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Spurenelemente

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10.1 Labordiagnostik von Spurenelementen

Lothar Thomas

10.1.1 Essentielle Spurenelemente

Spurenelemente sind definiert als anorganische Stoffe, die weniger als 0,01 % der Trockenmasse des menschlichen Organismus ausmachen (Abb. 10.1-1 – Mineralstoffe und Spurenelemente im Periodensystem). Unterschieden werden drei Gruppen von Spurenelementen /1/:

  • Essentielle Spurenelemente. Ein Element wird als essentiell eingestuft, wenn seine Verminderung unter einen bestimmten Wert beständig zur Reduktion einer wichtigen physiologischen Funktion führt oder wenn das Element ein integraler Bestandteil einer biologischen Struktur ist, die im Körper eine wichtige Funktion ausführt /2/. Essentielle Spurenelemente sind Chrom (Cr), Cobalt (Co), Kupfer (Cu), Eisen (Fe), Mangan (Mn), Molybdän (Mo), Selen (Se), Zink (Zn) und Jod (J). Die Kriterien für die Definition eines Spurenelementes als essentiell sind aufgeführt in Tab. 10.1-1 – Kriterien eines essentiellen Spurenelements und biochemische Funktionen in Tab. 10.1-2 – Biochemische Funktionen essentieller Spurenelemente. Das essentielle Spurenelement Eisen und sein Stoffwechsel sind in Kapitel 7 – Eisenstoffwechsel abgehandelt.
  • Spurenelemente, bei denen noch nicht erwiesen ist, ob sie als essentiell anzusehen sind. Zu dieser Gruppe gehören Nickel (Ni), Silizium (Si), Zinn (Sn), Blei (Pb), Vanadium (V) und Fluor (F). Es gibt aber viele Gründe auch Fluor, Vanadium und Silizium zu den essentiellen Spurenelementen zu zählen.
  • Für den Menschen toxische Elemente. Diese Gruppe enthält: Aluminium (Al), Silber (Ag), Arsen (As), Gold (Au), Barium (Ba), Wismut (Bi), Cadmium (Cd), Cäsium (Cs), Quecksilber (Hg), Platin (Pt), Titan (Ti) und Thallium (Tl). Da jedoch alle Elemente in Abhängigkeit von der Dosis giftig sind, wird diese Gruppe besser als Spurenelemente mit nicht bekannter physiologischer Funktion bezeichnet.

10.1.2 Aufnahme und Gesundheitseffekte der Spurenelemente

Der tägliche Bedarf an Spurenelementen beträgt Milligramm oder Mikrogramm. Nahrungsmittel sind die wesentliche Quelle der Versorgung mit Spurenelementen. Nur wenig stammt aus dem Wasser oder der Luft. Gute Quellen sind Fleisch- und Fischprodukte, Obst und Gemüse gewährleisten ebenfalls eine angemessene Versorgung /12/. Die gastrointestinale Absorption sorgt für eine hohe Bioverfügbarkeit. Organometallische Substanzen werden besser absorbiert als die reinen anorganischen Formen eines Spurenelementes und die Absorption erfolgt besser aus tierischen als aus pflanzlichen Produkten. Eine ausgewogene mitteleuropäische Mischkost ist in der Regel ein Garant der ausreichenden Zufuhr essentieller Spurenelemente /3/.

Die Absorption von Spurenelementen ist vermindert bei Erkrankungen wie zystischer Fibrose, Kurzdarm Syndrom, M. Crohn oder wenn intraluminale Faktoren die Absorption hemmen. So wird z.B. bei hohem Phytatgehalt der Nahrung oder bei hoher Calciumzufuhr die Absorption von Zink gehemmt. Eine hohe Zinkzufuhr behindert die Absorption von Kupfer.

Die Aufnahme wird über die Rezeptoren der Mukosazellen der Darmschleimhaut reguliert. So erfolgt die Aufnahme von Magnesium und Eisen über den divalenten Metallionentransporter.

In der Zirkulation werden viele Spurenelemente gebunden an Plasmaproteine wie Albumin transportiert oder gebunden an spezifische Proteine, z.B. Kupfer an Coeruloplasmin oder komplexiert an Aminosäuren und andere kleine Moleküle. Dysproteinämien können deshalb die Konzentration von Spurenelementen erheblich verschieben. So nimmt bei der systemischen Inflammation die Konzentration von /1, 2/:

  • Negativen Akute-Phase Proteinen wie Transferrin und Albumin ab und somit auch die von gebundenem Eisen, Chrom und Zink.
  • Positiven Akute-Phase Proteinen wie Coeruloplasmin zu und somit auch die Konzentration von Kupfer.

Die meisten Spurenelemente sind in allen Geweben verteilt, obgleich einige in bestimmten Organen stärker konzentriert sind als in anderen, z.B. Zink in den Augen. Die wesentlichen Lokalisationen der Spurenelemente sind Leber, Muskulatur und Nieren, der Gehalt dieser Organe ist aber nicht repräsentativ für den Gehalt des gesamten Körpers eines Spurenelements /1, 2/.

Die Ausscheidung der Spurenelemente ist sehr different, einige werden bevorzugt mit dem Urin, andere mit dem Stuhl ausgeschieden und wieder andere auch mit dem Schweiß.

Störungen im Haushalt essentieller Spurenelemente kommen vor durch /1, 2/:

  • Mangel wie er bei Darmerkrankungen und chronischer Diarrhoe oder Nahrungs bedingt auftritt. Nahrungs bedingte Mangelzustände sind in Entwicklungsländern häufig, in den Industrieländern seltener und wenn, bei älteren Menschen bevorzugt anzutreffen. In einer Wiener Studie /4/ wurden in einer nicht selektierten Gruppe von 1.750 Personen die essentiellen Spurenelemente gemessen. Insgesamt wiesen 91,5 % den Mangel an einem oder mehreren der drei essentiellen Spurenelemente Zink, Selen und Molybdän auf. Als Ursache wird ein erhöhter Verbrauch angenommen, da die essentiellen Spurenelemente durch aus der Umwelt aufgenommene konkurrierende toxische Elemente von ihrem Wirkort und ihren Bindungsstellen verdrängt werden.
  • Imbalance auf Grund Übertritts des Spurenelements in ein drittes Kompartiment (Pleuraerguss, Ascites) oder die Behinderung bei der enteralen Absorption durch ein anderes Spurenelement, das in erheblich größerer Menge vorliegt. So behindert eine hohe Zufuhr von Zink die Absorption von Kupfer.
  • Toxische Konzentrationen. Spurenelemente können bei schwerer Niereninsuffizienz akkumulieren oder bei Zufuhr als Medikament, abhängig von der Galenik, in erhöhter Menge aufgenommen werden.

10.1.3 Indikation

Dort wo durch klinische Symptome der Verdacht auf einen Mangel oder die Belastung mit Spurenelementen besteht ist die Indikation zur Bestimmung nicht schwer.

Klinische Symptome und Erkrankungen mit Verdacht:

Bei folgenden Erkrankungen besteht prinzipiell der Verdacht auf eine Mangelversorgung /5/:

  • Störungen der enteralen Absorption (Malabsorptions-Syndrom, Pankreasinsuffizienz, Darmresektion, Colitis ulcerosa, chronische Durchfälle, aktive Lebererkrankungen, Alkoholabusus, vegetarische Kost).
  • Chronische Niereninsuffizienz.
  • Schwangerschaft, Stillzeit, Wachstumsphase, Rekonvaleszenz, Hochleistungssport.
  • Parenterale Ernährung.
  • Unkontrollierte Supplementation von Elementen, z.B. durch Interaktionen bei der Resorption.
  • Störung der Wundheilung, Immunschwäche, rezidivierende Dermatitis, Insulinresistenz.

Bei folgenden Bedingungen besteht prinzipiell der Verdacht auf eine Belastung /2/:

  • Chronische Zufuhr von Spurenelementen in hoher Dosierung.
  • Genetisch bedingte Erkrankungen (M. Wilson, Menkes-Syndrom, M. Whipple, Acrodermatitis enteropathica, Phenylketonurie, Ahornsirupkrankheit).

10.1.4 Bestimmungsmethode

Beispiele von Methoden in Routinelaboratorien:

  • Atomic emission spectrophotometry (AES) with electrothermal (ET-AES) or flame technology (F-AES)
  • Flame atomic emission spectrophotometry (F-AES)
  • Flame atomic emission spectrophotometry with inductively coupled plasma-mass spectrometry (ICP-MS)
  • Optical emission spectrophotometry with inductively coupled plasma (ICP-OES)
  • Voltammetry (VOLT).

Beispiele von Methoden in wissenschaftlichen Labors:

  • Neutron activation analysis (NAA)
  • Mass spectrometry with inductively coupled plasma (ICP-MS)
  • Differential pulse cathodic stripping voltammetry (DPCSV) or differential pulse anodic stripping voltammetry (DPASV)
  • Proton induced X-ray emission spectrometry (PIXE)
  • X-ray fluorescence analytic (RFA)
  • Wave length disperse X-ray fluorescence spectrometry.

10.1.5 Untersuchungsmaterial

Serum, EDTA Plasma, EDTA Blut: 5 ml

Die Entnahme sollte in ungefärbten Monovetten oder Containern aus Plastik erfolgen. Die Probennahme sollte morgens am nüchternen Patienten vorgenommen werden, optimal ist die Blutentnahme mit einem Plastikbesteck.

24 h-Sammelurin, gesamtes Volumen im Labor abgeben. Die Innenflächen des Sammelcontainers aus Plastik sollten mit konzentrierter Salzsäure oder Salpetersäure (50 ml in 2–3 Liter Container) gespült und die Säure mit destilliertem Wasser ausgewaschen werden. Der Patient soll direkt in den Container urinieren.

10.1.6 Bewertung

Der Status der Spurenelemente wird in der Regel an Hand ihrer Konzentrationen in Serum, Plasma und Vollblut bewertet. Die Befundung der Messwerte sollte unter Berücksichtigung biologischer Einflussgrößen erfolgen, wie z.B. /6/:

  • Hormonellen Einflüssen, die unterschiedlich während Kindheit, Pubertät, Schwangerschaft, im Erwachsenen- und Seniorenalter sind.
  • Inflammation und Gewebeschädigung, die zur Umverteilung von Spurenelementen zwischen Plasma und Gewebe führen können /7/.
  • Nierenversagen oder Diabetes mellitus, die zur Verschiebung der Konzentration von Spurenelementen zwischen Plasma und Blutzellen führen können /89/.

Essentielle Spurenelemente haben in vielen Wegen des Stoffwechsels eine wichtige Bedeutung. Mehr als 300 Enzyme der 6 Enzymkategorien benötigen die Spurenelemente Zink (Zn), Kupfer (Cu) und Selen (Se).

  • Zink ist bedeusam für mitochondriale Enzyme, z.B. zur Bildung von ATP, zur Oxidation von Fe2+ zu Fe3+ und bei der Bildung von Bindegewebe.
  • Selen spielt eine Rolle im antioxidativen System und in der Funktion der Schilddrüse.

Ein intensivierter Stoffwechsel kann zur kurzfristigen Änderung von Spurenelementen im Blut und den Organen führen. So kommt es in Folge von Verbrennungen oder durch operative Eingriffe, vielfach zu einem schnellen Abfall der Konzentration von Zink und Eisen im Plasma, während ein gesteigerter Metabolismus oder eine Inflammation zum hohen Gehalt in Geweben führt /10/.

Im Gegensatz zu klinisch chemischen Markern reflektieren die Konzentrationen der Spurenelemente im Blut die biochemischen Prozesse in den Organen nur eingeschränkt. Ursache ist, dass der Gehalt in weiten Bereichen homöostatisch reguliert wird und zu dem von zahlreichen komplexen Einflüssen abhängig ist. Veränderungen der Konzentrationen im Blut werden zumeist erst dann erkannt, wenn bereits erste Symptome des Mangels auftreten.

10.1.6.1 Mangel an Spurenelementen

Zahlreiche Spurenelemente werden bei einem Mangel vermehrt absorbiert und vermindert ausgeschieden. Diese Regulation der Homöostase scheint für kationische Spurenelemente wie Eisen, Kupfer, Chrom, Zink stärker ausgeprägt zu sein als für anionische wie Fluor, Jod, Arsen und Selen /11/.

Auf Grund der zahlreichen Funktionen der Spurenelemente in allen Bereichen des Stoffwechsels kommt es bei einem Mangel meist zu unspezifischen allgemeinen Symptomen, zumal bei unzureichender Aufnahme oder Verlust über die Nieren oder den Darm vielfach alle Spurenelemente betroffen sind. Spezifische klinische Mangelsymptome und Krankheitsbilder treten erst bei einem hohen Defizit an einem Spurenelement auf /1/. Definitionen für den Bedarf an Spurenelementen zeigt Tab. 10.1-5 – Definitionen für den Bedarf von Spurenelementen.

10.1.6.2 Toxizität von Spurenelementen

Alle Spurenelemente können, wenn sie im Organismus stark akkumulieren zu Schädigungen führen /3/. Da der Bestand an essentiellen Spurenelementen durch Anpassung der Rate von Absorption und Elimination konstant gehalten wird, kommt es auf physiologischem Wege selten zu chronischen oder akuten Vergiftungen. Die meisten Ursachen sind genetisch bedingt oder beruhen auf einer akzidentellen, homocidalen oder suicidalen Einnahme oder Beibringung. Die Symptome einer chronischen Belastung, beispielsweise Übelkeit, Erbrechen, Krämpfe und Durchfälle, sind ebenfalls diffus, Element spezifische Erscheinungen treten nur bei akuter Intoxikation auf (Tab. 10.1-4 – Symptome, die auf eine bestimmte chronische Spurenelement Belastung hinweisen).

10.1.6.3 Bestimmung wichtiger Spurenelemente

Viele essentielle Spurenelemente sind Bestandteil funktioneller Gruppen von Schlüsselenzymen. Obwohl ihre Konzentration im Plasma nicht den Körperstatus des Spurenelements akkurat reflektiert, wird ihre Konzentration doch häufig gemessen, meist in Kombination mit anderen Indices wie z.B. der Enzymaktivität oder dem Gewebegehalt, um einem Mangel oder eine Toxizität festzustellen, insbesondere wenn angeborene Störungen vorliegen.

Da Kupfer, Zink und Selen wichtige Komponenten antioxidativ wirkender Enzyme wie der Glutathionperoxidase, der Superoxiddismutase und der Katalase sind, spielen sie eine wichtige Rolle in der Pathogenese von malignen Tumoren und der koronaren Herzkrankheit und sind auch in die Lipidperoxidation involviert.

10.1.7 Hinweise und Störungen

Präanalytik

Durch Kontaminationen oder Analytverluste bei den Arbeitsschritten der Gewinnung, Aufarbeitung und Lagerung des Probenmaterials kann es zu Differenzen der Konzentration von Spurenelementen mit bis zu einer Zehnerpotenz kommen. Je niedriger der Gehalt eines Elements in der Probe im Verhältnis zu seinem Umweltgehalt ist, desto stärker beeinflussen Verunreinigungen das Ergebnis. Eine hohe Gefahr der Kontaminations besteht z.B. für Zn, Cr, Mn und Ni /12/.

Blutentnahme

Zur Vermeidung von Verunreinigungen bei der Blutentnahme sollten kommerziell erhältliche von Spurenelementen freie Punktionsbestecke und Sicherheitsmonovetten eingesetzt werden, die EDTA oder Lithiumheparinat enthalten. Falls keine metallfreien Systeme zur Verfügung stehen ist, wenn die Konzentration bestimmt werden soll Serum als Probenmaterial vorzuziehen, da Antikoagulantien zur Plasmagewinnung hohe Mengen an Elementen enthalten können. Die Spurenelement Kontaminationen im Abnahmesystem (Monovetten, Braunülen oder beschichtete Nadeln) sind zu überprüfen /13/, Stahlnadeln können zur Blutabnahme nicht eingesetzt werden. Auf keinen Fall dürfen die ersten 5 ml Blut für die Elementanalyse verwendet werden.

Untersuchungsgut

Serum/Plasma

Die Werte essentieller Spurenelemente unterscheiden sich nicht im Serum und Plasma.

Urin

Urinproben sind zur Diagnose einer Mangelversorgung essentieller Spurenelemente ungeeignet, denn bei niedriger Ausscheidung kann nicht zwischen einer bestehenden Mangelversorgung und einer verminderten aktuellen Aufnahme unterschieden werden /14/. So ist z.B. eine hohe Ausscheidung von Zink mit dem Urin auch bei Mangel an Zink möglich. Im Rahmen arbeitsmedizinischer Untersuchungen kann die renale Ausscheidung jedoch die Belastung durch toxische Schwermetalle charakterisieren, da die Risikoabschätzung hier nicht zwischen aktueller und chronischer Exposition unterscheiden muss.

Haare und Nägel

Der Elementgehalt in Haar- und Nagelproben besitzt bei toxikologischen oder forensischen Fragestellungen eine gewisse Aussagekraft, ist jedoch zur Erkennung des Versorgungsstatus an essentiellen Elementen nicht verwertbar /15/. Einflussgrößen bei der Bewertung sind die Variabilität in Aufbau und Stoffwechsel des Haars, externe Ablagerungen von Elementen und Kontaminationen der Probe bei der Aufarbeitung der Proben.

Tränenflüssigkeit, Liquor, Speichel, Muttermilch

Diese Untersuchungsmaterialien eignen sich nur eingeschränkt als Marker des Status der Spurenelemente. Neben analytischen Störfaktoren sind zahlreiche biologische Einflüsse auf den Elementgehalt dieser Materialien bekannt, und eine verlässliche Beziehung zur Versorgungslage ist nicht nachgewiesen.

Probenaufarbeitung

Alle Materialien für die Aufarbeitung und Lagerung von Proben, aus denen Elemente mit hohem Umweltgehalt bestimmt werden, wie Gefäße, Messcups und Spitzen von Pipetten, sind zur Reinigung über Nacht mit 1 %iger Salpetersäure zu behandeln und anschließend dreimal mit Spurenelement freiem Wasser zu spülen und frei von Kontamination zu trocknen. Unter Umständen kann es nötig werden, unter extrem aufwändigen Reinraumbedingungen zu arbeiten. Quellen der Proben- oder Kontamination der Reagenzien sind neben Staub und Rauch in der Umgebung auch Kosmetika oder Schweiß, die etwa durch Berührung von Pipettenspitzen in Proben gelangen. Neben dem kontaminationsfreien Arbeiten ist eine sorgfältig durchgeführte interne Qualitätskontrolle wichtig.

Bestimmungsmethode

Die Neutronenaktivierungsanalyse (NAA) ist die empfindlichste und zuverlässigste Methode zur Bestimmung von Elementen bis in den Bereich Sub-ppb und daher als Referenzmethode unverzichtbar. Ein hoher Probendurchsatz ist möglich, außerdem besitzt die NAA den breitesten Messbereich der Verfahren. Die NAA ist jedoch sehr zeit- und kostenintensiv und auch Standort gebunden.

Für die Routine steht die Atomabsorptionsspektrometrie mit ihren Varianten (ET-AES und F-AES) und verschiedene Techniken zur Untergrundkorrektur (Deuteriumlampe oder Zeeman-Effekt) an erster Stelle der analytischen Verfahren. Diese Verfahren ermöglichen zumeist eine einfache der Vorbereitung der Proben, denn Vollblut, Plasma oder Urin können nach Verdünnung direkt und ohne Probenaufschluss zur Messung eingesetzt werden.

Biologische Variation

Eine Übersichtspublikation zur individuellen und inter-individuellen biologischen Variation von Cu, Zn und Se, bestimmt mittels Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma, hat gezeigt, dass zur Verbesserung der biologischen Variation noch einiges getan werden muss /9/.

Biologische Variation

Eine Übersichtspublikation zur individuellen und inter-individuellen biologischen Variation von Cu, Zn und Se, bestimmt mittels Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma, hat gezeigt, dass zur Verbesserung der biologischen Variation noch einiges getan werden muss /9/.

Störfaktoren

Chemische, physikalische und spektrale Interferenzen können die Analytik von Spurenelementen stören /16/. Hauptprobleme sind Einflüsse und Unterschiede in der Matrix zwischen Referenz- und Kalibrationsmaterialien und den Patientenproben. Spektrale Interferenzen können gut durch Einsatz einer Untergrundkorrektur mit Kontinuumstrahler oder Zeeman-Effekt korrigieren (Bauteile der AES). Eine zusätzliche Möglichkeit, die Signale störender Atome zu kompensieren, ist die Wahl eines geeigneten Kalibrationsverfahrens /17/. Interferenzen durch physikalische und chemische Eigenschaften der Probenmatrix können durch Zusatz von Tensiden oder Modifiern minimiert werden.

10.1.8 Physiologie

Der Transport von Spurenelementen im Blut erfolgt durch Metalloproteine. Sie sind entweder Transportproteine für Spurenelemente mit unterschiedlicher Spezifität, wie Albumin für Cu, Ni und Zn und Transferrin für Cr, Fe, Mn, Zn, oder sie wirken mit hoher Spezifität als Kontrollproteine. Metalloproteine regulieren die Bindung bzw. Freigabe von Spurenelementen und steuern auf diese Weise Spurenelement abhängige Prozesse. Das bekannteste Metalloprotein ist Metallothionein, das neben geringen Mengen an Cu und Cd im wesentlichen Zink bindet und eine zentrale Stellung im Stoffwechsel verschiedener Organe hat /18/. Eine weitere Funktion der Metalloproteine besteht in der Bindung toxischer Metalle und somit dem Schutz des Organismus vor deren Wirkung.

Spurenelemente haben folgende biochemische Funktionen:

  • Struktur stabilisierend: Zu diesen Funktionen gehört die Erhaltung der Quartärstruktur von Enzymen und die Kontrolle der Integrität von Biomembranen und Strukturen durch Mercaptidbildung. So sind die Spurenelemente in den Metalloenzymen koordinativ gebunden und bei ihrer Herauslösung geht die katalytische Funktion des Enzyms verloren. Metalloenzyme haben wichtige Funktionen im Schutz der Zellen vor freien Sauerstoffradikalen, z.B. die Kupfer/Zink- oder Mangan-abhängige Superoxiddismutase oder die Selen abhängige Glutathionperoxidase.
  • Katalytische Funktion (Tab. 10.1-6 – Spurenelemente mit katalytischer Funktion). Spurenelemente spielen als Koenzyme oder prosthetische Gruppe eine wichtige Rolle in der Aktivierung von Enzymen. So lagern sie sich als Kofaktoren reversibel an ein Apoprotein und generieren dadurch die strukturelle Voraussetzungen für die Erkennung, Bindung und chemische Umsetzung des Substrats. Hydrolasen sind Beispiele für diese Art der katalytischen Wirkung in Anwesenheit von Co, Cu, Fe, Mn, Se oder Zn.
  • Regulatorischen Einfluss. Dieser betrifft die Freisetzung von Insulin, von Sexual- und Wachstumshormonen, sowie Vorgänge im Immunsystem wie Auslösung der zellulären Immunität, der Reaktion von Antikörpern, der Phagozytenaktivität und die Aktivierung des Komplementsystems /19/.

Literatur

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10.2 Chrom (Cr)

Lothar Thomas

Chrom ist ein Übergangselement und kommt in verschiedenen Valenzstadien vor. Das am stärksten oxidierte Valenzstadium ist hexavalentes Chrom, das instabil und für den Organismus toxisch ist. Es ist diese Form, die in der Arbeitsmedizin für toxische Schädigungen bekannt ist. Die biologisch aktive und stabile Form ist das trivalente Chrom. Es ist Bestandteil der Nahrungsmittel und kommt auch in organischen Komplexen, z.B. mit Nikotinsäure vor. Ob Chrom auf die Liste der essentiellen Spurenelemente gehört ist fraglich /1/.

10.2.1 Indikation

Verdacht auf Mangel an Chrom bei:

  • Gestörter Glucosetoleranz, z.B. bei schlechter Einstellbarkeit Insulin pflichtiger Diabetiker.
  • Schwangerschaft und Laktation.
  • Diät mit hohem Anteil an Balaststoffen.

Verdacht auf Intoxikation bzw. Belastung mit Chrom:

  • Exposition mit hexavalentem Chrom am Arbeitsplatz.
  • Nach Implantation einer metallischer Hüftprothese.
  • Langfristige totale parenteraler Ernährung.

10.2.2 Bestimmungsmethode

Siehe Beitrag 10.1.4 – Bestimmungsmethode.

10.2.3 Untersuchungsmaterial

  • Serum/Plasma: Empfohlene Blutentnahme mit me- tallfreiem Abnahmesystem (Punktionskanüle) und Monovette mit Lithium-Heparinat für Plasma: 2 ml
  • Vollblut (Lithium-Heparinat) bei Verdacht auf Intoxikation mit hexavalentem Chrom: 5 ml
  • 24 h Sammelurin nach Belastung mit Glucose und/oder Insulin; gesamten Urin im Labor abgeben.

10.2.4 Referenzbereich

Serum/Plasma

< 10 nmol/l

< 0,5 μg/l

*

Vollblut

10–75 nmol/l

0,5–3,7 μg/l

Urin

< 13 nmol/24 h

< 0,7 μg/24 h

* Nachweisgrenze, Umrechnung: μg/l × 19,2 = nmol/l

Siehe auch Lit. /2, 3, 4/

10.2.5 Bewertung

Die Präsenz von Chrom ist im Organismus wichtig, denn es koordiniert normale Funktionen durch Mitregulation metabolischer Transformationen zur Aufrechterhaltung einer normalen Konzentration von Glucose und Cholesterin im Blut. Chrom hat einen Einfluss auf den Stoffwechsel von Fetten, Proteinen den Kohlenhydraten.

10.2.5.1 Mangel an Chrom

Zur Diagnostik und Therapie Mangelzuständen des Chroms ist nur die Bestimmung des trivalenten Chroms von Bedeutung. Nach der National Academy of Sciences der USA liegen keine klinischen Zeichen eines Mangels vor, wenn der tägliche Gehalt der Nahrung an Chrom 35 μg, entsprechend einer Menge von 0,5 μg/kg Körpergewicht, nicht unterschreitet. Die enterale Absorption beträgt nur 0,4–2,5 % dieser Menge. Eine geringere Aufnahme führt zu einer erhöhten Absorptionsrate, während eine erhöhte Aufnahme diese reduziert.

10.2.5.1.1 Ursachen mit Chrommangel

Diabetes mellitus

Studien haben gezeigt, dass bei Patienten mit Mangel an Chrom durch Substitution des Chroms pathologische Glucosewerte sich besserten. Den Vorschlag Diabetiker mit einem des Chrom-Nikotin (3-Carboxypyridin) Komplex (Chrompicolinat), das zu 50 % enteral absorbiert wird, zu behandeln wurde von der US Food and Drug Administration aus Mangel an glaubwürdiger Evidenz abgewiesen.

