahre nach dem Primäraffekt) Erkrankung sein. Sie tritt bei Personen mit HIV-Infektion doppelt so häufig auf als bei alleiniger Infektion mit T. pallidum. Drei Formen der Neurosyphilis werden unterschieden /19/:

  • Die meningovaskuläre Form; sie geht mit Schlaganfall und verschiedenen Formen der Myelopathie einher und setzt zeitlich ein zwischen der frühen Form und späteren Formen der Neurosyphilis, typischerweise 1-10 Jahre nach der Primärinfektion.
  • Die generelle Parese; sie ist gekennzeichnet durch eine strukturelle Erkrankung des Gehirns, die mit vielen Formen geistiger Erkrankungen einher gehen kann. Die generelle Parese tritt etwa 5-10 Jahre nach der Primärinfektion auf.
  • Die Tabes dorsalis, die durch eine Gangataxie und das positive Romberg Zeichen (zur Seite treten oder fallen, beim Stehen mit beiden Füßen zusammen und geschlossenen Augen) auffällig ist.

Die Neurosyphilis ist keine isolierte Infektion des Zentralnervensystems (ZNS). Als Ausschlussdiagnostik genügt bei entsprechendem klinischem Verdacht die Untersuchung des Serums. Zur Sicherung einer ZNS-Beteiligung an der Infektion ist die parallele Untersuchung von am gleichen Tag entnommenen Serumprobe und Liquor cerebrospinalis des Patienten unerlässlich /6820/.

Die isolierte Untersuchung des Liquor cerebrospinalis ergibt keine diagnostische Information, weil der Immunglobulingehalt und somit auch die Konzentration T. pallidum spezifischer Antikörper im Liquor durch drei Faktoren beeinflusst werden kann:

  • Den Funktionszustand der Blut-Liquor-Schranke. Bei erhöhter Permeabilität kommt es zu einem vermehrten Übertritt von Serumproteinen in den Liquor und zu einer relativen Erhöhung derselben im Liquor.
  • Die lokale Synthese von Immunglobulinen im ZNS. Unabhängig von der Funktion der Blut-Liquor-Schranke kann eine eigenständige Synthese von Immunglobulin zu einer relativen Erhöhung der Konzentration dieser Proteine im Liquor führen.
  • Die Konzentration von Immunglobulinen im Serum. Jede Erhöhung der Konzentration bzw. eine Erhöhung der Titer von spezifischen Antikörpern führt gleichzeitig zum Anstieg dieser Proteine im Liquor.

Funktionsstörung der Blut-Liquor-Schranke

Eine Störung der Funktion der Blut-Liquor-Schranke ist durch Berechnung des Albuminquotienten mit Hilfe der Formel

Albumin im Liquor (mg/l) × 10 3 = Q Alb × 10 –3 Albumin im Serum (mg/l)

zu erkennen. Die Obergrenzen des Referenzbereichs liegen jenseits des sechsten Lebensmonats altersabhängig bei (5–8) × 10–3.

Intrathekale Synthese von Immunglobulin

Eine genauere Beurteilung, die unabhängig vom Funktionszustand der Blut-Liquor-Schranke eine Aussage über die Herkunft T. pallidum spezifischer Antikörper im Liquor aus dem Serum oder dem ZNS ermöglicht, kann bei paralleler Bestimmung der IgG-Gesamtkonzentration (mg/l) und der Erreger spezifischen IgG-Antikörper (Titer oder ELISA-Extinktion) in Serum und Liquor durch Berechnung des ITpA-Index (Index T. pallidum-spezifischer Antikörper) erfolgen. Die Überlegung ist, dass der Anteil des Treponemen spezifischen IgG am Gesamt-IgG in Serum und Liquor gleich ist, wenn die Antikörper ausschließlich aus dem Serum stammen. Rechnet man nach den Formeln

ITpA-Index = TPHA-Titer (Liquor) × Gesamt-IgG (Serum) Gesamt-IgG (Liquor) × TPHA-Titer (Serum) oder Tp-spez. IgG (Liquor) × Gesamt-IgG (Serum) Tp-spez. IgG (Serum) × Gesamt-IgG (Liquor)

ergibt sich im Normalfall ein Quotient von 1,0 mit einem Streubereich von 0,5–2,0. Wird lokal im ZNS Erreger spezifisches IgG synthetisiert, erhöht sich dieser Wert auf ≥ 3,0.

Alternativ kann auch die parallele Titration von Serum und Liquor nach Angleichung der IgG-Konzentration durch Vorverdünnung des Serums auf den IgG-Gehalt des Liquors erfolgen. Zur Berechnung des Quotienten wird dann der TPHA/TPPA-Titer im Liquor durch den TPHA/TPPA-Titer im Serum dividiert. Die Bewertung der resultierenden Liquor/Serum-Quotienten entspricht derjenigen des ITpA-Index.

Diese Formeln dürfen nur angewandt werden, wenn keine lokale IgG-Synthese im ZNS nachweisbar ist (QlimIgG > QIgGgesamt). Details siehe auch Kapitel 46 – Labordiagnostik neurologischer Erkrankungen. Andernfalls errechnen sich zu niedrige Werte des Antikörperindex. Bei nachgewiesener intrathekaler IgG-Synthese (QlimIgG < QIgGgesamt) ist nicht die gemessene IgG-Konzentration im Liquor für die Berechnung einzusetzen, sondern der rechnerisch ermittelte maximale Anteil des Liquor-IgG (MALG), der aus dem Serum stammt. Dieser kann berechnet werden nach der Formel:

MALG (mg/l) = Liquor-IgG (mg/l) × Q lim IgG QIgG gesamt

Die Möglichkeit zur Bestimmung einer intrathekalen IgM-Antikörpersynthese ist auch mit den genannten Formeln möglich, wenn entsprechend empfindliche Tests zur Bestimmung des Gesamt-IgM und des Erreger spezifischen IgM im Liquor gewählt werden.

Der Nachweis einer spezifischen intrathekalen Synthese von IgG-Antikörpern ist nicht mit der Diagnose einer aktiven Neurosyphilis gleichzusetzen, weil dieses Phänomen auch nach ausreichender Behandlung über Jahre, bei vielen Patienten lebenslang, nachweisbar bleibt. Für die Beurteilung der möglichen Krankheitsaktivität sind auch unspezifische Parameter wie Pleozytose, erhöhtes Totalprotein im Liquor und die Funktion der Blut-Liquor-Schranke zu berücksichtigen.

Ein positiver Lipoid- und/oder Treponemen spezifischer IgM-Antikörperbefund im Liquor gilt als zusätzlicher Hinweis auf eine aktive Neurosyphilis /6811/. Im Liquor nachweisbare Lipoidantikörper stammen in der Regel nicht aus dem Serum. Dies erklärt sich daraus, dass der Anteil an Lipoidantikörpern, der aus dem Serum stammt, meist so gering ist, dass er unter der Nachweisgrenze der Lipoidantikörpertests liegt.

Eine Übersicht häufig vorkommender Konstellationen und deren Interpretation gibt Tab. 42.14-5 – Konstellationen immunologischer Parameter zur Diagnose der Neurosyphilis.

Neonatale Syphilis

Die serologischen Befundkriterien bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern mit Verdacht auf Syphilis /682122/sind zusammengestellt in Tab. 42.14-6 – Befundbeurteilung im Serum des Neugeborenen bei Verdacht auf neonatale Syphilis.

Beurteilung des Behandlungserfolges

Zur Beurteilung des Behandlungserfolges wird eine Kontrolluntersuchung 2–4 Wochen nach Abschluss der Therapie als Ausgangswert für weitere Verlaufskontrollen empfohlen. Nachfolgend sollen die Antikörpertiter in dreimonatigen Abständen über eine Jahr und ggf. abhängig vom Verlauf der Antikörperkinetik auch über längere Zeit bestimmt werden /6/.

Welche Verfahren für das Monitoring der Antikörperkinetik im individuellen Fall in Betracht kommen, hängt wesentlich vom Ausgangsbefund ab. Sind initial parallel spezifische IgM- und Lipoidantikörper mit hohem Titer oder nur Lipoidantikörper nachweisbar, genügt es in der Regel, den Behandlungserfolg an den Ergebnissen einer quantitativ durchgeführten Cardiolipin-Reaktion abzulesen. Findet sich im Ausgangsbefund ein hoher Titer von T. pallidum-IgM-Antikörpern aber ein negativer oder nur niedriger Lipoidantikörpertiter, sollte der Behandlungserfolg mittels der IgM-Antikörperkinetik beurteilt werden.

Nach effektiver Therapie einer Syphilis-Erstinfektion im Primär- oder Sekundärstadium ist ein signifikanter Titerabfall der Aktivitätsparameter um drei oder mehr Verdünnungsstufen innerhalb weniger Monate bis zu einem Jahr zu beobachten /9/. Bei länger bestehender Syphilis und auch bei Reinfektion können die Lipoid- und auch Treponemen-spezifischen Titer von IgM-Antikörpern mit erheblicher zeitlicher Verzögerung abfallen oder auf einem bestimmten Titerniveau über lange Zeit persistieren.

Grundsätzlich gilt, dass die post therapeutische Kinetik der Lipoidantikörper (und auch der spezifischen IgM-Antikörper) wesentlich durch das Zeitintervall zwischen Infektion und Behandlungsbeginn beeinflusst wird /568/. Steigt der Lipoidantikörpertiter nach Behandlung wieder an, hat die Behandlung nicht zur Sanierung geführt oder der Patient hat sich zwischenzeitlich neu infiziert. Eine abschließende Beurteilung des Therapieerfolges parallel mit einem T. pallidum-IgM-Antikörper-Assay und einem Lipoidantikörpertest ist abhängig vom Infektionsstatus vor Therapiebeginn und dem Verlauf der Antikörperkinetik etwa 12–24 Monate nach Behandlungsende indiziert.

Für die Verlaufsbeurteilung zusätzlich bewährt hat sich auch die Dokumentation des Treponemen-Gesamtantikörpertiters z.B. im TPHA-/TPPA. Das gilt auch für den Indexwert in anderen polyvalenten Syphilissuchtests wie ELISA, Chemilumineszenz-Assay. Nach Erstinfektion kommt es in der Regel auch zu einem kontinuierlichen Abfall der Treponemen-Gesamtantikörper. Ein signifikanter Titeranstieg im Verlauf ist meist ein deutlicher Hinweis auf eine Re-Infektion.

Syphilis und HIV-Infektion

Zwischen der Syphilis-Infektion und der HIV-Infektion bestehen zahlreiche Wechselwirkungen. Einerseits begünstigen Genitalulcera den Eintritt des HI-Virus in den betroffenen Organismus. Andererseits wird der normale Verlauf der Syphilis durch die HIV-Infektion beeinflusst. Dies betrifft weniger den Ablauf der Stadien sondern aggressivere Verlaufsformen in den Frühstadien, z.B. die ulzerierende Syphilis (Syphilis maligna) im Sekundärstadium und die raschere Progredienz zu Manifestationsformen der Spätstadien, insbesondere der Neurosyphilis /6152324/.

Das serologische Verhalten bei Patienten mit Doppelinfektion ist unterschiedlich. Bei vielen Patienten mit HIV-Infektion und Sekundärsyphilis findet man Lipoid- und IgG-spezifische Antikörper mit hohem Titer. Die wahrscheinlichste Ursache für diese Befunde sind die in dieser Risikogruppe relativ häufigen Reinfektionen. Es sind aber auch Patienten bekannt, bei denen im gleichen Syphilisstadium die Immunantwort verzögert oder ganz ausgeblieben ist /24/. Dieses unterschiedliche Verhalten erklärt sich wahrscheinlich durch das jeweilige Ausmaß der Schädigung des Immunsystems.

Nach spezifischer Behandlung der Syphilis von Patienten mit Doppelinfektion können in Abhängigkeit der Verminderung der CD4+T-Zellen TPHA und FTA-ABS-Test negativ werden. In den meisten Fällen ist die Syphilis-Serologie auch bei HIV-Patienten zuverlässig.

42.14.2 Hinweise und Störungen

Die Mehrzahl der Laboratorien führt noch den traditionellen Algorithmus (Syphilis Screening Algorithmus beginnnt mit einem nicht treponemalen Immunoassay) durch. Jedoch startet eine kleine Minderheit mit dem reversen Algorithmus (beginnt mit einem Treponemen Immunoassay). Obwohl der nicht treponemale Immunoassay die immunologische Antwort nach Therapie nicht widerspiegelt und negativ wird, bleibt der Treponemen Immunoassay das ganze Leben über positiv /25/.

TPHA, TPPA

Angabe des Titers: Bei der Mitteilung der quantitativen Ergebnisse von TPHA/TPPA geben einige Laboratorien den Endtiter des Ansatzes (Anfangsverdünnung 1 : 80), andere den der jeweils eingesetzten Serumverdünnung (Anfangsverdünnung 1 : 20) an. Hier bedarf es einer Vereinheitlichung. Es wird empfohlen, wie bei anderen Seroreaktionen, mit Ausnahme der Bakterienagglutination, mit der Titerangabe von der jeweils eingesetzten Serumverdünnung auszugehen.

Antigenpräparation

Insbesondere im Zusammenhang mit der quantitativen Durchführung des Tests in Ringversuchen hat sich die Frage ergeben, in wieweit die Antigenpräparation einen Einfluss auf die Spezifität und den Antikörpertiter hat. In einem Vergleichsversuch zeigte sich, dass Testsysteme, die mit durch Ultraschall gewonnenen Antigenen arbeiten, zu höherer Unspezifität neigen als solche nach SDS-Behandlung. Ein direkter Titervergleich zwischen den mit TPHA verschiedener Hersteller ermittelten Antikörperwerten ist nicht möglich.

Störfaktoren

Wenn in der ersten Verdünnungsstufe des Serums (1 : 20) diagnostisch nicht sicher bewertbare (±) Befunde beobachtet werden, z.B. kleine Ringbildungen der sensibilisierten Erythrozyten bei knöpfchenförmiger Sedimentation der Kontrollzellen, so kann das liegen:

  • An einer Chargen abhängigen Neigung der sensibilisierten Erythrozyten zur Unspezifität.
  • Daran, dass die sensibilisierten Erythrozyten durch heterophile Antikörper stärker agglutiniert werden als nicht-sensibilisierte.
  • An der Qualität der verwendeten Mikrotiterplatten, z.B. die chemische Beschaffenheit oder elektrostatische Aufladung, kann einen Einfluss auf das Sedimentationsbild haben.

Die Abklärung nicht sicher negativer Befunde durch eine Bestätigungsreaktion ist notwendig.

Ein Nachteil des TPHA ist darin zu sehen, dass heterophile, gegen Membranstrukturen der Erythrozyten gerichtete Antikörper, die nicht selten in Humanseren vorkommen, zu einer in der Kontrolle erkennbaren Falschreaktion führen. Durch vergleichsweise quantitative Serumtitration mit sensibilisierten und nicht-sensibilisierten Erythrozyten sind heteroagglutinierende Antikörper von T. pallidum-spezifischen Antikörpern zu differenzieren. Nur wenn der Titer mit sensibilisierten Erythrozyten mindestens zwei Titerstufen höher ist als mit nicht-sensibilisierten, ist eine spezifische Reaktion anzunehmen. Die Absicherung des Befunds mit einer Bestätigungsreaktion ist erforderlich /89/.

T. pallidum-Immunoassay

Mit falsch-negativen Ergebnissen polyvalenter Suchtests muss in Einzelfällen bei Patienten mit schwach positiven TPHA/TPPA-Antikörper-Restbefunden (Seronarben) gerechnet werden. Auch in der frühen Serokonversionsphase bei akuter Syphilis-Erstinfektion sind differente Resultate bei Anwendung verschiedener Tests möglich /627/.

IgM-ELISA, IgM-Immunoblot

Insbesondere bei spät latenter Syphilis, Neurosyphilis und Re-Infektion finden sich diskrepante Resultate für verschiedene Verfahren zum Nachweis T. pallidum spezifischer IgM-Antikörper. In diesen Fallgruppen finden sich mehr positive Resultate im 19S-IgM-FTA-ABS-Test als im IgM-EIA oder IgM-Immunoblot /6827/.

Cardiolipin-Tests

Die diagnostische Sensitivität der Cardiolipin-Tests ist in der Frühphase der Syphilis gering. Im Sekundärstadium sind die Tests bei allen Patienten reaktiv; diagnostische Sensitivität > 99 % /9/. Mit größer werdendem Intervall zwischen Infektion und Untersuchung sinkt die diagnostische Sensitivität dieser Tests wieder bis auf etwa 30 % ab. Die Reaktionen sind durch eine hohe Rate T. pallidum unspezifischer Ergebnisse belastet /681115/. Ihr differentialdiagnostischer Wert ist daher gering. Bei der klinisch und/oder mit T. pallidum spezifischen Tests diagnostizierten Syphilis ist der Nachweis von Cardiolipin-Antikörpern und der Verlauf der Antikörperkinetik ein wichtiger weil kostengünstiger Parameter in der Therapiekontrolle der T. pallidum-Infektion.

Fluoreszenz-Treponema Antikörper-Absorptions-Test (FTA-ABS, IgG-FTA-ABS)

Nach Angaben in der Literatur zu falsch positiven Resultaten Treponemen spezifischer Antikörpertests beziehen sich meist auf den FTA-ABS-Test und seine Modifikationen. Bekannt sind vor allem die atypischen Fluoreszenzbilder bei systemischem, diskoidem und Medikamenten-induziertem Lupus erythematodes. Falsch positive Reaktionen sind beschrieben bei Lepra, fieberhaften Erkrankungen oder zunehmendem Lebensalter. Auch technische Fehler im Labor sind relevant.

Oftmals bleibt die Ursache der Befunde unklar. Möglicherweise erklärt sich ein Teil dieser Fälle durch Kreuzreaktionen bei der Infektion mit Borrelien. Borrelien und Treponemen zeigen eine breite Antigenverwandschaft. Entscheidend für die Spezifität des FTA-ABS-Tests ist die Kapazität des Absorptionsmediums zur Elimination kreuz reagierender Antikörper. Erfahrungsgemäß finden sich im FTA-ABS-Test häufiger falsch positive Befunde durch Borrelien-Antikörper als im TPHA/TPPA-Test. In den modernen Immunoassays auf Basis rekombinanter Antigene dürften diese Kreuzreaktionen kaum noch eine Rolle spielen. Im Zweifelsfall können fragliche Befunde auch mittels Immunblot abgeklärt werden /8915/.

19S-Fluoreszenz-Treponema-IgM-Antikörper- Absorptions-Test (19S-IgM-FTA-ABS)

In der Originalform des Tests wurden die T. pallidum spezifischen IgM- von den IgG-Antikörpern durch Zeit- und Material aufwendige Trennverfahren (Ultrazentrifugation, Gelchromatographie, HPLC) separiert. Ein weiteres Fraktionierungsverfahren stellen die Minisäulen dar, bei denen als Adsorbens meistens Protein G verwendet wird, das die vier IgG-Subklassen bindet. Erfahrungsgemäß gehen bei diesem Verfahren bis zu 50 % des IgM verloren. Dies kann sich bei niedrigen IgM-Antikörpertitern nachteilig auf das Untersuchungsergebnis auswirken. Bei jeder Probe ist ein Kontrollansatz zum Nachweis von T. pallidum spezifischem Rest-IgG mitzuführen, um falsche Ergebnisse sicher auszuschließen.

In vielen Laboratorien werden die Proben zum Nachweis von IgM-Antikörpern mit einem Anti-Human-IgG-Serum von der Ziege präzipitiert und der Überstand nach Abzentrifugieren der Präzipitate im FTA-ABS-Test mit μ-Ketten spezifischen, FITC-konjugierten Antiserum untersucht. Dennoch sollte auch bei Anwendung dieser Technik bei jeder Probe ein Kontrollansatz mitgeführt werden, der eine Verunreinigung durch Erreger spezifisches IgG ausschließt /8/.

Treponema pallidum PCR

Die Treponema pallidum PCR bringt bei bestimmten klinischen Fragestellungen diagnostisch wenig gegenüber den serologischen Tests /26/.

Intravenöse Immunoglobulin G-Behandlung /29/

Intravenöses Immunglobulin G (i.v. Ig) wird abhängig vom Hersteller aus der Immunglobulinfraktion von bis zu 1.000 gesunden Spendern gewonnen. Die Food and Drug Administration der USA empfiehlt, die Spender auf Syphilis zu testen, entweder mit einem spezifischen oder einem unspezifischen Test. Die Serokonversion des Tests auf Treponemen erfolgt ab dem 6. Tag nach der Gabe von i.v. Ig und wird wieder nach Absetzen von i.v. Ig nach 4–7 Wochen negativ. Das ist besonders wichtig für Schwangere bezugnehmend der kongenitalen Syphilis.

Um einen falsch positiven Syphilistest zu bestätigen sollte ein weiterer Test frühestens 6 Wochen nach der letzten i.v. Ig-Gabe durchgeführt werden. Ein negatives Ergebnis bestätigt die Gabe von i.v. Ig als Ursache des falsch-positiven Tests.

42.14.3 Pathophysiologie

Infektion

Der Syphiliserreger wird nahezu ausschließlich beim Geschlechtsverkehr durch direkten Kontakt mit infektiösen Effloreszenzen des Primär- und Sekundärstadiums übertragen. Zur Infektion kommt es als Folge der Penetration von T. pallidum durch Mikroverletzungen der Haut oder auch durch intakte Schleimhäute. An der Infektionsstelle bildet sich nach einer mittleren Inkubationszeit von 21 (10–90) Tagen ein Bläschen, aus dem eine Papel und schließlich ein Ulkus mit hartem Rand entsteht (Ulcus durum). Gleichzeitig wandern die Erreger in die regionalen Lymphknoten (lokale Lymphadenitis). Die Abheilung des Primärkomplexes (Ulcus durum und lokale Lymphadenitis) wird durch die Entwicklung einer lokal ablaufenden zellulären Immunität bewirkt.

Immunantwort bei Erstinfektion

Bereits während der Inkubationszeit erfolgt die Aktivierung des zellulären und des humoralen Immunsystems. Etwa 4 Tage nach dem Eindringen des Krankheitserregers werden T. pallidum spezifische Antikörper vom IgM-Typ synthetisiert. Diese erreichen 10–21 Tage post infectionem Titer, die mit verschiedenen IgM-Antikörper-Assays im Patientenserum nachgewiesen werden können. Individuell unterschiedlich werden IgG-Antikörper mit gleicher Erregerspezifität einige Tage später im Patientenserum nachweisbar.

