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Immunsystem

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21.1 Immunantwort

Das Immunsystem ist in einer konstanten Abwehr gegen eine Vielzahl von Pathogenen wie Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten und nicht lebende fremde Substanzen. Die Pathogene verursachen komplexe Interaktionen zwischen ihren eigenen bzw. den von ihnen abgegebenen Substanzen und den Sensoren des Immunsystems. Die Immunantwort erfolgt durch zwei Komponenten der Abwehr, der angeborenen (innate) Immunität und der erworbenen (adaptive) Immunität. Die angeborene Immunität ist die erste und effektivste Abwehr und spielt eine wichtige Rolle in der Abwehr von Infektionen. Die erworbene Immunität generiert eine große Anzahl an Spezifitäten von Rezeptoren gegen Antigene durch ein Rearrangement von Genen. Die Rezeptoren registrieren extra- und intrazelluläre Antigene; unterschieden werden Antigenrezeptoren vom B- und T-Zell-Typ /12/.

21.1.1 Angeborene Immunantwort

Die angeborene Immunantwort enthält epitheliale Barrieren, eine Familie gelöster anti-mikrobieller Peptide, Gefahren- und Pathogen-assoziierte molekulare Muster erkennende Moleküle und Rezeptoren auf verschiedenen Immunzellen. Die Zellen, Rezeptoren und Moleküle wie Pentraxine, Komplement, Antikörper, Nukleotide binding oligomerization domain (NOD)-Rezeptor, Toll-like Rezeptor, Monozyten/Makrophagen, Mastzellen, Granulozyten, Natural killer cells, myeloide dendritische Zellen, Langerhans Zellen und Antigen präsentirende Zellen binden das Pathogen und bewirken seine Entfernung über Transkriptions unabhängige immunologische Weise, z.B. Phagozytose, Degranulation und Bindung von Komplement /1/.

Die Zellen des angeborenen Immunität sind Makrophagen der Gewebe, dendritische Zellen und Granulozyten. Sie exprimieren eine Familie angeborener Rezeptoren und Sensoren die als Pattern recognition receptors (PRRs) bezeichnet werden. Diese sind evolutionär konservierte Keimbahn kodierte Rezeptoren die Pathogen assoziierte molekulare Muster (PAMPs) erkennen. Die PAMPs sind nicht nur essentiell pathogen für die Ausbildung einer Infektion, sondern auch für das Überleben des Pathogens. Zu den PRRs gehören folgende Familien von Rezeptoren /2/:

  • Toll-like Rezeptoren (registrieren Bakterien)
  • NOD-like Rezeptoren (registrieren Bakterien)
  • RIG-I-like Rezeptoren (registrieren Viren)
  • C-type Lectin Rezeptoren (registrieren Pilze und Mykobakterien)
  • DNA wahrnehmende Moleküle (registrieren Viren).

Die stark organisierten Mechanismen zur Abwehr einer Gewebeschädigung durch Inflammation oder Infektion bewirken die Synthese von Akute-Phase Proteinen, stimuliert durch inflammatorische Zytokine wie Interleukin (IL)-1β, IL-6, und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α). Die Zytokine werden von Makrophagen und Leukozyten in den Gweben, nach Induktion durch PRRs, gebildet /3/.

Insgesamt betrachtet besteht die Funktion der angeborenen Immunantwort darin die Vernichtung des Pathogens oder zumindest seiner Replikation zu veranlassen oder selbst durchzuführen. Zusätzlich bezieht das angeborene Immunantwort das erworbene Imunsystem in die Abwehr mit ein, die dann Pathogen spezifisch durch B- und T-Zellen fortgeführt wird /2/.

Natürliche Barrieren zum Schutz der Immunität

Eine Anzahl mechanischer Faktoren schützt den Organismus vor Pathogenen. Das sind die Haut, die Schleimhäute, der Speichel- und Tränenfluss und zahlreiche chemische Mechanismen wie der niedrige pH des Magensaftes.

Mukosale Immunität des Darmes

Die Schleimhäute haben eine Oberfläche von mehreren hundert Quadratmetern und somit etwa 200 fach mehr als die Haut. Die Schleimhäute sind die wichtigste Eintrittspforte für mikrobielle Erreger /4/. Diese verursachen etwa 10 Millionen Todesfälle weltweit jährlich bei Kindern unter 5 Jahren. Die meisten Todesfälle beruhen auf Diarrhoen.