Das Chrom enthaltende traditionelle Medikament Tianamai Xiaoke (TMXKT) wird in China in Tablettenform empfohlen zur Behandlung des frühen Diabetes Typ 2. In einer Studie /5/ war die Wirkung von TMXKT positiv in Kombination mit der westlichen Diabetesbehandlung in der Verbesserung des 1 Std-. und 2 Std.-Glucosewertes, der Senkung von HbA1c und zur Reduzierung des Body mass index bei diesen Patienten.

Schwangerschaft

Ein erhöhter Bedarf an Chrom besteht bei Frauen mit mehreren Schwangerschaften in kurzer Folge und auch durch das Stillen.

Akute und chronisch aktive Infektionen

Ein Mangel der Gewebe an Chrom kann resultieren auf Grund einer Transportstörung. Chrom wird an Transferrin gebunden in die Gewebe transportiert und Transferrin ist ein negatives Akute-PhaseProtein.

Metabolischer Stress

Glucosebelastung führt innerhalb der folgenden 2 h zu einer verstärkten renalen Ausscheidung von Chrom.

10.2.5.2 Toxizität von Chrom

Die Toxizität von Chrom hängt von seiner Valenz ab. Vier-, fünf- und insbesondere sechswertiges Chrom sind Karzinogene, wirken ätzend und verursachen eine Kontaktempfindlichkeit. Primäre Zielorgane sind die Atemwege, die Lungen und die Nieren (Tab. 10.2-1 – Toxizität von Chrom). Hexavalentes Chrom in Staub ist mit Kontaktdermatitis und Lungenkarzinom assoziiert. Oral aufgenommenes trivalentes Chrom hat kaum toxische Wirkung, da es schlecht absorbiert wird. Die karzinogene Wirkung von hexavalentem Chrom auf den Gastrointestinaltrakt ist aber gering. So ergab eine Metaanalyse /6/, die Daten von 1950–2009 erfasst hat, für enterale Krebslokalisationen folgende Mortalitätsratios gegenüber nicht exponierten Personen: Mundhöhlenkrebs 1,02; Ösophagus 1,17; Magen 1,09; Kolon 0,89; Rektum 1,17.

10.2.6 Hinweise und Störungen

Präanalytik

Durch die hohe Konzentration der Umwelt an Chrom ist das Risiko für eine Kontamination bei der Probennahme, Urinsammlung für 24 h, Lagerung und Probenvorbereitung erheblich.

Stabilität

Proben gut verschlossen bei 4 °C für 2 Wochen.

10.2.7 Pathophysiologie

Die Aufnahme von Chrom sollte nach Empfehlungen des Food Nutrition Board der USA bei Kindern bis zu 8 J. 15 μg/Tag bei Kindern bis 13 J. 25 μg/Tag, im Alter von 14–18 J. 35 μg/Tag und bei Erwachsenen 35 μg/Tag betragen. Der Körperbestand an Chrom beträgt 10–20 mg und ist vorwiegend auf Knochen, Leber und Milz verteilt. Im Blut wird Chrom an Transferrin und Albumin gebunden transportiert und kompetiert mit Eisen um die Bindungsstellen am Transferrin. Bei der Akute-Phase Reaktion reguliert die Leber die Transferrinsynthese herunter, als Folge sind Chrom und Eisen im Plasma erniedrigt. Bei Hämochromatose behindert die exzessive Besetzung des Transferrins mit Eisen den Transport von Chrom, eine potentielle Ursache der verminderten Glucosetoleranz bei dieser Erkrankung.

Bei einigen Patienten mit trivalentem Mangel an Chrom kommt es zu Diabetes ähnlichen Symptomen mit erhöhten Konzentrationen von Glucose, Insulin, Triglyzeriden und Cholesterin im Blut, die durch eine Substitution von Chrom reversibel sind /7/. Nach neueren Vorstellungen /8/ entfaltet Chrom eine Wirkung am Insulinrezeptor. Wird dieser durch seinen Liganden Insulin aktiviert, gelangt Chrom in die Zelle und bindet an ein niedrig molekulares Peptid unter Bildung eines LMWCr-Komplexes. Dieser erhöht die Aktivität des Rezeptors, wird von der Zelle freigesetzt und inaktiviert, wenn die Glucose im Plasma normale Konzentrationen erreicht.

Hexavalentes Chrom ist ein respiratorisch wirkendes Karzinogen, das ein breites Sprektrum von DNA-Brüchen verursacht und somit genotoxische und mutagene Effekte hat. Es verbleibt längere Zeit in den Lungen und ist, besonders in den Oberlappen noch nachweisbar, auch wenn die Chrom Exposition nicht mehr besteht. Deshalb ist es wichtig das Arbeiten mit Chromsäure in Galvanisierungsbetrieben auf ein Minimum zu beschränken /9/.

Hexavalentes Chrom gelangt in die Zelle über unspezifi-sche Anionenkanäle und wird dort durch Ascorbinsäure, Glutathion und Cystein auf niedrigere Valenzstufen bis zum trivalenten Chrom reduziert. Letzteres zeigt nur eine geringe Permeabilität und bleibt in der Zelle gefangen. Dort bildet es DNA Addukte und führt zu Strangbrüchen von DNA, dysregulierten DNA-Reparationsmechanismen, Mikrosateliten Instabilität, inflammatorischen Antworten und zerstört regulatorische Gennetzwerke, die für die Balance von Überleben und Apoptose der Zelle verantwortlich sind /10/.

Chrom hat eine Wirkung auf den Knochen durch Modulation der biochemischen Marker. Mit zunehmender Anhäufung von Chrom im Skelett vermindert sich die Aktivität der alkalischen Phosphatase und somit ist die Knochenbildung gestört. In einer Studie /13/ ergab die Untersuchung von Chrom in verschiedenen Teilen des Kniegelenks die höchste Konzentration im femoralen Teil des Knies und den niedrigsten im tibialen Teil.

Literatur

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10.3 Cobalt (Co)

Lothar Thomas

Co ist ein stahlgraues, glänzendes, hartes Metall, das hauptsächlich als Bestandteil von Legierungen und für die Herstellung von Lacken und Farben Verwendung findet. Am Aufbau der Erdkruste ist Co mit 3,7 × 10–3 % beteiligt. In seinen Verbindungen tritt Co vorwiegend 2- und 3 wertig auf. Während zweiwertige Co-Verbindungen beständig sind, bildet dreiwertiges Co unbeständige Salze.

10.3.1 Indikation

  • Verdacht auf Mangel an Co bei makrozytärer Anämie und Neuropathie.
  • Verdacht auf Intoxikation am Arbeitsplatz.
  • Nach Implantation metallischer Hüftprothese.

10.3.2 Bestimmungsmethode

Siehe Beitrag 10.1.4 – Bestimmungsmethode.

10.3.3 Untersuchungsmaterial

  • Plasma: Empfohlene Blutentnahme mit metallfreiem Abnahmesystem (Punktionskanüle) und Monovette mit Lithium-Heparinat: 1 ml
  • Serum oder Vollblut: 1 ml
  • 24 h-Sammelurin unter Angabe des Volumens: 10 ml

10.3.4 Referenzbereich

Serum, Plasma

< 10 nmol/l

< 0,6 μg/l1

Vollblut

8,5–66 nmol/l

0,5–3,9 μg/l

Urin

< 26 nmol/24 h2

< 1,5 μg/24 h2

1 Nachweisgrenze; 2 Bezogen auf 1,5 l-Tagesausscheidung

Umrechnung: μg/l × 17,0 = nmol/l

Siehe auch Lit. /1/

10.3.5 Bewertung

Co ist Bestandteil des essentiellen Vitamins B12 und für den Menschen lebensnotwendig. Der Bedarf an Co wird durch eine normale (ausgewogene) Nahrung gedeckt; 1,5 μg Vitamin B12 pro Tag.

10.3.5.1 Cobalt-Mangel

Der Mangel an Co ist nahezu immer mit einem Vitamin B12-Mangel assoziiert /2/. Ein Mangel liegt bei Werten im Plasma unter 5 nmol/l vor /3/. Ursachen des Co-Mangels sind eine geringe Aufnahme von Vitamin B12 aus der Nahrung. Vitamin B12 ist vornehmlich in Fleisch, Fisch, Eiern, Innereien, Milch- und Milchprodukten vorhanden. Pflanzliche Lebensmittel enthalten nur wenig Vitamin B12. Es ist deshalb nicht möglich den Bedarf an Co und Vitamin B12 auf rein pflanzlicher Basis zu decken. In Industrieländern ist für einen Vitamin B12 Mangel die Fehlernährung eine häufigere Ursache als die Mangelernährung. Gründe sind der Verzicht auf tierische Lebensmittel durch vegane Lebensweise, Essstörungen, Alkoholismus, Obdachlosigkeit und Verpflegung im Altenheim. Weitere Ursachen sind ein Mangel an Intrinsicfaktor auf Grund atrophischer Gastritis oder Teilresektion des oberen Dünndarms. Ein Mangel an Vitamin B12 verursacht durch einen primären Co-Mangel ist selten. Klinische Symptome des Vitamin Mangels an B12 sind makrozytäre Anämie und Neuropathie. Weiterführend siehe Beitrag 13.3 – Vitamin B12 (Cobalamin).

10.3.5.2 Toxizität von Cobalt

Traditionell sind Nickel, Co und Chrom die häufigsten Kontaktallergene und 1–3 % der Bevölkerung haben eine Co- oder Chromallergie /4/.

Vergiftungen mit Co kommen in der Email-, Glas und Keramik Industrie vor. Symptome sind:

  • Bei akuter Vergiftung krampfartige Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen.
  • Bei der chronischen Vergiftung eine Polyzythämie, Unterfunktion der Schilddrüse sowie kardiale und pulmonale Insuffizienz.

Das dyshydrotische Ekzem soll aus einer Belastung des Organismus mit Co oder Nickel resultieren und eine an Co arme Ernährung wird empfohlen /5/.

Co nach Implantation einer metallischen Hüftprothese siehe Tab. 10.2-1 – Toxizität von Chrom.

10.3.6 Hinweise und Störungen

Präanalytik

Durch die hohe Umweltkonzentration von Co ist das Risiko für eine Kontamination bei der Probennahme, Lagerung und Probenvorbereitung erheblich.

Referenzbereich

Die Referenzbereichswerte von Co liegen in der Regel in allen Untersuchungsmaterialien an der unteren Nachweisgrenze der Verfahren. Die Diagnose einer Mangelversorgung ist daher aus technischen Gründen, aber auch wegen der großen Gefahr der Verunreinigung des Probenmaterials, sehr problematisch.

Stabilität im Serum/Plasma

Proben gut verschlossen bei 4 °C 2 Wochen haltbar.

Haarmineralanalyse

Zum Einsatz von Haaren als Untersuchungsgut für den Co-Status fehlen grundlegende Daten.

10.3.7 Pathophysiologie

Nach Absorption im Ileum wird Cobalamin (Vitamin B12) an das Transportprotein Transcobalamin gebunden, dass das Cobalamin zu allen metabolisch aktiven Zellen transportiert /6/. Bei Passage der Leber werden 80–90 % des Cobalamins an das Protein Haptocorrin gebunden und dann als Cobalamin-Transcobalamin Komplex wieder in das Plasma entlassen oder als Cobalamin-Haptocorrin Komplex in die Galle sezerniert.

Die zelluläre Aufnahme des Cobalamin-Transcobalamin Komplexes erfolgt durch Bindung an einen Rezeptor der Zellmembran und dann wird der Komplex durch Endozytose in das Zytoplasma überführt /7/. Transcobalamin wird in den Lysosomen degradiert und das Cobalamin in folgende Kofaktoren umgewandelt (siehe auch Kapitel 13 – Vitamin B12):

  • Methylcobalamin, ein Kofaktor des zytosolischen Enzyms Methioninsynthase. Das Enzym katalysiert die Transformation von Homocystein in Methionin unter Verwendung von N5-Methyltetrahydrofolat, deshalb ist Homocystein bei Cobalaminmangel erhöht.
  • Das mitochondriale Enzym Methy-malonyl CoA-Mutase. Das Enzym katalysiert die Transformation von Methylmalonyl CoA in Succhinyl CoA unter Verwendung von 5'Desoxyadenosylcobalamin als Kofaktor. Eine erhöhte Konzentration von Methylmalonsäure ist die Folge einer Blockierung dieses Weges bei Cobalaminmangel.

Auf Grund der beschrieben Wirkung als Kofaktor ist Cobalamin wichtig für die Übertragung von C1-Bruchstücken im Remethylierungskreislauf (siehe Kapitel 13 – Vitamin B12). Die klinischen Symptome des Cobalamin Mangels sind eine makrozytäre Anämie und Neuropathie. Cobalamin kann vom menschlichen Organismus nicht synthetisiert werden, sondern nur von Bakterien und ist deshalb für den Menschen essentiell.

Der Körperbestand an Co beträgt 2–5 mg und ist hauptsächlich auf Leber, Niere, Muskel und Knochenmark verteilt /1/. Zur Erhaltung des Vitamin B12 Speichers der Leber, der ausreichend ist für den Bedarf von 5–10 Jahren /8/, wird eine tägliche Zufuhr von 3 μg Vitamin B12 empfohlen /9/.

Von dem in der Nahrung befindlichen Co werden 90 % über den Stuhl wieder ausgeschieden. Interaktionen mit Eisen und Mangan bei der enteralen Absorption können zu einer Verminderung der Versorgung führen. Eine vermehrte Aufnahme wird renal wieder ausgeschieden.

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10.4 Kupfer (Cu)

Lothar Thomas

Nach Eisen und Zink ist Kupfer das dritthäufigste Spurenelement im Organismus. Es kommt in monovalenter (Cu+) und divalenter (Cu2+) Form vor. Cu+ schwer wasserlöslich, in biologischen Systemen liegt vorwiegend Cu2+ vor. Kupfer ist in spezifische Proteine integriert, die beteiligt sind am mitochondrialen Prozessen wie dem Elektronentransport und der Atmung, dem Dopaminmetabolismus, der Eisenhomöostase, der Bindegewebsbildung, der Melaninbildung und der Amidierung von Peptiden /1/. Als Übergangsmetall spielt Kupfer eine wichtige Rolle im antioxidativen System der Zelle.

10.4.1 Indikation

Verdacht auf nutritiven Mangel an Kupfer /2/:

  • Eisen-refraktäre Anämie mit Neutropenie.
  • Totale parenterale Ernährung.
  • Menkes-Syndrom.

Verdacht auf Toxizität von Kupfer /2/:

  • Intoxikation von Kupfer.
  • Morbus Wilson.

10.4.2 Bestimmungsmethode

  • Direkte elektrothermale Atomemissionsspektrometrie (ET-AES) /3/.
  • Flammen-Atomemissionsspektroskopie (F-AES)
  • Photometrie von sulfoniertem Bathocuproin /4/.

Prinzip des Bathocuproin Verfahrens: Serumkupfer wird aus seiner Proteinbindung freigesetzt, zu Cu+ reduziert und mit Bathocuproindisulfonat zu einem Farbkomplex umgesetzt (für Kupfer im Urin ungeeignet).

10.4.3 Untersuchungsmaterial

  • Plasma oder Serum: je 1 ml
  • 24 h Sammelurin unter Angabe des Sammelvolumens (10 ml konz. Salzsäure in Sammelgefäß vorlegen): 5 ml
  • 24 h Sammelurin nach Gabe von 4 × 250 mg D-Penicillamin zur Diagnostik des M. Wilson: 5 ml

10.4.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 10.4-1 – Referenzbereiche für Kupfer.

Siehe auch Lit. /5, 6, 7/.

10.4.5 Bewertung

Der Gehalt des Organismus an Kupfer beträgt 80–100 mg. In den industrialisierten Ländern enthält die tägliche Nahrung des Erwachsenen 5 mg Kupfer und etwa 40 % werden über den oberen Intestinaltrakt aufgenommen /1/. Die Aufnahme von Kupfer liegt nach dem Third National Health and Nutrition Survey der USA bei 1–1,6 mg/Tag /8/. Die tägliche Kupfer-Aufnahme sollte bei Erwachsenen 20 μg/kg Körpergewicht betragen und bei Kindern 50 μg/kg Körpergewicht /2/. Der mittlere tägliche Bedarf beträgt bei Erwachsenen 0,70 mg und bei Kindern, abhängig vom Alter, 0,26–0,68 mg /9/. Die Absorption von Kupfer nimmt mit der Kupfer-Menge in der Nahrung ab und bei einem Angebot von 7,5 mg/Tag gegenüber 0,8 mg/Tag verdoppelt sich die absorbierte Menge nur /2/. Kupfer ist in großen Mengen in Hülsenfrüchten, Nüssen, Schellfisch, Leber und Schokolade vorhanden /8/. Mit der Nahrung aufgenommenes Cu2+ wird zur Absorption zu Cu1+ reduziert. Überflüssig aufgenommenes Kupfer wird mit der Galle und in geringen Mengen über die Nieren ausgeschieden.

10.4.5.1 Labordiagnostik

Die Beurteilung der Kupfer Konzentration im Plasma oder Serum sollte immer in Zusammenhang mit der Konzentration des Plasmaproteins Coeruloplasmin erfolgen und bei Verdacht auf einen erworbenen Kupfer-Mangel additiv noch die Aktivität der Superoxiddismutase (SOD) in Erythrozyten bestimmt werden /2/. Im Plasma sind 95 % des Kupfers an Coeruloplasmin gebunden und da dies ein Akute-Phase Protein ist steigt bei Inflammation die Kupfer-Konzentration im Plasma an.

Die Konzentration von Kupfer im Plasma zeigt eine zirkadiane Rhythmik mit morgendlichem Maximum, das bei Frauen höher ist als bei Männern und mit dem Alter zunimmt. Die Kupfer Werte sind höher bei Therapie mit Östrogenen, Schwangerschaft, Inflammation und Stress. Sie sind tendenziell erniedrigt unter Therapie mit Kortikosteroiden oder bei endogen vermehrter Synthese von Kortikosteroiden /2/.

Die Kupfer-Ausscheidung im Urin ist ein wichtiges Kriterium zur Diagnostik und der Therapiekontrolle des M. Wilson (siehe auch Beitrag 18.7 – Coeruloplasmin).

10.4.5.2 Kupfermangel

Der Kupfer-Mangel ist entweder angeboren oder erworben. Der angeborene Mangel ist selten und betrifft im Wesentlichen das Menkes Syndrom. Bei der Wilson Erkrankung handelt es sich um einen angeborenen Mangel an Coeruloplasmin. Erworbene Formen des Mangels an Kupfer können beim Malabsorptions Syndrom und bei längerfristiger parenteraler Ernährung auftreten und sind selten durch eine verminderte diätetische Aufnahme von Kupfer bedingt. Wenn ein erworbener Kupfer-Mangel vorliegt, besteht häufig gleichzeitig eine Supplementation mit Zink, Eisen, Fructose oder Chelatbildnern /9/.

Bei Verlust von Coeruloplasmin durch ein nephrotisches Syndrom oder massive Hautverbrennungen ist ebenfalls ein Kupfer-Mangel möglich. Andere Ursachen sind Kurzdarm-Syndrom, Coeliakie, tropische und einheimische Sprue, ileo-jejunaler Bypass und zystische Fibrose. Wesentliche Erkrankungen und Symptome des Cu-Mangels sind aufgeführt in Tab. 10.4-2 – Erkrankungen und Zustände mit Kupfermangel und Kupferüberladung.

Klinische Symptome des Mangels an Kupfer sind hämatologischer Natur (Anämie, Neutropenie, selten Thrombozytopenie) und eine erhöhte Knochenfragilität.

Ein besserer Parameter für den Kupfer Status ist die erythrozytäre Superoxiddismutase (SOD). Sie ist bei einer Kupferdepletion vermindert und nimmt bei einer -repletion wieder zu /10/. Die Aktivität der SOD wird nicht beeinträchtigt durch Einflussgrößen auf die Konzentration von Coeruroplasmin. Die SOD ist bei Mangel an Kupfer erniedrigt und steigt unter Substitution von Kupfer an.

Zur Metallothionein-induzierten Resorptionsstörung von Kupfer kann es durch monatelange Selbstmedikation mit Zink in einer Dosierung von ≥ 50 mg/Tag kommen. Dieser Mechanismus wird zur Therapie des Morbus Wilson durch hohe orale Zinkgaben genutzt.

10.4.5.3 Toxizität von Kupfer

Erhöhte Konzentrationen von Kupfer im Plasma sind meist unspezifisch und haben keine differentialdiagnostische und therapeutische Bedeutung. Sie werden gemessen:

  • Im letzten Drittel der Schwangerschaft und unter Einnahme von Östrogenen (orale Kontrazeptiva oder postmenopausale Hormonsubstitution) auf Grund einer verstärkten Synthese von Coeruloplasmin.
  • Bei inflammatorischen Prozessen mit Akuter-Phase Reaktion wie akuten und chronisch aktiven Entzündungen, metastasierten Tumoren und Infektionen.
  • Bei Diabetes mellitus Typ 1, Pankreasinsuffizienz und chronischer Hepatitis.
  • Bei akuter schwerer Vergiftung mit löslichem Kupfer in Grammengen (tödliche Dosis 10 g). Es kommt zu Hämolyse, Leber- und Nierenschädigung /2/.
  • Bei chronischer Intoxikation durch Kupfer haltiges Wasser oder Aufbewahrung von Nahrungsmitteln und Getränken in Kupfer haltigen Gefäßen.

Erkrankungen mit Kupfer-Belastung sind aufgeführt in Tab. 10.4-2 – Erkrankungen und Zustände mit Kupfermangel und Kupferüberladung.

10.4.6 Hinweise und Störungen

Blutentnahme

Eine zu lange Stauung täuscht erhöhte Kupferwerte vor, da das Element im Blut an Proteine gebunden vorliegt.

Coeruloplasmin-Kupfer

Über 90 % des Kupfers im Plasma liegen an Coeruloplasmin gebunden vor. Beim M. Wilson ist der freie, ungebundene Kupfer-Anteil höher. Die Berechnung des Coeruloplasmin-Kupfers (Cp-Cu) /11/ erfolgt gemäß

  • Cp [mg/l] × 0,34 = Cp-Cu [μg/dl] bzw.
  • Cp [mg/l] × 0,054 = Cp-Cu [μmol/l]

Stabilität im Serum/Plasma

Proben gut verschlossen bei 4 °C 2 Wochen haltbar.

Intraindividuelle Varianz

Varianz Tag zu Tag: CV 5,6 % /12/. Für die Unrichtigkeit der Bestimmung im Serum und Plasma wird ein Wert von 12 % vorgeschlagen /13/.

10.4.7 Pathophysiologie

Kupfer ist eine kritische funktionelle Komponente einer Anzahl essentieller Enzyme wie der Superoxiddismutase im Cytosol, der Cytochrom C-Oxidase in den Mitochondrien und der Tyrosinase und Dopamin β-Hydroxylase der sekretorischen Kompartimente /14/.

10.4.7.1 Absorption von Kupfer

Eine Reihe von Proteinen spielt eine wichtige Rolle in der Aufnahme, der Verteilung und dem Export von Kupfer aus de Zellen /15, 16/.

Diese Proteine sind (Tab. 10.4-3 – Proteine des Kupfermetabolismus/23/:

  • Der hochaffine Kupfer Transporter CTR1.
  • Der niedrigaffine Kupfer Transporter CTR2.
  • Die Cu-Chaperone CCS (Kupfer Chaperon für die Superoxiddismutase 1) und ATOX1 (Antioxidanz-Protein 1).
  • Die Kupfer-Effluxtransporter ATP7A (Cu transporting alpha polypeptide) und ATP7B (Cu transporting beta polypeptide).

Dietätisches Cu2+ muss vor Bindung an den CTR1 der Enterozyten und der enteralen Aufnahme durch die apikale Zellmembran zu Cu1+ reduziert werden. Die Reduktion erfolgt, katalysiert durch unterschiedliche Reduktasen. Die Expression von CTR1 in der apikalen Zellmembran wird durch die Konzentration von Kupfer reguliert. In den Enterozyten verschiebt das Kupfer-Chaperon Antioxidant-1 (ATOX1) das Kupfer zur Kupfer transportierenden ATPase (ATP7A), die Kupfer in das Portalvenenblut abgibt. Beim Auswärtstransport wird intrazelluläres Cu+ zu Cu2+ oxidiert, an α2-Makroglobulin und Albumin gebunden und über den Portalkreislauf zur Leber transportiert. Der intestinale Kupfer-Transport ist dargestellt in (Abb. 10.4-1 – Kupfer- und Eisenaufnahme des duodenalen Enterozyten).

Mutationen im Gen ATP7A resultieren in der Ausbildung der Menkes Erkrankung, eines X-gebundenen rezessiven Mangels an Kupfer.

Bei vermehrter Aufnahme von Kupfer mit der Nahrung wird Kupfer an Metallothionein gebunden und mit dem Stuhl oder vermittels apoptotischer Enterozyten ausgeschieden.

10.4.7.2 Behandlung von Kupfer in der Leber

Über Albumin und α2-Makroglobulin an den Hepatozyten transportiertes Cu2+ wird zu Cu+ reduziert, an den Kupfer-Transporter CTR1 übertragen. CTR1 gibt Cu+ an Chaperone ab, die es an Kupfer-abhängige Enzyme weiterleiten /17/. ATP7B pumpt Kupfer in das Trans-Golgi-Netzwerk wo es in Coeruloplasmin und andere Kupfer-Proteine eingebaut wird. Überschüssiges Kupfer stimuliert die Translokation von ATP7B vom Trans-Golgi-Netzwerke zu den kanalikulären Membranen des Hepatozyten und bewirkt die Ausscheidung in die Galle. Die biliäre Sekretion von Kupfer erfordert die Interaktion von ATP7B mit der COMMDI (Copper metabolism MURR1 domain).

Vier Stunden nach Einnahme von Kupfer sind mehr als 95 % von der Leber aus dem Blutkreislauf entfernt und nach 24 h erscheinen 6–9 % im Coeruloplasmin. Dieses spielt keine essentielle Rolle im Kupfer-Transport und es wird angenommen dass Kupfer, gebunden an Histidin und andere Aminosäuren die Gewebe mit Kupfer versorgt. Bei einer Kupfer-Belastung und vermehrten Absorption wird der Kupfer-Pool des Hepatozyten überlastet und es erfolgt die verstärkte Ausscheidung über die Galle.

Dies geschieht durch die im Überschuss gebildete ATP7B, die bevorzugt im Trans-Golgi-Netzwerk gelegen ist. Sie rezirkuliert bei hohem intrazellulären Gehalt an Kupfer vom Trans-Golgi-Netzwerk zur kanalikulären Membran und bewirkt somit den Transport von Kupfer aus dem Hepatozyten /17/.