Wahrscheinlich sind die mit den verschiedenen serologischen Tests erfassten Antikörper nicht miteinander identisch. Sie scheinen sich vielmehr gegen verschiedene Polypeptide von T. pallidum zu richten. Deshalb muss damit gerechnet werden, dass bei einigen Patienten die Suchreaktionen, z.B. TPHA, noch negativ sind und der FTA-ABS-Test bereits ein positives Ergebnis anzeigt. Im Gegensatz zu den angloamerikanischen Erfahrungen gehen unsere Verlaufsbeobachtungen bei Patienten mit Primärsyphilis dahin, dass erst im weiteren Verlauf der Infektion antilipoidale Antikörper, zunächst vom IgM-Typ, später auch in geringerem Umfang vom IgG-Typ synthetisiert und im Patientenserum nachweisbar werden. Für eine Frühdiagnose sind die Cardiolipin-Tests wenig geeignet (Abb. 42.14-2 – Antikörper-Konstellationen in den verschiedenen Stadien der unbehandelten Treponema-Erstinfektion). Ihre Domäne bei quantitativem Testansatz ist, neben dem IgM-Antikörper-Assay, die Verlaufskontrolle nach Therapie.

Warum 3–6 Wochen nach Auftreten des Primäraffekts, d.h. zu einem Zeitpunkt, an dem der Organismus die lokale Infektion immunologisch unter Kontrolle zu haben scheint, die Symptome der Sekundärsyphilis auftreten, ist nicht endgültig geklärt. Während dieses Infektionsstadiums ist eine hämatogene Ausbreitung des Erregers im ganzen Organismus, das Auftreten von Hauteffloreszenzen, sowie die Entwicklung einer systemischen Immunität zu beobachten. Diese löst ein bei verschiedenen Parasitosen häufig beobachtetes Phänomen aus, die Prämunität. In diesem Stadium ist der Organismus zwar gegen eine Zweit-Infektion gefeit, aber nicht in der Lage, den Erreger zu eliminieren. Die Manifestationsformen des wochen- bis monatelangen Verlaufs des Sekundärstadiums mit Rezidiven der klinischen Erscheinungen an der Haut stehen offenbar mit der Ausbildung der systemischen Immunität in direktem Zusammenhang.

Da die direkte Übertragung des Erregers von Mensch zu Mensch nur aus oberflächlichen Effloreszenzen erfolgt, sind die Patienten in etwa den ersten zwei Jahren nach der Infektion als infektiös anzusehen. Die Folgezeit wird von dieser Frühphase als nichtinfektiöse Phase abgegrenzt.

Hat der Wirtsorganismus die T. pallidum-Infektion immunologisch so weit unter Kontrolle, dass klinische Erscheinungen nicht mehr auftreten, spricht man von Spätlatenz. In dieser Phase ist eine allergische Reaktion vom verzögerten Typ gegen den Erreger nachweisbar. Diese wird zusammen mit der humoralen Immunantwort als entscheidend für die Unterdrückung der Infektion angesehen. Damit ist die Eliminierung des Erregers aus dem Wirtsorganismus nicht verbunden. Der Mechanismus der Persistenz von T. pallidum im infizierten Patienten ist ungeklärt. Es kann vermutet werden, dass:

  • Der Erreger in immunologischen Nischen, z.B. im Gewebe des ZNS, überlebt.
  • Die nur geringe metabolische Stoffwechselaktivität persistierender Erreger eine Rolle spielt.
  • Die Zahl persistierender Erreger so gering ist (Critical antigenic mass), dass diese nicht ausreicht, das Immunsystem zu aktivieren /811/.

Nach einer weiteren Latenz, die mehr als 20 Jahre dauern kann, können die klinischen Erscheinungen der Tertiärsyphilis auftreten. Die immunologischen Mechanismen, welche zu den Erscheinungen der Tertiärsyphilis führen, sind unbekannt.

Immunantwort nach spezifischer Behandlung einer Syphilis-Erstinfektion

Die sanierende Behandlung der Syphilis-Erstinfektion im Primär- oder Sekundärstadium führt innerhalb von 3–12 Monaten zu einem signifikanten Titerabfall und oftmals auch zu einer vollständigen Negativierung der T. pallidum-spezifischen IgM-Antikörper und der nicht erregerspezifischen Lipoid-Antikörper. Grundsätzlich gilt, je länger das Zeitintervall zwischen Infektion und Therapiebeginnen, desto langsamer fallen die Lipoid- und spezifischen IgM-Antikörpertiter ab /569/. Auch die Verminderung der IgG-Antikörper (Titerabfall) hängt vom zeitlichen Intervall zwischen Infektion und erster antibiotischer Behandlung ab. Ist dieses Intervall klein, kann die Infektion narbenfrei ausheilen, d.h. alle Seroreaktionen können negativ werden. Beträgt das zeitliche Intervall mehrere Monate oder gar Jahre, haben sich viele Klone von Memory cells mit der Information zur Produktion T. pallidum-spezifischer IgG-Antikörper entwickelt.

Es kann vorkommen, dass die Antikörperkonzentration die untere Nachweisgrenze der Untersuchungsmethoden nicht mehr unterschreitet. In diesen Fällen hinterlässt die Ausheilung eine IgG-Serumnarbe, die lebenslänglich nachweisbar bleiben kann.

Immunantwort nach Zweit- oder Mehrfachinfektion

Bei Zweit- oder Mehrfachinfektion mit pathogenen Treponemen liegen bei der Antikörpersynthese andere pathophysiologische Mechanismen vor. Der Zweit- oder Mehrfachkontakt mit dem Antigenkomplex hat einen Booster-Effekt auf die präformierten IgG-Antikörper. Unmittelbar nach der Infektion steigen diese im Titer steil an. Die IgG-Synthese führt gleichzeitig zur in vivo-Hemmung bzw. Blockierung der Neubildung von IgM-Antikörpern derselben Erregerspezifität. So werden diese bei Patienten mit Zweit- oder Mehrfachinfektion gar nicht oder erst mit einer Verzögerung von 2–4 Wochen serologisch diagnostiziert.

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42.15 Salmonellose

Manfred Kist

Bakterien der Gattung Salmonella (S) werden der Familie der Enterobacteriaceae zugeordnet. Sie sind fakultativ anaerobe, nicht sporenbildende gramnegative Stäbchen und mit Ausnahme von S. Gallinarum-pullorum beweglich. Die Gattung besteht aus den Spezies S. enterica, S. bongori und S. subterranea, wobei die letzten beiden keine Bedeutung für den Menschen haben /1/. Von S. enterica können biochemisch 6 Subspezies differenziert werden, wobei der Subspezies enterica wiederum die größte Bedeutung als Krankheitserreger des Menschen zukommt. Salmonellen können auf Grund unterschiedlicher Kombinationen ihrer hitzestabilen O (Körper)-Antigene (Polysaccharide der äußeren Membran) und hitzelabilen H (Geißel)-Antigene (Polypeptide der Flagellen) nach dem Kauffmann-White-Schema in etwa 2.500 Serovare eingeteilt werden /2/. Dabei werden Salmonellen mit jeweils gleichen Haupt-O-Antigenen in insgesamt 46 O-Serogruppen zusammengefasst.

Von der großen Zahl der Serovarietäten spielen folgende als Krankheitserreger des Menschen in der Diagnostik enteraler Infektionen eine Rolle:

  • Die Enteritis-Salmonellen. Weltweit, insbesondere in tropischen Ländern, wird zwar ein großes Spektrum an Serovarietäten gefunden, in Mitteleuropa sind jedoch S. Enteritidis, gefolgt von S. Typhimurium, die am häufigsten isolierten Serovare. Die Enteritis-Salmonellen führen zu einer Entzündung der Darmschleimhaut, initiieren in der Regel aber keine zyklische Infektionskrankheit. In 1–2 % der Fälle kann eine Septikämie mit typhusartigem Krankheitsbild auftreten /3/.
  • Die Erreger zyklischer Infektionskrankheiten. Sie sind in besonderer Weise an bestimmte Spezies angepasst und verursachen bei diesen Allgemeininfektionen. S. Typhi, S. Paratyphi A, B, C sind z.B. an den Menschen adaptiert, S. Cholerae-suis an das Schwein, S. Dublin an das Rind und S. Gallinarum-pullorum verursacht septische Infektionen beim Huhn.

Obwohl nur eine relativ kleine Anzahl von Serotypen regelmäßig als Krankheitserreger des Menschen nachgewiesen werden, sind alle Salmonellen als potentiell pathogen für Menschen und verschiedene Tierarten anzusehen.

42.15.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Inzidenz

Gemeldet wurden 2010 für Deutschland insgesamt 25.307 Salmonellosen, aber nur 57 Fälle von Paratyphus und 71 Typhus-Fälle. Die Inzidenz betrug somit für die Salmonellenenteritis 30,9, für Typhus und Paratyphus lag sie unter 0,1 für 100.000 Einwohner /4/. Bei den Salmonellosen wird die Dunkelziffer auf das 10–25-fache geschätzt. Nach § 7 IfSG (Infektionsschutzgesetz) unterliegen Salmonellenisolierungen der Labormeldepflicht für übertragbare Erreger.

Epidemiologie

Enteritis-Salmonellosen sind Anthropozoonosen, d.h. Nutztierbestände, insbesondere Geflügel, sind das wichtigste Reservoir, Lebensmittel tierischen Ursprungs die wichtigsten Infektionsvehikel der Enteritis-Salmonellen /56/. Viele Nutz- und Schlachttiere scheiden symptomlos Salmonellen aus. So hat in den letzten Jahren insbesondere die Durchseuchung von Geflügelbeständen mit S. Enteritidis deutlich zugenommen.

In Europa wurden Hühnereier somit zum wichtigsten Infektionsvehikel der menschlichen Salmonellose /7/. Weitere Infektionsquellen sind Geflügelfleisch, Feinkostsalate, Hackfleisch und Konditoreiwaren, die nicht durcherhitzte Eier enthalten.

S. Typhi und S. Paratyphi-A, -B, -C sind auschließlich menschenpathogen und werden von Mensch zu Mensch über folgende Infektionswege übertragen:

  • Direkt fäkal-oral durch Kontakt mit Kranken oder Ausscheidern.
  • Weitaus häufiger indirekt über fäkal kontaminiertes Trinkwasser oder Lebensmittel, die vor dem Verzehr nicht mehr erhitzt wurden.

Die saisonale Verteilung der Salmonelleninfektionen zeigt einen Inzidenzgipfel im Spätsommer.

Bevorzugt betroffener Personenkreis

Salmonellosen kommen in allen Altersgruppen vor. Kleinkinder von 1–4 Jahren sind besonders oft betroffen, in Deutschland wurden Salmonellen in dieser Altersgruppe z.B. 1990 etwa 8-mal häufiger als in der Durchschnittsbevölkerung nachgewiesen /8/.

Inkubationszeit

Typhus abdominalis und Paratyphus 1–4 Wochen; Enteritis-Salmonellose wenige Stunden bis 3 Tage.

Klinische Symptomatik

S. Typhi und S. Paratyphi-A, -B, -C rufen charakteristischerweise eine systemische Infektionskrankheit hervor mit dem klinischen Bild eines Abdominaltyphus oder Paratyphus. Es kommt zur Bakteriämie, Bakterurie und septischen Streuung. Ab der zweiten Woche sind die Erreger im Stuhl nachweisbar, in der ersten Woche aus der Blutkultur, ab der dritten Krankheitswoche treten spezifische Serumantikörper auf /9/.

Enteritissalmonellen verursachen in der Regel eine fieberhafte Gastroenteritis, wobei die Entzündungsreaktion auf die Darmschleimhaut lokalisiert bleibt. Das Kardinalsymptom ist die Diarrhoe. Bei diesem Krankheitsverlauf kommt es gewöhnlich nicht zur Bakteriämie, eine Bildung von Serumantikörpern ist nicht regelmäßig nachweisbar. Die ausschließlich serologische Diagnostik einer Enteritissalmonellose ist deshalb nicht möglich.

In 1–3 % der Salmonellosen tritt eine Bakteriämie auf /3/, dann sind extraintestinale Absiedelungen in Organe, z.B. Niere, Lunge, Meningen oder Knochengewebe, möglich. Hiervon sind insbesondere Patienten mit unreifer oder eingeschränkter Immunabwehr, vor allem Säuglinge, alte Menschen aber auch AIDS-Patienten oder Personen mit Sichelzell-Anämie, häufiger betroffen /9/.

Nach etwa 2 % der Gastroenteritis-Salmonellosen wird eine reaktive Arthritis beobachtet. Diese zeigt eine starke Assoziation mit dem HLA-B27-Antigen /1011/.

42.15.2 Serologische Untersuchungen

Salmonellen sind durch ihre Antigenstruktur definiert, ihr Antigenbestand wird in einer Antigenformel ausgedrückt. Die gesamten Salmonellen-Serovare sind in einer serologischen Bestimmungstabelle, dem Kauffmann-White-Schema, geordnet /12/, das jährlich durch die Supplements to the Kauffmann-White scheme ergänzt wird. Es sind über 60 verschiedene O-Antigene und über 90 verschiedene H-Antigene bekannt. Die O-Antigene werden mit arabischen Ziffern bezeichnet, die H-Antigene teils mit kleinen lateinischen Buchstaben, teils mit arabischen Ziffern. Die Antigenformel einer Salmonelle lautet deshalb z.B. für S. Typhi:

O 9,12: H d:–, wobei in der Formel meist auf die Großbuchstaben O und H verzichtet wird.

Die H-Antigene können in nur einer Ausprägung auftreten (monophasische Salmonellen) oder einen gesetzmäßig auftretenden Phasenwechsel zwischen einer 1. und 2. Ausprägung (Phase) zeigen (diphasische Salmonellen). Die H-Antigene der 1. Phase sind mit kleinen lateinischen Buchstaben, H-Antigene der Phase 2 entweder mit arabischen Ziffern oder kleinen lateinischen Buchstaben bezeichnet. So lautet die Antigenformel für eine monophasische Salmonelle z.B.

S. Agona 1,4,12: f,g,s:–, für eine diphasische Salmonelle wie S. Typhimurium 1,4,5,12: i: 1,2.

Manche Salmonellen wie S. Typhi (Antigen-Formel: 1,9,12: Vi: d:–) tragen zusätzlich ein Hüllenpolysaccharid-Antigen, das auf Grund einer vermuteten Beziehung zur Virulenz als Vi-Antigen bezeichnet wird, das antigenetisch weitgehend mit dem Vi-Antigen von Citrobacter freundii identisch ist /1314/. Die meisten Salmonellen besitzen außerdem Oberflächenstrukturen, sog. Typ 1-Fimbrien /15/, weiterhin können fädig strukturierte Typ 3-Fimbrien vorkommen, die mit Typ 3-Fimbrien anderer Enterobakterien, z.B. Yersinien, kreuz­reagieren /16/. Sowohl das Vi-Antigen als auch die Typ 3-Fimbrien können bei starker Ausprägung die Agglutination von Salmonellen mit spezifischen anti-O-Seren (Gruber-Reaktion) inhibieren oder verfälschen. Sie können durch Kochen der Bakteriensuspension beseitigt werden /17/.

Im Kauffmann-White-Schema sind Salmonellen mit dem gleichen O-Hauptantigen in Serogruppen zusammengefasst, die nach dem Hauptantigen mit arabischen Ziffern gekennzeichnet sind. Teilweise ist auch noch eine Bezeichnung mit lateinischen Großbuchstaben gebräuchlich.

Diagnostische Serotypisierung

Zur Serotypisierung von Salmonellen-Isolaten nach den Kriterien des Kauffmann-White-Schemas werden die O- (Körper), die H- (Geissel) und, falls vorhanden, die Vi- (Kapsel)-Antigene in der Regel durch Objektträger-Agglutination bestimmt /18/. Dazu werden entsprechende kommerziell erhältliche Antiseren, die entweder spezifische polyklonale oder monoklonale Antikörper enthalten, auf einen Glasobjekträger, möglichst mit Mattrand, aufgetropft. Auf Salmonellen verdächtiges Koloniematerial wird mit einer Öse von einem nicht oder nur schwach selektiven Kulturmedium abgenommen, direkt neben den Tropfen aufgebracht, mit einer kleinen Menge Antiserum aus dem Tropfen mit Hilfe der Öse homogenisiert und anschließend gleichmäßig in das restliche Antiserum eingerührt. Dann wird die milchige Suspension durch mehrfaches Kippen des Objekträgers weiter vermischt und innerhalb von ca. 30 sec gegen eine geeignete Lichtquelle auf makroskopisch sichtbare Agglutination geprüft, die als feine Körnung auftritt. Im negativen Fall behält die Suspension ihre gleichmäßige milchige Trübung.

Bestimmung der O-Antigene

Zur Identifizierung der O-Antigene wird zuerst mit einem omnivalenten Antiserum oder mit sog. polyvalenten Antiseren agglutiniert, die jeweils mit einem oder mehreren O-Antigenen einer Anzahl von Serogruppen reagieren. Je nach Reaktionsausfall wird die Agglutination mit monovalenten O-reaktiven Antiseren fortgeführt, bis die jeweilige Serogruppe, entsprechend den Formeln des Kauffmann-White-Schemas, eindeutig bestimmt ist.

Bestimmung des Vi-Antigens

Das Vi-Antigen, ein hitzelabiles Kapselpolysaccharid ist typisch für S. Typhi, kann aber auch S. Dublin, S. Paratyphi C und in (cave!) Citrobacter freundii-Stämmen vorkommen. Bei Verdacht auf Typhus werden die verdächtige Kolonien sowohl mit anti-O9-Antiserum als auch mit einem Vi-spezifischen Antiserum agglutiniert. Hierbei ist zu beachten, dass das Vi-Antigen, die Agglutinierbarkeit der O-Antigene sterisch behindern kann. In diesem Fall muss eine dichte Suspension verdächtiger Kolonien 15 min im Dampftopf gekocht werden, um das Vi-Antigen zu eliminieren. Mit der wieder abgekühlten Suspension wird dann erneut die O-Agglutination durchgeführt.

Die Vi-Agglutination gelingt am besten bei frischen Isolaten und kann nach wiederholter Subkultur verloren gehen.

Bestimmung der H-Antigene

Da die H-Antigene durch Geisseln repräsentiert werden, sind sie am besten bei gut beweglichen Salmonellenisolaten, vornehmlich von schwärmenden Kolonien, durch Objekträgeragglutination zu bestimmen. Die Beweglichkeit wird durch Wachstum auf halbfesten Kulturmedien mit niedrigem Agar-Gehalt, wie z.B. Schwärmagar nach Gard /19/, gefördert.

Zum Nachweis der H-Antigene beginnt man zweckmäßigerweise mit Antiseren, die mit den Phasen 2 der H-Antigene agglutinieren, da hierbei weniger Varianten als bei der Phase 1 vorkommen. Ausgehend von der ermittelten O-Gruppe werden zuerst die am häufigsten vorkommenden H-Antigene der 2. Phase gesucht und dann die dazu nach dem Kauffmann-White-Schema passenden H-Antigene der Phase 1 durch Agglutination ermittelt. Durch Zusatz entsprechender Antiseren zum verflüssigten und wieder auf 50 °C abgekühlten Schwärmagar kann jeweils eine der Phasen unterdrückt und somit der Nachweis der komplementären Phase ermöglicht werden.

42.15.2.1 Untersuchung von Patientenseren

In der Regel werden bei der Immunreaktion gegen eine Salmonelleninfektion zwei verschiedene Antikörper-Spezifitäten ausgebildet, zum einen O-Agglutinine, die gegen die thermostabilen Körperantigene der äußeren Membran (O-Antigene) gerichtet sind, und zum anderen H-Agglutinine gegen thermolabile Geisselantigene (H-Antigene).

Der Nachweis spezifischer Antikörper gegen O-, H- und Vi-Antigene bei Krankheitsverdacht erfolgt mit der Widal-Reaktion. Die Erkennung gesunder Auscheider von Salmonellen mit Vi-Antigenen, wie S. Typhi oder S. Paratyphi C, kann durch den Vi-Antikörpernachweis im Hämagglutinations-Test erfolgen /20/.

Invasive Salmonellosen, verursacht durch S. enterica Serotyp Typhi oder Paratyphi A, B, C oder nicht-typhöse Serotypen sind problematische Erkrankungen. Für den schnellen Nachweis von Salmonellen stehen keine schnell durchführbaren Tests zur Verfügung /21/. Die kommerziell verfügbaren serologischen Tests zum Nachweis typhöser Salmonellen haben eine begrenzte Sensitivität und Spezifität. Die Blutkultur ist bisher der Goldstandard, ist aber insensitiv, dauert lange und ist arbeitsaufwändig.

Röhrchenagglutinations-Test (Widal)

O-, H- und Vi-Agglutinine werden in getrennten Ansätzen untersucht. Zur Bestimmung der H- bzw. O-Agglutinine wird jeweils eine geometrische Verdünnungsreihe des Patientenserums, beginnend ab 1 : 25, mit jeweils konstanten Mengen einer formalinisierten (H-Antigen) bzw einer abgekochten (O-Antigen) Salmonellensuspension versetzt. Zum Nachweis von H-Agglutininen wird für 2 h bei 50 °C im Wasserbad und für weitere 3 h bei Raumtemperatur inkubiert. Zum Nachweis von O- und Vi-Agglutininen wird für 2 h bei 37 °C, dann über Nacht bei Raumtemperatur inkubiert /22/. Positive und negative Serumkontrollen werden entsprechend behandelt. Die Ablesung der körnigen O- bzw. der flockigen H-Agglutinate erfolgt mit einem Agglutinoskop.

Widal-Test im Mikrotiterverfahren

Wird aus Gründen des geringeren Serum- und Antigenbedarfs sowie wegen der Möglichkeit der Teilautomatisierung der Röhrchenagglutination in der Regel vorgezogen. Die Serumverdünnungen und die Antigenpräparationen entsprechen dem Röhrchen-Agglutinationstest, allerdings werden nur jeweils 50 μl Serum beziehungsweise Antigensuspension pro Vertiefung eingesetzt. Beide Ansätze werden bei 36 °C für 18 h inkubiert. Die Ablesung erfolgt mit einem Mikrotiter-Ablesespiegel /23/.

Die in beiden Testverfahren eingesetzten Antigensuspensionen sollten sich nach der Prävalenz der typhösen Salmonellen-Serovare in der jeweiligen Region richten. In Europa werden bei typhösen Salmonellenerkrankungen vorwiegend S. Typhi und S. Paratyphi B gefunden, in Afrika und Asien zusätzlich S. Paratyphi A und im mittleren Osten und Asien ist außerdem mit S. Paratyphi C zu rechnen /22/. Zur Serodiagnostik z.B. der europäischen typhösen Salmonellosen sollten für den Test folgende Antigen-Suspensionen verwendet werden: S. Typhi O, S. Typhi H, S. Paratyphi B–O und S. Paratyphi B–H (Phase 1).

