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Schwangerschaft

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Lothar Thomas

38.1 Laborbefunde in der ungestörten Schwanger­schaft

Physiologische Veränderungen des mütterlichen Organismus sind eine entscheidende Voraussetzung für den normalen Verlauf der Schwangerschaft und eine ungestörte Entwicklung des Embryos und des Feten. Dabei werden die adaptiven Prozesse, die nahezu den gesamten Organismus der Schwangeren betreffen und zu erheblichen Abweichungen von der Physiologie führen, weitgehend von der Fruchtanlage und dem wachsenden Kind gesteuert /1/.

Die Plazenta ist ein einzigartiges Organ und wird neu gebildet für die Entwicklung und Wachstum des Feten. Das Gewicht der Plazenta beträgt in der Regel 400–500 g und tendiert kleiner zu sein bei der Präeklapsie und der Schwangerschafts-induzierten Hypertonie. Da die Substrate für den embryonalen und fetalen Stoffwechsel aus dem Blut der Mutter über die Plazenta an den Feten weitergegeben werden und die katabolen Produkte des Feten den gleichen Weg zurück in die Zirkulation der Mutter nehmen, vermittelt die Plazenta einen Eindruck zu pathologischen Vorgängen in der Schwangerschaft.

In der Schwangerschaft treten signifikante Veränderungen auf bei /1/:

  • Der Konzentration von Hormonen
  • Dem Stoffwechsel von Kohlenhydraten, Lipiden und Proteinen
  • Dem Blutvolumen.

Diese Veränderungen führen zu einer signifikanten Zu- oder Abnahme der Resultate von Laboruntersuchungen, die sich im Verlaufe der Schwangerschaft noch verstärken.

38.1.1 Hormone

Für die Anpassung an die Schwangerschaft sind im Wesentlichen Hormone verantwortlich, die im Trophoblasten der Plazenta gebildet werden; als inkomplettes endokrines Organ muss die Plazenta jedoch für die Steroidsynthese teilweise auf mütterliche und fetale Hormonvorläufer zurückgreifen (feto-materno-plazentare Einheit). Auch kommt es in der Schwangerschaft zu erheblichen Veränderungen von Hormonen der hypothalamisch-adrenalen Achse, der hypothalamisch-somatotrophen Achse und hypothalamisch-gonadotrophen Achse der Schwangeren.

Siehe:

Normale Konzentrationen von Schilddrüsenhormonen sind die Voraussetzung einer erfolgreichen Reproduktion. Siehe Beitrag 38.1.8 – Schilddrüsenfunktion in der Schwangerschaft.

38.1.2 Blutvolumen und Hämatopoese

Etwa die Hälfte der physiologischen Gewichtszunahme der Schwangeren kommt durch eine Neubildung von mütterlichem Gewebe und die Einlagerung von Wasser zustande. Die Einlagerung von Wasser beträgt am Ende der Schwangerschaft etwa 4–6 Liter. Ein wichtiger Stimulus der zunehmenden Retention von Wasser und Na+ ist die arterielle Vasodilatation, die folgenden Konsequenzen hat /2/:

  • Verminderung des systolischen und diastolischen Blutdrucks.
  • Erhöhung des Herzminutenvolumens.
  • Nicht-osmotische Stimulation des Durstmechanismus und eine erhöhte Freisetzung von Vasopressin.
  • Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems (RAAS) wird stimuliert.

Die Stimulation des RAAS erfolgt in der Schwangerschaft schon früh in Assoziation mit der Abnahme des Widerstandes der Gefäße und trotz einer Volumenzunahme. Es kommt zu einem kontinuierlichen Anstieg von Renin und Aldosteron im Plasma. Eine positive Korrelation besteht zwischen dem Anstieg von Renin, Aldosteron und Progesteron im Schwangerschaftsverlauf. Eine Hypokaliämie tritt jedoch nicht auf, auch bleibt die Konzentration von Na+ im Serum normal, trotz des Anstiegs von Aldosteron.

Siehe auch Kapitel 31 – Renin-Angiotensin-Aldosteron System.

Die genannten Mechanismen führen zu folgenden Veränderungen /3/:

  • Zunahme des mütterlichen Blutvolumens ab der Schwangerschaftswoche (SSW) 6, in der SSW 33 beträgt die Zunahme 1,6 Liter.
  • Erhöhung des renalen Blutflusses um 60–80 %, ab Mitte der Schwangerschaft.
  • Anstieg der glomerulären Filtrationsrate ab SSW 4 und während der gesamten Schwangerschaft und bleibende Erhöhung um 50 % bis nach der Entbindung.

Hämatopoese

Das Plasmavolumen nimmt kontinuierlich während der Schwangerschaft zu, und zwar stärker als die Masse der Erythrozyten. Als Folge nimmt die Konzentration von Hämoglobin ab.

Hämoglobin (Hb)

Die Anämie ist eine der häufigsten Ursachen mütterlicher Morbidität in der Schwangerschaft, insbesondere in den Entwicklungsländern. Die Anämie resultiert aus drei wesentlichen Ursachen:

  • Verminderte Bildung von Erythrozyten aufgrund des Mangels an Eisen, Vitamin B12 oder Folsäure.
  • Hämoglobinopathien mit verkürzter Lebenszeit der Erythrozyten.
  • Verlust von Erythrozyten durch Blutung.

Bei normaler Schwangerschaft kommt es zu einer Vermehrung der Masse an Erythrozyten des Organismus um 20–30 %, abhängig vom Eisen- und Vitaminstatus. Obwohl die Gesamtmenge der Erythrozyten und damit die Transportkapazität für O2 zunimmt, kommt es durch den überproportionalen Anstieg des Plasmavolumens zu einer Abnahme von Hb und Hämatokrit und der Ausbildung einer physiologischen Anämie in der Schwangerschaft. Die WHO empfiehlt, dass die Hb-Konzentration zu keiner Zeit in der Schwangerschaft unter 110 g/l abfallen soll.

Für die Synthese von mütterlichen und fetalen Erythrozyten werden im Verlauf der Schwangerschaft täglich zum physiologischen Eisenbedarf zusätzlich 4 mg Eisen benötigt, 2,5 mg in der Frühschwangerschaft und 6,6 mg im letzten Trimenon /4/. Obwohl die Absorption von Eisen aus der Nahrung im Verlauf der Schwangerschaft zunimmt, kann der tägliche Bedarf an Eisen selbst bei optimaler Kost nicht gedeckt werden. Zur ausreichenden Synthese von Hb und eisenhaltiger Enzyme muss der Organismus auf die Reserve an Speichereisen zurückgreifen. Da dieses bei vielen Frauen im gebärfähigen Alter nur 0,2–0,5 g beträgt und oft von Schwangeren die empfohlene orale Eisensubstitution nicht ordnungsgemäß befolgt wird, beträgt die Inzidenz der postpartalen Anämie, abhängig von der untersuchten Population, 20–40 % /5/.

Thrombozytenzahl

Abnahme von der SSW 20 bis zur Entbindung um 11,9 %, und 8 % der Schwangeren unterschreiten eine Thrombozytenzahl von 130 × 109/l.

Siehe Tab 15.11-9 – Thrombozytenzahl in der Schwangerschaft.

Leukozytenzahl

Die Zahl der polymorphkernigen Granulozyten nimmt in der Schwangerschaft zu /6/.

Siehe Tab. 38.1-2 – Verhalten der Leukozyten in der Schwangerschaft.

38.1.3 Hämatopoese

Das Plasmavolumen nimmt während der Schwangerschaft kontinuierlich zu, aber die roten und weißen Blutzellen wechseln in ihrer Anzahl, denn /37/:

  • Das Plasmavolumen nimmt stärker zu als die Masse der roten Blutzellen, deshalb tritt ein Abfall des Hämoglobins und des Hämatokrits auf.
  • Es tritt eine Vergrößerung der Milz auf, mit der Folge einer leichten Thrombozytopenie.
  • Die Immunabwehr ändert sich, um die fetale Entwicklung nicht zu gefährden, somit ändert sich die Verteilung der weisen Blutzellen.

Siehe auch Tab. 38.1-8 – Trimester Referenzintervalle für Hämatologie-Parameter.

38.1.4 Nierenfunktion

Verglichen mit dem Plasmavolumen, dem renalen Plasmafluss und der glomerulären Filtrationsrate von Nicht-Schwangeren erhöhen sich diese Größen in der Schwangerschaft. Der renale Plasmafluss, gemessen mittels der Clearance von Paraaminohippursäure, nimmt um 60–80 % zu, bedingt durch die renale Vasodilatation.

  • Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR), gemessen mit der Inulin-Clearance, steigt ab Ende des ersten Trimesters um 50 % an. Das bleibt während der gesamten Schwangerschaft so und erst nach Entbindung werden die Werte vor Beginn der Schwangerschaft wieder erreicht.
  • Die renalen Funktionstests zeigen keine signifikanten Veränderungen der Referenzbereiche gegenüber denjenigen von Nicht-Schwangeren /35/.

Erhöhte Werte sind mit einem erhöhten Risiko der Entwicklung von Komplikationen in der Schwangerschaft und der Ausbildung von Nachteilen für das Neugeborene verbunden. Inbesondere die Verschlechterung der Funktionswerte der Nieren im dritten Trimester gehen mit einer Frühgeburt und einer Wachstumsretardierung einher. So sind die Konzentrationswerte der Harnsäure und von Cystatin C (1. Trimester im Vergleich zum 3. Trimester) höher. Kein Anstieg ist jedoch beim Creatinin und dem Harnstoff zwischen dem 1. und dem 3. Trimester messbar /35/.

Creatinin

Die Konzentration von Creatinin im Serum nimmt im ersten Trimester um 10 % ab und im letzten Trimester um 30 %. Die mittleren Creatininwerte sind präkonzeptionell und in den nachfolgenden Trimestern aufgezeigt in Tab. 38.1-3 – Verhalten des Serumcreatinins vor und in der Schwangerschaft. Ein Creatinin im Serum über 0,85 mg/dl (75 μmol/l) wird als Indikator einer beginnenden Nierenfunktionsstörung angesehen /7/ und ein Wert über 1,2 mg/dl (106 μmol/l) ist hoch verdächtig auf eine Präeklampsie /8/.

Formeln zur Berechnung der GFR aus dem Wert des Creatinins im Serum und auch die Bestimmung der Creatinin-Clearance sind in der Schwangerschaft nicht anwendbar.

Die oberen Referenzbereichsgrenzen für Creatinin, Cystatin C und Neutrophil-gelatinase-associated lipocalin im Serum ändern sich unterschiedlich in der Schwangerschaft.

Siehe Tab. 38.1-5 – Obere Referenzbereichsgrenzen in der Schwangerschaft.

Harnsäure

Die Konzentration der Harnsäure nimmt kontinuierlich in der Schwangerschaft zu /8/. Nach einer Studie /35/ von 1,71 (1,43–2,04) mmol/l im Trimenon 1 auf 3,93 (3,39–4,55) mmol/l im Trimenon 3 (in Klammern ist das 95 % Konfidenzintervall aufgezeigt). Ursachen sollen die Verminderung der tubulären Sekretion und eine Zunahme des oxidativen Stresses der Schwangeren sein. Bei Schwangeren mit Hypertonie und Präeklampsie kommt es zu einem nicht verhältnismäßigen Anstieg der Harnsäure. Harnsäurewerte bei nicht hypertensiven im Vergleich zu hypertensiven Schwangeren zeigt Tab. 38.1-4 – Verhalten der Serumharnsäure bei Schwangeren mit und ohne Bluthochdruck. Die Bestimmung der Harnsäure im Serum ist ein Screeningtest bei Verdacht auf Präeklampsie. Bei einem Grenzwert von ≥ 5,5 mg/dl (327 μmol/l) bei Schwangeren mit neu aufgetretenem Bluthochdruck beträgt die diagnostische Sensitivität für eine Präeklampsie 69 %, bei einer Spezifität von 51 % /9/.

Proteinurie

Die Ausscheidung von Albumin im Urin steigt leicht aber kontinuierlich bis zum Geburtstermin an, die von Totalprotein kann bis zu 300 mg/24 h betragen.

Folgen der Schwangerschaft bei chronischer Niereninsuffizienz

Das Risiko von Komplikationen in der Schwangerschaft bei der chronischen Niereninsuffizienz, ausgedrückt als Odds-Ratio, sind /10/:

  • Präeklampsie 10,36 (95 % CI 6,28–17,09)
  • Frühgeburt 5,72 (95 % CI 3,26–10,03)
  • Neugeborenes zu klein oder Untergewicht 4,85 (95 % CI 3,03–7,76)
  • Schnittentbindung 2,67 (95 % CI 2,01–3,54)
  • Keine Schwangerschaft 1,80 (95 % CI 1,03–3,13)

38.1.5 Leberfunktion

Die Leber durchläuft in der Schwangerschaft physiologische Veränderungen, da synthetische und exkretorische Funktionen verstärkt in Anspruch genommen werden. Die Reservekapazität der Leber reicht jedoch aus dies zu bewerkstelligen, so dass es zu keinen pathologischen Laborbefunden kommt.

Enzyme

Im Referenzbereich bleiben Aminotransferasen, GGT und Cholinesterase. Jede Erhöhung der Enzym in der Schwangerschaft spricht deshalb für eine zelluläre Schädigung und bedarf der Abklärung /11/. Eine Ausnahme ist die alkalische Phosphatase (AP), deren Konzentration ab SSW 20 kontinuierlich ansteigt und am Ende der Schwangerschaft eine 2–4 fache Erhöhung gegenüber dem Ausgangswert zeigt. Die AP wird von der Plazenta gebildet.

38.1.6 Hämostase

Die hämostatische Balance ist während der Schwangerschaft in Richtung der Hyperkoagulabilität verschoben, um Blutungskomplikationen während der Entbindung vorzubeugen. Siehe weiterführend Beitrag 16.4 – Hämostase bei Schwangeren. Die Konzentration der D-Dimere schwankt erheblich am Geburtstermin und ist nicht zum Ausschluss einer venösen Thrombose indiziert /12/.

38.1.7 Glucosestoffwechsel

Im ersten Trimester besteht bei der Schwangeren eine erhöhte Insulinsensitivität und mit dem Wachstum des Embryos kommt es zu einer verstärkten Insulinsekretion. Diese ist besonders hoch im letzten Trimenon, da die Hormone Östradiol, Progesteron, hCG und hPL eine leichte Insulinresistenz der Gewebe bewirken.

Im Nüchternzustand haben Schwangere niedrigere Glucosewerte als nicht schwangere Frauen, da der Fetus im letzten Trimester 30–50 g Glucose täglich benötigt. Die Schwangere hat die Tendenz zur Ketose, da schneller ein Hungerzustand auftritt und ihr Stoffwechsel auf alternative Energieträger, insbesondere Fett, zurückgreift, da die Glucose für den Fetus reserviert ist. So steigen nach einem Fasten über Nacht die Ketonkörper und die freien Fettsäuren im Plasma an, während die Plasmaglucose 63–75 mg/dl (3,5–4,2 mmol/l) beträgt und somit etwa 15 mg/dl (0,8 mmol/l) niedriger ist als präkonzeptionell /13/.

Nahrungszufuhr führt zu einer raschen Umschaltung auf eine anabole Stoffwechsellage mit erhöhten Werten von Glucose, Triglyceriden und Insulin sowie einer Suppression von Glucagon. Dies ermöglicht /13/:

  • Eine größere Bereitstellung von Glucose für den Fetus.
  • Die Bereitstellung der Energie aus Lipiden in Form von Triglyceriden für die Mutter.
  • Eine geringe Tendenz zur Aktivierung von Glukoneogenese, Glykogenolyse und Ketogenese.

Die Folge der genannten Vorgänge sind höhere Anstiege der Blutglucose nach und ein stärkerer Abfall vor der Mahlzeit. Deshalb sind die postprandialen Glucosewerte mit 130–140 mg/dl (7,2–7,8 mmol/l) leicht höher und die präprandialen mit 63–75 mg/dl (3,5–4,2 mmol/l) leicht niedriger als außerhalb der Schwangerschaft. Die mittlere Konzentration der Blutglucose Schwangerer entspricht mit 90–100 mg/dl (5,0–5,6 mmol/l) jedoch der von nicht schwangeren Frauen.

Eine leichte Glukosurie der Schwangeren wird durch eine Erniedrigung der Nierenschwelle erklärt.

Bei gesunden Schwangeren sollten nach den Empfehlungen der Standards of Medical Care der American Diabetes Association /14/ die Glucosewerte nüchtern und präprandial im kapillären Vollblut ≤ 95 mg/dl (5,3 mmol/l) und im Plasma ≤ 92 mg/dl (5,1 mmol/l) und der HbA1c-Wert unter 6,0 % betragen. Siehe Beitrag 3.1-6 – Hyperglykämie in der Schwangerschaft. Bei allen Schwangeren wird ein oGTT mit 75 g Glucosebelastung durchgeführt (siehe Beitrag 3.5 – Oraler Glucose-Toleranztest). Die Kontrolle der therapeutischen Stoffwechseleinstellung erfolgt durch Bestimmung der Blutglucose prä- und post-prandial. Siehe Tab. 3.1-9 – Labordiagnostische Standards in der Behandlung des Diabetes mellitus.

Ein Gestationsdiabetes führt zur Geburt von Kindern, die zu groß für ihr Alter sind. In einer Studie /32/ bei Frauen in der Schwangerschaftswoche 24 bis 32 wurden Schwangere auf einen Gestationsdiabetes untersucht unter Anwendung des 75 g oralen Glucosetolernztests (oGTT). Dabei wurden niedrige und höhere Grenzwerte zur Beurteilung eines Gestationsdiabetes gewählt.

Ein Gestationsdiabetes wurde diagnostiziert:

  • In der Gruppe mit den niedrigen Glykämiekriterien bei folgenden Werten: Nüchternglucose ≥ 92 mg/dl (5,1 mmol/l) oder 1 h-Wert ≥ 180 mg/dL (10,0 mmol/l) oder 2 h-Wert ≥ 153 mg/dL (8,5 mmol/l)
  • In Gruppe mit den höheren Glykämiekriterien bei folgenden Werten: Nüchternglucose ≥ 99 mg/dl (5,5 mmol/l) oder 2 h-Glucosewert ≥ 162 mg/dl (9,0 mmol/l)

Das primäre Ziel der Studie  /32/ war es, herauszufinden, ob die empfohlenen Kriterien für die Diagnostik des Gestationsdiabetes zu niedrig sind. Das erfolgte durch Bestimmung der Anzahl von Neugeborenen, die ein zu hohes Geburtsgewicht bezugnehmend ihres Alters aufwiesen.

Beim präkonzeptionell bestehenden Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2 und beim Gestationsdiabetes ist das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen höher als bei Schwangeren ohne Diabetes.

Die Komplikationen in der Schwangerschaft bei Diabetes sind folgende /33/:

  • Gestationsdiabetes: Häufiger als bei nicht diabetischen Schwangeren sind Frühgeburt, Fetus zu groß für das Alter der Schwangerschaft, Schnittentbindung und häufigere Verlegung in ein anderes Krankenhaus oder andere Abteilung.
  • Präkonzeptionell bestehender Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2: Die Komplikationen treten häufiger auf und sind schwerwiegender als beim Gestationsdiabetes.

38.1.7.1 Glykämische Kontrolle vor Beginn der Schwangerschaft und innerhalb der ersten 20 Schwangerschaftswochen

Die glykämische Kontrolle vor der Schwangerschaft und innerhalb der ersten 20 Wochen der Schwangerschaft reduziert das Risiko für Mutter und Kind, denn Schwangere mit einem präexistenten Diabetes und diejenigen mit Schwangerschaftsdiabetes haben vermehrt einen mit Problemen behafteten Ausgang der Schwangerschaft /1/. Beide Formen des Diabetes sind mit einem erhöhten Risiko für die Mutter und den Feten behaftet /3/.

Risiken der Schwangeren

Präeklampsie, obstetrische Interventionen wegen eines zu großen Neugeborenen, Geburtstrauma, Schulterdyskotie, erhöhte perinatale Mortalität.

Es besteht eine lineare Beziehung von Nüchternglucose der Frühschwangerschaft und einem schlechten Schwangerschaftsausgang.

Risiken beim Feten

Beschleunigtes Wachstum, Geburtsgewicht > 4500 Gramm, Totgeburt oder neonataler Tod.

In einer Studie /34/ wurde ein zweistündiger 75 g oGTT innerhalb der ersten 20 Schwangerschaftswochen durchgeführt. Die Schwangeren wurden nach den WHO-Kriterien beurteilt. Einen Diabetes hatten /4/, wenn entweder die Nüchternglucose ≥ 92 mg/dL (5,1 mmol/L), der 1 Std.-Wert ≥ 180 mg/dL (10,0 mmol/L) oder der 2 Std.-Wert ≥ 153 mg/dL (8,5 mmol/l) betrug. Die Studie hat gezeigt, je früher innerhalb der ersten 20 Schwangerschaftswochen mit der Behandlung der Hyperglykämie begonnen wird desto geringer sind die neonatalen Nachteile.

Wichtig ist auch die Substitution von Folsäure, nicht nur beim Diabetes, vor der Schwangerschaft. Nur 40 % der Schwangeren mit Diabetes Typ 2 und 15 % mit Diabetes Typ 1 und < 50 % der Nichtdiabetiker nehmen vor der Konzeption Folsäure ein. Viele Frauen stellen sich 8–12 Wochen nach der Konzeption zum ersten antenatalen Gespräch beim Arzt vor ohne eine Planung für die Schwangerschaft getroffen zu haben /1/.

38.1.8 Protein Metabolismus

Proteinstoffwechsel

Die Konzentration von Totalprotein im Serum nimmt in der Schwangerschaft ab und ist in der SSW 28 um 10–15 g/l niedriger als präkonzeptionell. Es besteht eine Dysproteinämie mit Abnahme der Albumin- und der γ-Globulin-Fraktion bei gleichzeitigem Anstieg der α1-, α2- und β-Globulin-Fraktion. Das Albumin-Globulin-Verhältnis sinkt von 1,4 : 1 außerhalb der Schwangerschaft auf 1 : 1 im dritten Trimenon. Ursachen der Dysproteinämie sind /15/:

  • Die Erhöhung des Plasmavolumens.
  • Eine hormonal gesteuerte, verstärkte Synthese der in der α- und β-Globulinfraktion lokalisierten Akute-Phase-Proteine und von Lipoproteinen, sowie eine verminderte Synthese von Albumin und IgG.

Albumin

Die Konzentration fällt mit fortdauernder Schwangerschaft kontinuierlich ab, ist am Entbindungstermin mit 32–35 g/l um über 20 % niedriger als außerhalb der Schwangerschaft. Das resultiert aus einer Erhöhung des Plasmavolumens, denn die absolute Masse an intravaskulärem Albumin ist um 20 % vermehrt. Die Urinkonzentration von Albumin steigt mit zunehmender Dauer der Schwangerschaft leicht aber kontinuierlich auf bis zu 200 mg/24 h an.

Immunglobuline

Deutlichere Verminderung von IgG von IgA und IgM.

Akute-Phase-Proteine

Anstieg von α1-Antitrypsin, Coeruloplasmin, C4, Thyroxin-bindenden Globulin (TBG) und Corticosteroid-binding globulin (CBG).

38.1.9 Funktion der Schilddrüse

Die Plazenta ist für mütterliches TSH nicht durchlässig. Während des ersten und zweiten Trimesters der Schwangerschaft wird der Fetus transplazentar von der Mutter mit Schilddrüsenhorm, im wesentlichen Thyroxin (T4), versorgt, denn die Epithelzellen der Schilddrüsenfollikel können noch kein Schilddrüsenhormon in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft bilden.

Beginnend mit dem letzten Trimester bildet der Fetus selbst Schilddrüsenhormon, denn jetzt ist der Hypothalamus soweit entwickelt, dass er thyreotrophes Hormon (TRH) bildet und die Hypophyse zur Synthese von TSH befähigt ist. Von jetzt an konkurrieren die Schilddrüse des Fetus und der Mutter um verfügbares Jod. Am Geburtstermin sind beim Fetus die Serumwerte von TSH, T4 und T3 erhöht. Nach 30 Minuten Lebenszeit antwortet das gesunde Neugeborene mit einem deutlichen TSH-Anstieg auf einen Kältereiz und die TSH-Konzentration fällt in den nächsten 24 Std. ab, bleibt aber die erste Lebenswoche hoch.

In der normalen Schwangerschaft steigt die Konzentration von T4, T3 und der Verbrauch von Jod um etwa 50 % an. Das Volumen der Schilddrüse nimmt zu, und zwar um 10 % in Gegenden mit guter Jodversorgung und um 20–40 % in Regionen mit Jodmangel /16/.

In der 7. Woche nach Konzeption steigt die Konzentration von Thyroxin-bindenden Globulin an, erreicht einen Gipfel in der 16. Woche und bleibt die Schwangerschaft über bis zu Entbindung hoch.

Schilddrüsenhormon scheint erforderlich zu sein für die Bildung der Plazenta und die Regulation der frühen Schwangerschaft, was die Assoziation von Hypothyreose mit der Hypertonie in der Schwangerschaft und mit der Frühgeburtlichkeit erklären könnte. Schilddrüsenhormon bewirkt über seine Effekte auf den Metabolismus der Proteine und das Wachstum und spielt eine wichtige Rolle in der Differenzierung und Entwicklung von Geweben und der Zellteilung. Besonders wichtig ist Schilddrüsenhormon zur Proliferation des Gehirns vor der 20. Schwangerschaftswoche. Die Entwicklung des fetalen Gehirns ist also besonders abhängig vom mütterlichen Schilddrüsenhormon.

Normale Referenzbereiche von TSH in der Schwangerschaft

Im ersten Trimester kommt es im mütterlichen Serum zu einem Abfall von TSH, da hCG direkt den TSH-Rezeptor besetzt und stimuliert, was zu einer Konzentration von TSH niedriger als bei Nichtschwangeren führt, also unter 0,4 mU/l.

Nach den Richtlinien der American Thyroid Association for the Diagnosis and Management of Thyroid Disease during Pregnancy and Postpartum /16/ erfolgt ein Abfall des Referenbereichs von TSH im Vergleich zum Referenzbereich der Nichtschwangeren am unteren Referenbereich um 0,1–0,2 mU/l und am oberen Referenzbereich um 0,5–1,0 mU/l. Der stärkste Abfall geschieht im ersten Trimester, da erhöhte Werte von hCG direkt den TSH-Rezeptor stimulieren und somit die Produktion von Schilddrüsenhormon erhöhen. Im zweiten und dritten Trimester nehmen TSH und sein Referenzbereich kontinuierlich zu, erreichen aber nicht die Konzentration von Nichtschwangeren. Bei Schwangerschaften mit hCG-Werten > 200.000 IU/L (meist Zwillingsschwangerschaften) ist der TSH-Wert auf ≤ 0,2 mU/l bei 67 % der Schwangeren supprimiert /16/.

Nach den 2014 European Thyroid Association Guidelines for the Management of Subclinical Hypothyroidism in Pregnancy and Children /17/ werden folgende Obergrenzen des TSH Referenzbereichs empfohlen, wenn keine laboreigenen Referenzbereiche erstellt wurden:

  • Erstes Trimester 2,5 mU/l
  • Zweites Trimester 3,0 mU/l
  • Trittes Trimester 3,5 mU/l.

Weiterhin wurde empfohlen, dass TSH im Rahmen eines Screenings zu Beginn der Schwangerschaft bestimmt werden sollte. Wenn TSH erhöht ist, sollten FT4 und Thyroxinperoxidase-Antikörper bestimmt werden, damit eine subklinische oder manifeste Hypothyreose diagnostiziert wird.

Mütterliche Erkrankung der Schilddrüse und Störungen der Schwangerschaft

Erkrankungen der Schilddrüse spielen bei etwa 4 % der Schwangerschaften eine Rolle. In einer Studie /18/ rassisch und ethnisch verschiedener Frauen in den USA ging die manifeste Hypothyreose einher mit einer erhöhten Anzahl von Präeklampsien, Frühgeburten, Schwangerschaftsdiabetes, Kaiserschnitten und Aufenthalten auf Intensivstationen.

In einer Metaanalyse /19/ wurde der Einfluss der subklinischen Hypothyreose Der Schwangeren auf das Kind untersucht. Es zeigte sich ein erhöhter negativer neonataler Ausgang mit Verminderung des intellektuellen Vermögens, eine Reduzierung der motorischen Entwicklung, ein erniedrigtes Geburtsgewicht, Anzeichen fetaler Notsituation und eine Verzögerung des Wachstums.

Bei Schwangeren mit Hyperthyreose besteht die Gefahr eines erhöhten Blutdrucks, der vorzeitigen Entbindung und des Aufenthalts in einer Intensiveinheit /18/.

Bei Feten kann es zur Retardierung des Wachstums, Tachykardie und auch zur fetalen Hypothyreose kommen, aufgrund von Antikörpern gegen den TSH-Rezeptor und der mütterlichen Therapie mit antithyroidalen Medikamenten, die die Plazenta passieren.

38.1.10 Obesitas

Ein Body mass index von ≥ 30 wird bei nicht-schwangeren Frauen zur Definition der Obesitas (Fettleibigkeit) angewendet. Jedoch bewertet diese Definition nicht individuelle Unterschiede in der Gestalt und mageren Körpermasse und berücksichtigt nicht das Muster der Fettverteilung, denn die viszerale Fettleibigkeit steht für ein größeres metabolisches Risiko als die subkutane /26/. In den USA hatten in 2020 Schwangere, die ein lebendes Kind zur Welt brachten, nur zu etwa 40 % einen normalen Body mass index, aber 26,7 % waren übergewichtig und 29,5 % waren fettleibig /27/. Die Obesitas hat ein Spektrum an Schwangerschafts-bedingten Problemen wie z.B. Störung der hypothalamisch-hypophysären-ovariellen Achse, die zu Menstruationsstörungen oder anderen mütterlichen Komplikationen führt und die endometriale Implantation der befruchteten Eizelle stören kann. Wesentliche Risikofaktoren, die den Ausgang der Schwangerschaft obeser Frauen beeinflusst, sind Gestationsdiabetes, Präeklampsie, Makrosomie, schleppender Geburtsvogang oder Stillstand und eine postpartale Infektion. Siehe auch Tab. 38.1-6 – Negative Folgen in der Schwangerschaft bei Frauen mit Adipositas.

Die Fettleibigkeit vor einer Schwangerschaft ist bei jungen Frauen zu häufig. Deshalb sollten schon präkonzeptionell Frauen von ihrem behandelnden Arzt über das Risiko einer Obesitas (z.B. Subfertilität, erhöhtes Risiko der Fehlgeburt, Präeklampsie und Gestationsdiabetes) aufgeklärt, und die Vorteile einer Gewichtsabnahme dargestellt werden.

38.1.11 Hypertonie

Der Bluthochdruck kompliziert eine Schwangerschaft und trägt zur maternalen und fetalen Morbidität und Mortalität bei. Die Schwangerschaftshypertonie ist jede Form einer neu aufgetretenen Hypertonie in der Schwangerschaft. Es gibt fünf Typen der Hypertonie in der Schwangerschaft: Schwangerschafts-induziert, Präeclampsie, Eclampsie, Präeclampsie bei chronischer Hypertonie und die chronische Hypertonie. Die Diagnose der Schwangerschaftshypertonie wird bei schwangeren Frauen gestellt, die erstmalig einen Blutdruck > 140/90 mm Hg in der Schwangerschaft aufweisen. Die Schwangerschaftshypertonie ist transient und normalisiert postpartal innerhalb von 3 Monaten. Hypertensive Störungen, die eine Schwangerschaft komplizieren, sind häufig und führen zu Blutungen und Infektionen und erhöhen somit die mütterliche und fetale Morbidität und Mortalität. Nach Studien liegt die mütterliche Mortalität bei Schwangerschaftshypertonie bei 2,6–7,6 %. Nimmt der Schweregrad der Hypertonie zu, nimmt das Gewicht der Plazenta ab. Wiegt die Plazenta unter normalen Bedingungen 450–500 g, so beträgt das Gewicht bei Präeclampsie und schwerer Hypertonie nur 450–413 g /31/.

38.1.11.1 Kardiovaskuläres Risiko

Kardiovaskuläre Erkrankungen sind die führende Ursache der maternalen Mortalität und der fetalen Erkrankung in Europa und den USA. Frauen mit einer Anamnese über Komplikationen während der Schwangerschaft haben ein höheres Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen. Jahre nach einer Schwangerschaft haben 1–20 % der Schwangeren Erkrankungen, z.B. einen Gestationsdiabetes oder Frühgeburt und kardiovaskuläre Komplikationen werden in 4 bis 5 % der Fälle berichtet. Ein hoher Blutdruck in der Schwangerschaft ist von besonderer Wichtigkeit, denn er geht mit einem erhöhten Risiko für die Mortalität der Mutter und erhöhter Morbidität des Kindes einher.

Anhand von kardialem Troponin und den natriuretischen Peptiden kann das kardiovaskuläre Risiko bei scheinbar gesunden Schwangeren überprüft werden. Bei gesunden Schwangeren ist die Konzentration von NT-proBNP im ersten Trimenon höher als normal. NT-proBNP tendiert aber zu einem progressiven Abfall im zweiten und dritten Trimenon, ist aber stark erhöht in der ersten postpartalen Woche. NT-proBNP erreicht wieder normale Werte eine Woche danach (der obere Grenzwert von NT-proBNP ist im ersten Trimenon < 200 ng/L und im dritten Trimenon < 150 ng/L). Während der ersten 8 Wochen erhöht sich das kardiale Auswurfvolumen um 20 % und um bis zu 40 % während des weiteren Verlaufs der Schwangerschaft /39/.

38.1.11.2 Peripartale Blutung

Die peripartale Blutung ist weltweit einer der häufigsten Fälle mütterlicher Mortalität. Die deutsche, österreichische und schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe haben ihre gemeinsamen Richtlinien zur Diagnose und Behandlung der peripartalen Blutung in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin und der Gesellschaft für Hämostaseforschung auf den neuesten Stand gebracht /4041/. Die Leitlinie unterstreicht den Wert der klinischen und labordiagnostischen Möglichkeiten zur Diagnostik und Behandlung der peripartalen Blutung. Die Möglichkeiten sollten so früh wie möglich ergriffen werden, auch als Präventivmaßnahme. Spezifische Aktionen der Geburtshilfe wie die sonografische Risikoerkennung, Kompressionsmaßnahmen, Gefäßabbindungen, arterielle Entfernung von Embolien und andere essentielle Maßnahmen zum effektiven Management einer peripartalen Blutung sind beschrieben.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert die peripartale Blutung als einen Blutverlust von 500 ml innerhalb von 24 Stunden. Die neue Leitlinie der drei Fachgesellschaften differenziert 500 ml/24 h nach einer vaginalen und 1.000 ml/24 h nach einer operativen Entbindung. Die peripartale Blutung wird differenziert in:

  • Primär, also innerhalb von 24 h nach der Entbindung; etwa 80 % der peripartalen Blutungen beruhen auf einer Atonie der Uterusmuskulatur
  • Sekundär, also über 24 h bis 12 Wochen nach der Entbindung auftretende peripartale Blutungen.

Die meisten peripartalen Blutungen erfolgen innerhalb der ersten 4 h nach der Entbindung.

Die physiologische Kontraktion der Uterusmuskulatur ist die wesentliche Determinante der Plazentaablösung und der Blutstillung.