10.4.7.2.1 Kupfer und Erythropoese

Rote Blutzellen enthalten 2,5 μg Kupfer pro Gramm. Die Aufnahme erfolgt nach Reduktion von Cu2+ zu Cu1+, katalysiert durch die Metalloreduktasen Steap 2–4, über den Rezeptor CTR1. Im Zytoplasma wird Cu1+ von den CCS-Chaperonen zur SOD1 transportiert. Auch wird Kupfer zu den Mitochondien der Erythroblasten für die Synthese von Kupfer haltigen Enzymen wie der Cytochrom c-Oxidase weitergeleitet. Das Auftreten einer Anämie bei Kupfer Mangel soll auf einer Störung des Eisenstoffwechsels beruhen. Diese betrifft die Schritte der zellulären Aufnahme, der intrazellulären Mobilisation, der Aufnahme in die Mitochondrien und die Hämoglobinsynthese.

10.4.7.3 Kupfer und Enzyme

Kupfer ist Bestandteil vieler Enzyme mit einem breiten Funktionsbereich. Siehe Tab. 10.4-4 – Kupfer-haltige Enzyme und ihre biochemische Funktion.

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10.5 Magnesium (Mg)

Lothar Thomas

Magnesium (Mg) ist mengenmäßig das vierthäufigste Kation /34/ im Organismus und das zweithäufigste intrazelluläre Kation nach Kalium. Nur 1 % des Mg sind in der extrazellulären Flüssigkeit. Die Mg-Fraktionen im Plasma sind in einem Gleichgewicht und umfassen:

  • Ionisiertes Magnesium (Mg2+).
  • Protein-gebundenes Mg, meist an Albumin.
  • Komplex-gebundenes Mg in Salzform als Magnesiumbicarbonat, Magnesiumcarbonat, Magnesiumacetat, Magnesiumphosphat und Magnesiumcitrat.

Mg ist ein Kofaktor in über 600 enzymatischen Reaktionen.

Mg im Plasma existiert in drei Fraktionen:

  • 20–30 % sind an Proteine gebunden.
  • 5–15 % bilden Komplexe mit Anionen wie Phosphaten, Sulfaten und Bicarbonat.
  • 55–70 % liegen ionisiert vor.

10.5.1 Indikation

Verdacht auf Mg-Mangel bei:

  • Hypokalziämie, Hypo- und Hyperkalziurie.
  • Neuromuskulärer Übererregbarkeit (Tremor, gesteigerte Sehnenreflexe, Muskelzucken, Tetanie, schwere Krämpfe).
  • Gastrointestinalen Erkrankungen mit Absorptionsstörung.
  • Kardialen Beschwerden (Tachykardie, Arrhythmie, Kammerflimmern).
  • Nierenerkrankungen.

Regelmäßige Kontrolle von Mg bei:

  • Andauernder Therapie mit Diuretika.
  • Schlecht eingestelltem Diabetes mellitus.
  • Chronisch intestinalen Störungen der Absorption.
  • Alkoholentzug.
  • Patienten der Intensivmedizin.
  • Langfristiger totaler parenteraler Ernährung.
  • Niereninsuffizienz.

Verdacht auf Mg-Intoxikation bei:

  • Hyporeflexie.
  • Hypotonie durch Hypervolämie.
  • Atemdepression.
  • Koma.

Ionisiertes Magnesium (Mg2+)

Eine wesentliche Indikation zur Bestimmung der Mg2+ ist die Hypoproteinämie, die eine Pseudo-Hypomagnesiämie vortäuscht.

10.5.2 Bestimmungsmethode

Gesamt-Magnesium

Siehe Beitrag 10.1.4 – Bestimmungsmethode.

Xylidylblau-Methode /1/

Prinzip: Mg bildet bei pH 9–10 mit blaugefärbter alkoholischer Xylidylblau-Lösung einen löslichen roten Farbkomplex. Die Farbintensität ist proportional der Mg-Konzentration der Probe /1/.

Camalgit-Methode

Prinzip: Mg reagiert mit Camalgit in alkalischer Lösung unter Bildung eines pinkfarbenen Komplexes, dessen Absorption bei 546 nm gemessen wird. Die Farbintensität ist proportional der Konzentration an Mg der Probe.

Harnproben sollten nicht mit der Xylidylblau-Methode oder Camalgit-Methode untersucht werden.

Ionisiertes Magnesium (Mg2+)

Die potentiometrische Messung ist die Methode der Wahl. Das Gleichgewicht zwischen gebundenen Mg und Mg2+ ist vom pH, der Ionenstärke, der Temperatur und der Konzentration von Ca2+, die mit den Mg2+ um Bindungsstellen kompetieren, abhängig. Deshalb sollte immer der pH gemessen und wenn erforderlich auf den Wert von 7,4 gebracht werden. Bei Proben mit einem pH höher als 7,4 werden verstärkt Mg2+ an Albumin gebunden. Bei Steigerung des pH um 0,1 wird die Konzentration von Mg2+ um 2–3 % erniedrigt. Proben mit einem pH über 7,8 sollten nicht auf 7,4 gebracht werden /31/.

Potentiometrische Messung von Mg2+

Prinzip: Die Messanordnung besteht aus einer Mg2+ sensitiven Elektrode und einer Referenzelektrode. Auf der Probenseite sind beide Elektroden überbrückt durch den Kalibrator oder die zu messende Probe. Beide Elektroden sind mit einem Voltmeter, das die Potentialdifferenz misst, verbunden. Unter Anwendung der Eisenman-Nikolsky Gleichung wird die Konzentration der Probe an Mg2+ermittelt /2/.

10.5.3 Untersuchungsmaterial

  • Plasma oder Serum: je 1 ml
  • 24 h Sammelurin unter Angabe des Sammelvolumens: 5 ml

10.5.4 Referenzbereich

Siehe Lit. /3, 4/ und Tab. 10.5-1 – Referenzbereiche für Magnesium.

10.5.5 Bewertung

Der menschliche Organismus enthält 24 g Magnesium, entsprechend 1988 Milliäquivalent. Das Skelettsystem, der Gastrointestinaltrakt und die Nieren regulieren die Mg-Konzentration im Plasma. Etwa 99 % des Mg im Organismus befinden sich im intrazellulären Kompartiment und verteilen sich auf das Skelettsystem (53 %), die Muskulatur (27 %), die nicht muskulären Weichteile (19 %) und nur 1 % sind in der extrazellulären Flüssigkeit. In den Erythrozyten befinden sich 0,5 % des Mg und im Plasma 0,3 %. Im Plasma liegen 59–72 % des Magnesiums als Mg2+ vor, 23–31 % sind an Plasmaproteine gebunden, 5–11 % in komplexierter Form /5/. Mg kommt ubiquitär in der Natur vor, besonders in grünen Gemüsen, da Chlorophyll viel Mg enthält. Aber auch Nüsse, Getreide, Meeresfrüchte und Fleisch sind Mg haltig. Trinkwasser, speziell hartes Wasser enthält etwa 30 mg Mg pro Liter /5/.

Das Food und Nutrition Board der USA hat den täglichen Bedarf an Mg bei Frauen auf 250–265 mg und bei Männern auf 330–350 mg ermittelt. Die Obergrenze der Aufnahme wurde mit 310–320 mg für Frauen und 400–420 mg für Männer festgelegt. Etwa 10 % der US-Bürger über 19 J. nehmen täglich nur 50 % dieser Mengen auf /6/.

Die Konzentration an Mg im Plasma/Serum reflektiert den Mg-Gehalt des Organismus nur schwach, auch ist sie von der Konzentration an Albumin abhängig. Eine Verminderung des Mg-Gehalts des Organismus kann mit normalen Werten im Plasma einhergehen. Der Gehalt an Mg2+ ist vom pH abhängig und bei einer Alkalose durch erhöhte Proteinbindung vermindert.

10.5.5.1 Hypomagnesiämie

Eine Hypomagnesiämie wird diagnostiziert, wenn die Konzentration an Magnesium im Plasma unter 0,7 mmol/l (1,7 mg/dl) beträgt. Sie ist eine häufige Elektrolytstörung und wird bei bis zu 10 % der hospitalisierten Patienten gefunden. Patienten der Intensivstation haben Hypomagnesiämien in einer Häufigkeit von bis zu 50 % /7/.

Die Symptome einer moderaten Hypomagnesiämie (0,5-0,7 mmol/l) sind leichter Tremor, Apathie und generell eine leichte Schwäche. Patienten mit Magnesium-Konzentrationen <  0,5 mmol/l (1,2 mg/dl) entwickeln eine kardiale Symptomatik, insbesondere, wenn noch eine Hypokaliämie vorliegt. Im EKG zeigt sich eine Verlängerung des PR- und QT-Intervalls. Die Hypomagnesiämie prädisponiert zur kardialen Glykosidtoxizität, umgekehrt sind ektopische Herzrhythmen, die durch Digoxintoxizität verursacht sind, teilweise durch die Gabe von Magnesium korrigierbar /8/.

Meist ähneln die Symptome der Hypomagnesiämie denen einer Hypokalziämie und oft ist die Homöostase von Magnesium und Calcium gleichzeitig gestört, wobei eine Hypomagnesiämie die Ursache einer Hypokalziämie sein kann.

Erkrankungen und Störungen mit Hypomagnesiämie sind Regulationsstörungen, die überwiegend mit einem Verlust von Magnesium einher gehen. Je nach Lokalisation der Regulationsstörung werden renale und intestinale Störungen unterschieden. Erkrankungen und Zustände mit Magnesium-Mangel sind aufgeführt in Tab. 10.5-2 – Erkrankungen und Zustände mit Magnesiummangel.

Zur Differenzierung einer Hypomagnesiämie sind folgende Untersuchungen wichtig:

  • Calcium im Plasma/Serum.
  • Ausscheidung von Mg2+ und Ca2+ im 24 h Urin.
  • Molekularbiologische Untersuchungen zur endgültigen Festlegung der Diagnose.
10.5.5.1.1 Hereditäre Hypomagnesiämie

Mindestens 12 Gene sind direkt oder indirekt in den Transport vom Magnesium involviert und werden wie folgt klassifiziert /35/:

  • Hyperkalziurische Hypomagnesiämien (Mutationen in den Genen CLDN16, CLDN 19, CASR, CLCNKB und CASR). Gitelman ähnliche Hypomagnesämie (Mutationen in den Genen CLCNKB, SLC12A3, BSND, KCNJ10, FYXD2, HFN18 und PCBD1.
  • Gitelman ähnliche Hypomagnesiämie (Mutationen in CLCNKB, SLC12A3, BSND, KCNJ10, FYXD2, HNF1B und PCBD1).
  • Mitochondriale Hypomagnesiämie (Mutationen in SARS2, MT-TI und das Kearns-Seayre Syndrom.
  • Andere Hypomagnesiämien (Mutationen in CTRPM6, CNMM2 EGFR, EGF, KCNA1 und FAM111A).

Patienten mit Hypomagnesiämie und sekundärer Hypokalziämie auf Grund einer Störung im Mg2+-Kanal TRPM6 haben einen renalen Defekt und eine Störung der intestinalen Absorption von Magnesium. Die hereditären renalen Hypomagnesiämien /9/ werden anhand von Störungen der renalen Calcium-Ausscheidung in die nachfolgend beschriebenen Gruppen differenziert. Siehe /9/:

Hypomagnesiämie und Hyperkalziurie

Die Kombination wird bei verschiedenen Formen des Bartter-Syndroms, der autosomal dominanten Hypokalziämie (ADH) und der familiären Hypomagnesiämie mit Hyperkalziurie und Nephrokalzinose (FHHNC) gefunden.

Hypomagnesiämie und Normokalziurie

Diese Kombination wird beobachtet bei der autosomal dominanten Hypomagnesiämie (AD hypoMg2+) auf Grund von Mutationen im Gen Kv1.1 sowie bei der isolierten Hypomagnesiämie (IRH), bedingt durch Mutationen im pro-EGF-Gen.

Hypomagnesiämie und Hypokalziurie

Diese Kombination tritt auf:

  • Beim Gitelman Syndrom, bedingt durch eine Mutation im Gen NCC.
  • Beim SeSAME Syndrom beruhend auf Mutationen im Gen Kir4.1.
  • Beim Mature-onset diabetes of the young type 5 (MODY5), verursacht durch Mutationen im Gen HNF1B.
  • Bei der isoliert dominanten Hypomagnesiämie, bedingt durch Mutationen im Gen FXYD2.

Hypomagnesiämie und Hyperkalziurie

Die Kombination wird bei verschiedenen Formen des Bartter-Syndroms, der autosomal dominanten Hypokalziämie (ADH) und der familiären Hypomagnesiämie mit Hyperkalziurie und Nephrokalzinose (FHHNC) gefunden.

Hypomagnesiämie und Normokalziurie

Diese Kombination wird beobachtet bei der autosomal dominanten Hypomagnesiämie (AD hypoMg2+) auf Grund von Mutationen im Gen Kv1.1 sowie bei der isolierten Hypomagnesiämie (IRH), bedingt durch Mutationen im pro-EGF-Gen.

Hypomagnesiämie und Hypokalziurie

Diese Kombination tritt auf:

  • Beim Gitelman Syndrom, bedingt durch eine Mutation im Gen NCC.
  • Beim SeSAME Syndrom beruhend auf Mutationen im Gen Kir4.1.
  • Beim Mature-onset diabetes of the young type 5 (MODY5), verursacht durch Mutationen im Gen HNF1B.
  • Bei der isoliert dominanten Hypomagnesiämie, bedingt durch Mutationen im Gen FXYD2.

10.5.5.2 Hypermagnesiämie

Die Hypermagnesiämie ist bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, die Magnesium haltige Antazida oder Laxantien einnehmen, häufig. Die klinischen Symptome korrelieren mit dem Ausmaß der Hypermagnesiämie /10/:

  • Hyperreflexie und Benommenheit treten bei Serumwerten über 2,0 mmol/l auf.
  • Verlängerungen von PR, QRS und QT Intervall kommen bei über 2,5 mmol/l vor
  • Somnolenz und erniedrigter Blutdruck bei Werten von 3,0–3,5 mmol/l
  • Paralyse der willkürlich innervierbaren Muskeln und Areflexie bei Werten ab 5,0 mmol/l.

Die intravenöse Therapie von Mg sollte unter Kontrolle der Konzentration im Plasma und der Nierenfunktion erfolgen. Die Auswirkungen einer Hypermagnesiämie lassen sich als Calcium Antagonismus interpretieren (Muskelschwäche, Lähmungen bis hin zum Herzstillstand). Im Vergiftungsfall werden zur Abschwächung der Wirkung von Mg äquimolare Mengen an Ca2+ parenteral verabreicht. Klinische Symptome treten ab Konzentrationen des Mg von 6,08 mg/dl (2,5 mmol/l) auf, ab 12,2 mg/dl (5 mmol/l) kommt es zu einer Lähmung der Atemmuskulatur.

10.5.5.3 Schwangere und Neugeborene

Es wird vermutet. dass eine Hypomagnesiämie in der Schwangerschaft mit Präeklampsie, einem verminderten Wachstum des Feten und einer Frühgeburt verbunden ist. Die Präeklampsie ist eine der wesentlichen Ursachen der maternal-fetalen Morbidität und Mortalität und tritt bei 3–5 % der Schwangerschaften auf. In einer Studie /33/ wurde eine neue obere Referenzbereichsgrenze des Mg2+ für Schwangere erstellt. Sie beträgt 3,5 mmol/l. Bei Neugeborenen wurde eine Hypermagnesiämie bei Konzentrationen von 2,3 ± 0,3 mmol/l und eine Hypomagnesiämie bei Konzentrationen von 0,53 ± 0,08 mmol/l diagnostiziert.

10.5.6 Hinweise und Störungen

Blutentnahme

Zu erhöhten Konzentrationen von Mg kommt es durch:

  • Lange Stauung, da Mg im Blut zu 33 % Protein gebunden vorliegt.
  • Hämolyse, da der Mg-Gehalt in Erythrozyten fast dreimal so hoch wie im Plasma ist.

Bestimmung von ionisiertem Mg

Ca2+ stören die Bestimmung von Mg2+, deshalb sollten beide Kationen gleichzeitig bestimmt werden. Na+ stören ebenfalls, aber nicht in dem Ausmaß wie Ca2+. Eine Kompensation erfolgt über entsprechende Kalibratorlösungen /2/.

Intraindividuelle Varianz: VK = 3,4 % /10/.

Stabilität im Serum/Plasma

Proben gut verschlossen bei 4 °C bis zu 2 Wochen haltbar.

10.5.7 Pathophysiologie

Die intestinale Absorption von Mg erfolgt /9/:

  • Passiv parazellulär; Mg2+ folgen einem Konzentrations- gradienten, 90 % des Mg gehen diesen Weg.
  • Aktiv auf einem transzellulären sättigbaren Weg über die transepithelialen Mg2+-Kanäle TRPM6 und TRPM7. Diese Kanäle leiten die divalenten Kationen Mg2+ und Ca2+ entlang eines elektrochemischen Gradienten in die Zellen des Gastrointestinaltrakts und der renal distalen Tubuli. Mutationen von TRPM6 sind für die primäre Hypomagnesiämie mit sekundärer Hypokalziämie (HSH) verantwortlich.

Etwa 30 % des Mg sind im Plasma an Protein gebunden, der Rest ist glomerulär frei filtrierbar. Von der filtrierten Menge an Mg2+ werden (Abb. 10.5-1 – Renaler Magnesiumtransport):

  • Proximal tubulär 10–20 % reabsorbiert, was im deutlichen Kontrast zu den anderen Kationen wie Na+, K+, und Ca2+ steht. Die Reabsorption erfolgt parazellulär auf Grund eines zunehmenden Mg2+-Konzentrationsgradienten Lumen zu intrazellulär, der sich durch Wasserrücknahme entlang des Tubulus aufbaut.
  • Im dicken Teil der Henle’schen Schleife werden 60–70 % reabsorbiert, was parazellulär auf passive Weise geschieht. Der Lumen-positive transepitheliale elektrochemische Gradient, der durch die Na+-K+-ATPase aufgebaut wird, ist die treibende Kraft.
  • Im distalen Konvolut werden 10 % reabsorbiert, dort wird die Mg2+-Konzentration des Plasmas festgelegt. Die Reabsorption von Mg2+ erfolgt aktiv transzellulär durch Mg2+-Kanäle, die von magnesiotropen Proteinen wie TRPM6 gebildet werden. Wichtig für die Funktion dieser Kanäle sind auch stimulierende Faktoren wie der Epidermal growth factor (EGF) und die K+-Kanäle Kv1.1 und Kir4.1. Erkrankungen bei Störungen dieser Proteine sind beschrieben in Tab. 10.5-2 – Erkrankungen und Zustände mit Magnesiummangel.

Bei vielen, aber nicht allen Patienten mit Hypomagnesiämie ist die Konzentration von Parathormon (PTH) niedrig oder normal, trotz des Vorliegens einer Hypokalziämie /11/. Eine Ursache scheint zu sein, dass Mg2+ mit Ca2+ an Ca2+-sensitiven Rezeptoren (CaSR) der Nebenschilddrüsen kompetieren, zwar mit einer 2–3 fach niedrigeren Sensitivität als Ca2+, aber trotzdem mit dem Effekt, dass die intrazelluläre Ca2+-Konzentration erhöht und vermindert PTH ausgeschüttet wird. Mg2+ wirken also als Calciumagonist, wenn ihre Konzentration hoch und als Antagonist, wenn ihre Konzentration niedrig ist. Auf Grund dieses Verhaltens kann die reduzierte PTH Sekretion bei Hypomagnesiämie erklärt werden als eine Verminderung der kompetitiven Inhibition der CaSR durch Mg2+. Solch eine Änderung der Ca2+-Bindung an die CaSR befähigt die Nebenschilddrüsenzellen mit höherer Sensitivität auf Änderungen des Plasma-Ca2+ zu reagieren und verursacht eine Reduktion der PTH Sekretion bei niedrigeren Ca2+-Konzentrationen im Plasma /11/.

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10.6 Mangan (Mn)

Lothar Thomas

Mn ist das fünf häufigste Metall und das zwölf häufigste Element der Erdkruste. Mn kann in 11 Oxidationsstufen vorliegen und in Salz- und in Chelatform. Im biologischen System bei Mensch und Tier kommen nur Mn (I) und Mn (II) vor, bei Pflanzen Mn (II), Mn (III), und Mn (IV).

10.6.1 Indikation

Verdacht auf:

  • Inhalative Intoxikation mit Mn.
  • Intoxikation von Mn bei chronischer Lebererkrankung.

10.6.2 Bestimmungsmethode

Siehe Beitrag 10.1.4 – Bestimmungsmethode.

10.6.3 Untersuchungsmaterial

  • Plasma oder Serum: Empfohlene Blutentnahme mit metallfreiem Abnahmesystem (Punktionskanüle und Monovette mit Lithium-Heparinat): 1 ml
  • Vollblut: je 1 ml
  • 24 h Sammelurin unter Angabe des Sammelvolumens: 5 ml

10.6.4 Referenzbereich

Siehe Lit. /1, 2/ und Tab. 10.6-1 – Referenzbereiche für Mn.

10.6.5 Bewertung

Mn wird zu den essentiellen Spurenelementen gerechnet, da es ein Kofaktor einiger wichtiger enzymatischer Reaktionen ist. Der Organismus des Erwachsenen enthält im Mittel 10–12 mg Mn in den aktiven Zentren von Enzymen wie der Arginase, Glutaminsynthase oder der Superoxiddismutase. Die Enzyme sind vorwiegend in den Mitochondrien lokalisiert /3/. Es wird angenommen, dass genügend Mn in der Nahrung vorhanden und eine Substitution nicht erforderlich ist.

Mn spielt eine Rolle in der Mineralisation des Knochens, in der Vermittlung der Immunantwort dem Metabolismus von Kohlenhydraten Proteinen und Lipiden und in der Entfernung reaktiver Sauerstoffradikale /4/.

Die Konzentration von Mn ist im Vollblut 10–15 fach höher als im Plasma/Serum, da der Gehalt der Erythrozyten an Mn sehr viel höher ist als im Plasma. Deshalb führt eine leichte Hämolyse während der Blutentnahme schon zu erhöhten Werten. Die Mn-Konzentration ist abhängig vom Alter. Innerhalb des ersten Lebensjahres sind die Werte deutlich höher als später. Auch ist die Konzentration während der Schwangerschaft höher als normal /5/.

Die adäquate Mn-Aufnahme beträgt etwa 2 mg/Tag und sollte nicht höher als 11 mg/Tag sein /6/. Nahrungsmittel die reichhaltig Mn enthalten sind Fleisch, Fisch, Nüsse, Blaubeeren und getrocknete Früchte.

10.6.5.1 Hypomanganämie

Klinisch bekannte Mn-Mängel sind, ausgenommen experimenteller Untersuchungen, äußerst selten. Bisher wurden nur wenige Fälle berichtet. So lag eine Hypomanganämie beim Kurzdarm-Syndrom vor. Bei Schwangeren mit Hypomanganämie soll es zur intrauterinen Wachstumsretardierung des Feten kommen /5/. Bei länger dauernder parenteraler Ernährung /3/ und bei chronischer Hämodialyse /7/ kommt es nicht zu einem Mn-Mangel. Die klinischen Befunde bei experimentellem Mangel waren veminderte Glucosetolernz, gestörtes Knochenwachstum, Hautveränderungen und eine Verminderung des HDL-Cholesterins.

10.6.5.2 Hypermanganämie

Der Körper ist vor einer Mn-Belastung durch eine regulierte enterale Aufnahme von Mn geschützt und nur ein kleiner Teil des Mn der Nahrung wird absorbiert. Außerdem wird die Aufnahme inhibiert durch Komponenten der Nahrung wie Pflanzenfasern, Phytate, Ascorbinsäure, Eisen, Calcium und Phosphor. Belastungen resultieren vorwiegend durch Einatmen von Mn haltigen Stäuben, seltener durch Wasser, dessen Gehalt an Mn 1–100 μg/l, in der Regel 10 μg/l beträgt /4/. Unter normalen Umständen beträgt der Gehalt der Luft an Mn weniger als 0,05 μg/m3. Eine erhebliche Anreicherung von Mn im Gehirn erfolgt, wenn es zu einer deutliche Vermehrung von Mn in der Luft bei industriellen Prozessen kommt. Zusätzlich reichern Verbrennungsmotoren die Luft mit Mn an. Die Ursache ist die Zugabe von Mn als Additiv (Methanylcyclopentadienyl mangan tricarbonyl) in Treibstoffen als Antiklopfmittel.

Erkrankungen und Störungen mit Hypermanganämie sind aufgeführt in Tab. 10.6-2 – Erkrankungen und Zustände mit Manganbelastung.

10.6.6 Hinweise und Störungen

Präanalytik

Durch den hohen Mn-Gehalt im Luftstaub ist die Gefahr der Kontamination bei der Probennahme, Lagerung und Probenvorbereitung erheblich. Es wird daher empfohlen, möglichst unter Reinraumbedingungen zu arbeiten.

Blutentnahme

Zur Blutentnahme wird der Einsatz metallfreier Abnahmesysteme empfohlen. Der hohe Mn-Gehalt in den Erythrozyten täuscht schon bei leichter Hämolyse erhöhte Plasmawerte vor.

Stabilität im Serum/Plasma

Proben gut verschlossen bei 4 °C bis zu 2 Wochen haltbar.

10.6.7 Pathophysiologie

Mn ist ein häufiges Element der Umwelt. Es ist das 12 häufigste Element und das 5 häufigste Metall auf Erden. In der Erdkruste ist es zu 0,1 % vorhanden und der Gehalt des Erdbodens an Mn beträgt 40–900 mg/kg. Mn teilt viele Eigenschaften mit Eisen. So ist es wie dieses in biologischen Systemen 2- und 3-wertig, hat nahezu den gleichen Ionenradius, wird im Darm über den divalenten Metallionentransporter (DMT)absorbiert und im Blut auch von Plasmaproteinen transportiert. Das Mn3+ wird von Transferrin transportiert, während Mn2+ an andere Plasmaproteine bindet. Mn kommt aber auch als freies Ion im Plasma vor. Der Körperbestand des Erwachsenen an Mn beträgt 10–20 mg. Von der täglichen Aufnahme von 1,8–2,6 mg wird ein unterschiedlicher Anteil im Dünndarm absorbiert. Bei jungen Frauen mit Eisenmangel beträgt der Anteil 5 %, bei denjenigen ohne Eisenmangel nur 1 % /8/. Die Ursache ist wahrscheinlich eine Kompetition mit Eisen um den DMT. Das enteral aufgenommene Mn unterliegt einer homöostatischen Regulation. Nicht bedarfsgerecht aufgenommenes Mn wird von der Leber über die Galle eliminiert.