Weiterhin kann eine Suspension mit der unspezifischen 2. Phase (1, 2) von S. Paratyphi B mitgeführt werden, um Antikörper gegen die Phase 2 von S. Paratyphi B und eventuell anderer Salmonellen, z.B. S. Typhimurium, zu erfassen. In anderen Regionen der Erde sollte das Antigenrepertoire an das jeweilig vorkommende Salmonellen-Spektrum adaptiert werden /22/.

  • Grenztiter: O-Agglutination 1 : 100, H-Agglutination 1 : 100, Vi-Agglutination 1 : 10.
  • Positiv: O-Agglutination ≥ 1 : 200, H-Agglutination ≥ 1 : 200, Vi-Agglutination > 1 : 10.
  • Negativ: O-Agglutination ≤ 1 : 50, H-Agglutination ≤ 1 : 50, Vi-Agglutination < 1 : 10.

Hämagglutinations-Test

Kann zum Nachweis gesunder Salmonellenträger mit Antikörpern gegen das Vi-Antigen, z.B. S. Typhi, eingesetzt werden. Verwendet werden Schaferythrozyten, die mit hochgereinigtem Vi-Antigen eines C. freundii-Stammes beladen sind /24/. Entsprechende Testkits sind kommerziell nicht verfügbar.

Grenztiter: ≥ 1 : 120.

Schnelltests

Schnelltests, die sich zur Serodiagnostik des Typhus abdominalis und zur Diagnostik einer S. Enteritidis-Infektion eignen, beruhen auf folgendem Prinzip:

  • Hemmung der Bindung zwischen einem an farbige Latexpartikel gebundenen monoklonalen anti-O9-IgM-Antikörper und S. Typhi-LPS-konjugierte magnetische Latexpartikel durch entsprechende Antikörper im Patientenserum /252627/.
  • Typhi-IgM Dipstick test mit Bindung von S. Typhi-spezifischen Serumantikörpern an farbig markierte anti-IgM-Antikörper und Bindung des farbigen Konjugats an mit S. Typhi-LPS beschichtete Eintauchstäbchen /29/.

42.15.3 Interpretation serologischer Tests

Den Salmonellen ähnliche O-Antigene besitzen auch andere Enterobacteriaceae, deshalb werden O-Agglutinine in Titern bis 1 : 50 bei 2–3 % der Bevölkerung gefunden /24/. Den Salmonella-H-Antigenen vergleichbare kreuzreagierende Antigene gibt es bei anderen Bakterien nicht. H-Agglutinintiter spiegeln deshalb einen kürzlich oder länger zurückliegenden Kontakt mit Salmonellen wider, unter der Voraussetzung, dass keine Impfung stattgefunden hat. Die Prävalenz von H-Agglutininen in der Bevölkerung in unterschiedlichen Regionen ist von deren jeweiliger Durchseuchung mit Salmonellen abhängig. So wurden für England Frequenzen von 1–2 % angegeben /22/, während in Mittelamerika entsprechende Antikörper so häufig gefunden werden, dass die Widal-Reaktion praktisch nur bei Kindern diagnostisch verwertbar war /29/.

Salmonelleninfektionen können einerseits eine breite polyklonale Stimulierung der Immunantwort induzieren, andererseits bestehen vielfältige antigene Kreuzreaktivitäten zwischen Salmonellen-Serovaren mit teilweise entsprechenden O- und H-Antigenen. Dies hat zur Folge, dass neben spezifischen Antikörpern gegen den Infektionserreger auch Antikörper gegen kreuzreagierende oder auch andere Gruppen von O- und H-Antigenen produziert werden. Dies erklärt das z.T. oft bunte Bild der serologischen Ergebnisse, das sich bei der Serodiagnostik einer Salmonelleninfektion ergeben kann.

Verdächtig auf eine Salmonelleninfektion sind in der ersten Serumprobe Agglutinin-Titer ≥ 1 : 100 der H- und/oder O-Agglutination sowie ein Anstieg oder Abfall um mindestens zwei Titerstufen in den Verlaufskontrollen. Zur Diagnostik der akuten Salmonelleninfektion ist der O-Agglutinintiter aussagekräftiger als der H-Agglutinintiter, da es sich bei letzterem auch um eine anamnestische Reaktion handeln kann.

In der Regel werden in Laboratorien, die eine Serodiagnostik der Salmonellosen durchführen, Antigensuspensionen der typhösen Salmonellen eingesetzt. Der serologische Nachweis von fieberhaften Enteritis-Salmonellosen ist dann in zweierlei Hinsicht problematisch:

  • Einmal wegen der ohnehin nur unregelmäßigen Antikörperreaktion bei Enteritis-Salmonellosen.
  • Zum zweiten wegen der Einschränkung des diagnostischen Spektrums auf Enteritis-Salmonellen, die eine Antigengemeinschaft mit S. Typhi oder S. Paratyphi B oder mit der unspezifischen 2. H-Phase 1, 2 aufweisen. Diese Voraussetzungen würden z.B. auf S. Enteritidis (9, 12: gm:–) und S. Typhimurium (1, 4, 5, 12: i: 1,2) zutreffen.

O-Agglutinine

O-Agglutinine zur Diagnostik der akuten Salmonelleninfektion geeignet. Sie steigen ab der 2. Krankheitswoche an, können aber auch erst deutlich später erhöht sein /30/. Sie erreichen mit etwa 1 : 400 maximale Titer und fallen nach klinischer Ausheilung innerhalb von Wochen wieder ab. Nicht alle Infektionen mit S. Typhi gehen mit einer signifikanten Erhöhung der O-Agglutinine einher, bei S. Paratyphi erfolgt der Anstieg weniger zuverlässig als bei Infektionen mit S. Typhi /22/.

H-Agglutinine

H-Agglutinine können ein Hinweis auf eine akute, kürzlich abgelaufene oder bereits länger zurückliegende Infektion sein. H-Agglutinine sind in der Regel auch noch Jahre nach einer Impfung nachweisbar. Die H-Agglutination reagiert empfindlicher und spezifischer als die O-Agglutination, da andere Bakterien keine mit den Salmonellen identischen H-Antigene besitzen. Die H-Agglutinine steigen bei einer akuten Infektion ab dem 10. Krankheitstag an und erreichen nach 3 Wochen maximale Titer bis 1 : 1.600 oder höher. Nach klinischer Gesundung fallen die Titer langsam ab, können aber bis mehrere Jahre erhöht bleiben. Das Fehlen eines Anstiegs von H-Agglutininen bei typhösen Salmonellosen ist beschrieben /30/. Isoliert erhöhte H-Agglutinintiter, insbesondere im Ansatz mit H-Phase 2-Antigensuspensionen, können bis zu Titern von 1 : 100 auch bei nicht akut Infizierten nachgewiesen werden. Sie beruhen dann häufig auf einer zurückliegenden Salmonellenenteritis, z.B. durch S. Paratyphi B oder Enteritissalmonellen wie z.B. S. Typhimurium. Werden für die Widal-Reaktion Antigensuspensionen von S. Typhi und S. Enteritidis verwendet, so werden, z.B. bei einer bestehenden S. Typhi-Infektion, beide Antigensuspensionen agglutiniert, da sie gemeinsame O-Antigene besitzen. Für eine S. Typhi-Infektion spricht dann der höhere H-Agglutinintiter mit S. Typhi-Antigen.

Vi-Agglutinine

Vi-Agglutinine treten unregelmäßig auf und erreichen im Widal-Test Titer von 1 : 80 bis 1 : 160. Gelegentlich werden sie bei fehlenden H- und O-Agglutininen gebildet /19/.

Anamnestische Reaktion

Unter antigener Stimulierung bei nicht mit Salmonellen assoziierten Durchfallkrankheiten kann es, wenn in der Vergangenheit eine Salmonellose durchgemacht wurde, zu einem unspezifischen Titeranstieg von Salmonellen-Antikörpern kommen.

Antibiotika-Behandlung

Eine frühzeitige Antibiotikabehandlung verhindert in der Regel die Ausbildung von H-, O- und Vi-Agglutininen. Bei bereits gebildeten Agglutininen kann eine antibiotische Behandlung den weiteren Agglutininanstieg verhindern /22/.

Impfung

Impfungen gegen Typhus und Paratyphus führen zu einem signifikanten Anstieg der H-Agglutinine auf Titer über 1 : 100, die über Jahre persistieren. Werden auch O-Agglutinine gebildet, fallen diese bereits nach Wochen bis wenigen Monaten wieder auf Normalwerte ab. Bei Geimpften kann deshalb nur eine signifikante Erhöhung der O- und H-Agglutinine, nicht aber der H-Agglutinine, als beweisend für eine akute Infektion angesehen werden.

Kreuzreaktivität

Einerseits besitzen viele Salmonella-Serovare gemeinsame O- bzw. H-Antigene, so z.B. ein gemeinsames O9 bei S. Typhi und S. Enteritidis oder O12 bei S. Typhi und S. Paratyphi B. Andererseits haben viele Personen Salmonellen-Infektionen latent oder manifest durchgemacht oder sind geimpft. Allein mit der Serodiagnostik kann es deshalb schwierig oder unmöglich sein, eine Abgrenzung des Erregers sowohl innerhalb der typhösen Salmonellen als auch zwischen typhösen und Enteritis-Salmonellen zu erreichen. Die Widal-Reaktion kann deshalb als zusätzliches diagnostisches Kriterium helfen, eine Salmonellen-Infektion zu sichern, keinesfalls aber den direkten Erregernachweis bei der akuten Erkrankung ersetzen.

Vi-Antikörper und Salmonellen-Träger /2431/

Träger von S. Typhi und S. Paratyphi C werden durch den Nachweis von Vi-Antikörpern, mit Titern von 1 : 160 oder höher im Hämagglutinations-Test, mit guter diagnostischer Sensitivität und Spezifität erfasst.

Schnelltests

Schnelltests scheinen sich besonders zur Erkennung akuter S. Typhi-Infektionen in Endemiegebieten zu eignen /2728/.

Bei der niedrigen Typhusinzidenz in Mitteleuropa ist ein routinemäßiger Einsatz dieser Verfahren vorerst nicht in Sicht.

42.15.4 Molekularbiologische Untersuchungen

Traditionelle Methoden zum Nachweis von Salmonellen in Proben aus der Umwelt benötigen 2 Tage und haben eine begrenzte Sensitivität und Spezifität. Eine real-time PCR Salmonella Screeningmethode detektiert 55 % mehr positive Proben und benötigt nur die Hälfte der Zeit zur Diagnostik als die traditionellen Methoden /32/.

Der xTAG assays zur Bestimmung von Salmonella-Seotypen besteht aus zwei Schritten:

  • Der Multiplex PCR zur simultanen Vermehrung der Gene von O-, H- und Vi-Antigenen.
  • Dem Tagplex microsphere Hybridisierungs assay zur Identifikation der spezifischen PCR Produkte der verschiedenen Gene.

Im Vergleich zur Serotypisierung der traditionellen Agglutinatonstests betrugen die diagnostische Sensitivität und Spezifität jeweils 95,1 % und 100 % /33/.

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42.16 Shigellose

Manfred Kist

Shigellen gehören zur Familie der Enterobacteriaceae. Sie sind gramnegative, unbewegliche und unbekapselte Stäbchen, besitzen also weder Geißel- noch Kapselantigene. Die Gattung Shigella (S) besteht aus den 4 Subgruppen A–D, die auf Grund gruppenspezifischer Polysaccharide und biochemischer Charakteristika voneinander abgegrenzt werden /12/:

  • Die Subgruppe A besteht aus 13 Serotypen der Spezies S. dysenteriae.
  • Die Subgruppe B hat 6 Serotypen und 14 Subtypen von S. flexneri.
  • Die Subgruppe C besteht aus 18 Serotypen von S. boydii.
  • Die Subgruppe D enthält die Spezies S. sonnei, die nur in einer Serovarietät vorkommt.

Shigellen verursachen intestinale Infektionen, vor allem des Kolons, extraintestinale Manifestationen des Erregers sind selten.

42.16.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Inzidenz

Im Jahre 2010 wurden in Deutschland 731 Shigellosen gemeldet, die Inzidenz betrug 0,9 auf 100.000 Einwohner /3/. Nach § 7 IfSG (Infektionsschutzgesetz) unterliegen Shigellenisolierungen der Labormeldepflicht für übertragbare Erreger.

Epidemiologie

Die Shigellenruhr ist in industrialisieren Ländern selten. Die weitaus meisten Fälle werden durch Reiserückkehrer oder Einwanderer importiert. Sie tritt aber endemisch und epidemisch in Entwicklungsländern mit warmem Klima auf und stellt dort ein bedeutendes Gesundheitsrisiko, insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder dar. So wurden in ländlichen Gebieten von Bangladesh in der Hälfte aller Fälle mit blutiger Diarrhö, die dort für 60 % Diarrhö-assoziierter Todesfälle verantwortlich ist, Shigellen als Ursache nachgewiesen /4/. Bei thailändischen Kindern betrug der Anteil der Shigellosen bei Dysenteriefällen 46 % /5/. Die Mortalitätsrate bei hospitalisierten Kindern in Dhaka erreichte noch kürzlich 10 % bei Infektionen mit S. dysenteriae 1 /6/.

Die weltweite Verteilung der Shigella-Subgruppen zeigte deutliche Schwankungen über längere Zeiträume: Während vor dem 1. Weltkrieg S. dysenteriae Typ 1 überwog, kam es zwischen den Weltkriegen zu einer deutlichen Zunahme von S. flexneri. Seit dem 2. Weltkrieg wird S. sonnei weltweit zunehmend häufiger nachgewiesen /5/. Hinsichtlich der geographischen Verteilung in Europa ist S. sonnei heute der dominierende Erreger der Shigellenruhr in Europa und auch in Nordamerika. S. flexneri ist häufig im Südwesten der USA, wird aber auch z.B. in Bangladesh und Afrika überdurchschnittlich häufig nachgewiesen /7/, während S. dysenteriae Typ 1 heute in Zentralafrika, Zentralamerika, Burma, Vietnam, Thailand, Bangladesh, Pakistan und Sri Lanka eine wichtige Rolle spielt /68/.

Die Erregerreservoirs der Shigellen sind der Mensch, insbesondere Erkrankte, die Shigellen in großen Mengen mit dem Stuhl ausscheiden, sowie höhere Primatenarten. Die Shigellose wird häufig direkt von Mensch zu Mensch, aber auch über kontaminierte Lebensmittel und Trinkwasser übertragen /9/. Die klassischen Infektionsvehikel der Shigellose sind Finger, Fäzes, Fliegen und kontaminierte Gegenstände /68/. In den USA hat besonders die direkte Mensch-zu-Mensch-Ansteckung in Gemeinschaftseinrichtungen mit Vorschulkindern eine Bedeutung für die Epidemiologie der Shigellosen /10/.

Die Morbiditätsgipfel liegen weltweit regional unterschiedlich, so z.B. in Bangladesh während der Trockenzeit, in Guatemala dagegen in der Regenzeit /11/. In Mitteleuropa werden Shigellen gehäuft im Sommer, in manchen Regionen auch im Winter und während der Saison der Auslandstouristik in Endemiegebiete, beobachtet.

Bevorzugt betroffene Personen

In Endemiegebieten bevorzugt Kleinkinder und Kinder unter 15 Jahren /68/, in Industrieländern mit niedriger Shigellenprävalenz bevorzugt Reiserückkehrer aus Endemiegebieten.

Inkubationszeit

1–5 Tage, im Mittel 48 h.

Klinische Symptomatik

Nach anfänglichen Allgemeinsymptomen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen setzen Unterbauchkrämpfe mit anfallsweisen Tenesmen und Durchfällen ein. Bei klassischen Verläufen beginnt der Durchfall mit dünnflüssig-breiigen Entleerungen, die später in teelöffelgroße Stuhlportionen aus Schleim mit Beimengungen aus Blut und Eiter übergehen. Die Entzündung ist in der Regel auf den Dickdarm beschränkt. Symptomarme bis asymptomatische Verläufe sind bei Erwachsenen in Endemiegebieten nicht selten /8/. Systemische Komplikationen sind besonders häufig im Kleinkindesalter und bei Infektionen mit S. dysenteriae 1. Sie betreffen das toxische Megakolon, die leukämoide Reaktion und insbesondere das hämolytisch-urämische Syndrom mit hoher Letalität und häufig permanenten Nierenschäden /1213/. Eine reaktive Arthritis oder ein Reiter-Syndrom tritt anscheinend besonders gehäuft nach Infektionen mit S. flexneri und bei Patienten mit dem HLA-B27-Antigen auf /814/.

42.16.2 Serologische Untersuchungen

Shigellen besitzen nur O (Körper)-Antigene (Polysaccharide der äußeren Membran), im Gegensatz zu anderen Enterobakterien aber keine H (Geißel)- oder K (Kapsel)-Antigene. Shigellen teilen eine Vielzahl serologisch kreuzreagierender O-Antigene mit E. coli, insbesondere mit enteroinvasiven E. coli-Serovaren /15/. S. sonnei macht dabei eine Ausnahme, zeigt aber eine vollständige Kreuzreaktivität mit dem O-Antigen von Plesiomonas shigelloides /16/. S. flexneri kann häufig Fimbrien tragen, die zwar nicht mit den Fimbrien anderer Enterobakterien kreuzreagieren, jedoch die Serotypisierung stören können, wenn Fimbrien-Antikörper in diagnostischen Seren enthalten sind /17/.

Die Diagnostik der akuten Shigellose erfolgt über den Erregernachweis aus Stuhlkulturen.

Die Serodiagnostik der Shigellose ist für die Abklärung einer akuten Erkrankung praktisch bedeutungslos, sie kann allerdings bei der retrospektiven Aufklärung von Ausbrüchen oder für epidemiologische Durchseuchungsstudien hilfreich sein /8/. Dazu werden der indirekte Hämagglutinations-Test und der ELISA eingesetzt.

Widal-Röhrchenagglutination: Der Test hat eine unzureichende diagnostische Sensitivität und Spezifität, wenn inaktivierte Shigellen-Suspensionen eingesetzt werden. Für den Nachweis von S. flexneri-Agglutininen konnten durch die Verwendung lebender Stämme als Antigen bessere Testcharakteristika erzielt werden /18/.

Hämagglutinations-Test: Es werden Erythrozyten, die mit Antigenpräparationen der einzelnen Shigellenspezies beladen sind, in den Test eingesetzt /1920/.

Enzymimmunoassay: Zum Nachweis von IgG-, IgA- und IgM-Antikörpern werden verschiedene Antigenpräparationen von Shigellen-Lipopolysacchariden /2122, 2324/, neuerdings auch von Virulenz-assoziierten, Plasmid-kodierten Proteinen verwendet /2526/. Für die Bestimmung von Serumantikörpern gegen S. sonnei wird auch ein Lipopolysaccharid aus Plesiomonas shigelloides eingesetzt /27/.

42.16.2.1 Interpretation serologischer Ergebnisse

Widal-Reaktion

Die Widal-Reaktion ist zur Diagnostik einer akuten Shigellen-Ruhr ungeeignet. Humorale Antikörper treten gewöhnlich nicht vor der 2. Woche nach Krankheitsbeginn auf, also dann, wenn die klinischen Beschwerden in der Regel bereits abgeklungen sind /28/. Die diagnostische Sensitivität und Spezifität sind gering, da z.B. in Endemiegebieten bei Personen erhöhte Agglutinintiter ohne Erkrankung gefunden werden. Auch kann bei akuter Shigellenruhr die Bildung von Agglutininen oft ausbleiben /293031/. Hinzu kommen häufige Kreuzreaktionen mit O-Antigenen, insbesondere von E. coli-Stämmen /15/.

Der Einsatz der Widal-Reaktion ist, wenn überhaupt, nur zur retrospektiven Untersuchung von Shigellenruhr-Ausbrüchen geeignet und auch nur, wenn lebende Stämme (cave Laborinfektionen) als Antigen eingesetzt werden /18/. In einer Studie des Ausbruchs mit S. flexneri 6 zeigten 4–12 Wochen nach Krankheitsbeginn 100 % der Erkrankten einen Agglutinintiter von > 1 : 4, während bei 60 Kontrollen in keinem Fall ein Agglutinintiter > 1 : 2 nachweisbar war. Der Agglutininanstieg setzte mit dem 7.–10. Krankheitstag ein /18/.

Hämagglutinations-Test

Titer von ≥ 1 : 40 werden als Hinweis auf eine aktive, kürzlich oder vor längerer Zeit abgelaufene Shigelleninfektion angesehen /32/, Werte ≥ 1 : 160 sind beweisend /20/. In einer Studie /20/ konnte nur bei Infektionen mit S. dysenteriae 1 eine zuverlässige Aussage aus der Untersuchung von Einzelseren getroffen werden, bei Infektionen mit S. sonnei oder S. flexneri 6 ergaben sich nur signifikant höhere Durchschnittstiter in der erkrankten Gruppe im Vergleich mit nicht Erkrankten. Gewöhnlich steigen die Titer ab der 2. Woche nach Krankheitsbeginn an und erreichen nach 4–6 Wochen ein Maximum. Erhöhte Titer können noch nach einem Jahr nachgewiesen werden.

Enzymimmunoassay

Mit ELISA-Verfahren auf der Basis von Lipopolysaccharidantigen (LPS) oder von Invasionsplasmid-kodierten Antigenen (Ipa) können IgA-, IgG- und IgM-Antikörper gegen verschiedene Shigella-Spezies bestimmt werden /2122, 24/.

In einer Studie an schwedischen Patienten waren bei 80 % der Patienten mit S. flexneri-Infektionen und bei 79 % mit S. sonnei-Infektionen signifikante Antikörpertiter gegen Shigella-LPS nachweisbar, die nach 4–6 Monaten wieder auf Normalwerte gefallen waren. Parallel dazu gemessene Anti-Ipa-IgG-Titer waren nur in 60 bzw. 43 % positiv, blieben aber über 4–6 Monate erhöht. Die diagnostische Spezifität des Anti-Ipa-ELISA betrug 90 %, die des LPS-ELISA von 84–90 %. Die Bestimmung von LPS-Antikörpern war brauchbar zum Nachweis einer akuten Infektion, während die Bestimmung von Ipa-Antikörpern zur Diagnose einer zurückliegenden Infektion geeignet scheint /25/. Der Nachweis von Ipa-Antikörpern scheint jedoch nur für die Diagnostik in Ländern mit niedriger Shigellose-Prävalenz anwendbar zu sein /26/. Ähnliches scheint für den Nachweis von LPS-Antikörpern zu gelten, die in Endemiegebieten ebenfalls gehäuft bei nicht aktuell Erkrankten gefunden werden /23/.