Die Abwehr der Erreger auf den Schleimhäuten beruht vorwiegend auf der Wirkung von sekretorischem IgA (sIgA). So sind in der Schleimhaut pro einem Meter Dünndarm etwa 1010 Plasmazellen die IgA produzieren, während in allen Lymphknoten des Organismus, der Milz und dem Knochenmark sich nur 2,5 × 1010 Plasmazellen befinden. Insgesamt sind 80 % der Immunglobulin (Ig)-bildenden Plasmazellen im Darm positioniert, die lokal Ig in der Lamina propria bilden. Der Erwachsene sezerniert täglich 3 g sIgA in den Darm.

Das mukosale Immunsystem des Darmes ist im Organismus das leistungsfähigste Ig-poduzierende Organ und das Abwehrsystem in vorderster Front zur Elimination von Antigenen und Pathogenen, die sich in 1.000 kg Nahrung befinden, die jährlich den Darm passieren. Im Dünndarm ist die Induktion und Regulation der mukosalen Immunität die primäre Funktion der Peyerschen Plaques und der Lymphknoten des gastrointestinalen Lymphgewebes (Gut-associated lymphoid tissue, GALT).

Die Mukosa-assoziierte Immunität gewährleistet über folgende zwei Mechanismen die Abwehr:

  • Verhinderung des Kontaktes von Antigenen und Pathogenen mit dem Epithel und deren Invasion in die Mukosa durch Bindung als Immunkomplex.
  • Durch Immunsuppression, auch als orale Toleranz bezeichnet, wenn sie über den Darm vermittelt wird. In den mesenterialen Lymphknoten sind regulatorische T-Zellen (Treg) gelegen. Diese werden angeregt durch dendritische Zellen, die ihnen Antigene und Pathogene der Nahrung präsentieren. Die Treg induzieren eine mukosale Toleranz gegenüber diesen Substanzen durch Herunterregulierung des Immunsystems. Die Neonatalperiode ist jedoch kritisch, sowohl was Infektionen als auch Allergien gegen Bestandteile der Nahrungs betrifft, da sowohl die Mukosa, als auch das immunregulatorische System noch nicht ausgereift sind.

Mukosale Immunität des respiratorischen Systems

Im respiratorischen System können Partikel mit einem Durchmesser von unter 5 μm die unteren Atemwege erreichen. Dort treffen sie auf eine natürliche Abwehr von Surfactant proteins (SP) und lösliche Komponenten der angeborenen Immunität wie Lysozym, Lipopolysaccharid (LPS)-bindendes Protein, Fibronectin, Lactoferrin, Defensine, Komplement und sekretorisches IgA /5/.

Die SP gehören zur Familie der Collectine und enthalten Lectin- und Kollagen-reiche Domänen. SP schützen gegen Mikroorganismen, indem sie als Opsonine wirken und die Alveolarmakrophagen zur Phagozytose stimulieren. Niedrige Konzentrationen von Aggregaten der SP stimulieren die Proliferation von Lymphozyten, höhere wirken hemmend. Die SP (SP-A und SP-D) stimulieren die Zytokinsekretion von Makrophagen. SP schützen aber nicht nur vor mikrobiellen Erregern, sondern binden auch Pollen und Extrakte von Milben.

β-Defensine sind niedermolekulare kationische Peptide mit einer breiten anti-mikrobiellen Aktivität gegen Bakterien, Pilze, Chlamydien und Viren. Sie werden von Epithelzellen gebildet nach Stimulierung von Toll-like receptors durch mikrobielle Antigene.

21.1.2 Immunerkennung

21.1.2.1 Danger-associated molecular patterns (DAMPs)

Zu den DAMPs gehören die Pathogen associated patterns (PAMPs) und die Alarmine. Vom Immunsystem werden die DAMPs über Pattern recognition receptors (PRRs) erkannt. Das Immunsystem hat sich vor der Trennung der Vertebraten von den Nichtvertebraten entwickelt. Es besitzt deshalb hoch konservierte Strukturen zur Erkennung molekularer Antigenmuster von Infektionserregern, aber nicht so differenziert um einzelne Antigene wahrzunehmen. Viele Mikroorganismen haben ein einheitliches Muster der Antigenstruktur (PAMPs), die von PRRs des Immunsystems erkannt werden. Die PAMPs sind auf Abwehrzellen wie Makrophagen, dendritischen Zellen, Granulozyten und Lymphozyten lokalisiert. Siehe /1/:

21.1.2.2 Pathogen-associated molecular patterns (PAMPs)

Die PAMPs sind Strukturen wie β1,3-Glykane von Pilzen, bakterielles Lipopolysaccharid (LPS), Peptidoglykane, Phosphoglykan, Lipoteichonsäure, Mannan, doppelsträngige RNA und bakterielle DNA. Da ein Typ von PAMPs bestimmten Erregergruppen eigen ist, werden diese global erkannt, so z.B. /5/:

  • Gram negative Bakterien, da sie LPS in der Zellwand haben. Die Bindung von LPS an den korrespondierenden Rezeptor CD14 des Makrophagen und des Toll-like Rezeptors (TLR 4) stimulieren eine Signalkaskade, so dass der Makrophage Zytokine bildet, die das Immunsystem stimulieren.
  • Gram positive Bakterien, da sie Lipoteichonsäure enthalten.
  • Pilze auf Grund ihres Gehalts an Mannan.

Alarmine

Es handelt sich um Gefahrensignale, die während Inflammation, Infektion und Stress gebildet werden (Tab. 21.1-1 – Danger-associated molecular patterns).

Opsonine

Es handelt sich um eine Gruppe von Proteinen, die mikrobielle Erreger anlockt und bindet. So wird von der Leber als Akute-Phase Protein Mannose-bindendes Protein (MBP) gebildet. Es handelt sich um einen Ca2+-abhängigen Lectinrezeptor, der Mannose reiche Kohlenhydrate von Bakterien, Pilzen, Parasiten und vereinzelt auch Viren bindet. Im Blut des Menschen wirkt MBP als Opsonin. MBP beschleunigt die Phagozytose Mannose reicher Proteine und aktiviert den klassischen und alternativen Weg der Komplementkaskade /5/.

21.1.2.3 Pattern recognition receptors (PRRs)

Es handelt sich um Rezeptoren auf dendritischen Zellen, Makrophagen und B-Zellen, auch werden sie sezerniert. Ca2+-abhängiges Lectin, Leucin reiche Peptide und Cystin reiche Peptide sind die Bindungsstellen der PRRs. Sie vermitteln die Endozytose von Makrophagen und lösen eine Signalgebung im Rahmen eines inflammatorischen Geschehens aus. Insgesamt werden vom Immunsystem trotz einer nur geringen Anzahl verschiedener Rezeptoren komplette Klassen von Mikroorganismen erfasst und attackiert.

Endozytoserezeptor

Über diesen Rezeptor, ein Mannose bindendes Protein, können in Abwesenheit von Opsonin Mikroorganismen in Makrophagen, dendritische Zellen und gelegentlich auch Endothelzellen aufgenommen werden. So wird Pneumocystis carinii über einen solchen Rezeptor in Alveolarmakrophagen inkorporiert. Es wird angenommen, dass die Infektanfälligkeit von AIDS-Patienten gegenüber Pneumocystis carinii auf einer Modifikation des Mannose bindenden Rezeptors durch HIV beruht /5/.

Toll-like receptor (TLR)

TLRs sind auf der Zellmembran von Immunzellen lokalisiert. Sie erkennen mikrobielle Komponenten, aktivieren die Übermittlung von Signalen in den Zellkern und triggern die Expression von Genen, die in die inflammatorische Antwort involviert sind. TLR wurden Ende des zwanzigsten Jahrhunderts bei Drosophila entdeckt und sind dort der essentielle Rezeptor in der Abwehr gegen Pilzinfektionen. Die TLR der Säugetierfamilie sind eine Gruppe von 11 Mitgliedern wobei beim Menschen TLR 10 funktionell der Wichtigste ist. Die TLR haben wie die Zytokinrezeptoren eine extrazelluläre und eine zytoplasmatische Domäne. Letztere ist vergleichbar derjenigen der IL-1-Familie. Die extrazelluläre Domäne ist aber verschieden und ist bei IL-1R Immunglobulin-ähnlich, während sie bei den TLRs aus einer Ansammlung von Leucinresten (Leucin-rich repeats, LRR) besteht /6/.