Die Aufnahme von Mn durch Inhalation von Stäuben und Dämpfen umgeht diesen protektiven Mechanismus, kann direkt in das Zentralnervensystem gelangen, insbesondere in die Basalganglien. Betroffen ist das System der Neurotransmitter, insbesondere das dopaminerge System, das für die motorische Koordination, die Aufmerksamkeit und die Wahrnehmung bedeutsam ist. Nach einer Theorie /9/ soll durch Mn-induzierten oxidativen Stress eine Störung des Glutamin-Glutamat-Cycling in Astrozyten die Ursache der Neurotoxizität sein.

Ein erheblicher Teil des Mn-Gehaltes ist Bestandteil des aktiven Zentrums von Metalloenzymen wie der /4/:

  • Arginase. Dieses Enzym katalysiert den letzten Schritt im Harnstoffzyklus: Arginin + H2O → Ornithin + Harnstoff.
  • Glutaminsynthetase. Sie katalysiert die NH3-Entfernung aus dem Organismus und hält den pH konstant: Glutamat + ATP + NH3 → Glutamin + ADP + Phosphat + H2O.
  • Pyruvatcarboxylase. Sie katalysiert in den Mitochondrien die Konversion von Pyruvat zu Oxalacetat und spielt eine wichtige Rolle in der Glukoneogenese, der Lipogenese, der Synthese von Neurotransmittern und der Glucose-induzierten Insulinsekretion der Inselzellen des Pankreas: Pyruvat + CO2 + ATP + H2O → Oxalacetat + ADP + Phosphat + 2H+
  • Mn-Superoxiddismutase. Sie ist ein mitochondriales Enzym, das die Dismutation des Superoxidradikals katalysiert. Es wirkt als Schutz gegen mitochondrial gebildete freie Radiale: 2 O2 + 2 H+ → O2 + H2O

Im Vordergrund bei Hypermanganämien stehen akute und chronische Intoxikationen, besonders durch Einatmen von Mangandämpfen oder Mangandioxidstaub bei der Förderung und Weiterverarbeitung von Manganerzen. Normalerweise beträgt der Mn-Gehalt der Luft unter 0,05 μg/m3 und die tägliche Aufnahme über die Atemwege unter 2 μg. Der Manganismus, eine dem Parkinson Syndrom ähnliche Erkrankung, entwickelt sich vorwiegend bei erhöhter Exposition von Mn in Kombination mit einer Leber bedingten Verminderung der Ausscheidung von Mn.

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10.7 Molybdän (Mo)

Lothar Thomas

Das Übergangselement Mo und kommt in den Oxidationsstufen Mo (II) bis Mo (VI) vor. Die wichtigste Oxidationsstufe Mo (VI) liegt in Salzen der Molybdänsäuren (Molybdaten) vor. Weitere wichtige Oxidationsstufen sind Mo (V) und Mo (IV). Die Oxidationsstufen Mo (III) und Mo (II) sind in Clustern von Molybdän (III)chlorid und Molybdän (II)chlorid verwirklicht. In den Ozeanen liegt Mo als Anion [MoO2]4– vor. Der Anteil von Mo in der Erdkruste ist 1,1 × 10–4 Prozent.

10.7.1 Indikation

Keine, denn klinische Symptome eine Mangels oder einer Belastung mit Mo sind nicht bekannt. Mo wird in diesem Kapitel nur aufgeführt weil es ein essentielles Spurenelement ist.

10.7.2 Bestimmungsmethode

Siehe Beitrag 10.1.4 – Bestimmungsmethode.

10.7.3 Untersuchungsmaterial

  • Plasma/Serum: Empfohlene Blutentnahme mit metallfreiem Abnahmesystem (Punktionskanüle und Monovette mit Lithium-Heparinat): 1 ml
  • Vollblut: je 1 ml
  • 24 h Urin (Angabe des Sammelvolumens): 5 ml

10.7.4 Referenzbereich

Siehe Lit. /1/ und Tab. 10.7-1 – Referenzbereiche von Mo

10.7.5 Bewertung

Mo ist ein essentielles Element für Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen. In Form des Anions ist es im Boden und im Meerwasser für die Organismen verfügbar. Es ist somit für den Menschen in den Nahrungsmitteln reichlich vorhanden, so dass Ernährungs bedingte Mangelerscheinungen nicht zu erwarten sind.

Eine Mo-Exposition kann durch die Ausscheidung von Mo im Urin festgestellt werden /2/. Spezifische klinische Symptome einer erhöhten Belastung mit Mo sind nicht bekannt.

10.7.6 Hinweise und Störungen

Präanalytik

Durch den hohen Umweltgehalt an Mo ist das Risiko einer Kontamination bei der Probennahme, Lagerung und Probenvorbereitung erheblich.

Blutentnahme

Schon bei geringfügiger Hämolyse nimmt die Konzentration von Mo im Plasma/Serum zu, da die Erythrozyten einen hohen Gehalt an Mo haben.

Stabilität im Serum/Plasma

Proben gut verschlossen bei 4 °C bis zu 2 Wochen haltbar.

10.7.7 Pathophysiologie

Der Körpergehalt des Erwachsenen an Mo beträgt 8–10 mg und ist vorwiegend im Skelett (60 %) und der Leber (20 %) lokalisiert /3/. Als tägliche Zufuhr werden für Erwachsene 75–250 μg und für Kindern 2 μg/kg Körpergewicht empfohlen /4/.

Die enterale Absorption des Mo erfolgt in Form des Anions über ein Transportsystem, das auch für andere Metallionen verantwortlich ist. In der Zirkulation liegt Mo an Erythrozyten assoziiert vor, im Plasma vorwiegend gebunden an das Protein α2-Globulin. Die Ausscheidung von Mo erfolgt weitgehend über die Nieren.

In der Zelle ist Mo inaktiv und erlangt erst eine biologische Aktivität, wenn es mit dem Molybdän-Kofaktor Moco im Komplex vorliegt. Moco ist ein trizyklisches Pterin /5/. Die Pterinstruktur von Moco ist einheitlich in der Natur und wurde wahrscheinlich zur Kontrolle und Aufrechterhaltung der speziellen Redoxeigenschaften von Mo gebildet. Die Aufgabe des Kofaktors Moco ist es, das katalytische Metall Mo korrekt innerhalb des aktiven Zentrums von Enzymen zu lokalisieren, sein Redoxverhalten zu kontrollieren und vermittels des Pterin-Ringsystems den Elektronentransfer zum oder vom Mo-Atom zu regulieren. Eine durch Mutation bedingte Blockierung der Synthese von Moco führt zum essentiellen Verlust metabolischer Funktionen des Organismus.

Der Mensch hat vier Mo haltige Enzyme:

  • Aldehydoxidase. Sie oxidiert eine Anzahl von Aldehyden und spielt z.B. im Stoffwechsel des Alkohols in der Leber eine Rolle.
  • Xanthinoxidase, ein im Zytoplasma lokalisiertes Enzym des Purinstoffwechsels zur Oxidation von Hypoxanthin über Xanthin zu Harnsäure (siehe Beitrag 5.4 – Harnsäure). Das angeborene Fehlen der Xanthinoxidase führt zur Xanthinurie, einhergehend mit einer Hypourikämie sowie erhöhten Xanthin- und Hypoxanthin-Konzentrationen im Blut und Urin, wodurch Xanthinsteine und eine Myopathie ausgelöst werden.
  • Sulfitoxidase (SO), sie katalysiert den mitochondrialen Abbau schwefelhaltiger Aminosäuren und die Entgiftung von Sulfitradikalen.
  • Nitratreduktase, die den wesentlichen Schritt in der anorganischen Assimilation von Stickstoff katalysiert.

10.7.7.1 Sulfitoxidase-Mangel

Die Sulfitoxidase (SO) katalysiert die Oxidation von Sulfit zu Sulfat, den letzten Schritt in der Degradation schwefelhaltiger Aminosäuren /6/. Die SO befindet sich in dem intermembranösen mitochondrialen Raum und ist ein Homodimer. Bei der Oxidation von Sulfit wird Mo(VI) zu Mo(IV) durch Aufnahme von zwei Elektronen reduziert. Diese werden sofort zum Häm Fe(III) im Cytochrom b5 transferiert und anschließend erfolgt der Transfer der Elektronen von Fe(II) zum Cytochrom c. Die SO-katalysierte Reaktion ist für den Menschen lebensnotwendig, denn ein Mangel führt zu schweren neurologischen Störungen und einem frühen Tod. Die klinischen Symptome des SO-Mangels sind eine Dislokation der Augenlinsen, mentale Retardierung, und ein reduziertes Hirnwachstum. Gewöhnlich sterben die Betroffenen im Alter von 1–2 Jahren. Der SO-Mangel kann beruhen:

  • Auf einer Mutation der Gene MOCS1 (Typ A-Mangel), MOCS2 (Typ B-Mangel) oder GPHN. Alle Gene kodieren den Kofaktor Moco /7/.
  • Auf einer Mutation im Gen, das die SO kodiert. Dabei wurden signifikante Änderungen in der Substrat-bindenden Tasche der SO gefunden /6/.

Literatur

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7. Reiss J, Hahnewald R. Molybdenum cofactor deficiency: mutations in GPHN, MOCS1 and MOCS2. Hum Mutat 2010; Oct 28.

10.8 Nickel (Ni)

Lothar Thomas

Ni kommt in den Oxidationsstufen Ni(I), Ni(II) und Ni(III) vor. Ni(II) ist die häufigste Form in Biosystemen. Ni ist das 24 häufigste Element der Erdkruste. Gelöste Ni2+ sind in wässriger Lösung bei neutralem pH hydratisiert zum grünen Hexahydrat [Ni(H2O)6]2+. Keine Ni haltigen Enzyme oder Kofaktoren wurden bei höheren Organismen gefunden, was zu dem Zweifel beigetragen hat, dass Ni überhaupt ein essentielles Spurenelement ist.

10.8.1 Indikation

Verdacht auf Intoxikation mit Ni.

10.8.2 Bestimmungsmethode

Siehe Beitrag 10.1.4 – Bestimmungsmethode.

10.8.3 Untersuchungsmaterial

  • Plasma/Serum: Empfohlene Blutentnahme mit metallfreiem Abnahmesystem (Punktionskanüle und Monovette mit Lithium-Heparinat): 1 ml
  • Vollblut: 1 ml
  • 24 h Sammelurin unter Angabe des Sammelvolumens: 5 ml

10.8.4 Referenzbereich

Siehe Lit. /1, 2/ und Tab. 10.8.1 – Referenzbereiche von NI

10.8.5 Bewertung

Ni ist ein häufiges Mikroelement der Umwelt, aber auch toxisch. Ni ist ausreichend in der Nahrung und eine Substitution nicht erforderlich.

10.8.5.1 Nickel und Kontaktallergie

Ni ist das häufigste Kontaktallergen /3/. Es ist vorhanden im Trinkwasser und der Nahrung. Ni ist ein Bestandteil von Schmuck, Münzen, Brillengestellen, Zahnfüllungen, Prothesen, Knöpfen, Reißverschlüssen, Werkzeugen, Alkali-Batterien, Insektiziden, Farben, Pigmenten, vernickelten Gegenständen und Treibstoffen. Die Prävalenz der Ni-Allergie beträgt bei Frauen 8–28 % und bei Männern 1–5 %. Bei längerem Kontakt mit Ni haltigen Gegenständen bildet sich eine lokalisierte Dermatitis aus. Ein wichtiger Risikofaktor der Ni Allergie ist auch das Piercing.

Nach der Nickeldirektive der Europäischen Union dürfen Produkte mit längerfristigem Hautkontakt nicht mehr als 0,2 μg/cm2/Woche an Ni abgeben.

Kontaktallergien gehen in der Regel nicht mit einer veränderten Konzentration an NI oder einer erhöhten Ausscheidung von Ni im Urin einher. So hatte in der Umgebung einer russischen Raffinerie die Bevölkerung eine Konzentration von Ni im Urin von im Mittel 3,4 μg/l aber eine norwegische in 10 km Entfernung nur 0,6 μg/l. Letztere hatten aber häufiger eine Ni Allergie /4/.

10.8.5.2 Nickelmangel

Auf Grund der weiten Verbreitung von Ni im Boden, dem Wasser, der Luft und den Nahrungsmitteln kommt ein Ni-Mangel beim Menschen nicht vor. Die tägliche Aufnahme mit der Nahrung wird unterschiedlich mit 35 μg, 100–300 μg oder 25–35 μg angegeben /5/. Generell überschreitet die tägliche Aufnahme von Ni den Bedarf.

10.8.5.3 Toxizität von Nickel

Epidemiologische Studien haben ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen der Atemwege und Nasalkrebs bei Bergarbeitern und Arbeitern in Nickelschmelzen festgestellt /5/. Deshalb hat das International Committee on Nickel Carcinogenesis in Man kanzerogene Konzentrationen für die Luft festgelegt. Sie betragen für lösliches Ni 1 mg/m3 und für weniger lösliches Ni 10 mg/m3 /6/. Etwa 2 % der Arbeiter in Ni verarbeitenden Betrieben sind Ni enthaltenden Partikeln in Konzentrationen von 0,1–1 mg/m3 ausgesetzt. Ni Vergiftungen erfolgen vorwiegend durch Belastung mit Ni(CO)4.

Die Lunge hat die generelle Tendenz der Speicherung von Ni, unabhängig auf welchen Wege es aufgenommen wird. Werden z.B. inhalierte Ni Partikel über die Atemwege aufgenommen, verbleiben sie längere Zeit in der Lunge. Der Übertritt in das Blut erfolgt nur langsam, so dass nur bei starker Ni Belastung im Blut erhöhte Konzentrationen gemessen werden. Die Ausscheidung im Urin erfolgt abhängig von der Belastung. Ausscheidungen über 30 μg/l (510 nmol/l) zeigen bei Arbeitern in Ni verarbeitenden Betrieben eine deutliche Arbeitsplatzbelastung an /7/. Die Halbwertszeit der renalen Ni Ausscheidung ist 20–60 h.

10.8.6 Hinweise und Störungen

Präanalytik

Durch die relativ hohe Umweltkonzentration an Ni ist das Risiko für eine Kontamination bei der Probennahme, Lagerung und Probenvorbereitung erheblich.

Ausscheidung von Nickel

Die Ausscheidung von Ni mit dem Urin erfolgt schnell, in einer Kinetik erster Ordnung und ist nicht Dosis abhängig.Die Halbwertszeit liegt in der Größenordnung von 20–60 Stunden /5/.

Stabilität im Serum/Plasma

Proben gut verschlossen bei 4 °C bis zu 2 Wochen haltbar.

10.8.7 Pathophysiologie

Ni ist ein essentieller katalytischer Kofaktor für Enzyme in Eubakterien, Archibakterien, Pilzen und Pflanzen. Diese Enzyme katalysieren ein diverses Spektrum an Redox- und Nichtredox-Reaktionen /8/. So sind Ni-Proteine Schlüsselfaktoren im Metabolismus der Monokarbone methanotroper und methanogener Mechanismen und spielen somit eine wichtige Rolle im globalen Kohlenstoffstoffwechsel /8/. Sieben der acht bekannten Ni Enzyme sind in die Bildung oder den Verbrauch von Gasen wie CO, CO2, Methan, H2, Ammoniak und O2 involviert /9/. Jedoch mit der Ausnahme von Ni hyperakkumulierenden Pflanzen und möglicherweise Plankton des Meeres ist kein Mangel an Ni bekannt.

Bei Personen, die nicht Ni exponiert sind beträgt die Menge an Ni etwa 7,3 μg/kg Körpergewicht. Die Aufnahme erfolgt durch Inhalation, Ingestion und zu einem geringen Teil über die Haut. Die enterale Aufnahme hängt von der Form des Ni in der Nahrung ab. Normalerweise werden 1–2 % des Nahrungsgehalts an Ni absorbiert. Lösliches Ni gelangt durch Diffusion und möglicherweise Ca2+-Kanäle in die Zelle, unlösliches durch Phagozytose. Die Lungen, Nieren, Gehirn und Pankreas retinieren Ni, die Ausscheidung erfolgt renal oder über den Stuhl /5/.

Die Quellen für die Umweltbelastung mit Ni betreffen die Produktion von Ni, seine Weiterverarbeitung und das Recycling Ni haltiger Produkte. Ni ist auch im Boden und der Luft vorhanden und wird emittiert als Oxid, Sulfid, Silikat, in löslicher Form und zu einem geringen Anteil in elementarer Form. In Industriegebieten beträgt der Ni Gehalt in der Luft 120–170 ng/m3, in Wohngebieten 6–17 ng/m3.

Akute Ni-Vergiftungen sind selten. Toxische und karzinogene Wirkungen von Ni sind in der Arbeitsmedizin von Bedeutung:

  • Ni-Stäube und -salze verursachen nach Inhalation akut eine interstitielle Lungenentzündung, Lungenödem und Blutungen, und eventuell spätere Folgen sind Leber- und Nierenversagen sowie hämatologische Komplikationen /10/.
  • Ni Verbindungen wirken karzinogen. So soll Ni Gene inaktivieren durch Induktion der Methylierung von DNA. Ein vermuteter Mechanismus der Hypermethylierung von DNA soll der Ersatz von Magnesium durch Ni im DNA Gerüst sein. Auch epigenetische Mechanismen spielen eine Rolle. So soll Ni die Histon H3K9-Methylasen hemmen, deren enzymatische Aktivität von Eisen und 2-Oxoglutarat abhängt. Als Folge resultiert ein Anstieg der globalen H3K9-Methylierung /11/.

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11. Arita A, Costa M. Epigenetics in metal carcinogenesis: nickel, arsenic, chromium and cadmium. Metallomics 2009; 1: 222–8.

10.9 Selen (Se)

Lothar Thomas

Se ist ein Halbmetall, das die Oxidationsstufen –2, +4 und +6 bevorzugt und in den in Tab. 10.9-1 – Biologisch und technisch wichtige Selenspezies genannten biologisch und technisch wichtigen Spezies vorkommt. Se ist am Aufbau der Erdkruste mit 9 × 10–6 Prozent beteiligt. Selenide haben die Oxidationsstufe –2, Selenite die Stufe +4 und Selenate die Stufe +6 (Tab. 10.9-1).

10.9.1 Indikation

Verdacht auf Mangel an Selen bei:

  • Diäten oder langfristiger parenteraler Ernährung.
  • Malabsorption (M. Crohn, Coeliakie, Dünndarmresektion).
  • Vegetarier, Alkoholiker.
  • Unspezifischer Symptomatik wie Müdigkeit, Leistungsschwäche, Haarausfall, Arthritis, weiße Farbe der Fingernägel.

Verdacht auf chronische Intoxikation:

  • Bei Knoblauch artiger Atemluft, fleckigen streifigen Fingernägeln, gastrointestinalen Beschwerden, Hyperreflexie, Schmerzen der Extremitäten.

Verdacht auf akute Intoxikation:

  • Erbrechen, Durchfall, Knoblauch artige Atemluft, Muskelspasmen, metabolische Azidose.

10.9.2 Bestimmungsmethode

Verfahren zur Beurteilung des Se-Status sind entweder die direkte Bestimmung von Se oder die Bestimmung der Aktivität der Glutathionperoxidase.

10.9.2.1 Direkte Bestimmung von Selen

Häufig wird die Graphitrohr Atomabsorptions-Spektroskopie angewendet /1/.

10.9.2.2 Bestimmung der Glutathionperoxidase Aktivität

Prinzip: Die Se haltige Glutathionperoxidase (GP) reagiert mit H2O2 und auch mit organischen Peroxiden.

2 GSH + H 2 O 2 GP GSSG + 2 H 2 O

Entstandenes reduziertes Glutathion (GSSG) wird via Glutathionreduktase zu GSH regeneriert.

GSSG + NADPH + H + GR 2 GSH + NADP +

Messgröße ist der Verbrauch von NADPH. Die Se freie GP reagiert nur mit organischen Hydroxyperoxiden wie Cumolhydroperoxid. Zuerst wird die Gesamtaktivität der GP bestimmt, durch Verwendung von H2O2 und dann die Se freie GP unter Verwendung des Substrates Cumolhydroperoxid /2/.

10.9.3 Untersuchungsmaterial

Serum/Plasma, Vollblut, Erythrozyten: je 1 ml

24 h Sammelurin unter Angabe des Sammelvolumens: 5 ml

10.9.4 Referenzbereich

Siehe Lit. /3/ und Tab. 10.9-2 – Referenzbereiche für Selen.

10.9.5 Bewertung

Der Selenstatus wird am besten durch die Bestimmung von Se im Plasma/Serum, im Vollblut oder den Erythrozyten (mit Bezug auf das Hämoglobin) diagnostiziert.

Es sind indiziert /13/:

  • Die Konzentration von Se im Plasma/Serum zu Beurteilung des aktuellen Status.
  • Die Werte von Se im Vollblut und Urin als Langzeitparameter bei Selenose.
  • Die Ausscheidung von Se im Urin und die Konzentration im Plasma bei Verdacht auf akute Vergiftung mit Se.

10.9.5.1 Selen im Plasma/Serum

Se ist sowohl ein essentielles, als auch ein toxisches Element /3/. Beide Extreme der Verteilung sind deshalb von medizinischem Interesse. Die niedrigsten Konzentrationen von Se im Plasma werden aus Se-verarmten Regionen in China beschrieben und führen zur Keshan Krankheit. Die höchsten Werte, die mit Symptomen einer Vergiftung einhergehen, wurden aus Enshi, ebenfalls einer Region in China, berichtet und resultieren aus einer exzessiven Se-Aufnahme mit der Nahrung. Die mittleren Konzentrationen von Se im Plasma sind auf den Kontinenten verschieden; in den USA 197 μg/l (2,5 μmol/l) und in Serbien 41 μg/l (0,52 μmol/l). Auch sind die Unterschiede regional sehr unterschiedlich, so in den USA von 90–197 μg/l (1,15–2,5 μmol/l). In Europa werden niedrige Konzentration in Osteuropa gemessen und die höchsten in Norwegen mit 114–131 μg/l (1,45–1,67 μmol/l) /5/. In Deutschland betragen die mittleren Werte 70–80 μg/l (0,89–1,0 μmol/l) /3/.

Die Konzentration an Se reflektiert die Menge Se die an die Selenoproteine gebunden ist, insbesondere an Selenoprotein P, das mehr as 50 % des Se im Plasma bindet. Bei einer Konzentration bis 70 μg/l (0,89 μmol/l) korreliert die Plasmakonzentration mit der Se-Aufnahme. Bei höheren Konzentrationen erreicht die Sättigung der Se-bindenden Proteine ein Plateau und es ist anzunehmen, dass somit der Se-Bedarf gedeckt ist /6/.

Die Beurteilung der Plasmawerte muss mit einer gewissen Einschränkung erfolgen, denn organisches Se in Form des Selenomethionins kann unspezifisch in Proteine inkorporiert werden in Form von Selenomethionin, ohne dass dadurch eine Änderung in der Beladung der Transportproteine mit Se erfolgt und der Bedarf von Se anfordernden Geweben sichergestellt wird /7/.

Trauma und systemische Inflammation führen zu einem Abfall der Konzentration von Se, da Se an negative Akute-Phase Proteine gebunden ist. Deshalb gibt bei solchen Zuständen der Wert von Se im Serum keinen Hinweis auf den Status von Se /7/.

10.9.5.2 Aktivität der Glutathionperoxidase

Die Glutathionperoxidase Aktivität im Plasma (GSH Px-3) ist ein guter Marker zur Beurteilung der optimalen Versorgung mit Se, obwohl sie nur 20 % des Se-Gehaltes des Plasmas repräsentiert /8/. Ihre Aktivität ändert sich rasch mit Änderung der Aufnahme von Se. Normale Werte bedeuten, dass die Se-Konzentration im Serum über 90 μg/l (1,1 μmol/l) beträgt, entsprechend einer täglichen Aufnahme von Se von mindestens 200 μg /9/.

10.9.5.3 Selenversorgung

Se wird nahezu ausschließlich mit der Nahrung aufgenommen. In Deutschland wird der Bedarf wesentlich durch den Verzehr von Wurst- und Fleischwaren gedeckt. Nach einer Schätzung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung beträgt die tägliche Aufnahme von Se bei Männern 50 μg und bei Frauen 45 μg. Das meiste mit der Nahrung aufgenommene Se liegt als Selenomethionin oder Selenocystein vor. Beide werden zu 90 % absorbiert. Anorganisches Se liegt als Selenit oder Selenat vor und wird zu 50–90 % absorbiert.

Die minimale Versorgung mit Se beträgt 20 μg/Tag um schwere Mängel wie die Keshan Krankheit zu vermeiden. Zur Gewährleistung der optimalen Funktion von Selenoproteinen wird in den USA eine Aufnahme von Se von 55 μg/Tag gefordert, in Neuseeland zur Erzielung einer optimalen GSHPx-3 Aktivität, eine Aufnahme von 68 μg/Tag /7/. Das diätetische Management chronisch metabolischer Erkrankungen und die antioxidative Rolle von Se ist in Lit. /19/ aufgezeigt.

Ein Schema zur Diagnose des Se-Mangels zeigt Tab. 10.9-3 – Diagnose des Selenmangels.

Die Substitution von Se in Abhängigkeit vom Seumwert zeigt Tab. 10.9-4 – Selenstatus und Indikation zur Selengabe.

10.9.5.4 Erkrankungen mit Selenmangel

Typisch für den nutritiven Selenmangel mit einer Zufuhr an Se von unter 20 μg/Tag sind die juvenile Kardiomyopathie (Keshan Krankheit) und die destruktive Osteoarthropathie (Keshan-Beck Erkrankung). Eine Unterversorgung mit Se kann durch parenterale Ernährung, bei Diäten ohne adäquaten Zusatz von Se sowie bei mangelnder Absorption im Rahmen von M. Crohn, Coeliakie, Dünndarmresektion sowie bei Vegetariern und Alkoholikern auftreten. Neben diesen Mangelerkrankungen an Se gibt es Erkrankungen und Situationen, bei denen der Bedarf an Se erhöht ist und eine Substitution mit Se die klinische Situation verbessern kann (Tab. 10.9-5 – Erkrankungen und Zustände mit Mangel oder Toxizität von Selen). Es wurden aber auch Erkrankungen mit Mangel an Se in Einzelstudien assoziiert, bei denen Metaanalysen das nicht bestätigt haben.

10.9.5.5 Toxizität von Selen

Selenmethionin weist eine geringere Toxizität auf als anorganische Verbindungen des Se. Da Se eine relativ geringe therapeutische Breite hat, sollte auch an eine übermäßige Supplementierung gedacht werden. Hohe Se-Werte im Serum helfen zwar zur Erkennung einer potentiellen Toxizität, es mangelt aber an der direkten Beziehung zwischen der Konzentration im Serum und der Einnahme. Zur Toxizität von Se siehe Tab. 10.9-5– Erkrankungen und Zustände mit Mangel oder Toxizität von Selen.

10.9.6 Hinweise und Störungen

Präanalytik

Die Kontaminationsgefahr bei der Probennahme und Probenverarbeitung ist gering.