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42.17 Staphylococcus aureus-Infektion

Thomas A. Wichelhaus, Klaus-Peter Hunfeld, Volker Brade

Staphylococcus aureus ist der bedeutsamste humanpathogene Vertreter innerhalb des Genus Staphylococcus (S) und ein häufiger Infektionserreger im nosokomialen wie auch ambulanten Bereich.

42.17.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

S. aureus ist bei 30–50 % der Menschen als kolonisierender Keim insbesondere in der vorderen Nasenhöhle, aber auch auf der Hautoberfläche (Perinealregion, Achselhöhlen) und im geringen Umfang auch im Darm nachzuweisen /1/.

Erkrankungen durch S. aureus lassen sich in pyogene, invasive Prozesse und Toxin vermittelte Erkrankungen differenzieren. Während bei den invasiven Prozessen das Zusammenspiel der Vielzahl von Virulenzfaktoren des S. aureus, darunter auch das α-Hämolysin (Staphylolysin), den Krankheitsverlauf beeinflussen, kommt bei den Toxin vermittelten Erkrankungen nur einem bestimmten Toxin eine pathogene Bedeutung zu. Dabei kann der Herd der Toxinproduktion klinisch inapparent bleiben (menstruelles toxisches Schock-Syndrom) oder im Falle der Enterotoxin-assoziierten Gastroenteritis außerhalb des Patienten, im Lebensmittel, stattfinden /12/.

Der kulturelle Erregernachweis ist der Goldstandard in der mikrobiologischen Diagnostik /13/.

42.17.2 Serologische Untersuchungen

Der Nachweis Erreger-spezifischer Antikörper ist nur bei Verdacht auf S. aureus-Infektionen indiziert, bei denen der direkte Erregernachweis schwierig ist, z.B. Osteomyelitis, vorherige Antibiotikabehandlung.

Hämolyse-Hemmungstest (Antistaphylolysintest)

Die Hämolyse von Erythrozyten durch das porenbildende α-Hämolysin (Staphylolysin) von S. aureus wird durch Staphylolysin-Antikörper gehemmt. Je höher die Antistaphylolysin-Konzentration im Patientenserum, umso stärker ist die Hemmung der Hämolyse zu hohen Verdünnungsstufen verschoben. Der Test wird zumeist im Mikrotiterformat durchgeführt und erlaubt eine quantitative Auswertung in IU/ml.

Latex-Agglutinationstest

Latexpartikel sind mit Staphylolysin beschichtet. Zugabe von verdünntem Patientenserum führt zur Agglutination, wenn das Serum Antikörper gegen Staphylolysin (Antistaphylolysin) enthält. Die Empfindlichkeit ist eingestellt, dass eine Agglutination nur bei Konzentrationen von Antistaphylolysin über 2 IU/ml stattfindet.

Untersuchungsmaterial

Serum: 1 ml

Referenzbereich

Antistaphylolysin ≤ 2 IU/ml

42.17.2.1 Serologische Befundinterpretation

Einer Infektion mit S. aureus folgt ein Antikörperanstieg > 2 IU/ml gewöhnlich nach 2–3 Wochen; die Konzentration von Antistaphylolysin erreicht in der Regel nach 2–3 Monaten Maximalwerte und normalisiert wieder 5–6 Monate nach der Infektion. Oberflächliche Infektionen von Haut- und Schleimhäuten bewirken nur niedrige bis mäßig erhöhte, tiefe Prozesse und Sepsis höhere Antistaphylolysin-Konzentrationen.

Eine Konzentration des Antistaphylolysins unterhalb des Referenzwertes schließt eine Infektion mit S. aureus nicht aus. Hohe Konzentrationen (≥ 8 IU/ml) gelten als diagnostisch und sprechen für eine Staphylokokkeninfektion.

Eine Seroprävalenzstudie analysierte die Konzentration von Antistaphylolysin bei kulturell gesicherten S. aureus-Infektionen /4/. 79,9 % der Patienten zeigten eine Anti-Staphylolysin von ≥ 8 IU/ml. Die Ergebnisse schlüsseln sich Krankheits bezogen wie folgt auf:

  • Sepsis 93,7 %.
  • Tiefe eitrige Infektionen 70 %.
  • Pyodermie 11 % (79,8 % > 2 IU/ml).
  • Knochen- und Gelenkerkrankungen 79 % der Fälle.

Hinweise und Störungen

Beim Hämolyse-Hemmungstest kann die Hämolyse zweifelhaft ausfallen. Bei unklarem Ergebnis sollten die betreffenden Reagenzträger (Röhrchen oder Mikrotiterplatte) für 2–3 min bei 150 × g zentrifugiert werden.

Die Titer sind im Nabelschnurblut und bei Neugeborenen bis zur 5. Woche höher als bei Erwachsenen.

Literatur

1. Kloos WE, Bannerman TL. Staphylococcus and Micrococcus. In: Murray PR, Baron EJ, Pfaller MA, Tenover FC, Yolken RH (eds). Manual of clinical microbiology. Washington;American Society for Microbiology 1999: 264–82.

2. Peters G, Pulverer G. Die Familie der Micrococcaceae. In: Köhler W, Eggers HJ, Fleischer B, Marre R, Pfister H, Pulverer G (eds). Medizinische Mikrobiologie. München; Urban & Fischer 2001: 250–60.

3. Tigabu A, Getaneh A. Staphylococcus aureus, Escape bacteria challenging current health care community settings: a literature review. Clin Lab 2021; 67: 1539–49.

4. Lucic N, Nadazdin M, Mutevrlic N, Cerkez A, Beus I, Lojpur V. Antistaphylolysin-Antikörper bei Staphylokokken-Infektionen. Diagnose und Labor 1990; 40: 113–20.

42.18 Streptococcus pyogenes-Infektion

Thomas A. Wichelhaus, Klaus-Peter Hunfeld, Volker Brade

Streptococcus pyogenes (Gruppe A Streptococcus, GAS) verursacht als ausschließlich humanpathogenes Bakterium häufig eitrige Infektionen der Schleimhäute sowie der Haut- und Weichgewebe. Von besonderer Bedeutung sind die Streptokokken-assoziierten Folgeerkrankungen akutes rheumatisches Fieber und akute Glomerulonephritis /123/.

Bei eitrigen/invasiven GAS-Infektionen ist der kulturelle Erregernachweis der Goldstandard in der mikrobiologischen Diagnostik /4/. Ein weiterer Direktnachweis ist mit der GAS-Antigendetektion aus dem Rachen bei einer Sensitivität von 85 % und einer Spezifität von 96 % gegeben /11/. Eine kulturelle Bestätigung eines negativen Antigen-Schnellnachweises wird empfohlen /12/.

42.18.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

S. pyogenes ist bei 2–10 % der Bevölkerung als kolonisierender Keim im Oropharyngealbereich nachzuweisen /1314/; folglich ist nicht allein der Nachweis von GAS in der Mundhöhle pathologisch, sondern die Koinzidenz mit Krankheitserscheinungen. Erkrankungen durch S. pyogenes werden in eitrige invasive Infektionen und nicht-eitrige Folgeerkrankungen differenziert /5/.

Siehe Tab. 42.18-1 – Erkrankungen durch S. pyogenes.

Die aufgeführten Erkrankungen können bis auf Scharlach und das akute rheumatische Fieber auch durch Gruppe C- und Gruppe G-Streptokokken verursacht werden /5/.

42.18.1.1 Akutes rheumatisches Fieber (ARF)

Epidemiologie

Das ARF zeigt einen Erkrankungsgipfel im Alter von 5–15 Jahren. Bedingt durch die Penicillintherapie der oropharyngealen Infektion mit Streptokokken ist die Erkrankung in den Industrieländern selten (< 1–5 Fälle/100.000 Kinder) /219/. Demgegenüber unverändert häufig erscheint die Inzidenz (2–10 Fälle/1.000 Kinder) in den Entwicklungsländern /219/. Nur oropharyngeale Streptokokken verursachen das ARF. Im Jahresverlauf zeigt sich die höchste Inzidenz in den Herbst- und Winter-Monaten /235/.

Inkubationszeit

Die Latenzzeit zwischen oropharyngealem GAS-Infekt und ARF kann 1–5 Wochen betragen (Durchschnitt 20 Tage). Die Chorea minor hingegen ist eine späte Manifestation des ARF und tritt erst Monate nach dem GAS-Infekt auf /15/.

Klinische Symptomatik

Das ARF äußert sich als GAS-allergische, entzündliche Systemerkrankung, die sich an Herz (Endo-, Myo-, Perikarditis) zu 50–60 %, Gelenken (wandernde Polyarthritis) zu 75 %, ZNS (Chorea minor) zu 10–15 %, Haut und Subkutangewebe (Erythema anulare rheumaticum, Erythema nodosum) zu unter 2 % manifestieren kann /215/.

Die Diagnose ARF ist wahrscheinlich, wenn:

  • Ein vorangegangener GAS-Infekt durch eine positive Rachenkultur bzw. Antigennachweis und/oder durch den Nachweis von GAS-Antikörpern belegt ist.
  • Zwei Hauptkriterien oder ein Haupt- und zwei Nebenkriterien nach Jones erfüllt sind (Tab. 42.18-2 – Kriterien des ARF nach Jones).

42.18.1.2 Akute Glomerulonephritis (AGN)

Epidemiologie

Die AGN ist ätiologisch mit Streptokokken-Infektionen der Gruppe A (auch C und G) des Oropharynx und insbesondere der Haut assoziiert. Während in südlichen, warmen Klimabereichen die AGN vornehmlich nach GAS-Pyodermien auftritt (Erkrankungsgipfel in den Sommermonaten), ist die AGN in den gemäßigten Klimazonen ebenso häufig nach oropharyngealen Infektionen nachzuweisen. In den entwickelten Ländern ist die Inzidenz des AGN vergleichsweise dem ARF niedrig /2/.

Inkubationszeit

Die Latenzzeit zwischen Streptokokkeninfekt und AGN schwankt von 1–4 Wochen und beträgt im Durchschnitt 10 Tage.

Klinische Symptomatik

Die akute Glomerulonephritis äußert sich als Immunkomplex-Nephritis mit den Leitsymptomen Hämaturie, Hypertonie, Ödeme (Volhard Trias).

42.18.2 Serologische Untersuchungen

Die Bestimmung von spezifischen Antikörpern gegen die Streptokokken-Stoffwechselprodukte Streptolysin, DNAse B, Hyaluronidase, NADase und Streptokinase ist ein wesentliches diagnostisches Element in der Erkennung von GAS-Folgeerkrankungen, da der kulturelle Direktnachweis häufig erfolglos bleibt. Serologischen Untersuchungen kommt keine Bedeutung für den Nachweis der akuten eitrigen und invasiven Infektion zu.

Die wichtigsten Tests zur Bestimmung der Diagnostik von Antikörpern und Verlaufsbeurteilung von Streptokokken-Folgeerkrankungen dienen dem Nachweis von:

  • Anti-Streptolysin O (Abkürzung: ASO, ASL oder AST).
  • Anti-Desoxyribonuklease B (Abkürzung: ADB, Anti-DNAse B, Anti-Streptodornase B)

42.18.2.1 Anti-Streptolysin O (ASO)

Immunnephelometrie und Immunturbidimetrie zur quantitativen Bestimmung von ASO

Mit Streptolysin O beladene Polystyrol-Partikel werden bei Mischung mit Anti-Streptolysin O enthaltenen Proben agglutiniert. Die Intensität des Streulichts im Nephelometer bzw. die Trübungsänderung im Rahmen der Turbidimetrie ist vom Anti-Streptolysin O-Gehalt abhängig, so dass durch Vergleich mit Verdünnungen eines Standards bekannter Konzentration der ASO-Gehalt der Probe ermittelt werden kann. Die Messergebnisse werden in internationalen Einheiten (IU/ml), bezogen auf einen WHO-Standard, angegeben. Da Gruppe C- und G-Streptokokken ebenfalls Streptolysin O bilden, können ASO-Titer auch bei Infektionen mit C- und G-Streptokokken vorkommen.

Hämolysehemm-Reaktion zur Bestimmung von ASO

Es wird die Tatsache genutzt, dass Streptolysin O Erythrozyten hämolysiert, die Hämolyse aber durch die neutralisierende Wirkung von ASO im positiven Fall verhindert werden kann. Inkubiert wird Patientenserum in einer Verdünnungsreihe des mit einer definierten Menge Streptolysin O und Erythrozyten vom Hammel oder Kaninchen. Als Titer wird der Reziproke Wert der letzten Verdünngsstufe gewertet, bei der keine Hämolyse auftritt. Empfehlenswert ist eine Absorption des Patientenserums mit Dextran zur Entfernung unspezifischer Streptolysininhibitoren. Die Ergebnisse der ASO-Bestimmung werden auf die WHO-Referenzpräparation bezogen und in IU/ml angegeben.

Latex-Schnelltest

Jeweils ein Tropfen mit Steptolysin O beladener Latexpartikel werden mit einem Tropfen Patientenserum auf einer Testplatte mir schwarzem Untergrund verrührt. Das Testsystem ist derart eingestellt, dass sichtbare weiße Agglutinate bei einer Konzentration von anti-ASO-Antikörpern auftritt, wenn diese > 200 IU/ml beträgt.

42.18.2.2 Anti-DNAse B (ADB)

Immunnephelometrie und Immunturbidimetrie zur quantitativen Bestimmung von ADB

Dem Bestimmungsansatz wird eine definierte Menge DNAse B zugesetzt. Bei Vorhandensein von Antikörpern gegen DNAse B im Serum des Patienten wird DNAse B gebunden. Werden anschließend an Latex Parikel gebundene Antikörpern gegen DNAse B dem Ansatz zugegeben, erfolgt keine Agglutination da alle DNAse B gebunden ist.

Enthält das Patientenserum keine Antikörper gegen DNAse B erfolgt eine Agglutination der Latexpartikel durch ungebundene DNAse B.

Das Streulichtsignal im Nephelometer bzw. die Trübung bei turbidimetrischer Messung ist umso geringer, je höher der Anti-DNAse-Gehalt im Serum ist.

Toluidinblau O-Verfahren

Im Testansatz wird verdünntes Patientenserum vorgelegt und eine definierte Aktivität DNase B und deren Substrat, an Toluidinblau O gekoppelte DNA, hinzugegeben. Beim enzymatischen Abbau des Toluidinblau O-DNA-Substrats fällt der Farbstoff flockig aus und der Überstand entfärbt sich. Enthält das Patientenserum ADB, wird der Abbau des Substrats verhindert und die Lösung bleibt blau.

DNAse wird auch von Gruppe B-, C- und G-Streptokokken gebildet. Das Isoenzym DNAse B ist jedoch sehr spezifisch für Gruppe A-Streptokokken. Auf die Reinheit des verwendeten Enzyms ist zu achten.

42.18.2.3 Anti-Hyaluronidase (AHy)

Streptokokken der Serogruppe A, aber auch B, C, G, H und L bilden Hyaluronidase, ein Enzym, das Hyaluronsäuren abbaut. Die Infektion mit Hyaluronidase-produzierenden Streptokokken führt zur Bildung von Antikörpern, die den Hyaluronsäureabbau durch das Enzym hemmen können.

Der Nachweis von Antikörpern kann mit dem Mucingerinnsel-Verhinderungstest, einem Trübungsverminderungstest oder dem Viskositätsverminderungs-Test durchgeführt werden.

42.18.3 Untersuchungsmaterial

Serum: 1 ml

42.18.4 Referenzwerte*

Anti-Streptolysin O (ASO)

  • Erwachsene

≤ 200 IU/ml

  • Kinder 6–18 Jahre

≤ 200–240 IU/ml

  • Kinder < 6 Jahre

≤ 150 IU/ml

Anti-DNAse B (ADB)

  • Erwachsene

≤ 200 U/ml

  • Kinder 6–18 Jahre

≤ 200–240 U/ml

  • Kinder < 6 Jahre

≤ 75 U/ml

Anti-Streptokokken-Hyaluronidase

≤ 300 U/ml

* Die genannten Grenztiter sind als Richtwerte zu verstehen und sollten für den im jeweiligen Labor gebräuchlichen Test mittels laborinterner Leistungsprüfung an positiven Referenzproben und an negativen Blutspenderseren für die lokale epidemiologische Situation kritisch überprüft werden. Ein internationales Standardserum (Anti-Streptolysin O) ist verfügbar.

42.18.5 Serologische Befundinterpretation

Bei der Betrachtung nur einer GAS-Antikörperspezifität wird die Immunantwort auf GAS häufig nur unvollständig erfasst. Dementsprechend werden in der serologischen Diagnostik mindestens zwei Antikörperspezifitäten bestimmt, in der Regel ASO und ADB /67/. Die Durchführung eines Mischantikörpertests bietet keinen oder nur einen unwesentlichen Vorteil, da die Titerverläufe der einzelnen Antikörper zeitlich unterschiedlich sind und eine Beurteilung des Titerverlaufs erschwert wird /7/. Universell anwendbare Grenzwerte für die Beurteilung normaler GAS-Antikörpertiter existieren nicht /161718/. Aus diesem Grund ist insbesondere der Vergleich zweier Patientenseren im Abstand von 2–3 Wochen wegweisend, um über einen 4-fachen Titeranstieg einen signifikaten Befund erheben zu können.

Anti-Streptolysin O-Konzentration

Im Anschluss an eine GAS-Infektion kann ein positiver ASO-Wert nach einem Intervall von 1–3 Wochen erwartet werden. Die höchsten ASO-Konzentrationen sind 3–6 Wochen nach der Infektion messbar, um dann nach ca. 6–12 Monaten wieder auf Normalwerte abzufallen.

Die Bedeutung eines positiven ASO-Werts ist in der Bestätigung einer vorliegenden oder vorausgegangenen GAS-Infektion zu sehen. Als positiv wird eine Konzentration oberhalb des Referenzbereiches bzw. ein signifikanter Anstieg zwischen Erst- und Folgeserum (im Parallelansatz untersucht) gewertet.

Eine einmalige leichte bis mittlere Erhöhung der Konzentration von Antikörpern (200–400 IU/ml) darf nicht immer zwingend als Hinweis auf eine erfolgte oder kürzlich abgelaufene GAS-Infektion beurteilt werden.

Da der ASO-Wert bei klinischer Präsentation der Folgekrankheit bereits unter den Schwellenwert abgefallen sein kann, kommt der zusätzlichen Untersuchung von Antikörpern mit anderer Spezifität, z.B. ADB, eine wesentliche Bedeutung zu. Die diagnostische Sensitivität des ASO-Tests wird mit 80–85 % angegeben, wobei festzustellen ist, dass vornehmlich bei oropharyngealen GAS-Infekten der ASO-Wert erhöht ist, wohingegen bei der GAS-assoziierten Pyodermie eine ASO-Reaktion ausbleiben kann.

Dieser Sachverhalt ist bei der Abklärung einer Glomerulonephritis bedeutsam, die häufig nach Hautinfektionen mit GAS auftritt. Bei Patienten mit rheumatischem Fieber und positivem ASO-Test ist die Dokumentation eines Abfalls der ASO-Konzentration von prognostischer Relevanz /678/.

Anti-DNAse B-Konzentration

Die Antikörperantwort gegen Streptokokken-DNAse B setzt später und stärker ein als die Antikörperbildung gegen Streptolysin O. Die höchsten ADB-Konzentrationen sind 6–8 Wochen nach der Infektion messbar. Bei GAS-assoziierten Hautinfektionen kommt eine Erhöhung der Anti-Streptolysin-Konzentration selten vor, während ein Anstieg des Anti-DNAse-Titers in der Regel beobachtet wird. Die diagnostische Sensitivität des ADB-Tests wird mit 75–85 % bewertet. Durch die kombinierte Bestimmung von mindesten zwei Antiköperspezifitäten (in der Regel ASO und ADB) wird die Sensitivität jedoch auf > 90 % erhöht. Die Tatsache, dass die DNAse B-Antiköperkonzentration im Vergleich zur Streptolysin O-Antikörperkonzentration später ansteigt und insbesondere auch länger persistiert, macht ADB vornehmlich interessant in der Identifizierung von Patienten mit Sydenham’s Chorea, einer Folgekrankheit mit relativ langer Latenz /679/.

Ein negatives serologisches Ergebnis schließt eine vorliegende oder abgelaufene GAS-Infektion nicht sicher aus, insbesondere dann nicht, wenn zur Bestimmung nur eine Antikörperspezifität durchgeführt wurde. Andererseits darf eine einmalige leichte bis mittlere Erhöhung der Antikörperkonzentration nicht als Hinweis auf eine erfolgte oder kürzlich abgelaufene GAS-Infektion gewertet werden. Die ASO- bzw. ADB-Werte sollten nach 2–3 Wochen überprüft werden, auch wenn sie zuvor nicht erhöht waren.

Ist die GAS-Infektion auf Grund einer hohen oder ansteigenden Konzentration von Antikörper erkannt, sollte an Hand des Verlaufs der Konzentration beurteilt werden, ob ein antigener Stimulus weiter besteht, auch wenn klinisch die Zeichen einer floriden Erkrankung abgeklungen sind.

42.18.6 Hinweise und Störungen

Die Immunogenität von Streptolysin O kann bei GAS-assoziierten Hautinfektionen erniedrigt sein. Ein negativer ASO-Wert bei GAS-Pyodermie ist die Folge /18/.

Falsch-positive oder erhöhte ASO-Werte können Erkrankung der Leber auf Grund erhöhter Lipoproteinkonzentration im Serum auftreten. Die Präzipitation der Lipoproteine mit Dextransulfat unterbindet die unspezifische Aktivität /18/.

Eine bakterielle Kontamination des Serums kann die hämolytische Aktivität des Streptolysins neutralisieren. Es resultiert ein falsch-positiver oder erhöhter ASO-Wert /18/.

Falsch-positive oder erhöhte ASO-Werte können bei Patienten mit Hypergammaglobulinämie oder erhöhter Rheumafaktorkonzentration beobachtet werden /18/.

  • Falsch-negative oder erniedrigte ADB-Werte finden sich bei Patienten mit Pankreatitis (erhöhte DNAse im Serum) /18/.

Externe Qualitätskontrolle

Eine externe Qualitätskontrolle bei den bakteriologisch-infektionsserologischen Ringversuchen angeboten. Die Ergebnisse in Deutschland zeigen einen z.T. schlechten Grad der Standardisierung kommerzieller automatisierter und nichtautomatisierter Testsysteme in der Streptokokkenserologie /10/.

Literatur

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10. Hunfeld KP, Müller I, Brade V. Externe Qualitätskontrolle in der bakteriologischen Infektionsserologie: Ringversuchsauswertung September 2001. Mikrobiologe 2002; 12: 96–108.