Oxytocin ist das erstrangige uterotonische Medikament zur Prävention und dem Management der peripartalen Blutung, die durch eine Atonie der Uterusmuskulatur ausgelöst wurde. Prostaglandine verstärken die Oxytocin ausgelösten myometrischen Kontraktionen.

Das vaskuläre Bett der Plazenta ist von einer Endothelzell-ähnlichen Natur, exprimiert den Tissue factor, Thrombomodulin, und setzt den Plasminogenaktivator-Inhibitor-2 frei.

Untersuchungen zeigen, dass Fibrinogen eine wichtige Rolle spielt. Konzentrationen unter 300 mg/dL und besonders unter 200 mg/dL im frühen Stadium der Blutung werden in eine Progression fallen, während das bei einer Konzentration > 400 mg/dL nicht der Fall sein wird. Ist nach der vaginalen Entbindung der Fibrinogenwert um 100 mg/dL höher als vor der Entbindung, so beträgt das Risiko 0,405 einer peripartalen Blutung über 1.000 ml.

Bevor eine notfallmäßige Hysterektomie erfolgt, soll eine persönliche Entscheidung fallen, ob rekombinanter F VIIa gegeben wird in einer Dosierung von 90 Mikrogramm/kg Körpergewicht. Die Gabe von rekombinanten F VIIa birgt das Risiko arterieller Thromboembolien. Übersteigt der Blutverlust 1.500 ml muss die Sauerstoffversorgung sichergestellt sein.

38.1.11.3 Frühgeburt

Weltweit beträgt der Anteil der Frühgeburten etwa 12 % und ist die wesentliche Ursache der neonatalen Morbidität und Mortalität. Eine Frühgeburt kann unterschiedliche Ursachen haben: eine Infektion, eine zervikale Ursache, die Überdehnung des Uterus, eine mütterliche oder fetale Stresssituation und bedingt durch vaskuläre Veränderungen eine utero-plazentare Ischämie, ein dezidualer Abriss, eine mütterlich-fetale Alloimunantwort, eine Allergie oder andere nicht bekannte Faktoren /42/.

38.1.11.4 Chorioamnionitis

Etwa die Hälfte der Frühgeburten werden durch eine Entzündung hervorgerufen oder aktiviert. Die Chorioamnionitis umfasst ein Bündel von Pathologien, das durch eine Entzündung, die Infiltration der Plazenta mit neutrophilen Granulozyten und die Ruptur von Membranen charakterisiert ist. Die meisten Fälle sind durch Infektionen bedingt. Eine Infektion der Plazenta kann klinisch stumm verlaufen und signalisieren, dass eine physiologische Schwangerschaft vorliegt /43/.

Laborbefunde: Empfohlen wird eine Analyse des Fruchtwassers. Befunde sind:

  • Präsenz neutrophiler Granulozyten und Bakterien
  • Granulozyten, die Bakterien phagozytiert haben.

Befunde im Serum/Plasma sind: Erhöhtes C-reaktives Protein und erhöhtes Procalcitonin.

38.1.11.5 Präeklampsie

Die Präeklapsie ist die häufigste Hochdruckkrankheit in der Schwangerschaft und ist charakterisiert:

  • Durch das plötzliche Auftreten einer Erhöhung des Blutdrucks ab der 20. Schwangerschaftswoche.
  • Eine hohe Eiweißausscheidung im Urin.
  • Dadurch, dass bei Frauen mit anamnestischem Bluthochdruck in einer Schwangerschaft die Gefahr eines künftigen Hochdrucks, eines Schlaganfalls oder einer kardiovaskulären Erkrankung besteht.
  • Dadurch, dass bei den Neugeborenen einer Mutter mit Hochdruck in der Schwangerschaft die Neugeborenen schmächtig für ihr Alter sind und sie das verstärkte Risiko im Erwachsenenalter haben, eine kardiovaskuläre Erkrankung zu erleiden.

Die Präeklampsie ist die häufigste hypertensive Erkrankung in der Schwangerschaft. Die Erkrankung, z.B. chronisch hoher Blutdruck, Schwangerschaftshypertonie oder eine Kombination beider sind primär Erkrankungen, die auch das Neugeborene beeinträchtigen. Untersuchungen belegen, dass viele Frauen mit Präeklampsie sich in der Schwangerschaft nicht ihres Hochdrucks bewusst sind /36/.

38.1.11.6 Unterbrechung der Schwangerschaft

Mifepriston-Misoprostol Behandlung zur Auslösung einer Fehlgeburt. Es handelt sich um eine relativ sichere, nicht-invasive Möglichkeit, eine Frühschwangerschaft zu unterbrechen. Das Protokoll sieht folgendes Procedere vor /39/:

  • Ultraschall um zu bestätigen,dass es sich um eine intrauterine Schwangerschaft handelt.
  • Gabe von 600 mg Mifepriston oral
  • 48 Stunden später 600 Mikrogramm Misoprostol oral
  • Nach 14–21 Tagen werden die Frauen nochmals einbestellt um klinisch untersucht zu werden (Interview, Beckenuntersuchung und transvaginaler Ultraschall).
  • Bei fehlendem Abort leben etwa zwei Drittel der Feten noch, die Frauen haben eine vaginale Blutung oder Zeichen einer Infektion.
  • Lebt der Fetus nicht mehr, ist aber nicht abgetrieben, erfolgt eine chirurgische Ausräumung des Uterus.

38.1.12 Nicht-invasive pränatale Diagnostik

Während der Schwangerschaft befindet sich in mütterlichem Blut freie fetale DNA und es bietet sich die Möglichkeit einer nicht-invasiven pränatalen Diagnostik an.

Historisch bestand die Möglichkeit einer pränatalen Diagnostik nur invasiv durch:

  • Amniocentese oder Chorionzottenbiopsie.

Durch Anwendung der DNA-Fragmentanalyse ist die pränatale Diagnostik möglich für:

  • Autosomal rezessive und für X-gebundene Zustände.

Die Analytik erfordert ein Next-Generation-Sequencing (NGS) von Tausenden gewöhnlicher Nukleotidpolymorphismen von einem betroffenen und einem nicht-betroffenen Säugling und eine Trennung der väterlichen und mütterlichen Nukleotide und eine Haplotyp-Dosis-Analyse (RHDO) /44/.

Eine NGS wird durchgeführt an mütterlicher zellfreier DNA und die fetale Erblichkeit wird vorher gesagt unter sensitiven Dosierungskalkulationen, durchgeführt an Stellen wo die elterlichen Genotypen sich unterscheiden. Der korrekte fetale Genotyp wird vorher gesagt durch Anwendung einer RHDO.

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38.2 Schwanger­schaftsüberwachung

Die Diagnostik von:

  • Erkrankungen bedingt durch die Schwangerschaft
  • Begleiterkrankungen der Mutter in der Schwangerschaft
  • Embryonalen und fetalen Störungen

sind Aspekt zur Durchführung der Mutterschaftsvorsorge. Zu den Begleiterkrankungen in der Schwangerschaft siehe Lit. /1/.

38.2.1 Mutterschaftsvorsorge

Die Mutterschaftsvorsorge, auch als prenatal testing in den angelsächsischen Ländern bezeichnet, dient der Kontrolle der Schwangerschaft und der Erfassung Risiko belasteter Schwangerschaften. In Deutschland sind die ärztlichen Tätigkeiten bei Schwangerschaft in den Mutterschaftsrichtlinien festgelegt.

Die Mutterschaftschaftsrichtlinien über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung dienen der ärztlichen Schwangerenvorsorge aller gesetzlichen krankenversicherten Frauen zur frühen Erkennung von Risikoschwangerschaften und Risikogeburten. Es ist die Zielsetzung, kindliche Defekte und gynäkologische Komplikationen frühzeitig zu erkennen und die perinatale Morbidität und Mortalität möglichst niedrig zu halten. Durch die frühzeitige Erkennung von Risikoschwangerschaften und Risikogeburten können geeignete Maßnahmen für Mutter und Kind ergriffen, die intrauterine Überwachung Ziel gerichtet intensiviert und die Leitung der Geburt sowie die Versorgung des Neugeborenen sorgfältig geplant werden. Die Kombination von ärztlicher Untersuchung, Ultraschall, Laboruntersuchungen und evtl. genetischen Untersuchungen ist effektiv in der Erkennung und Verlaufsbeurteilung kindlicher und mütterlicher Komplikationen. Der Erfolg der Mutterschaftsvorsorge ist abhängig von der Teilnahme und in vielen Ländern gesetzlich geregelt.

Die häufigsten fetalen Aufgaben der Schwangerenvorsorge, die beeinflusst werden können, sind:

  • Frühgeburt (etwa 9 %).
  • Intrauterine Retardierung des fetalenWachstums (etwa 5 %).
  • Infektionserkrankung des Feten (etwa 3 %).
  • Kongenitale kindliche Anomalie (1–2 %).

Die Laboruntersuchungen der Mutterschaftsvorsorge umfassen die Bestimmung von /2/:

  • hCG im Serum oder Urin. Der Test dient der frühen Feststellung einer Schwangerschaft, der Kontrolle der Lebensfähigkeit der Frucht und der Diagnostik einer Extrauteringravidität.
  • Phospholipid-Antikörpern im Serum von Frauen mit anamnestisch gehäuften Aborten. Phospholipid-Antikörper und Hochrisikoschwangerschaft sind eine häufige Assoziation. Siehe Beitrag 16.22 – Antiphospholipid-Syndrom.
  • Antikörpern gegen Infektionserreger im Serum oder der direkte Nachweis von Infektionserregern im mütterlichen Urin oder Genitaltrakt. Zielsetzung ist es, mütterliche und kindliche Infektionen und eventuell damit verbundene Folgeschäden abzuwehren.
  • Hämoglobin im EDTA-Blut, sowie erythrozytäre Merkmale und antierythrozytäre Antikörper im Vollblut/Serum zur Vermeidung einer kindlichen Anämie.
  • α1-Fetoprotein im Serum zum Screening auf einen offenen Neuralrohrdefekt.
  • PAPP-A und β-hCG im Serum in Kombination mit Messung der nuchalen Transluzenz zum Screening auf Aneuploidie (z.B. Down-Syndrom) oder aber die molekulargenetische Untersuchung kindlicher DNA im mütterlichen Blut.
  • Glucose im Blut in Form des Glucosetoleranz-Tests zum Screening auf Diabetes mellitus.
  • Klinisch-chemischen und hämatologischen Tests im Blut und Urin zur Erkennung einer Präeklampsie.
  • Surfactant im Fruchtwasser zur Ermittlung der Lungenreife des Feten.
  • Karyotypisierung fetaler Zellen zur Erfassung von Chromosomenanomalien.
  • Molekulargenetische Tests zur Identifikation monogen bedingter Erkrankungen.

Hauptursache der perinatalen Mortalität sind Frühgeburten (75 %) und termingerecht geborene mit fetaler Retardierung. Die Frühgeburtlichkeit (Geburt vor SSW 38) beträgt in Europa und Nordamerika etwa 5 % der Lebendgeburten. Bei Schwangeren nehmen ab dem 35. Lj. zusätzlich zu den geburtshilflichen Komplikationen auch die Zahl der retardierten Kinder und die Häufigkeit der Frühgeburten zu. Ab dem 40. Lj. ist die perinatale Mortalität deutlich erhöht.

Ein erheblicher Teil der Embryonen geht in den ersten Wochen der Schwangerschaft (Frühschwangerschaft) verloren. So sterben bereits innerhalb der SSW 1–4 etwa 50 % aller Conceptus als Folge von Entwicklungsstörungen ab. In der SSW 6–8 beträgt die Häufigkeit der Spontanaborte etwa 18 % und sinkt auf 3 % bis zur SSW 16 ab. Nur etwa 30 % aller Fruchtanlagen erreichen als normale Feten den Geburtstermin; dazu kommen etwa 2 % Kinder mit Fehlbildungen /3/.

Siehe:

38.2.2 Pränatale Diagnostik genetischer Störungen

Eine genetische Störung ist eine Erkrankung, die auf einer Veränderung der DNA im Genom bedingt ist. Meist handelt es sich um einen Zustand der schon seit Geburt vorhanden ist (kongenital). Die Störung kann von der Aberration von Chromosomen bis zur monogenen Störung gehen.

Das Risiko größerer struktureller Defekte beträgt bei Lebendgeborenen etwa 3 %. Die Defekte beruhen auf angeborenen oder neu erworbenen genetischen Rearrangements und Mutationen oder auf mütterlichen Konditionen (fortgeschrittenes Alter, Erkrankung, Exposition von teratogenen Faktoren). Etwa 1 von 2.000 pränatalen Untersuchungen, die mit der traditionellen Methode der Karyotypisierung erfolgte, hat eine neue wahrscheinlich balancierte reziproke Translokation, die ein 6,1 % Risiko einer kongenitalen Fehlfunktion trägt /4/. Bei den genetischen Störungen handelt es sich um multiple kongenitale Fehlbildungen, nicht erklärbare Verzögerungen der Entwicklung, intellektuelle Unzulänglichkeiten oder zum Spektrum des Autismus gehörende Störungen. Viele dieser genetischen Erkrankungen sind erst im Laufe der Kindheit oder später erkennbar.

Mononogene Störungen beruhen auf Änderungen oder Mutationen in der DNA-Sequenz eines einzelnen Gens. Mehr als 6.000 monogene Störungen sind bekannt, können weiter vererbt werden und kommen bei etwa 1 von 200 Neugeborenen vor. Meist liegen Varianten einzelner Nukleotide (Single nucleotide polymorphism; Snip) vor (Abb. 38.2-1 – Single nucleotide polymorphism). Die meisten Snips beruhen aus dem Austausch von Cytosin durch Thymidin. Cytosin wird häufig zu Methylcytosin methyliert und durch spontane Desaminierung wird aus 5-Methylcytosin Thymin. Abhängig vom Basenaustausch ist die Information des Codon verändert und kann zu z.B. zu einer veränderten Proteinfunktion mit Defekt führen.

Zum Vererbungsmodus (autosomal dominant, autosomal rezessiv, X-linked) siehe Kapitel 39 – Genetische Erkrankungen. Beispiele monogener Erkrankungen sind: Zystische Fibrose, Sichelzellanämie, Marfan Syndrom, Hämochromatose, Huntingtonsche Erkrankung.

Während monogene Störungen dem einfachen Mendelschen Vererbungsmuster folgen, ist das bei polygenen Störungen nicht der Fall. Sie kommen gehäuft familiär vor.

38.2.2.1 Ultraschalluntersuchung

In der Schwangerschaftswoche (SSW) 10–12 der intrauterinen Phase (Embryonalphase) ist der Bauplan des Menschen fertig gestellt. Ab der dann folgenden fetalen Phase kann der Gesundheitszustand des werdenden Menschen untersucht werden. Das erfolgt durch die Ultraschall-Untersuchung. Sie wird routinemäßig in der SSW 18–20 angeboten und ermöglicht die Diagnostik größerer Fehlbildungen /5/. Im Ultraschall unauffällige Feten sind mit hoher Wahrscheinlichkeit genetisch gesund. Etwa 90 % der Kinder mit kongenitalen Anomalien werden von Frauen ohne prädisponierende Risikofaktoren geboren. Ein auffälliger Befund im Ultraschall führt zu weiteren Untersuchungen, die Hinweise auf die genetische Basis der Anomalie geben können. Etwa ein Viertel der genetisch kranken Feten zeigt im Ultraschall keine morphologischen Auffälligkeiten.

38.2.2.2 Invasive pränatale Testung

Invasive Techniken sind:

  • Die Chorionzottenbiopsie (CVS): Die Eihaut wird bei der CVS nicht tangiert, es besteht nicht die Möglichkeit eines Flüssigkeitsdurchtritts nach retroamnial. Die CVS wird ab der SSW 10 durchgeführt. Bei der CVS werden kleine Verbände der Plazenta gewonnen. Es sind genügend Amniozyten mit spontanen Mitosen vorhanden, so dass eine Karyotypisierung sofort durchgeführt werden kann.
  • Die Amniozentese (AC). Es wird durch die Eihaut punktiert und es besteht die Möglichkeit eines Flüssigkeitsdurchtritts nach retroamnial. Es werden vereinzelt Amniozyten gewonnen, die aber durch Kultivierung noch vermehrt werden müssen, was etwa 1 Woche dauert bis mit der Durchführung eines Karyogramms begonnen werden kann.

Eine Metaanalyse zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt bei beiden Techniken gleich hoch ist und etwa 1 % beträgt /44/.

Die traditionelle Chromosomenanalyse unter Anwendung der G-Banden Analytik (Karyotypisierung) ist der Goldstandard zur Erkennung zytogenetischer Abnormitäten bei Feten in der pränatalen Diagnostik und zur Diagnostik der Ursache einer Fehlgeburt. Die falsch positive Rate dieser traditionellen Methode beträgt etwa 5 %.

38.2.2.2.1 Karyotypisierung

Die Karyotypisierung erfolgt nach Amniozentese in der 16.–18. Schwangerschaftswoche. Kindliche Zellen des Fruchtwassers werden in vitro kultiviert unter Anregung der Zellteilung durch Phytohämagglutinin. Nach 2-wöchiger Kultivierung erfolgt eine Blockierung der Zellteilung in der Metaphase der Mitose durch Zugabe von Colchizin, wodurch eine starke Anreicherung von chromosomalen Metaphase-Figuren gewährleistet ist. Die Zellsuspension wird dann in hypotoner Phase auf Objektträger gebracht und so die Chromosomen fixiert und gespreitet. Gefärbt wird mit Orcein (Standardfärbung) oder mit Giemsa nach Trypsinvorbehandlung (G-Banden). Die Auswertung erfolgt mikroskopisch. Empfindlichere und zeitlich schnellere Verfahren der Karyotypisierung werden in der Routinediagnostik angewendet.

Die Karyotypisierung erkennt:

  • Chromosomale Abnormitäten als Aneuploidien (Vermehrung oder Abnahme eines ganzen Chromosoms) durch Anfertigung eines Karyogramms.
  • Balancierte Rearrangements (Rearrangement; Neuordnung von genetischem Material) und große nicht balancierte Rearrangements mit einer pathologischen Kopienzahl von mehr als 5–10 MB.

Numerische Abnormitäten (Aneuploidien)

Es liegt ein Chromosomensatz 2n + 1 wie bei der Trisomie 21 oder ein Chromosomensatz 2n – 1 wie bei der Monosomie X (Turner-Syndrom) vor.

Die häufigsten numerischen Aberrationen von Chromosomen und deren Häufigkeit sind:

  • Down-Syndrom 47, Trisomie 21; 1 : 600; +
  • Klinefelder-Syndrom 47, XXY; 1 : 800;
  • YY-Syndrom 47, XYY; 1 : 900;
  • Triple X 47, XXX; 1 : 1.000;
  • Turner-Syndrom 45, XO; 1 : 2.500;

Die Untersuchungen erfolgen aus der Kultur der Amnionzellen oder durch Biopsie der Chorionzotten.

Strukturelle Aberration

Es besteht der Verlust von Chromosomenmaterial durch Abbrüche oder ein Funktionsverlust durch fehlerhaftes Zusammenfügen von Chromosomenfragmenten.

Unterschieden werden:

  • Deletion; ein DNA-Stück ist aus einem Chromosom heraus gebrochen mit Verlust von Genen.
  • Duplikation; es liegt die Verdopplung des Abschnitts eines Chromosoms vor, die Person besitzt drei Kopien der Gene des Chromosomenabschnitts.
  • Translokation; ein Chromosom oder Chromosomabschnitt ist an ein weiteres Chromosom oder Chromosomabschnitt angehängt.
  • Inversion; ein heraus gebrochener Chromosomenabschnitt wird verkehrt eingesetzt.
  • Insertion; ein heraus gebrochener Chromosomenabschnitt wird in die Bruchstelle eines anderen Chromosoms eingefügt.

Translokation und Insertion führen zu Rearrangements. Diese können balanciert oder unbalanciert sein. Pathogene Änderungen der Kopiezahl < 3–10 Megabasen sind durch Karyotypisierung nicht detektierbar.

38.2.2.2.2 Mikroarrays

Der Mikroarray (DNA-Biochip), auch als Chromosomal microarray (CMA) oder Molecular karyotyping bezeichnet, ist sensitiver als die Karyotypisierung. Mit diesem Verfahren werden kleine genomische Deletionen und Duplikationen (auch als Varianten der Kopienzahl bezeichnet) erkannt. Kopienzahlvarianten resultieren aus einer Veränderung der erwarteten Anzahl von Kopien (z.B. der Anzahl in einem normalen Genom). Die Kopienzahlvarianten können, in Abhängigkeit von ihrer Lokalisation und ihrem Informationsgehalt benigner oder pathologischer Natur sein /6/. Sie werden mittels chromosomaler Mikroarrays erkannt, bei denen die Probe des Patienten direkt oder indirekt mit dem normalen Genom verglichen wird.

Ein DNA-Mikroarray ist eine Sammlung von mikroskopischen Flecken (picomol DNA) einer spezifischen DNA-Sequenz, auch als Probe oder Oligo bekannt. Sie sind an eine feste Phase gebunden und können mit einer komplementären DNA der Patientenprobe, auch als Target bezeichnet, hybridisieren. Eine große Anzahl von Genen oder multiple Regionen des Genoms können gleichzeitig untersucht werden.

Im Vergleich zur Karyotypisierung, mit der nur 4 % der Fälle im Spektrum der multiplen kongenitalen Fehlbildungen, der nicht erklärbaren Verzögerungen der Entwicklung, der intellektuellen Unzulänglichkeiten und dem Autismusspektrum erkannt werden, sind es durch chrosomale Mikroarrays (CMAs) 12–14 %. Das American College of Medical Genetics empfiehlt deshalb zur Testung auf die zuvor genannten chromosomalen Abnormitäten den CMA als primären Test /7/: Insgesamt erbringt der CMA in der pränatalen Diagnostik bei Standardindikationen (fortgeschrittenes Alter der Schwangeren, positives Aneuploidie-Screening Ergebnis) zusätzlich relevante Information in 1,7 % der Fälle und bei Anomalie im Ultraschall zusätzlich in 6 % der Fälle /7/. Bei Totgeburten wird mittels CMA im Vergleich zur Karyotypisierung in 24 % mehr Fällen ein Ergebnis erhalten /8/.

Nachteile der CMA sind: Balancierte Rearrangements, Translokationen und Inversionen werden nicht erkannt /7/. Diese verursachen zwar keine Fehl- oder Totgeburten, werden aber vererbt. Diese Kenntnis ist wichtig in der Hinsicht, dass ein künftiges Neugeborenes unbalanciert sein kann. Auch werden durch CMA Defekte aufgedeckt, die zum Zeitpunkt der Testung irrelevant sind und erst im Erwachsenenalter oder gar nicht evident werden.

38.2.2.3 Untersuchungsmaterial zur invasiven Diagnostik

Ein Teil der Laboruntersuchungen zur pränatalen Diagnostik erfolgt aus mütterlichem Blut. Genetische Untersuchungen erfolgen im fetalen Untersuchungsmaterial oder Blut der Mutter.

Verfahren zur Gewinnung von Untersuchungsmaterial des Feten für die vorgeburtliche Diagnostik sind /9/:

  • Amniozentese ab der SSW 15 zur Gewinnung von Fruchtwasser für die Chromosomenanalyse und biochemische Untersuchungen.
  • Chorionzottenaspiration zwischen Tag 70 und 97 nach der letzten Menstruation zur Chromosomenanalyse und für biochemische Untersuchungen.
  • Feinnadelpunktion fetaler Organe und Körperhöhlen (needling) ab der SSW 15.
  • Punktion der Nabelschnur (Kordozentese) und Punktion des fetalen Herzens (Kardiozentese) ab der SSW 20 zur Gewinnung fetaler Blutproben.
  • Fetoskopie zur Gewinnung fetaler Blut- und Organproben (Haut, Leber) ab der SSW 18.
  • Isolierung fetaler Zellen aus dem mütterlichen Kreislauf und ihre Untersuchung vermittels molekularbiologischer Methoden /4/.

Das Risiko der fetalen Infektion durch invasive Prozeduren liegt bei etwa 1 % und das eines Verlusts der Schwangerschaft bei 0,5 % /9/.

38.2.2.4 Nicht-invasive pränatale Aneuploidie-Testung

Die nicht invasive pränatale Aneuploidie-Testung (NIPT), die Sequenzierung zellfreier DNA-Fragmente, die im Blut von Schwangeren zirkulieren, ist vorwiegend indiziert zur Untersuchung auf Aberrationen der Chromosomen. Die DNA wird aus dem mütterlichen Blut extrahiert und amplifiziert.

Bei der NIPT wird zellfreie DNA sequenziert, die eine Mischung aus kleinen DNA-Fragmenten der Schwangeren und der Plazenta besteht, letztere dienen als foetales Surrogat /11/. Die foetalen DNA-Fragmente werden von der Plazenta in die Zirkulation abgegeben, von Zellen des Zytotrophoblasten und des Synzitiotrophoblasten, die im physiologischen Ablauf von Bildung und Apoptose entstehen. Der relative Anteil der zellfreien DNA nimmt mit dem Alter der Schwangerschaft zu und kann gut ab den Schwangerschaftswochen 9–10 detektiert werden, da sie ab dann in ausreichender Menge vorliegt, um eine Information zu gewinnen /12/.

Zur Diagnostik der zellfreien DNA sind zwei verschiedene Ansätze möglich:

  • Die zielgerichtete Methode (targeted methode): Einzelne Nukleotid-Fragmente (single nucleotide polymorphisms; SNPs) des interessierenden Chromosoms werden amplifiziert und sequenziert. Durch Vergleich der Anzahl registrierter Fragmente mit der Anzahl der erwarteten Fragmente, kann der Untersucher herausfinden, ob zu viele oder zu wenige Fragmente vorhanden sind. Bei der Aneuploidie liegt ein verändertes Verhältnis der Fragmente vor /1213/.
  • Die Sequenzierung des gesamten Genoms: Zellfreie DNA-Moleküle der Schwangeren und des Foetus werden sequenziert und zu spezifischen Chromosomen kartiert /1214/. Die Anzahl der DNA-Moleküle, die zu den verschiedenen Chromosomen gehören, werden gezählt. So ist bei Foeten mit Trisomie 21 der Anteil der zellfreien DNA Moleküle des Chromosoms 21 höher als bei euploiden Foeten /12/.

Nach einem systematischen Review und Metaanalyse betragen bei Frauen mit hohem Risiko die diagnostische Sensitivität und Spezifität für aneuploide Feten folgende Werte /15/:

  • 97 % und 99,7 % für Trisomie 21
  • 93 % und 99,7 % für Trisomie 18
  • 95 % und 99,9 % für Trisomie 13

Die falsch-positive Rate der zellfreien DNA-Bestimmung beträgt unter 0,2 % verglichen mit der invasiven Testung , die der Goldstandard ist /12/.

Die Bestimmung der zellfreien DNA wird auch für die Untersuchung auf einzelne foetale Genstörungen eingesetzt. Das ist z.B. der Fall bei Ehepaaren mit erhöhtem Risiko, das sich aus ihrer eigenen oder der Familienanamnese ergibt /12/.

Aufgrund klinischer Erfahrung werden positive Resultate des zellfreien DNA-Screening durch die Karyotypisierung oder Mikroarray-Tests bestätigt.

Die Indikationen zur Bestimmung Zell- freier DNA sind aufgeführt in Tab. 38.2-5 –Indikationen zur Bestimmung Zell freier DNA.

Zur Bestimmung von zellfreier fetaler DNA im mütterlichen Plasma werden Blutentnahmeröhrchen (Streck BCTs) empfohlen, die kernhaltige Blutzellen bis zu 7 Tage bei Raumtemperatur (RT) stabilisieren /42/. Siehe auch Tab. 38.2-6 – Biologische Ursachen falsch-positiver und falsch-negativer Ergebnisse von zellfreier DNA-Bestimmung. Denn nach der Blutentnahme erhöht sich die Konzentration zellfreier DNA in der Probe durch Apoptose, Zelltod und die Lyse maternaler kernhaltiger Zellen /42/.

Wichtig ist die Zentrifugation. Damit kernhaltige Zellen nicht geschädigt werden, wird folgendermaßen vorgegangen /43/:

  • Erste Zentrifugation bei 1.600 × g für 15 Minuten bei RT.
  • Plasma entfernen und bei 2.500 × g erneut zentrifugieren für 10 Minuten.
  • Plasma vom Pellet trennen und bei ≤ –70 °C bis zur Analytik tieffrieren.

38.2.2.5 Neugeborenenscreening

Viele Länder führen bei Neugeborenen ein Screening zur Erkennung von angeborenen Stoffwechselerkrankungen durch. Die Inzidenz dieser Störungen liegt bei 1 zu 500 bis 1 zu 4.000. Beim Neugeborenenscreening werden auf Papier getropfte Blutproben analysiert. Die Parameter haben in den Tropfen eine gute Stabilität. Eine Studie  /44/ evaluierte die analytische Durchführung der 16.plex iSeq Sequenzierung unter Anwendung des 87 Neugeborenen Gen AmpliSeq-Panels (Amplicon-basiertes Next Generation Sequenzierungspanel) für das Neugeborenenscreening auf angeborene Stoffwechselerkrankungen. Es wurden 85 von 87 Genen gut erkannt. Die Arbeitszeit, gerechnet von der DNA-Extraktion bis zum vollständigen Ergebnis, betrug 2,5 Tage.

38.2.2.6 Trisomie 21

Die Trisomie 21 ist die häufigste Chromosomenaberration des Menschen. Sie entsteht häufig durch meiotische Nicht-Trennung eines homologen Chromosomenpaares wodurch in allen Zellen ein zusätzliches Chromosom 21 vorhanden ist. Das Chromosom 21 enthält etwa 225 Gene.

Genetische Mosaike und Translokationen, die in späteren Stadien der Embryogenese entstehen, sind seltener und haben geringer ausgeprägte klinische Merkmale des Down-Syndroms. Menschen mit Down-Syndrom erreichen das 60. Lebensjahr. Im mittleren und höheren Lebensalter haben diese Menschen aber ein breites Spektrum von Erkrankungen. Siehe Tab. 38.2-7 – Erkrankungen bei Trisomie 21 im mittleren und höheren Lebensalter.

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38.3 Humanes Choriongonadotropin (hCG)

Nach Konzeption und Implantation der fertilisierten Eizelle wird hCG am Ende der zweiten Woche nach Konzeption vom Trophoblasten sezerniert. Etwa 10.000 Trophoblastzellen sind erforderlich, damit es im Serum zu einer gut messbaren Konzentration von hCG kommt. Das hCG stimuliert die Synthese von Progesteron im Corpus luteum vom Zeitpunkt der Implantation der Eizelle an bis der Trophoblast in der 8. Schwangerschatswoche (SSW) diese Funktion übernimmt. Von der 12. SSW an beginnt die Konzentration von hCG abzufallen, da der Trophoblast von der Nebennierenrinde gebremst wird.

In der Schwangerschaft werden verschiedene hCG-Varianten gebildet die immunogen sind. Siehe Abb. 38.3-1–Struktur von hCG und von Varianten. Diagnostische Bedeutung in der Geburtshilfe und Frauenheilkunde haben:

  • Das intakte hCG (hCG)
  • Die β-Kette von hCG (hCG-β)
  • Das intakte hCG und Bruchstücke (β-hCG).

Die Antikörper in kommerziell verfügbaren β-hCG Tests erfassen intaktes hCG und hCG-β

Intaktes hCG und hCG-β sind im Serum und Urin gut nachweisbar. Während der Schwangerschaft beträgt der Anteil der freie β-Kette am Gesamt-hCG im Serum unter 1 %, im Urin 9–40 % /1/. Die freie β-Kette wird vermehrt bei hCG synthetisierenden Tumoren des Trophoblasten und von Keimzelltumoren gebildet. Die meisten kommerziellen Tests zur Bestimmung von hCG erfassen das intakte hCG, die frei β-Kette und auch variante Formen des hCG, aber mit differenter Nachweisempfindlichkeit.

38.3.1 Indikation

  • Frühe Diagnose der Schwangerschaft.
  • Verlaufsbeurteilung der Frühschwangerschaft (Extrauterin-Gravidität, Abortus).
  • Verlaufskontrolle von Trophoblastentumoren.
  • Parameter in Untersuchungsprogrammen zur Diagnostik des Down-Syndroms.

38.3.2 Bestimmungsmethode

Die Bestimmung von hCG im Serum und Harn wird zur Diagnostik und Verlaufsbeurteilung der Schwangerschaft sowie von Trophoblastentumoren, eingesetzt. Bei diesen Indikationen liegen hCG und hCG-Varianten in unterschiedlicher molarer Verteilung nicht nur im Serum, sondern auch im Urin vor. Für die Bestimmung im Serum und Urin ist es wichtig, dass der verwendete Test intaktes hCG, und die frei β-Untereinheit gut erfasst. Alle Verfahren wenden einen Antikörper an, der sich gegen die β-Untereinheit des hCG-Moleküls richtet zur Unterscheidung zwischen hCG und LH, da beide Moleküle eine identische α-Kette haben. Deshalb bezieht sich der Terminus β-hCG auf alle Tests die intaktes hCG oder seine freie β-Untereinheit bestimmen. In folgendem werden deshalb die Begriffe hCG-Test oder β-hCG-Test synonym verwendet. Die kommerziellen Tests wenden eine große Variation von Antikörpern an, die sich gegen Epitope der β-Kette richten. Auf Grund dessen wird mit den Tests verschiedener Hersteller intaktes hCG und eine unterschiedliche Palette an hCG-Varianten erfasst /2/. Zum Prinzip der quantitativen Bestimmung von hCG im Serum siehe Beitrag 28.16 – Humanes Choriongonadotropin.

Qualitative Tests im Harn

Angewendet werden Immunoassays nach dem kompetitiven, immunometrischen und dem ELISA-Prinzip. Röhrchen, Membranfilter oder Perlen sind beim ELISA mit einem monoklonalen Capture-Antikörper beschichtet, der sich gegen die α-Kette des hCG-Moleküls richtet. Sind hCG und LH in der zu untersuchenden Probe, werden beide Hormone an die Röhrchenwand bzw. den Membranfilter gebunden. Ein zweiter POD- oder AP-konjugierter Antikörper, der gegen Epitope der β-Kette gerichtet ist, wird als Tracer eingesetzt und bildet einen Sandwich. Zugabe von Substrat-Chromogen Lösung führt zur Entwicklung einer Farbreaktion. Die praktische Empfindlichkeit beträgt etwa 20 IU/l.

38.3.3 Untersuchungsmaterial

  • Harn: 1 ml
  • Serum: 1 ml

38.3.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 38.3-1 – Referenzbereiche für hCG.

38.3.5 Bewertung

Bei natürlicher Befruchtung findet die Implantation 5,5–6 Tage post conceptionem statt und am Tag 7 wird hCG von der Trophoblastenschicht der Blastocyste gebildet und ist im Serum messbar.

38.3.5.1 Frühdiagnose der Schwangerschaft (SS)

Bei einem Grenzwert von 5–10 IU/l im Serum wird eine SS bereits zu Beginn der 4. SSW, d.h. am 23.–24. Zyklustag nachgewiesen, wenn die Ovulation am 14. Zyklustag erfolgte. Dieser Grenzwert reduziert falsch-positive SS-Befunde, da bei prä-postmenopausalen Frauen mit exzessiver hypophysärer hCG-Bildung Werte bis 9 IU/l gemessen werden.