Referenzbereich

Auf Grund erheblicher geographischer Variation in der Aufnahme von Se mit der Nahrung gibt es keinen universellen Referenzbereich für Se im Plasma/Serum. Denn die Konzentration ist vorwiegend abhängig von der Nahrungszufuhr, der geographischen Region und der Dauer der dortigen Lebenszeit /5/.

Zuverlässigkeit der Bestimmung

Der analytische Variationskoeffizient sollte 12 % nicht überschreiten /10/.

Stabilität im Serum/Plasma

Proben gut verschlossen bei 4 °C bis zu 2 Wochen haltbar.

10.9.7 Pathophysiologie

Se ist essentiell für Menschen und Säugetiere zur Synthese von Selenocystein, auch als Aminosäure 21 bezeichnet. Die essentielle Rolle von Selenocystein spiegelt sich darin wider, dass es eine spezielle Transfer-RNA für den Einbau von Selenocystein in Säugetierproteine gibt /11/. Bisher sind mindestens 25 Selenoproteine bekannt (Tab. 10.9-6–Selenoproteine und ihre Funktion).

Erwachsene haben einen Körperbestand an Se von 10–15 mg; endokrine Organe, Gonaden, Gehirn und rotes Fleisch weisen den höchsten Gehalt auf. Der Mensch nimmt Se mit der Nahrung in Form von Se haltigen Aminosäuren (Selenomethionin, Selenocystein, Selenocystin) und wenig in methylierter oder anorganischer Form auf. Se haltige Aminosäuren, besonders Selenmethionin, haben eine hohe Bioverfügbarkeit. Se, enthalten in Getreideprodukten, Weizen und Gemüse hat eine Bioverfügbarkeit von 85–100 % im Vergleich zu Fleisch und Milchprodukten mit geringerer Verfügbarkeit. Der Gehalt an Se in Fisch ist hoch und die Bioverfügbarkeit 20–50 %.

Selenate werden zu Seleniten reduziert und diese im Blut und von den Erythrozyten zu Selenwasserstoff reduziert und in Selenide umgewandelt (Tab. 10.9-1 – Biologisch und technisch wichtige Selenspezies).

Selenide sind die zentralen metabolischen Spezies von Se und der Vorläufer von Selenocystein. Die Selenide werden in mono-, di- und trimethylierte Produkte überführt. Die trimethylierten können mit dem Urin ausgeschieden, die dimethylierten über die Atmung entsorgt und die monomethylierten werden freigesetzt beim Metabolismus von Methylmethionin /12/.

Selen aus pflanzlicher Nahrung wird vorwiegend in Form von Selenomethionin absorbiert und wird nach Verteilung nicht systematisch in Se haltige Proteine (Albumin, Hämoglobin) anstelle von Methionin eingebaut. Es dient als längerfristige (Monate) Speicherform. Nicht zur Synthese von Proteinen verwendetes Selenomethionin wird wie Methionin abgebaut, wobei Selenocystein entsteht.

Selenocystein wird nicht anstelle von Cystein in Proteine eingebaut. Es entsteht aus Seleniden durch die Übertragung von Se auf die Aminosäure Serin. Selenocystein wird dann, vermittelt durch eine spezifische t-RNA, in Se-abhängige Proteine eingebaut. Diese sind verantwortlich für die Homöostase der Redoxsysteme, die Regulation von Transkriptionsfaktoren und die Bildung und Inaktivierung der peripheren Schilddrüsenhormonen (Tab. 10.9-5 – Erkrankungen und Zustände mit Mangel oder Toxizität von Selen).

Die Glutathionperoxidase (GPX) besteht aus bisher vier bekannten Isoenzymen. Sie katalysieren die Reduktion von H2O2 und Lipidperoxiden (ROOH) zu Wasser und den entsprechenden Alkoholen unter Bildung von oxidierten Glutathion. Es besteht funktionell eine Zusammenarbeit mit der Superoxiddismutase. Letztere reduziert O2 Radikale zu Peroxiden, die dann durch die GPX unschädlich gemacht werden. Siehe Beitrag 19.2 – Oxidativer Stress.

Die Thioredoxinreduktasen reduzieren oxidierte Thiolgruppen und andere Oxidantiensysteme wie Vitamin C und Vitamin E und regenerieren diese somit. Sie haben eine wichtige Funktion im Schutz der Zellen vor Sauerstoff und dessen reaktiven Spezies.

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10.10 Zink (Zn)

Lothar Thomas

Zn ist ein Schwermetall und kommt in Verbindungen in zweiwertiger Form vor. Es ist das 23 häufigste Element der Erdkruste und an deren Aufbau mit 5,8 × 10–3 Prozent beteiligt. Die Konzentration von Zn2+ ist im Meerwasser etwa 10–8 mol/l, in Zellen von Säugetieren etwa 10–9 mol/l und in Zellorganellen etwa 10–3 mol/l. Auf Grund der nicht variablen Valenz ist das Risiko einer freien Radikalbildung gering. Das Zn2+ ist ein guter Elektronenakzeptor. Für die Verhüttung besonders wichtig sind Zinksulfid, das als kubischer Spheralit (Zinkblende) und als hexagonaler Wurtzit auftritt.

10.10.1 Indikation

Verdacht auf Mangel an Zink:

  • Unterversorgung mit Spurenelementen allgemein.
  • Diarrhoe.
  • Hämodialyse.
  • Therapieresistente Dermatose.

Verdacht auf Intoxikation von Zink am Arbeitsplatz.

10.10.2 Bestimmungsmethode

Siehe Lit. /1/ und Beitrag 10.1.4 – Bestimmungsmethode.

10.10.3 Untersuchungsmaterial

Plasma/Serum/Vollblut: Empfohlene Blutentnahme mit metallfreiem Abnahmesystem (Punktionskanüle und Monovette mit Lithium-Heparinat): je 1 ml

24 h Sammelurin (Volumen angeben): 5 ml

10.10.4 Referenzbereich

Siehe Lit. /2, 3/ und Tab. 10.10-1 – Referenzbereiche für Zink im Serum/Plasma und Urin.

10.10.5 Bewertung

Zn ist in den Geweben weit verbreitet. So befinden sich 86 % in der Muskulatur und hohe Konzentrationen sind in der Prostata, dem Pankreas, der Nierenrinde und dem Hippocampus. Zn ist Bestandteil von etwa 120 Enzymen wie Carboanhydrasen, Carboxypeptidasen, alkalischen Phosphatasen, Oxidoreduktasen, Transferasen, Ligasen, Hydrolasen und Isomerasen. Weiterhin ist Zn Bestandteil der Zinkfinger, die Gene steuern durch transkriptionelle Aktivierung und Repression. Somit beeiflusst Zn den Aminosäure- und Proteinmetabolismus. Auch wenn durch die Veränderung einer dieser Funktionen meist keine spezifische Erkrankung resultiert, hat Zn eine systemische Bedeutung.

10.10.5.1 Zinkmangel

Zn ein wichtiger Bestandteil der DNA Polymerase, der reversen Transkriptase, der RNA Polymerase, der t-RNA Synthetase und des Protein Elongationsfaktors /4/. Bei Mangel an Zn kommt es zur Verzögerung des Wachstums und zu teratogenen Wirkungen wie bei der Acrodermatitis enteropathica. Da auch bei Mangel an Zn Störungen die Proteinsynthese und zelluläre Mechanismen betreffend auftreten, sind globale Funktionen wie das Wachstum, die zelluläre Immunität, die Fertilität und die Wundheilung betroffen.

Bei Fehlernährung und katabolen Zuständen mit langsam auftretender negativer Zn Bilanz werden die Plasmawerte durch Freisetzung von Zn aus dem Muskelgewebe relativ konstant gehalten, während sie bei einem raschen Verlust durch Diarrhoe abfallen. Deshalb bedürfen erhöhte gastrointestinale Verluste, Hyperkatabolismus und Aminosäureinfusionen der Supplementation mit Zn.

Im Plasma werden Konzentrationen von Zn normalerweise im Bereich von 0,8–1,2 mg/l (12–18 μmol/l) geregelt. Ein Mangel an Zn ist im Blut oft lange Zeit nicht erkennbar, da Muskulatur und Knochen reichliche Reserven haben, wenn sie auch keine eigentlichen Speicherorgane für das Element sind. Deshalb besteht auch keine Korrelation zwischen dem Wert von Zn im Plasma und dem Gehalt des Muskelgewebes /5/. Die Konzentration im Plasma/Serum ist demnach von zahlreichen Einflüssen abhängig und korreliert weder mit einer alimentären Depletion noch mit dem Gehalt an Zn in Geweben. Sie ist damit zur Bestimmung des Zinkstatus nur bedingt geeignet. Auch nimmt die Zn-Konzentration bei Akute-Phase-Reaktion ab.

Erkrankungen und Zustände, die mit einem Mangel an Zn einhergehen sind aufgeführt in Tab. 10.10-2 – Erkrankungen und Zustände mit Mangel oder Toxizität von Zink.

10.10.5.2 Intoxikation mit Zink

Im Vergleich zu anderen Metallionen mit ähnlichen chemischen Eigenschaften ist die Intoxikation mit Zn harmlos, da effiziente Mechanismen die exogene Aufnahme von Zn in hohen Dosen verhindern /6/. Siehe weiterführend Tab. 10.10-2 – Erkrankungen und Zustände mit Mangel oder Toxizität von Zink.

10.10.6 Hinweise und Störungen

Präanalytik

Durch die hohe Umweltkonzentration an Zn besteht ein Risiko der Kontamination bei der Probennahme, Lagerung und Probenvorbereitung. Werden die Blutzellen nach der Zentrifugation nicht abgetrennt, nimmt der Zn-Gehalt im Serum pro Stunde um ca. 6 % zu.

Blutentnahme

Es wird empfohlen, zur Blutentnahme metallfreie Abnahmesysteme einzusetzen, und alle Materialien (Gefässe, Pipettenspitzen, Messcups), die mit dem Untersuchungsmaterial in Kontakt kommen, mit Säure vorzuspülen /7/. Der Blutfluss sollte vor der Blutentnahme durch die Staubinde nicht länger als 1 Minute gestoppt werden, denn es resultiert ein Anstieg der Bindeproteine für Zn mit einer Erhöhung der Konzentration von Zn.

Hämolyse

Hämolyse durch starke Stauung und Aspiration führt zur Freisetzung von Zn aus den Erythrozyten, diese enthalten 10 mal mehr Zn als das Plasma /8/. Die Blutentnahme sollte am nüchternen Probanden erfolgen, da die Konzentration von Zn im Blut nach der Nahrungsaufnahme abfällt.

Zuverlässigkeit der Bestimmung

Der analytische Variationskoeffizient sollte 12 % nicht überschreiten /9/.

Stabilität im Serum/Plasma

Proben gut verschlossen bei 4 °C bis zu 2 Wochen haltbar.

10.10.7 Pathophysiologie

Zn unterliegt einer effizienten homöostatischen Kontrolle. Der Körperbestand des Menschen beträgt 2–3 g und ist vor allem in Muskel, Knochen, Leber, Nieren, dem Blut bildenden System, der Haut und dem Thymus vorhanden. Auf zellulärer Ebene sind 30–40 % im Nukleus, 50 % im Zytoplasma und der Rest in den Membranen lokalisiert. Die zelluläre Homöostase von Zn wird durch zwei Transporterfamilien reguliert, die Zn-Importer (Zip) die Zn in das Zytosol transportieren und die Zn-Transporter (ZnT) die den Auswärtstransport erledigen /6/.

Zn wird im Dünndarm, wahrscheinlich über den divalenten Metallionen-Transporter, in die Enterozyten aufgenommen und an Metallothionein (MT) gebunden. Die Aufnahme wird durch MT reguliert und durch andere essentielle Elemente wie Ca, Cu, Mn, Fe und Ni beeinflusst /10/. Die MT spielen eine wichtige Rolle in der Homöostase von Zn, denn sie können 20 % des intrazellulären Zn komplexieren. MT hat ein Molekulargewicht von 6–7 kD, ist Cystein reich und ein MT-Molekül kann bis zu 7 Zn2+ binden. Ionen des Kupfers werden von MT mit höherer Affinität gebunden als Zn2+. Bei langfristiger oraler Substitution mit Zn in Dosierungen über 180 mg/Tag kann es durch Kompetition von Cu2+ mit Zn2+ zu einem Mangel an Kupfer kommen. Das spielt aber für die Absorption nur eine Rolle, wenn Zn gegenüber Cu in mehr als 5 facher Menge in der Nahrung vorhanden ist.

Im Plasma liegt Zn an die negativen Akute-Phase Proteine Albumin, Transferrin und α2-Makroglobulin gebunden vor und wird zur Leber transportiert. Nicht von Enterozyten an diese Proteine abgegebenes Zn bleibt an MT gebunden und geht bei Apoptose des Enterozyten mit den Faeces verloren. Nicht benötigtes absorbiertes Zn wird also auf diesem Wege eliminiert, ein kleiner Teil wird über die Nieren ausgeschieden.

Zn spielt eine wichtige Rolle in der Regulation der Apoptose von Zellen und hat apoptotische und anti-apoptotische Wirkung. Eine hohe intrazelluläre Konzentration an Zn induziert die Apoptose entweder durch verstärkte Zufuhr von außen oder eine intrazelluläre Freisetzung. Reaktive Sauerstoffspezies oder eine Nitrosierung aktivieren proapoptotische Moleküle wie p38 oder K+-Kanäle wodurch es zum Zelltod kommt /6/.

Die anti-apoptotische Wirkung soll auf einer Interaktion von Zn mit Apoptose regulierenden Proteinen beruhen, so ist Zn ein Inhibitor der Caspase.

Zn ist ein Bestandteil der Zinkfinger Proteine /11/. Das Expressionsreservoir der Gene wird durch transkriptionale Aktivatoren und Repressoren reguliert, die sich an bestimmte Stellen eines Genoms binden. Verschiedene Faltungen von Proteinen, können Sequenz spezifisch DNA, Helixwindungen, Leucinzipper und Zinkfinger Domänen binden. Das C2H2 Zinkfinger-Motif umfasst 20–30 Aminosäuren mit je zwei Cystein- und Histidinresten, die durch ein Zinkatom koordiniert werden /11/.

Zn liegt im Darm als divalentes Kation vor und benötigt zum Transport durch die Zellmembran des Entrozyten keine Redoxreaktion wie das bei Eisen und Kupfer der Fall ist. Der Ein- und Austritt aus dem Enterozyten wir durch zwei Transporterfamilien kontrolliert, den Zinktransportern (ZNT) und den Zrt- und Irt- related proteins (ZIP) /24/.

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10.11 Jod

Lothar Thomas

Jod ist ein Nichtmetall und gehört zur Gruppe der Halogene und ist am Aufbau der Erdkruste mit 6,1 × 10–5 Prozent beteiligt, aber in sehr ungleicher Verteilung. In der Natur liegt Iod ausschließlich als Jodid (I) in gebundener Form vor.

Jodide sind Metallsalze der Jodwasserstoffsäure, ferner gehören dazu kovalente Jodide der Nichtmetalle wie Alkyl- oder Aryljodide. Die Konzentration von Iodid im Meerwasser ist etwa 50 μg/l. Jodidionen im Meerwasser werden zu elementaren Jod oxidiert, das sich dann in die Atmosphäre verflüchtigt und mit dem Regen auf die Erde zurückkehrt, womit sich der Kreislauf schließt.

Iodate sind Metallsalze der Jodsäure. Jodate werden weitgehend genutzt zur Anreicherung von Kochsalz mit Jod.

10.11.1 Indikation

Verdacht auf mangelnde Jodversorgung:

  • Schwangere und Neugeborene in Jodmangelgebieten.
  • Entwicklungsstörung von Kleinkindern.
  • Struma.

Verdacht auf Intoxikation mit Jod:

  • Jod-BasedowPhänomen.
  • Wolff-Chaikoff Effekt.
  • Kontrolle der Jodsubstitution.

10.11.2 Bestimmungsmethode

  • Hochdruck-Flüssigkeits Chromatographie kombiniert mit elektrochemischer Detektion
  • Kolorimetrischer Test (Cer-Arsenit Verfahren). Dabei wandelt eine Jodid katalysierte Redoxreaktion gelbes Cer (IV) zum farblosen Cer (III) um.
  • Farbschnelltest zur halbquantitativen Beurteilung der Konzentration von Jodid im Urin. Durch eine Jodid-katalysierte Oxidation von Tetramethylbenzidin mit Peressigsäure entsteht einer blau-grüne Farbe.

10.11.3 Untersuchungsmaterial

  • Spontanurin (Bestimmung von Jodid und Creatinin): 5 ml
  • 24 h Sammelurin unter Angabe des Sammelvolumens: 5 ml
  • Serum (kein bevorzugtes Untersuchungsgut): 1 ml

10.11.4 Referenzbereich

Siehe Lit. /1, 2/ und Tab. 10.11-1 – Referenzbereiche für Jod

10.11.5 Bewertung

Jod ist ein wichtiges Element zur Bildung von Hormonen der Schilddrüsen. Sowohl der Mangel, als auch die extensive Aufnahme von Jod führen zur Erkrankung der Schilddrüse. Jod in Form von Jodid ist weit, aber ungleich über den Erdball verteilt. Das Schmelzwasser der Eiszeit, Überschwemmungen und Erosionen haben Jod aus dem Boden gewaschen. Jod arme Böden sind häufig in Bergregionen und Gebieten von Überschwemmungen, besonders in Süd- und Südost-Asien /3/. Viele Inselregionen und auch der mittlere Westen von Nordamerika, Zentralasien, Zentralafrika und Osteuropa sind Jodmangelgebiete. Das meiste Jod befindet sich in den Ozeanen /3/.

10.11.5.1 Jodmangel

Etwa 2,2 Milliarden Menschen (etwa ein Drittel der Weltbevölkerung) lebt in Gebieten mit Iodmangel und haben ein Risiko für daraus resultierende Erkrankungen.

Die Nahrungsgewohnheiten einer Bevölkerung und der Zugang zu Jod haltiger Nahrung (Meerestiere, Milch, Milchprodukte, ionisiertes Salz und Jod haltige Ergänzungsmittel) sind wichtig zur Aufrechterhaltung eines normalen Jodstatus.

Erkrankungen mit Jodmangel betreffen Personen jeden Alters, aber am meisten betroffen sind Schwangere, ihre Feten, Neugeborene, Kinder und Heranwachsende. Die häufigsten Auffälligkeiten sind der endemische Kropf, Aborte, Totgeburten, kongenitale Abnormitäten, und eine erhöhte perinatale Kindersterblichkeit. Als endokrine Störung verursacht der Jodmangel eine Hypothyreose, die in ihrer extremsten Form in einem Kretinismus resultiert. Auch führt eine schwere Hypothyreose zu Störungen der mentalen Entwicklung, des Wachstums und zur prämaturen Pubertät. Die Folgen leichter Hypothyreosen sind weniger bekannt /4/.

Ursache des Mangels an Jod sind jodarme Böden. So beträgt in Pflanzen, die auf jodarmen Böden wachsen, der Jodgehalt 10 μg/kg Trockengewicht während er in Pflanzen aus iodreichen Böden 1 mg/kg betragen kann. Der Jodgehalt der Nahrung beträgt 3–80 μg pro Mahlzeit. Nahrungsmittel marinen Ursprungs enthalten mehr Iod als Milch und Brot, welches die häufigsten Nahrungsmittel in vielen Ländern sind /3/.

Zur ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Jod geben Institutionen Empfehlungen nach bestimmten Definitionen. Siehe Tab. 10.1-5 – Definitionen für den Bedarf von Spurenelementen.

Empfehlungen für die tägliche Jodaufnahme in Bezug auf das Alter und die Population sind aufgeführt in Tab. 10.11-2 – Empfehlungen zur täglichen Jodaufnahme.

Während der Schwangerschaft erhöht sich der tägliche Bedarf an Jod um nahezu 50%, entsprechend einer Ausscheidung von Jod im Urin von 150–250 μg/l. Ursachen sind eine vermehrte renale Ausscheidung von Jod, die verstärkte Bildung von Schilddrüsenhormon und der Bedarf des Feten. Untersuchungen zeigen, dass das von Schwangeren mit der Nahrung aufgenommene Jod auch in Regionen ohne Jodmangel unzureichend ist. Das zeigen Untersuchungen in Norwegen /16/ wo der Median der Jodausscheidung im Urin Schwangerer bei 85 μg/l lag und in Brasilien /17/ bei 146 μg/l.

Empfehlungen für die Aufnahme von Jod bei totaler parenteraler Ernährung sind für:

  • Kleinkinder 1 μg/kg Körpergewicht /5/.
  • Kinder 1 μg/kg Körpergewicht /5/.
  • Erwachsene 70–140 μg/Tag /6/.

Zur Feststellung des Jodstatus einer Person werden vier Methoden empfohlen /3/:

  • Bestimmung der Jodkonzentration bzw. der Jodausscheidung im Urin (Indikator des in den letzten Tagen aufgenommenen Jods).
  • Feststellung der Schilddrüsenvolumens (Beurteilung des Jodstatus in den letzten Monaten und Jahren).
  • Bestimmung von Thyreoidea stimulierenden Hormon (TSH) im Plasma/Serum (Indikator des in den letzten Tagen aufgenommenen Jods).
  • Bestimmung von Thyreoglobulin (Tg) im Plasma/Serum (Beurteilung des Jodstatus der letzten Monaten).

10.11.5.2 Jodausscheidung im Urin

Aufgenommenes Jod wird zu über 90 % mit dem Urin ausgeschieden, deshalb ist die Bestimmung der Konzentration von Jod in μg/l bzw. μg/24 h oder μg/g Creatinin ein guter Indikator der aktuellen Jodaufnahme /3/. Die Bestimmung im 24 h Sammelurin ist unpraktisch, deshalb wird für Populationsstudien die Bestimmung im Spontanurin und die Angabe der Ausscheidung in μg/l oder der Bezug auf Creatinin bevorzugt. Variationen in der Flüssigkeitsaufnahme der einzelnen Personen gleichen sich aus, da in Populatiosstudien eine größere Menge an Proben untersucht wird. Bei Einzelpersonen ist die Bestimmung im 24 h Urin zu empfehlen. Der Bezug auf Creatinin kann kritisch sein, da in Entwicklungsländern mit Jodmangel auch ein Nahrungsmangel bestehen kann und somit die Konzentration von Creatinin im Urin niedrig ist. Die tägliche Jodaufnahme kann bei Kenntnis der Jodkonzentration unter Annahme einer Bioverfügbarkeit von 92 % nach folgender Formel geschätzt werden /8/:

Jodaufnahme/Tag (μg) = Jod im Urin (μg/l) × 0,0235 × Körpergewicht (kg)

Eine Konzentration von 100 μg/l entspricht grob einer täglichen Aufnahme von 150 μg. Eine Abschätzung der Jodaufnahme anhand der Jodausscheidung und deren Bewertung ist aufgezeigt in Tab. 10.11-3 – Abschätzung der Jodversorgung anhand der Jodausscheidung im Urin.

In einer Studie /9/ hatten Schulkinder im Alter von 6–16 Jahren mit Struma eine mediane Jodausscheidung von 36 μg/l (0,28 μmol/l) bei normalen TSH-, T4- und T3-Werten. Nach 4-jähriger Therapie mit jodhaltigem Öl betrugen die medianen Ausscheidungswerte 188 μg/l (1,46 μmol/l).

Einen Zusammenhang der Ausscheidung von Natrium im Urin und der Jodstatus zeigt eine koreanische Studie. Eine niedrige Ausscheidung von Natrium und Jod war häufig bei jüngeren Menschen (19–29 Jahre) und höhere Werte häufig bei älteren Personen (60–75 Jahre) /18/.

10.11.5.3 Schätzung der Jodaufnahme

Bestimmung des Schilddrüsenvolumens

Das mittels Ultrasonographie bestimmte Volumen der Schilddrüse niederländischer Probanden beträgt bei Männern 12,7 ± 4,6 ml und bei Frauen 8,7 ± 3,9 ml /10/. Höhere Werte weisen auf eine Struma hin. Die Inter-Untersucher Variabilität beträgt aber 26 %.

TSH

TSH kann zur Abschätzung der Jodaufnahme mit der Nahrung eingesetzt werden. Obwohl bei älteren Kindern und Erwachsenen der TSH-Wert bei Jodmangel erhöht sein kann, ist er jedoch häufig im Referenzbereich und somit ein insensitiver Marker /3/.

Bei Neugeborenen ist TSH jedoch ein sensitiver Marker des Jodmangels. Im Vergleich zum Erwachsenen enthält die Schilddrüse des Neugeborenen wenig Jod, hat aber einen höheren Turnover an Jod. Da die Jodversorgung gering ist, muss der Turnover von Jod hochreguliert werden, was einer stärkeren Ausschüttung von TSH bedarf. Bei Jod defizienten Neugeborenen ist deshalb der TSH-Wert in der ersten Lebenswoche auf über 5 mU/l hochreguliert, ein Zustand der als transienter Hypothyreoidismus des Neugeborenen bezeichnet wird. Die Inzidenz beträgt etwa 3 %.

Thyreoglobulin

Thyreoglobulin (Tg) wird von der Schilddrüse gebildet und ist das häufigste intrathyreoidale Protein. Geringe Mengen werden in das Plasma abgegeben /3/. Dort beträgt die Konzentration < 10 μg/l. In Jodmangelgebieten mit endemischer Struma ist die intrathyreoidale Tg-Menge erhöht und vermehrt Tg tritt in die Zirkulation über. Die Tg-Konzentration im Plasma korreliert mit der Jodausscheidung im Urin. Tg fällt unter Substitution mit Kaliumjodid oder jodiertem Öl und erreicht normale Werte nach mehreren Monaten. Tg ist ein empfindlicherer Marker der Auffüllung der Jodspeicher als TSH und T4.

Thyreoperoxidase Antikörper (anti-TPO)

In einer Studie /19/ war die Prävelenz einer subklinischen Hypothyreose bei Kindern und Jugendlichen erhöht, gemessen anhand der Erhöhung von anti-TPO, sowohl bei Patienten mit verminderter Jodausscheidung (normal 100–300 μg/l) als auch bei vermehrter Jodausscheidung (über 1.000 μg/l) durch exzessive Jodaufnahme.

Muster der peripheren Schilddrüsenhormone

In Gebieten mit moderatem bis schwerem Jodmangel haben Kinder und Erwachsene variabel erhöhte TSH-Werte, niedriges T4 und normales oder erhöhtes T3. Die Tg-Konzentration ist typischerweise erhöht /3/. Kretinismus und Schilddrüseninsuffizienz bilden sich in Gebieten mit schwerem chronischen Jodmangel aus. Der TSH-Wert ist stark erhöht, T4 und T3 sind stark vermindert.