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19. Lynskey NN, Lawrenson RA, Sriskandan S. New understandings in Streptococcus pyogenes. Curr Opin Infect Dis 2011; 24: 196–202

42.19 Tularämie

Klaus-Peter Hunfeld, Thomas A. Wichelhaus, Volker Brade

Die Tularämie, auch als Hasenpest oder Lemming-Fieber bezeichnet, stellt eine in weiten Bereichen der nördlichen Hemisphäre in Form regionaler Endemieherde vorkommende Zoonose zahlreicher Wild- und Nutztiere dar und wird durch verschiedene Ektoparasiten, wie z.B. Zecken und Stechbremsen, übertragen. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Kontakt mit erkrankten Tieren, entweder direkt oder durch Aerosole /12/. Benannt ist die Erkrankung nach dem kalifornischen Tulare County, wo der Erreger 1912 aus erkrankten Tieren erstmals isoliert werden konnte.

Francisella tularensis ist ein aerobes, schwer anfärbbares, gramnegatives, kokkoides Stäbchenbakterium, das sich nur auf besonderen Cystein-haltigen Spezialnährmedien anzüchten lässt. Die pleomorphen, 0,3–0,7 μm großen unbeweglichen Erreger sind fakultativ intrazellulär und vermögen in Makrophagen durch Escape aus dem Phagolysosom erfolgreich zu überleben /2/. Francisellen gehören zur Familie der Pasteurellaceae und haben wegen ihrer aerosolischen Übertragung und hohen Infektiosität als mögliche biowaffentaugliche Organismen besondere Beachtung gefunden /12/. Die Benennung erfolgte nach E. Francis, der ab 1919 wesentlich zur Etablierung der mikrobiologischen Diagnostik und zum Verständnis der Epidemiologie des Erregers beitrug /3/.

Die Spezies F. tularensis umfasst vier Subspezies: ssp. tularensis (Biovar Typ A), holarctica (Biovar Typ B), mediasiatica und novicida. Humanmedizinisch bedeutsam sind /24/:

  • Die hochinfektiöse F. tularensis mit Verbreitung in Nordamerika, aber auch in Europa.
  • Die weniger virulenten F. holarctica und F. mediasiatica, mit Verbreitung vorwiegend in Europa, den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, Japan und selten in Nordamerika.

Die Differenzierung von Francisella und Zuordnung erfolgt molekulargenetisch /15/. Die Zellwand enthält LPS und besitzt eine dünne anti-phagozytäre Kapsel. Wegen der hohen Pathogenität und Infektiosität darf mit dem Erreger nur in Sicherheitslaboratorien (L3-Laboratorien) gearbeitet werden /345/.

Die kulturelle Anzucht des Erregers ist möglich. In der Routinediagnostik ist dieses Verfahren von untergeordneter Bedeutung.

42.19.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Epidemiologie

Die USA, die Staaten der ehemaligen Sowjetunion und Japan verzeichnen die höchsten Erkrankungszahlen (Inzidenz USA: 5–36/1 Mio. Einwohner). In Europa werden Fälle überwiegend aus den Staaten Nordeuropas, der Tschechischen Republik, der Slowakei, der Türkei, Österreich und der Schweiz berichtet /67/. Wie serologische Feldstudien aus Norwegen zeigen, verläuft eine ganze Reihe von Infektionen subklinisch. So haben in bestimmten Regionen im Widal-Test 4,7 % der Schulkinder einen Titer über 20, zu 4,2 % einen Titer über 40 und zu 2,6 % einen Titer über 160 /8/. In Deutschland sind Naturherde der Tularämie in Mecklenburg, Schleswig-Holstein, Hessen und in Mainfranken bekannt. Es kommt auch immer wieder zu größeren Ausbrüchen /1/. Die jährliche Anzahl an Erkrankten schwankt stark und war zuletzt leicht ansteigend /9/. Im Jahr 2010 wurden in Deutschland 31 Erkrankungsfälle nach IfsG gemeldet /10/.

Inkubationszeit

1–10 Tage (in der Regel 3–5 Tage).

Klinische Symptomatik

Die klinisch manifeste Tularämie beginnt abrupt mit einem akuten Fieberanstieg mit Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Der Mensch infiziert sich vor allem durch direkten Kontakt mit erkrankten Tieren (Hasen, Kaninchen), durch Aerosole (bei der Fleischverarbeitung), in einzelnen Fällen aber auch z.B. durch Zecken- oder Bremsenstich (Infektionsdosis: 10–508 Keime) /29/. Francisellen sind sehr invasiv und vermögen durch kleinste Hautläsionen, aber auch durch die intakte Haut einzudringen. Als fakultativ intrazellulärer Erreger verursacht F. tularensis granulomatöse Enzündungsreaktionen. Bevorzugt betroffen sind Risikogruppen wie Jäger, Bauern, Fleischer und Tierärzte. In Abhängigkeit von der Eintrittspforte (Haut, Konjunktiven, oral, pulmonal) entwickeln sich unterschiedliche Manifestationsformen /12345/.

Äußere Tularämie (lokale Läsion mit oder ohne regionale Lymphadenopathie):

  • Ulzeröse Hautläsion mit Lympknotenschwellung (Ulzero-glanduläre Form).
  • Glandulär (Lymphadenopathie).
  • Konjunktivitis (okulo-glanduläre Form).
  • Pharyngo-Tonsillitis (oro-glanduläre Form).

Innere Tularämie:

  • Abdominale Beschwerden (typhöse Form, oft mit Pleuropneumonie).
  • Atypische Pneumonie (thorakale Form).

Intermittierende Fieberschübe und Tachykardien können sich unbehandelt über Monate hinziehen. Die Symptome entstehen durch Endotoxine des Erregers. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch kommt nur in den seltensten Fällen vor.

  • Unbehandelt hat die Tularämie, besonders Infektionen durch F. tularensis, eine Letalität bis zu 10 % /235/.

Meldepflicht

Der direkte und indirekte Nachweis von F. tularensis ist nach IfSG § 7 (Labor) meldepflichtig.

42.19.2 Serologische Untersuchungen

Die meisten Infektionen werden serologisch diagnostiziert und serologische Methoden werden von der WHO für den indirekten Erregernachweis empfohlen /11/. Bei klinischem Verdacht ist der indirekte Erregernachweis mittels serologischer Diagnostik ab der 2. Woche nach Infektion indiziert. Als Antigenquelle für serodiagnostische Tests dienen Ganzzelllysate, aufgereinigtes LPS, äußere Membranproteine und Membranextrakte von Francisellen.

Widal-Reaktion

Gleiche Volumina F. tularensis-Suspension werden zu ansteigenden Verdünnungen von Patientenserum gegeben. Der Test wird entweder als Röhrchenagglutination oder besser, als Mikroagglutinations-Test durchgeführt und ist ein nach wie vor häufig verwendeter diagnostischer Test /45/. Die erste Ablesung erfolgt nach 3-stündiger Inkubation bei 37 °C, die zweite am nächsten Tag nach Stehen bei Raumtemperatur /12/.

Indirekter Hämagglutinations-Test (IHAT)

Menschliche Erythrozyten werden mit löslichen Bakterienextrakten aus F. tularensis, die durch Phenol-Wasserextraktion hergestellt werden, beladen. Von jedem Patientenserum wird eine geometrische Verdünnungsreihe angesetzt und dazu ein konstantes Volumen sensibilisierter Erythrozyten gegeben. Nach 2 h Inkubation bei 37 °C und 18 h bei Raumtemperatur wird auf Agglutination geprüft /12/.

Latex-Agglutination

An Latexpartikel adsorbierte Sonikatantigene werden zur Titration in Agglutinationstechnik genutzt.

Immunchromatographische Tests (ICT)

Diese als Schnelltests in lateral flow-Technik konzipierten qualitativen Tests zeigen im Vergleich zur Mikroagglutination eine Sensitivität von 98 % bei einer Spezifität von 96 % bei einfacher Durchführung /13/.

ELISA und Immunoblot

Für den Antikörpernachweis sind sensitive Sandwich-ELISA und LPS-spezifische Immunoblots für den spezifischen IgG-, IgM- und IgA-Antikörpernachweis verfügbar /1415/. Die in der Literatur angegebenen diagnostischen Sensitivitäten schwanken in Abhängigkeit von der Krankheitsdauer.

In einer großen Evaluationsstudie an Seren aus ganz Europa wurden diagnostische Sensitivitäten für einen LPS-basierten ELISA und einen Immunoblot von 99 % und 100 % bei Spezifitäten von 97 % und 99 % ermittelt /4614/.

Als Stufendiagnostik angewendet (erst ELISA, dann Immunoblot) besitzen die Tests in entsprechenden Evaluationsstudien eine diagnostische Sensitivität und Spezifität von jeweils etwa 100 % /4/.

Lymphozytenstimulationstest (LCT)

Das Testprinzip beruht auf dem γ-Interferonnachweis aus Patientenlymphozyten 24 h nach Stimulation mit F. tularensis-Lysat. Der Test ist nur in Forschungslaboratorien verfügbar, zeigt aber schon in den ersten 7 Tagen nach Erkrankungsbeginn positive Ergebnisse. Eine Evaluation unter Routinebedingungen steht noch aus /14/.

Untersuchungsmaterial

Serum: 1 ml

Referenzwerte und Grenztiter*

Widal-Reaktion

Unter 80

Indirekter Hämagglutinationstest (IHA)

Unter 160

Latex-Test

Unter 20

ICT

Negativ

ELISA

Negativ

Immunoblot

Negativ

LCT

Negativ

* Grenztiter und Immunoblotinterpretation sind ebenso wie Sensitivität und Spezifität Test- und Hersteller-abhängig. Die hier genannten Grenztiter sind als Richtwerte zu verstehen und sollten für den im jeweiligen Labor gebräuchlichen Test mittels laborinterner Leistungsprüfung an positiven Referenzproben und an negativen Blutspenderseren für die lokale epidemiologische Situation kritisch überprüft werden.

42.19.2.1 Serologische Befundinterpretation

Widal-Test

Der Widal-Test gilt bei frischen Infektionen als relativ unsensitiv. In der Regel sind Agglutinine erst in der 2. Krankheitswoche nachweisbar /245/. In der ersten Untersuchungsprobe gelten Titer ab 80 als auffällig und kontrollbedürftig. Dringend verdächtig auf eine frische oder nicht lange zurückliegende Infektion sind Titer > 160. Als beweisend ist der Nachweis der Serokonversion oder ein vierfacher Titeranstieg oder Titerabfall in der Paralleltitration mit dem Vorserum anzusehen. In der 3. bis 4. Krankheitswoche werden Titer mit mittleren Maximalwerten von 640 erreicht. Der Abfall der Agglutinine erfolgt nur langsam, so dass noch nach Jahren Titer von 20 bis ≥ 160 messbar sind.

Prozonenphänomene können in der Widal-Reaktion auf Grund blockierender, inkompletter Antikörper auftreten und Ursache für falsch-negative Ergebnisse sein /12/. Es sollte deshalb in jedem Falle bei negativem Ergebnis ein Coombs-Test mit der ersten Patientenserum-Verdünnung und den Kontrollen angeschlossen werden. Dazu wird die Bakteriensuspension beider Ansätze zentrifugiert und das Sediment mehrmals mit physiologischer NaCl gewaschen. Anschließend wird zum resuspendierten Sediment ein Tropfen Antihumanglobulinserum hinzugegeben. Falls die Bakterien inkomplette Antikörper gebunden haben, kommt es zur Agglutination. Ausgeprägte Prozonen, d.h. ein Ausbleiben der Agglutination in den niedrigen Verdünnungsstufen, werden im Widal-Test auch bei Präsenz hoher Antikörpertiter im Zeitraum von der 3. Krankheitswoche bis zu 3 Monaten nach Erkrankung beobachtet. Die Prozonen können bis zu Serumverdünnungen von 1 : 160 auftreten und werden bei ungenügend langer geometrischer Verdünnungsreihe des Patientenserums nicht erkannt bzw. dann, wenn der Coombs-Test unterlassen wird.

Ein erheblicher Teil der Seren mit Agglutininen gegen Brucellen und Y. enterocolitica (Serovar O9) zeigt eine Mitagglutination von F. tularensis und umgekehrt. In solchen Fällen muss eine Klärung durch den Absorptionsversuch erbracht werden /23456/.

Hämagglutinations-Test

Bei 20 Tularämieinfektionen wurde in 18 Fällen in den ersten beiden Krankheitswochen Titer über 40 festgestellt /12/. Ab dem 5. Tage nach Krankheitsbeginn können im Hämagglutinations-Test signifikante Titer erreicht werden. Im Krankheitsverlauf sind die Hämagglutinations-Titer 3–7 Stufen höher als die Agglutinationstiter im Widal-Test. Prozonen in dem Ausmaß wie bei der Widal-Reaktion oder ein vollständiges Fehlen der Reaktion werden bei der Hämagglutination nicht gefunden /12/. Kreuzreaktionen durch eine Mitreaktion von Brucellen und Yersinien treten ebenfalls auf und müssen im Absorptionsversuch abgeklärt werden /11213/.

Latex-Agglutination

Als Grenztiter wurde > 20 evaluiert /5/.

ELISA und Immunoblot

Antikörper gegen F. tularensis sind nach 6–10 Tagen bei erkrankten Patienten nachweisbar. In den meisten Fällen sind zu diesem Zeitpunkt bereits IgG-, IgM- und IgA-Antikörper gemeinsam nachweisbar /13/. Nach frühzeitiger Behandlung und bei ganz frischen Infektionen kann eine messbare Immunantwort fehlen. Nach Impfung oder durchgemachter Infektion können positive Antikörpernachweise noch jahrelang (bis zu 25 Jahre) persistieren /213/. In diesen Fällen kann eine Immunglobulinklassen-spezifische Analyse oder die Anwendung quantifizierbarer Tests zur besseren Einschätzung des Infektionszeitpunkts hilfreich sein /2/.

Hinweise und Störungen

Bei der Interpretation positiver Titer ist zu bedenken, dass eine in Deutschland nicht zugelassene attenuierte Lebendvakzine verfügbar ist. Die Impfung führt über Jahre zu persistierend, erhöhten Titern im Widal-Test und Hämagglutinations-Test /256/. Kreuzreaktionen mit Brucellen in den Agglutinationstesten sind beschrieben. LPS-basierte ELISAs und Immunoblots sind sehr spezifisch /4/.

42.19.3 Molekularbiologische Untersuchung

PCR-Verfahren sind wenig standardisiert, nicht umfassend unter Routinebedingungen evaluiert und nur in Speziallaboratorien verfügbar. Als Zielsequenzen wurden verschiedene spezifische Gensequenzen identifiziert (Genabschnitte des fopA-, tul4-, 23kDaProtein- und des isfu2-Gens) /211/. Der Direktnachweis mittels PCR hat sich aus Lymphknoten und Biopsiematerial bei ulcero-glandulären und okuloglandulären humanen Erkrankungen bewährt. Positive Nachweise erfolgten in einzelnen Studien auch aus Vollblut /211/. Der molekulare Nachweis ist auch Bestandteil von multiplex Assays zum Nachweis biologischer Kampfstoffe aus Umweltproben. Molekulare Assays haben eine hohe Nachweisempfindlichkeit (1–104 CFU/ml)in unterschiedlichen Probenmaterialien /2/. Falsch positive und negative Ergebnisse kommen vor.

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42.20 Yersiniose

Manfred Kist

Die Gattung Yersinia (Y), benannt nach Alexandre Yersin, dem Entdecker des Pesterregers, gehört zur Familie der Enterobacteriaceae. Sie umfasst 10 Spezies, von denen Y. pestis, Y. pseudotuberculosis und Y. enterocolitica humanpathogene Bedeutung haben. Yersinien sind kurze, fakultativ anaerobe, gramnegative Stäbchen, die ihr Wachstumsoptimum um 28 °C haben. Y. pestis ist unbegeißelt, Y. pseudotuberculosis und Y. enterocolitica bilden bei Temperaturen unterhalb 30 °C Geißeln aus und sind dann beweglich.

Auf Grund der O (Körper)- und H (Geißel)-Antigene können Y. pseudotuberculosis und Y. enterocolitica serotypisiert werden. Yersinien besitzen teilweise gemeinsame Antigene und zeigen eine Reihe von serologischen Kreuzreaktionen mit anderen Enterobacteriaceae /1/.

Die Erreger der Yersiniosen, im engeren Sinne Y. enterocolitica und Y. pseudotuberculosis, kommen weltweit in gemäßigten und subtropischen Regionen vor. Kleine Säugetiere, insbesondere Nager, aber auch Vögel bilden das natürliche Erregerreservoir /2/.

Yersinien verursachen enterale, aber auch extraintestinale Infektionen. Die Diagnose der akuten Erkrankung stützt sich primär auf den Erregernachweis. Die Serodiagnostik ist zur ergänzenden Diagnostik der akuten Infektion geeignet, für die Aufklärung von Folgekrankheiten essentiell.

Y. enterocolitica

Nach biochemischen Merkmalen werden die 6 Biovare 1A, 1B, 2, 3, 4 und 5 unterschieden /3/. Von den über 60 O-Serogruppen werden in erster Linie O:3, O:9, O:8 und weniger häufig O:5,27 und O:6,30 im Zusammenhang mit Yersiniosen des Menschen isoliert /1/.

Das somatische Antigen O:9 zeigt eine charakteristische Kreuzreaktivität mit dem O-Antigen folgender Bakterien: Brucella spp., E. coli O157, Morganella morganii O:43, Salmonella-Serogruppe O:30, Stenotrophomonas maltophilia und V. cholerae Serotyp Inaba und Ogawa /1/.

Bisher sind über 20 verschiedene H (Geißel)-Antigene nachgewiesen worden, die über sämtliche O-Gruppen verteilt vorkommen /4/. Hier besteht eine Kreuzreaktivität zwischen H:g, z.B. von Y. enterocolitica O:5,27, mit H:a von S. Paratyphi A /1/.

Die Menschenpathogenität von Y. enterocolitica ist eng mit dem Vorhandensein des 70-kb pYV-Virulenzplasmids korreliert, das Temperatur- und Calcium-reguliert für 11 äußere Membranproteine, die sogenannten Yops kodiert /567/. Im Verlauf von Infektionen mit virulenten Yersinien wird eine Immunreaktion gegen plasmidkodierte Proteine induziert, die diagnostisch genutzt werden kann /89/.

Y. pseudotuberculosis

Von Y. pseudotuberculosis sind 6 Serogruppen beschrieben, die mit römischen Ziffern von I–VI bezeichnet werden. Die Gruppen I, II, IV und V können wiederum in je 2 Subgruppen (A und B) unterteilt werden.

Folgende serologische Kreuzreaktionen sind bekannt /1/:

  • Y. pseudotuberculosis Serogruppe II mit dem Salmonellen O-Antigen 4,27.
  • Serogruppe IV mit Salmonellen O-Antigen 9,46, mit den E. coli O-Antigenen O17 und O77 sowie mit Enterobacter cloacae.
  • Serogruppe V mit Salmonellen O-Antigen 14.
  • Serogruppe VI mit E. coli O55.

Mindestens 5 verschiedene H (Geißel)-Antigene kommen vor /1/. Auch Y. pseudotuberculosis besitzt ein Virulenz-assoziiertes Plasmid ähnlich dem von Y. enterocolitica.

42.20.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Inzidenz

Y. enterocolitica wird in Deutschland bei 1–4 % der Enteritisfälle als Erreger nachgewiesen. Im Jahr 2010 wurden insgesamt 3.368 enterale Yersinia enterocolitica-Infektionen gemeldet. Dies entspricht einer Inzidenz von 4,1 pro 100.000 Einwohnern /10/. Im Vergleich dazu wird Y. pseudotuberculosis in Deutschland sehr selten nachgewiesen.

Nach § 7 IfSG (Infektionsschutzgesetz) unterliegen sowohl Y. pseudotuberculosis als auch die menschenpathogenen Serovare von Y. enterocolitica der Labormeldepflicht für übertragbare Erreger.

Epidemiologie

Die pathogenen Serogruppen von Y. enterocolitica sind weltweit regional unterschiedlich verteilt /11/. In Europa und Japan werden in erster Linie O:3 und O:9 bei menschlichen Erkrankungen isoliert, während O:8 und einige weitere Serogruppen nahezu ausschließlich bei amerikanischen Patienten nachgewiesen werden. Inzwischen zeigt sich in den USA auch für O:3 eine zunehmende Prävalenz /12/.

Y. enterocolitica: Der Erreger wurde bei Nagetieren und anderen Säugern, Vögeln, Schlangen, aus verschiedenen tierischen Produkten sowie aus Milch und Oberflächenwasser nachgewiesen /11/. Schweine scheinen ein wesentliches Reservoir für die Serogruppen O:3 und O:9 zu sein.

Für die Übertragung auf den Menschen spielen nicht durcherhitzes Fleisch oder Fleischprodukte vom Schwein, nicht pasteurisierte Milch, kontaminierte Rohkost, aber auch kontaminiertes Trinkwasser eine Rolle. Auch direkte Übertragungen von erkrankten Hunden auf den Menschen sowie Mensch-zu-Mensch-Übertragungen sind beobachtet worden /1213/. Der Häufigkeitsgipfel liegt in der kühleren Jahreszeit.

Y. pseudotuberculosis: Auch für diesen Erreger ist eine charakteristische geographische Verteilung festzustellen, so kommen die Serogruppen I bis V vorwiegend in Europa und Asien, inklusive Japan vor. In Nordamerika und Neuseeland sind die Serotypen I und II häufig, während die Serogruppe VI nahezu exklusiv in Japan gefunden wird /1/.

Y. pseudotuberculosis wird bei einer Vielzahl von Tierarten, insbesondere Nagetieren, Rindern, Schafen, Ziegen, Hasen, aber auch bei Hunden und Katzen nachgewiesen /12/. Die Übertragungswege auf den Menschen sind weitgehend unbekannt.

Bevorzugt betroffene Personen

Kinder und junge Erwachsene /12/.

Inkubationszeit

Wahrscheinlich 4–7 Tage bei Y. enterocolitica-Infektionen, unbekannt bei Y. pseudotuberculosis /14/. Exakte Studien liegen nicht vor.

Y. enerocolytica klinische Symptomatik

Die Infektion ist mit einem vielfältigen Spektrum intestinaler und extraintestinaler Manifestationen verknüpft, die offenbar teilweise vom Alter und dem Immunstatus des Infizierten abhängen.