Den Verlauf von hCG in der SS zeigt Tab. 38.3-2 – Serumwerte des hCG im Verlaufe der Schwangerschaft.

Im Harn ist die Konzentration von hCG nur etwa halb so hoch wie im Serum und es besteht eine erhebliche intraindividuelle Streubreite, bedingt durch die Variation in der Flüssigkeitsaufnahme. Deshalb kann die beginnende SS im Urintest erst einige Tage später nachweisbar sein als im Serum.

38.3.5.2 hCG in der Reproduktionsmedizin

Zur Beurteilung einer erfolgreichen Implantation und der Entwicklung des Embryos nach in vitro-Fertilisation ist der Verlauf von hCG bedeutsam. Wird hCG an den Tagen 14, 16, 20 und 27 nach Induktion der Ovulation gemessen, so betragen die Konzentrationen jeweils 4–125 IU/l, 20–294 IU/l, 97–2.560 IU/l und 1.860–16.200 IU/l. Die Verdopplungszeit von hCG beträgt 1,4 Tage. Nach artifizieller Insemination sind die Werte von hCG signifikant höher als nach in vitro-Fertilisation /5/. Nach durch Gonadotropin stimulierten Schwangerschaften ist zu beachten, dass 14 Tage abzuwarten sind, bevor Schlüsse auf eine Gravidität gezogen werden können. Hohe Werte von Gonadotropin kreuzreagieren mit der Bestimmung von hCG und täuschen eine Schwangerschaft vor.

38.3.5.3 Bestimmung des Gestationsalters

Kann in den ersten 7 SSW durch Bestimmung von hCG in mindestens zwei Serumproben im Abstand von 2–7 Tagen ermittelt werden, da die Verdopplungszeit in dieser Schwangerschaftsperiode 2,5 Tage beträgt. Die hCG-Werte werden semilogarithmisch gegen die Messtage (linear) aufgetragen. Eine Bestimmung des Gestationsalters ist nur möglich, wenn der Anstiegswinkel der hCG-Konzentration in der Konzentrations-Zeit-Kurve parallel zur Normalkurve verläuft.

Werden die hCG-Werte (1. IRP), mit den Befunden des vaginalen Ultraschalls und dem Schwangerschaftstag in Beziehung gesetzt, so wurde /6/:

  • Eine Frucht von 1–3 mm am Tag 30–34 gesehen, die hCG-Werte waren 467–935 IU/l.
  • Der Dottersack am Tag 34–38 wahrgenommen, die hCG-Konzentrationen betrugen 1.120–7.280 IU/l.
  • Die Bewegung des Herzens am Tag 39–43 sichtbar und die hCG-Werte waren 5.280–22.950 IU/l.

38.3.5.4 Mehrlingsschwangerschaft

Die Zunahme von hCG im Serum ist bei Schwangerschaften mit Mehrlingen höher als bei Einlingen und die Zeit der Verdopplung ist kürzer. Das ist der Fall nach der SSW 10.

38.3.5.5 Frühabort

Störungen der Schwangerschaft im 1. Trimenon werden von einem gewissen Zeitpunkt an bei der Verlaufsbeurteilung von hCG im Serum durch zu niedrige, zu langsam ansteigende oder wieder abfallende Werte auffällig. Der Anstiegswinkel des hCG verläuft in der Konzentrations-Zeit-Kurve nicht parallel der Normalkurve. Ergibt die Verlaufsbeurteilung einen parallelen Verlauf zur Normalkurve, aber eine Zeit der Verdopplung mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung und kann ein Datierungsfehler ausgeschlossen werden, besteht der Verdacht auf eine extrauterine oder eine gestörte intrauterine Gravidität. Normale hCG-Werte, insbesondere bei nur einmaliger Untersuchung, schließen Spätaborte und eine ektopische SS nicht aus. Nach einer vollständigen Kürettage beträgt die Halbwertszeit des hCG-Abfalls einen Tag /7/.

38.3.5.6 Extrauteringravidität

Mehr als die Hälfte der Frauen haben, wenn sie sich mit Schmerzen im Unterbauch oder mit Blutungen, etwa 7 Wochen nach Auftreten der Amenorrhoe vorstellen, hCG-Werte im Serum < 2.000 IU/l. Es ist dann schwierig zu differenzieren, ob ein leerer Uterus auf einer frühen SS oder einer Extrauteringravidität beruht. Die Inzidenz der Extrauteringravidität beträgt etwa 10 pro 1.000 Geburten. Extrauteringraviditäten sind für 80 % der Müttersterblichkeit im ersten Trimenon verantwortlich. In 98 % der Fälle liegt eine Tubargravididät vor. Diagnostisch wichtige Untersuchungen sind die Kombination von vaginalem Ultraschall und die Bestimmung von hCG im Serum.

Zur Diagnostik einer Extrauterungravidität und Differenzierung von einer noch nicht nachweisbaren oder fehl geschlagenen intrauterinen Gravidität wurde ein Management vorgeschlagen /8/. Siehe Tab. 38.3-3 – Kriterien zur Erkennung einer nicht lebensfähigen Schwangerschaft im 1. Trimester.

Ein nützlicher Indikator auf eine Extrauteringravidität bei nicht nachweisbarer Fruchtblase ist die Zunahme des hCG-Werts über 48 h. Unter stabilen Bedingungen sollte die hCG-Konzentration im Serum sich alle 2,3 Tage verdoppeln. Ist das nicht der Fall ist eine Extrauteringravidität wahrscheinlich. Der positive Vorhersagewert eines normalen hCG-Anstiegs, der eine Extrauteringravidität ausschließt, beträgt 94,7 % /9/. Ist der Anstieg nicht entsprechend, beträgt die diagnostische Sensitivität für eine Extrauteringravidität nur 37 % bei einer Spezifität von 65 %. Zur Diagnose der frühen Extrauteringravididät wird auch die hCG-Bestimmung aus Serum (S) und Douglaspunktat (DP) herangezogen. Bei intakter Gravidität ist der Quotient S/DP > 1,3, bei der Extrauteringravidität < 0,7 /10/.

38.3.5.7 hCG im Schwangerschaftsverlauf

Die interindividuelle Variation der Serumkonzentration von hCG ist so groß, dass zu keinem Zeitpunkt der Schwangerschaft ein exakter Referenzbereich angegeben werden kann. Deshalb ergibt die Bestimmung des prozentualen, individuellen Anstiegs der hCG-Serumkonzentration innerhalb definierter Zeitabstände, z.B. 48 h, einen sichereren Hinweis für eine intakte Schwangerschaft als Absolutwerte. In der SSW 8–12 erreicht hCG einen Gipfelwert und Plateau, um dann im Trimester 2 und 3 kontinuierlich abzufallen. Bei Zwillingsschwangerschaften ist hCG vor allem im 2. und 3. Trimenon vergleichsweise höher, die Diagnostik ist auf Grund der Hormonbefunde jedoch nicht verlässlich. Nach der Geburt fallen die Serumwerte von hCG mit einer Abklingzeit von 24–36 h ab und sind nach 11–17 Tagen nicht mehr nachweisbar. Siehe Abb. 38.3-2 – hCG und hCG-Varianten im Serum im Verlauf der Schwangerschaft.

38.3.5.8 Gestational trophoblastic disease (GTD)

Der Begriff (GTD) schließt verschiedene Erkrankungen des Trophoblasten ein, die nach der WHO-Klassifikation hydatiforme Molen, nicht molare Tumoren und benigne Störungen des Trophoblasten umfassen /11/. Wird durch Ultraschall kein Embryo nachgewiesen und ist der hCG-Wert im Serum erhöht (500.000–1 Mio IU/l), so weist der Befund auf eine GTD, insbesondere eine Blasenmole hin. Beachtet werden muss jedoch, dass bei GTD nur wenig intaktes hCG, aber vorwiegend hyperglykosiliertes hCG, nicked hCG, die freie β-Untereinheit in intakter oder nicked Form oder das β-core fragment vorliegen. Das Labor muss deshalb Assays einsetzen oder eine Kombination von mehreren Assays, die diese Formen erkennen /12/.

Siehe Tab. 38.3-4 – Intaktes hCG und hCG-Varianten in der Schwangerschaft und bei Trophoblastentumoren.

Hydatiforme Mole

Bei diesen Molen handelt sich um Plazenten mit abnorm entwickelten Chorionvilli; unterschieden werden komplette, partielle und invasive Molen. Komplette Molen haben eine einheitliche Population von Villi, partielle zwei verschiedene. Die invasive Mole ist die häufigste Form einer persistierenden GTD und schwierig vom Chorionkarzinom abzugrenzen.

Labordiagnostik: Molen bilden hCG, jedoch liegt hCG im Serum bei partiellen Molen im Referenzbereich oder ist nur leicht erhöht.

Nicht-molale Tumoren

Abgegrenzt wird das Chorionkarzinom vom plazentaren Tumor des Trophoblasten und den epitheloiden Trophoblasttumoren.

  • Chorionkarzinom; es handelt sich um einen hochmalignen Keimzelltumor, der sich in Verbindung mit der Schwangerschaft ausbildet. Er geht von den Zellen des Zytotrophoblasten und Synzytiotrophoblasten aus und muss vom nicht Schwangerschafts bedingten Chorionkarzinom abgegrenzt werden, das sich typischerweise extrauterin, meist gemeinsam mit anderen Keimzelltumoren entwickelt. Etwa 50 % der Chorionkarzinome geht eine Schwangerschaft mit Blasenmole voraus, 25 % ein spontaner Abort, 22,5 % eine normale Schwangerschaft und zu 2,5 % eine ektope Schwangerschaft. Das Chorionkarzinom hat die höchste Metastasierungsrate aller malignen Tumoren und metastasiert gewöhnlich in Lunge, Leber und Gehirn. Der Tod der Patientin erfolgt durch pulmonale Insuffizienz oder durch Blutungen. Der Tumor besteht oft nur aus Blut mit einer dünnen äußeren Tumorzellschicht. Das Chorionkarzinom bildet hCG.
  • Plazentarer Trophoblasttumor; ist ein maligner Tumor, der sich vom intermediären Trophoblasten ableitet. Es handelt sich um einen extravillös gelegenen Zelltyp mit wichtigen Funktionen in der Plazentation. Der plazentare Trophoblasttumor bildet kein hCG, aber exprimiert stark hPL.
  • Epitheloider Trophoblasttumor; ist ein seltener Tumor, der sich meist während einer normalen Schwangerschaft in Form intramuraler Massen im Myometrium oder der Cervix ausbildet. Die Tumorzellen haben epithelialen Charakter und bilden kein hCG.

Benigne Störungen des Trophoblasten

In diese Gruppe werden die Exaggregated placental site sowie plazentare Mikroknoten eingeordnet. Bei der ersteren handelt es sich um das verstärkte Wachstum von intermediären Trophoblastenzellen an der plazentaren Implantationsstelle. Die Zellen wachsen in das Myometrium. Bei den plazentaren Knötchen handelt es sich um in den Uterus und die Cervix eingedrungene Trophoblastenteile, die involutiert und hyalinisiert sind.

Labordiagnostik: Es werden bei den benignen Störungen keine Mengen an hCG gebildet, die zu erhöhten Serumwerten führen.

Persistierende niedrige hCG-Erhöhung

Persistierende niedrige Erhöhungen von hCG mit Werten bis zu 200 IU/l, vereinzelt bis zu 500 IU/l und die anamnestische Angabe über eine vorangegangene Schwangerschaft, eine Blasenmole oder eine maligne Erkrankung des Trophoblasten sollten als prämaligne Kondition angesehen und monatlich durch eine hCG-Bestimmung kontrolliert werden. Denn solche Werte sind mit invasivem Wachstum assoziiert und zeigen irgendwann einen plötzlichen Anstieg von hCG /12/.

Ist die Anamnese leer, sollte bei ansteigenden hCG-Werten, wenn eine Schwangerschaft auszuschließen ist, das hCG bestimmt werden, um eine trophoblastische Erkrankung auszuschließen. Bei den invasiven trophoblastischen Erkrankungen hat hyperglykosiliertes hCG einen Anteil von ≥ 30 % am Gesamt-hCG.

Werden bei nicht invasiv bedingten hCG-Erhöhungen falsch-positive Resultate durch heterophile Antikörper ausgeschlossen, so sind persistierende Erhöhungen vorwiegend durch hypophysäres hCG bedingt, das gelegentlich bei Frauen und Männern Werte von 20–40 IU/l erreichen kann und in der Konzentration keine Schwankungen zeigt /13/.

Zur paraneoplastischen hCG-Bildung siehe

38.3.6 Hinweise und Störungen

Standardisierung

Siehe Beitrag 28.16.6 – Hinweise und Störungen.

Bestimmungsmethode

Harntest

Urin enthält intaktes hCG, nicked hCG, hyperglykosiliertes hCG (HhCG), die freie β-Untereinheit und das β-core fragment; Siehe Abb. 38.3-1 – Struktur von hCG und der von ihm abgeleiteten Moleküle. Etwa die Hälfte der kommerziell vertriebenen Screeningtests zur Diagnostik einer Schwangerschaft erkennen nicht das HhCG. Im Vergleich zu den Serumtests, die meist HhCG erfassen, ergibt sich dann in den ersten 2 Wochen nach Konzeption nur ein positives Resultat im Serum, aber ein noch negatives im Urin /14/. Viele Tests erkennen auch nicht das β-core Fragment, das nur im Urin auftritt und dessen Anteil ab der SSW 4 etwa 50 % am Gesamt-hCG und in der späteren Schwangerschaft sogar noch mehr betragen kann.

Serumtest

Die meisten kommerziellen Assays erkennen intaktes hCG und die freie β-Untereinheit von hCG. Bei Verdacht sowie zur Verlaufs- und Therapiebeurteilung von Trophoblasttumoren, bei diesen ist HhCG die dominante Form, sollten ebenfalls spezifische Immunoassays eingesetzt werden. So erkannten von 11 geprüften Immunoassays nur vier das HhCG in gleichem Ausmaß wie intaktes hCG, bei den anderen bestand eine Variation um den Faktor 0,5–1,7 /12/.

Einflussgrößen und Störfaktoren

Heterophile Antikörper: Nach Untersuchungen der USA hCG Reference Service Experience /1/ beruhen die meisten falsch positiven hCG-Werte im Serum auf der Präsenz von heterophilen Antikörpern. Werden diese Seren mit blockierenden Antikörpern der Firma Scantibodies® behandelt, ergeben sich im Referenzbereich liegende hCG-Werte. Der Urinbefund für hCG ist in diesen Fällen negativ, da heterophile Antikörper im Urin nicht auftreten. Frauen mit falsch positivem hCG Befund haben oft auch falsch positive Befunde in anderen Immunoassays wie CEA, CA 19-9 oder Troponin. Zur Abklärung, ob heterophile Antikörper vorliegen, können serielle Verdünnungen des Serums vorgenommen werden. Niedrig titrige heterophile Antikörper fallen dann unter einen Grenzwert, wo sie nicht mehr störend wirken.

Serum positiv, Urin negativ: Folgende Ursachen können der Grund sein:

  • Heterophile Antikörper, die häufigste Ursache sind humane anti-Maus Antikörper (HAMA). Zweiseitige Immunoassays reduzieren dieses Problem, viele Hersteller geben auch tierische Proteine dem Inkubationsansatz hinzu, um die heterophilen Antikörper zu blockieren. Starke Verdünnung des Urins durch Diurese. Das kann der Fall sein, wenn zuvor eine Ultraschalluntersuchung, sie erfordert die volle Blase, erfolgte.
  • Im letzten Trimenon kann hCG so niedrig sein, dass es nur noch mit den empfindlicheren Tests im Serum erfasst wird.
  • Die Empfindlichkeit der qualitativen Tests zur hCG-Bestimmung ist auf Grund der kurzen Inkubationszeit (3–5 min) in erheblichem Maß abhängig von der Temperatur der immunchemischen Reagenzien und des Urins. Haben diese vor Anwendung keine Zimmertemperatur, kann das Ergebnis falsch-negativ werden.
  • Bei vielen Immunoassays ist der im Urin gemessene hCG-Wert nur halb so hoch wie der Serumwert.

Störungen anderer Bestimmungen durch hCG

Durch Kreuzreaktivität von hCG und LH im Immunoassay wird LH falsch hoch bestimmt. So täuschten in einem kommerziellen Assay /15/ die Präsenz von hCG 1.350 IU/l an LH 2,1 IU/l vor, eine hCG-Konzentration von 55.992 IU/l bewirkte an LH 19,4 IU/l und 143.828 IU/l eine LH-Konzentration von 25,6 IU/l.

Stabilität

Im Harn 2–3 Tage, wenn 10 ml mit 0,1 ml Natriumazid (0,15 mol/l) stabilisiert werden.

Intaktes hCG im Serum bei 21 °C oder 4 °C, Wiederfindung nach 6 Tagen von jeweils 94 ± 3,1 % bzw. 94 ± 8,3 % /16/.

Mütterliches freies β-hCG zur Down Syndrom-Analytik ist mindesten 72 h stabil und nimmt durch den Versand in seiner Konzentration nicht ab /18/.

38.3.7 Pathophysiologie

HCG gehört zur Familie der Glykoprotein-Hormone, deren Mitglieder eine gemeinsame α- und unterschiedliche β-Ketten haben. Letztere bestimmen die Spezifität des individuellen Hormons zur Bindung an seinen Rezeptor. Beide Ketten werden durch polare Bindungen zusammengehalten (Abb. 38.3-1 – Struktur von hCG und der von ihm abgeleiteten Moleküle.

Nur 65 % des 36 kDa hCG-Moleküls sind Aminosäuren, der Rest besteht aus Kohlenhydraten. Obwohl die Kohlenhydatketten wichtig sind für die biologische Aktivität von hCG, sind sie aus antigener Sicht weniger bedeutsam als der Proteinanteil /1/. Zur Pathophysiologie siehe auch Beitrag 28.16 – Humanes Choriongonadotropin.

Das β-core Fragment (nicht gezeigt in Abb. 38.3-2) ist das terminale Degradationsprodukt des hCG. Es ist nur im Urin nachweisbar und hat in der SSW 4–8 einen molaren Anteil von etwa 50 % des gesamten hCG und in der SSW 36–40 eine etwa 3 fach höhere molare Konzentration als das Non-nicked hCG. Das β-core Fragment ist deutlich erhöht bei Schwangerschaften mit Down-Syndrom und unterliegt, bezogen auf die Ausscheidung von Creatinin, einer deutlichen diurnalen Variation von 1,39–2,10 des multiple of median (MoM) /17/.

Literatur

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38.4 Alpha-Fetoprotein (AFP)

Das AFP gehört zur Gruppe der onkofetalen Proteine und wird von der fetalen Leber und dem Dottersack gebildet. Auch andere Bestandteile des fetalen Gastrointestinaltrakts tragen, wenn auch in geringerem Ausmaß, zur Konzentration von AFP im Fruchtwasser bei. AFP wird von den Nieren des Feten in das Fruchtwasser abgegeben und gelangt durch Diffusion über die Plazenta und fetale Membranen in den mütterlichen Kreislauf. AFP hat eine klinische Bedeutung in der pränatalen Diagnostik und als Tumormarker. Zur Wertigkeit von AFP als Tumormarker siehe Beitrag 28.7 – Alpha-Fetoprotein.

38.4.1 Indikation

  • Pränatale Diagnostik von Neuralrohr- und Bauchwanddefekten im 2. Trimenon.
  • Früherkennung perinataler Komplikationen wie fetale Analatresie und andere gastrointestinale Obstruktionen.
  • Parameter im Quadruple-Test im Screening des Down-Syndroms.

38.4.2 Bestimmungsmethode

Immunoassays nach kompetitiven, immunometrischen oder ELISA-Verfahren.

38.4.3 Untersuchungsmaterial

Serum: 1 ml

Die Blutentnahme sollte in der SSW 16–21 erfolgen.

Fruchtwasser: 1 ml

Im Rahmen der Amniozentese zur Chromosomenanalyse oder wenn zwei Serumwerte pathologisch sind:

38.4.4 Referenzbereich

Die Bereiche von AFP für das Serum und Fruchtwasser von Schwangeren sind in Abb. 38.4-1 – AFP im Serum und Fruchtwasser in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche angegeben /1/. Sie zeigen regionale Unterschiede. Die Angaben erfolgen in IU/ml, die Kalibration der Tests erfolgt auf den WHO Standard 72/225 oder den British Standard 72/227.

38.4.5 Bewertung

Das AFP-Screening ist in der pränatalen Diagnostik wichtig zur Erkennung von Defekten des Neuralrohrs, der Bauchwand und zur Diagnostik der Anenzephalie. Die Bestimmung der Aktivität der Acetylcholinesterase in der Amnionflüssigkeit ist ein Bestätigungstest bei erhöhten AFP-Werten.

38.4.5.1 Spina bifida

Die Spina bifida ist eine Enwicklungs-bedingte Fehlbildung der Wirbelsäule /12/. Sie beruht auf einem Mangel des Neuralrohrs sich zu schließen und das Neuralrohr bleibt offen entweder auf der Höhe des Gehirns (Anenzephalie), der Wirbelsäule (Myelomeningocele, Spina bifida) oder beider, auch als Kraniorachischisis bezeichnet. Anencephalie und Kraniorachischisis sind letal, entweder schon während der Schwangerschaft oder nach der Geburt. Die Spina bifida ist ein offener Defekt, es fehlen die Dura, der Knochen, die Muskulatur und die Haut zur Abdeckung des Rückenmarks. Es besteht die Tendenz zur Infektion und der Verlust von Liquor cerebrospinalis. Neuralrohrdefekte werden auch als neurale Dysraphien bezeichnet /12/. Die inkomplette Bildung des Teils des Rückenmarks bei der Myelomeningocele führt zu einer Fehlfunktion der Beine, der Blase und des Darmes.

Studien zeigen, dass Neuralrohrdefekte auf erworbenen oder angeborenen Störungen des Folatstoffwechsel beruhen und überkommen werden können durch eine hohe Zufuhr von Folat.

Die Spina bifida wird diagnostiziert durch:

  • Ultrasonographie während des zweiten Trimesters der Schwangerschaft
  • indirekt durch Laboruntersuchungen wie die Bestimmung von Alpha-Fetoprotein.

Chirurgische Interventionen schon in der Schwangerschaft oder auch nach der Geburt können die neurologischen Schäden reduzieren und gemeinsam mit multidisziplinären Therapien die Lebensqualität der Menschen mit Spina bifida verbessern.

38.4.5.2 Spina bifida-Screening mittels Alpha-Fetoprotein

Die Prävalenz von Neuralrohrdefekten mit Spina bifida beträgt in Mitteleuropa 1–2 auf 1.000 Neugeborene, war aber in bestimmten Teilen Englands bis fünfmal so hoch. Kinder mit diesen Missbildungen haben entweder eine Spina bifida aperta mit schwerer neurologischer Schädigung oder sind aufgrund einer Anenzephalie nicht lebensfähig. Während die Anenzephalie im Ultraschall-Screening gewöhnlich erkannt wird, ist das bei der Spina bifida aperta, die wie die Anenzephalie eine Inzidenz von 1 auf 1.000 Neugeborene hat, schwierig. In Teilen von Großbritannien lag die Inzidenz bei 4–10 auf 1.000 Geburten.

Zum Screening auf offene Neuralrohrdefekte wird die AFP-Bestimmung im mütterlichen Serum in der SSW 16–20 empfohlen. Als Grenzwert für die jeweilige SSW werden Vielfache des Medians gesunder Schwangerschaften (Multiple of mediane, MoM) gewählt. Sie betragen in der Regel das 2–3 fache des Werts des Medians unauffälliger Schwangerschaften und werden von den Laboratorien und Gynäkologen festgelegt. Für die Erkennung von Feten mit Spina bifida aperta beträgt bei Werten über dem 2,5 fachen MoM die diagnostische Sensitivität 70 % bei einer Spezifität von 97 %. Auf Grund der geringen Inzidenz ergibt sich ein positiver prädiktiver Wert von 3 %, das bedeutet von 100 oberhalb des Grenzwerts liegenden AFP-Konzentrationen sind nur drei durch eine Spina bifida aperta bedingt.

Siehe Abb. 38.4-1 – AFP im Serum und Fruchtwasser in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche bei Auswahl des 2,5-fachen Median unauffälliger Schwangerschaften als Grenzwert.

Liegt ein erhöhter AFP-Wert im mütterlichen Serum vor, können durch Untersuchung einer weiteren Blutprobe und einer Ultraschalluntersuchung zwei Drittel der falsch-positiven AFP-Werte eliminiert werden /1/. Bleibt der Serumwert erhöht, liegt das Wahrscheinlichkeitsrisiko eines Feten für einen Neuralrohrdefekt bei 5–10 %.

Zweimal erhöhte Serum-AFP-Werte, die sonographisch nicht abklärbar sind, erfordern die AFP-Bestimmung im Fruchtwasser, evtl. zusätzlich die Bestimmung der Acetylcholinesterase (ACHE).

Ist der AFP-Wert im Fruchtwasser größer als 3 × Median (Abb. 38.4-1 – AFP im Serum und Fruchtwasser in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche), beträgt nach den Erfahrungen der British Collaborative Study /3/ die Wahrscheinlichkeit, dass eine Einlingsschwangerschaft mit Neuralrohrdefekt vorliegt 24 : 1.

Eine AFP-Studie in Deutschland /4/ hat folgende Ergebnisse des Serum-AFP-Screening in der SSW 16–20 erbracht: Erkannt wurden 96 % der anenzephalen Feten, 71 % der offenen Neuralrohrdefekte, aber keine mit intakter Haut gedeckten Neuralrohrdefekte (Myelomeningocelen). Ohne Berücksichtigung der anenzephalen Feten wurden nur 37 % aller Neuralrohrdefekte durch das Serum-AFP-Screening erfasst.

Siehe Abb. 38.4-2 – Vorgehen zur Prävention und Frühdiagnostik von Neuralrohrdefekten.

Nur bei etwa 10 % aller Schwangerschaften mit zweimalig erhöhten Serum-AFP-Werten können durch die weiterführenden Untersuchungen Neuralrohrdefekte nachgewiesen werden. Ursachen erhöhter Werte, ohne dass ein Neuralrohrdefekt vorliegt, sind:

  • Die unrichtige Einschätzung des Schwangerschaft-Alters zu etwa 30 %.
  • Mehrlingsgraviditäten zu etwa 20 %. Ein schwer lösbares Problem bilden abgestorbene und resorbierte Zwillingsfrüchte, die im Ultraschall nur schwer erkennbar sind und einen positiven ACHE-Test im Fruchtwasser verursachen können.
  • Neugeborene, die mit einem Geburtsgewicht von unter 2.500 g zur Welt kommen werden, auf Grund intrauteriner Mangelernährung (etwa 10 % der Ursachen).
  • Andere Ursachen (30 %), z.B. Diabetes mellitus, EPH-Gestose, Oligohydramnion oder Vorgänge, bei denen kindliches Blut oder Gewebe in den mütterlichen Kreislauf gelangt, wie Amniozentese, Chorionzottenbiopsie, Trauma, versuchter Abort, absterbende Frucht.

Ein Fruchtwasser-AFP-Wert innerhalb eines MoM von 3,0 bei erhöhtem Serum-AFP-Wert schließt das Vorliegen eines offenen Neuralrohrdefekts aus.

Erhöhten AFP-Werten im Fruchtwasser liegen verschiedene Missbildungen zu Grunde (Tab. 38.4-1 – Ursachen erhöhter AFP-Konzentration und pathologischer ACHE-Befunde). Falschpositive AFP-Werte sind vorwiegend durch die Verunreinigung von Fruchtwasserproben mit fetalem Blut gegeben und können durch einen normalen ACHE-Befund in Kombination mit gründlicher Ultraschalluntersuchung ausgeschlossen werden. Falsch-pathologische ACHE-Befunde wurden bei zwei Feten ohne Missbildungen gefunden /4/.

Die Ergebnisse großer Studien zum AFP-Screening im Serum und den in Abb. 38.4-2 – Vorgehen zur Prävention und Frühdiagnostik von Neuralrohrdefekten gezeigten Folgeuntersuchungen lassen schätzen, dass etwa 20 % der Neuralrohrdefekte dem AFP-Screening entgehen, und dass die Rate der Abbrüche unauffälliger Feten auf Grund dieser Diagnostik bei etwa 1 : 10.000 liegt /5/.

38.4.5.3 Acetylcholinesterase in der pränatalen Diagnostik fetaler Missbildungen

Zur Bestimmung der Acetylcholinesterase (ACHE) im Fruchtwasser werden die Polyacrylamidgel-Elektrophorese und Immunoassays unter Anwendung des monoklonalen Antikörpers 4F19 empfohlen. Beide Methoden sind gleichwertig. Für die Spina bifida aperta werden in einer Übersichtsarbeit /6/, die alle Studien zusammenfasst, eine diagnostische Sensitivität von 95–99 % bei einer Spezifität von 99 % genannt /4/.

Mit der Polyacrylamidgel-Elektrophorese /7/ werden Fruchtwasserproteine bei alkalischem pH zur Anode aufgetrennt und die Enzymaktivität im Gel unter Verwendung des Substrats Acetylthiocholin dargestellt. Bei Spina bifida- oder Anenzephalie-Schwangerschaft stellen sich zwei Aktivitäts-Banden dar, wobei die anodisch gelegene, Dibromid-hemmbare ACHE pathologisch ist. Bei Schwangerschaften ohne Neuralrohrdefekt fehlt die anodisch gelegene ACHE-Bande.

Die hohe Aussagekraft der elektrophoretischen ACHE-Bestimmung ist ersichtlich aus Tab. 38.4-1 – Ursachen erhöhter AFP-Konzentration und pathologischer ACHE-Befunde.

Die immunologische ACHE-Bestimmung /8/ verwendet in einem Enzymimmunoassay den monoklonalen Antikörper 4F19.

38.4.5.4 Serum-AFP und Störungen der Schwangerschaft

Nach der SSW 10 ist ein verminderter AFP-Wert als Anzeichen einer irreversibel gestörten Schwangerschaft anzusehen, selbst wenn hCG nicht eindeutig erniedrigt ist.

Nach der SSW 14 soll einem eindeutig erhöhten AFP-Wert die gleiche Bedeutung zukommen unter der Voraussetzung, dass keine Zwillingsschwangerschaft besteht /8/.

Im letzten Trimenon wird ein erniedrigtes AFP bei Blutungen, intrauteriner Retardierung des Wachstums und der diesen Störungen zu Grunde liegenden Plazentainsuffizienz gefunden. Generell enden Schwangerschaften mit einem unspezifisch erhöhten Serum-AFP häufiger mit einem Abort, die Neugeborenen haben ein niedriges Geburtsgewicht.

Bei Schwangerschaften mit fetaler Analatresie werden signifikant niedrigere AFP-Werte im mütterlichen Serum diagnostiziert als normal /9/.

38.4.6 Hinweise und Störungen

Untersuchungszeitpunkt

Die Amniozentese zur AFP-Bestimmung sollte in der SSW 15–24 erfolgen, da auch bei Vorliegen von Neuralrohrdefekten vor und nach diesem Zeitpunkt normale Werte gemessen werden können /10/.

Fruchtwasser-Verunreinigungen durch fetales Blut

Fetales Blut bewirkt falsch-hohe AFP-Werte, die mit steigendem Gestationsalter zunehmen. Bedingt ist die fetale Blutbeimengung durch die Amniozentese. Der Prozentsatz der kontaminierten Proben beträgt in der SSW 13–15 etwa 7 %. Bei Punktion in der SSW 22–24 etwa 16 % /1/.

38.4.7 Pathophysiologie

AFP wird vom Feten im Dottersack und mit zunehmender Embryonalentwicklung in der fetalen Leber gebildet. Von dort aus gelangt es in das Blut, den Liquor cerebrospinalis, die Galle und wird mit dem Urin in das Fruchtwasser abgegeben; geringe Mengen entstammen dem Mekonium. Im fetalen Plasma und Liquor ist die Konzentration 100–1.000 fach höher als im Fruchtwasser und dort wiederum nochmals 100–1.000 fach höher als im mütterlichen Serum.

In das mütterliche Blut gelangt AFP transamnial aus dem Fruchtwasser /5/. AFP steigt im mütterlichen Blut von der SSW 10–32 kontinuierlich an, um dann bis zur Geburt auf das Niveau der SSW 24 abzufallen. Die Halbwertszeit soll 3 Tage betragen. Im Fruchtwasser zeigt AFP in der SSW 16–22 einen kontinuierlichen Abfall /11/.

Ab der SSW 9 setzt die Ummantelung der Dura ein, sie ist gewöhnlich in der SSW 12 abgeschlossen. Offene Störungen des Verschlusses führen zum klinischen Bild der Spina bifida aperta und der Anenzephalie. Mit dem Liquor werden große Mengen von AFP in das Fruchtwasser abgegeben, die auch zur Erhöhung im mütterlichen Blut führen. Mit Haut gedeckte Spina bifida verursacht keine AFP-Erhöhung.

Andere schwerwiegende fetale Missbildungen, bei denen große seröse Flächen frei liegen, z.B. Omphalocele, aber auch die kongenitale Nephrose und Atresien des Magen-Darm-Trakts, führen ebenfalls zur AFP-Erhöhung im Fruchtwasser und mütterlichen Serum.

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38.5 Bilirubin im Fruchtwasser

Die Bestimmung von Bilirubin im Fruchtwasser dient im letzten Trimester der Abschätzung des fetalen Hb-Wertes bei Schwangerschaften mit Verdacht auf hämolytische Erkrankung. In der pränatalen Diagnostik wird das fetale Hb vielfach direkt im mittels Kordoszentese gewonnenen Fetalblut gemessen. Dadurch wird die Bilirubinbestimmung im Fruchtwasser überflüssig.

38.5.1 Indikation

Vorhersage und Beurteilung des Schweregrades einer hämolytischen Erkrankung des Feten und Neugeborenen.

38.5.2 Bestimmungsmethode

Messung der relativen Absorption bei 450 nm

Prinzip: Die Fruchtwasserprobe wird 10 min bei etwa 2.000 × g zentrifugiert und die Absorption des Überstandes mit einem registrierenden Spektralphotometer im Wellenlängenbereich von 350–550 nm gemessen. Auf semilogarithmischem Papier wird die Absorption auf der Ordinate im logarithmischen Maßstab gegen die Wellenlänge auf der Abszisse im linearen Maßstab aufgetragen. Mit einer geraden Verbindungslinie werden die Absorptionspunkte bei 365–550 nm verbunden (Basislinie). Bilirubin haltiges Fruchtwasser hat bei 450 nm einen Gipfel. Die relative Absorption bei 450 nm wird erhalten, indem die Absorptionsdifferenz zwischen dem Gipfel bei 450 nm und dem Punkt der Basislinie bei dieser Wellenlänge abgelesen wird. Die Ermittlung des fetalen Risikos erfolgt durch Eintragung der relativen Absorption in das Liley-Diagramm /1/.

38.5.3 Untersuchungsmaterial

Fruchtwasser: 5 ml

Gewinnung durch trans-abdominale Punktion, nach Lokalisation des Kindes und der Plazenta mit Ultraschalldiagnostik.