10.11.5.4 Jodbelastung und Jodtoxizität

Jodaufnahmen von bis zu 1 mg/Tag sind bei Erwachsenen tolerabel, da die Schilddrüse über einen weiten Bereich Jod aufnehmen und die Synthese und Freisetzung von Schilddrüsenhormonen regeln kann. Einige Personen mit erhöhter Jodaufnahme, insbesondere diejenigen, die zuvor einen Mangel hatten, entwickeln eine Hyperthyreose (Jod-Basedow Phänomen). Eine exzessive Aufnahme kann aber auch die Jodaufnahme der Schilddrüse hemmen und somit die Synthese von Schilddrüsenhormonen (Wolff-Chaikoff-Effekt). Bei Kindern führen tägliche Aufnahmen über 500 μg Jod zu einem erhöhten Schilddrüsenvolumen /10/.

Die parenterale Gabe von Jod kann zu akuten Reaktionen der Hypersensitivität wie Haut- und Schleimhautblutungen, angioneurotischem Ödem, Fieber, Arthralgie, Eosinophilie und Lymphadenopathie führen.

Die chronische Jodvergiftung verursacht Metallgeschmack, erhöhte Salivation, Kopfschmerz, Lungenödem und gastrointestinale Beschwerden.

10.11.6 Hinweise und Störungen

Jodausscheidung im Urin

Zwischen der Aufnahme von Jod und der renalen Aussscheidung von Jod besteht eine gute Beziehung, aber nur ein schwach positiver Zusammenhang von Jodgehalt der Schilddrüse und der Jodausscheidung /11/.

Eine Mikromethode des Cer-Arsenit Verfahrens zeigt eine ausreichende Zuverlässigkeit zur Bestimmung niedriger Jodwerte im Urin /12/.

10.11.7 Pathophysiologie

Jod wird in verschiedenen chemischen Formen enteral aufgenommen. Jodide werden nahezu komplett absorbiert. Bei Jodaden, die weitgehend zur Jodierung von Salzen verwendet werden, erfolgt vor Absorption die Reduzierung zu Jodiden. Nahezu 90 % der Jodmenge der Nahrung wird absorbiert. Die Aufnahme durch den Enterozyten des Dünndarms erfolgt vermittels des Natrium-Jod Symporters (NIS), der in der apikalen Membran lokalisiert ist. NIS kotransportiert zwei Na+ gemeinsam mit einem J, wobei der Natriumgradient die treibende Kraft für den Jodidtransport ist. Die Energie wird durch die Quabain-sensitive Na+–K+-ATPase zur Verfügung gestellt /12/.

Die Verteilung des Jods erfolgt im Extrazellulärraum. Die Clearance von Jod wird durch die Schilddrüse und die Nieren geregelt. Unter physiologischen Bedingungen werden nur 10 % des absorbierten Jods von der Schilddrüse aufgenommen, der Rest renal eliminiert. Bei Jodmangel nimmt die Schilddrüse bis zu 80 % des enteral absorbierten Jods auf.

Der Jodtransport in die Thyreozyten und die Bildung von Schilddrüsenhormonen geschieht folgendermaßen (Abb. 10.11-1 – Aspekte des Jodtransportes vom Thyreozyten in die Schilddrüsenfollikel) /312/:

  • Die Aufnahme von J wird basolateral durch den Na+/J-Symporter (NIS), vermittelt.
  • Der Transport von J vom Thyreozyten zum Kolloidfollikel an der apikalen Membran erfolgt durch Pendrin, einen Cl/J-Tranporter.
  • Am Übergang vom Thyreozyten zum Kolloidfollikel werden J durch H2O2 oxidiert, katalysiert durch die Thyroxinperoxidase (TPO).
  • Jod wird an Tyrosinreste des Thyreoglobulins gebunden zur Bildung von Monojodtyrosin (MJT) und Diiodtyrosin (DJT), den Vorläufern der Schilddrüsenhormone.
  • TPO katalysiert anschließend die Kopplung der Phenylgruppen der Jodtyrosine durch Diätherbrücken unter Bildung der Schilddrüsenhormone.
  • Die Bindung von zwei DJT-Molekülen ergibt T4 und die Bindung von einem DJT mit einem MJT das T3.
  • Das Jodgewicht in T4 ist 65 % und 59 % in T3.
  • Nach Endozytose von Thyreoglobulin verdauen endosomale und lysosomale Proteasen das Thyreoglobulin und T4 und T3 werden in die Zirkulation entlassen.

Der Körperbestand eines Erwachsenen beträgt 15–20 mg Jod. Die Halbwertszeit von Jod im Plasma ist etwa 10 h. Das intrathyreoidal gespeicherte Jod reicht theoretisch ein halbes Jahr für die Produktion von Schilddrüsenhormonen, allerdings ist ein beträchtlicher Teil in nicht hormonogenen Tyrosinresten gebunden. Die Leber enthält Jod vor allem in Lysosomen, vermutlich aus dem Abbau jodhaltiger Proteine.

Bestandteile der Nahrung können den Metabolismus von Jod stören und einen Jodmangel verstärken. Solche Substanzen, auch Goitrogene genannt, enthalten Glucosinolate,es handelt sich um Substanzen, die mit Jod um die Aufnahme in die Schilddrüse kompetieren. Glucosinolate sind z.B. in Kreuzblütlern wie Broccoli, Grünkohl und Weiskohl enthalten. Auch Zigarettenrauchen führt zu erhöhten Thiocynatwerten und einer Hemmung der Jodaufnahme der Thyreozyten, ebenfalls Perchlorate. Hirse und Sojabohnen enthalten TPO hemmende Flavinoide. Mangel an Selen verstärkt die Wirkung des Jodmangels da Dejodasen und Glutathionperoxidasen Selen abhängige Enzyme sind.

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Tabelle 10.1-1 Kriterien eines essentiellen Spurenelements /3/

  • Bestandteil der natürlichen Umwelt.
  • In physiologischen Mengen in der Nahrung vorhanden.
  • Liegt in Geweben in relativ konstanter Konzentration vor.
  • Ist schon beim Neugeborenen und auch in der Muttermilch vorhanden.
  • Der Entzug führt bei Mensch und Säugetier zu ähnlichen physiologischen und strukturellen Veränderungen. Diese bilden sich zurück, wenn das Spurenelement zugeführt wird.
  • Mit dem essentiellen Spurenelement ist eine biologische Funktion im Organismus assoziiert.

Tabelle 10.1-2 Biochemische Funktionen essentieller Spurenelemente /3/

  • Enzymatische Aktivität als Bestandteil der prosthetischen Gruppe oder als Kofaktor.
  • Transport von Sauerstoff (Eisen, Kupfer).
  • Organisation und Struktur von Makromolekülen, z.B. Kupfer im Keratin, Silizium im Bindegewebe, Zink in Transkriptionsfaktoren (Zinkfinger).
  • Vitaminaktivität (Kobalt im Vitamin B12).
  • Hormonelle Aktivität (Jod in den Schilddrüsenhormonen).

Tabelle 10.1-3 Symptome, die auf einen bestimmten chronischen Spurenelement-Mangel hinweisen /3/

Klinische Symptome/Diagnose

Element

Infektanfälligkeit, Immunschwäche

Zink

Wundheilungsstörung, Persistierende Hauterkrankung

Zink

Störung sensorischer Funktionen (Tastsinn, Geruchssinn)

Zink

Anämie, Schwächegefühl

Eisen, Kupfer

Gehäufte Knochenbrüche

Kupfer

Depression

Zink

Retardierung von Wachstum und sexueller Entwicklung

Zink

Gestörte Glucosetoleranz

Chrom

Inadäquates Verhalten und Störung der individuellen Entwicklung

Chrom, Eisen, Jod, Mangan, Selen, Molybdän

Myopathie, kardial und skelettal

Selen

Tabelle 10.1-4 Symptome, die auf eine bestimmte chronische Spurenelement-Belastung hinweisen /3/

Klinische Symptome/Diagnose

Element

M. Wilson

Kupfer

Cholestase-Lymphödem-Syndrom

Kupfer

Hereditäre Hämochromatose

Eisen

Thalassämie

Eisen

Bantu-Siderose

Eisen

Biertrinker-Kardiomyopathie

Kobalt

Indian childhood cirrhosis

Kupfer

Enshi County selenosis

Selen

Aboriginal manganism

Mangan

Endemische Fluorose

Fluor

Chronische Niereninsuffizienz

Chrom, Nickel

Totale parenterale Ernährung

Chrom, Nickel, Mangan

Hämodialyse

Kupfer, Zink

Prothetische Implantate

Kobalt, Eisen, Mangan, Molybdän, Nickel, Vanadium, Silizium

Exzessive Supplementation

Kupfer, Chrom, Selen, Zink

Hepatobiliäre Stase

Kupfer, Mangan

Vergiftung

Kupfer, Eisen, Selen

Tabelle 10.1-5 Definitionen für den Bedarf von Spurenelementen

Definition

Erklärung

EAR *

Estimated average requirement (EAR); es handelt sich um die tägliche Spurenelementaufnahme, die den Bedarf der Hälfte der Bevölkerung einer bestimmten Lebenssituation betrifft. Die EAR betrifft nicht das einzelne Individuum, sie gilt für bestimmte Gruppen.

RDA *

Recommended dietary allowance (RDA), sie betrifft die tägliche Aufnahmemenge, die den Bedarf von 97–98 % der Bevölkerung deckt. Die RDA kann angewendet werden als Ziel der Aufnahmevon Spurenelementen des einzelnen Individuums.

AI *

Adequate nutritient intake (AI). Empfehlung die gegeben wird, wenn zu wenig Evidenz zur Kalkulation der EAR vorliegt.

RNI **

Recommended nutritient intake (RNI). Sie umfasst den täglichen Bedarf an Spurenelementen jedes gesunden Individuums.

* Definition des US Institute of Medicine. ** Definition der WHO

Tabelle 10.1-6 Spurenelemente mit katalytischer Funktion, nach Lit. /20/

Enzyme

Ca

Co

Cu

Fe

Mg

Mn

Mo

Ni

Se

Zn

Enzyme, die durch Spurenelemente aktiviert werden

  • Aminopeptidasen

Mg

Mn

  • Arginase

Ca

Mg

Mn

  • Enolase

Fe

Mn

Zn

  • Dipeptidasen

Ca

Mg

Ni

  • Glucokinase

Ca

Co

Mg

Mn

Zn

  • Phosphatasen

Ca

Cu

Fe

Mg

Ni

Zn

Metalloenzyme mit fester Spurenelementbindung

  • Aldehydoxidase

Cu

Mo

  • Alkalische Phosphatase

Zn

  • Alkoholdehydrogenase

Ni

  • Carboanhydrase

Zn

  • Carboxypeptidase A

Co

Fe

Mn

Ni

Zn

  • Carboxypeptidase B

Co

Zn

  • Cytochrom C-Oxidase

Co

Cu

  • Typ I Jodthyronin-5´-Dejodase

Se

  • Glutathionperoxidase

Se

  • Glutamatdehydrogenase

Zn

  • Lactatdehydrogenase

Ni

  • Malatdehydrogenase

Ni

  • NADP-Cytochromreduktase

Fe

  • Nucleosidphosphorylase

Zn

  • Succinatdehydrogenase

Fe

  • Superoxiddismutase

Cu

Mn

Zn

  • Tyraminase

Cu

  • Tyrosinase

Cu

  • Urikase

Cu

  • Xanthinoxidase

Cu

Mo

Tabelle 10.2-1 Toxizität von Chrom (Cr)

Parenterale Ernährung /11/: Bei totaler parenteraler Ernährung werden kurz- oder langfristig erhebliche Mengen von Cr zugeführt und es werden in Abhängigkeit von der Studie 10–50-fache Erhöhungen von Cr im Plasma gegenüber dem Referenzbereich gemessen, auch die Ausscheidungen im Urin sind bis zu 20 fach erhöht /7/. Die Ursachen sind eine Substitution der parenteralen Nahrungsmittel mit Cr, ihr natürlicher Cr-Gehalt und die Verunreinigung von Aminosäurepräparaten mit Cr.

Metallische Hüftprothese /13/: Weltweit sind etwa 1 Mio Metall auf Metall Hüftprothesen implantiert. Die Oberflächen von Hüftkopf und Hüftgelenkspfanne bestehen vorwiegend aus Cr und Cobalt. Während der Einlaufphase, die bei aktiven Personen in 9–12 Monaten etwa 1 Mio Gelenkbewegungen umfasst, besteht durch Reibung eine Belastung mit Cr- und Cobalt-haltigen Partikeln und den Metallionen. Bei gut sitzender Prothese erfolgt dann die Bedding-in phase mit geringerer Freisetzung von Cr und Cobalt und Abnahme der Konzentration in der Synovia. Bei Enfernung einer Hüftprothese wird Cobalt innerhalb von 2 Monaten um den Faktor 5 im Vollblut reduziert, bei Cr erfolgt das langsamer. Bei schlecht sitzender Prothese werden Cr und Cobalt verstärkt freigesetzt. Die Folgen sind:

  • Immunologische Reaktionen durch Cr- und Cobalt-haltige Partikel und Cobalt- und Cr-Ionen. Sie führen durch eine unspezifische Fremdkörperreaktion, initiiert durch das angeborene Immunsystem. Die Folgen sind Füssigkeitsansammlung oder feste Weichteilmassen um die osteolytischen Läsionen der Hüfte.
  • Die seltenere Metallallergie in Form der Typ IV-Hypersensitivitätsreaktion.

Metall-Hüftprothesenträger haben kein erhöhtes Risiko für solide Tumoren, aber ein 2–3 faches Risiko für hämatologische Malignitäten, insbesondere Lymphome.

Labordiagnostik: Im Serum haben Personen, die nicht Cr oder Cobalt exponiert sind und keine Metallprothesen haben, Konzentrationen von jeweils Cr und Cobalt < 1 μg/l. Nach Implantation steigen die Konzentrationen an, erreichen nach 3 J. ein Gleichgewicht und haben:

  • Bei unilateraler Prothese akzeptable obere Werte für Cr von 4,6 μg/l und Cobalt von 4,0 μg/l. Ein anderer Autor gibt für Cobalt < 10 μg/l an.
  • Bei bilateraler Prothese obere Werte für Cr von 7,4 μg/l und für Cobalt von 5,0 μg/l.

Liegt keine Niereninsuffizienz vor, ist in der Verlaufsbeurteilung wie folgt zu verfahren:

  • Sind die Werte von Cr und Cobalt im akzeptablen Bereich werden 1, 2, 3, 5, 7 und 10 J. nach Operation Kontrollen durchgeführt.
  • Betragen die Werte > 4 –10 μg/l (unilaterale Prothese) und 10–20 μg/l (bilaterale Prothese) liegt eine moderate Belastung vor und bildgebende Verfahren müssen durchgeführt werden.
  • Bei Konzentrationen von jeweils > 20 μg/l besteht eine hohe Metallbelastung, auch wenn keine klinischen Beschwerden vorliegen oder bildgebende Verfahren normal sind.

In der Synovialflüssigkeit sind Cr- und Cobalt-Werte > 5.000 μg/l mit einer schädlichen Wirkung durch Metallabrieb assoziiert.

Tabelle 10.4-1 Referenzbereiche für Kupfer /567/

Plasma/Serum

Urin

μmol/l

μg/dl

Frühgeborene

2,7–7,7

17–44

Kinder

  • 0–4 Mon.

1,4–7,2

9–46

  • 4–6 Mon.

3,9–17,3

25–110

  • 7–12 Mon.

7,9–20,5

50–130

  • 1–5 J.

12,6–23,6

80–150

  • 6–9 J.

13,2–21,4

84–136

  • 10–13 J.

12,6–19,0

80–121

  • 14–19 J.

10,1–18,4

64–117

Frauen

  • ohne Östrogen-Substitution

10,7–26,6

68–169

5,7–119 μmol/mol Creatinin (3,2–67 μg/g Creatinin)

  • mit Östrogen-Substitution

15,7–31,5

100–200

Männer

11,0–22,0

56–111

0,16–0,94 μmol (10–60 μg)/24 h

Umrechnung: μg/dl × 0,157 = μmol/l, μg/g Creatinin × 1,781 = μmol/mol Creatinin

Tabelle 10.4-2 Erkrankungen und Zustände mit Kupfermangel und Kupferüberladung

Morbus Wilson (Hepatolentikuläre Degeneration): Der M. Wilson ist eine autosomal rezessive Erkrankung, bedingt durch eine genetisch bedingte Inaktivierung des ATP-getriebenen Transporters ATP7B. Dieser sitzt im Trans-Golgi-Netzwerk und transportiert im Hepatozyten Kupfer in den sekretorischen Weg, so dass dies an Apocoeruloplasmin gebunden und in die Gallenflüssigkeit sezerniert werden kann (weiterführend siehe Beitrag 18.7 – Coeruloplasmin).

Labordiagnostik: Erniedrigtes Serum-/Plasmakupfer, Anstieg in Phasen akuter Hämolyse, meist stark erniedrigtes Coeruloplasmin. Kupferausscheidung im Urin unter 40 μg/24 h, nach D-Penicillamin-Gabe (4 × 250 mg oral) über 100 μg/24 h. Erhöhter Kupfergehalt in der Leber auf über 250 μg/g Trockengewicht. Siehe auch Beitrag 18.7.

Menkes Erkrankung (Kinky-Hair oder Steely-Hair-Syndrom): Die Menkes Erkrankung ist eine X-chromosomal gebundene Erkrankung. Es besteht ein verminderter Efflux von Cu aus den Enterozyten in das Blut und somit auch in das Gehirn nach der Absorption von Kupfer aus dem Darmlumen. Ursache sind Mutationen im Gen, das die Menkes ATPase (ATP7A) kodiert (Tab. 10.4-3 – Proteine des Kupferstoffwechsels). Die Patienten zeigen eine verzögerte Entwicklung des Wachstums, eine gestörte Temperaturkontrolle, Bindegewebsabnomitäten, Krämpfe, mentale Retardierung und sterben in früher Kindheit /18/.

Labordiagnostik: Erniedrigtes Plasmakupfer, stark vermindertes Coeruloplasmin. Altersabhängig erniedrigter Kupfergehalt in der Leber, erhöhter Kupfergehalt in Duodenalschleimhaut.

Anämie, Granulozytopenie: Hämatologische Befunde bei Kupfer-Mangel sind Anämie, Leukozytopenie und selten Thrombozytopenie. Diese Symptome sind häufig die ersten Symptome bei Kindern mit Kupfer Mangel. Die Erythrozyten sind gewöhnlich mikrozytär, zeigen aber eine multiple Morphologie mit mikro-, normo- und makrozytären Zellen /19/. Die Erythrozytenlebenszeit ist verkürzt, bedingt durch eine erhöhte Lipidperoxidation der Erythrozytenmembran. Die Vorläuferzellen im Knochenmark haben häufig eine Vakuolisierung des Zytoplasmas wie sie bei Alkoholintoxikation, Medikamentenintoxikation, Chemotherapie und dem myeloproliferativen Syndrom gesehen wird. Die Mechanismen auf Grund derer der Kupfer Mangel eine Anämie bewirkt beruhen darauf, dass Kupfer in den Eisentransport und die Hämsynthese involviert ist. So ist Coeruloplasmin eine Ferrioxidase die Kupfer bindet und vergleichbar dem Hephaestin zweiwertiges in dreiwertiges Eisen transformiert, so dass es nach Freisetzung an der basolateralen Membran des Enterozyten an Transferrin gebunden werden kann (siehe auch Abb. 7.1-1 – Transport von Eisen durch den Enterozyten im Dünndarm). Die Cytochromoxidase, ebenfalls Kupfer abhängig ist erforderlich für die Reduktion von dreiwertigen in zweiwertiges Eisen, so dass dies in das Hämmolekül eingebaut werden kann.

Nutritiver Kupfermangel: Der nutritive Kupfermangel ist selten und resultiert meist aus einer schweren längerzeitigen Malabsorption, z.B. bei Frühgeborenen, Kindern mit schwerer Malabsorption und Patienten mit parenteraler Ernährung ohne Substitution von Kupfer.

Parenterale Ernährung: Die Berichte sind auf wenige Fälle limitiert und beziehen sich auf Kinder mit Kurzdarm Syndrom und Erwachsene mit Sklerodermie und schwerer Malabsorption /20/. Auch bei Kindern mit Cholestase, die auf Grund der Cholestase Kupfer akkumulieren, wird die Supplementation mit Kupfer bei parenteraler Ernährung empfohlen /21/.

Zink-induzierter Cu-Mangel: Wird Zink über einen längeren Zeitraum eingenommen, kommt es auf Grund einer Kompetition zwischen Zink und Kupfer zu einer verminderten Kupfer-Absorption, die Metallothionein (MT) bedingt ist. Die Expression von MT wird durch Zinkbelastung hochreguliert und MT bindet Kupfer mit höherer Affinität als Zink. Der MT-Kupfer Komplex wird über die Galle ausgeschieden /22/.

Schwangerschaft: Der Kupfer- Mangel ist sehr selten. Auf Grund des Verbrauchs von Kupfer durch den Fetus wird von der Schwangeren vermehrt Kupfer enteral absorbiert /2/.

Neugeborenes: Die fetale Leber speichert große Mengen an Kupfer, die Kupferreserve ist abhängig vom Gestationsalter des Neugeborenen /23/. Kommt es bei Frühgeborenen mit einem verminderten Speicher an Kupfer zu einem geringen Kupfer-Angebot mit der Nahrung, etwa durch parenterale Ernährung, Formelmilch-Zubereitungen oder die Gabe von Milch mit hohem Eisengehalt (kompetitive Hemmung der Kupfer-Absorption), so besteht in den ersten Lebensmonaten die Gefahr eines nutritiven Mangels an Kupfer.

Labordiagnostik: Bei schwerem Mangel an Kupfer ist Kupfer im Plasma/Serum erniedrigt, ebenfalls Coeruloplasmin und die erythrozytäre Superoxiddismutase.

Nephrotisches Syndrom: Verminderte Konzentration von Kupfer durch renalen Verlust von Coeruloplasmin.

Neurodegenerative Erkrankungen /24/: Neurodegenerative Erkrankungen, die mit einer Störung der Spurenelement-Homöostase des Gehirns einhergehen, sind die Alzheimer Erkrankung (AD), die Parkinson-Erkrankung (PD) und die Chorea Huntington (HD).

AD: Diese Patienten sollen eine Tendenz zu erhöhtem Kupfer, erniedrigtem Coeruloplasmin und einer verminderten Aktivität der SOD im Liquor cerebrospinalis (CSF) haben.

PD: Bei diesen Patienten soll der Gehalt an Kupfer in den retikulären Formationen höher sein als bei Gesunden und auch die Konzentration in der CSF. Dadurch soll die Fe-Aufnahme der Neurone gestört sein. Generell ist die Bedeutung von Kupfer bei der PD unklar.

HD: Erhöhte und erniedrigte Werte von Kupfer wurden bei diesen Patienten nachgewiesen. Die Pathophysiologie ist unklar.

Myelopathie: Myelopathien, assoziiert mit Kupfer-Mangel, treten bei Patienten in der 5. und 6. Lebensdekade auf, bei Frauen häufiger als bei Männern. Die Ätiologien des Mangels an Kupfer sind gastrointestinale Chirurgie, hohe Supplementation von Zink und Malabsorptions Syndrom /25/.

Bariatrische Chirurgie: Die bariatrische Chirurgie wird zur Reduktion des Körpergewichts bei starker Adipositas durchgeführt. Während sich nach der Operation der Body mass index, die Glucosetoleranz und die Cholesterinkonzentration bessern, erleiden diese Personen nicht selten einen Mangel an Kupfer. Der Mangel wird oft nicht gleich diagnostiziert, sondern erst wenn Anämie und Leukopenie auftreten /26/.

Cisplatin Resistenz: Cisplatin wird über den Rezeptor CTR1 in die Zelle aufgenommen und durch den Kupfer-Transporter ATP7B intrazellulär transportiert. Kupfer und Cisplatin interagieren an verschiedenen Stellen mit ATP7B. Ein Mangel an Kupfer, verursacht durch die Herunterregulierung von CTR1 und die Hochregulierung von ATP7A sollen mit eine Ursache der Cisplatin Resistenz sein /27/.

Koronare Herzerkrankung: Zwischen der Höhe der Konzentration von Kupfer im Plasma und der Konzentration von HDL besteht eine positive Korrelation. Die erniedrigte Kupfer-Aufnahme begünstigt eine Hypercholesterinämie: Studien zeigen, dass ein milder Kupfer-Mangel in Assoziation mit einer Zink-Substitution das Risiko der Arteriosklerose erhöht /28/.

Diabetes mellitus: Diabetiker des Typs 1 haben erhöhte Konzentrationen an Kupfer in Vollblut, Plasma und mononukleären Zellen. Das ist nicht der Fall beim Diabetes Typ 2. Auch sollen Patienten mit mehr als drei Manifestationsmarkern des metabolischen Syndroms gegenüber Gesunden um 30 % höhere Konzentrationen an Kupfer im Plasma haben /29/.

Tabelle 10.4-3 Proteine des Kupfermetabolismus /1727/

CTR1: Der Cu-Transporter 1 (CTR1) hat folgende Funktionen:

  • Transport von Cu1+ in den Enterozyten entweder direkt über die basolaterale Membran oder Export aus einem Vesikel nach Aufnahme über den Bürstensaum und von dort in das Blut.
  • Aufnahme von Transportprotein-gebundenen Kupfer in den Hepatozyten. CTR1 ist auch für die Aufnahme von Cisplatin verantwortlich, ein Medikament das zur Behandlung verschiedener Karzinome eingesetzt wird.

ATP7A: Kupfer transportierende ATPase, die den Transfer des Kupfers vom Zytosol zu den Kupfer haltigen Enzymen in den sekretorischen Ablauf zur Bindung an Coeruloplasmin der Zellen vermittelt und somit die Kupfer-Ausscheidung der Zellen fördert. Die Kupfer-transportierenden ATPasen nutzen die Energie der ATPHydrolyse zum Transport von Cu1+ aus dem Zytosol zur Plasmamembran. Sie führen dies auf indirekten Wege durch, denn sie transportieren das Kupfer nur in intrazelluläre Vesikel, diese fusionieren dann mit der Plasmamembran und Kupfer wir freigesetzt /17/. Mutationen im ATP7A Gen verursachen die Menkes Erkrankung, deshalb wird ATP7A auch als Menkes ATPase bezeichnet.

ATP7B: In den Hepatozyten ist diese ATPase im Trans-Golgi-Netzwerk lokalisiert und transportiert Kupfer in den sekretorischen Weg zur Bindung an Apocoeruloplasmin und die Ausscheidung in die Galle /17/. Angeborene Loss-off-function mutations im ATP7B-Gen sind mit dem M. Wilson assoziiert, deshalb wird ATP7B auch als Wilson-ATPase bezeichnet. Die häufige H1069Q-Mutation bewirkt eine temperaturabhängige Störung in der Faltung des Proteins ATP7b, so dass dies falsch im endoplasmatischen Retikulum lokalisiert wird.