Es erkranken:

  • Kleinkinder meistens an einer Enterokolitis mit wässriger, seltener blutiger Diarrhoe /12/.
  • Kinder im Schulalter und junge Erwachsene besonders häufig an einer pseudoappendizitischen Symptomatik /15/.
  • Erwachsene bevorzugt mit dem Bild einer unklaren rezidivierenden abdominellen Symptomatik, begleitet von Arthralgien, Kopf- und Gliederschmerzen. Eine Leukozytose und eine deutlich beschleunigte Blutkörperchen-Senkungsreaktion sind typisch für beide Manifestationsformen. Die Krankheitsdauer beträgt 1–3 Wochen /16/. Intestinale Komplikationen sind Appendizitis, ulzerative Enterokolitis, Darmperforation, Peritonitis, toxisches Megakolon, Cholangitis und mesenteriale Venenthrombose /12/. Eine Reihe von extraintestinalen Komplikationen, insbesondere Septikämie, Endokarditis, Meningitis, Pharyngitis, Pneumonie, Osteomyelitis sowie Lungen- und Nierenabszesse wurden beobachtet /13/.

Postinfektiöse Komplikationen wie reaktive Arthritis, Erythema nodosum und Reiter-Syndrom, seltener Glomerulonephritis, Myokarditis, Thyreoiditis sowie vereinzelt Krankheitsbilder mit hämolytischer Anämie und Sarkoidose-ähnlichen Veränderungen der Lunge haben bei Yersiniosen besondere Bedeutung /2/.

Die reaktive Arthritis wird in Skandinavien bei Erwachsenen in 10–30 % der Fälle beobachtet /17/. Sie ist besonders mit Infektionen durch die Serovare O:3 und O:9 assoziiert, beginnt 1–3 Wochen nach einer Yersinia-Enteritis und befällt typischerweise die Sprung-, Knie- und Ileosakralgelenke /12/. Personen mit dem HLA-B27 sind besonders häufig betroffen /18/. Patienten mit einer Yersinose entwickeln im Verlauf eines Jahres 47 Mal häufiger eine Arthritis als die Normalbevölkerung. Im Vergleich mit anderen enteralen Infektionen nimmt die Yersiniose damit eine klare Spitzenstellung ein /19/. Bei Patienten, die eine Arthritis entwickeln, bestehen Hinweise auf die Persistenz von Yersinia-LPS und Hitzeschockprotein, nicht aber von lebenden Bakterien oder DNA in befallenen Gelenken /20/. Dadurch wird möglicherweise auch die Persistenz von IgA-Antikörpern bei diesen Patienten, unterhalten /21/.

Erythema nodosum als weitere postinfektiöse Komplikation ist nicht mit HLA-B27 assoziiert und tritt bevorzugt bei Frauen nach dem 20. Lebensjahr auf /17/.

Y. pseudotuberculosis-Infektionen: Sie verursachen, ähnlich den Infektionen mit Y. enterocolitica, fieberhafte Durchfallkrankheiten. Eine mesenteriale Lymphadenopathie tritt gehäuft auf. Typische Komplikationen sind Sepsis, Leberabszess, Erythema nodosum und reaktive Arthritis. Einige Fälle von hämolytisch-urämischem Syndrom und Nephritis sind beschrieben /12/.

In Japan tritt eine besondere Verlaufsform auf, die dem Izumi-Fieber ähnelt. Sie ist charakterisiert durch hohes Fieber, schuppenden Hautausschlag, Himbeerzunge, Konjunktivitis und Lymphadenopathie /2223/.

42.20.2 Yersinia enterocolitica serologische Untersuchungen

Agglutinationstest (Widal)

Der Widal-Test wird als Makroagglutinations-Test im Röhrchen oder als Mikroagglutinations-Test in der Mikrotiterplatte durchgeführt. Als Antigene werden gekochte, gewaschene Bakteriensuspensionen (O-Antigen) und lebende oder mit Formalin inaktivierte Bakterien (OH-Antigen) verwendet. Vom Patientenserum wird eine Verdünnungsreihe, beginnend mit 1 : 10, hergestellt und mit gleichen Volumina Antigensuspension für 18 h bei 37 °C inkubiert. In Europa werden entsprechend der Häufigkeit des Vorkommens Stämme der Serogruppen O:3 und O:9 eingesetzt /242526/.

Grenztiter: O-Agglutination 1 : 40; OH-Agglutination 1 : 80.

Positiv: O-Agglutination ≥ 1 : 80; OH-Agglutination ≥ 1 : 160.

Immunoblot

Als Antigen werden Präparationen von Yersinia outer membrane proteins (Yops) von pYV-Plasmid-positiven Stämmen, auch rekombinant, verwendet /27/. Die Auswertung erfolgt Ig-Klassen-spezifisch nach IgG, IgA und IgM.

ELISA

Die ELISA basieren auf Yersinia-LPS , auf formalinisierten pYV-Plasmid-positiven Zellen bzw. auf einer Kombination aus LPS und recombinant exprimierten Plasmid-kodierten Proteinen /2829/. Unter Anwendung der Definition positiv für den Nachweis von IgG-, IgA- oder IgM-Antikörpern ergab sich für einen LPS basierten ELISA eine diagnostische Sensitivität von 81 % für Proben innerhalb von 60 Tagen nach dem Auftreten von Symptomen. Mit einem konventionellen Agglutinationstest wurde nur eine diagnostische Sensitivität von 60 % erzielt /30/.

Komplement-Bindungsreaktion (KBR)

O-Antigenpräparationen werden verwendet.

Grenztiter: ≥ 1 : 10.

Indirekter Hämagglutinations-Test

Als Antigen werden LPS-Präparationen von Yersinia-Referenzstämmen eingesetzt /31/.

Grenztiter: ≥ 1 : 160.

42.20.3 Yersinia pseudotuberculosis serologische Untersuchungen

Agglutinationstest (Widal)

Wird als Makroagglutinationstest im Röhrchen oder als Mikroagglutinationstest in der Mikrotiterplatte durchgeführt. Als Antigene werden gekochte, gewaschene Bakteriensuspensionen (O-Antigene) verwendet. Vom Patientenserum wird eine Verdünnungsreihe, beginnend mit 1 : 10, hergestellt und mit gleichen Volumina Antigensuspension für 18 h bei 37 °C inkubiert. Es werden entweder nur Stämme der Serogruppe I oder sämtliche 6 Serogruppen eingesetzt.

Grenztiter: 1 : 40.

Positiv: ≥ 1 : 80.

42.20.4 Interpretation serologischer Tests: Yersinia enterocolitica

Widal-Reaktion

Die klassische Methode zur Serodiagnostik akuter Yersiniosen ist die Widal-Reaktion. Signifikante OH-Titer sind ab der 2. Woche nach Krankheitsbeginn nachweisbar.

Es ist nicht ausreichend, die Diagnose einer akuten Y. enterocolitica-Infektion allein an Hand des OH-Agglutinin-Titers zu stellen, da OH-Titer auch anamnestisch länger erhöht bleiben können /32/. Die Bestimmung der O-Agglutinine ist deshalb zusätzlich erforderlich.

O-Agglutinine erscheinen wenige Tage verzögert, bleiben im Titer unter den OH-Agglutininen, fallen etwa ab dem 2. Monat und sind in der Regel 6 Monate nach Krankheitsbeginn nicht mehr nachweisbar. Sie gelten als hochspezifisch. Nennenswerte Kreuzreaktionen zwischen O:3 und O:9 treten nur auf, falls Antigensuspensionen durch LPS-Rauhformen, z.B. durch Inkubation der Referenzstämme bei 37 °C, verunreinigt sind.

Aus der Konstellation der O- und OH-Agglutinine lassen sich Rückschlüsse auf die Aktivität der Yersiniose ableiten, wobei im Vergleich zum OH-Titer relativ hohe O-Titer auf eine noch aktive Infektion schließen lassen /25/.

In der ersten Untersuchungsprobe sind als signifikant zu bewerten /33/:

  • OH-Titer ab 1 : 160.
  • Mit O- und OH-Antigen zeitgleich bestimmte Titer ab 1 : 40 (O-Ag) und 1 : 80 (OH-Ag).

Bei der wiederholten Titerbestimmung der Agglutinine im Widal-Test gilt ein vierfacher Anstieg oder Abfall des Titers als signifikant.

Die höchsten OH-Agglutinin-Titer werden innerhalb der ersten 4 Wochen nach Beginn der akuten Darmbeschwerden gemessen, ein schneller Abfall spricht für einen günstigen Heilungsverlauf. Bei unkomplizierter Heilung einer intestinalen Yersiniose fallen die OH-Titer innerhalb 3 Monaten signifikant ab und sind ab dem 6. Monat in der Regel nicht mehr nachweisbar. Bei extraintestinalen Komplikationen wie reaktiver Arthritis oder Erythema nodosum können OH-Resttiter von 1 : 40 bis 1 : 80 im Einzelfall bis zu Jahren persistieren.

Auf Grund der Antigengemeinschaft von Y. enterocolitica O9 und Brucella-Spezies /1/ kommt es zu serologischen Kreuzreaktionen in der Widal-Agglutination. So reagiert auch erfahrungsgemäß bei einer O:9-Yersiniose das Brucella-Antigen mit gleich hohen Titern.

Zur Abgrenzung einer echten Brucellose können folgende Kriterien hilfreich sein:

  • Die Anamnese und das typische klinische Bild der Brucellose.
  • Der Versuch der Erregerisolierung aus Blutkultur und/oder Knochenmarksbiopsie.
  • Der Vergleich beider Titer; häufig ist bei der echten Brucellose der Brucella-Agglutinationstiter deutlich höher als der Yersinia OH-Titer, da Brucella keine H-Antigene besitzt.
  • Die Brucellose-KBR; sie ist in der Regel bei einer echten Brucellose erhöht, bei einer Yersiniose eher negativ oder grenzwertig. Im Zweifelsfall muss eine kreuzweise Serumabsättigung versucht werden /25/.

Immunoblot

Reaktive Banden bei Yop M, Yop H, Yop D und Yop E gelten als pathognomonisch /27/. Besondere Bedeutung kommt der Bestimmung der IgA-Antikörper zu: Sie persistieren anscheinend bei reaktiver Arthritis eher als bei unkomplizierten Verläufen /3435/, somit ist der Immunoblot besonders, wie auch der ELISA, zur Diagnostik immunpathologischer Komplikationen der Yersiniose geeignet.

ELISA

Der ELISA wird, wie der Immunoblot, Ig-Klassenspezifisch ausgewertet. Bisher ist nicht abschließend geklärt, ob sich ein erhöhter IgM-Titer /3637/ oder eher ein erhöhter IgA-Titer /32/ als Hinweis auf eine frische Infektion eignet. Auch für den ELISA gilt, wie für den Immunoblot, dass der Nachweis einer persistierenden IgA-Antwort charakteristisch für immunpathologische Komplikationen ist /283637, 3839/.

Komplement-Bindungsreaktion, indirekte Hämagglutination

Beide Untersuchungsmethoden werden nur noch selten für die Serodiagnostik der Yersiniose verwendet. Sie werden von einigen Untersuchern skeptisch hinsichtlich ihrer diagnostischen Sensitivität und Spezifität beurteilt /25/.

42.20.5 Interpretation serologischer Tests: Yersinia pseudotuberculosis

ELISA und Immunoblot, die auf Virulenzplasmid-kodierten Antigenen (Yops) basieren, sind prinzipiell auch zum Nachweis einer Immunreaktion gegen Yersinia pseudotuberculosis geeignet /40/. Bisher liegen allerdings weltweit zur Serodiagnostik der Y. pseudotuberculosis-Infektion nur zur Widal-Agglutination ausreichende Erfahrungen vor. Agglutinine sind meist schon zu Beginn der klinischen Symptomatik nachweisbar.

Bei der Interpretation der Ergebnisse sind besonders die Antigengemeinschaften mit anderen Bakterien zu berücksichtigen /1/:

  • Y. pseudotuberculosis II mit Salmonellen der Serogruppe O4.
  • Y. pseudotuberculosis IV mit Salmonellen der Serogruppe O9 und Y. pseudotuberculosis VI mit E. coli O55.

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42.21 Babesiose

Klaus-Peter Hunfeld, Thomas A. Wichelhaus, Volker Brade

Bei der humanen Babesiose handelt es sich um eine seltene hochfieberhafte Zooanthroponose. Die Erreger, durch Zecken übertragene Plasmodien-ähnliche Hämoparasiten (Babesien), zählen zu den Apicomplexa. Babesien spielen in der Veterinärmedizin eine bedeutsame Rolle (Rinderbabesiose, Texas-cattle fever). Der erste Fall einer humanen Babesiose durch B. divergens wurde 1957 bei einem splenektomierten Rinderzüchter im früheren Jugoslawien beschrieben. Seitdem werden immer wieder humane Erkrankungsfälle, über-wiegend aus Nordamerika, sporadisch aber auch aus Europa und Asien, berichtet /123/.

Babesien wurden erstmals 1888 von V. Babes als Ursache eines hämolytischen Fiebers bei Rindern identifiziert. Zurzeit sind mehr als 100 verschiedene Spezies bekannt, die traditionell morphologisch und phänotypisch in sogenannte kleine Babesien (z.B. B. microti, B. divergens, B. gibsoni) und große Babesien (z.B. B. bovis) unterschieden werden /23/. Modernere Einteilungen werden anhand von pylogenetischen Analysen auf Basis der 18S-rDNA und des β-Tubulingens vorgenommen /23/.

Als Vektoren dienen verschiedenste Ixodes-Zecken. Reservoirtiere sind Kleinsäuger, Wild und Nutztiere. Die Hämoparasiten befallen ausschließlich Erythrozyten und können im Blutausstrich gelegentlich mit Plasmodien verwechselt werden. Bei hoher Parasitämie und beim immunkompromittierten Patienten kommt es aber zur Bildung der differentialdiagnostisch bedeutsamen intraerythrozytären Tetraden. Diese sog. Malteserkreuze können aber auch fehlen /2/. Pigment, wie bei der Malaria häufig, findet sich nicht.

Die wichtigsten humanmedizinisch bedeutsamen Babesien sind B. divergens (vorwiegend in Europa) und B. microti (vor allem in Nordamerika). Allerdings sind weltweit Einzelfallberichte über humane Infektionen durch weitere Babesia spp. (B. venatorum, B. duncani) bekannt geworden (Tab. 42.21-1 – Wichtige Vertreter der Gattung Babesia) /456/.

Die Anzucht der Erreger ist in Speziallaboratorien möglich; das Verfahren hat aber für die praktische Diagnostik keine Bedeutung. Die Diagnose der akuten Infektion erfolgt am Giemsa-gefärbten Blutausstrich oder mittels PCR /23/.

42.21.1 Verbreitung und klinische Symptomatik

Epidemiologie

In Nordamerika werden aus den südlichen Neu-England-Staaten jedes Jahr mehr als 200 Fälle von humaner Babesiose durch B. microti berichtet /6/. In Europa sind etwa 40 Fälle vor allem von B. divergens-Infektionen bei splenektomierten Patienten, zuletzt aber auch durch andere Spezies (B. venatorum, B. microti) bei immunsupprimierten Individuen bekannt geworden /23/. B. divergens wie auch B. microti und eng verwandte Babesien sind mittels konventioneller und molekularbiologischer Methoden in I. ricinus nachweisbar /27/. Bislang ist erst eine gut dokumentierte autochthone humane Erkrankung durch B. microti in Europa bekannt geworden /8/. An derartige Infektionen ist aber insbesondere bei Reiserückkehrern aus entsprechenden Endemiegebieten (Ostküste USA und Kanada) zu denken /25/. Sero-epidemiologische Studien bei Zecken-exponierten Patienten zeigen eine gegenüber entsprechenden Kontrollgruppen (Blutspender) signifikant höhere Prävalenz von Antikörpern gegen Babesien /9/. Subklinische oder sommergrippeartige Infektionen kommen nach Zeckenstich auch bei immungesunden Individuen vor /10/. Babesia microti can be transmitted by means of blood transfusion.

Inkubationszeit

5 Tage bis 9 Wochen.

Klinische Symptomatik

Das Spektrum klinischer Manifestationen der humanen Babesiose reicht in Abhängigkeit von der individuellen Prädisposition und der Höhe der Parasitämie von subklinischen oder Influenza-ähnlichen Infektionen bis hin zu lebensbedrohlichen Erkrankungen, mit teils tödlichem Ausgang /1236/. Die meisten Erkrankungen treten, entsprechend der Hauptaktivität der Vektoren, zwischen Mai und September auf. Nach einem Zeckenstich kommt es zu Schwächegefühl, Kopfschmerzen, Arthralgien, hämolytischer Anämie, Hämoglobinurie und Fieber bis 40 °C. Auch Bauchschmerzen, Hepato-Splenomegalie, Nierenversagen und trockener Husten treten auf.

Klinisch-chemisch imponieren erhöhte Werte für Bilirubin und LDH (Hämolyse) und Procalcitonin sowie typischerweise ein positiver direkter Coombs-Test /2/. B. microti-Infektionen heilen trotz manchmal protrahiertem Verlauf zumeist komplikationslos aus. Klinisch manifeste B. divergens-Infektionen betreffen vorwiegend splenektomierte Patienten (Anamnese) und sind fast immer lebensbedrohliche medizinische Notfälle /123/. B. venatorum-Infektionen betreffen vor allem immunsupprimierte Patienten mit hämatologischen Grunderkrankungen, verlaufen aber zumeist milder als Infektionen mit B. divergens /23/. Koinfektionen mit anderen Zecken-übertragenen Erregern (Borrelien, Ehrlichien) werden selten berichtet und diese Patienten zeigen teilweise schwere und langdauernde Infektionsverläufe /1611/.

Typische Risikofaktoren für einen aggravierten Verlauf sind Splenektomie, hämato-onkologische Grunderkrankungen, Immunsuppression, z.B. Applikation von Rituximab, HIV, Organtransplantation und höheres Lebensalter /2/. Eine Post-Babesiose Wärme autoimmunhämolytische Anämie kann innerhalb von 3 Monaten nach Infektion und Behandlung einer Babesiose auftreten /10/.

Babesien vermögen teilweise auch nach Ausheilung der akuten Infektion im Blut der Patienten für Wochen, manchmal Monate zu persistieren. Blutspenden solcher asymptomatischer Träger können Ursache für immer wieder berichtete Transfusions-assoziierte Fälle von Babesiose sein, die unter Umständen noch bis zu 2 Monate später manifest werden /6/.

Ein Screening auf Babesia microti wird routinemäßig vom U.S.Blutspendedienst durchgeführt. In einer Studie /11/, unter Anwendung eines arrayed fluorescence immunoassays waren 335 von 89.153 (0,38 %) Spendern positiv. Von diesen waren 20 % mittels PCR positiv und 9 Proben waren Antikörper negativ (negativ im arrayed fluorescence immunoassay), entsprechend 13 % aller PCR-positiven Proben. Zusammenfassend war das Screening auf Antikörper und auf DNA von B. microti mit einer Verminderung des Risikos einer Transfusions assoziierten Babesiose verbunden.

42.21.2 Serologische Untersuchungen

Die serologische Untersuchung ist ab der 2–3. Krankheitswoche indiziert und dient der Bestätigung der Diagnose Babesiose bei unklaren Verdachtsfällen. Sie ist zudem sinnvoll bei Patienten mit niedriger oder chronischer Parasitämie und larviertem Verlauf /23/.

IFT

Serologische Methode der Wahl ist der IFT für IgG, eventuell auch für IgM. Als Antigenquelle dienen z.B. präparierte Erythrozyten von mit humanen oder tierischen Babesien-Isolaten infizierten Hamstern. Kommerzielle Testsysteme sind für den Antikörpernachweis gegen B. divergens und B. microti verfügbar. Je nach Test und Antigen zeigen sich erhebliche Unterschiede bei den Untersuchungsergebnissen /29/. In amerikanischen Studien bei Patienten mit gesicherter Babesiose werden die Sensitivität und Spezifität des IFT orientierend mit 88–92 % bzw. mit 90–100 % angegeben /124, 7, 1012/. Für Europa sind derartige Leistungsdaten nur sehr eingeschränkt verfügbar /26/.

ELISA und Immunoblot

Diese Testsysteme sind in Speziallaboratorien verfügbar. Kommerziell angebotene Assays sind wenig standardisiert und bedürfen der weiteren diagnostischen Evaluierung /26/.

Untersuchungsmaterial

Serum: 1 ml

Grenztiter*

Immunfluoreszenz-Test (IFT)

  • IgG

Unter 64–128

  • IgM

Unter 20

* Grenztiter sind ebenso wie Sensitivität und Spezifität Test- und Hersteller-abhängig. Die hier genannten Grenztiter sind als Richtwerte zu verstehen und sollten für den im jeweiligen Labor gebräuchlichen Test mittels laborinterner Leistungsprüfung an positiven Referenzproben und an negativen Blutspenderseren für die lokale epidemiologische Situation kritisch überprüft werden.

42.21.2.1 Serologische Befundinterpretation

Die meisten Patienten zeigen 7–10 Tage nach Beginn der klinischen Symptome eine Serokonversion. Die höchsten Antikörper-Titer werden innerhalb von 3 Monaten nach Infektion beobachtet und fallen dann langsam bis unter die Nachweisgrenze ab. Bei Patienten mit persistierender niedriger Parasitämie bleiben die Titer zumeist hoch positiv /124/.

Im IFT gelten, in Abhängigkeit vom Test, IgG-Titer von 64 bzw. 128 als verdächtig, IgG-Titer von ≥ 256, oder in Kombination mit einem positiven IgM-Nachweis (Titer ≥ 20), als dringend verdächtig auf eine frische oder noch nicht lange zurückliegende Infektion. Klinisch akut erkrankte Patienten zeigen im Verlauf z.T. extrem hohe Titer (über 10.000). Als beweisend sind der Nachweis einer Serokonversion sowie der vierfache Titeranstieg im Parallelansatz mit dem Vorserum anzusehen /246/. Bei immunsupprimierten Patienten kann eine Antikörperantwort über Wochen ausbleiben und die serologische Diagnostik der akuten Infektion ist nicht verlässlich /213/.

Hinweise und Störungen zur Serologie

Falsch-positive Reaktionen gerade für IgM kommen in der Babesien-Serologie bei Autoimmunerkrankungen, CMV und EBV-Infektionen vor. Insofern sollte primär auf IgG untersucht werden. Nur im positiven Falle ist eine Untersuchung auf IgM angezeigt /246/.

Die Seroreaktivität gegen B microti ist nicht nur spezifische für Linien von B. microti sondern auch für Sublinien. Eine Studie /14/ zeigte nur eine vernachlässigbare Kreuzreaktivität.