38.5.4 Referenzbereich

Siehe Liley-Diagramm Abb. 38.5-1 – Diagramm nach Liley.

38.5.5 Bewertung

Die hämolytische Erkrankung des Feten und Neugeborenen (Hemolytic Disease of the Fetus and Newborn, HDFN) beruht auf einer Blutgruppenunverträglichkeit von Mutter und Kind. In den meisten westlichen Ländern beträgt die Inzidenz der HDFN, bedingt durch eine Rh-Alloimmunisierung 1–2 auf 1.000 Lebendgeburten /2/. In 1–2 % der HDFN-Fälle liegt ein Antigen vor, das weder zum Rhesus- noch zum AB0-System gehört. Bei Rhesus-inkompatiblen Schwangerschaften, aber erfolgter postpartaler Anti-D-Prophylaxe, liegt das Risiko einer Sensibilisierung bei 1,6 % für die nachfolgenden Schwangerschaften.

Bei Vorliegen einer HDFN ist es wichtig, frühzeitig eine fetale Anämie zu diagnostizieren. Gewöhnlich wird eine milde bis moderate Anämie vom Fetus gut toleriert, jedoch ab Hb-Werten unter 70 g/l entwickelt sich ein Hydrops fetalis. Bei der HDFN kann das Knochenmark die Hämolyse nicht ausgleichen und Leber, Milz, Nieren, Darmschleimhaut und Nebennieren nehmen die Blutbildung auf.

38.5.5.1 Rhesus-Unverträglichkeit und hämolytische Erkrankung

Besteht eine Rhesuskonstellation Mutter Rh(D)-negativ, Vater Rh(D)-positiv hat eine Antikörperbestimmung zu Beginn der Schwangerschaft und eine zweite spätestens in der SSW 16–20 zu erfolgen /34/. Ist der Rh-Antikörpernachweis im indirekten Coombs-Test bei der Mutter positiv, soll die regelmäßige quantitative Antikörperbestimmung bis zur SSW 28 vierwöchentlich und danach bis zur Entbindung zweiwöchentlich erfolgen.

Die Abschätzung der fetalen Anämie kann erfolgen durch Bestimmung:

  • Des Hb-Werts im durch Kordozentese gewonnenen Blut.
  • Des Bilirubins im nach Amniozentese gewonnenen Fruchtwasser. Diese Untersuchung wird ab SSW 17 empfohlen, wenn der Antikörpertiter der Mutter ≥ 1 : 16 ist oder der Anti-D-Titer kurzfristig um zwei oder mehr Stufen ansteigt. Bei einem Anti-D-Titer von < 1 : 16 ist gewöhnlich nicht mit einer fetalen Erythroblastose zu rechnen, bei einem Titer von 1 : 32 beträgt die Wahrscheinlichkeit 10 %, bei 1 : 64 etwa 25 % und bei 1 : 128 etwa 50 %.

Die Bestimmung von Bilirubin im Fruchtwasser erlaubt die Beurteilung der Schwere des hämolytischen Prozesses beim Feten. Das Ausmaß der Hämolyse korreliert zum Antikörpertiter der Mutter und wird über das Liley-Diagramm abgeschätzt, ausgedrückt als ΔA 450, bezogen auf die Schwangerschaftswoche. Die Wahrscheinlichkeit der richtigen Voraussage des kindlichen Gefährdungsgrades anhand des Liley-Diagramms ist hoch bei einem Wert der Absorption, der in die Zone I oder III fällt, unsicherer in Zone II. In diesem Falle sind serielle Probennahmen erforderlich, wodurch die Richtigkeit auf 95 % erhöht werden kann. Ein ΔA 450 in Zone I entspricht einer fetalen Hb-Konzentration über 140 g/l, ein Wert in Zone II von 140–100 g/l und in Zone III von unter 100 g/l. Im letzteren Falle wird eine Austauschtransfusion erforderlich.

Die Gefährdung des Feten durch die Hämolyse besteht hauptsächlich in der Anämie und Hypoxie, das Neugeborene ist durch Hyperbilirubinämie und Kernikterus bedroht. Eine modifizierte Version des Liley-Diagramms schlägt eine Einteilung vier Zonen vor /5/.

38.5.5.2 AB0-Unverträglichkeit und hämolytische Erkrankung

Besitzt eine Mutter die Blutgruppe 0, sollte eine AB0-Unverträglichkeit in Betracht gezogen werden und in der SSW 36–37 die quantitative Bestimmung von Isoantikörpern gegen A und B durchgeführt werden. Titer von Anti-A oder Anti-B über 1 : 1.024 können Indikation zur Durchführung einer Amniozentese und Bilirubinbestimmung im Fruchtwasser sein /4/. Ein HDFN ist bei AB0-Unverträglichkeit gewöhnlich leicht, Frühgeborene erkranken seltener als Reifgeborene. Der Grund ist eine noch mangelnde Ausreifung des A- und B-Merkmals auf den Erythrozyten des Feten. Die Bildung von Erythrozyten mit voll ausgeprägten A- und/oder B-Merkmalen beginnt erst in den letzten Wochen der pränatalen Entwicklung und nur wenige Neugeborene besitzen schon so voll ausgeprägte Merkmale, dass es zu einer deutlichen Immunhämolyse kommt /4/. Der Hydrops fetalis ist bei der AB0-Unverträglichkeit eine große Ausnahme.

38.5.6 Hinweise und Störungen

Transabdominale Punktion

Bei Verletzung der Plazenta (blutiges Fruchtwasser) kann es zu einer Einschwemmung fetaler Rh(D)-positiver Erythrozyten in den mütterlichen Kreislauf und dadurch zu einer Steigerung der Bildung von Immunglobulinen (Booster-Effekt) kommen. Beimengungen von Erythrozyten stören durch freiwerdendes Hämoglobin die Spektroskopie des Fruchtwassers, deshalb ist eine sofortige Zentrifugation erforderlich.

Störungen der Spektroskopie

Bilirubin zeigt ein Absorptionsmaximum bei 450 nm, falsch hohe ΔA 450 können vorgetäuscht werden durch andere stark absorbierende Verunreinigungen wie Mekonium und Oxyhämoglobin; Methämoglobin absorbiert bei 410 nm.

Fehlbeurteilungen

Sind möglich bei schnell sich entwickelnden Hydramnion vor dem Punktionstermin oder durch Punktion von mütterlichem bzw. kindlichem Urin oder von Aszites des Kindes.

Stabilität

Die Halbwertszeit des Bilirubins im Fruchtwasser beträgt bei starkem Sonnenlicht etwa 15 Minuten, bei normalen Laborlicht etwa 10 Std. Aufbewahrung und Transport des Fruchtwassers in lichtundurchlässigen Gefäßen, Postversand über 24 h ungekühlt möglich.

38.5.7 Pathophysiologie

Von der Mutter gebildete, gegen Blutgruppenantigene des Kindes gerichtete Antikörper der Klasse IgG passieren die Plazenta, binden an die kindlichen Erythrozyten und führen durch Aktivierung von Komplement zur Hämolyse. Auf Grund nur geringer Glucuronyltransferase-Aktivität der kindlichen Leber wird beim Hämoglobinabbau entstehendes Bilirubin nur zum Teil glucuronidiert, nicht glucuronidiertes Bilirubin permeiert, bedingt durch seine gute Fettlöslichkeit die kindlichen Oberflächenbezüge und gelangt in das Fruchtwasser. Auch in hoch pathologischen Fällen werden selten im Fruchtwasser Bilirubinwerte über 1 mg/dl (17 μmol/l) gemessen. Die empirisch ermittelten Gefährdungsgrade des Liley-Diagramms korrelieren zu den postpartal bestimmten Hämoglobinwerten des Neugeborenen.

Literatur

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38.6 Lungenreife-Diagnostik

Lothar Thomas

Der komplikationslose Übergang des Gasstoffwechsels von der Plazenta auf die Lunge des Neugeborenen ist von einem reifen, regulatorischen Atemzentrum, einer von Komplikationen freien Umstellung des Lungenkreislaufs und funktionsfähigen Lungen abhängig /12/. Funktionell wird eine suffiziente Atmung jedoch erst durch den Antiatelektase-Faktor oder Surfactant ermöglicht.

38.6.1 Indikation

  • Beurteilung fetaler Lungenreife bei Frühgeburten.
  • Entscheidungshilfe bei drohender oder angestrebter vorzeitiger Entbindung.
  • Bei Verdacht auf Respiratory distress syndrome nach einer Entbindung durch Kaiserschnitt.

38.6.2 Bestimmungsmethode

Lecithin-Sphingomyelin-Quotient (L/S-Ratio)

Prinzip: Aus der zentrifugierten Fruchtwasserprobe werden die Phospholipide mit Methanol-Chloroform extrahiert und durch Acetonpräzipitation fraktioniert. Die ausgefällten Phospholipide werden dünnschichtchromatographisch aufgetrennt und die Fraktionen durch Anfärbung oder durch oxidative Veraschung visualisiert. Nach densitometrischer Auswertung wird der Lecithin-Sphingomyelin-Ratio ( L/S-Ratio) berechnet. Sie ist der Goldstandard zur Bestimmung der Lungen­reife /34/.

FLM-II-Test

Prinzip: Der filtrierten Fruchtwasserprobe wird beim beim FLM-II-Test der synthetische Fluoreszenzfarbstoff N-[αN-palmitoyl-ε-N-(4-nitrobenz-2oxa-1,3-diazole)-L-lysine]-2-aminoethanol-N-(trimethylamino-ethanol)-phosphat zugesetzt, der sich an Albumin und an Surfactant bindet. Der Farbstoff-Albumin Komplex weist eine hohe, der Komplex mit Surfactant eine niedrige Polarisation auf. Die im Fluoreszenz-Polarisationsassay gemessene Gesamtpolarisation ist von der Verteilung des Farbstoffes zwischen Surfactant und Albumin abhängig und dient zur Berechnung des Surfactant-Albumin-Quotienten/56/.

Immunologischer Schnelltest für Phosphatidylglycerin (Amniostat-FLM)

Prinzip: Ein Aliquot der zentrifugierten Fruchtwassers wird in einer alkoholischen Suspension aus Lecithin und Cholesterin geschüttelt. Die gebildeten Liposomen inkorporieren in der Probe vorhandenes Phosphatidylglycerin. Auf einem Objektträger werden 10 μl Liposomen-Suspension mit 25 μl Antiserum verrührt, das spezifische Antikörper gegen Phosphatidylglycerin enthält. Es kommt zur Agglutination der Liposomen. Die Agglutinationsstärke ist in etwa proportional zum Phosphatidylglycerin-Gehalt der Fruchtwasserprobe /7/.

Zählung der Lamellarkörperchen

Prinzip: In der nicht zentrifugierten Fruchtwasserprobe wird die Anzahl der Lamellarkörperchen, die etwa die Größe von Thrombozyten haben, im Thrombozytenkanal eines Hämatologie-Analyzers bestimmt /8/.

38.6.3 Untersuchungsmaterial

Fruchtwasser, vorzugsweise Gewinnung durch Amniozentese: 10 ml

38.6.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 38.6-1 – Referenzbereiche für Surfactant.

38.6.5 Bewertung

Die Lungenreife wird gewöhnlich ab der SSW 36 erreicht, was durch einen charakteristischen Anstieg von Lecithin und Phosphatidylglycerin im Fruchtwasser nachweisbar ist.

38.6.5.1 Neonatales Atemnotsyndrom

Das neonatale Atemnotsyndrom ist eine der wesentlichen Ursachen der Sterblichkeit Neugeborener. Es gibt pränatale Faktoren, die eine Lungenreifung verzögern oder beschleunigen. Es sind dann die Tests zur Lungenreife nur mit Einschränkung interpretierbar.

Eine Verzögerung der Lungenreifung kann auftreten bei Diabetes mellitus, nicht-hypertensiver Nierenerkrankung, Rh-Immunisierung und Phenobarbital-Medikation der Mutter.

Beschleunigend auf die Lungenreifung wirken fetaler Stress, z.B. bei Plazentainsuffizienz, vorzeitigem Blasensprung, Amnioninfektion oder Tokolyse.

Das Ergebnis von Lungenreifetests ist für den Geburtshelfer eine Entscheidungshilfe zur Behandlung von Risikoschwangerschaften. Ist Lungenreife vorhanden, ist die Möglichkeit gegeben, eine eventuell vorzeitige Entbindung so zu terminieren, dass die Wahrscheinlichkeit eines RDS gering ist. Sprechen die Tests nicht für Lungenreife, können zur Beschleunigung der Lungenreifung Glucokortikoide verabreicht und die Lungenreife-Diagnostik z.B. nach einer Woche wiederholt werden.

Alle Tests haben eine diagnostische Sensitivität von 80–100 % bei einer Spezifität von 50–70 %.

Siehe Tab. 38.6-2 – Wertigkeit der Lungenreife-Untersuchungen.

Häufigkeit des Respiratory distress syndrome (RDS)

In Deutschland werden 5 % der Schwangeren nach der SSW 34–36, 20 % nach der SSW 37–38 und 28 % durch Kaiserschnitt entbunden. Das Auftreten eines RDS nach der Entbindung hängt vom Alter der Schwangerschaft ab. Die Odds-Ratio eines RDS beträgt 3,9 für die SSW 37 und 1,9 für die SSW 39 /9/. Nach einer anderen Untersuchung reduziert jede Woche einer Verlängerung der Schwangerschaftsdauer vor dem Kaiserschnitt die Odds-Ratio eines RDS um 0,69.

Die Entbindung durch Kaiserschnitt erhöht das RDS-Risiko, denn auf 8 Neugeborene die per Kaiserschnitt zur Welt kommen wird einer mehr stationär behandelt vergleichend zur vaginalen Entbindung /10/.

Nach den Centers for Disease Control der USA /11/ hatten Kinder aus der SSW 34 im Vergleich zu denjenigen aus der SSW 37–40 ein RDS-Risiko von 3,9 % im Vergleich zu 0,2 %, eine Antibiotikabehandlung von 10,8 % im Vergleich zu 1 % und neonatale Krampfanfälle in einer Häufigkeit von 0,09 % im Vergleich zu 0,03 %.

38.6.5.2 Respiratory distress syndrome bei very low birth weight infants

Das Überleben von Frühgeburten mit einem Geburtsgewicht unter 1 kg erfordert eine erhebliche medizinische Leistung und antenatal die Gabe von Kortikosteroiden und postnatal von Surfactant. Alle diese Frühgeborenen haben ein RDS, wenn sie nicht kurz nach der Geburt mit Kortikosteroiden behandelt wurden. Eine antenatale Inflammation beschleunigt die Produktion von Surfactant und die Lungenreife. Das ist aber nicht der Fall, wenn eine Chorioamnionitis vorlag. Auch ist dann die Antwort der Surfactantbildung auf Kortikosteroide ungenügend /12/.

38.6.5.3 Zwillingsschwangerschaft

Frühgeburtlichkeit und vorzeitiger Blasensprung sind häufige Ereignisse bei Zwillingsschwangerschaften. Im Vergleich zur Einzelschwangerschaft tritt bei Zwillingsschwangerschaft die fetale Lungenreife in der Regel schon in SSW 32 und nicht erst in der SSW 36 auf. Eine Fragestellung bei vorzeitigem Blasensprung ist, ob schon eine Lungenreife vorliegt und ob das für beide Feten gilt. In der SSW 28–29 und 36–37 sollen sich die Feten in der Lungenreife konkordant verhalten, nicht aber in den dazwischen liegenden SSW. In den SSW 30–35 wird bei diamniotischen Zwillingen die Bestimmung der L/S-Ratio in jeder Fruchtblase empfohlen /13/.

38.6.5.4 Polyhydramnion, Oligohydramnion

Beide Zustände führen nur zu einer Veränderung der Konzentration von Lecithin um 5–10 % und können deshalb bei der Bewertung vernachlässigt werden /2/.

38.6.6 Hinweise und Störungen

Probe

Wird eine Probe nach vorzeitigem Blasensprung vaginal aufgefangen, so enthält sie oft Blut, Bakterien und Vaginalsekret. Die Ergebnisse sind nur eingeschränkt verwertbar, und zwar auch nur dann, wenn die Probe nach dem Fruchtwasserabgang gewonnen und sofort bei 4 °C gekühlt wurde.

Blut oder Mekoniumbeimengung

Mit Ausnahme des immunologischen Schnelltests werden alle Untersuchungsmethoden mehr oder minder beeinflusst.

Zentrifugation der Probe

Ist eine Zentrifugation erforderlich, sollte diese 2 Minuten bei 400 × g erfolgen. Es werden dadurch Erythrozyten und Klumpen von Vaginalsekret ausreichend entfernt. Es gehen aber auch etwa 8 % der Lamellarkörperchen verloren. Der Surfactantgehalt wird durch höhere Geschwindigkeiten der Zentrifugation und längere Zeiten drastisch vermindert /14/.

FLM-II-Test

Bilirubin im Fruchtwasser hat keine Auswirkungen auf den Test /17/. Die Stabilität der Probe beträgt 16 h bei Raumtemperatur und 24 h bei 4 °C. Eine Kontamination mit Erythrozyten bis zu 0,03 × 1012/l hat keine Auswirkung auf den Test /18/.

Lamellarkörperchen-Zählung

Die Lamellarkörperchen sedimentieren während des Stehens der Probe. Vor Verarbeitung ist deshalb vorsichtiges Mischen für etwa 2 Minuten erforderlich. Wegen einer möglichen Schaumbildung darf die Probe nicht mit einem Vortexer gemischt werden. Proben die Mucus und Mekonium enthalten sind inakzeptabel für die Bestimmung mit dem FLM-II-Test.

Stabilität

Bei 4 °C bis zu 2 Tagen für die Bestimmung der L/S-Ratio, bis zu 10 Tagen für die Zählung der Lamellarkörperchen und bis zu 24 h für den FLM II-Test.

38.6.7 Pathophysiologie

Die Lungen sind bis zur SSW 26 so weit ausgereift, dass ein extrauteriner Gasaustausch möglich ist. Funktionell wird eine suffiziente Atmung jedoch erst durch den Antiatelektase-Faktor oder Surfactant ermöglicht. Diese an der Grenze zwischen Luftraum und Alveolarwand vorhandene Substanz verhindert den Alveolarkollaps bei Ausatmung durch Reduktion der Oberflächenspannung an der Grenzfläche zwischen wässriger Phase und Alveolarwand. Dadurch wird auch die Exsudation von Serum und Lymphe in den Alveolarraum verhindert und somit die Bildung der klassischen hyalinen Mem­bra­nen /12/.

Ventilation und Perfusion sind bei nicht ausreichend vorhandenen Surfactant durch Bildung von hyalinen Membranen erschwert oder unmöglich. Folge ist das neonatale Atemnotsyndrom (Respiratory distress syndrome, RDS).

Der pulmonäre Surfactant ist eine Mischung aus 90 % Phospholipiden (Phopsphatidylcholin, Phosphatidylglycerin) und 10 % Proteinen (Surfactant-Proteine A, B und C). Surfactant überzieht als Monolayer das Oberflächenepithel der Alveolen an der Phasengrenze zwischen Luft und Flüssigkeit und setzt die Oberflächenspannung herab. Surfactant wird in den Typ-II-Pneumozyten, die etwa 5 % des Oberflächenepithels ausmachen, als Lipid-Protein-Komplex in Form von Lamellarkörperchen bevorratet. Nach Sekretion der Lamellarkörperchen in den Alveolarraum werden sie im Oberflächenwasser der Alveolarwand hydratisiert und bilden mikrotubuläre gitterartige Strukturen, die den Surfactant-Monolayer unterstützen.

Die Surfactantproduktion beginnt in der SSW 25–30 und wird als Surfactant oder Lamellarkörperchen ab der SSW 28–32 gut nachweisbar. Die Bildung von Surfactant steigt um mehr als den Faktor 10 mit Fortdauer der Schwangerschaft an. Der Surfactant reicht aber oft vor der SSW 34 nach Menge und Zusammensetzung nicht aus, um eine Spontanatmung mit ausreichender Oxygenierung zu gewährleisten.

Durch fetale Atembewegungen gelangen Surfactant und Lamellarkörperchen ins Fruchtwasser und werden dort nachgewiesen. Somit können durch Messung der Phospholipide oder durch Bestimmung der Lamellarkörperchen in der SSW 32–36 die fetale Lungenentwicklung verfolgt und das Risiko eines RDS abgeschätzt werden.

Ab der SSW 37 ist das RDS-Risiko so gering, dass eine Laboruntersuchung auf fetale Lungenreife nur noch in Ausnahmefällen erforderlich ist.

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38.7 Feto-maternale Hämorrhagie (FMH)

Der Anteil fetaler Erythrozyten im mütterlichen Blut ist ein Indikator der Höhe einer feto-maternalen Tranfusion /12/.

38.7.1 Indikation

Nach Empfehlung aus Lit. /3/:

  • Feststellung und Quantifizierung einer fetomaternalen Hämorrhagie (FMH).
  • Die Menge an fetalen RhD-positiven Erythrozyten in der Zirkulation einer RhD-negativen Mutter.
  • Abklärung von Situationen beim Feten oder Neugeborenen wie Totgeburt, Anämie, reduzierte Aktivität.
  • Unterscheidung des mütterlichen vom fetalen Blut bei vaginalen Blutungen in der Schwangerschaft.

38.7.2 Bestimmungsmethode

Der Untersuchung auf FMH erfolgt über den Nachweis von kindlichen Erythrozyten im mütterlichen Blut.

38.7.2.1 Säureelutions-Test

Prinzip: Der Test nach Kleihauer und Betke beruht auf der visuellen mikroskopischen Zählung fetaler Erythrozyten in einem Ausstrich vom mütterlichen Blut. Bei saurem pH haben fetales Hb (HbF) und Erwachsenen-Hb (HbA) eine unterschiedliche Löslichkeit. HbF bleibt bei saurem pH unlöslich und fetale Erythrozyten werden deutlich rosa gefärbt in saurer Lösung die FeCl3 und Hämatoxilin enthält. Demgegenüber wird das Hb der HbA herausgelöst und es verbleiben nur die Erythrozytenschatten, die mit Erythrosin angefärbt werden. Der Anteil fetalen Blutes in ml, das in den mütterlichen Kreislauf gelangt ist, wird wie folgt berechnet /4/.

Fetales Blut (ml) = Gefärbte Erythrozyten × 5.000/Anzahl Erythrozytenschatten

Die 5.000 entspricht einem mütterlichen Blutvolumen von 5.000 ml.

38.7.2.2 Flowzytometrie (FC)

FC-Stategien ermöglichen die quantitative Bestimmung von:

  • Fetalen Erythrozyten (HbF-Zellen; α2γ2) im mütterlichen Blut.
  • Heterozellulären mütterlichen Erythrozyten, die HbA und HbF enthalten (F-Zellen).
  • HbA (α2β2)-haltigen Erythrozyten von Erwachsenen.
  • RhD-positiven kindlichen Erythrozyten im RhD-negativen mütterlichen Blut.

FC mit Antikörpern gegen HbF

HbF-haltige Erythrozyten werden mit Antikörpern gegen HbF, die mit Fluoreszeinisothiocyanat (FITC) konjugiert sind, markiert. Verschiedene Strategien werden angewendet:

1. Die intrazelluläre Markierung von HbF mit FITC-markierten monoklonalen anti-HbF-Ak. Vor Inkubation mit dem Antikörper werden die Erythrozyten fixiert und permeationsfähig gemacht. Kernhaltige Zellen werden mit Propidiumjodid markiert. HbF-Zellen zeigen eine starke Fluoreszenz, F-Zellen eine intermediäre, HbA-Zellen keine /3/.

2. Die kombinierte Anwendung von FITC-markierten anti-HbF-Ak und erythrozytäre anti-Carboanhydrase-Ak. Carboanhydase (CA) bildet sich in den Erythrozyten erst nach der Geburt aus und nur Erwachsenenerythrozyten werden markiert. Es handelt sich um einen Zweifarbentest.

Folgende drei Zellpopulationen werden im mütterlichen Blut differenziert /5/:

  • Fetale Erythrozyten (HbF-Zellen): HbF + / CA –
  • HbF-haltige Erythrozyten des Erwachsenen (F-Zellen): HbF + / CA +
  • Erwachsenen-Erythrozyten: HbF– / CA +

3. Kombinierte Anwendung von Antikörpern gegen RhD und HbF zur simultanen Analyse der FMH und des fetalen D-Phänotyps /6/.

Unter der Annahme, dass Schwangere eine Masse an Erythrozyten von 1.800 ml haben und das fetale Erythrozytenvolumen um 22 % höher ist als das der nicht-schwangeren Frau berechnet sich das Volumen (Packed cell mass der fetalen Erythrozyten) der FMH wie folgt:

  • % positive Ereignisse × 1.800/100 × 122/100 oder
  • % positive Ereignisse × 22 = ml fetaler Erythrozyten

38.7.3 Untersuchungsmaterial

  • 2 bis 3 Ausstriche mütterlichen Bluts
  • EDTA-Blut: 2 ml
  • 2 bis 3 Ausstriche von Vaginalblut.
  • Blutiges Fruchtwasser, vor dem Ausstreichen zentrifugieren, Ausstriche vom Sediment anfertigen.

38.7.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 38.7-1 – Grenzwerte für HbF und HbF-haltige Erythrozyten im Blut.

38.7.5 Bewertung

Die FMH erfolgt normalerweise in kleinen Volumina während der Schwangerschaft und nimmt während der Entbindung zu. Besteht ein signifikanter Unterschied in der Antigenität der Erythrozyten von Mutter und Kind kann das zu einer Allosensibilisierung des mütterlichen Immunsystems führen. Das kann zur Erkrankung und zum Tod der aktuellen und nachfolgender Schwangerschaften führen. Die Bestimmung fetaler Erythrozyten im mütterlichen Blut ist wichtig zur Festellung des Ausmaßes der FMH und zur Behandlung einer fetomaternalen RhD-Inkompatibilität.

Der Nachweis fetaler Zellen im mütterlichen Blut kann Antwort geben auf folgende Fragestellungen:

  • Ist es nach einem mütterlichen Trauma während der Schwangerschaft zu einer FMH gekommen?
  • Ist eine FMH die Ursache einer unerwarteten Erhöhung von α1-Fetoprotein?
  • Ist eine FMH der Grund einer fetalen Anämie oder einer Anämie des Neugeborenen? Feto-maternale Makrotransfusionen laufen oft symptomlos ab und können den Feten auf Grund der Anämie erheblich gefährden.
  • Ist die postpartal bei einer Rh-negativen Mutter mit Rh(D)-positivem Neugeborenen verabreichte Dosis Rh-Antiserum ausreichend?

38.7.5.1 Diagnose der FMH

Die FMH wird flowzytometrisch bestimmt unter Anwendung von:

  • Anti-HbF-Ak oder anti-RhD-Ak
  • Die Kombination beider, somit ist die simultane Analyse von FMH und fetaler RH(D) Phänotypen möglich
  • Einem Kombinations-Test, der anti-HbF-Zellen detektiert, F-Zellen und Erwachsenen-Erythrozyten die Carboanhydrase enthalten.

Die Flowzytometrie zeigt deutliche Vorteile, denn sie ermöglicht die Differenzierung von F-Zellen Erwachsener und fetaler HbF-Zellen. Bei Verwendung des Kleihauer und Betke Tests werden stark angefärbte F-Zellen, insbesondere bei Schwangeren mit einem Anteil an F-Zellen über 5 %, fälschlicherweise als fetale Erythrozyten mitgezählt wodurch eine FMH vorgetäuscht wird /10/.

Mittels der Zweifarben-FC und Anwendung von anti-HbF-Ak und anti-CA-Ak wurden fetale Erythrozyten (≥ 0,02 %, korrespondierend zu 1 ml Fetalblut) während der Schwangerschaft und der Entbindung bei 91 % der Schwangeren diagnostiziert. Eine signifikante FMH (≥ 5 ml) wurde bei 11 % und ein schwere FMH (≥ 30 ml) bei 0,8 % nachgewiesen /11/. In einer anderen Studie /12/ hatten bei intrazellulärer Markierung von HbF mit FITC markierten monoklonalen anti-HbF-Ak und FC-Messung 31 % der Schwangeren eine FMH ≥ 1 ml, 5,5 % von ≥ 5 ml und 1,7 % von ≥ 30 ml.

An eine FMH ist bei einer neonatalen Anämie zu denken, wenn der Hb < 100 g/l und der Hkt < 0,30 ist. In einer Studie /13/ hatten von 219.853 Lebendgeburten 24 eine FMH mit Hb-Werten von 14–102 g/l. Alle Mütter, bei denen die Neugeborenen einen Hb-Wert < 30 g/l hatten, berichteten über fehlende Kindsbewegungen, das war auch der Fall bei zwei Drittel der Mütter mit Neugeborenen deren Hb < 70 g/l betrug. 17 der 24 Neugeborenen hatten einen der folgenden Schäden intraventrikuläre Blutung, periventrikuläre Leukomalacia, hypoxisch-ischämische Enzephalopathie oder bronchopulmonale Dysplasie.

38.7.5.2 Management RhD negativer Schwangerer

Verfahren der Flowzytometrie (FC) unter Anwendung von anti-HbF-Ak werden eingesetzt /10/.

Ein Risiko Schwangerer ist die Immunisierung durch inkompatible fetale Blutgruppenantigene und die Bildung von Alloantikörpern gegen diese. In Mitteleuropa sind 18 % der Schwangeren Rh(D)-negativ, davon bringen zwei Drittel ein Rh(D)-positives Kind zur Welt, so dass bei 12 % aller Schwangerschaften die Rh-Konstellation Mutter Rh(D)-negativ, Kind Rh(D)-positiv besteht und eine Sensibilisierung möglich ist /14/. Das Risiko der Sensibilisierung Rh(D)-negativer Mütter durch Rh(D)-positive Erythrozyten des Feten nimmt mit dem Ausmaß der Einschwemmung fetaler Erythrozyten zu. Wenn eine feto-maternale Transfusion von weniger als 0,1 ml erfolgt, beträgt das Risiko der Sensibilisierung 6 Monate nach der Entbindung 3 %, bei einem größeren Blutvolumen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit auf 14 % /15/. Auf Grund der postpartalen Anti-D-Prophylaxe (300 μg anti-D-Immunglobulin) ist das praktisch nur in 1,6 % dieser bzw. 0,3 % aller Schwangerschaften gegeben. Die zusätzlich in Deutschland empfohlene Anti-D-Prophylaxe bei Rh(D)-negativen Schwangeren in der SSW 28–30 führt zur weiteren Reduzierung.

Wichtig ist, dass innerhalb von 72 h nach der Entbindung oder einem Abort anti-Rh(D)-Ig verabreicht wird (20–25 μg anti-D pro ml Rh(D) positiver fetaler Erythrozyten. In diesen Situationen werden in Deutschland und den USA pauschal 300 μg anti-Rh(D)-Ig verabreicht, in Großbritannien 100 μg. Eine Anti-Rh(D)-Prophylaxe sollte auch durchgeführt werden, wenn die Mutter Rh(D)-negativ ist und das Neugeborene das Merkmal Dweak besitzt.

Die Wirksamkeit der Therapie mit anti-Rh(D)-Ig kann beurteilt werden durch:

  • Die Bestimmung von HbF-Zellen im mütterlichen Blut. Blutentnahmen kurz nach der Entbindung, am 3. und am 7. Tag. Die Eliminationszeit kann auch bei Gabe von Anti-Rh(D) bis zu 1 Woche dauern, bei Nichtverabreichung bis zu 80 Tage.
  • Der Untersuchung auf Überschuss an Rh(D)-Antikörpern im mütterlichen Blut (zuvor negativer indirekter Coombs-Test wird positiv).

In 2–6 % der Fälle einer Rh(D)-FMH läuft die Sensibilisierung schon während der ersten Schwangerschaft ab und es kommt ein krankes Kind zur Welt.

38.7.5.3 Amniozentese

Nach Amniozentese wird, falls blutiges Fruchtwasser aspiriert wurde, zur Kontrolle, ob die Nadel die Plazenta passierte, die Bestimmung der HbF-Zellen im Fruchtwasser empfohlen und, falls erforderlich, die anti-Rh(D)-Prophylaxe durchgeführt.

38.7.6 Hinweise und Störungen

Das mit dem Kleihauer und Betke Test bestimmte FMH-Volumen ist größer als das mit der FC bestimmte /16/. Abhängig vom FC-Verfahren werden jeweils 4,3, 10 oder 12,5 fetale Erythozyten auf 10.000 mütterliche Erythrozyten als positiver Grenzwert eingesetzt. Der Variationskoeffizient beträgt bis zu 20 %, die interlaboratorielle Variation in Ringversuchen bis zu 30 %.

38.7.7 Pathophysiologie

Die Erythrozyten des Feten enthalten bis zur SSW 30 ausschließlich HbF, ab dann beginnt die Synthese von HbA. Das fetale Hb ist ein Tetramer bestehend aus zwei alpha- und zwei gamma-Ketten. Das Hb des Erwachsenen (HbA) ist ein Tetramer aus zwei alpha- und zwei beta-Ketten. Zum Geburtstermin beträgt der Anteil des HbF im Blut 50–70 %. Die Erythrozyten des Erwachsenen enthalten HbA, nur ein Anteil von unter 5 % enthält neben HbA auch HbF. Diese Zellen werden F-Zellen genannt /3/. Die Zahl der F-Zellen ist erhöht bei Hämoglobinopathien wie der Sichelzellerkrankung, bei der hereditären Persistenz von HbF und auch gelegentlich bei Schwangeren. Siehe Tab. 38.7-1 – Grenzwerte für HbF und HbF-haltige Erythrozyten im Blut.

Fetales Blut im mütterlichen Kreislauf bedingt durch eine feto-maternale Transfusion aufgrund einer Schädigung der Chorionvilli erhöht den Anteil fetaler Eythrozyten im But der Mutter. Während der Schwangerschaft beträgt die feto-maternale Transfusion in der Regel weniger als 0,1 ml und nur bei etwa 0,2 % der Schwangerschaften ist das Volumen größer als 30 ml. Die Lebenszeit fetaler Erythrozyten im mütterlichen Kreislauf beträgt etwa 80 Tage. Siehe auch Tab. 38.7-2 – Feto-maternales Blutvolumen.

Weitere Informationen siehe Lit. /17/.

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38.8 Fetale Aneuploidien: Triple-Test, Quadruple-Test

Das Pränatal-Screening auf Aneuploidien ist ein Basisprogramm in der Schwangerschaft zur Diagnostik von Chromosomenaberrationen wie

  • Down Syndrom (Trisomie 21), das etwa die Hälfte der chromosomalen Störungen ausmacht.
  • Edwards-Syndrom (Trisomie 18).
  • Patau-Syndrom (Trisomie 13).

Aneuploidien werden nicht vererbt, sondern beruhen auf der Nicht-Trennung eines Chromosoms während der Meiose. Das nicht invasive pränatale Screening auf Aneuploidien, das Ergebnisse aus mütterlichem Blut mit dem Ultraschall kombiniert erfolgt als:

  • Erst-Trimester Triple-Test.
  • Zweit-Semester Quadruple-Test.

Ein neues Verfahren ohne Einbeziehung des Ultraschalls ist die Bestimmung von Zell freier fetaler DNA im mütterlichen Blut.

Siehe Beitrag 38.2.2.4 – Nicht invasive pränatale Aneuploidie-Untersuchung.