Atox1: Intrazelluläres Kupfer wird durch Metallchaperone zu spezifischen Proteinen transportiert. Atox1 liefert Kupfer zu den ATPasen ATP7A und ATP7B.

Metallothionein: Metallothioneine sind evolutionär erhaltene Cystein reiche intrazelluläre Proteine mit dem Vermögen Kupfer, Cadmium und Zink zu binden. Von den verschiedenen Metallothioneinen sind einige in allen Zellen vorhanden. Ihre Aufgabe ist es überschüssiges Kupfer zu binden und zu speichern, besonders in den Hepatozyten.

Metallochaperone: Metallochaperone sind niedermolekulare Proteine im Zytoplasma und binden Metalle. Jedes hat eine spezifische Aufgabe bezugnehmend des Transports von z.B. Kupfer in bestimmte Zellorganellen.

Coeruloplasmin, Hephaestin: Coeruloplasmin (Cp) und Hephaestin sind essentielle Ferrooxidasen die mehrere Atome Kupfer enthalten. Cp wird in den Hepatozyten synthetisiert und in das Plasma sezerniert nach der Inkorporation von 6 Kupferatomen. Da Cp 95 % des Kupfers im Plasma enthält, ist seine Konzentration ein Indikator des hepatischen Kupfer-Metabolismus. Sind bei Mangel an Kupfer die hepatischen Kupfer Speicher leer, wird vorwiegend Apocoeruloplasmin gebildet und die Konzentration von Cp im Plasma ist niedrig. Bei Patienten mit M. Wilson wird durch funktionloses ATP7B kein Kupfer zu den sekretorischen Wegen des Hepatozyten transportiert und es resultiert eine verminderte Cp-Konzentration. Dies ist ein erstes wichtiges Kriterium zur Diagnostik des M. Wilson /17/.

Tabelle 10.4-4 Kupfer haltige Enzyme und ihre biochemische Funktion /20/

Enzym

Funktion

Ferrooxidasen

Ferrooxidasen wie Coeruloplasmin und Hephaestin katalysieren die Oxidation von zweiwertigem in dreiwertiges Eisen, z.B. wenn Eisen über die Basalmembran des Enterozyten in das Blut gelangt, um dort als dreiwertiges Eisen an Transferrin gebunden zu werden. Intrazellulär kommt Eisen in zweiwertiger Form vor, extrazellulär dreiwertig. Generell oxidieren Ferrooxidasen Eisen beim Übergang von intra- nach extrazellulär.

Lysyloxidasen

Diese Enzyme sind an der Quervernetzung von Kollagen und Elastin in Bindegeweben beteiligt. Ein Mangel an Kupfer führt zur verminderten Aktivität mit Störung der Knochenbildung, Defekten des Bindegewebes und der Blutgefäße.

Dopamin-Hydroxylase

Dieses Enzym katalysiert die Transformation von Dopamin zu Norepinephrin im Gehirn. Eine verminderte Aktivität bei Mangel an Kupfer führt zu neurologischen Störungen.

Superoxiddismutase (SOD)

Die Kupfer/Zink-SOD wirkt als freier Radikalfänger und macht beim oxidativen Stress vermehrt entstehende freie Sauerstoffradikale unschädlich (siehe Beitrag 19.2 – Oxidativer Stress). Bei Kupfer-Mangel nehmen auf Grund einer verminderten SOD-Aktivität die freien Radikale zu und somit kann oxidativer Stress entstehen.

Monoaminoxidase

Die Monoaminoxidase katalysiert die Bildung von Serotonin.

Tyrosinase

Das Enzym ist an der Synthese von Melanin beteiligt. Bei Mangel an Kupfer kann es zur Hypopigmentierung kommen.

Tabelle 10.5-1 Referenzbereiche für Magnesium

Personen

Gesamt-Mg

Plasma/Serum

Gesamt-Mg

Urin

mmol/l

mg/dl

mmol/24 h (mg/24 h)

Neugeborene

0,49–1,07

1,2–2,6

Schulkinder /3/

0,62–0,95

1,5–2,3

Erwachsene /4/

0,70–1,05

1,7–2,6

3–5 (7,3–12,2)

Ionisiertes Mg

0,50–0,70

1,2–1,7

Umrechnung: mg/dl × 0,4114 = mmol/l

Tabelle 10.5-2 Erkrankungen und Zustände mit Magnesiummangel

Gastrointestinale Erkrankungen: Die tägliche Zufuhr von Mg beträgt etwa 15 mmol (360 mg). Davon werden 24–75 % absorbiert. Zu einer Verminderung von Mg im Plasma können längerdauernde Diarrhoen, Kurzdarmsyndrom, Fisteln, eine an Mg arme Nahrung und selten das Malabsorptions Syndrom führen.

Intensivpatienten /12/: Die Prävalenz der Hypomagnesiämie beträgt bei Intensivpatienten bis zu 50 %. Neben den gastrointestinalen Ursachen spielen Medikamente, die eine Störung der renalen Reabsorption und eine verstärkte Ausscheidung von Mg bewirken, eine wichtige Rolle. Bedeutsam sind:

  • Schleifendiuretika und Thiazide, sie erhöhen die Ausscheidung von Mg.
  • Aminoglykoside, je mehr sie kumulieren, desto stärker ist die Hypomagnesiämie.
  • Digoxin, es wird vermutet, dass dies die Aktivität der Na+-K+-ATPase hemmt und somit den transzellulären tubulären Transport von Mg2+.

Hypermagnesiämien über 2,0 mmol/l können durch verstärkte Aufnahme an Mg haltigen Produkten wie Laxativa, Antazida oder Klistiere hervorgerufen werden. Auch bewirkt eine Intoxikation mit Lithium erhöhte Mg-Werte, da Lithium in hoher Dosierung wahrscheinlich die renale Ausscheidung von Mg stört.

Verminderte Aufnahme /34/: Der 2001–2008 National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) ermittelte, dass 50 % der erwachsenen US Bürger nicht die empfohlene Menge Magnesium aufnehmen. Den höchsten Gehalt an Magnesium haben Getreide, grüne Salate, Bohnen, Nüsse und Meeresfrüchte. Etwa 99 % des gesamten Magnesiums des Organismus ist in der Muskulatur, den Knochen und dem Nicht-muskulären weichen Geweben lokalisiert. Die intestinale Aufnahme erfolgt zu 24–76 % im Dünndarm. Gastrointestinale Verluste von Magnesium (akute oder chronische Diarrhoe, Malabsorption, Steatorrhoe und intestinale Bypass-Chirurgie) sind häufige Ursachen eines Magnesiummangels /32/. Die renale Ausscheidung von Magnesium ist der bestimmende Faktor der Magnesiumhomöostase des Organismus.

Inflammation /13/: Erhöhungen des C-reaktiven Proteins (CRP) im Plasma verhalten sich invers zur Aufnahme von Mg. Eine Mg-Aufnahme < 10 % der empfohlenen täglichen Menge kann zu einer Inflammation führen, die sich in der Aktivierung von Leukozyten und Makrophagen, der Bildung inflammatorischer Zytokine und einer CRP Erhöhung manifestiert. So hatten in der 1999–2002 NHANES-Studie Kinder, die < 75 % der empfohlen Mg Dosis aufnahmen, 1,94 fach häufiger eine CRP Erhöhung, als diejenigen mit der empfohlene Aufnahme. Erwachsene, die nur 50 % der empfohlenen täglichen Menge aufnahmen hatten 1,75 fach häufiger eine Erhöhung des CRP.

Obesitas und Inflammation: Ein erniedrigter Mg Status ist bei Obesitas mit einer chronischen Inflammation assoziiert. So waren in des NHANES-Studie von 1988–1994 die Odds Ratios bei Personen mit einem Body mass index (BMI) von > 25–< 30, 30–< 35, 35–< 40 und ≥ 40 jeweils 1,51; 3,9; 6,1 und 9,3 im Vergleich zu Personen mit einem BMI ≤ 25 kg/m2 /14/.

Grundsätzlich zeigt der Anstieg von CRP bei mangelnder Mg-Aufnahme mit der Nahrung die Tendenz zur Low-grade inflammation und damit verbunden die Tendenz zur Ausbildung von Atherosklerose, Hypertonie, Diabetes mellitus und Osteoporose.

Plötzlicher Herztod /15/: In der Atherosclerosis Risk in Communities (ARIC) Studie wurde bei 14.232 untersuchten Personen im Alter von 45–60 J. 264 Fälle mit plötzlichem Herztod im Laufe von 12 Jahren registriert. Ihre Mg-Werte wurden in die Quartilen < 0,75 mmol/l; 0,78–0,80 mmol/l; 0,83–0,85 mmol/l und ≥ 0,87 mmol/l eingeteilt. Die Hazard ratios für plötzlichen Herztod in den Quartilen waren 1,00; 0,97; 0,70; 0,62 und somit das Risiko derjenigen mit der höchsten Konzentration an Mg um 40 % reduziert gegenüber den Personen mit der niedrigsten Konzentration.

Chronische Herzinsuffizienz /16/: Ein Defizit an Mg wird häufig bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz festgestellt. Oft liegen auch weitere Störungen im Elektrolyt- und Wasserhaushalt und dem Säure-Basen Haushalt vor. Ursachen sind Diuretika, eine verminderte Aufnahme von Mg und eine respiratorische Alkalose. Letztere bewirkt eine Verschiebung von Mg2+ in das intrazelluläre Kompartiment.

Chronische Niereninsuffizienz (CKD) /17/: CKD Patienten mit Mg im Serum < 1,8 mg/dl (0,74 mmol/l) hatten im Vergleich zu denjenigen mit Werten > 2,2 mg/dl (0,91 mmol/l) eine Hazard ratio für vorzeitigen Tod von 1,6. Auch nimmt bei CKD und Hypomagnesiämie die eGFR jährlich stärker ab, als bei normalen Werten.

Diuretika: Diuretika können, bedingt durch eine erhöhte renale Ausscheidung, eine Hypomagnesiämie bewirken. Schleifendiuretika (Azosemid, Bumetanid, Furosemid, Piretanid, Torasemid) führen zu einer verminderten Reabsorption von Mg2+ in der Henle’schen Schleife, Thiazide (Hydrochlorothiazid, Xipamid, Chlortalidon) reduzieren die Reabsorption im distalen Tubulus.

Chronischer Alkoholismus /18/: Mit anteilig 30 % war bei chronischen Alkoholikern der Mg-Mangel die häufigste Elektrolytstörung. Als Ursachen wurden die verminderte Aufnahme von Mg, das Auftreten von Diarrhoen unter Alkoholentzug sowie bei einem Drittel der Patienten eine respiratorische Alkalose vermutet.

Diabetes melltitus /19/: Die Assoziation von verminderter Aufnahme von Mg und Diabetes Typ 2 wurde in der Nurses Health Study gezeigt. Personen in der höchsten Quintile der Mg-Zufuhr hatten eine Odds ratio für Diabetes Typ 2 von 0,62 gegenüber denjenigen mit der niedrigsten Zufuhr, die eine von 1,00 hatten. Ausreichende Zufuhr von Mg verminderte somit das relative Risiko eines Diabetes um 40 %. In der Health Professionals Follow-Up-Studie bei Männern betrug das relative Risiko für Typ 2 Diabetes 0,67 in der Gruppe mit der höchsten Mg-Zufuhr.

Patienten mit einer Nüchternglucose > 126 mg/dl (7,0 mmol/l) haben häufiger eine Hypomagnesiämie und umgekehrt haben Personen mit Hypomagnesiämie häufiger eine erhöhte Nüchterglucose als Personen mit normalen Mg-Werten im Plasma /20/.

Cyclosporin-Therapie bei Nierentransplantierten: Unter Therapie mit Cyclosporin tritt bei 20 % der Nierentransplantierten eine Hypomagnesiämie < 0,70 mmol/l auf. Bei Patienten die Azathioprin und Prednisolon erhielten war das nicht der Fall. Ein möglicher renaler Mg-Verlust wird vermutet /21/.

Protonenpumpen ­Inhibitoren (PPI): PPI sind H+-K+-ATPase Inhibitoren und die wirksamsten Medikamente in der Therapie des peptischen Ulkus. Für dessen Heilung ist die Anhebung das pH auf Werte über 4 wichtig. Solche Werte werden nach ein wöchiger Therapie mit der täglichen Dosierung von 40 mg Omeprazol oder 60 mg Lanzoprazol erreicht. Bei normaler H+-Konzentration im Magen kompetieren die H+ mit Mg++ um die Bindungsstellen an Liganden der Nahrung. Die PPI induzieren eine reduzierte H+-Sekretion, mit der Folge, dass weniger Mg++ von den Bindungsstellen freigesetzt und somit nicht für die intestinale Absorption zur Verfügung stehen /22/.

Labordiagnostik: In einer Fallbeschreibung /23/ mit Einnahme eines PPI länger als 1 Jahr und Einlieferung in die Klinik mit Lethargie und Muskelkrämpfen betrugen die Konzentrationen von Mg 0,18 mmol/l, von Calcium 1,26 mmol/l und die Mg-Ausscheidung betrug 0,11 mmol/l.

Präeklampsie: Bei der Präeklamsie liegt kein Mg-Mangel vor. Die parenterale Mg-Therapie reduziert aber systemische und cerebrale Vasospasmen bei dieser Erkrankung. Die Wirkung soll auf einem Calcium Antagonismus beruhen, entweder an den Calciumkanälen oder intrazellulär.

Hereditäre Störungen der Mg Homöostase /9/: Hereditäre Hypomagnesiämien werden durch die Identifikation von Genen, die Mechanismen des renal tubulären Mg2+-Transportes kodieren, diagnostiziert. Vom glomerulär filtrierten Mg2+ werden 65–70 % proximal im dicken aufsteigenden Teil der Henle'schen Schleife reabsorbiert und 10–20 % im distalen Konvolut. Störungen des Transports von Mg2+-werden in proximale und distale differenziert.

– Bartter Syndrom: Das Bartter Syndrom ist bedingt durch Mutationen in Genen für die Kodierung der Proteine NKCC2 (SLC12A1), ROMK (KCNJ1), CLC-KB (CLCNKB), Barttin (BSND) und dem Calcium-sensitiven Rezeptor (CaSR/23/. Es handelt sich um eine proximal tubuläre Störung. Die Patienten haben einen renalen Verlust von NaCl und sind normo- oder hypotensiv.

Labordiagnostik: Hypokaliämie, metabolische Alkalose, hohes Renin, Hyperaldosteronismus, hohes Prostaglandin E2. Nur ein Teil der Patienten entwickelt eine Hypomagnesiämie und eine Hyperkalziurie.

– FHHNC /24/: Die familiäre Hypomagnesiämie mit Hyperkalziurie und Nephrokalzinose (FHHNC) beruht auf einer Störung der Reabsorption von Mg2+im aufsteigenden Teil der Henleschen Schleife. Es liegen Mutationen in den Genen CLDN 16 und CLDN 19 vor. Sie kodieren die Tight junction Proteine Claudin 16 und Claudin 19. Bedingt durch die Veränderung des Claudin 16/19-Komplexes resultiert eine verminderte Selektivität für Kationen, wodurch das Lumen positive Spannungspotential und somit der elektrochemische Gradient, der für die Zurücknahme von Mg2+ verantwortlich ist, vermindert wird.

Labordiagnostik: In der Regel deutlicher renaler Mg-Verlust mit Hypomagnesiämie, zusätzlich Hyperkalziurie. Nicht alle Störungen mit einem partiellen Verlust der Tight junction Funktion führen zu einer Hypomagnesiämie.

– HSH /25/: Die Hypomagnesiämie mit sekundärer Hypokalziämie (HSH) ist eine autosomal rezessive Erkrankung, die 2–4 Wochen nach der Geburt klinisch auffällig wird. Es handelt sich um eine Störung des distalen Tubulus. Klinische Symptome sind neuromuskuläre Erregbarkeit, Muskelspasmen, Tetanie und generalisierte Krämpfe. Es liegt eine Mutation im Gen TRPM6 vor, das den Transient receptor potential channel melastenin member 6 (TRPM6) kodiert. TRPM6 ist ein epithelialer Mg2+-Kanal, der zur Superfamilie der TRP Kanäle gehört und von der Plasmamembran zum Zytosol shuttelt. Das Protein wird in der luminalen Membran distaler Tubuluszellen und der luminalen Membran von Enterozyten, bevorzugt des Kolons, exprimiert. Es spielt eine Schlüsselrolle im Mg2+-Transport.

Labordiagnostik: Mg-Konzentration von 0,1–0,4 mmol/l, Hypokalziämie und Normokalziurie.

– IRH /26/: Der Isolated renal hypomagnesemia (IRH) liegt eine Mutation im Gen des Pro-epidermal growth factor zu Grunde, dem Präcursor des Epidermal growth factor (EGF). Der EGF aktiviert TRPM6 zum Shuttling von intrazellulären Kompartimenten zur Plasmamembran. Bei Inaktivität des EGF ist das Shuttling des TRPM6 vermindert.

Labordiagnostik: Bei Zwillingsschwestern wurden Werte des Mg von 0,53–0,66 mmol/l und eine unangemessen hohe Mg2+-Ausscheidung gemessen, die Calcium-Ausscheidung war normal.

– Gitelman Syndrom /27/: Es handelt sich um eine renale Salzverlust Erkrankung, die durch Mutationen im Gen SLC12A3 bedingt ist. Dieses Gen kodiert im distalen Tubulus den Thiazid-sensitiven Na+–Cl Kotransporter. Die Hypomagnesiämie resultiert aus einem Mangel an TRPM6.

Labordiagnostik: Metabolische Alkalose, Hypokaliämie, Hypokalziurie. Letztere resultiert aus der vermehrten tubulären Reabsorption von Ca2+, bedingt durch eine milde Volumendepletion.

– Autosomal dominante Hypomagnesiämie /28/: Es liegen Defekte im Gen KCNA1 vor, das den Voltage gated K+-Kanal Kv 1.1 kodiert. Dieser Kanal liegt neben dem Kanal TRPM6 in der luminalen Membran der distalen Tubuluszellen. Die klinischen Symptome sind rekurrierende Muskelkrämpfe, Tetanie, Tremor, Muskelschwäche und cerebellare Ataxie. Die Abwesenheit von Kv 1.1 depolarisiert die luminale Zellmembran mit der Folge, dass ein elektrochemisches Potential fehlt das die Mg2+ durch die Membran treibt.

Labordiagnostik: Konzentration von Mg von 0,28–0,37 mmol/l wurden gemessen, es besteht eine Normokalziurie.

– Isolierte dominante Hypomagnesiämie /29/: Eine Mutation im Gen FXYD2 das die γ-Untereinheit der Na+-K+-ATPase kodiert, verändert die Affinität der Na+-K+-ATPase zu ihren Kationen. Es wird vermutet, dass die mutierte FXYD2 Untereinheit die Hinwendung der Na+-K+-ATPase zur Plasmamembran behindert. Diese hat eine verminderte Aktivität und es resultiert ein geringes elektrochemisches Potential das die Mg2+ nicht durch die Membran treiben kann. Klinisch haben die Patienten Krämpfe.

Labordiagnostik: Konzentration von Mg unter 0,4 mmol/l auf Grund von renalem Mg2+-Verlust sowie eine Hypokalziurie.

– SeSAME Syndrom /30/: Das Syndrom beruht auf einem Defekt im Gen KCNJ10, das den inwärts gerichteten ATP-sensitiven K+-Kanal 10 (Kir4.1) kodiert. Dieser wird in der Niere, dem Gehirn und dem Innenohr exprimiert. Die Mutationen bewirken eine deutliche Abnahme des K+-Einstroms in die Zellen dieser Organe. Der Mg++-Transport via TRPM6 soll dadurch gestört werden. Klinische Symptome sind sensineurale Taubheit, Ataxie, mentale Retardierung und Elektrolytimbalance (SeSAME).

Labordiagnostik: Die Patienten zeigen den Phänotyp des Gitelman Syndroms, es besteht eine Hypokalziurie.

Demenzrisiko /32/: Das Mg2+ ist in neuronale und vaskuläre Funktionen involviert. Niedrige und hohe Mg2+-Konzentrationen im Plasma waren mit einem hohen Risiko einer Gefäß-bezogenen Nicht-Alzheimer Demenz assoziiert. Multifaktorielle Hazard Ratios für die Nicht-Alzheimer Demenz waren 1,50 für niedrige Konzentrationen von Mg2+ (95 % CI 1,21–1,87 mmol/l) und 1,34 für hohe. Das niedrigste Risiko wurde gesehen bei einer Mg2-Konzentration von 2,07 mg/dl (0,85 mmol/l).

Tabelle 10.6-1 Referenzbereiche für Mangan

Serum, Plasma

  • Erwachsene

5–20 nmol/l

0,3–1,1 μg/l

  • Kinder

3–13 nmol/l

0,2–0,7 μg/l

Vollblut

110–200 nmol/l

6,0–11,0 μg/l

Urin

27–40 nmol/24 h*

1,25–2,25 μg/24 h

* Bezogen auf 1,5 l Tagesausscheidung

Umrechnung: μg/l × 18,2 = nmol/l

Tabelle 10.6-2 Erkrankungen und Zustände mit Manganbelastung

Neurotoxizität /10/: Die verstärkte Akkumulation von Mn im Gehirn resultiert in neurologischen Symptomen (kognitiv, psychiatrisch) und Abnormitäten der Bewegung. Die höchsten Mn-Konzentrationen werden in den Basalganglien gefunden. Es kommt zu Ausbildung klinischer Merkmale, die teilweise mit denen des M. Parkinson übereinstimmen. Der Mn-induzierte Parkinsonismus führt aber nicht wie der idiopathische M. Parkinson zur Degeneration dopaminerger Neurone des Zwischenhirns. Der Mn-induzierte Parkinsonismus ist mit chronischen Lebererkrankungen, insbesondere der fortgeschrittenen Leberzirrhose, assoziiert. Da die Mn-Ausscheidung durch Exkretion in die Galle erfolgt, ist diese bei der Leberzirrhose gestört, es wird vermehrt Mn in das Blut abgegeben und akkumuliert im Gehirn. Neben den chronische Lebererkrankungen spielen die inhalative Aufnahme von Mn und der Abusus des intravenös applizierten Psychostimulants Ephedrone (Russian cocktail) eine Rolle. Beim Russian cocktail wird Ephedrin durch Kaliumpermanganat in Essigsäure haltiger Lösung oxidiert.

Es bestehen starke Hinweise für eine kausale Beziehung zwischen Mn und neurologischen Entwicklungsstörungen und zu neurodegenerativen Erkrankungen /11, 12/.

Labordiagnostik: Die Mn-Werte im Blut sind bei einem Teil der Patienten erhöht, der Nachweis von Mn im Gehirn erfolgt durch bildgebende Verfahren. Bei Süchtigen, die den Russian cocktail konsumieren, werden Mn-Konzentrationen bis 2–3 mg/l, also nahezu 500 fach höher als normal gemessen.

Andere neurotoxische Erkrankungen /13/: Mn wird in die Umgebung freigesetzt durch die Industrie (Schmelzen von Eisenlegierungen, Schweißen, Glasherstellung, Batteriefabrikation, Bergwerke), die Anwendung des Pestizides Maneb und durch Antiklopfmittel (Methyl-cyclopentadienyl-mangan-tricarbonyl; MMT) in Kraftstoffen. Bei erhöhter Aufnahme, insbesondere nicht reguliert über die Atemwege, wird die Kapazität der Leber Mn auszuscheiden überschritten und Mn akkumuliert im ZNS. Auch kann inhalativ aufgenommenes Mn direkt über den olfaktorischen Trakt in das Gehirn gelangen. Die klinischen Symptome sind extra pyramidaler Natur wie kinetischer Tremor, langsame Bewegungen, Rigidität, Dsytonie und Gangstörungen. Neben diesen motorischen Störungen treten auch neuro psychologische Symptome wie Erinnerungsdefizite und Störungen der räumlichen Orientierung auf.

Die postnatale Exposition von Kindern und Heranwachsenden mit Mn ist mit einer Störung der kognitiven Funktion und einem hyperaktiven Verhalten assoziiert /14/.

Labordiagnostik: Bei exzessiver Mn-Exposition werden Konzentrationen von 182–728 nmol/l (10–40 μg/l) im Plasma gemessen /15/.

Parenterale Ernährung /6/: Bei parenteraler Ernährung ist die Nahrung mit Mn angereichert. Mehr als 50 % der Patienten mit länger dauernder parenteraler Ernährung haben erhöhte Mn-Blutwerte, oft assoziiert mit cerebralen und hepatischen Komplikationen /16/. Die American Society for Parenteral and Enteral Nutrition und die European Society for Clinical Nutrition and Metabolism empfehlen eine tägliche Mn-Gabe von 60–100 μg oder 1 μg/kg /Tag für Kinder, mit einem Maximum bei Kindern von 50 μg/Tag.

Chronische Hämodialyse: Es gibt keinen Hinweis, diese Patienten mit Mn zu supplementieren /7/.

Cholestase: Eine zu geringe Ausscheidung von Mn mit der Galle kann zur Hypermanganämie mit Akkumulation im Gehirn führen. Das ist nicht der Fall bei Gallengangsatresie. Bei pädiatrischen Patienten ist aber eine Cholestase kein Prädiktor des Mn Status, denn von 20 Kindern mit Cholestase hatten 13 eine normale Serumkonzentration von Mn /17/.

Tabelle  10.7-1 Referenzintervalle für Molybdän /1/

Serum, Plasma

< 10 nmol/l(1

< 1 μg/l

Vollblut

10–100 nmol/l

1–10 μg/l

Urin

150–240 nmol/24 h(2

15–24/24 h

1 Nachweisgrenze; 2 Bezogen auf 1,5 Liter Tagesasusscheidung; Umrechnung: μg/l × 10,4 = nmol/l

Tabelle 10.8-1 Referenzintervalle für Nickel /1, 2/

Serum/Plasma

< 20 nmol/l

< 1 μg/l(1

Vollblut

< 20 nmol/l

< 1 μg/l(1

Urin

51–128 nmol/24 h(2

3–7,5 μg/24 h(2

1 Nachweisgrenze; 2 Bezogen auf 1,5 Liter Tagesasusscheidung; Umrechnung: μg/L × 17,0 = nmol/l

Tabelle 10.9-1 Biologisch und technisch wichtige Selenspezies /3/

Bezeichnung

Formel/Stufe

Funktion/Vorkommen

Selenwasserstoff

H2Se

2–

Metabolit, nicht frei

Methylselenol

CH3SeH

2–

Metabolit

Dimethylselenid

(CH3)2Se

2–

Atemluft

Trimethylselenium-Ion

(CH3)3Se+

2–

Urin

Selenocystein

HSe-CH2-CH (NH2)-COOH

2–

In Selenoenzymen

Methylselenocystein

CH3Se-CH2-CH(NH2)-COOH

2–

In Knoblauch, Broccoli

Selenomethionin

CH3Se-(CH2)2-CH(NH2)-COOH

2–

Selen-Proteine (Oxidationsstufe Se2–)

Schwermetallselenide

CuSe, AgSe, HgSe

2–

Selenmineralien

Elementares Selen

3 Modifikationen

0

Technische Anwendung

Selendioxid

SeO2

4+

Technische Anwendung

Selenige Säure

H2SeO3

4+

Technische Anwendung

Na-Selenit

Na2SeO3

4+

Metabolit, Supplement

Selensäure

H2SeO4

6+

Metabolit, Supplement

Na-Selenat

Na2SeO4

6+

Metabolit, Supplement

Tabelle 10.9-2 Referenzbereiche für Selen

Se im Serum/Plasma

μmol/l

μg/l

Kinder bis 1 J.