42.21.3 Molekularbiologische Untersuchung

Dem Direktnachweis der Parasiten im Blut mittels PCR kommt in der akuten Phase der Infektion, aber auch bei der Diagnose chronischer Infektionen große Bedeutung zu /234, 6, 81314/. Entsprechende diagnostische PCR-Verfahren gelten als sehr sensitiv und spezifisch, stehen jedoch nur in Speziallaboratorien zur Verfügung und sind ungenügend standardisiert.

Als Zielsequenzen für den PCR-Nachweis von Babesien aus EDTA- oder Citrat-Blut dienen Genus-spezifische Abschnitte des 18S-rRNA-Gens.

Bei entsprechender Primerwahl werden über spezifische Zielsequenzen des 18S-rRNA-Gens theoretisch alle Babesien in einem Ansatz erfassen /238, 13/.

Bei persistierenden Infektionen, aber auch nach Therapie, kann die PCR monatelang positiv bleiben /213/. Dezidierte Aussagen zur klinisch-analytischen Leistungsfähigkeit der Methoden fehlen wegen der insgesamt geringen Zahl von Fällen.

42.21.4 Externe Qualitätskontrolle

Eine externe Qualitätskontrolle wird im Rahmen des Ringversuchs Bakteriengenom-Nachweis bzw. der bakteriologisch-infektionsserologischen Ringversuche in Deutschland nicht angeboten.

Literatur

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42.22 Sexuell übertragbare Infektionen

Lothar Thomas

Die Anzahl der übertragbaren Erkrankungen hat sich in den letzten 30 Jahren erhöht. Die bei diesen Erkrankungen übertragenen Erreger sind /1/:

  • Enteritiserreger wie Shigella sp. und Hepatitis A Virus
  • Erreger, die nach einem engen Kontakt eine Infektion auslösen können wie Neisseria meningitidis
  • Erreger, die sich über sexuelle Kontakte vermehren wie z.B das Zika Virus.

Zusätzlich zur Zunahme der antimikrobiellen Resistenz (z.B. von Neisseria gonorrhea und Mycoplasma genitalium) besteht die verstärkte Ansicht, dass es immer weniger Möglichkeiten zur Behandlung von sexuell übertragbaren Erkrankungen gibt (Tab. 42.22-1 – Klinische Syndrome bei neuen sexuellen Erkrankungen und Änderungen bekannter sexueller Erkrankungen).

Zur Identifizierung von sexuell übertragbaren Erkrankungen sind qualitative real-time PCR Tests verfügbar. Die Übereinstimmung mit anderen Tests zum Nachweis sexuell übertragbarer Erkrankungen beträgt etwa 99 % /9/.

Faktoren, die zur Entstehung, Veränderung, Verbreitung und dem Wiederauftauchen von sexuell übertragbaren Infektionen führen, beruhen auf /1/:

  • Dem Erreger selbst, z.B. durch antimikrobielle Resistenz, Virulenz und Infektiosität
  • Der Umgebung, z.B. Zugang zu biomedizinischen Interventionen (Chemsex, Kondom-freier Sex), Reisen in ferne Länder, Zugang zu Test- und Behandlungsmöglichkeiten, Social media und Online Bekanntschaften
  • Dem Betroffenen selbst, z.B. frühere Immunität in Bezug auf Hepatitis A, N. meningitidis), Koinfektion mit anderen sexuell übertragbaren Erregern, koexistierende Konditionen (zusätzlich Infektion mit HIV).

Bei Patienten mit sexueller Übertragung von Darmkeimen durch direkten Kontakt (oral-analer Kontakt) oder indirekten Kontakt (durch Kontakt mit fäkal kontaminierten Fingern oder Objekten) können die Erreger gut diagnostiziert werden.

Diagnostische Untersuchungen sexuell übertragbarer Darmkeime bei Männern die Sex mit Männern haben sind /1/:

  • Stuhlkultur
  • Empfindlichkeitstestung des relevanten Erregers
  • PCR-Untersuchung des Stuhls auf Darmkeime (nochmalige Testung, auch wenn der Erreger kulturell schon bekannt ist)
  • Untersuchung auf HIV und weitere sexuell übertragbare Erreger, inklusive rektaler Nachweis, wenn eine Proktitis vermutet wird.

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Tabelle 42.1-1 Wichtige interne Qualitätssicherungsmaßnahmen in der molekularbiologischen Diagnostik /5/

Untersuchung

Anforderung

Zulässige Abweichung

Häufigkeit

Nukleinsäureisolierung

Extraktionskontrolle über Nukleinsäure­bestimmung einer im Untersuchungsgut vorkommenden oder zugesetzten Zielsequenz (die Extraktions­kontrolle kann mit der Inhibitions­kontrolle identisch sein)

Keine Abweichung

Bei jeder Probenextraktion

NAT-Reaktions­komponenten (bei bakteriellen, mykologischen und parasito­logischen NATs)

Konformitätstestung der Reagenzien (Primer, Polymerase, Nukleotide und Sonden) durch Nukleinsäure­amplifikation der Zielsequenz mit alter und neuer Reagenzien­charge (kann über semiquantitative Bewertung der Positivkontrolle erfolgen)

Keine Abweichung

Bei neuer Reagenzien-Charge oder neu gelöstem Reagenz

Erreger-spezifischer Nuklein­säure­nachweis

Negativkontrolle

Positivkontrolle

Keine Abweichung

Bei jeder Durchführung entsprechend Herstellerangabe

Sequenz-basierte Verfahren (NAT, Sonden- und andere Hybridisierungs­verfahren)

Datenbank-Abgleich der bei diesen Nachweisverfahren benutzten Primer- und Sondensequenzen hinsichtlich der deklarierten Speziesspezifität

Keine Abweichung, die das Testergebnis beeinflusst

Jährlich, bzw. Bereitstellung durch den Hersteller

Sequenz-spezifische Genomanalyse (DNA-Sequenzierung)

Positivkontrolle

Keine Abweichung

Arbeitstäglich, sofern sich nicht durch die Beurteilung von Fluoreszenz­verläufen (Peaks) die Qualität der Zielsequenz beurteilen lässt.

Abkürzung: NAT, Nukleinsäure Amplifikations Technik

Tabelle 42.1-2 Freiwillige und verpflichtende bakteriologisch-infektionsserologische Ringversuche in Deutschland

Parameter

Nephelo­metrie

Turbidi­metrie

Widal

KBR

IFT*

IHAT

ELISA*

Immuno­blot*

RILIBÄK-pflichtig

ASL, aDNAse

X

X

ja (halbjährlich)

B. burgdorferi

X

X

X

X

ja (halbjährlich)

B. pertussis

X

X

X

X

nein

C. trachomatis

X

X

X

X

nein

C. trachomatis-Antigen

X

X

ja (halbjährlich)

C. pneumoniae

X

X

X

X

nein

Campylobacter spp.

X

X

X

CRP

X

X

X

ja (vierteljährlich)

C. burnetii

X

X

X

X

Diphtherie-Toxin

X

nein

H. pylori

X

X

X

nein

Rheumafaktor

X

X

X

ja (halbjährlich)

Salmonella spp.

X

X

nein

Tetanus-Toxin

X

nein

Syphilis

X

X

X

X

X

ja (halbjährlich)

Yersinia spp.

X

X

X

nein

* IgG, IgM, gegebenenfalls IgA

Tabelle 42.2-1 Wichtige Vertreter der Gattung Bartonella

Erreger

Reservoir

Überträger

Erkrankung beim Menschen

Humanspezifisch

  • B. bacilliformis

Mensch

Sandfliege

Carrión-Krankheit: Oroya-Fieber, Verruga perruana

  • B. quintana

Mensch

Kleiderlaus

Fünftagefieber, Bazilläre Angiomatose, Peliose, Endokarditis

Zoonotisch

  • B. clarridgeiae

Katze

Katzenfloh

Katzenkratzkrankheit

  • B. elisabethae

Ratte

Unbekannt

Neuroretinitis, Endokarditis

  • B. grahamii

Mäuse

Unbekannt

Neuroretinitis

  • B. henselae

Katze

Direkter Kontakt Katzenfliege Katzenfloh

Katzenkratzkrankheit, Bazilläre Angiomatose, Peliosis, Retinitis, Endokarditis

  • B. koehlerae

Katze

Unbekannt

Endokarditis

  • B. vinsonii ssp. arupiensis

Maus

Zecke

Bakteriämie, Fieber, Endokarditis

  • B. washoensis

Erdhörnchen

Unbekannt

Endokarditis, Myokarditis

Tierspezifisch (N = > 15: Beispiele)

  • B. alsatica, B. birtlesii, B. bovis, B. capreoli

Nagetiere, Rinder Rotwild etc.

Unbekannt, Zecken?

Bisher nicht beschrieben

Tabelle 42.3-1 Vertreter des Borrelia burgdorferi-Komplexes mit humanpathogener Bedeutung

Genospezies

Typische Vektoren

Reservoir

Human­patho­genität

Epidemiol­ogische Verbreitung

B. burgdorferi sensu strictu

I. scapularis

I. pacificus

I. ricinus

I. persulcatus (?)

Säugetiere, Vögel

+++

Nordamerika, Europa

B. garinii

I. ricinus

I. persulcatus

Kleinsäuger, Vögel

+++

Europa, Asien

B. bavariensis

I. ricinus

I. persulcatus

Kleinsäuger, Vögel

+++

Europa, Asien

B. afzelii

I. ricinus

I. persulcatus

Kleinsäuger

+++

Europa, Asien

B. spielmanii

I. ricinus

I. persulcatus

Gartenschläfer

+++

Europa

B. lusitaniae

I. ricinus

Eidechsen

(+)

Europa

B. valaisiana

I. ricinus

I. granulatus

I. columnae

Vögel

?

Europa, Japan, Taiwan, Korea

Tabelle 42.3-2 Mögliche klinische Manifestationen der Lyme-Borreliose

Stadium/Klinik

Inkubations­zeit

Frühmanifestationen (lokalisierte Infektion, Stadium I)

  • Erythema migrans (EM)
  • Allgemeinsymptome

Tage bis Wochen

Frühmanifestationen (disseminierte Infektion, Stadium II)

  • Meningoradikuloneuritis (Bannwarth-Syndrom)
  • Meningitis, Meningoenzephalitis, cerebrale Vaskulitis
  • Arthralgie (Arthritis)
  • Myalgie (Myositis)
  • Karditis
  • Borrelien-Lymphozytom
  • Multiple Erythema migrans-Läsionen

Wochen bis Monate

Spätmanifestation (persistierende Infektion, Stadium III)

  • Acrodermatitis chronica atrophicans
  • Arthritis
  • Enzephalomyelitis, cerebrale Vaskulitis
  • Periphere Neuropathie

Monate bis Jahre

Tabelle 42.3-3 Klinische Falldefinitionen und laboratoriumsmedizinische Untersuchungsindikationen, modifiziert nach Lit. /9/

Symptom

Falldefinition

Labor­medizinische Bestätigung

Unterstützende labormedizinische und klinische Information

Erythema migrans

Ausbreitung eines blau-roten Rings (> 5 cm im Durchmesser) mit oder ohne zentrale Aufhellung. Rand oft intensiv gefärbt und deutlich abgrenzbar, aber nicht erhaben.

Keine

Detektion von B. burgdorferi mittels Kultur und/oder PCR aus Hautbiopsien

Borrelien Lymphozytom

Schmerzlose, blau-rote Knoten oder Plaques, üblicherweise am Ohrläppchen, der Ohrhelix, Mamille oder Scrotum. Häufiger bei Kindern (besonders am Ohr) als bei Erwachsenen

Serokonversion oder positive Serologie

Histologie in unklaren Fällen; Histologie, Detektion von B. burgdorferi mittels Kultur und/oder PCR aus Biopsiematerial, kurzfristig zurückliegendes Erythema migrans

Acrodermatitis chronica atrophicans

Lange vorbestehende rötliche oder blau-rötliche Läsion, üblicherweise im Bereich der Extremitäten. Initial ödematöse Schwellung, später zunehmende Atrophie, z.T. mit derben Indurationen oder fibrösen Knoten über Gelenken oder Knochenvorsprüngen.

Hochpositiver IgG-Antikörper-Befund

Histologie, Nachweis von B. burgdorferi mittels Kultur oder PCR aus Biopsiematerial

Lyme Neuro­borreliose

Bei Erwachsenen zumeist Meningoradikulitis (Bannwarth-Syndrom), Meningitis und selten Enzephalitis oder Myelitis, sehr selten cerebrale Vaskulitis. Bei Kindern zumeist symptomarme Meningitis oder Facialisparese.

Pleozytose, Nachweis einer intrathekalen spezifischen Antikörpersynthese

Detektion von B. burgdorferi mittels Kultur und/oder PCR aus Liquor cerebrospinalis. Intrathekal gesteigerte autochthone Gesamt-IgM und/oder IgG- und/oder IgA-Synthese. Nachweis einer Borrelien-spezifischen Immunantwort im Serum. Kurzfristig zurückliegendes oder aktuell bestehendes Erythema migrans.

Lyme Arthritis

Rezidivierende oder persistierende Gelenkschwellung eines oder weniger großer Gelenke. Alternative Differentialdiagnosen müssen ausgeschlossen sein.

Üblicherweise hochpositiver IgG-Antikörperbefund

Analyse der Synovialflüssigkeit mit Detektion von B. burgdorferi mit PCR und/oder Kultur aus Synovialflüssigkeit oder Biopsat

Lyme carditis (selten)

Akuter Beginn eines atrioventrikulären (AV)-Blocks 1.–3. Grades. Rhythmusstörungen, gelegentlich Myokarditis oder Pancarditis bei Ausschluss anderer Ursachen.

Spezifische Antikörperantwort im Serum

Detektion von B. burgdorferi mittels Kultur und/oder PCR von endomyokardialem Biopsiematerial. Kurzfristig zurückliegendes oder aktuell bestehendes Erythema migrans und/oder typische neurologische Symptome

Augen­mani­festation (selten)

Konjunktivitis, Uveitis, Papillitis, Episkleritis oder Keratitis

Spezifische Antikörperantwort im Serum

Kurzfristig zurückliegende oder aktuell bestehende Lyme Borreliose-Manifestation und Nachweis von B. burgdorferi mittels Kultur und/oder PCR aus dem Kammerwasser

a. Sofern < 5 cm im Durchmesser ist zusätzlich der Hinweis auf Zeckenstich in der Anamnese, ein zeitlich verzögertes Auftreten um mindestens 2 Tage nach dem Biss und eine Zunahme der Effloreszenz an der Stelle des Bisses erforderlich.

b. Primär- und Folgeuntersuchungen im Serum bei Verdachtsfällen sollten regelhaft parallel mit demselben Assay-System untersucht werden.

c. In frühen Fällen von Neuro-Borreliose kann eine intrathekale spezifische Antikörpersynthese noch fehlen.

Tabelle 42.3-4 Indirekte und direkte diagnostische Verfahren bei Lyme-Borreliose*

Serologie

Erregeranzucht

Polymerase-Kettenreaktion (PCR)*

Stadium 1

Materialien

Zielsequenzen

  • Ig 20–50 % positiv

Hautbiopsie: EM 70 % positiv

Osp A-Gen, Osp B-Gen

  • IgM 50–90 % positiv

Hautbiopsie: ACA 50 % positiv

Flagellin-Gen

  • IgG 10–50 % positiv

Spezies: B. afzelii ca. 70 %

16S rRNA-Gen

23S rRNA-Gen

Andere spezifische chromosomale Genabschnitte

Stadium 2

  • Ig 70–90 % positiv

Liquor cerebrospinalis: 7–10 % positiv

  • IgM 15–70 % positiv

Spezies: B. garinii ca. 50 %

  • IgG 50–90 % positiv

Blut: 4–10 % positiv

Stadium 3

  • Ig 90–100 % positiv

Synovialflüssigkeit und andere Materialien: Sehr selten positiv!

Für PCR eingesetzte Materialien: Hautbiopsie (EM, ACA), Liquor cerebrospinalis, Synovial­flüssigkeit, Urin, Serum

  • IgM 3–7 % positiv
  • IgG 90–100 % positiv

* Die PCR ist der Diagnostik in Speziallaboratorien vorbehaltent. EM, Erythema migrans; ACA, Acrodermatitis chronica atrophicans.

Tabelle 42.3-5 Beispielhafte Kriterien für die positive Interpretation von Immunoblots, modifiziert nach Lit. /16/

B. afzelii (strain PKo) Ganzzell-Immunoblot Evaluationskriterien für Europa

IgG positiv: ≥ 2 Banden

IgM positiv: ≥ 1 Bande

p100, p58, p43, p39, p30, OspC, p21, p17, p14

p41 (stark positiv), p39, OspC, p17

B. burgdorferi s.s (strain G39/40) Ganzzell-Immunoblot Evaluationskriterien (CDC-Empfehlungen für die USA)

IgG positiv: ≥ 5 Banden

IgM positiv: ≥ 2 Banden

p83/100, p66, p58, p45, p41, p39, p30, p28, OspC, or p18

p39, OspC, p41

Evaluationskriterien für den rekombinanten Immunoblot

IgG positiv: ≥ 2 Banden

IgM positiv: ≥ 2 Banden

p100, p58, p39, VlsE, OspC, p41 int. Fragm., p18/p17

p39, OspC, p41 int. Fragm., p18/p17 oder isoliert stark positiv gegen OspC

Tabelle 42.4-1 Vertreter der Gattung Brucella mit gesicherter Pathogenität für den Menschen (modifiziert nach Lit. /19/)

Erreger

Reservoir

Erkrankung

B. abortus (Biovar 1–6, 9)

Rind

Bang’sche Erkrankung

B. melitensis (Biovar 1–3)

Schaf, Ziege

Maltafieber

B. suis (Biovar 1–5)

Schwein, Hasen

B. suis-Infektion

B. canis

Hund

B. canis-Infektion (selten)

B. pinnipedalis

Robben

B. pinnipedalis-Infektion (selten)

B. microti

Feldmaus

B. microti-Infektion (selten)

Tabelle 42.6-1 Humanmedizinisch bedeutsame Chlamydien-Spezies und -Serovare (modifiziert nach Lit. /34531/)

Spezies

Serovar

Infektionskrankheit

Chlamydiaceae

  • C. trachomatis

A–C

Trachom, in Deutschland extrem selten

D–K

Urogenitalinfektionen; häufigster bakterieller Erreger von

  • Konjunktivitis,
  • reaktiver Arthritis,
  • Neugeborenen-Pneumonie

L1–L3

Lymphogranuloma venereum (ist in die DD des Urogenitalulcus auch in Deutschland einzubeziehen)

  • C. abortus

Urogenitalinfektionen, systemische Infektionen in der Schwangerschaft

  • C. pneumoniae

Bisher (TWAR)

Bronchitis, Sinusitis, atypische Pneumonie; Durchseuchung im Erwachsenenalter > 50 %

  • C. psittaci

Ornithose/Psittakose (meldepflichtig)

Simkaniaceae

  • S. negevensis

Bronchitis, Sinusitis, Atypische Pneumonie

Tabelle 42.6-2 Leistungsfähigkeit direkter diagnostischer Verfahren bei C. trachomatis Infektionen /8/

Testverfahren

Sensitivität

Spezifität

Vorteile

Nachteile

DNA-Amplifizierung

80–90 %

> 98 %

  • Sensitiver Test
  • Nicht-invasive Probenentnahme
  • Kosten
  • Entsprechende Materiallagerung

DNA-Probe

65–75 %

98–99 %

Semi-Automatisierung

  • Sehr geringe Sensitivität
  • Bestätigungstest empfohlen

RNA-Probe

> 99 %

97,9 %

Semi-Automatisierung, Detektion vitaler Bakterien

  • Kosten
  • Sensitivität in Ringversuchen eingeschränkt

Zellkultur

60–80 %

> 99 %

Nachweis vermehrungsfähiger Erreger z.B. bei gerichtsmedizinischen Fragestellungen

  • Weniger sensitiv
  • Laborintensiv
  • Zeitaufwändig

Direkter Fluoreszenz Antikörper (DFA)

65–75 %

97–99 %

  • Geringe Sensitivität
  • Laborintensiv
  • Technische Probleme

Enzym-linked-Immuno-Assay (ELISA)

60–75 %

97–99 %

Automatisierung

  • Sehr geringe Sensitivität
  • Bestätigungstest empfohlen

Rapid oder Point-of-care (POC)-Test

25–65 %

> 97 %

  • Geringere Kosten
  • Sofortige Ergebnisse
  • Sehr geringe Sensitivität

Tabelle 42.9-1 Methoden der H. pylori-Diagnostik, diagnostische Sensitivität und Spezifität /5/

Methoden

Sensitivität

Spezifität

Histologie

80–98 %

90–98 %

Kultur

70–90 %

100 %

Urease-Test

90–95 %

90–95 %

13C- bzw. 14C-Atemtest*

85–95 %

85–95 %

Serologie (IgG-ELISA)

70–90 %

70–90 %

Stuhlantigen-Test

85–95 %

85–95 %

PCR

90–95 %

90–95 %

* 13C ist nicht radioaktiv; 14C ist radioaktiv (cave Kinder, Schwangere).

Tabelle 42.9-2 Testmethoden in Abhängigkeit von der klinischen Symptomatik, Verdachtsdiagnose und Risikoprofil des Patienten /6/

Symptome

Verdachtsdiagnose

Testoption

Dyspepsie ohne Alarmsymptome*

Unkompliziertes peptisches Ulkus

Patient > 45 Jahre: Invasive Methoden

Funktionelle Dyspepsie

Patient < 45 Jahre: Nicht-invasive Methoden

Dyspepsie mit Alarmsymptomen*

Magenkarzinom

Invasive Methoden

MALT-Lymphom

Kompliziertes peptisches Ulkus

* Alarmsymptome: Blutungen, Gewichtsverlust, etc.

Tabelle 42.11-1 Biphasischer Verlauf der Leptospirose

1. Phase der Septikämie

2. Phase der Organerkrankung

  • Fieber: 3–8 Tage
  • Myalgien
  • Neuralgien
  • Arthralgien
  • Meningismus
  • Hypotonie
  • Exantheme
  • Fieberrückfall
  • Seröse Meningitis
  • Hepatitis
  • Interstitielle Nephritis
  • Hämorrhagische Diathese
  • Leptospirose assoziiertes pulmonal hämorrhag. Syndrom

Tabelle 42.12-1 Klassifikation ausgewählter nichttuberkulöser Mykobakterien (NTM) nach ihrer Pathogenität

Gruppe

Häufig pathogen

Selten pathogen

Langsamwachsende Mykobakterien

M. kansasii

M. marinum

M. scrofulaceum

M. simiae

M. avium-intracellulare (MAI)

M. malmoense

M. celatum

M. xenopi

M. gordonae

M. gastri

M. terrae

M. triviale

Schnellwachsende Mykobakterien

M. fortuitum

M. chelonae

M. abscessus

M. phlei

M. smegmatis

M. vaccae

Tabelle 42.12-2 Vergleich der Methoden in der Mykobakterien-Diagnostik

Methode

Sensitivität

Spezifität

Dauer

Mikroskopie

50 % bzw. 104 KBE/ml

Keine Differenzierung von Mykobakterienspezies

2 Stunden

Kultur (flüssig und fest)

97 % bzw. 101–2 KBE/ml

Hoch, Speziesebene

2 bis 8 Wochen

NAT**

80–90 % bzw. 102–4 KBE/ml

Hoch, Speziesebene (Option für molekulare Resistenztestung)

2 Stunden bis zu 2 Tagen

* % bezogen auf klinisch gesicherte Fälle. KBE, Koloniebildende Einheiten.