Bei positivem Ergebnis müssen alle nicht invasiven Verfahren durch ein invasives Verfahren wie die Karyotypisierung aus Fruchtwasser bestätigt werden.

38.8.1 Indikation

  • Ältere Schwangere.
  • Hinweis aus anderen Untersuchungsverfahren.
  • Sonographischer Hinweis auf Aneuploidie.
  • Elternteil oder Kind mit bekannter Aneuploidie.

38.8.2 Bestimmungsmethode

Der kombinierte Ersttrimester-Test umfasst die Messung der Nackentransparenz und Laboruntersuchungen /1/. Es handelt sich hierbei nicht um ein diagnostisches Verfahren, sondern nur um eine Risikoabschätzung vermittels eines Algorithmus. Der kombinierte Ersttrimester-Test erfasst etwa 90 % der Feten mit Trisomie 21, bei einer falsch positiven Rate von etwa 5 %. Das bedeutet, dass bei einer hohen Anzahl nicht betroffener Schwangerschaften zur Verifizierung ein invasives Verfahren oder die Bestimmung fetaler Zell freier DNA im mütterlichen Plasma erforderlich ist.

38.8.2.1 Nackentransluzenz (NT)-Messung

Beim Fetus sammelt sich Gewebsflüssigkeit im Nacken bis zur SSW 14 an. Sie stellt sich im Ultraschall als NT dar /12/. Je größer die Flüssigkeitsansammlung, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines fehl gebildeten Fetus. Bei Aneuploidien wird als Ursache der erhöhten NT eine veränderte extrazelluläre Matrix vermutet, bedingt durch eine verstärkte Bildung von Kollagen IV. Die Messung ist nur bis zum Ende des ersten Trimenons aussagekräftig /1/, da bis zur SSW 14 das Lymphsystem und die Nierenfunktion noch nicht voll entwickelt sind, um die nuchale Flüssigkeitsansammlung adäquat zu trainieren /5/. Die Messung erfolgt gewöhnlich in der SSW 11–13.

Eine Transparenz höher als die 95. Perzentile des jeweiligen Gestationsalters ist mit dem erhöhten Risiko einer Aneuploidie und anderen Erkrankungen assoziiert. Die Detektionsrate der NT für fetale Aneuploidie betrug 70 % in der Faster Studie in der SSW 11 bei einer falsch positiven Rate von 5 % /4/. Aber auch andere Störungen gehen mit einer erhöhten NT einher. So beträgt die Detektionsrate für kardiale Defekte 52 % bei einer falsch positiven Rate von 5 % /5/.

38.8.2.2 Labordiagnostische Marker

Eingesetzt werden /4/:

  • Freie β-Kette des hCG-Moleküls (hCG-β).
  • Pregnancy-associated plasma protein A (PAPP-A).
  • α-Fetoprotein (AFP).
  • Inhibin A.
  • Unkonjugiertes Östriol.

Siehe auch Tab. 38.8-1 – Labordiagnostische Marker der nicht-invasiven Diagnostik von Aneuploidien.

38.8.2.3 Combined first trimester test 

Der Test wird in der SSW 11–14 durchgeführt. Berücksichtigt werden die Nackentransluzenz (NT), die Blutwerte von PAPP-A, hCG-β und das Alter der Schwangeren. Die Berechnung der Wahrscheinlichkeit einer Aneuploidie erfolgt durch Kombination der Resultate.

Wichtig für die Bewertung der Resultate sind /1/:

  • Das Gestationsalter. Es wird bei der NT-Messung durch Bestimmung der Scheitel-Steiß-Länge verifiziert. Die NT hat ihre größte diagnostische Sensitivität in den SSW 10–11.
  • Die Diskrimination von hCG-β nimmt mit der SSW-Woche zu und ist am größten in der SSW 13.
  • PAPP-A hat seinen höchsten diskriminatorischen Wert in der SSW 7–10 und nimmt dann ab. Gemeinsam bestimmt, komplementieren PAPP-A und hCG-β und gewährleisten eine hohe diagnostische Sensitivität in den SSW 11–13.
  • Im ersten Trimester sind bei Trisomie 13 und 18 die Werte von PAPP-A und hCG-β erniedrigt und bei Trisomie 21 ist hCG-β erhöht.

38.8.2.4 Second trimester quadruple test

Die Blutentnahme für diesen Test erfolgt in der SSW 15–20. Der Test berücksichtigt die Blutwerte von AFP, hCG, unkonjugiertem Östriol, Inhibin A und das Alter der Schwangeren. Das Verhalten der Laborparameter in der SSW 15–22 zeigt Tab. 38.8-2 – Verhalten der Marker in den für das Aneuploidie-Screening entscheidenden SSW. Aus den Werten berechnen die Laboratorien Risikowerte für Trisomie 21, bezogen auf die SSW.

38.8.2.5 Integrated test

Er berücksichtigt die NT und PAPP-A des Ersttrimesters und die Resultate des Zweittrimesters.

Eine Übersicht zur Detektionsrate und der Zuverlässigkeit der Verfahren zur Diagnostik der Trisomie 21 gibt Tab. 38.8-3 – Detektionsraten für Trisomie 21 in Abhängigkeit vom Verfahren.

38.8.2.6 Hinweise und Störungen

Untersuchungsmaterial

Serum wird für die biochemischen Untersuchungen verwenden, da PAPP-A im EDTA- und Heparinplasma zu niedrig bestimmt wird. Wichtig ist, alle Tests aus einer Probennahme durchzuführen, deshalb ist Serum das Untersuchungsmaterial der Wahl /6/.

Sehr niedrige Konzentration an freiem Östriol

Sehr niedrige Östriolwerte im Quadruple-Test weisen auf ein Smith-Lemli-Opitz-Syndrom (SLOS) hin. Es hat eine Prävalenz von 1 : 10.000 bzw. 1 : 20.000 Lebendgeburten und beruht auf einer Mutation im Gen der Sterol-7-Reduktase. Es resultiert eine niedrige Cholesterinsynthese. Da Steroide aus dem Cholesterin synthetisiert werden ist freies Östriol erniedrigt /7/.

Literatur

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38.9 Präeklampsie, HELLP-Syndrom

Das American College of Obstetrics and Gynecologists (ACOG) /1/ definiert die Präeklampsie als das neue Auftreten einer Hypertonie nach der Schwangerschaftswoche 20, und den zusätzlichen Nachweis einer Proteinurie ohne Vorliegen eines Schadens der dafür verantwortlichen Organe. Die Präeklampsie ist eine von der Plazenta induzierte Erkrankung in der Schwangerschaft und ein Multiorganversagen, das bei der Mutter folgende Organe betreffen kann: Leber, Hämatopoese, das vaskuläre, renale, neurologische und das respiratorische System mit milder bis stärkerer Verminderung der Funktion. Die Präeklampsie kann auch den Fetus mit einer Wachstumsretardierung, plazentaren Lösung oder einer Verminderung der Amnionflüssigkeit betreffen. Die Beschwerden können einzeln oder in Kombination auftreten. Das unvorhersehbare Auftreten und die rasche Ausbreitung der Symptome sind ein Kennzeichen der Präeklampsie, so beispielsweise die Progression von der milden Hypertonie und Proteinurie zum HELLP Syndrom (Hämolyse, erhöhte Leberenzyme, niedrige Plättchenzahl), disseminierte intravasale Gerinnung und posteriore reversible Enzephalopathie. Die Präeklampsie ist die führende Ursache der mütterlichen und neonatalen Morbidität und Mortalität und betrifft weltweit etwa 8 % der Schwangerschaften. Etwa 30 % der Schwangerschaften entwickeln Zeichen und Symptome der Präeklampsie und etwa 20 % dieser Patientinnen werden eventuell mit einer Präeklampsie diagnostiziert /2/. Wesentliche Risikofaktoren der Präeklampsie sind eine vorangegangene Präeklampsie, chronischer Bluthochdruck, Diabetes mellitus vor der Schwangerschaft, multiple Schwangerschaften und das Antiphospholipid Syndrom.

Die klinisch diagnostischen Kriterien der Präeklampsie sind dargestellt in Tab. 38.9-1 – Klinische Kriterien der Präeklampsie (PE), der schweren PE und des HELLP-Syndroms.

Eklampsie

Die Eklampsie ist das erstmalige Auftreten von Krämpfen vor, während oder nach der Entbindung, die keinen Bezug zu anderen Erkrankungen außer zur Präeklampsie haben. Bei Schwangeren mit Krämpfen, bei denen zuvor keine Präeklampsie diagnostiziert wurde müssen innerhalb von 24 Std. nach Auftreten der Krämpfe mindestens zwei der folgenden Störungen nachweisbar sein: Hypertonie, Proteinurie, Thrombozytopenie oder erhöhte Aspartat-Aminotransferase /2/.

HELLP syndrom

Das HELLP Syndrom ist eine schwere Komplikation der Präeklampsie und besteht aus folgender Laborkonstellation: Hämolyse (H), erhöhte Leberenzyme (EL) und niedrige Plättchenzahl (P) /3/.

38.9.1 Klinische Befunde bei Präeklampsie

Die Präeklampsie ist eine der häufigsten und schwersten Komplikationen in der Schwangerschaft. Sie betrifft weltweit 3–8 % der Schwangerschaften und führt in 18 % der Fälle zum mütterlichen und in etwa 40 % der Fälle zum kindlichen Tod. Etwa 15 % der Frühgeburten beruhen auf einer Präeklampsie.

Die Präeklampsie entwickelt sich in drei Stufen /4/:

  • Zuerst ist die Bildung der Plazenta gestört. Während der Plazentation kommt es zu einer defekten Invasion extravillöser Trophoblastzellen in die Muskelschicht der Spiralarterien des Uterus. Daraus resultiert ein verminderter Utero-plazentarer Blutfluss mit der Folge einer Wachstumsretardierung des Feten. Oxidativer Stress vermindert zusätzlich die vaskuläre Funktion der Plazenta, es resultiert eine weitere Abnahme des Blutflusses mit den Folgen von Inflammation und Apoptose plazentarer Zellen.
  • Im zweiten Schritt erfolgen etwa von der 20. Woche der Schwangerschaft an, die klinischen Manifestationen mit Bluthochdruck und Proteinurie.
  • Schreitet der Prozess weiter, kommt es zu Gefäßspasmen im Gehirn, zum Hirnödem und schweren epileptischen Anfällen, der Eklampsie.

Nach der International Society for the Study of Hypertension in Pregnancy (ISSHP) ist die Präeklampsie definiert /5/:

  • Als ein neu aufgetretener Hypertonus in Kombination mit Proteinurie nach der SSW 20.
  • Die Hypertonie ist definiert als ein systolischer Blutdruck ≥ 140 mmHg und ein diastolischer ≥ 90 mmHg, zweimalig gemessen in einem Mindestabstand von 4 h.
  • Die Proteinurie ist definiert als ≥ 300 mg/24 h.

Nach der zeitlichen Manifestation der klinischen Symptome wird eine Early onset preeclampsia (< 34. SSW) von der Late onset preeclampsia (≥ 34. SSW) unterschieden. Nach der Schwere der Manifestation wird differenziert zwischen Präeklampsie, der schweren Präeklampsie vor der SSW 34 und dem HELLP-Syndrom /6/. Die Inzidenz der schweren Präeklampsie beträgt in den Westlichen Nationen 0,6–1,2 % der Schwangerschaften /6/.

Die schwere Präeklampsie hat einen systolischen Blutdruck von mindestens 160 mm/Hg und einen diastolischen von mindestens 110 mm/Hg, eine Thrombozytenzahl von weniger als 100 × 109/l, eine Aktivität der Aminotransferasen von mindestens zweifach des oberen Referenzbereichswerts und eine Verdopplung des Basiswerts von Creatinin oder über 1,1 mg/dl (97 μmol/l). Weitere Symptome sind ein schwerer und persistierender Schmerz im rechten oberen Quadranten des Brustkorbs, ein Pulmonalödem und das Auftreten zerebraler und visueller Störungen. Die Präeklampsie kann sich verschlimmern oder initial erst nach der Entbindung auftreten /67/.

Präeklampsie und Störung der Nierenfunktion

Die renale Schädigung bei Präeklampsie beruht auf distinkten glomerulären Läsionen, bezeichnet als glomeruläre Endotheliose. Das Volumen des Glomerulums ist vergrößert, die endothelialen Zellen sind geschwollen und das Kapillarvolumen eingeengt /8/. Auch die mesangialen Zellen können geschwollen sein. Trotz des Vorliegens einer Proteinurie sind die Podozyten relativ normal. Die glomeruläre Endotheliose ist eine der Ursachen für die Proteinurie und die Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate. Ein Anstieg der Proteinurie während der Präeklampsie ist der Indikator eines schlechten Ausgangs.

Präeklampsie und Hypertonie

In der normalen Schwangerschaft ist das Minutenvolumen des Herzens erhöht und auch das zirkulierende Blutvolumen bei reduziertem Gefäßwiderstand /78/. Der diastolische Blutdruck ist deutlich vermindert und die Vergrößerung des Gefäßbetts wirkt gegen eine Hypoperfusion der Plazenta. Bei der Präeklampsie ist das Plasmavolumen deutlich vermindert trotz des Vorliegens von Ödemen. Es resultiert eine reduzierte systemische Perfusion des mütterlichen Organismus, die direkt zur Schädigung mütterlicher Organe und indirekt zur Schädigung des Feten führen kann.

Die Konzentration von Renin ist ein Volumensensor, und niedrige Reninwerte sind mit einer Volumenexpansion assoziiert. Das bedeutet aber nicht, dass die Präeklampsie mit einer Volumen abhängigen Hypertonie assoziiert ist. Eine Theorie zur Ätiogenese der Hypertonie besagt, dass Schwangere mit Präeklampsie Autoantikörper haben, die an den Angiotensinrezeptor Typ I binden und diesen aktivieren mit der Folge einer Vasokonstriktion.

Siehe auch Tab. 38.9-1 – Diagnostische Kriterien der Präeklampsie (PE), schweren PE und des HELLP-Syndroms.

38.9.1.1 Screening auf Präeklampsie

Siehe Beitrag 38.10 – PIGF und sFlt-1.

38.9.2 Klinische Befunde beim HELLP Syndrom

Für das HELLP Syndrom besteht eine große Variabilität in der Terminologie, der Ursache, der Inzidenz und den diagnostischen Kriterien /3/. Einige Untersucher sehen sie als frühe Form einer schweren Präeklampsie an, andere als eine variante Form der Präeklampsie. Somit ist auch die Inzidenz des HELLP-Syndroms sehr unterschiedlich und wurde in einer Studie /9/ bei 30 % der Patientinnen mit postpartum Eklampsie und 28 % derjenigen mit Präeklampsie vor der Entbindung beobachtet.

Patientinnen mit HELLP Syndrom sind signifikant älter als diejenigen mit schwerer Präeklampsie. Die Inzidenz ist bei der weißen Bevölkerung höher als bei Schwarzen und häufiger bei Multipara. Die klinischen Symptome sind uncharakteristisch und dem grippalen Infekt ähnlich, viele Schwangere geben mehrere Tage bevor sie beim Arzt erscheinen ein starkes Krankheitsgefühl an. Oft sind die Schwangeren noch weit vom Entbindungstermin entfernt. Potentielle schwere Komplikationen sind die akute Schwangerschafts-Fettleber, diese Patientinnen haben keine Hypertonie und Proteinurie.

Seltener als das HELLP Syndrom, aber klinisch vom Erscheinungsbild ähnlich, sind die thrombotisch thrombozytopenische Purpura und das hämolytisch urämische Syndrom.

38.9.2.1 Laborbefunde beim HELLP Syndrom

Die diagnostischen Kriterien des HELLP Syndroms sind variabel. Die diagnostische Triade umfasst Hämolyse, verursacht durch eine mikroangiopathische hämolytische Anämie, eine gestörte Leberfunktion und die Verminderung der Thrombozytenzahl /3/.

Hämolyse

Die Hämolyse ist mikroangiopathischer Natur, deshalb sind im Blutausstrich Schistozyten, Burr-Zellen und Echinozyten nachweisbar.

Leberfunktion

Es besteht kein Konsensus über die Ursache der gestörten Leberfunktion.

Thombozytopenie

Es besteht kein Konsensus über die Ursache der gestörten Leberfunktion.

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38.10 PlGF und sFlt-1

Die Bildung des löslichen fms-like Tyrosinkinase-Rezeptors-1 (sFlt-1), ein Antagonist des endothelialen Wachstumsfaktors (PlGF), ist eine der Ursachen für die Pathogenese der Präeklampsie /1/. Erhöhte sFlt-1 Serumwerte und erniedrigte von PlGF, was eine erniedrigte Ratio sFlt-1/PlGF bedeutet, können ab der zweiten Hälfte der Schwangerschaft bei Plazenta-bezogenen Störungen nachweisbar sein, z.B. bei Präeklampsie, intrauteriner Wachstumsverzögerung oder Totgeburt /2/.

38.10.1 Indikation

Erhöhtes Risiko einer Präeklampsie:

  • Frauen mit klinischen Zeichen der Präeklampsie.
  • Asymptomatische Frauen mit dem erhöhten Risiko eine Präeklampsie zu entwickeln, z.B. Alter, Ethnie, Anzahl der Geburten und anamnestisch eine Präeklampsie bei einer vorangehenden Schwangerschaft.

Systemische Erkrankungen und Zustände, die ein Risiko zur Entwicklung einer Präeklampsie sind wie Diabetes mellitus, essentielle Hypertonie, Nierenerkrankung, Antiphospholipid-Syndrom, Autoimmunerkrankung, Adipositas.

38.10.2 Bestimmungsmethode

Sandwich-Immunoassays /3/ mit Streptavidin-Biotin-Technologie und Elektrochemolumineszenz-Messung.

38.10.3 Untersuchungsmaterial

Serum: 1 ml

38.10.4 Referenzbereich

Eine sFLt-1/PlGF Ratio unter 38 schließt eine präsente Präeklampsie und eine für die nachfolgende Woche aus, unabhängig von der Dauer der Schwangerschaft /45/.

38.10.5 Bewertung

Die klinische Diagnostik der Präeklampsie beruht in der Regel auf der Präsenz von Hypertonie und Proteinurie. Diese Befunde kommen jedoch häufig auch bei anderen Erkrankungen vor. Weiterhin kann die Präeklampsie schwer und sehr progressiv ab der Mitte der Schwangerschaft verlaufen oder erst spät zum Geburtstermin auftreten /2/. Die Diagnostik, basierend auf Bluthochdruck und Proteinurie, hat nur einen positiven prädiktiven Wert von etwa 30 % zur Vorhersage einer Präeklampsie und der damit verbundenen negativen Auswirkungen für die Schwangere und den Fetus /6/.

Die Bestimmung der sFlt-1/PlGF Ratio ist eine Screening-Untersuchung, speziell bei Schwangeren, die eine Präeklampsie ab der Mitte der Schwangerschaft in den nächsten 4 Wochen ausbilden /2/. Die sFlt-1/PlGF Ratio ermöglicht diejenigen Schwangeren mit dem Risiko einer unmittelbar bevorstehenden Entbindung und negativem Ausgang für Mutter und Kind zu erkennen /27/. Die Zeit-abhängige Steigung der sFlt-1/PlGF Ratio zwischen den zeitlich unterschiedlichen Messungen ist prädiktiv für den Ausgang der Schwangerschaft und dem Risiko eine Präeklampsie zu entwickeln, deshalb wird eine Verlaufsbeurteilung empfohlen /8/. Hohe sFlt-1/PlGF Ratios erfordern die sofortige Entbindung.

Eine Arbeitsgruppe der International Society of Ultrasound in Obstetrics and Gynecology /2/ hat ein Konsensus-Statement zur klinischen Interpretation der sFlt-1/PlGF Ratio bei Verdacht auf Präeklamsie und zum Vorgehen erarbeitet.

Siehe Tab. 38.10-1 – Konsensus Statements zur Einführung der sFlt-1/PlGF Ratio zur Vorhersage und Diagnose der Präeklampsie.

38.10.6 Hinweise und Störungen

Die beschriebenen Grenzwerte für die sFlt-1/PlGF Ratios gelten für den ELecsys® Test.

38.10.7 Pathophysiologie

Die Faktoren der Angiogenese plazentarer Wachstumsfaktor (placental growth factor, PlGF) und die soluble FMS-like tyrosine kinase-1 (sFlt-1), ein löslicher Rezeptor des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (vascular endothelial growth factor, VEGFR), sind diagnostische Biomarker zur Unterscheidung der Schwangerschaft ohne und mit Präeklampsie.

sFlt-1 ist eine verstümmelte Splice-Variante des Membran gebundenen Rezeptors Flt-1. Sie besteht aus einer extrazellulären Domäne, aber es fehlt die intrazelluläre Signaldomäne. Im Kreislauf bindet sFlt-1 an VEGFR und PlGF und neutralisiert deren Wirkung /1/.

Die Plazenta exprimiert die VEGFR-1 mRNA, produziert den VEGFR-1 und über einen alternativen Splicing process auch sFlt-1. Während VEGFR-1 in der Membran der Trophoblastzelle verbleibt, wird sFlt-1 in die Zirkulation der Schwangeren abgegeben und wirkt als Antagonist von VEGF und PlGF. Während der normalen Schwangerschaft steigt PlGF in den ersten beiden Trimestern kontinuierlich an und fällt gegen Ende ab. SFlt-1 bleibt von der frühen bis zur Mitte der Schwangerschaft gleich und steigt dann bis zum Ende kontinuierlich an /9/.

Ursache einer Veränderung von Angiogenesefaktoren soll eine Störung der Plazentation sein. Bei der normalen Plazentation bildet sich ein Geflecht verzweigender Gefäße fetalen Ursprungs in den Chorionvilli. Es folgt ein Umbau des vaskulären Bettes, so dass der Widerstand für den Blutfluss abnimmt, der Blutfluss sich erhöht und damit auch die Sauerstoffzufuhr.

Bei defekter Plazentation kommt es zur plazentaren Ischämie, Hypoxie, Störung der angiogenen Balance und Ausbildung eines anti-angiogenen Status. Dieser, stimuliert durch Hypoxie, wird durch die Bildung pro-angiogener Proteine der Endothelzellen wie VEGF und seinem Rezeptor Flt-1 aufrecht erhalten. Die Gentranskription zur Bildung von VEGF und Flt-1 wird durch den Hypoxia inducible factor (HIF) reguliert. In der Plazenta wird die Synthese von VEGF und PlGF bei Hypoxie zwar hochreguliert, aber die Konzentration in der Zirkulation ist niedrig, was zu einem anti-angiogenen Zustand als Nettoergebnis führt. Ein Grund für die verminderte Konzentration von VEGF und PlGF soll die Erhöhung der Konzentration von sFlt-1 bei Präeklampsie sein. Durch Bindung an VEGF und PlGF neutralisiert sFlt-1 deren Wirkung. Somit wird z.B. die modulierende Wirkung von VEGF auf die vaskuläre Funktion aufgehoben und es erfolgt keine erforderliche Relaxation der Gefäßmuskulatur im Myometrium des Uterus, die dem hypoxämischen Zustand entgegen wirken könnte. Bei der Präeklampsie ist der Widerstand der uterinen Arterien inadäquat hoch und es erfolgt kein adäquates Remodelling der Spiralarterien an die Bedürfnisse des wachsenden Feten /1/.

Die Inflammation spielt für die Ausbildung der Präeklampsie eine Rolle, ist aber ätiologisch nicht ausschlaggebend /10/. Der pathophysiologische Weg von der normalen Schwangerschaft zur Präeklampsie ist dargestellt in Abb. 38.10-1 – Progression von der normalen Schwangerschaft zur Präeklampsie.

Veränderte Konzentrationen von PlGF und sFlt-1 gehen der Präeklampsie voran. Die Konzentration von sFlt-1 nimmt etwa 5 Wochen vor Beginn der Präeklampsie zu während die Konzentration von PIGF ab der SSW 13–16 abnimmt.

Kurze interferierende RNAs (siRNAs), die selektiv die sFLT1mRNA ruhig stellen sind primär verantwortlich für die plazentare Überexpression von sFLT1, denn sie reduzieren deren Konzentration. Dies scheint ein Weg zu sein die frühe Präeklampsie zu verhindern /11/.

Literatur

1. Maynard SE, Min JY, Merchan J, Lim KH, Li J, Mondal S, et al. Excess placental soluble fms-like tyrosine kinase 1 (sFLt1) may contribute to endothelial dysfunction, hypertension, and proteinuria in preeclampsia. J Clin Invest 2003; 111: 649–58.

2. Stepan H, Herraiz I, Schlembach D, Verlohren S, Brennecke S, Chantraine F, et al. Implementation of the sFlt-1/PlGf ratio for prediction and diagnosis of preeclampsia in singleton pregnancy: implications for clinical practice. Untrasound in Obstetrics&Gynecology 2015; 45: 241–6.

3. Schneider E, Gleixner A, Hänel R, et al. Technical performance of the first fully automated assays for soluble fms-like tyrosine kinase 1 and human placental growth factor. Z Geburtshilfe Neonatol 2009; 213: 69.

4. Schittecate J, Russcher H, Anckaert E, Mees M, Leeser B, Tirelli AS, et al. Multicenter evaluation of thr first automated Elecsys sFlt-1 and PlGF assays in normal pregnancies and preeclampsia. Clin Biochem 2010; 43: 768–70.

5. Ohkuchi A, Hirashima C, Suzuki H, Takahashi K, Yoshida M, Matsubara S, et al. Evaluation of a new automated immunoassay for plasma sFlt-1 and PlGF levels in women mit preeclampsia. Hypertens Res 2010, 33: 422–7.

6. Zhang J, Klebanoff MA, Roberts JM. Prediction of adverse outcomes by common definitions of hypertension in pregnancy. Obstet Gynecol 2001; 97: 261–7.

7. Zeissler H, Llurba E, Chantraine F, Vatish M, Staff AC, Sennström O, et al. Predictive value of the sFlt:PlGF ratio in women with suspected preeclampsia. N Engl J Med 2016; 374: 13–22.

8. Schoofs K, Grittner U, Engels T, Pape J, Denk P, Henrich W, Verlohren S. The importance of repeated measurements of the sFlt-1/PlGF ratio for the prediction of preeclampsia and intrauterine growth restriction. J Perinat Med 2014; 42: 61–8.

9. Young BC, Karumanchi SA. Toward a better diagnosis of preeclampsia. Clin Chem 2016; 62 (7): 913–5.

10. Ramma W, Ahmed A. Is inflammation the cause of preeclampsia? Biochem Soc Trans 2011; 39: 1619–27.

11. Turanov AA, Lo A, Hassler MR, Makris A, Ashar-Patel A, Alterman JF, et al. RNAi modulation of placental sFLt-1 for the treatment of preeclampsia. Nature Biotechnology 2018; 36 (12): 1164–13.

38.11 CX3CL1/Fractalkine

Lothar Thomas

CX3CL1/Fractalkine ist ein Chemokin der Monozyten/Makrophagen, und eingebunden in inflammatorische Ereignisse. CX3CL1/Fractalkine ist das häufigste Chemokin in decidualen Geweben. CX3CL1/Fractalkine fuktioniert über den Rezeptor CX3CR1, der von dem Zytotrophoblasten und den decidualen Zellen exprimiert wird /1/. Der Rezeptor wird auch von Monozyten/Makrophagen, Lymphozyten und NK-Zellen exprimiert und ist an der Migration, Adhäsion und dem Überleben von endothelialen and epithelialen Zellen beteiligt.

Es wird vermutet, dass eine vermehrte CX3CL1/Fractalkine Expression mit einer Frühgeburt durch die intrauterine Ansammlung von proinflammatorischen Makrophagen ausgelöst wird /2/.

Die vorzeitige Ruptur von Membranen (preterm premature rupture of membranes; PPROM) ist weltweit die führende Ursache der perinatalen Morbidität und Mortalität /3/. Sie kompliziert 4 % aller Schwangerschaften, und ist für 40 % aller spontanen Frühgeburten verantwortlich /4/. PPROM ist eine Störung fetaler Membranen und die Entzündung spielt eine wichtige Rolle. Chemokine sind an der Adhäsion von Makrophagen an der maternal-fetalen Grenze verantwortlich und die Bestimmung von CX3CL1/Fractalkine als biochemischer Marker kann die vorzeitige Ruptur der Membranen verhindern.

Bestimmung des Chemokins CX3CL1/Fractalkine: Die quantitative Bestimmung erfolgt an einem Bio-Plex 200 Analysensystem, die unteren und oberen Grenzwerte der Bestimmung betragen jeweils 4,0 and 11,5 pg/mL.

Die medianen Konzentrationen von CX3CL1/Fractalkine waren bei Schwangerschaften /2/:

  • mit PPROM 205–250 pg/ml
  • bei vorzeitiger Geburt mit intakten Membranen 173–217 pg/ml.

Die Wertigkeit von CX3CL1/Fractalkine kann weiter verbessert werden durch die Bestimmung weiterer Biomarker.

Literatur

1. Santoni A, Carlino C, Stabile H, Gismondi A. Mechanisms underlying recruitment and accumulation of decidual NK cells in uterus during pregnancy. Am J Reprod Immunol 2008; 59; 417–24.

2. Kahouadji S, Giguere Y, Lambert S, Forest JC, Bernard N, Blanchon L, et al. CX3CL1/Fractalkine as a biomarker for early pregnancy prediction of preterm premature rupture of membranes. Clin Chem Lab Med 2024. doi: 10.1515/cclm-2023-1202.

3. Glover AV, Manuck TA. Screening for spontaneous preterm birth and resultant therapies to reduce neonatal morbidity and mortality. Semin Fetal Neonatal Med 2018; 23: 126–32.

4. Menon R, Richardson LS. Preterm prelabor rupture of the membranes: a disease of the fetal membranes. Semin Perinatol 2017; 41: 409–419.

38.12 Diabetes in der Schwangerschaft

Lothar Thomas

Etwa 0,4 % der Schwangerschaften haben einen Diabetes mellitus, der hälftig den Typ 1 und hälftig den Typ 2 betrifft. Die Klassifikation der Schwangeren mit neu diagnostizierter Hyperglykämie ist schwierig. Die Diagnose des Typs 2 sollte nach der Schwangerschaft erfolgen /1/. Die International Association of the Diabetes in Pregnancy Study Group hat den Diabetes in der Schwangerschaft anhand folgender Kriterien definiert /2/:

  • Nüchternglucose ≥ 7,0 mmol/L (127 mg/dL) oder
  • Random Glucose ≥ 11,1 mmol/L (200 mg/dl) oder
  • HbA1c ≥ 48 mmol/L (Behandlung wie Diabetes Typ 2) oder
  • 2 h Wert im Glucosetoleranz Test (75 g oGGT) ≥ 7,8 mmol/L (140 mg/dL).

38.12.1 Glykämische Kontrolle vor der Schwangerschaft

Eine Untersuchung zur Glykämie vor der Konzeption vermindert die Risiken für Mutter und Kind, denn Schwangere mit bestehendem Diabetes haben mehr Komplikationen als diejenigen ohne Diabetes /1/. Die Komplikationen sind:

  • In der frühen Schwangerschaft Fehl- oder Todgeburt, kongenitale Anomalien und neonataler Tod
  • In der Spätschwangerschaft Frühgeburt, Polyhydramnion, Präeklampsie, auch haben die Neugeborenen die Tendenz zu groß und schwer für ihr Alter zu sein.

Viele dieser Risiken können durch eine gute glykämische Einstellung vermindert oder vermieden werden. Die National Institute of Clinical Excellence (NICE) guidelines empfehlen dass Diabetikerinnen vor der Konzeption folgende Werte zur Beurteilung des glykämische Status haben sollen /3/:

  • HbA1c < 48 mmol/L (6,5 %)
  • Bei einem Wert des HbA1c > 86 mmol/L sollte das Instandkommen einer Schwangerschaft vermieden werden
  • Vor der Konzeption sollen täglich 5 mg Folsäure eingenommen werden
  • Teratogene Medikamente wie ACE Inhibitoren sollen abgesetzt werden.

Die NICE-Empfehlungen werden von nur etwa 40 % der Schwangeren mit Diabetes Typ 2 befolgt, bei nur 15 % bei denjenigen mit Diabetes Typ 1, und weniger als 50 % der Schwangeren nehmen vor der Konzeption Folat ein. Viele Frauen suchen nicht kurz nach dem sie schwanger sind einen Termin beim Gynäkologen zu erhalten, sondern erst im Zeitraum von 8 bis 12 Wochen danach, obwohl während dieser Zeit die fetale Organogenese schon weitgehend abgelaufen ist /1/.

38.11.2 Glykämische Kontrolle in der Schwangerschaft

Physiologisch besteht in den Schwangerschaftswochen 12 bis 20 eine Periode der erhöhten Insulinsensitivität mit Hypoglykämie und vermindertem Insulinbedarf, besonders beim Diabetes Typ 1. Um die Schwangerschaftswoche 20 bildet sich eine Insulinresistenz mit erhöhtem Insulinbedaf aus. Bei Schwangeren ohne ausreichende Insulingabe entwickelt sich eine Hyperglykämie, oft mit Ketoazidose. Liegt diese vor, werden 20 bis 40 % des Nachwuchses nicht überleben /3/. Eine Schwangere mit Diabetes sollte folgende glykämische Werte haben:

  • Nüchternglucose < 5,3 mmol/l (95 mg/dL)
  • Postprandiale Glucose < 7,8 mmol/L (140 mg/dL)
  • Glucose 1 h oder 2 h nach einer Mahlzeit < 6,4 mmol/l (115 mg/dl).

Vor Planung einer Schwangerschaft sollten Frauen mit Diabetes Typ 1 mit Insulin eingestellt sein, Frauen mit Diabetes Typ 2 allein mit Metformin. Einige Schwangere mit Diabetes Typ 2 benötigen hohe Dosen an Insulin, denn die Hormone der Plazenta können durch Verstärkung der Insulinresistenz erhebliche Probleme verursachen.

Generell ist die Meinung, dass HbA1c ein Maß der glykämischen Kontrolle der vorangehenden 2–3 Monate ist. Das ist jedoch nicht immer der Fall bei Schwangeren. Die Gründe sind /1/:

  • In der Schwangerschaft ist die Lebenszeit der Erythozyten unterschiedlich.
  • HbA1c ändert sich zu langsam, um die Vorteile einer neuen Therapieeinstellung zu registrieren.

38.12.3 Analysensysteme zum kontinuierlichen Monitoring der Glucose bei diabetischer Schwangerschaft

Die meisten Systeme zum Monitoring der Glucose in der Schwangerschaft haben eine bessere Richtigkeit als die Standard Glucometer. Für weitere Information siehe Literatur /1/.

Literatur

1. Meek CL. Monitoring motherhood: Monitoring and optimizing glycemia in women with pre-existing diabetes in pregnancy. Ann Clin Biochem 2022; 59 (1): 37–45.

2. International Association of Diabetes and Pregnancy Study Groups: Recommendations on the diagnosis and classification of hyerglycemia in pregnancy. Diabetes Care 2010; 33 (7): e97.

3. Diabetes in pregnancy: management of diabetes and its complications from preconception to the postnatal period. National Institute of Clinical Excellence (NICE) guideline NG3, London: NICE 2015.