0,42–0,90

33–71

Kinder 2–5 J.

0,41–1,07

32–84

Kinder 5–10 J.

0,52–0,94

41–74

Kinder 10–16 J.

0,51–1,04

40–82

Erwachsene

0,64–1,52

50–120

Vollblut (Männer)

1,00–1,65

79–130

Vollblut (Frauen)

0,76–1,52

60–120

Urin/24 h (Erwachsene)

0,18–0,95*

15–75

Erythrozyten (μg Se/g Hb)

0,2–0,6

* Bezogen auf 1,5 l Tagesausscheidung Umrechnung: μg/l × 0,0127 μmol/l

Glutathionperoxidase im Serum /3/

U/l

Kinder bis 1 J.

81–125

Kinder 2–5 J.

103–149

Kinder 5–10 J.

91–151

Kinder 10–16 J.

106–151

Männer

127–195

Frauen

123–167

Tabelle 10.9-3 Diagnose des Selenmangels /3/

Plasma (μg/l)

Vollblut (μg/l)

Erythrozyten (μg/gHb)

Befund

Normal > 50

Normal > 60

Normal > 0,2

Unauffällig

Niedrig < 50

Normal bis niedrig

Normal bis niedrig

Mittelfristige Unterversorgung

Niedrig < 50

Niedrig < 60

Niedrig < 0,2

Langfristige Unterversorgung

Normal > 50

Niedrig < 60

Niedrig < 0,2

Unterversorgung in Kompensation

Tabelle 10.9-4 Selenstatus und Indikation zur Selengabe /3/

Status

Selen im Plasma (μg/l)

Anwendung und Intention

Mangel

< 25

Substitution erforderlich

Suboptimal

25–50

Substitution fakultativ

Physiologisch

50–120

Supplementierung probatorisch

Therapie

> 120

Behandlung verschiedener Erkrankungen (Indikation überwiegend nicht gesichert)

Toxisch

> 400

Tabelle 10.9-5 Erkrankungen und Zustände mit Mangel oder Toxizität von Selen

Keshan Krankheit /13/: Endemisch vorkommende dilatative Kardiomyopathie, von der vor allem Kinder und Frauen im gebärfähigen Alter betroffen sind. Der Mangel an Se ist nicht die einzige Ursache.

Labordiagnostik: Se im Plasma/Serum ist unter 20 μg/l (0,25 μmol/l), die Aktivität der Glutathionperoxidase im Plasma ist auf unter ein Drittel reduziert.

Kashin-Beck Krankheit /3/: Kommt in Se-Mangelgebieten in China, Tibet, Korea und Sibirien vor. Es handelt sich um eine dystrophische Osteoarthrose und Spondylarthrose. Es besteht eine Störung des endochondralen Wachstums der langen und kurzen Röhrenknochen.

Labordiagnostik: Siehe Keshan Krankheit.

Parenterale Ernährung (PE): Patienten mit PE benötigen in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation eine Se-Substitution die intravenös erfolgen sollte /7/.

Patienten mit PE die zu Hause leben, haben einen Bedarf an Se von 63 μg/Tag, aber bei 15 % reicht das nicht aus, so dass eine Gabe von 85 μg/Tag empfohlen wird.

  • Postoperative Patienten. Eine Dosierung von 60–100 μg/Tag wird empfohlen.
  • Kritisch kranke (Intensivpatienten). Patienten mit schweren Verbrennungen haben einen Se-Bedarf von im Mittel 210 μg/Tag und zur Kompensation des Verlusts in den Anfangstagen von 315–380 μg/Tag.
  • Knochenmarktransplantation: Bei einer Gabe von 120 μg/Tag ergaben sich Se-Werte im Referenzbereich.
  • Sepsis: Die Patienten profitieren durch Gaben von 400 μg/Tag die ersten 9 Tage.

Maligne Tumoren: Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Tumorpatienten um 5–35 % niedrigere Konzentrationen von Se im Plasma/Serum haben als gesunde Kontrollen. Werte von Se im oberen Referenzbereich sollen mit einer niedrigeren Krebsmortalität einhergehen und auch vor der Entwicklung einer Krebserkrankung schützen, insbesondere vor dem Prostatakarzinom /12/. Die Ergebnisse des Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial (SELECT) haben jedoch eine Ineffektivität in der Krebsprävention gezeigt /14/.

AIDS: Bei Patienten mit HIV und einer Se-Konzentration unter 85 μg/l (1,1 μmol/l) besteht eine etwa 20 fach höhere Wahrscheinlichkeit an dieser Erkrankung zu sterben als Patienten bei mit höheren Werten /15/.

Schilddrüsenerkrankungen: Die Schilddrüse ist ein Organ mit hohem Gehalt an antioxidativ wirksamen Selenoenzymen /16/. Ständig wird H2O2 zur Bildung von Schilddrüsenhormon generiert und überschüssig gebildetes H2O2 durch die Glutathionperoxidasen abgebaut.

Myxödem: Der kombinierte Mangel von Se und Jod führt bei Kleinkindern zum Myxödem. Die Aktivität der Glutathionperoxidasen ist vermindert, die entstehenden Sauerstoffradikale werden ungenügend abgebaut und es resultiert eine Entzündung mit Degradation von Schilddrüsenfollikeln.

Autoimmunthyreoiditis (AIT): Personen mit mildem Se-Mangel haben eine erhöhte Prävalenz der AIT. Wurde bei AIT und einer Konzentration an Se von 68 μg/l (0,86 μmol/l)Se supplementiert erhöhte sich die Konzentration von Se auf 86 μg/l (1,1 μmol/l) und es kam zu einem Rückgang der AIT innerhalb von 6 Monaten /17/.

In einer Studie /20/ war bei einem schweren Se-Mangel (unter 20 μg/l) die Konzentration von FT4 erhöht, aber FT3 nicht erniedrigt und TSH nicht erhöht.

Verschiedene Erkrankungen: Eine suboptimale Konzentration von Se wird mit mangelnder Immunfunktion, Infektionskrankheiten, dilatativer Kardiomyopathie, akutem Myokardinfarkt, Störungen der Reproduktion und einer größeren Anzahl weiterer Erkrankungen in Verbindung gebracht. Inwieweit der Mangel an Se hier ein ätiologischer Faktor oder aber nur ein Epiphänomen ist, bedarf weiterer Abklärung.

Hämodialyse: Diese Patienten haben die Tendenz zu niedrigeren Se-Werten im Serum/Plasma auf Grund der geringeren Aufnahme von Protein mit der Nahrung.

Selenintoxikation: Chronische Intoxikationen mit Se sind nach der Zufuhr hoher Se-Dosen mit dem Trinkwasser, der Nahrung, dem Verzehr Se haltiger Nüsse oder einer falschen Dosierung mit Se-Präparaten beschrieben. Intoxikationen kommen hauptsächlich in Gebieten mit hohem Gehalt des Bodens an Se vor. Klinische Symptome treten nach täglicher Zufuhr von mehr als 1.000 μg über einen längeren Zeitraum auf. Einnahmen bis 800 μg/Tag führen nicht zu einer Symptomatik. Als tolerabel wird die Einnahme der Hälfte, also 400 μg/Tag angesehen.

Klinische Symptome /3/: Knoblauch-artiger Atemgeruch, fleckige, brüchige, streifige Nägel, brüchige Haare, Haarausfall, Zahnverfall, Entfärbung der Haut, Hautausschläge, Schmerzen in den Extremitäten, Hyperreflexie, gastrointestinale Beschwerden, Müdigkeit, Trägheit, Erschöpfung, Gleichgültigkeit, Leistungsschwäche.

Labordiagnostik: Besteht über lange Zeit eine Se-Konzentration im Plasma/Serum über 160 μg/l (2,0 μmol/l) sollte ein Monitoring erfolgen. Liegen die zuvor genannten klinischen Symptome vor, so beträgt die Konzentration über 500–1.000 μg/l (6,4–12,7 μmol/l) /18/.

Tabelle 10.9-6 Selenoproteine und ihre Funktion /7/

Selenoprotein

Funktion

Glutathionperoxidasen (GPX)

Es werden sechs verschiedene GPX-Isoformen (GPX1–GPX6) unterschieden. Sie sind unterschiedlich in Zellen und Geweben lokalisiert, haben antioxidative Wirkung und entfernen Hydroxyperoxide. Die GPX sind erst bei einer täglichen Aufnahme von 90 μg Se optimal stimuliert /3/.

Thioredoxinreduktasen (TR)

Es werden drei verschiedene Isoformen (TR1–TR3) unterschieden. Sie spielen multiple Rollen in der Entfernung von Peroxiden, in der Reduktion von Schwefelverbindungen wie Thioredoxin und der Aufrechterhaltung des Redoxstatus von Transkriptionsfaktoren.

Jodthyronin-Dejodasen (D)

Es werden drei verschiedene Isoformen (D1–D3) unterschieden. Sie sind bedeutsam zur Bildung und Regulation der peripheren Schilddrüsenhormone:

  • D1 und D2 konvertieren T4 zu T3.
  • D1 und D3 wandeln das bioaktive T3 in das inaktive Reverse-T3.

Die Dejodasen sind bei einer täglichen Se-Zufuhr von 40–55 μg optimal stimuliert /3/.

Selenoprotein P

Es ist das Transportprotein für Se im Plasma, außerdem wirkt es antioxidativ an Endothelien. Se wird im Blut zu 50–70 % an Selenoprotein P gebunden transportiert.

Selenoprotein W

Es handelt sich um ein antioxidativ wirkendes Protein im Herz- und Skelettmuskel, wahrscheinlich auch im Gehirn.

Selenophosphat-Synthetase

Das Enzym katalysiert die Synthese von Selenphosphaten, die zur Bildung von Selenocystein und anderen Selenproteinen erforderlich sind.

15 Kilodalton Selenoprotein

Es ist in hoher Konzentration in der Prostata vorhanden.

Tabelle 10.10-1 Referenzbereiche für Zink im Serum/Plasma und Urin /23/

Erwachsene

μmol/l

mg/l

  • Serum

9–18

0,6–1,2

  • Plasma

9–22

0,6–1,45

  • Plasma

12–26

0,8–1,7

  • Vollblut

61–115

4,0–7,5

Kinder

μmol/l

mg/l

  • Serum/Plasma

7,7–15

0,75–1,0

Erwachsene

μmol/24 h

mg/24 h*

  • Urin

2,3–12

0,15–0,80

* Bezogen auf 1,5 l Tagesausscheidung Umrechnung: mg/l × 15,3 = μmol/l

Tabelle 10.10-2 Erkrankungen und Zustände mit Mangel oder Toxizität von Zink

Verminderte Aufnahme: Zur Aufrechterhaltung der Homöostase von Zn sind beim Erwachsenen 2,5 mg/Tag an Zn notwendig, was eine enterale Zufuhr von 8–11 mg/Tag bei Erwachsenen erfordert /12/. Für Kleinkinder wird die Aufnahme von 2–3 mg und für größere von 5–9 mg/Tag empfohlen. Eine verminderte Zn-Aufnahme kann /1/:

  • Von der geographische Region abhängen. Das ist der Fall in Regionen mit geringem Gehalt an Zn des Bodens in Ägypten oder dem Iran, oft verbunden mit Minder- oder Fehlernährung.
  • Bei ausreichender Kalorienzufuhr und normalen Gehalt an Zn des Bodens bedingt sein durch eine inadäquate Nahrungsauswahl. So wird die Prävalenz des Zn-Mangels weltweit auf 20 % geschätzt. Bei Menschen über 73 Jahre in den USA beträgt die Prävalenz 42,5 % /13/.
  • Bei Personen mit chronischem Alkoholismus, chronischer Nierenerkrankung und Absorptionsstörungen auftreten. Der Mangel ist moderat.
  • Durch unzureichende Versorgung im Mutterleib bei Frühgeburt bedingt sein.

Schwangerschaft: Während Schwangerschaft und Laktation beträgt der tägliche Zn-Bedarf 12–13 mg /14/. Zn wird vorwiegend in den letzten 10–12 Wochen von der Mutter auf das Kind übertragen und in den letzten 3 Wochen werden täglich 0,5–0,75 mg vom Kind aufgenommen. Nach der Entbindung benötigen die Neugeborenen die ersten Wochen 0,3–0,5 mg pro Kg und Tag /15/.

Parenterale Ernährung (PE) /14/: Patienten mit PE benötigen, abhängig von der jeweiligen Situation, folgende Substitution an Zn:

Liegt kein gastrointestinaler Verlust vor, wird eine Gabe von 3–4 mg/Tag empfohlen.

  • Bei Vorliegen von Fisteln, Diarrhoe oder intestinaler Drainage die Gabe von 12 mg pro Liter Flüssigkeitsverlust.
  • Bei Verbrennungen 36 mg/Tag.
  • Kleinkinder 0,3 mg, ältere Kinder 0,05 mg und in der Wachstumsphase 0,1 mg jeweils pro kg Körpergewicht und Tag.

Diarrhoe: Die Diarrhoe ist die zweit häufigste Todesursache bei Kindern unter 5 Jahren. Deshalb haben die WHO und die UNICEF die Gabe von Zn für 10–14 Tage während und nach der Episode empfohlen. Eine Metaanalyse /16/ zeigt, dass die Gabe von Zn die Diarrhoe-Prävalenz um 19 % und die Mortalität um 23 % senkt. Schwere mit Mortalität verbundene Infektionen des Respirationstrakts in den 2–3 Monaten nach Diarrhoe treten ebenfalls vermindert auf.

Sichelzellanämie /17/: Diese Patienten haben einen moderaten Mangel an Zn. Bedingt durch einen hohen Proteinumsatz, resultierend aus der Hämolyse, besteht eine erhöhte renale Zn-Ausscheidung. Die klinischen Symptome sind Wachstumsretardierung, Hypogonadismus bei Männern, schlechte Dunkeladaption zelluläre Immundefizienz und Hyperammonämie.

Acrodermatitis enteropathica /18/: Es handelt sich um eine seltene autosomal rezessive metabolische Störung, die aus einer Mutation des intestinalen Zn-Transporters Zip4 resultiert. Die klinische Symptome sind Alopecie, Hautstörungen, Diarrhoe, Gewichtsverlust, reduzierte Immunfunktion, neuropsychische Störungen und Hypogonadismus bei Männern.

Depression /19/: Klinische und experimentelle Studien haben einen Zusammenhang zwischen dem verminderten Zn-Status und neuropsychischen Störungen festgestellt. Obwohl nicht alle Depressionen auf einem Zn-Mangel beruhen und die Konzentration von Zn im Plasma kein akkurater Maßstab des Status von Zn ist, wird empfohlen diesen zu beachten bei Patienten die symptomatisch für depressive Erkrankungen sind.

Inflammation und Infektionen: Zn wird gebunden an Albumin, α2-Makroglobulin und Transferrin transportiert. Bei systemischer Inflammation werden Albumin und Transferrin als negative Akute-Phase Proteine vermindert synthetisiert, ihre Plasmakonzentration ist vermindert und damit auch die von Zn. Bei Infektionen wird Zn vermehrt in die Leber aufgenommen, so dass die Plasmakonzentration auch hierdurch bedingt abnimmt.

Chronische Hämodialyse /20/: Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und Hämodialyse haben häufig Zn-Werte im Plasma unter 0,6 mg/l (9 μmol/l). Es wird deshalb eine orale Substitution von 30–45 mg/Tag empfohlen.

Zinkmangel durch Chelatbildner /21/: In einer Fallbeschreibung wurde eine akute Vergiftung durch Kaliumpermanganat (etwa 10 g absolut über 4 Wochen) mit den Chelatbildnern Calcium-dinatrium-ethylendiamin-tetraacetat und Calciumtrinatrium-pentetat behandelt. Nach zwei wöchiger Therapie kam es zu Acrodermatitis enteropathica-artigen Hautveränderungen durch einen Zn-Mangel. Die Zn-Konzentration im Serum betrug 0,4 mg/l (6 μmol/l). Innerhalb von 8 Monaten kam es nach Behandlung mit Zn zur deutlichen Besserung.

Chronische Lebererkrankung: Die Leber spielt eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung der Homöostase von Zn. Deshalb kommt es bei chronischen Lebererkrankungen wie der Fettleber, der Hepatitis oder der Leberzirrhose häufig zu einer Störung des Stoffwechsels von Zn und zu einem Mangel und erniedrigten Konzentration im Plasma. Der Mangel an Zn führt zu einer Vielzahl von metabolischen Störungen wie Insulinresistenz, hepatischer Steatose und hepatischer Enzephalopathie. Umgekehrt bewirken metabolische Anomalien wie die Hypoalbuminämie bei Leberzirrhose auch eine erniedrigte Konzentration von Zn im Plasma /22/.

Anämie durch Zn-Belastung: Zn, Eisen, Kupfer und Vitamin A stören sich potentiell bei der enteralen Absorption. Die Aufnahme höherer Dosen von Zn über einen längeren Zeitraum führt zu einem Mangel an Kupfer. Beide kompetieren um die Bindung an das Metallothionein (MT) in den Enterozyten. Durch die Supplementierung von Zn wird die MT-Expression in den Enterozyten hochreguliert und MT bindet Kupfer mit höherer Affinität als Zn. Der MT-Kupfer Komplex verbleibt in den Enterozyten und wird mit diesen in das Darmlumen abgeschilfert. Der Kupfer Mangel verursacht eine Anämie (siehe Beitrag 10.4 – Kupfer). Bei der kurzfristigen Zn-Substitution von Kindern mit Diarrhoe entsteht keine Anämie /23/. Längerfristige Therapien mit über 150–180 mg Zn/Tag können Hypokupriämien auslösen.

Zinkintoxikation /6/: Die LD50 wird bei Menschen mit 27 g Zn pro Tag angegeben. Die Einnahme einer solchen Dosis ist aber unwahrscheinlich, da schon 225–400 mg als eine emetische Dosis angesehen werden. Nach der Aufnahme toxischer Dosen kommt es zu Bauchschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit und Lethargie. Orale Vergiftungen können vorkommen, wenn Speisen und Getränke von saurer Natur in galvanisierten Gefäßen aufbewahrt werden und Zn herausgelöst wird. Die Aufnahme von Zn als Rauch erfolgt während industrieller Prozesse, z.B. der Galvanisierung oder im Krieg. Rauchbomben enthalten Zinkoxid oder Zinkchlorid. Atmen Soldaten diesen Rauch ein, kann es zum Acute respiratory distress syndrome (ARDS) kommen. Jedoch ist unklar, ob Zn der alleinige Auslöser des ARDS ist. Der am häufigsten bekannte Effekt bei Inhalation von Zn ist das Metal fume fever (MFF), das vorwiegend auf der Inhalation von Zinkoxid beruht. Es werden in Zinkschmelzen oder beim Schweißen frische Metallstäube in Form von Partikeln unter 1 μm Größe aufgenommen. Die Symptome beginnen nach wenigen Stunden mit Fieber, Muskelentzündung, Übelkeit, Müdigkeit, Husten, Dyspnoe und respiratorischen Problemen, die sich aber nach Stunden wieder bessern. Die Mengen an Zn in der Luft liegen bei Zinkoxidation im Bereich 320–580 mg/m3.

Tabelle 10.11-1 Referenzbereiche für Jod /12/

Erwachsene und Kinder

  • Serum

0,31–0,61 μmol/l

40–80 μg/l

  • Urin

0,79–1,57 μmol/24 h

100–199 μg/24 h

0,94 μmol/g Creatinin

120 μg/g Creatinin

Umrechnung: μg/L × 0,0079 = μmol/L

Tabelle 10.11-2 Empfehlungen zur täglichen Jodaufnahme /3/

Alter oder Populationsgruppe

μg/Tag

US Institute of Medicine (RDA-Werte)

  • Kinder 0–12 Monate (AI-Wert)

110–130

  • Kinder 1–8 Jahre

90

  • Kinder 9–13 Jahre

120

  • Erwachsene 14 Jahre

150

  • Schwangerschaft

220

  • Laktation

290

World Health Organization (RNI-Werte)

  • Kinder 0–5 Jahre

90

  • Kinder 6–12 Jahre

120

  • Erwachsene über 12 Jahre

150

  • Schwangerschaft

250

  • Laktation

250

RDA, RNI, siehe Tab. 10.1-5 – Definitionen für den Bedarf von Spurenelementen

Tabelle 10.11-3 Abschätzung der Versorgung mit Jod anhand der Ausscheidung im Urin /3/

Ausscheidung

Jodaufnahme

Jodstatus

Schulkinder

  • Unter 20 μg/l

Ungenügend

Schwerer Jodmangel

  • 20–49 μg/l

Ungenügend

Moderater Jodmangel

  • 50–99 μg/l

Ungenügend

Milder Jodmangel

  • 100–199 μg/l

Adäquat

Optimal

  • 200–299 μg/l

Mehr als adäquat

Risiko einer Jod induzierten Hyperthyreose bei empfindlichen Gruppen

  • Über 300 μg/l

Exzessiv

Risiko einer Jod induzierten Hyperthyreose oder autoimmunen Schilddrüsenerkrankung

Schwangere

  • Unter 150 μg/l

Ungenügend

  • 150–249 μg/l

Adäquat

  • 250–499 μg/l

Mehr als adäquat

  • Über 499 μg/l

Exzessiv

Laktierende

Bei Laktierenden sind die Werte niedriger wegen Ausscheidung von Jod in Brustmilch

  • Unter 100 μg/l

Ungenügend

  • Ab 100 μg/l

Adäquat

Kinder < 2 J.

  • Unter 100 μg/l

Ungenügend

  • Ab 100 μg/l

Adäquat

Li* Be* B F* Na Mg Al Si* P S Ci K Ca Ti V* Cr Mn Fe Co Ni* Cu Zn As Se Br Rb Sr Y Mo Ag Cd Sn* I Cs Ba Pt Au Au Hg Pb* Bi A essentielle Spurenelemente B* Kandidaten für essentielle Spurenelemente C Spurenelemente mit nicht bekannter physiologischer Funktion

Abbildung 10.1-1 Mineralstoffe und Spurenelemente im Periodensystem, nach Lit. /20/.

Ferritin MT ATOX1 H P ? ? ? ? CCS Fe 2+ Fe 2+ Fe 3+ Nukleus Mitochondrium ATP7A ATP7A Cu 1+ Cu+ Cu+ ATP7A TNG SOD1 Cu 1+ Reduktase DMT1 CTR1 2 × Fe3+ Apo-TF FPN

Abbildung 10.4-1 Kupfer- und Eisenaufnahme des duodenalen Enterozyten, modifiziert nach Lit. /16/. Erklärung siehe Beitrag Absorption von Kupfer. DMT, divalenter Metallionentransporter; FPN, Ferroportin; HP, Hephaestin; CTR1, Kupfertransporter; CCS, Kupfer-Chaperon für die Superoxiddismutase 1 (SOD 1); ATOX1, Antioxidant Protein 1; MT, Metallothionein; TGN, Trans-Golgi-Netzwerk; ATP7A, Kupfer transportierende ATPase.

Na,K ATPase γ-subunit K + Kir4.5/5.1 Mg 2+ ? Na,K ATPase γ-subunit K + Kir4.5/5.1 Mg 2+ ? Na,K ATPase γ-subunit Ca 2+ CaSR CIC-Kb Barttin Na + Maculadensa CD PT 10–20% CNT DCT 10% TAL 65–70% Cl K + Mg 2+ Mg 2+ Na + Cl K + HNF1B Barttin CIC-Kb Blood EGFR Urine Pro-urine ROMK NKCC2 Claudin 16–19 NCCKv1.1TRPM6 EGF Transcription

Abbildung 10.5-1 Renaler Transport von Magnesium. Mit freundlicher Genehmigung nach Lit. /9/. Die Mg-Transportmechanismen im dicken aufsteigenden Teil der Henle’schen Schleife (TAL) sind in der unteren, diejenigen im distal Konvolut (DCT) in der oberen Abbildung dargestellt. Erklärungen:

Im TAL erfolgt der aktive Transport von Na+, Cl und K+ durch den Furosemid-sensitiven Transporter NKCC2. Der Vorgang wird durch die basolaterale Na+-K+-ATPase angetrieben. Der Ausstrom von Cl erfolgt durch CLC-Kb Kanäle, aber K+ werden in das Lumen über das Renal outer medulla K+ (ROMK) recycelt. Das TAL ist der wesentliche Nephronteil für die passive Rücknahme von Mg2+. Der Rückfluss von Na+ im oberen TAL erfolgt durch den Claudin 16/19-Komplex. Der Ca2+-sensitive Rezeptor (CaSR) hemmt die Bildung von cyclischem AMP und somit die Aktivität von NKCC2 und reduziert dadurch die Volumen-positive Spannung.

Das DCT spielt eine wichtige Rolle in der Feinabstimmung der systemischen Mg-Konzentration. Der epitheliale Mg2+Kanal TRPM6 liegt in Nachbarschaft des Na+–Cl-Kotransporters NCC und dem K+-Kanal Kv1.1 entlang der apikalen Zellmembran. Der epidermale Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR), der Cl-Kanal CLC-Kb, der K+-Kanal Kir4.1, die Na+–K+-ATPase und ihre FXYD2-γ-Untereinheit sind alle in der basolateralen Membran lokalisiert. Der Hepatocyte nuclear factor (HNF1B) kontrolliert das Maß der Expression des FXYD2-Gens. Bisher ist noch nicht bekannt wie Mg2+ die basolaterale Membran verlassen.

Tg Tg +I T3 + T4 T3 T4 T3 T4 TSH Na + 2 K + 3 Na + AMP cAMP ATP ADP + P 1 TPO I I I I I I Na + I Pendrin Nukleus NIS Apical Basolateral TG-Follikel Tg-T4/T3 TG TSHR ATPase

Abbildung 10.11-1 Aspekte des Jodtransports vom Thyreozyten in die Schilddrüsenfollikel. Modifiziert nach Lit. /12/. Erklärung siehe Beitrag 10.11-7 – Pathophysiologie.

TSHR, TSH-Rezeptor; NIS, Na+/J-Kotransporter, TPO, Thyroxinperoxidase; TG, Thyreoglobulin; J Iodion.

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