** Nukleinsäure-Amplifikationstechniken.

Tabelle 42.12-3 Kommerzielle NAT-Tests: Gemittelte Gesamtergebnisse großer Studien mit Atemtrakt- und Nicht-Atemtraktmaterialien bezogen auf kulturelle und klinische Daten (Angaben in %)

Insgesamt n = 7.352

Mikroskopisch positive

Mikroskopisch negative

Sens

Spez

PV

NV

Sens

Spez

PV

NV

Sens

Spez

PV

NV

85

99

98

95

95

100

100

98

68

99

94

96

Sens, Sensitivität; Spez, Spezifität; PV, NV, positiver und negativer Vorhersagewert.; NAT, Nukleinsäure Amplifikations Technik

Tabelle 42.14-1 Erreger und Charakteristika verschiedener T. pallidum-Infektionen

Sexuell übertragbare Syphilis

Bejel (Endemische Syphilis)

Yaws (Frambösie)

Pinta

Erreger

T. pallidum

T. pallidum

T. pallidum

T. carateum

Subsp. pallidum

Subsp. endemicum

Subsp. pertenue

Verbreitung

Weltweit

Mittlerer Osten, Afrika

Afrika, Pazifik

Zentral- und Südamerika

Bevorzugtes Klima

Unabhängig

Subtropisch

Tropisch

Warm

Überwiegendes Infektionsalter (in Jahren)

15–40

< 1–10

1–15

10–30

Übertragungsmodus

Sexuell, konnatal

Hautkontakt

Hautkontakt

Hautkontakt

Spätkomplikationen:

  • Haut/ Schleimhaut

+

+

+

+

  • Knochen/ Knorpel

+

+

+

  • ZNS

+

  • Herz/ Kreislauf

+

Tabelle 42.14-2 Untersuchungsmethoden zur Syphilisdiagnostik und deren diagnostische Funktion

Testbezeichnung

Diagnostische Funktion

Dunkelfeldmikroskopie (DFM)

  • Direkte Immunfluoreszenz* (DFA)

Erregernachweis in Patientenmaterial

  • Tp-Nukleinsäure-Amplifikation (NAT,PCR)

Tp-Hämagglutinationstest (TPHA)

Ausschluss- bzw. serologische Suchreaktionen

  • TP-Partikelagglutinationstest (TPPA)

Tp-Latexagglutinationstest (TPLA)

  • Tp-ELISA (kompetitiv)
  • Tp-ELISA (indirekt)
  • Tp-Chemilumineszenz-Assay

FTA-ABS-Test

Serologische Bestätigungsreaktionen

IgG-FTA-ABS

Tp-Immunoblot

Tp-IgM-FTA-Test

Bewertung der Behandlungsbedürftigkeit und serologische Verlaufskontrolle nach Behandlung

Tp-IgM-ELISA

VDRL-Test**

Rapid Plasma Reagin-Test (RPR)

Cardiolipin-KBR

* Mit FITC-markiertem Anti-Tp-Antikörper

** Venereal Diseases Research Laboratories-Test

Tabelle 42.14-3 Befundbewertung bei Verdacht auf Primär- bzw. Sekundärsyphilis*

Antikörper-Befund

Beurteilung

Hinweis

Tp-Suchreaktion

Negativ

Zur Zeit kein Anhalt für seroreaktive Tp-Infektion.

Sofern eine Tp-Infektion innerhalb der letzten 14 Tage vor Untersuchung erworben sein könnte, wird kurzfristige Kontrolle empfohlen.

Tp-Suchreaktion

Negativ

Bei klinisch verdächtiger Läsion an Ulcus molle, Herpes genitalis oder Lymphogranuloma venereum denken.

Ggf. erregerspezifische Differentialdiagnostik.

Tp-Bestätigungsreaktion

Negativ

Cardiolipin-Reaktion

Negativ

Tp-Suchreaktion

Negativ

Unplausible Befundkonstellation.

Biologisch unspezifischer Befund.

Tp-Bestätigungsreaktion

Negativ

Cardiolipin-Reaktion

Positiv

Tp-Suchreaktion

Positiv

  • Frühe Primärsyphilis.
  • Restbefund nach früherer Infektion.
  • Biologisch unspezifischer Befund.

Kurzzeitige Kontrolle erforderlich. Bei gleichbleibendem Befund der Kontrolluntersuchung Differenzierung zwischen IgG-Serumnarbe und unspezifischem Befund nicht immer möglich.

Tp-Bestätigungsreaktion

Negativ

Cardiolipin-Reaktion

Negativ

Tp-Suchreaktion

Negativ

  • Frühe Primärsyphilis.
  • Restbefund nach früherer Infektion.
  • Biologisch unspezifischer Befund.

Kurzfristige Kontrolle zum Ausschluss einer akuten Infektion. Niedrige Titer in den Tp-Suchreaktionen bzw. Bestätigungsreaktionen sind verdächtig auf früher durchgemachte und ausgeheilte Tp-Infektionen.

Tp-Bestätigungsreaktion

Positiv

Cardiolipin-Reaktion

Positiv

Tp-Suchreaktion

Positiv

  • Sanierend behandelte oder spontan ausgeheilte Tp-Infektion.
  • Tp-Infektion im Primärstadium nicht ausgeschlossen.

Fehlt eine Infektions- und Behandlungsanamnese, ist eine kurzfristige Kontrolluntersuchung oder Abklärung durch einen Tp-spezifischen IgM-Antikörper-Assay erforderlich.

Tp-Bestätigungsreaktion

Positiv

Cardiolipin-Reaktion

Negativ

Tp-Suchreaktion

Positiv

  • Behandlungsbedürftige Tp-Infektion (aller Stadien).
  • Spontan ausgeheilte Tp-Infektion (IgG-Serumnarbe).

Sofern Infektions- und Behandlungsanamnese sowie klinische Erscheinungen einer Tp-Infektion fehlen, sollte der Befund auch durch einen Tp-spezifischen IgM-Antikörper-Assay weiter abgeklärt werden.

Tp-Bestätigungsreaktion

Positiv

Cardiolipin-Reaktion

Positiv

* Schwach positive oder zweifelhafte Ergebnisse in den Tests bedürfen grundsätzlich der Kontrolle

Tabelle 42.14-4 IgM-Antikörper-Konstellationen und deren infektionsimmunologische Bewertung

IgM-Titer*

Befundinterpretation

Hinweis

< 1 : 10

Bei TPHA/TPPA-Titern ≤ 1 : 10.000, kein Anhalt für behandlungsbedürftige Syphilis.

Vergleiche Text

Bei TPHA-Titern ≥ 1 : 10.000: In vivo-Blockierung der IgM-Synthese möglich.

Vergleiche Text

1 : 10–1 : 20

Grenzwertiger Befund. Kommt bei Patienten mit Frühinfektion, aber auch bei solchen mit latenter oder zurückliegender behandelter Infektion vor.

Bei unbekannter Infektion: Behandlungsbedürftig.

Bei bekannter Behandlungsanamnese: Weitere Verlaufskontrollen.

1 : 40–1 : 160

Häufig behandlungsbedürftige Treponemeninfektion im Primär-, Latenz- oder Tertiärstadium bzw. bei Patienten mit Zweitinfektion. Entsprechende Titerwerte können auch nach Therapie gefunden werden.

Bei unbekannter Anamnese: Behandlungsbedürftigkeit.

Bei bekannter Behandlungsanamnese: Weitere Verlaufskontrollen.

≥ 1 : 320

In nahezu allen Fällen: Behandlungsbedürftige Syphilis.

Vergleiche Text

* Die Titerangaben beziehen sich auf den fraktionierten IgM-FTA-ABS-Test bzw. den IgM-FTA-ABS-Test nach IgG-Präzipitation. Bei Auftrennung der Proben mit der Gel- oder Ionenaustausch-Chromatographie liegen die Verdünnungsfaktoren in einer Größenordnung von 1 : 5 bis 1 : 30 und müssen gegebenenfalls für die einzelnen Proben ermittelt werden. Bei der Kombination des IgM-FTA-ABS-Tests mit der IgG-Präzipitation ist der Ausgangstiter 1 : 10.

Tabelle 42.14-5 Konstellationen immunologischer Parameter zur Diagnose der Neurosyphilis

Antikörper im Serum

Antikörper im Liquor

Albumin L/S-Quotient

L/S-Quotient der Suchreaktion

Beurteilung und Bemerkungen

TPHA*

Positiv

TPHA*

Normal

Normal

Kein Anhalt für ZNS-Beteiligung an der Infektion. Neurosyphilis ausgeschlossen oder narbenlos ausgeheilt.

IgM**

Negativ

Positiv

< 3,0

TPHA

Positiv

TPHA

Normal

Erhöht

Ausgebrannte Neurosyphilis mit Produktion T. pallidum-spezifischer IgG-Antikörper im ZNS.

IgM

Negativ

Positiv

> 3,0

TPHA

Positiv

TPHA

Erhöht

Normal

Die Erhöhung des Titers der Suchreaktion kann durch Schrankenstörung bedingt sein.

IgM

Negativ

Positiv

< 3,0

TPHA

Positiv

TPHA

Normal

Normal

Behandlungsbedürftige Syphilis ohne erkennbare Beteiligung des ZNS an der Infektion.

IgM

Positiv

Positiv

< 3,0

TPHA

Positiv

TPHA

Normal

Erhöht

Behandlungsbedürftige Neurosyphilis, Produktion T. pallidum-spezifischer IgG-Antikörper im ZNS.

IgM

Positiv

Positiv

> 3,0

TPHA

Positiv

TPHA

Erhöht

Erhöht

Behandlungsbedürftige Neurosyphilis mit Schrankenstörung und Synthese T. pallidum-spezifischer IgG-Antikörper im ZNS.

IgM

Positiv

Positiv

> 3,0

* oder vergleichbare Suchreaktion; ** Fraktionierter IgM-FTA-ABS-Test oder anderer IgM-Antikörper-Assay mit vergleichbarer Sensitivität und Spezifität

Tabelle 42.14-6 Befundbeurteilung im Serum des Neugeborenen bei Verdacht auf neonatale Syphilis

Antikörper-Befund

Beurteilung

Tp-Suchreaktion

Negativ

Angeborene Syphilis unwahrscheinlich. Sofern aus klinischer Sicht der Infektionsverdacht weiterbesteht, z.B. bei Infektion der Mutter im letzten Trimenon der Schwangerschaft, Tests am Ende des 1. Lebensmonats wiederholen. Angeborene Syphilis unwahrscheinlich. Bei weiter bestehendem klinischen Verdacht Test kurzfristig wiederholen.

Tp-Bestätigungsreaktion

Negativ

Cardiolipin-Reaktion

Negativ

Tp-Suchreaktion

Positiv

Wird bei der Kontrolluntersuchung ein Titerabfall der IgG-Antikörper festgestellt, kann eine neonatale Syphilis ausgeschlossen werden.

Tp-Bestätigungsreaktion

Positiv

Cardiolipin-Reaktion

Negativ

IgM-Antikörper-Assay

Negativ

Tp-Suchreaktion

Positiv

Kein sicherer Hinweis auf eine angeborene Syphilis. Wird hingegen ein Titeranstieg und/oder eine Veränderung des IgM-Antikörper-Assay von negativ nach positiv festgestellt, liegt eine behandlungsbedürftige neonatale Syphilis vor.

Tp-Bestätigungsreaktion

Positiv

Cardiolipin-Reaktion

Positiv

IgM-Antikörper-Assay

Negativ

Tp-Suchreaktion

Positiv

Behandlungsbedürftige neonatale Syphilis.

Tp-Bestätigungsreaktion

Positiv

Cardiolipin-Reaktion

Positiv

IgM-Antikörper-Assay

Positiv

Tabelle 42.18-1 Erkrankungen durch S. pyogenes

Eitrige/invasive Erkrankungen

  • Tonsillitis/Pharyngitis (Komplikationen: Scharlach, Sinusitis, Otitis, Pneumonie)
  • Haut- und Weichgewebeinfektionen (Erysipel, Phlegmone, Impetigo contagiosa, nekrotisierende Fasciitis)
  • Streptokokken-assoziiertes toxisches Schock-Syndrom (STSS)

Nicht-eitrige Folgeerkrankungen

  • Akutes rheumatisches Fieber (ARF)
  • Akute Glomerulonephritis (AGN)

Tabelle 42.18-2 Kriterien des akuten rheumatischen Fiebers (ARF)

Hauptkriterien

Nebenkriterien

Karditis

Fieber

Wandernde Polyarthritis

Arthralgie

Chorea minor (Sydenham)

Erhöhte Entzündungs­parameter: Leukozytose, BSG ↑ oder CRP ↑

Subkutane Knötchen

Verlängerte PQ- oder PR-Zeit im EKG

Erythema anulare rheumaticum (syn. Erythema marginatum)

Tabelle 42.21-1 Wichtige Vertreter der Gattung Babesia /23/

Erreger

Reservoir

Überträger

Geographische Verbreitung

Mortalität (Zahl der Fälle)

Zoonotisch

  • B. divergens

Rinder

I. ricinus

Europa

42 % (N = > 30)

  • B. microti

Kleinsäuger

I. scapularis, I. ricinus

USA, Europa

~ 5 % (USA: N = > 200; Europa)

  • B. venatorum

Wild

I. ricinus

Europa

0 % (N = 3)

  • B. duncani

Unbekannt

Unbekannt

USA

11 % (N = 9)

Tabelle 42.22-1 Klinische Syndrome bei neuen sexuell übertragbaren Erkrankungen und Änderungen bei bekannten sexueller Erkrankungen /1/

Klinische und Laborbefunde

Chlamydia trachomatis, Serovar L1, L2, L3

Chlamydia trachomatis Serovare verursachen das Lymphogranuloma venereum (LGV). Die Infektion breitet sich generell über das lymphatische System und die regionalen Lymphknoten aus und es kommt zu einer inguinalen Lyphadenopathie. Das LGV hat sich vorwiegend bei Männern, die Sex mit Männern haben, ausgebreitet /1/. Die rektale LGV-Infektion kann bei Männern eine Proktitis mit rektalen Schmerzen und bei Frauen einen vaginalen Ausfluss verursachen und in manchen Fällen schwerwiegend sein, bedingt durch eine Proktokolitis, die Symptome einer inflammatory bowel disease verursachen kann. Das LGV wird durch eine Serovar-spezifische Nukleinsäure von C. trachomatis diagnostiziert. Männer, die mit Männern Sex hatten und klinisch eine schwere Proktitis haben, bedürfen der Behandlung, bevor ein positiver Befund auf C. trachomatis oder genotypische Befunde vorliegen und die Männer sollten auch untersucht und behandelt werden auf andere Ursachen als eine sexuell erworbene Proktitis /2/.

EBOLA

Das Ebola-Virus kann im Samen männlicher Überlebender mit der Ebola-Virus-Erkrankung nachgewiesen werden. Das Virus ist die Basis einer sexuellen Übertragung noch Monate nach Gesundung einer Ebola-Virus-Erkrankung. Die reverse transcriptase PCR Testung des Samens auf Ebola-Virus, ist noch bis zu 158 Tage nach Ausbruch der Erkrankung nachweisbar. Die WHO empfiehlt, dass den Überlebenden einer Ebola-Virus Erkrankung die RT-PCR des Samens auf Ebola-Virus noch 3 Monate nach Beginn der Erkrankung angeboten wird. Diejenigen mit positivem Test sollten keinen Sex haben oder ein Kondom benutzen und monatlich der Samen mindestens einmal auf Ebola-Virus getestet werden /13/.

Darmkeime

Die sexuelle Übertragung von Darmkeimen wie Shigella species und Campylobacter species gehen mit gastrointestinalen Ausbrüchen bei Männern, die Sex mit Männern hatten, einher /1/.

Gonorrhoe

Die zunehmende antimikrobielle Resistenz von Neisseria gonorhoeae ist ein dringendes Problem. In den USA gibt es jährlich etwa 550.000 Antibiotika-resistente Infektionen /4/. Für weitere Informationen über Neisseria gonorhoeae siehe Beitrag 42.8.

Hepatitis A

Hepatitis A wird faecal-oral übertragen durch die Aufnahme kontaminierter Lebensmittel oder den direkten Kontakt mit einer infizierten Person. Für weitere Informationen über Hepatitis A Virus siehe Beitrag 43.25.

Mycoplasma genitalium

Die Mycoplasma genitalium Infektion ist eine Ursache der Nicht-Gonokokken-Urethritis bei Männern und der entzündlichen Beckenerkrankung bei Frauen. Die Europäischen Leitlinien empfehlen eine Testung nur bei symptomatischen Patienten und zur Verhinderung einer nochmaligen Infektion und bei Partnern von Patienten mit der Bestätigung einer Infektion mit M. genitalium /15/. Da der Erreger nicht auf den routinemäßig gebrauchten Nährmedien wächst, ist bei Untersuchung von Urogenitalproben die Nukleinsäureamplifikation zu empfehlen /6/.

Neisseria Meningitidis

Bei etwa 10 % der Gesunden besiedelt Neisseria meningitidis den Nasopharynx. Weniger häufig werden andere Schleimhäute besiedelt wie Rektum, Urethra und Cervix. Der Keim wird zunehmend als sexuell übertragbar erachtet, und zwar bei heterosexuellen Männern (Urethritis) und bei Männern, die Sex mit anderen Männern haben (invasive Meningokokken-Erkrankung). Bei Abstrichen der Harnröhre werden Gram-negative intrazelluläre Diplokokken gesehen, aber mittels Nukleinsäureamplifikation wird keine Gonokokken DNA nachgewiesen /17/.

Syphilis

Siehe Beitrag 42.14.

Zika Virus

Das Zika Virus wird durch Gelbfiebermücken (Aedes mosquitoes) übertragen und verursacht eine Dengue-ähnliche Erkrankung. Die Infektion mit dem Zika Virus während der Schwangerschaft kann zu einer Microenzephalie und anderen Hirnanomalien führen. Zur Verhinderung des Risikos der sexuellen Übertragung empfehlen die Richtlinien der WHO Kondome beim Sexualverkehr zu benutzen nach einer möglichen Exposition mit dem Zika Virus /18/.

3. Reservetest, alternativer Immunoblot Positiv/grenzwertig Positiv/grenzwertig Negativ Keine weiteren Untersuchungen Keine weiteren Untersuchungen = falsch-positives Ergebnis der Suchtests Grenzwertig Positiv Negativ Negativ Keine weiteren Untersuchungen = falsch-positive Reaktion des Suchtests Keine weiteren Untersuchungen = gesicherte positive Borrelienserologie 2. Abklärungstest auf IgG und IgM (Immunoblot) 1. Suchtest quantitativ auf IgG und IgM, z.B. ELISA Aktuell keine weiteren TestsCave: Seronegativität im Frühstadium

Abbildung 42.3-1 Serologische Stufendiagnostik bei Verdacht auf Lyme-Borreliose.

p41 FlaB OspC VlsE-Mix p39 DbpA-Mix OspC OspC VlsE-Mix p39 DbpA-Mix DbpA-Pko p58 p83 IgG control p58 p41 FlaB p39 BmpA OspC Osp17 p100 VlsE p41 p39 OspC-Mix p41/i B. garinii p41/i B. afzelii p18 Lysat-Immunoblot IgM IgG Line-Immunoblot IgM IgG Rekombinanter Immunoblot IgM IgG

Abbildung 42.3-2 Beispiele für unterschiedliche Immunoblotformate mit verschiedenen Antigenpräparationen.

84,189,298,790,782,282,683,879,586,078,292,582,974,583,273,0 ELISA-IgGELISA-IgMCLIA-IgGCLIA-IgMImmunoblot IgGImmunoblot IgMLineblotDiagnosticsPHA qualPHA quantELISA qualIFT IgG qualIFT IgG quantIFT IgM qualIFT IgM quant 0 20 40 60 80 100 Bestehensquote (%)

Abbildung 42.3-3 Bestehensquoten in der Borrelien-Serologie (Testverfahren und diagnostische Bewertung) 2006–2008.

Negativ (1) Negativ (2) Negativ (3) Positiv Positiv Positiv oder nicht sicher bewertbar Tp-Suchreaktion Tp-Bestätigungsreaktion Tp-IgM-Antikörper-Assay Verlaufskontrolle(nach spezifischer Behandlung)

Abbildung 42.14-1 Untersuchungsgang bei Verdacht auf T. pallidum-Infektion.

1. Z. Zt. Kein Anhalt für seropositive T. pallidum-Infektion. Ausnahmen s. Text

2. Ergebnisbewertung s. Tab. 42.14-3 – Befundbewertung bei Verdacht auf Primär- bzw. Sekundärsyphilis

3. Ergebnisbewertung s. Tab. 42.14-3 und Tab. 42.14-4 – IgM-Antikörper-Konstellationen und deren infektionsimmunologische Bewertung

Trep. spez. IgG Trep. spez. IgM Seroreaktivität Re-aktiv Nicht re-aktiv Erst-Exan- them Rezidiv-Exantheme Anti-Lipoid- IgG Anti-Lipoid- IgM Infektion PA (T. pall. +)Zellzerfall Spätlatenz Wochen 0 1 2 3 4 5 2 3 4 5 6 7 8 10 10 20 30 40 50 12 Jahre post infectionem Früh-latenz Stadium des Primär-affektes Tertiär- (Neuro-)syphilis Sekundär-syphilis Primär-syphilis

Abbildung 42.14-2 Antikörper-Konstellationen in den verschiedenen Stadien der unbehandelten Treponema-Erstinfektion. Der Zeitpunkt der Nachweisbarkeit der verschiedenen Antikörper wird als Mittelwert nach Auswertung der Ergebnisse mehrerer hundert Patienten angegeben. Individuelle Abweichungen, z.B. bei Patienten mit Antikörpermangelsyndrom oder nach Spontanheilung der Infektion, konnten nicht berücksichtigt werden. PA, Primäraffekt

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