Tabelle 38.1-1 Physiologische Hormonveränderungen in der Schwangerschaft 

Hormon

Verhalten in der Schwangerschaft

Östrogene

In den ersten Wochen erfolgt die Östrogensynthese im Corpus luteum und wird dann von der Plazenta übernommen /20/. Die wichtigsten Vertreter der Östrogene sind Östradiol, Östron und Östriol. Sie wirken anabol und führen zu einer Auflockerung des Bindegewebes, Gefäßerweiterung, Wasserretention und Stimulation der hepatischen Proteinsynthese. Zur Entbindung bewirken die Östrogene eine Erhöhung der Rezeptoren für Oxytocin und β-adrenerge Substanzen, wodurch es der Uterusmuskulatur möglich ist, koordinierte Kontraktionen durchzuführen. Östradiol und Östriol entstehen durch plazentare Aromatisierung aus C19-Steroiden, vorwiegend aus Dehydroepiandrosteron (DHEA), das von der fetalen und mütterlichen Nebennierenrinde gebildet wird. Östriol wird zu über 90 % aus fetalem 16 OH-DHEA gebildet, da die notwendige 16-Hydroxylase in der Plazenta fehlt (Abb. 38.1-1 – Synthese von Östrogenen durch die feto-materno-plazentare Einheit). Die Konzentration der Östrogene nimmt im Verlauf der Schwangerschaft stark zu und die Ausscheidung von Östriol im Urin ist im Vergleich zu vor der Schwangerschaft 1.000 fach erhöht.

Progesteron, 17α-Hydroxy­progesteron

Die prinzipielle Quelle für Progesteron in der Schwangerschaft ist die Plazenta, obwohl in der frühen Schwangerschaft das Corpus luteum der wesentliche Syntheseort für Progesteron ist. Die ausreichende Bildung von Progesteron durch das Corpus luteum ist wichtig für die Aufrechterhaltung der Frühschwangerschaft bis die Plazenta diese Funktion übernimmt /2021/. Die Verabreichung von Rezeptorantagonisten für Progesteron wie RU-486 induziert rasch einen Abort, wenn die Einnahme vor der Schwangerschaftswoche 7 erfolgt.

In der Frühschwangerschaft wird 17α Hydroxyprogesteron im Corpus luteum parallel zu Progesteron gebildet und eine Corpus luteum Insuffizienz führt zum Verlust der Schwangerschaft. 17α Hydroxyprogesteron ist ein besserer Marker der Corpus luteum Funktion als Progesteron, da zu diesem Zeitpunkt nur eine begrenzte Hydroxylierung von Progesteron durch die Plazenta erfolgt.

Die Mengen des gebildeten Progesterons steigen in den ersten 6–8 Tagen nach der Ovulation von unter 2 μg/l auf etwa 5 μg/l an, erreichen nach 6–8 Wochen, in der Zeit des Wechsels der Hormonbildung vom Corpus luteum zur Plazenta, bis zum Ende des ersten Trimenons Werte von 150 μg/l. Während der Schwangerschaft steht das Progesteron in einem dynamischen Gleichgewicht mit den Östrogenen in der Kontrolle der uterinen Aktivität. Progesteron stimuliert die uterine NO-Synthetase, ein wesentlicher Faktor in der Ruhigstellung der Uterusmuskulatur. Die Synthese des Progesterons erfolgt in der Plazenta aus Pregnenolon, das entweder der mütterlichen oder kindlichen Zirkulation entnommen wird. Möglicherweise erfolgt auch eine Neusynthese in der Plazenta aus Acetat und Cholesterin (Abb. 38.1-2 – Plazentare Synthese von Progesteron). Progesteron wird zu einem erheblichen Anteil im mütterlichen Fettgewebe gespeichert und bis zu etwa 30 % in der Leber in Pregnandiol umgewandelt, glucuronidiert und mit dem Harn ausgeschieden.

Die Konzentration von Progesteron steigt mit Fortdauer der Schwangerschaft kontinuierlich an auf Werte von 100–300 μg/l, parallel zur Konzentration von Östrogenen im Plasma. Progesteron wirkt als Antagonist des Mineralorezeptors, reduziert die Absorption von Na+ , bewirkt eine Verminderung des Widerstandes der Gefäße und eine Tonusverminderung der glatten Muskulatur. Die Gefäßerweiterung erhöht das Herzminutenvolumen, den renalen Plasmafluss und die glomeruläre Filtrationsrate. Die erhöhte Konzentration von Östogenen führt demgegenüber zu einer erhöhten Konzentration von Renin und einer Steigerung des Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems /22/.

Labordiagnostik: Die Bestimmung von Progesteron kann zur Unterscheidung der normalen von einer ektopischen Schwangerschaft durchgeführt werden. Ein Wert ≥ 25 μg/l weist auf eine normale uterine Schwangerschaft hin, ein Wert ≤ 5 μg/l auf eine nicht lebensfähige Schwangerschaft. Der diagnostische Wert des Progesterons wird aber dadurch eingeschränkt, dass ein Teil der Schwangerschaften Werte im Bereich dazwischen aufweist, der keine Aussage erlaubt.

Humanes Choriongonadotropin (hCG)

HCG wird vom Synzythiotrophoblasten der Plazenta gebildet. Siehe Beitrag 38.3 – Humanes Choriongonadotropin. Schwangerschafts-spezifisches hCG wird im mütterlichen Blut 5–8 Tage nach der Fertilisation nachweisbar. Eine wichtige Funktion des hCG in den ersten 6–8 SSW ist die Aufrechterhaltung des Corpus luteum und damit der Produktion von Progesteron. Während der Schwangerschaft ist die Entwicklung der inneren und äußeren männlichen Geschlechtsmerkmale des Embryos durch Stimulation der Testosteron-produzierenden Leydigzellen des Hodens eine Aufgabe des hCG. Andere mögliche Funktionen sind die plazentare Autoregulation der Bildung von cyclischem Adenosinmonophosphat, Progesteron, Östron, Östradiol, Inhibin und Glykogen /21/.

Labordiagnostik: Der Embryo sezerniert hCG ab Tag 5–8 nach der Fertilisierung. HCG kann im Serum in 5 % der Fälle eines befruchteten ovulatorischen Zyklus am 8. Tag, zu 53 % am Tag 10 und fast immer am Tag 11 nachgewiesen werden. Das korrespondiert zum Tag 24–25 eines 28-tägigen Zyklus. Die hCG-Konzentration ist dann ≥ 25 IU/l. Bis zum 35. Tag der Schwangerschaft verdoppelt sich die hCG-Konzentration im Plasma alle 1,4–1,6 Tage, ab dann alle 2,0–2,7 Tage und erreicht ein Plateau am Tag 60–90 der Schwangerschaft. Danach kommt es bis zur Entbindung zu einem kontinuierlichen Abfall. Eine Verdopplung des hCG Werts im ersten Trimenon alle 48 h signalisiert die normale Entwicklung von Embryo und Trophoblast.

Pregnancy-associated Plasmaprotein A (PAPP-A)

PAPP-A ist ein 200 kDa-Glykoprotein und gehört zur Superfamilie der Zinkpeptidasen. Es wird im Trophoblasten gebildet und zirkuliert im mütterlichen Plasma als heterotetramerer 2 : 2 Komplex gemeinsam mit zwei Untereinheiten der Proform des Eosinophil basic major protein (proMBP). Die Konzentration von PAPP-A nimmt in der Schwangerschaft beständig zu. PAPP-A ist ein Marker fetaler Aneuploidie und erhöhte Konzentrationen in der SSW 11–14 sind ein Hinweis, dass der Fetus von einem Down-Syndrom betroffen sein könnte.

Labordiagnostik: Die medianen Werte von PAPP-A in den SSW 11, 12, 13, 14 betragen jeweils 1.337, 1.919, 2.926 und 4.538 mIU/l.

FSH, LH

Auf Grund der Bildung von Sexualsteroiden durch die Plazenta wird die Ausschüttung von GnRH im ersten Trimenon supprimiert und somit auch die Freisetzung von FSH und LH.

Adrenocorticotrophes Hormon (ACTH), Cortisol

In der Schwangerschaft kommt es zu einem 3–8 fachen Anstieg von totalem Cortisol. Die zunehmende Bildung von Östrogenen stimuliert in der Leber die Bildung des Corticoid-bindenden Globulins (CBG) und die Konzentration von totalem Cortisol steigt an. Jedoch nimmt auch die Bildung von freiem Cortisol in der Schwangerschaft kontinuierlich zu und erreicht Konzentrationen im Bereich des Cushing-Syndroms.

Die ACTH-Werte nehmen parallel zu denen des Cortisols zu. Die Ursache des ACTH Anstiegs scheint zu beruhen auf: Der kontinuierlichen Bildung und Freisetzung von CRH und ACTH, einer Desensibilisierung der Cortisol-Rückkopplung oder einer beschleunigten Antwort der Hypophyse auf Corticotropin releasing factors wie Corticotropin releasing hormone oder Vasopressin /20/.

Bei Frauen, die orale hormonelle Kontrazeptiva einnehmen oder bei denjenigen mit Hormontherapie erfolgt ein ähnlicher Anstieg des CBG wie in der Schwangerschaft /23/.

Thyreotrophes Hormon

Siehe Beitrag 38-1-8 – Funktion der Schilddrüse.

Prolactin (PRL)

Die Konzentration nimmt in der Schwangerschaft kontinuierlich zu. Werte > 300 μg/l (6.360 mIU/l) im zweiten und > 1.000 μg/l (21.200 mIU/l) im dritten Trimenon bedürfen der Abklärung.

Renin, Aldosteron

Die Konzentration von Renin nimmt währender der frühen Schwangerschaft im Plasma zu und erreicht Werte die 3–7 fach höher sind als im letzten Trimester /22/. Mit der Zunahme der Zona fasciculata der Nebennirenrinde nimmt die Konzentration von Aldosteron um das 5–7 fache während des ersten Trimesters und in der 38. Schwangerschaftswoche sogar im das 10–20 fache zu. Bei der Schwangerschafts-bedingten Hypertonie ist das Verhältnis Aldosteron/Renin um zwei und höher im Vergleich zu Frauen ohne Hypertonie. Siehe auch Tab. 31.4-9 – Sekundärer Aldosteronismus, Mineralokortikoid-Exzess und Hypertonie.

Androgene

Die Produktion der C19-Steroide Dihydrotestosteron. Dehydroepiandrosteronsulfat, Androstendion und Testosteron, ist zwar in der Schwangerschaft verdoppelt, aber die metabolische Clearance ist erhöht, denn z.B. DHEAS dient der Plazenta als Vorläufer der Östrogensynthese. Die Folge ist eine paradoxe Abnahme der Konzentration im letzten Drittel der Schwangerschaft /24/.

Tabelle 38.1-2 Verhalten der Leukozyten in der Schwangerschaft /10/

Zellen

Präkonz.

1. Trim.

2. Trim.

3. Trim.

WBC

4,3–12,4

5,7–13,6

6,2–14,8

5,9–16,9

PMN

2,2–8,8

3,6–10,1

3,8–12,3

3,9–13,1

Lymphoz.

1,0–3,8

1,1–3,5

0,9–3,9

1,0–3,6

Monozyten

0–1,0

0,1–1,1

0,1–1,1

0,1–1,4

Eosinoph.

0–0,6

0–0,6

0–0,6

0–0,6

Basophile

0–0,1

0–0,1

0–0,1

0–0,1

Angaben in 109/l; angegeben sind die 2,5. und 97,5. Perzentile; WBC, Leukozytenzahl; PMN, polymorphkernige Granulozyten; Präkonz, präkonzeptionell; Trim, Trimester

Tabelle 38.1-3 Verhalten des Serumcreatinins vor und in der Schwangerschaft /11/

Zeitpunkt

mg/dl

μmol/l

Präkonzeptionell

0,82

73

Trimester 1

0,74

65

Trimester 2

0,58

51

Trimester 3

0,53

47

Angabe von Mittelwerten

Tabelle 38.1-4 Verhalten der Harnsäure im Serum Schwangerer mit und ohne Bluthochdruck /12/

SSW

Normotensiv

Hypertensiv

24–28

3,02 (179)

4,03 (240)

37–40

4,40 (262)

5,28 (313)

Angaben in mg/dl (μmol/l); angegeben sind Mittelwerte; SSW, Schwangerschaftswoche

Tabelle 38.1-5 Obere Referenzbereichsgrenzen in der Schwangerschaft /25/

Trimester

Creatinin
(μmol/l)

Cystatin C
(mg/l)

NGAL
(μg/l)

1. Trimenon

60

0,93

87

2. Trimenon

63

1,04

84

3. Trimenon

74

1,61

88

Post partum

93

1,23

95

Creatinin wurde enzymatisch bestimmt, standardisiert auf ID/MS, und Cystatin C ebenfalls mit Reagenz von Roche Diagnostics. Die Bestimmung von NGAL erfolgte mit Reagenz von BioPorto Diagnostics. Die 95 % Perzentilen sind gezeigt. Die Referenzintervalle für gesunde und nicht schwangere Frauen betragen nach Angaben der Reagenzhersteller: Creatinin 45–80 μmol/l; Cystatin C 0,61–0,95 mg/l; NGAL < 111 μg/l.

Tabelle 38.1-6 Negative Folgen in der Schwangerschaft bei Frauen mit Obesitas /26/

Klinische und Laborbefunde

Obesitas vor der Schwangerschaft

Die Obesitas (Fettleibigkeit) ist das häufigste Gesundheitsproblem von Frauen im gebärfähigen Alter. Obwohl das absolute Risiko schwerer Schäden bei Mutter und Kind und Probleme des Gedeihens Neugeborener von obesen Müttern gering sind, sollten obese Frauen schon präkonzeptionell über Risiken und Nachteile während der Schwangerschaft aufgeklärt werden /26/. Die Aufklärung sollte betreffen:

  • Maßnahmen zur Änderung des Lebensstils und zur Gewichts­abnahme
  • Das Vorliegen einer geringeren Fertilität bei obesen im Vergleich zu nicht-obesen Frauen
  • Die Einnahme von Folsäure
  • Falls erforderlich die Änderung von Gewohnheiten. Gelegentlich auch die Überweisung zu einem Ernährungsberater oder Facharzt, z.B. wenn Erkrankungen oder Zustände vorliegen wie hoher Blutdruck, Diabetes mellitus, verminderte Nierenfunktion oder eine Depression
  • Die Möglichkeit einer vorzeitigen Entbindung
  • Negative Folgen während der Schwangerschaft wie Schwangerschaftsdiabetes, Präeklampsie, Geburtsstillstand
  • Probleme nach der Geburt wie verstärkte Blutung oder Infektion bei der Schnittentbindung
  • Depression nach der Entbindung
  • Fetale Probleme wie Todgeburt, Makrosomie (Geburtsgewicht > 4.000 g)

Metabolische Veränderungen

Die Obesitas geht mit einer niedriggradigen Entzündung einher, die maßgebend für die Ausbildung einer Insulinresistenz ist. Vor und während der Schwangerschaft haben fettleibige Schwangere eine stärkere Insulinresistenz als normgewichtige Schwangere. Die Insulinresistenz obeser Schwangerer betrifft den Stoffwechsel von Glucose, Fetten und Proteinen. Für die veränderte Insulinresistenz sollen von der Plazenta gebildete Schwangerschaftshormone mit verantwortlich sein.

Die meisten Schwangeren benötigen im zweiten und dritten Trimester zusätzlich Kalorien, um die metabolischen Anforderungen des wachsenden Feten zu erfüllen. Das führt zur Anhäufung von Fett. Bei der adipösen Schwangeren lagert sich das Fett in der Bauchregion an, bei normgewichtigen Schwangeren aber nur subkutan /28/.

Gestations (SChwangerschafts) diabetes

Im Vergleich zu normgewichtigen Schwangeren ist bei Fettleibigen die Prävalenz des Gestationsdiabetes drei- bis vierfach erhöht. Der Schwangerschaftsdiabetes ist multifaktoriell und resultiert aus einer erhöhten Insulinresistenz, einer verminderten Insulinantwort und einer systemischen Entzündung /29/.

Hypertensive Störungen in der Schwangerschaft

Bluthochdruck und Präeklampsie sind bei obesen Schwangeren häufiger als bei normgewichtigen Schwangeren.

fetale Anomalien

Strukturelle Anomalien, die bei Kindern obeser Schwangerer häufiger auftreten als bei Kindern normgewichtiger Schwangerer sind /30/:

  • Neuralrohrdefekte und angeborene Herzfehler.
  • Makrosomie (Geburtsgewicht > 4000 g).
  • Das Risiko einer Totgeburt ist 1,3–2,1 mal höher bei obesen Schwangeren im Vergleich zu normgewichtigen Schwangeren.

Vorzeitige Geburt

Die Odds Ratio beträgt 1,17 bei mütterlicher Fettleibigkeit im Vergleich zu normgewichtigen Schwangeren (Odds Ratio 1,00). Auch ist das Risiko einer Übertragung bei adipösen Schwangeren höher; die Übertragung korreliert mit dem Body mass index.

Postpartale Störungen

  • Obese Schwangere haben eine höhere Odds Ratio für postpartale Blutungen, insbesonders bei Schnittentbindungen
  • Obese Schwangere haben bei Schnittentbindung oder anderen operativen Eingriffen im Vergleich zu normgewichtigen Schwangeren das erhöhte Risiko einer Operations-bedingten Infektion
  • Postpartal besteht bei obesen Schwangeren eine geringere Tendenz zur Brustmilchernährung des Kindes vergleichend zu postpartalen normgewichtigen Schwangeren.

Tabelle 38.1-7 Effekte niedriger gegenüber höheren Glyk­ämie­kriterien zur Diagnostik des Gestationsdiabetes /32/

Effekte

Schwangerschaften mit Gestations­diabetes

Neugeborene mit zu hohem Geburtsgewicht

Niedrigere glykämische Kriterien

15,3

8,8

Höhere glykämische Kriterien

6,1

8,9

Zu den glykämischen Kriterien des Gestatationsdiabetes siehe Beitrag 38.1.6 – Hämostase

Tabelle 38.1-8 Trimester-spezifische Referenzintervalle für hämatologische Parameter /37/

0–13 Wochen

14–27 Wochen

28–41 Wochen

Erythrozytenzahl (1012/L)

4,31–4,92

3,89–4,50

3,94–4,58

Hämoglobin (g/L)

128–143

117–132

118–135

Hämatokrit (L/L)

0,35–0,41

0,35–0,39

0,31–0,39

MCV (fL)

88–94

90–97

89–97

RDW (%)

13,1–14,8

13,4–14,8

13,5–15,0

Weiße Blutzellen (109/L)

8,1–12,3

9,4–13,8

9,5–14,1

Neutrophilenzahl (109/L)

5,5–9,0

6,8–10,6

6,8–10,6

Lymphozytenzahl (109/L)

1,9–3,0

1,7–2,7

1,7–2,7

Monozytenzahl (109/L)

0,6–0,9

0,6–1,0

0,7–1,1

Eosinophilenzahl (109/L)

0,2–0,4

0,2–0,4

0,2–0,4

Basophilenzahl (109/L)

0,1–0,3

0,3–0,6

0,1–0,3

Thrombozytenzahl (109/L)

252–362

232–339

220–335

Tabelle 38.2-1 Laboruntersuchungen zur Feststellung und Kontrolle der Schwangerschaft /17/

hCG (SSW: Ausbleiben der Regelblutung): Feststellung der Schwangerschaft durch qualitative hCG-Bestimmung im Urin oder quantitativ im Serum. Die qualitativen immunologischen Tests haben eine Nachweisempfindlichkeit von 20–30 IU/l im Urin und 2 IU/l im Serum. Sie sind gewöhnlich positiv bei Ausbleiben der Regelblutung. Bei quantitativer hCG-Bestimmung im Serum spricht ein Wert über 10 IU/l gewöhnlich für eine Schwangerschaft.

Hämoglobin (SSW: 4–8 und ab der 21. vierwöchentlich; 6–8 Wochen nach Entbindung): Der Hb-Wert soll in jedem Trimester der Schwangerschaft ≥ 112 g/l (Empfehlung in Deutschland /17/) und ≥ 105 g/l (Empfehlungen der USA /18/) sein. Die wesentlichen Ursachen für eine Erniedrigung des Hb-Werts in der Schwangerschaft sind der zunehmende Eisenmangel, Thalassämien und Immunhämolysen. Siehe Beitrag 7.1 – Eisenstoffwechsel und -störungen).

Blutglucose (SSW: 4–8/24–28): Der Diabetes mellitus kompliziert 2–3 % der Schwangerschaften und 90 % dieser Fälle werden während der Schwangerschaft diagnostiziert. Bei Schwangeren sollten nach den Empfehlungen der Standards of Medical Care der American Diabetes Association /19/ die Blutglucosewerte nüchtern und präprandial im kapillären Vollblut ≤ 95 mg/dl (5,3 mmol/l) und im Plasma ≤ 92 mg/dl (5,1 mmol/l) und der HbA1c-Wert unter 6,0 % betragen (siehe Beitrag 3.1.6 – Untersuchung Schwangerer auf Diabetes). Die Glucoswerte im 75 g oGTT sollten im venösen Plasma nach 1 h unter 180 mg/dl und nach 2 h unter 153 mg/dl betragen (siehe Beitrag 3.5.4.5 – Gestationsdiabetes).

Harnstatus (SSW: 4-wöchentlich):

Proteinurie: Ein positiver Teststreifenbefund und die Ausscheidung von über 0,3 g Totalprotein im 24 h-Urin sind Indikatoren einer Nierenerkrankung.

Zyturie: Die Ausscheidung von Leukozyten weist auf einen Infekt der ableitenden Harnwege. Die leichte Erythrozyturie kann das Symptom einer interstitiellen Nephritis sein.

Bakteriurie: Die Prävalenz asymptomatischer Bakteriurien beträgt 5 %. In der Schwangerschaft kommt es zu einer Dilatation des Nierenbeckens und der Ureteren mit verminderter Peristaltik was zur Infektion prädestiniert. Der Ausschluss einer Bakteriurie erfolgt meist vermittels Teststreifen über das Nitrit-Testfeld.

ABO/Rh-Bestimmung (SSW: 4–8): Ursachen einer fetalen Anämie sind abgesehen vom Eisenmangel: Hämolytische Erkrankung, Hämoglobinopathie, Blutung, Trauma oder Hemmung der Erythropoese (Parvovirus B19). Die hämolytische Erkrankung des Neugeborenen, bedingt durch eine Rh-Alloimmunisierung, hat eine Inzidenz von 1–2 auf 1.000 Neugeborene weltweit. Deshalb ist bei allen Schwangeren, unabhängig von ihrer medizinischen oder gynäkologischen Anamnese, eine AB0/Rh-Blutgruppenbestimmung und ein Suchtest auf erythrozytäre Antikörper erforderlich. Besteht die Blutgruppe 0, so soll bei Bestimmung der Serumeigenschaften auf Hämolysine geachtet werden. Der einsendende Arzt muss auf einen positiven Hämolysinbefund schriftlich aufmerksam gemacht werden.

Rh(D)-negative Schwangere mit C oder E auf Dweak untersuchen, den Partner auf Rh(D). Hat die Schwangere die Merkmale C und/oder E bzw. Dweak, muss die komplette Rh-Formel bestimmt werden.

Antikörpersuchtest (SSW: 4–8/24–27 [28–32]): Wird durchgeführt zur Verhinderung eines Morbus hämolyticus neonatorum (Mhn). Die Bestimmung erfolgt mit dem indirekten Antiglobulintest (Coombs-Test) gegen zwei Testzellmuster, die mindestens die Antigene D, C, c, E, e, Kell, Fy und S enthalten.

Wird kein Antikörper nachgewiesen, sollte der Coombs-Test wiederholt werden, um neu gebildete Antikörper zu erkennen (Deutschland SSW 24–27; USA 28–32). Sind bei RhD-negativen Schwangeren keine Anti-D-Antikörper nachweisbar, soll in der SSW 28–30 eine Standarddosis (300 μg) Anti-D-Immunglobulin verabreicht werden, um möglichst bis zur Geburt eine Sensibilisierung der Schwangeren zu verhindern. Frauen mit schwachem D-Antigen (Dweak) sind D-positiv und erhalten keine Anti-D-Prophylaxe.

Bei Antikörpernachweis sollen möglichst aus derselben Blutprobe dessen Spezifität und Titerhöhe bestimmt werden. Die meisten Zentren erachten einen Antikörpertiter zwischen > 8 als Indikation zur direkten fetalen Überwachung. Niedrigere Titer sollen in 2–4 wöchigen Abständen kontrolliert werden. Wird ein mütterlicher Antikörper diagnostiziert, sollten die väterlichen Erythrozyten auf das entsprechende Antigen untersucht werden. Besitzt dieser nicht das Antigen und ist seine Vaterschaft gesichert, sind weitere Untersuchungen nicht erforderlich. Siehe Beitrag 27.4.1.2 – Weak D.

Über 43 Antikörper bewirken den Mhn. ABO-Antikörper verursachen den Mhn häufiger in Afrika, Südostasien und Lateinamerika. Anti-Kell verursachen eine schwere Hämolyse mit Suppression der Erythropoese. Da mehr als 90 % der Väter Kell-negativ sind, haben nur 5 % der Neugeborenen von Kell-negativen Schwangeren einen Mhn.

HIV-Antikörper (SSW: Schwangerschaftsbeginn): Fakultativ, mit Einwilligung der Schwangeren, ist eine HIV-Untersuchung vorgesehen. Eine Schwangere mit positivem HIV-ELISA, aber negativem Bestätigungstest, sollte als HIV-negativ bewertet werden, es sei denn, es bestanden in den letzten 3–6 Monaten Kontakte zu einem HIV-positiven Partner oder einem mit zweifelhaftem HIV-Status.

Toxoplasmose (SSW: Vor der Schwangerschaft oder zu Beginn): Bei etwa der Hälfte aller Frauen im gebärfähigen Alter liegt kein Immunschutz vor. In vielen Ländern gehört die Durchführung einer Suchreaktion auf Toxoplasmose-Antikörper zu den Mutterschaftsuntersuchungen, in anderen, wie Deutschland, erfolgt eine Untersuchung nur, wenn Verdachtsmomente vorliegen. Diese sind gegeben bei Bestehen entsprechender klinischer Symptomatik, Verzehr von rohem Fleisch, Kontakt mit Katzen oder kontaminierten Erdboden. Die Präsenz spezifischer IgG-Antikörper spricht für Immunschutz.

Röteln-Antikörper (SSW: 4–8): Nach einer Deutschen Empfehlung ist eine Testung auf Röteln-Ak nur erforderlich, wenn keine zweimalige Rötelnimpfung dokumentiert ist. Liegt eine solche Dokumentation nicht vor, kann die Bestimmung mit jedem Röteln-Antikörpertest durchgeführt werden. Die Testung muss nicht mehr wie bisher mit dem Hämagglutinations-Hemmtest erfolgen. Ein positiver Antikörpertest dokumentiert eine vorhandene Immunität. Für die Positivität gelten die Grenzwerte des jeweiligen Herstellers. Bei Resultaten im Graubereich wird die Messung mit einem zweiten Testsystem empfohlen. Siehe auch Beitrag 43.63 – Rötelnvirus.

Chlamydien (SSW: 4–8): Der mikrobiologische, immunologische oder molekularbiologische Nachweis von Chlamydia trachomatis aus genitalem Abstrichmaterial oder Urin ist in einigen Ländern Teil des Mutterschutz-Programms. Chlamydia trachomatis verursacht bei Neugeborenen infizierter Mütter in bis zu 40 % der Fälle eine Einschlusskörperchen-Konjunktivitis und in bis zu 20 % eine Pneumonie. Siehe Beitrag 42.6 – Chlamydia.

Syphilis-Antikörper (SSW: 4–8): Als Suchreaktion wird der TPHA-Test durchgeführt. Ein positives Ergebnis muss durch den FTAabs-Test oder einen spezifischen Enzymimmunoassay bestätigt werden. Siehe Beitrag 42.14 – Syphilis.

HBsAg (SSW: ab 32): Etwa 0,8 % der europäischen Bevölkerung sind Träger des Hepatitis B-Virus. Möglichst nahe am Geburtstermin soll bei denjenigen Schwangeren eine HBsAg-Bestimmung durchgeführt werden, die zu einem gefährdeten Personenkreis gehören. Ist das Ergebnis positiv, soll das Neugeborene innerhalb von 12 h post partum gegen Hepatitis B aktiv/passiv immunisiert werden. Siehe Beitrag 43.26 – Hepatitis B.

SARS-COV-2: Zur Zeit vor jeder Klinikaufnahme Abstrich oder Probe aus dem Mund-Rachenraum.

Gruppe B-Streptokokken (SSW: Vor der Entbindung): Das antenatale Screening auf Gruppe B-Streptokokken (GBS) wird nicht generell empfohlen. Die Infektion von Neugeborenen durch GBS während des Geburtsvorganges hat eine Inzidenz von 0,5 auf 1.000 und ist eine Ursache der Early-onset neonatal infection. Verursacht werden kann Septikämie, Pneumonie und Meningitis und 10 % der Fälle gehen fatal aus. Bei der Schwangeren kann es schon Wochen vor dem Entbindungstermin durch Auslösung einer Amnionitis zu Fieber und vorzeitigen Blasensprung kommen. Etwa 25 % der Schwangeren sind frei von Beschwerden. In den USA wird in der SSW 35–37 ein vaginaler und rektaler Abstrich auf GBS untersucht. Siehe Beitrag 42.18 – Streptokokken.

Abgegrenzt werden muss gegenüber der GBS-Infektion die übel riechende bakterielle Vaginose auf Grund einer Überwucherung der normalen Flora durch Anaerobier.

Direkter Coombs-Test (SSW: Neugeborenes): Die Bestimmung erfolgt im Nabelschnurblut zur Prüfung auf das Vorhandensein von Immunantikörpern auf den kindlichen Erythrozyten. Ein positiver direkter Coombs-Test weist auf das Vorliegen eines hämolytischen Prozesses hin.

Rh-Faktor D-Bestimmung (SSW: Neugeborenes): Bei dem Kind einer Rh-negativen Mutter ist unmittelbar nach der Geburt der Rh-Faktor D unter Beachtung der Ergebnisse des direkten Coombs-Tests zu bestimmen. Ist der Rh-Faktor positiv oder liegt Dweak vor, so ist aus derselben Blutprobe die AB0-Blutgruppe des Kinds zu bestimmen.

Der Rh-negativen Mutter eines Rh-positiven Kinds ist innerhalb von 72 h post partum eine Standarddosis Anti-D-Immunglobulin zu injizieren, auch wenn bei der Mutter im indirekten Coombs-Test schwach-reagierende Antikörper gefunden werden und beim Kind der direkte Coombs-Test schwach positiv ist.

AB0-Bestimmung (SSW: Neugeborenes): Bei Neugeborenen von Müttern der Blutgruppe 0 ist kurz nach der Geburt die AB0-Bestimmung durchzuführen. Wird die Blutgruppe A oder B ermittelt, so besteht die Möglichkeit einer AB0-Erythroblastose. Kurzzeitige Bilirubinkontrollen zur Erkennung eines frühzeitigen Ikterus sind durchzuführen. Siehe auch Beitrag 27.5.2 – Morbus haemolyticus neonatorum.

Tabelle 38.2-2 Laboruntersuchungen bei Verdacht auf eine Risikoschwangerschaft oder Risikogeburt

Adipositas: Etwa 11 % aller neonatalen Todesfälle sind die Folge eines Übergewichts der Frauen /21/. Die Risikoveränderungen korrelieren häufig linear zum Körpergewicht. Die Wahrscheinlichkeit einer Konzeption nimmt, ab einem Body mass index (BMI) von 29 kg/m2, linear um 4 % pro 1 kg/m2 Zunahme ab. Erhöht sich der prägravide BMI um 10 %, steigt das relative Risiko eines Gestationsdiabetes bzw. einer Präeklampsie um etwa 10 %. Das relative Risiko des intrauterinen Fruchtods nimmt bei Zunahme des BMI um 5 kg/m2 von 1,0 auf 1,24 zu. Änderungen der Ernährung und des Lebensstils können das Risiko für Gestationsdiabetes und foetale Makrosomie nicht in einem klinisch relevanten Ausmaß reduzieren.

Nicht lebensfähige Schwangerschaft in den ersten 3 Monaten: In den USA enden 6–19 % der Schwangerschaften im ersten Trimester in einem spontanen Abort und bei der in vitro-Fertilisation beträgt die Inzidenz bis zu 22 %.

Wenn sich eine Frau in der frühen Schwangerschaft mit Schmerzen oder Blutung vorstellt, kann eine lebende Schwangerschaft, eine fehlgeschlagene intrauterine Schwangerschaft oder eine ektope Schwangerschaft vorliegen. Zur Differentialdiagnostik werden der Ultraschall des Beckens und die Bestimmung von hCG eingesetzt, um festzustellen, ob eine lebensfähige intrauterine Schwangerschaft vorliegt oder eine ektope Schwangerschaft /22/. Liegt keine lebensfähige Schwangerschaft vor, wird der Uterus evakuiert, besteht der Verdacht auf eine ektope Schwangerschaft müssen entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Im transvaginalen Ultraschall wird die Fruchtblase etwa ab der Schwangerschaftswoche (SSW) 5 als schmale zystische Flüssigkeitsansammlung mit runden Ecken und frei von Inhalt registriert. Der Dottersack, eine zirkuläre Struktur von 3–5 mm, wird ab der SSW 5,5 gesehen. Der Embryo wird ab der SSW 6 sichtbar und der Herzschlag als flackernde Bewegung.

Transvaginaler Ultraschall: Kriterien einer fehlgeschlagenen Schwangerschaft sind /22/:

  • Ein fehlender Herzschlag bei einer Scheitel-Steiß-Länge von < 7 mm.
  • Ein Durchmesser der Fruchtblase < 25 mm ohne sichtbaren Embryo.

Die diagnostische Spezifität und die positiven prädiktiven Werte beider Kriterien sind jeweils 100 %.

Bedeutung des hCG-Einzelwerts im Serum bei Vorstellung der Patientin

Die hCG-Werte betragen 1.000–2.000 IU/l, wenn die Fruchtblase mit der transvaginalen Ultrasonographie sichtbar wird. Die Konzentration von hCG im Serum als Einzelmessung zeigt eine deutliche Überlappung zwischen lebender Intrauteringravidität, nicht-lebender Intrauteringravidität und Extrauteringravidität. Ein Grund für die mangelnde Differenzierung durch hCG sind die zunehmenden Zwillingsschwangerschaften, die im Vergleich zu Einzelschwangerschaften mit höheren hCG-Konzentrationen einhergehen. Bei Frauen ohne nachweisbare intrauterine Gravidität und hCG-Werten > 2.000 IU/l ist die wahrscheinlichste Diagnose eine fehlgeschlagene intrauterine Schwangerschaft, da diese zweifach häufiger ist als die extrauterine Gravidität. Diese ist bei hCG-Werten von 2.000–3.000 IU/l 19 mal wahrscheinlicher und bei Werten > 3.000 IU/l 70 mal wahrscheinlicher als eine lebende Gravidität bei mit Ultraschall nachweisbarem leeren Uterus. In diesen Fällen gibt der hCG-Verlauf über eine Periode von 48 h weitere Information. Ein ungenügender Anstieg weist auf eine Extrauteringravidität hin. Siehe Beitrag 38.3 – Humanes Choriongonadotropin (hCG).

Offener Neuralrohrdefekt: Spina bifida und Anenzephalie sind Störungen in der Entwicklung des fetalen Neuralrohrs. Die offene Spina bifida beruht auf einem inkompletten Schluss des kaudalen Neuralrohrs in der SSW 3–4. Der Defekt kann in der Hals-, Brust, Lenden- oder sakralen Wirbelsäule liegen. Die Anenzephalie beruht auf einem mangelnden Schluss des rostralen Endes des Neuralrohrs.

Labordiagnostik: Bei Schwangeren mit anenzephalen Feten oder mit offener Spina bifida ist die AFP-Konzentration im Serum und Fruchtwasser erhöht. Die AFP-Bestimmung erfolgt in der SSW 16–20. Siehe Beitrag 38.4 – Alpha-Fetoprotein.

Angeborene Stoffwechseldefekte: Die Amnionzellkultur als Untersuchungsmaterial wird eingesetzt für Enzymbestimmungen oder molekulargenetische Untersuchungen zur Erkennung angeborener Stoffwechselstörungen wie Organoazidopathien, Störungen des Fettsäuremetabolismus, Störungen des Aminosäurenmetabolismus, Hämoglobinopathien und andere kongenitale Störungen (Hypothyreose, kongenitale adrenale Hyperplasie, Galaktosämie, zystische Fibrose).

Hämophilien, Hämoglobinopathien, Hauterkrankungen: Untersuchungen in fetalen Blut- und Gewebeproben: Mittels Kordozentese bzw. Fetoskopie ab der SSW 18–20 können fetale Blutproben zur Analyse von Gerinnungsfaktoren, Hämoglobinen und Thrombozyten entnommen werden, Leberproben zur Aktivitätsbestimmung der Ornithincarbamoylase, Hautproben bei Verdacht auf Epidermiolysis, Ichthyosis.

Blutgruppenunverträglichkeit: Etwa zwei Drittel aller Fälle von M. hämolyticus neonatorum (Mhn) beruhen auf einer AB0-Unverträglichkeit, etwa ein Drittel auf Rhesusunverträglichkeit und 1–2 % der Fälle werden durch andere Antigene verursacht.

Rhesuskonstellation Mutter Rh(D)-negativ, Vater Rh(D) positiv: Die Inzidenz der Rh(D)-Isoimmunisierung wird auf 10,6 Fälle pro 10.000 Lebendgeburten geschätzt /23/. Der Anteil Rh(D)-negativer Frauen beträgt in Nord- und Mitteleuropa etwa 18 %. Von diesen haben in Deutschland /24/:

  • 11 % einen Rh(D)-negativen Vater und bringen ein Rh(D)-negatives Kind zur Welt.
  • 22 % einen Rh(D)-positiven Vater und gebären dennoch ein Rh (D)-negatives Kind.
  • 67 % einen Rh(D)-positiven Vater und bringen ein Rh(D)-positives Kind zur Welt.

Labordiagnostik der Rh-Isoimmunisierung nach der Geburt

Direkter Coombs Test im Nabelschnurblut, indirekter Coombs Test im mütterlichen Blut. Bei der Rh-Konstellation Mutter D-negativ, Kind D-positiv, beweist ein positiver direkter Coombs Test im Nabelschnurblut, dass spezifische IgG-Antikörper diaplazentar von der Mutter auf das Kind übergetreten sind. Der indirekte Coombs Test bei der Mutter ist dann positiv. Die Rh(D)-Bestimmung im Nabelschnurblut kann gelegentlich auf Grund inkompletter Antikörper, sie blockieren die Rh-Merkmale, falsch-negativ ausfallen. Ist der direkte Coombs Test im Nabelschnurblut positiv bei einer Rh(D)-positiven Mutter, muss an ein Anti-c, Anti-C oder Anti-E gedacht werden.

Dweak-Bestimmung beim Kind: Hat die Mutter Rh(D)-Antikörper und ist das Kind Rh(D)-negativ bei positivem direktem Coombs-Test, muss auf Faktor Dweak beim Kind untersucht werden.

Ist es zu einer Sensibilisierung gekommen, sind regelmäßige Kontrollen des Anti D-Titers vierwöchentlich bis zur 28. SSW erforderlich und danach alle zwei Wochen bis zur Entbindung. Bei einem Antikörpertiter ≤ 16 ist in der Regel nicht mit einem Hydrops fetalis oder einer Frühgeburt zu rechnen. Steigt der Antikörpertiter gegenüber dem Vorbefund um zwei und mehr Titerstufen an, ist die Bestimmung von Bilirubin im Fruchtwasser erforderlich.

ABO-Konstellation: An eine ABO-Isoimmunisierung muss gedacht werden, bei der Konstellation Mutter O/Kind A, Mutter O/Kind B. Die Mutter bildet zusätzlich zu vorliegendem Anti-A und Anti-B der Klasse IgM noch Anti-A oder Anti-B der Klasse IgG, die diaplazentar auf den Feten übergehen. Da die kindlichen Erythrozytenmerkmale sich erst in den letzten Wochen vor der Geburt entwickeln, setzt ein Morbus hämolyticus neonatorum erst spät ein und ist gewöhnlich mild.

Labordiagnostik in der SSW 36–37: Iso-Anti-A- bzw. Iso-Anti-B-Bestimmung bei der Schwangeren.

Labordiagnostik nach der Entbindung: Im Nabelschnurblut und mütterlichem Serum, Bestimmung von IgG-Isoagglutininen. Der direkte Coombs-Test im Nabelschnurblut ist in zwei Drittel der Fälle negativ und zu einem Drittel schwach positiv. Im mütterlichen Blut kann der Nachweis von inkompletten Anti-A- und Anti-B-Antikörpern der Klasse IgG zum Zeitpunkt der Geburt noch negativ sein. Der Boostereffekt der fetomaternalen Transfusion während der Entbindung führt gewöhnlich 2–3 Wochen später zum Antikörpernachweis.

Die Untersuchung der Mutter auf IgG-Antikörper gegen ABO-Merkmale erfolgt nach Inaktivierung der natürlichen IgM-Agglutinine durch Mercaptoäthanol.

Anämie der Mutter: In jedem Trimester sollten neben Hb und Hkt weiterführend das MCV und die Retikulozytenzahl bestimmt werden /25/. Bei einer Anämie, die auf einem Mangel an Eisen beruht, ist das MCV vermindert und die Retikulozytenzahl normal, bei Folatmangel ist das MCV erhöht und die Retikulozytenzahl vermindert. Knochenmark-bedingte und inflammatorische Anämien haben eine niedrige Retikulozytenzahl, während Anämien mit Retikulozytose ihre Ursache außerhalb des Knochenmarks haben, z.B. hämolytische Reaktion. Siehe auch Tab. 15.3-8 – Blutzellstatus bei gesunden Personen und Patienten.

Immunthrombozytopenie (ITP): Die ITP ist eine autoimmune Erkrankung, bei der IgG-Antikörper Thrombozyten zerstören, die Bildung von Thrombozyten reduzieren und deren Elimination beschleunigen (die Thrombozytenzahl beträgt weniger als 80 × 109/l). Die Prävalenz der ITP wird weltweit auf 1 Million Fälle geschätzt. Die ITP ist die häufigste Ursache einer Thrombozytopenie in dem ersten und zweiten Trimester der Schwangerschaft /51/. Thombozytäre Antikörper der Klasse IgG passieren die Plazenta und gelangen auch so in den Feten. Obstetrische Ursachen einer Thrombozytopenie, die aber klinisch evident werden, sind thrombotische Mikroangiopathien und die Präeklampsie.

Veränderungen des Immunsystems an der maternal-fetalen Berührungsfläche fördern die Toleranz eines fetal-paternalen Alloantigens über eine Verschiebung in Richtung Prädominanz von Typ 2 Helfer T-Zellen, zu spezifischen regulatorischen T-Zellen und zur Expression von nicht-klassischen HLA-G, HLA-E und HLA-C Molekülen durch fetale extravillöse Trophoblasten /51/.

Nierenerkrankung in der Schwangerschaft: Die häufigste Nierenerkrankung während der Schwangerschaft, mit einer Inzidenz von bis zu 5 %, ist die Pyelonephritis. Bei rezidivierenden Infekten sollte der Nephrologe eingeschaltet werden. In einem Review und Metaanalyse /20/ hatten Schwangere mit chronischer Nierenerkrankung größere Wahrscheinlichkeiten für folgende Störungen: Präeklampsie 10,36 (6,28–17,9), vorzeitige Entbindung 5,72 (3,26–10,03), niedriges fetales Geburtsgewicht 4,85 (3,03–7,76), Schnittentbindung 2,67 (2,01–3,54) und Verlust der Schwangerschaft 1,80 (1,03–3,13).

Labordiagnostik: Harnteststreifen, Harnsediment, bakterielle Kultur, Harnproteine, Creatinin. Frühestes Symptom einer renalen Erkrankung ist die Proteinurie. Screening mit dem Harnteststreifen. Bei positivem Befund, Bestimmung von Totalprotein oder Albumin im 24 h-Urin. Werte von Totalprotein über 300 mg/24 h oder Albumin über 200 mg/24 h sind auf eine renale Erkrankung hinweisend. Ein Creatinin im Serum über 0,85 mg/dl (75 μmol/l) wird als Indikator einer beginnenden Nierenfunktionsstörung angesehen. Siehe auch Tab. 12.1-10 – Chronische Nierenerkrankung in Assoziation mit systemischen Erkrankungen.

Diabetes mellitus: Bei Kindern von Müttern mit Diabetes mellitus Typ 1 beträgt die Rate der Fehlbildungen 4,8 % im Vergleich zu 1,7 % bei normalen Schwangerschaften. Die Fehlbildungen betreffen vorwiegend das Zentralnervensystem, Herz, Skelett, den Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt. Die Schwere des Diabetes mellitus und eine schlechte metabolische Kontrolle in der Frühschwangerschaft zeigen eine Korrelation zur Inzidenz der Fehlbildungen. Auch besteht eine Assoziation zwischen Fehlbildungsrate und HbA1c-Konzentration im ersten Trimester. Die Inzidenz der Diabetes-bedingten kongenitalen Fehlbildungen ist nur 0,8 % bei guter Stoffwechseleinstellung ab Konzeptionstermin, aber 7,8 % wenn diese erst 8 Wochen später einsetzt /26/.

In der Fetalzeit führt eine schlechte metabolische Einstellung der Diabetikerin auf Grund einer fetalen Hyperglykämie und Hyperinsulinämie zu Störungen beim Feten: Ausbildung einer Makrosomie und Hypoxämie sowie eines Atemnotsyndroms beim Neugeborenen. Siehe auch Beitrag 3.1.6.1 – Schwangerschafts-Diabetes.

Labordiagnostik: Ein Gestationsdiabetes besteht bei Überschreiten der Grenzwerte:

  • Nüchtern Plasmaglucose ≥ 92 mg/dl (5,1 mmol/l).
  • HbA1c ≥ 6,0 % (Ein Wert unter 6,0 % sollte schon vor der Konzeption bestehen).
  • Diabetische Werte der Plasmaglucose im 75 g oGTT nach 1 h ≥ 180 mg/dl (10,0 mmol/l) nach 2 h ≥ 153 mg/dl (8,5 mmol/l). Werte der Amerikanischen Diabetes Association /19/.

Tabelle 38.2-3 Laboruntersuchungen bei Verdacht auf embryonale und fetale Infektion

Konnatale und perinatale Infektionen: Indikationen für eine pränatale Untersuchung der Schwangeren auf eine Infektion, die zur konnatalen oder perinatalen Schädigung des Neugeboren führen kann sind:

  • Kürzlicher Kontakt mit einem Erreger, der auf den Embryo oder Fetus übertragen werden kann.
  • Mütterliche Symptome einer Infektion.
  • Abnormer sonographischer Befund beim Fetus.

Infektionen der Mutter in der Schwangerschaft sind mit 5–10 % Ursache für Abort, Frühgeburt oder kindliche Schädigung . Konnatale oder pränatale Infektionen erfolgen auf intrauterinem Wege, d. h. die Erreger gehen transplazentar oder häufiger aszendierend aus den Organen des kleinen Beckens auf das Kind über. Intrauterine Infektionen, die eine vorzeitige Wehentätigkeit auslösen sind bedingt durch die Erreger T. pallidum, N. gonorrhoeae, Streptokokken der Gruppe B, Ureaplasma urealyticum, Mycoplasma hominis, Chlamydia trachomatis, Trichomonas vaginalis, Gardnerella vaginalis, Bacteroides spp. und Peptostreptococcus spp. Nach einer Studie /27/ bei koreanischen Schwangeren waren die häufigsten Erreger einer vorzeitigen Auslösung von Wehen Streptokokken der Gruppe B, Ureaplasma urealyticum und Mycoplasma hominis.

Bei einigen konnatalen Infektionen, z.B. durch Toxoplasmen oder Chlamydien sind erst nach Monaten oder Jahren Krankheitszeichen bzw. Folgeschäden erkennbar. Perinatale Infektionen werden bei Passage des Kindes durch den Geburtskanal oder durch Kontakt des Neugeborenen mit der Umwelt erworben. Bei den mütterlichen Infektionen, die auf das Kind übergehen, kann es sich handeln um primäre, d. h. sie treten zum ersten mal auf, z.B. Hepatitis B, Listeriose oder um eine Reaktivierung früher durchgemachter Infektionen, z.B. Cytomegalie, Herpes simplex. Viele primäre und sekundäre Infektionen verlaufen subklinisch und werden, ohne bei der Mutter Symptome zu verursachen, prä- oder perinatal auf das Kind übertragen.

Cytomegalievirus-Infektion: Die Inzidenzrate der kongenitalen Cytomegalievirus (CMV)-Infektion liegt bei 3–12 pro 1.000 Lebendgeburten. Die konnatale CMV-Infektion ist die häufigste intrauterine Infektion und nicht-genetisch bedingte Ursache von Hörstörungen bei Kleinkindern. Sie beruht auf einer Primärinfektion, viraler Reaktivierung oder Reinfektion der Schwangeren. Bei dieser verläuft sie in der Regel asymptomatisch, weshalb die Diagnose der CMV-Infektion meist ein Zufallsbefund ist. Beim Fetus kann CMV Entwicklungsstörungen und bleibende Schäden verursachen. Der Mutter-Kind-Transfer von CMV erfolgt über folgende Wege /28/:

  • Muttermilch-assoziierte postnatale Transmission von der seropositiven Mutter auf das Kind.
  • Materno-fetale intrauterine Transmission nach Primärinfektion der seronegativen Schwangeren. Das ist die häufigste Form, die Transmissionsrate beträgt 40–50 %.
  • Maternale Sekundärinfektion. Eine präkonzeptionell seropositive Frau erwirbt während der Schwangerschaft eine Reinfektion mit einem exogenen Virusstamm und überträgt diese CMV auf den Fetus.
  • Erwerb einer Primärinfektion vor der Konzeption und nachfolgende maternofetale intrauterine Transmission.

Klinik: Etwa 90 % der Kinder zeigen zum Zeitpunkt der Geburt keine Auffälligkeiten. Von diesen entwickeln aber mindestens 10 % im Kleinkindalter eine sensineurale Hörstörung, 5 % eine Mikrozephalie und 2 % eine Retinitis. Von den Hörstörungen ist die Hälfte bilateral. 10–15 % der Fälle von kongenitaler CMV-Infektion sind symptomatisch. Verschiedene Organsysteme sind betroffen wie das retikuloendotheliale System und das ZNS. Symptome sind: Petechien 76 %, Ikterus 67 %, Hepatosplenomegalie 60 %, Mikrozephalie 53 %, intrauterine Wachstumsretardierung 50 %, Retinitis/Optikusatrophie 20 %. Die neonatale Mortalitätsrate beträgt 5 %.

Labordiagnostik: Bei symptomatischer CMV-Infektion von Neugeborenen und Kleinkindern bestehen Erhöhung von AST und Bilirubin, Thrombozytopenie und Liquorprotein ist erhöht.

CMV-Diagnostik bei der Schwangeren: Liegt eine frische CVM-IgM-Serokonversion vor, wird diese durch Bestimmung der CMV-spezifischen IgG-Avidität bestätigt. Niedrige-avide IgG-Antikörper sind als Marker der Primärinfektion bis zu 18–20 Wochen nach Beginn der Infektion präsent. Urindiagnostik: CMV-Genomnachweis mit PCR oder Virusisolierung (Shell-vial technique).

Invasive Pränataldiagnostik zum Nachweis einer CMV-Transmission: Sind mehr als 13 Wochen nach der CMV-Infektion verstrichen, beträgt die diagnostische Sensitivität der CMV-Detektion im Fruchtwasser durch die Kombination von Zellkultur und PCR 90 %. Die höchste Gewähr bietet die PCR nach der SSW 21. Für den Nachweis von CMV im Fetalblut beträgt bei einer diagnostischen Spezifität von 100 % die Sensitivität 41–93 %.

Diagnostik der kongentialen CMV-Infektion bei Kindern: Bestimmung der CMV-Virämie und -Virurie. Kinder mit einer hohe Viruslast in den ersten Lebensmonaten zeigen in einem hohen Prozentsatz eine Assoziation zur Hörstörung. Diejenigen mit einer Virusinfektiosität im Urin unter 5 × 103 Plaque forming units oder einer Virämie unter 104 Kopien/ml Blut haben ein geringes Risiko der Hörstörung.

Herpes simplex Virus (HSV)-Infektion: HSV Typ 1 und HSV Typ 2 sind beim Menschen weit verbreitet. Die Übertragung erfolgt in der Regel schon im Kindesalter. Der Typ 2 wird gewöhnlich durch Intimkontakt übertragen und verursacht den Herpes genitalis. Junge Erwachsene in Deutschland sind zu 80–90 % Träger des Typs 1 und zu 15–25 % des Typs 2. Während der Schwangerschaft erwerben 0,5–2 % der Frauen eine Typ 2-Infektion und die Häufigkeit der Reaktivierung einer bestehenden Infektion ist in der Schwangerschaft 4 fach erhöht. Infektionen mit HSV im Genitalbereich während der Schwangerschaft können zur ernsten Bedrohung des Neugeborenen während des Geburtsvorgangs werden /28/. Unter der Geburt gelangt das Virus auf die Schleimhäute des Neugeborenen und über kleine Verletzungen kommt es zur lympho-hämatogenen Streuung mit Sepsis und Enzephalitis. Eine intrauterine Transmission ist zu weniger als 5 % die Ursache einer HSV-Infektion des Neugeborenen. Bei einer HSV-Primärinfektion der Schwangeren ist das Risiko einer kindlichen Erkrankung 30–40 % und bei einer rekurrierenden Infektion 5–10 %. HSV Typ 2 ist weitaus häufiger die Ursache der Neugeboreneninfektion als der HSV Typ 1 und die Prognose der HSV-2-Infektion ist deutlich schlechter. Die klinischen Manifestationen der HSV-Infektion beim Neugeborenen sind eine disseminierte Infektion des Zentralnervensystems, die unbehandelt in 65 % der Fälle mit den Tode endet.

Labordiagnostik: HSV-Virusnachweis aus Bläscheninhalt durch ELISA oder Immunfluoreszenz-Test. Elektronenoptische Darstellung der HSV-Partikel, HSV-DNA-PCR. Siehe auch Beitrag 43.32 – Herpes simplex-Virus (HSV) Typ 2.

Hepatitis A-Infektion: Die Hepatitis A wird beim Neugeborenen selten diagnostiziert, da sie meist einen subklinischen Verlauf nimmt. In Endemiegebieten sind der Fetus und das Neugeborene durch diaplazentar übergetretene IgG-Antikörper geschützt. Frische Infektionen in den letzten Wochen der Fetalperiode oder in der Neugeborenenperiode sind durch Präsenz spezifischer IgM-Antikörper diagnostizierbar.

Hepatitis B-Infektion: Die Untersuchung des Neugeborenen ist erforderlich, wenn die Schwangere einen HBsAg-Trägerstatus hat oder in der Schwangerschaft eine Hepatitis B-Infektion erfolgte. Ein hohes Erkrankungsrisiko des Feten liegt vor, wenn die Schwangere HBeAg-positiv ist. Erfahrungsgemäß beträgt im Serum die HBV-DNA-Konzentration von HBsAg/HBeAg positiven Patienten etwa 108 Kopien/ml bei HBeAg negativen Trägern aber nur im Mittel 103–104 Kopien/ml. Die Infektion des infizierten Kindes verläuft immer chronisch.

Labordiagnostik: Der Nachweis von HBsAg und Hepatitis B-Antikörpern beim Neugeborenen kann Folge eines diaplazentaren Übertritts sein oder auf einer intrauterinen Infektion beruhen, die zwei und mehr Wochen zurückliegt. Der Nachweis von Anti-HBc-IgM beim Neugeborenen spricht für die intrauterine Infektion. Neugeborene HBsAg-positiver Mütter sollen innerhalb der ersten 12 h nach Geburt passiv-aktiv immunisiert werden /29/.

HIV-Infektion: Etwa 70 % der HIV-Transmissionen erfolgen während des Geburtsvorgangs und 30 % durch Transmissionen in utero in den letzten beiden Schwangerschaftswochen /30/. Ursache sind Mikrotransfusionen durch Kontraktion der Uterusmuskulatur und aufsteigende Infektionen während des Geburtsvorgangs. Je höher die Anzahl der HIV-1-RNA-Kopien im Blut, desto größer ist die Infektionsgefahr. Sie ist hoch, wenn die Kopienzahl über 100.000/ml Blut ist. Generell beträgt die Transmissionsrate 10–60 %, ist aber stark von den Geburtspraktiken, Brustmilchernährung und anderen Faktoren abhängig. Der serologische Nachweis der HIV-Infektion ist schwierig bei den Kindern. Auf eine HIV-Infektion hinweisende Symptome treten zu 80 % innerhalb der ersten beiden Lebensjahre auf.

Labordiagnostik: Die Untersuchungen umfassen den direkten Virusnachweis und die Bestimmung der HIV-Antikörperkonzentration.

Masernvirus-Infektion: Im gebärfähigen Alter sind in Deutschland mehr als 90 % der Frauen vor einer Primärinfektion durch Masern geschützt. Die Inzidenz der Maserninfektion beträgt 1–10 auf 100.000 Personen und Jahr. Bei der Infektion mit dem Masernvirus in der Schwangerschaft besteht im Vergleich zu Nicht-Schwangeren ein erhöhtes Risiko für Fieber, Pneumonie und Klinikeinweisung. Masern assoziierte Schwangerschaftsverluste betragen 8–20 % und es besteht ein 2–3 fach höheres Risiko einer Frühgeburt. Masern am Ende des dritten Trimenons und um den Entbindungstermin können zu neonatalen Masern mit Symptomen bis zum 12. Lebenstag führen /31/.

Labordiagnostik: Nach Ausbruch des Exanthems sind IgM-Antikörper spätestens nach 3–5 Tagen und IgG-Antikörper nach 6–12 Tagen nachweisbar. Die IgM-Antikörper erreichen den Gipfelwert in der zweiten Krankheitswoche und sind 6–8 Wochen nach Ausbruch des Exanthems nicht mehr nachweisbar. IgG-Antikörper steigen über Wochen kontinuierlich an, fallen dann ab, persistieren aber lebenslang.

Mumpsvirus-Infektion: Die Prävalenz von Anti-Mumps-IgG-Antikörpern beträgt bei Frauen im reproduktiven Alter 77 %. In der Schwangerschaft verlaufen Mumpsinfektionen nicht schwerer als bei Nicht-Schwangeren. Nach Infektion im ersten Trimenon soll das Risiko eines Schwangerschaftsverlusts zweifach erhöht sein /26/.

Parvovirus B19-Infektion: Parvovirus B19 ist der Erreger der Ringelröteln. Die Prävalenz seronegativer Schwangerer beträgt in Deutschland 35 % und bei einer in Endemiephasen üblichen Inzidenz von 1,5 % pro Jahr ist mit etwa 2.500 fetalen Infektionen jährlich zu rechnen. Die Infektion verläuft bei den infizierten Personen oft asymptomatisch. Symptomatisch und asymptomatisch Infizierte scheiden das Virus schon vor Ausbruch der Erkrankung über den Respirationstrakt aus. Schwangere sind also schon gefährdet, bevor ein Ausbruch von Ringelröteln bekannt wird. Bei Schwangeren in der Kinderbetreuung bedeutet das ein Beschäftigungsverbot, da sich eine Infektion nicht durch eine Impfung verhindern lässt. 3,9 % der Parvovirus B19 infizierten Schwangeren entwickeln einen Hydrops fetalis, ein Drittel verstirbt daran. Bei labordiagnostisch gesicherten Parvovirus B19-Fällen (SSW 1–20) treten 5,6 % Todesfälle auf /32/.

Labordiagnostik: ELISA zur Bestimmung von IgG- und IgM-Antikörpern. Der Nachweis von IgG-Ak ohne IgM-Ak spricht für Immunität. Bei Kontakt der Schwangeren mit Parvovirus B19 wird zusätzlich die DNA-PCR im Serum empfohlen. Beim Kind ist der DNA-Nachweis und der IgM-Nachweis im Serum erst nach der ersten Lebenswoche aussagekräftig (siehe auch Beitrag 43.53 – Parvovirus B19).

Rötelnvirus-Infektion: Die Rötelninfektion bei Schwangeren verläuft nicht schwerer als außerhalb der Schwangerschaft. Die Rate der Transmission des Virus von der Mutter auf den Feten beträgt über 90 % in den ersten Schwangerschaftswochen, fällt in der SSW 16–28 auf 30–40 % ab, steigt dann kontinuierlich an, um am Ende der Schwangerschaft wieder um die 90 % zu liegen. Die Häufigkeit und der Schweregrad der Rötelnembryopathie (RE) sind vom Infektionszeitpunkt abhängig. Die Inzidenz der RE beträgt 0,1 auf 100.000 Lebendgeburten in Deutschland /31/.

Das Rötelnvirus hat teratogene Wirkung, d. h. es verursacht Missbildungen in der Embryonalperiode. Das volle Bild der RE (Augen- und Hördefekte, Missbildungen des Herzens, Dystrophie, Mikrozephalie, mentale Retardierung) ist deshalb hauptsächlich auf die ersten 11 SSW beschränkt. Erfolgt die Infektion der Schwangeren zwischen der SSW 13–20 entwickeln 16–18 % der Feten Einzelmanifestationen, im Wesentlichen Hördefekte.

Labordiagnostik: Der Gefahr einer RE bei Rötelnkontakt sind nur seronegative Schwangere ausgesetzt. Die Seronegativität ist vom verwendeten Test abhängig und der Grenzwert wird vom Hersteller des Tests festgelegt. Bei Verdacht auf Rötelinfektion in der Schwangerschaft werden Basisuntersuchungen (Hämagglutinations-Hemmtest, IgG-/IgM-ELISA) und falls erforderlich Zusatztests (IgG-Aviditäts-Test, IgG-Immunoblot) durchgeführt. Mit diesen Methoden gelingt in der Regel der Ausschluss bzw. der Nachweis einer fraglichen Rötelninfektion in den letzten 3–4 Monaten vor der Blutentnahme. Röteln-spezifische IgM-Antikörper sind ab 3–6 Tage und IgG-Antikörper ab dem 7. Tag nachweisbar. Weiterführend siehe Beitrag 43.63 – Rötelnvirus.

Varizellen (Herpes zoster Virus)-Infektion: Eine teratogene Wirkung und damit Embryopathie kann bei einer Infektion in den ersten 20 SSW auftreten. Schäden sind eine Hypoplasie der Gliedmaßen, Störungen im Zentralnervensystem und eine narbige Haut. Das Risiko der Embryopathie beträgt etwa 2 %, wenn die Mutter bis zur SSW 20 mit Varizellen infiziert wird. Aber auch perinatal können Varizellen auf das Kind übertragen werden und zum lebensgefährlichen Herpes neonatorum generalisatus des Neugeborenen führen.

Labordiagnostik: Untersuchung der Mutter serologisch oder direkter Virusnachweis im Abstrichmaterial. Beim Neugeborenen schnelle Diagnostik durch PCR, bei Verdacht auf fetale Schädigung PCR aus Fruchtwasser. Siehe auch Beitrag 43.67 – Varizellen (Herpes)-Zoster-Virus.

Gonokokken-Infektion: Aktive Infektionen führen zu ektopischen Schwangerschaften oder Infektionen des Neugeborenen.

Lues-Infektion: Bei Primärinfektion der Mutter in der Schwangerschaft kommt es bei 70–100 % der Kinder zur Infektion. Die häufigere Form der aktiven Lues der Mutter ist das bis zu 2 Jahre infektiös bleibende Stadium II. Etwa die Hälfte, der von einer syphilitischen Mutter lebend geborenen Neugeborenen, hat klinisch eine manifeste Lues connata.

Labordiagnostik: Der Nachweis von IgM-Antikörpern im Nabelschnurblut mit dem FTA-Test oder dem IgM-ELISA spricht für die intrauterin durchgemachte Infektion (siehe auch Beitrag 42.14 – Syphilis).

Listerien-Infektion: Listeria monozytogenes infiziert die Frucht hämatogen-diaplazentar bei Erstinfektion der Mutter während der Gravidität; es besteht keine Wiederholungsgefahr. Die Frucht wird nicht in allen Fällen erreicht. Angeborene Listeriose ist eine Fetalkrankheit septischen Charakters und bewirkt keine Missbildungen. 70–80 % der betroffenen Kinder sind Frühgeborene im letzten Trimenon, etwa ein Viertel wird totgeboren /33/.

Chlamydien-Infektion: Die genitale Infektion erfolgt durch die Serotypen D–K. In Europa und den USA haben etwa 5 % der Schwangeren eine Chlamydienzervizitis. Der Verlauf ist meist chronisch und asymptomatisch. Die Chlamydieninfektion erhöht das Risiko der Frühgeburtlichkeit und führt beim Neugeborenen zu einer Konjunktivitis und einer subklinisch verlaufenden Pneumonie mit Gedeihstörung. Das Neugeborene erwirbt die Infektion bei der Passage des infizierten Geburtskanals.

Labordiagnostik: Nachgewiesen werden die Chlamydien im Abstrichmaterial oder Spontanurin (siehe auch Beitrag 42.6 – Chlamydien-Infektion).

Toxoplasmose: Zur pränatalen Infektion kommt es nur, wenn die Schwangere sich erstmalig infiziert. Die Infektion verläuft gewöhnlich symptomlos, kann aber zu einer Infektion des Feten führen. Die Folgen können eine Fehlgeburt in der Frühschwangerschaft oder bei etwa 5 % der intrauterin infizierten Neugeborenen Schädigungen wie Hydrozephalus, zerebrale Verkalkungen und Chorioretinitis sein. Die okkuläre Toxoplasmose beruht bei den Fällen in Europa auf der Reaktivierung einer pränatalen Infektion und führt bei einem Viertel der Patienten früher oder später zur Erblindung.

Labordiagnostik: Vor einer geplanten Schwangerschaft sollte der Immunstatus bestimmt werden. Seronegative Schwangere sind alle 4–6 Wochen, spätestens alle 3 Monate serologisch zu untersuchen. Sind im ELISA IgG- und IgM-Antikörper negativ ist eine Infektion und damit auch Immunität ausgeschlossen. Der Nachweis Toxoplasma-spezifischer IgM-Antikörper ist ein Hinweis auf eine frische Infektion, ist der IgM-Antikörper-Test negativ, ist von einer inaktiven Toxoplasma-Infektion auszugehen. Nicht selten wird aber IgM auch bei länger als 1 Jahr zurückliegender Infektion im IIFT oder ELISA noch nachgewiesen, da die IgM-Antikörper über Jahre persistieren können. In diesen Fällen weist eine hohe Avidität der IgG-Antikörper auf eine chronische Infektion hin. Bei weiterhin unklarer Befundkonstellation kann die Bestimmung spezifischer IgA-Antikörper, der Immunoblot oder Veränderungen der IgM- und/oder IgG-Konzentrationen hinweisend sein. Obwohl die serologische Untersuchung die Methode der Wahl bei der Mutter ist, wird die PCR zur Diagnose der fetalen Infektion empfohlen. Untersuchungsgut ist Fruchtwasser. Die mütterliche Infektion muss aber mindestens 4 Wochen bestehen, und die Amniozentese sollte nicht vor SSW 16 erfolgen. Siehe Beitrag 44.5.2.1 – Toxoplasmose.

Gruppe-B-Streptokokken (GBS): GBS sind zu 40–50 % Ursache der Sepsis und Meningitis des Neugeborenen, daneben spielen Enterobacteriaceae und Staphylokokken eine wichtige Rolle. Die Inzidenz in Europa beträgt 1–2 auf 1.000 Lebendgeborene. Die Prävalenz der GBS-Kolonisation im unteren Genitaltrakt klinisch gesunder Frauen wird mit 4–18 % angegeben /34/.

Bei der Neugeborensepsis werden Frühform (Early onset) und Spätform (Late onset) unterschieden.

Frühform: Tritt innerhalb der ersten 7 Lebenstage auf, wobei klinische Symptome vielfach schon am 1. Tag auffällig werden. Die Infektion wurde häufig schon intrauterin erworben. Die Sepsis Neugeborener geht mit Pneumonie und/oder Meningitis einher. Indikatoren sind vorzeitiger Blasensprung, stinkendes Fruchtwasser (FW), Frühgeburt vor SSW 37, Geburtsgewicht unter 2.500 g.

Spätform: Tritt in der 2. Woche nach Geburt auf, bedingt durch eine Infektion aus der Umgebung. Klinisch manifestiert sich die Infektion in 80 % der Fälle als Meningitis.

Laboruntersuchungen: Ein kontinuierlicher Anstieg des CRP bei drei Messungen in 48 h, die Verminderung der neutrophilen Granulozyten auf unter 3 × 109/l, eine Linksverschiebung (unreife/reife Granulozyten ≥ 0,20) die Präsenz von Plasmavakuolen in den Neutrophilen sowie eine Thrombozytopenie oder ein Thrombozytensturz weisen auf eine Sepsis hin.

Der beste Indikator der Sepsis war in einer Studie /35/:

  • Zum Zeitpunkt 0 die Kombination von CRP über 100 mg/l und IL-6 über 18 pg/ml (diagnostische Sensitivität 89 %, Spezifität 73 %, positiver prädiktiver Wert 70 %, negativer prädiktiver Wert 90 %). Vergleichbare Werte ergaben sich, wenn anstatt IL-6 das IL-8 bestimmt wurde und der Endscheidungswert 100 ng/l betrug.
  • Zum Zeitpunkt 24 h nach Beginn der Symptomatik CRP über 100 mg/l (diagnostische Sensitivität 78 %, Spezifität 94 %).

Bakteriologische Untersuchungen: Erreger im Präparat, Streptokokken im konzentrierten Urin, bakteriologische Abstriche von Gehörgang, Rachen, Axilla, Nabel sowie Kultur des Fruchtwassers.

Tabelle 38.2-4 Neugeborenenscreening und Laborbefunde wichtiger Aneuploidien

NeugeborenenScreening: Das Screening Neugeborener erfasst in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Zielkrankheiten. In Deutschland umfasst das Screening 19 angeborene Erkrankungen. Hierzu gehören 13 Stoffwechselkrankheiten, 2 Endokrinopathien, die Zystische Fibrose, die Severe combined immunodeficiency, die 5q-assoziierte spinale Muskelatrophie und die Sichelzellkrankheit. Man geht davon aus, dass etwa 1 : 1300 Neugeborene an einer der Zielkrankheiten des Screenings leiden /45/.

Trisomie 21: Das Down-Syndrom ist die phänotypische Expression der Trisomie 21 und wurde nach John Langdon Down benannt, der 1866 die erste systemische Beschreibung vorlegte /36/. In 5 % der Fälle ist das überzählige Chromosom durch eine Translokation mit einem anderen Chromosom verknüpft.

Personen mit Down-Syndrom haben ein erhebliches Unvermögen des Alters entsprechenden Lernens. Klinische Symptome sind kurze Statur, kongenitale Herzerkrankung, Hypothyreose, Infektanfälligkeit und Disposition zur Leukämie. Zwischen den mongoloiden Personen besteht eine erhebliche individuelle Variation in der Expression der Merkmale /37/.

In den entwickelten Ländern beträgt die Inzidenz der Lebendgeburten mit Down-Syndrom im Mittel 1,3 pro 1.000 Geburten, wenn kein pränatales Screening erfolgt. Zwischen dem Alter der Schwangeren und der Inzidenz des Down-Syndroms besteht eine positive Korrelation. So ist das Risiko 1 : 1.260 im Alter von 25 J. und 1 : 340 bei denjenigen ≥ 35 J. /38/. Nach Untersuchungen in Großbritannien /39/ gebären Frauen im Alter unter 35 J. 89 % aller Kinder und 58 % der Kinder mit Down-Syndrom. Frauen ≥ 35 J. bringen nur 11 % der Kinder zur Welt, aber 42 % aller Kinder mit Down-Syndrom. Dies zeigt wie wichtig ein Screening bei diesem Personenkreis ist. Die genannten Zahlen gelten, wenn kein Pränatalscreening erfolgte.

Frauen, die schon eine Schwangerschaft mit Down-Syndrom hatten, haben ein erhöhtes Risiko für die nachfolgende Schwangerschaft. Das Risiko ist noch größer, wenn einer der beiden Partner ein Träger der Translokation ist. Phänotypisch sind die Träger normal. Das Risiko einer Schwangerschaft mit Down-Syndrom ist jedoch 1 : 7, wenn die Mutter der Träger ist und 1 : 30 bei einem väterlichen Träger.

Bis zu 40 % der in der SSW 10–14 lebenden Feten mit Down-Syndrom überlebt nicht die Schwangerschaft, sondern enden als Spontanabort /40/.

Trisomie 18: Die Trisomie 18, auch als Edwards Syndrom bezeichnet, ist nach der Trisomie 21 die zweithäufigste autosomale Trisomie. Etwa 70 % der Trisomie 18-Schwangerschaften enden mit einer Fehlgeburt zwischen dem zweiten Trimenon und dem Geburtstermin. Von den Lebendgeborenen sterben 90 % innerhalb des ersten Lebensjahres. Die Prävalenz, bezogen auf die Lebendgeburten, beträgt 1 : 8.000, werden die Aborte ab zweiten Trimenon mit eingerechnet, so erhöht sich die Prävalenz auf 1 : 2.400. Die Trisomie 18 wird mit dem Zweittrimester-Screening gut erkannt, hCG ist um 70 %, freies Östriol um 60 % und AFP um 40 % niedriger als bei unbelasteten Schwangerschaften der gleichen SSW. Die Rate eines falsch-positiven Screenings beträgt 0,5 % /41/. Auch im Ersttrimester-Screening wird die Trisomie 18 gut detektiert.

Tabelle 38.2-5 Indikationen zur Bestimmung von zellfreier DNA /12/

Gruppe

Aneuploidie/Syndrom

Gewöhnliche autosomale Aneuploidien

Trisomien 21, 18 und 13

Geschlechtschromosomale Aneuploidien

45 X, 47 XXX, 47 XXY, 47 XYY

Seltene autosomale Aneuploidien

Aneuploidie von jedem Chromosom, die Häufigsten sind Trisomie 7, 15, 16 und 22

Mikrodeletions- und Mikroduplikations-Syndrome

1p36 Deletion, Wolf-Hirschhorn Syndrom (terminal 4p Deletion), Cri du chat Syndrom (terminal 5p Deletion), Langer-Giedion Syndrom (8q24 Deletion), Jacobsen Syndrom (terminale 11q Deletion), Prader-Willi und Angelman Syndrome (15q11.2-q13 Deletion), DiGeorge Syndrom (22q11.2 Deletion)

Varianten der Kopienzahl größer als 7 Mb

Triploidy

Tabelle 38.2-6 Biologische Ursachen falsch-positiver und falsch-negativer Ergebnisse von zellfreier DNA /16/

Falsch-positive Ursachen

Falsch-negative Ursachen

Begrenzter plazentarer Mosaizismus (Plazenta aneuploid, Foetus euploid)

Niedrige foetale Fraktion an zellfreier DNA (Übergewicht der Schwangeren, Mehrlingsschwangerschaft mit niedriger Fraktion an freier DNA pro Fetus, medizinische Situation der Mutter die zur Einschränkung der DNA führt, gewisse foetale chromosomale Aneuploidien, z.B. Triploidie

Wahrer foetaler Mosaizismus

Begrenzter plazentarer Mosaizismus (Plazenta euploid, Fetus aneuploid oder Mosaizismus)

Intrauteriner Fruchttod eines Zwillings

Mütterliche beiläufige Befunde: Variante der Kopienzahl, chromosomale Aberration (45 X oder 47 XXX), Mosaiktrisomie eines Autosoms, Leiomyom

Krebserkrankung: Hodgkin-, Non-Hodgkin- und andere Lymphome, Krebs (Mamma, kolorektal) und andere Karzinome, chronisch myeloische Leukämie, multiples Myelom

Kürzlich erhaltenes Organ eines männlichen Spenders

Mütterliche medizinische Ursachen die Qualität der DNA betreffend (Autoimmunerkrankung, Vitamin B12-Mangel, intrahepatische Schwanger­schaft­scholestase)

Tabelle 38.2-7 Erkrankungen bei Trisomie 21 im mittleren und höheren Lebensalter /26/

Klinische und Laborbefunde

alzheimer Demenz: Die Alzheimer Demenz ist die häufigste Todesursache bei Menschen mit Down-Syndrom im mittleren und höheren Lebensalter. Das beruht darauf, dass das Amyloid-Vorläuferprotein (APP) auf Chromosom 21 kodiert wird. Das Langzeitrisiko für eine Alzheimer-Demenz beträgt etwa 90 %. Verhaltensänderungen und weniger Gedächtnisstörungen stehen im Vordergrund. Die Gendosis-bedingte verstärkte Überexpression von APP führt zum vermehrten Anfall des Spaltproduktes Amyloid-β, dem wesentlichen Bestandteil der Alzheimer-Plaques.

epilepsie: Die Prävalenz der Epilepsie beim Down-Syndrom beträgt 8–26 % und hat den ersten Gipfel im Kindesalter und den zweiten im Alter von 40–60 Jahren. Ätiologisch sollen neurodegenerative und metabolische Störungen der kortiko-thalamischen Kreisläufe vrantwortlich sein.

Schlaf-bezogene Erkrankungen: Diese Störungen sind häufig und führen zur Müdigkeit am Tag, Änderungen der Konzentration und des Verhaltens.

Psychiatrische Erkrankungen: Zwangsstörungen, affektive Erkrankungen, Tic-Störungen, Störungen der Impulskontrolle, psychotische Störungen und Schizophrenie sind häufiger als bei Personen, die keine Trisomie 21 haben.

Hypothyreose: Sie tritt bei 40–50 % der Patienten mit Trisomie 21 auf. Ein Teil der Personen mit Trisomie 21 hat auch eine perniziöse Anämie. Jährlich sollten die Schilddrüsenwerte und die Schilddrüsenantikörper bestimmt werden.

osteopenie, osteoporose, osteoporotische frakturen: Die Bandbreite der Häufigkeiten ist groß. Bei pathologischen Frakturen sollten auch andere Ursachen in Betracht gezogen werden (Hyperthyreose, Hyperparathyreoidismus, Vitamin D-Mangel und Medikamente mit Auswirkung auf das Skelettsystem).

Kardiologische Erkrankungen: Einen angeborenen Herzfehler haben 40-50% der Personen mit Trisomie 21. Es findet sich ein irreversibel fixierter hoher Blutdruck mit konsekutiver Shuntumkehr.

Diabetes mellitus: Aufgrund vermehrter Autoimmunerkrankungen ist das Risiko des Diabetes Typ 1 erhöht. Das Risiko für den Diabetes Typ 2 ist vermindert.

Hämatologische Erkrankungen: Es besteht die Wahrscheinlichkeit einer Leukämie. Das Risiko ist im Kindesalter erhöht und bleibt erhöht bis zu Lebensjahr 30. Für die lymphatische Leukämien beträgt das Risiko der Inzidenz 13,9, für myeloische Leukämien 11,8.

Fertilität: Bei Frauen mit Down-Syndrom beginnt die Menopause im Mittel 6 Jahre früher als normal. Frauen mit Down-Syndrom können schwanger werden, Männer sind nicht fruchtbar, möglicherweise bedingt durch eine schwache Spermatogenese. Die Wahrscheinlichkeit, dass Nachkommen von Müttern mit Down-Syndrom ebenfalls ein Down-Syndrom haben beträgt 50 %.

Bei Frauen sind das Alter der Menarche, die Menstruationzyklen, die äußeren und inneren Genitalien und die Profile der Sexualhormone normal. Änderungen sind nicht selten durch Komorbiditäten bedingt.

Tabelle 38.3-1 Referenzbereiche für hCG

β-hCG /3/

Freie β-Kette (hCG-β) /3/

  • Männer und Frauen: < 2 pmol/l.

Angegeben ist die 97.5 Perzentile. Werte bezogen auf den 3rd International Standard (IS). Es entsprechen 1 μg = 9,28 IU = 26,7 pmol /4/.

Tabelle 38.3-2 Serumwerte vom β-hCG im Verlaufe der Schwangerschaft

Zeit nach Konzeption

hCG-Konzentration (IU/l)

3. Wo.

< 50

4. Wo.

< 400

7. Wo.

45.000–290.000

10. Wo.

40.000–230.000

13. Wo.

40.000–140.000

2. Trim.

48.000–100.000

3. Trim.

45.000–85.000

Tabelle 38.3-3 Kriterien zur Erkennung einer nicht lebensfähigen Schwangerschaft im 1. Trimester /8/

Untersuchung

Wesentliche Fakten

Ultrasonographisch keine Fruchtblase und normale oder nahezu normale Adnexe

  • Ein hCG-Einzelwert, unabhängig von seiner Konzentration, unterscheidet nicht die ektopische von der intrauterinen Schwangerschaft (SS), egal ob lebend oder nicht-lebend.
  • Ein Einzelwert < 3.000 IU/l lässt zwar eine ektopische SS vermuten. Maßnahmen sollten aber nicht erfolgen, damit eine eventuell lebensfähige SS nicht unterbrochen wird.
  • Bei einem Einzelwert ≥ 3.000 IU/l ist eine lebende intrauterine SS möglich, aber unwahrscheinlich. Die wahrscheinlichste Diagnose ist eine nicht lebensfähige intrauterine SS. Bevor Maßnahmen zur Behandlung einer ektopischen SS erfolgen, sollten im Verlauf Ultraschall und hCG-Bestimmungen durchgeführt werden.

Ultraschall erfolgte noch nicht

Die hCG-Werte bei ektopischer SS sind sehr variabel und oft < 1.000 IU/l. Die hCG-Konzentration hat keinen Vorhersagewert für eine Ruptur bei ektopischer SS. Sind die klinischen Befunde verdächtig für eine ektopische SS, ist eine transvaginale Ultraschalluntersuchung indiziert, auch wenn der hCG-Wert niedrig ist.

Kriterien der Society of Radiologists in Ultrasound Multispeciality Consensus Conference on early first trimester diagnosis of miscarriage and exclusion of a viable intrauterine pregnancy.

Tabelle 38.3-4 Intaktes hCG und hCG-Varianten in der Schwangerschaft und bei Trophoblastentumoren /12/

Molekül

Struktur der α-Untereinheit

Struktur der β-Untereinheit

Intaktes hCG (MG 36 kDa)

92 Aminosäuren, keine Spaltungen

Mono- (8 ) und biantenär (11) N-gebundene Zuckerketten

145 Aminosäuren, keine Spaltungen, biantenäre ± Fucose

N-gebundene Zucker (11–12) und vorwiegend O-gebundene Zuckerseitenketten

Hyper­glykosiliertes hCG (MG 41 kDa)

92 Aminosäuren, keine Spaltungen

Mono- (8 ) und biantenär (12) und N-gebundene Seitenketten

145 Aminosäuren, keine Spaltungen, biantenäre und triantenäre ± Fucose N-gebundene Zucker (14–15) sowie O-gebundene Hexasaccharid-Seitenketten

Nicked hCG (MG 36 kDa)

92 Aminosäuren, keine Spaltungen

Mono- (8 ) und biantenär (11) N-gebundene Zuckerketten

145 Aminosäuren mit Spaltungen bei β47–48, β43–44 oder β44–45, biantenär und Fucose N-gebundene Zucker (11–12) meist O-gebundene Trisaccharid-Seitenketten

hCG-α-Kette, C-terminales Peptid (MG 29 kDa)

92 Aminosäuren, keine Spaltungen

Mono-(8) und biantenär (11) N-gebundene Zuckerseitenketten

Reste 1–92 und fehlendes C-terminales Peptid

Biantenär ± Fucose N-gebundene Zucker (11–12), meist O-gebundene Trisaccharid-Seitenketten

Freie β-Untereinheit (MG 22 kDa)

Keine α-Untereinheit

145 Aminosäuren, keine Spaltungen, biantenär ± Fucose N-gebundene Zucker (11–12) und vorwiegend O-gebundene Trisaccharid-Seitenketten

Nicked-freie β-Untereinheit (MG 22 kDa)

Keine α-Untereinheit

145 Aminosäuren mit Spaltungen bei β47–48, β43–44 oder β44–45, biantenär ± Fucose N-gebundene Zucker (11–12), meist O-gebundene Trisaccharid-Seitenketten

β-Core Fragment (MG 10 kDa)

Keine α-Untereinheit

Die Peptidreste 6–40 und 55–92 der β-Untereinheit sind miteinander verbunden, degradierte biantenäre N- und O-gebundene Seitenketten aus 3–5 Zuckern

Tabelle 38.4-1 Ursachen erhöhter AFP-Konzentration und pathologischer ACHE-Befunde /4/. Angegeben ist die Anzahl (n) pathologischer Werte.

Missbildung

AFP pathologisch (n)

ACHE pathologisch (n)

Anenzephalus

40

40

Spina bifida

15

15

Enzephalocele

5

4

Omphalocele

11

8

Gastroschisis

6

6

Multiple Missbildung

1

1

Steißteratom

1

1

Infans mortuus

3

3

Keine Missbildung

19

2

Table 38.6-1 Referenzbereiche für Surfactant

Grenzwerte, die Lungenreife anzeigen

  • L/S Ratio: > 2
  • FLM II Assay: > 50 mg Surfactant/g Albumin
  • Aminostat-FLM: positiv
  • Lamellarkörperchen: Über 50.000/μL*

* Abhängig vom Hämatologie-Analyzer

Tabelle 38.6-2 Wertigkeit der Lungenreife Untersuchungen /1516/

Lecithin-Sphingomyelin-Quotient (L/S-Ratio): Die Originalmethode nach Gluck gilt als der Goldstandard der Lungenreife-Diagnostik. Bei einer L/S-Ratio > 2 ist in weniger als 5 % der Fälle mit einem Atemnotsyndrom zu rechnen. Bei 30–50 % der Fälle mit L/S-Ratio < 2 wird jedoch ebenfalls kein Atemnotsyndrom beobachtet.

FLM-II-Test: Zeigt die beste Übereinstimmung aller Alternativmethoden mit der L/S-Ratio. Das Ergebnis liegt in weniger als 1 h vor.

Immunologischer Schnelltest (Amniostat-FLM): Der Test ist relativ unempfindlich. Während bei einem positiven Resultat zu > 90 % eine Lungenreife vorliegt, ist die Vorhersage einer unreifen Lunge durch ein negatives Ergebnis unbefriedigend. Der Test ist deshalb nur für Proben oberhalb der SSW 35 geeignet.

Lamellarkörperchen-Zählung (Lamellar body count, LBC): Die Lamellarkörperchen haben ein Volumen von 1,7–7,3 fl. Die Zählung der Lamellarkörperchen ist eine schnelle und zuverlässige Methode. Wegen der unterschiedlichen Apertur der Kapillaren der Hämatologie-Analyzer und des unterschiedlichen Zählprinzips sind die Ergebnisse vom verwendeten Messgerät abhängig. Nach einem Konsensus /14/, der sich auf die Geräte von Beckman-Coulter bezieht, spricht im nicht zentrifugierten Fruchtwasser ein LBC über 50.000/μl für Lungenreife, ein Wert unter 15.000/μl für Unreife, für Werte dazwischen werden alterative Methoden empfohlen. Für die Hämatologiesysteme anderer Hersteller gelten folgende Aussagen /8/:

  • Sysmex; es besteht eine gute Übereinstimmung zu Beckman-Coulter bei Werten unter 50.000/μl.
  • Siemens; die Übereinstimmung des Advia zu Beckman-Coulter ist nicht so gut wie Sysmex zu Beckman-Coulter, aber ein LBC-Wert über 50.000/μl ist akzeptabel für Lungenreife.
  • Abbott Cell-Dyn; ein LBC über 79.000/μl spricht für Lungenreife.

Tabelle 38.7-1 Grenzwerte für HbF und HbF-haltige Erythrozyten im Blut

Kollektiv

Wert

HbF bei Erwachsenen (nicht schwanger) /3/

0,1–1,0 %

HbF antenatal bei Verdacht auf Sichelzellanämie oder Thalassämie /7/

< 5,0 %

F-Zellen (HbA+HbF), Erwachsene (x ±s) /8/

4,1 ± 2,8 %

F-Zellen, Schwangere (95. Perzentile) /2/

5,4 %

HbF-Zellen (fetale Erythrozyten) /9/

0,02 %*

* Entsprechend 1,0 ml fetalen Blutes

Tabelle 38.7-2 Fetoplazentares Blutvolumen

Schwangerschaftswoche

Blutvolumen (ml)

20

25

30

150

40

400

Tabelle 38.8-1 Labordiagnostische Marker zum Screening auf Aneuploidien

Untersuchung

Biochemische und klinische Merkmale

Pregnancy-associated plasmaprotein A (PAPP-A)

Es handelt sich um ein vom Synzytiotrophoblasten gebildetes hochmolekulares Glykoprotein mit einem MG von 200 kDa, das zur Superfamilie der Zinkpeptidasen gehört. PAPP-A liegt als 2 : 2-Komplex vor, den es mit der Proform des eosinophilen Major basic protein bildet. Es enthält 16 Zinkatome und der Kontakt mit Chelatbildnern führt zur Konformationsänderung mit dem Verlust von Epitopen. Im EDTA-Plasma wird eine zu geringe Konzentration gemessen. PAPP-A wird am Tag 21 post conceptionem im mütterlichen Plasma nachweisbar. Mit zunehmenden Gestationsalter nimmt die Konzentration im Plasma zu.

Bei Trisomie 21 ist die Konzentration von PAPP-A im ersten Trimenon vermindert und erreicht im zweiten Trimenon allmählich wieder Werte der normalen Schwangerschaft. Als Ursache des Abfalls von PAPP-A bei Trisomie 21 wird eine Reifungsstörung der Plazenta angenommen. Schwangerschaften mit Trisomie 21 haben einen medianen MoM von 0,38 /8/. Die Bestimmung erfolgt mit einem Sandwich-Immunoassays mit Streptavidin-Biotin-Technologie und Elektrochemolumineszenz-Messung. Die medianen Werte von PAPP-A in den SSW 11, 12, 13, 14 betragen jeweils 1.337, 1.919, 2.926 und 4.538 mIU/l.

HCG-β

Die Konzentration der freien β-Kette von hCG ist bei der Trisomie 21 erhöht. Es wird angenommen, dass eine Reifungsstörung des Zytotrophoblasten zur vermehrten Bildung von hCG-β führt. Schwangerschaften mit Trisomie 21 haben einen medianen MoM von 1,83 /8/. Bei Trisomie 18 und Trisomie 13 ist die Konzentration von hCG vermindert.

α-Fetoprotein (AFP)

AFP wird vom Feten im Dottersack und mit zunehmender Embryonalentwicklung in der fetalen Leber gebildet. Von dort aus gelangt es in das Blut, den Liquor cerebrospinalis, die Galle und wird mit dem Urin in das Fruchtwasser abgegeben; geringe Mengen entstammen dem Mekonium. Im fetalen Plasma und Liquor ist die Konzentration 100–1.000 fach höher als im Fruchtwasser und dort wiederum nochmals 100–1.000 fach höher als im mütterlichen Serum.

In das mütterliche Blut gelangt AFP transamnial aus dem Fruchtwasser. AFP steigt im mütterlichen Blut von der SSW 10–32 kontinuierlich an, um dann bis zur Geburt auf das Niveau der SSW 24 abzufallen. Die Halbwertszeit soll 3 Tage betragen. Im Fruchtwasser zeigt AFP in der SSW 16–22 einen kontinuierlichen Abfall.

Inhibin A

Inhibine sind Proteine der Gonaden und gehören zur Familie der Transforming growth factor-β (TGF-β). Es handelt sich um heterodimere Moleküle, bestehend aus einer α-Untereinheit (20 kDa) und zwei β-Untereinheiten (14 kDa). Beide Untereinheiten sind über Disulfidbrücken verbunden und bilden entweder Inhibin A (α,βA) oder Inhibin B (α,βB). Inhibin A reguliert die Sekretion von FSH über eine negative Rückkopplung. Bei der Frau ist das Corpus luteum die wesentliche Quelle der Synthese von Inhibin und wird von LH reguliert. In der Schwangerschaft ist die Plazenta der Syntheseort von Inhibin A und die Konzentration des Hormons nimmt mit zunehmender Entwicklung der Schwangerschaft im Blut der Schwangeren zu /9/.

Freies Östriol

Freies Östriol ist ein Marker der Funktion der feto-plazentaren Einheit und nimmt kontinuierlich im zweiten und dritten Trimenon zu.

Tabelle 38.8-2 Verhalten der Marker in den für das Aneuploidie-Screening entscheidenden SSW, nach Lit. /10/

Marker

Screening

Änderung

Einheit

AFP

15–22. SSW

+13 bis 18 %

μg/l

Östriol freies

15–22. SSW

+25 bis 30 %

μg/l

Inhibin A

15–22. SSW

±2 bis 5 %

ng/l

PAPP-A

10–13. SSW

+45 bis 50 %

IU/l

hCG-β

10–13. SSW

–15 bis 25 %

IU/l

NT

10–13. SSW

+15 bis 25 %

mm

NT, nuchale Transluzenz; hCG-β, freie β-Untereinheit von hCG; SSW, Schwangerschaftswoche

Tabelle 38.8-3 Detektionsraten für Trisomie 21 in Abhängigkeit vom Verfahren /2911/ /

Invasive Verfahren

Detektionsrate (%)

Amniozentese

Etwa 95–100

Chorionzottenbiopsie

Etwa 95–100

Ersttrimester-Test, nicht invasiv

Detektionsrate (%)

Alter der Schwangeren

30–50

Nuchale Transluzenz (NT) + Alter

74–80

PAPP-A + hCG + Alter

60–63

Kombiniert (NT, hCG, PAPP-A, Alter)

86–90

Zweittrimester, nicht invasiv

Detektionsrate (%)

AFP + hCG-β

59

AFP + hCG-β + freies Östriol (fÖ)

68

AFP + hCG-β + fÖ + Inhibin A

76

AFP + hCG-β + fÖ + Inhibin A + Alter

79

Bluttest

Zuverlässigkeit

Zellfreie fetale DNA im mütterlichen Blut

> 99,1 %

Tabelle 38.9-1 Klinische Kriterien der Präeklampsie (PE), der schweren PE und des HELLP-Syndroms /26/

Präeklampsie /2/

Blutdruck systolisch ≥ 140 mmHg, diastolisch ≥ 90 mmHg bei Schwangeren > 20 SSW mit zuvor normalem Blutdruck, zusätzlich Proteinurie ≥ 0,30 g/24 h oder extrapoliert aus der zeitlichen Proteinausscheidung

oder Protein/Creatinin ratio > 0,3

oder Proteinteststreifenreaktion 2+ (nur anwenden wenn andere quantitative Methoden nicht verfügbar)

oder in Abwesenheit einer Proteiurie, wenn folgende Befunde vorliegen:

  • Thrombozytopenie (Thrombozyten < 100 × 109/l)
  • Erhöhung einer Aminotransferase zweifach über der oberen Referenzbereichsgrenze
  • Creatinin im Serum > 1,1 mg/dl (97 μmol/l) oder Verdopplung gegenüber dem Basalwert
  • Lungenödem
  • Kopfschmerz, der durch reguläre Therapie nicht zu beherrschen ist und nicht auf einer anderen Ursache beruht.

Schwere PE (≥ 1 der folgenden Kriterien notwendig) /6/

  • Blutdruck systolisch ≥ 160 mmHg, diastolisch ≥ 110 mmHg, zweimalig bei Bettruhe gemessen (6 h Abstand).
  • Proteinurie > 5 g/24 h in zwei Urinproben (6 h Abstand).
  • Oligurie < 500 ml/24 h.
  • Zerebrale Symptome oder Sehstörung.
  • Pulmonales Ödem oder Zyanose.
  • Schmerzen im Epigastrium oder dem oberen rechten Quadranten.
  • Thrombozytopenie.
  • Fetale Wachstumsretardierung.

Superimposed PE (≥ 1 der folgenden Kriterien notwendig)

Neu aufgetretene Proteinurie ≥ 0,3 g/24 h bei Frauen mit Hochdruck < 20 SSW.

Wenn Hypertonie und Proteinurie vor der SSW 20 bestehen:

  • Akuter Anstieg der Proteinurie.
  • Plötzlicher Anstieg des Blutdrucks, der zuvor unter guter Kontrolle war.
  • Thrombozytopenie < 100 × 109/l.
  • Anstieg von ALT oder AST auf pathologische Werte.

Schwangere mit chronischer Hypertonie, die persistierende Kopfschmerzen, Scotoma oder epigastrische Schmerzen haben können ebenfalls eine superimposed PE haben.

HELLP-Syndrom (es gibt unterschiedliche Kriterien)

Kriterien nach Sibai /9/ alle müssen zutreffen:

  • Im Blutausstrich Zeichen der Hämolyse, LDH > 600 U/l, Bilirubin > 1,2 mg/dl (21 μmol/l).
  • ALT > 70 U/l.
  • Thrombozytenzahl < 100 × 109/l.

Kriterien nach Martin /10/, alle müssen zutreffen:

  • LDH > 600 U/l.
  • ALT oder AST > 40 U/l.
  • Thrombozytenzahl < 150 × 109/l.

Tabelle 38.10-1 Consensus statements zur Interpretation der sFlt-1/PlGF Ratio zur Vorhersage und Diagnostik einer Präeklampsie (PE) bei einer Einzelschwangerschaft /2/

Befund

Statement

sFlt-1/PlGF Ratio< 38

Eine sFlt-1/PlGF Ratio< 38:schließt die Präeklampsie für eine Woche aus, unabhängig vom Schwangerschaftsmonat. Der weitere Ablauf bleibt dem Kliniker überlassen

sFlt-1/PlGF Ratio > 85 (early- onset PE) or > 110 (late-onset PE)

Diagnostik einer Präeklampsie oder Plazenta-bezogenen Erkrankung ist hoch wahrscheinlich. Management gemäß den Richtlinien der Klinik. Stark erhöhte sFlt-1/PlGF Ratios (> 655 zu < 34+0 Woche; > 201 zu ≥ 34+0 Woche) erfordern die Entbindung innerhalb von 48 h. Enge Überwachung und (wenn< 34 Woche) die vorgeburtliche Gabe von Kortikosteroiden ist erforderlich, um die fetale Lungenreife zu beschleunigen.

sFlt-1/PlGF Ratio > 85 (early-onset PE) or > 110 (late-onset PE), repeat measurement

Nochmalige Bestimmung nach 2–4 Tagen zur Bestimmung des klinischen Verlaufs nach den Empfehlungen des Klinikers und abhängig vom Schweregrad. Die Häufigkeit der Bestimmung ist der klinischen Situation und der Dynamik des Verhaltens der sFlt-1/PlGF Ratio anzupassen.

sFlt-1/PlGF ratio 38– 85 (early- onset PE) or 38–110 (late-onset PE)

Die sFlt-1/PlGF Ratio gestattet eine Information über die Schwangere vor dem Beginn offener Symptome. Eine sFlt-1/PlGF Ratio von 38–85 oder 38–110 gibt einen extra Hinweis welche Frau ein mäßiges oder ein starkes Risiko der Präeklampsie innerhalb der nächsten 4 Wochen zu erwarten hat. Eine zur Zeit vorliegende Präeklampsie oder eine Plazenta-bezogene Erkrankung kann ausgeschlossen werden, aber die Frauen haben ein (hohes) Risiko (besonders wenn sie der early onset Gruppe zugehörig sind).

Early onset: Erwäge die Bestimmung einer weiteren sFlt-1/PlGF Ratio in 1–2 Wochen, abhängig von der individuellen klinischen Symptomatik der Schwangeren. Das Resultat muss sorgfältig bezugnehmend auf die klinischen Befunde interpretiert werden.

Late onset: Ein intermediäres Ergebnis der sFlt-1/PlGF Ratio ist verdächtig auf eine behindernde plazentare Fehlfunktion. Erwäge den Zeitraum bis zur Geburtseinleitung zu verkürzen.

Zusammenfassung

Die sFlt-1/PlGF Ratio hat sich als eine Hilfe in der Diagnostik der Präeklampsie erwiesen. Bei Frauen mit bestätigter Präeklampsie (hoher Blutdruck und Proteinurie) ist die sFlt-1/PlGF Ratio nützlich zur Bestimmung der Schwere der Erkrankung.

Plazenta Östron + Östradiol 16-OH-Östron 16-OH-DHEA DHEA Androstenedion Östriol Mutter Acetat Cholesterin Pregnenolon-S 17-OH-Pregnenolon-S DHEA-S Fetus Acetat Cholesterin Pregnenolon-S 17-OH-Pregnenolon-S DHEA-S Östron-S + Östradiol-S 16-OH-Östron-S 16-OH-DHEA-S Östriol-S

Abbildung 38.1-1 Synthese von Östrogenen durch die feto-materno-plazentare Einheit. DHEA, Dehydroandrosteron; S, Sulfatrest.

Acetat Cholesterin Pregnenolon Progesteron 20α-OH-Progesterone Plazenta Fetus Pregnenolon-S Progesteron 20α-OH-Progesteron Cholesterin Acetat Mutter Acetat Cholesterin Pregnenolon-S Pregnandiol im Urin

Abbildung 38.1-2 Plazentare Synthese von Progesteron. S, Sulfatrest.

A A T T T A A T A T C G C CG TA 2 A A T T T A A T A T C G C CG CG 1 SNP

Abbildung 38.2-1 Single nucleotide polymorphism. Beide Triplets unterscheiden sich in einem Basenpaar. Mit freundl. Genehmigung nach David Hall.

Blut Plazenta Urin Nicking Nicking Dissoziation Degra-dation Non-nicked hCG Large free α Non-nickedfree β Nicked free β B-core-fragment Nicked hCG N N N N N 1 1 1 47 48 92 92 47 48 92 40 55 6 N N 92 145 O O O O N N 145 O O O O N N 145 O O O O N N N 92 β β α α Regular free α Non-nicked hCG Non-nicked free β Large free α Nicked hCG Non-nicked hCG Large free α Nicked hCG Regular free α Regular free β Non-nicked free β 145 O O O O N N N 1 N

Abbildung 38.3-1 Struktur von hCG und der von ihm abgeleiteten Moleküle. Die von der Plazenta gebildeten, im Blut erscheinenden und mit dem Urin ausgeschiedenen Moleküle sind dargestellt. Mit freundlicher Genehmigung nach Lit. /2/.

Non-nicked hCG Free α Free β Nicked hCG hCG (nmol/L) 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 1.0001001010,1

Abbildung 38.3-2 Konzentrationen von hCG und hCG-Varianten im Serum im Verlauf der Schwangerschaft. Die Werte sind in nmol/l angegeben, in logarithmischem Maßstab. Modifiziert nach Lit. /2/.

IUAFP/ml 141 140 15 2,5 × Median Median 69 16 17 18 19 20 21 SSW 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 32,4 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 15 16 17 18 19 20 21 SSW 48,6 20,4 3 × Median Median × 10 3 IU AFP/ml 120 105 92,5 77,5 40,5 24,75 25,2

Abbildung 38.4-1 AFP im Serum (oben) und Fruchtwasser (unten) in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche (SSW) bei Auswahl des 2,5-fachen Median unauffälliger Schwangerschaften als Grenzwert (2,5 MoM) /1/. Andere Untersucher /2/ wählen als Grenzwert für das Serum-AFP einen MoM von 2,0.

Im Normbereich ≥ Grenzwert ≥ Grenzwert Ultraschall fürGestationsalterUltraschall fürDiagnose von MehrlingenWiederholungdes Serum-AFP Gesondertbewerten Keine weiterenMaßnahmen Bestimmung des Serum-AFPin der 16.–21. SSW Im Normbereich UltraschallAmniozenteseFW-AFPFW-ACHE-Test Keine weiterenMaßnahmen Im Normbereich Abnorme Befunde Keine weiteren MaßnahmenBeratungVerlaufskontrolle als Risikoschwangerschaft Zusätzliche Untersuchungen (Ultraschall, Fetoskopie?)BeratungGgf. WiederholungGgf. Abruptio

Abbildung 38.4-2 Vorgehen zur Prävention und Frühdiagnostik von Neuralrohrdefekten /2/.

0,50 0,40 0,30 0,20 0,10 0,09 0,08 0,07 0,06 0,05 0,04 0,03 0,02 Absorption 28 30 32 34 36 38 40 Schwangerschaftswoche Zone III (hohes Risiko) Zone II (mittleres Risiko) Zone I (geringes Risiko)

Abbildung 38.5-1 Diagramm nach Liley. Es wird das fetale Risiko ermittelt, in dem die Δ A450, bezogen auf die Schwangerschaftswoche, eingetragen und die Zone zur Beurteilung herangezogen wird, in die der Messpunkt fällt.

Leukozytenaktivierung Gefäßschädigung Th1-Zytokinproduktion ET-1 & IL-6 Freisetzung EC-Dysfunktion VEGF & TGF-β Blutdruck Nierenschaden Proteinurie,Creatinin 0 10 20 30 40 Wochen PIGF sEng sFlt-1 Progression von der Schwangerschaft zur Präeklampsie HO-1 Systemische Entzündung

Abbildung 38.10-1 Progression von der normalen Schwangerschaft zur Präeklampsie, modifiziert nach Lit. /5/. HO-1, Hämoxygenase; sEng, lösliches Endoglin; sFlt-1, soluble fms-like tyrosinkinase-1; PlGF, placental growth factor; VEGF, vascular endothelial growth factor; TGF-β, transgrowth factor β, EC, endothelial cell; ET-1, endothelin-1

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