TLR erkennen konservierte pathogene Strukturen und somit eine Vielzahl mikrobieller Komponenten wie Lipoproteine, Peptidoglykane, Lipoteichonsäure Gram positiver Bakterien, Lipopolysaccharid (LPS) Gram negativer Bakterien, Glykosylphophatidylinositol-Anker von Trypanosoma und Phenol-lösliches Modulin von Staphylokokkus epidermidis. Auf Makrophagen lokalisierte TLRs induzieren nach Kontakt mit einer mikrobiellen Komponente die Expression von Genen, so dass es zur Produktion von inflammatorischen Zytokinen (IL-1, IL-8) und kostimulatorischen Molekülen kommt. Unter dem Einfluss von TLR stimulierten inflammatorischen Zytokinen und kostimulatorischen Molekülen präsentieren Makrophagen den T-Helfer (Th)-Zellen ein Antigen und koppeln so die angeborene Immunität an das erworbene Immunsystem (Abb. 21.1-1 – Erkennung von Pathogenen durch dendritische Zellen und Makrophagen durch Toll-like Rezeptoren).

Nicht immer binden die TLR ein Antigen direkt. Bei Aktivierung der TLR durch LPS muss dieses an ein LPS-bindendes Protein, ein Akute-Phase-Protein, gekoppelt sein.

Kostimulatorische Moleküle

Makrophagen und dendritischen Zellen werden von TLR zur Expression von B7-kostimulierenden Molekülen (CD80 und CD86) auf der Zelloberfläche aktiviert. Kostimulatorische Moleküle liefern Signale, die mit den Signalen der TLR zur Aktivierung von T-Zellen benötigt werden /7/.

21.1.3 Zellen, die Rezeptoren des angeborenen Immunsystems exprimieren

21.1.3.1 Granulozyten und Makrophagen

Bei einer Schädigung des Gewebes erreichen die Zellen des angeborenen Immunsystems zuerst das betroffene Gewebe. Dort liegt gewöhnlich ein reduzierter PO2 vor. Die polymorphkernigen Granulozyten (PMN) sind zuerst am Ziel, gefolgt von den Monozyten/Makrophagen. Die PMN haben nur wenige Mitochondrien, gewinnen ihre Energie vorwiegend aus anaerober Glykolyse und können die Immunerkennung und Abwehrfunktion trotz O2-Mangels gut erfüllen /8/. Zur Funktion der Granulozyten im Rahmen der angeborenen Immunantwort siehe Beitrag 19.7 – Granulozyten-Funktionsprüfung.

Über 95 % der Makrophagen in den Geweben entstammen Monozyten des hämatopoetischen Systems und der Rest wird von lokalen Gewebsmakrophagen gebildet. In der Regel zirkulieren Monozyten mit einer Halbwertszeit bis zu 3 Tagen im Blut, bevor eine Extravasation in die Gewebe stattfindet. Bei entzündlichen Vorgängen mit vermehrter Produktion von Monozyten im Knochenmark ist die Halbwertszeit verkürzt und die Makrophagen akkumulieren im betroffenen Gewebe. Makrophagen sind in nahezu allen Geweben und oft dort als gewebespezifische Phänotypen, so als Histiozyten im Bindegewebe, Kupfferzellen in der Leber, Alveolarmakrophagen der Lunge, Mikroglia im Zentralnervensystem und Osteoklasten im Knochen.

Die Makrophagen haben neben ihrem Vermögen der Phagozytose ein weites funktionelles Spektrum von der Antigenpräsentation über antibakterielle und Antitumoraktivität bis zur Sekretion regulatorischer Substanzen wie Enzyme, Prostanoide und Zytokine.

Makrophagen haben Rezeptoren:

  • Zur Identifizierung von Kohlenhydraten wie Mannose. Solche Zucker werden normalerweise nicht auf der Zelloberfläche von Vertebraten, aber auf der von Mikroben exprimiert, wodurch eine Differenzierung zwischen Selbst- und Fremdantigenen möglich ist.
  • Zur Identifizierung von Phosphatidylserin. Zellen, die dem programmierten Zelltod (Apoptose) unterliegen, exprimieren Phosphatidylserin und werden von den Makrophagen abgeräumt. Zellen von nekrotischem Gewebe geben demgegenüber Substanzen wie Heat- shock Proteine frei, die Makrophagen im Rahmen eines entzündlichen Geschehens in die Abwehr einbeziehen (siehe Beitrag 19.1 – Entzündungsreaktion).
  • Für Komplement und Immunglobuline. Mit Komplement oder mit Antikörpern besetzte Mikroben wirken opsonierend und somit beschleunigend auf die Phagozytose. Bei der Komplementaktivierung (siehe Kapitel 24 – Komplementsystem) auf der Oberfläche von Mikroben entsteht die Komplementkomponente C3b. Für diese besitzen Makrophagen Rezeptoren und durch Bindung von C3b erfolgt die Aktivierung. In Abwesenheit von Komplement geschieht die Makrophagenaktivierung über Mikroorganismen, die besetzt sind mit IgG, IgA oder IgM. Vermittels Fc-Rezeptoren auf der Oberfläche von von Makrophagen können Antikörper besetzte Bakterien im Sinne eines Reißverschlussmechanismus umflossen werden (Abb. 21.1-2 – Unspezifische Phagozytose eines Mikroorganismus durch einen Makrophagen). Die intrazellulär aufgenommenen Erreger werden durch eine Vielzahl von Mechanismen attackiert wie reaktive Sauerstoffspezies (Hydroxylanion, Superoxidanion), Hypochlorsäure, NO, antimikrobielle Substanzen wie Lysozym und kationische Proteine.

Das einfache Bild der Makrophagenfunktion ist, dass dieser ein Pathogen inkorporiert und zu kleineren antigen wirkenden Substanzen prozessiert, die dann exprimiert und den T-Zellen des erworbenen Immunsystems angeboten werden (Abb. 21.1-3 – T-Zellen wird Antigen präsentiert). Nach Erkennen des Antigens durch die T-Zelle setzt diese eine Immunantwort in Gang. Die Funktion des Makrophagen wird dann durch T-Zellen kontrolliert.

Von T-Zellen gebildetes Interferon-γ (IFN-γ) ist der Prototyp der Makrophagen aktivierenden Zytokine.

IFN-γ-aktivierte Makrophagen bilden /9/:

  • IL-12 und TNF-α. Einer der wichtigsten von Makrophagen sezernierten Faktoren ist IL-12, da er die Immunantwort von Th1-Zellen reguliert. So wird die IFN-γ-Produktion von T-Zellen durch IL-12 unterhalten und IFN-γ wiederum stimuliert Makrophagen zur Expression von kostimulierenden Molekülen der B7-Familie, die wiederum wichtig sind für die Erkennung von PAMPs durch die Pattern recognition receptors des Makrophagen.
  • IL-1 und IL-10. Ersteres beeinflusst die Immunantwort der Th1-Zellen, letzteres die der Th2-Zellen (Abb. 20.1-4 – Entwicklung der Subpopulationen von T-Helferzellen unter Einwirkung von IL-4 bzw. IL-12). Während IL-1 ein Stimulator der Immunantwort ist, supprimiert IL-10 diese. So reduziert IL-10 die Bildung von Kostimulatoren der B7-Familie, von TNF-α und von Makrophagen-inhibierenden Faktoren (MIF).

Die Makrophagenfunktion ist summarisch wie folgt:

  • Makrophagen amplifizieren T-Zell-Antworten.
  • Sie selbst werden in ihrer Funktion von den Produkten (Zytokinen) der T-Zell-Immunantwort reguliert.

Insgesamt haben die Makrophagen damit eine zentrale Rolle in der Festlegung, in welchem Ausmaß die Immunantwort erfolgen soll.

21.1.3.2 Dendritische Zellen (DCs)

DCs werden im Knochenmark gebildet und entstammen der myeloischen und lymphatischen Zellreihe /10/. Sie haben eine charakteristische sternförmige Struktur auf Grund ihrer zahlreichen plasmatischen Ausläufer. Das bedingt eine große Zelloberfläche, die es ermöglicht, einen intensiven Kontakt mit den Zellen der Umgebung aufzunehmen. So kann eine DC 100–3.000 T-Zellen aktivieren. Die Aufnahme von Antigen erfolgt durch Makropinozytose. Flüssigkeit des Interstitiums wird aufgenommen und die Antigene durch Ausstossen von Wasser über spezielle Kanäle konzentriert. DC kommen vor als /10/:

  • Langerhans Zellen in squamösen Schichten der Epithelien der Epidermis und den suprabasalen Schichten der Haut.
  • Interstitielle Zellen in Herz, Lunge, Leber und anderen Organen.
  • Umhüllung der afferenten Lymphwege.
  • Interdigitale Zellen in den T-Zell reichen Regionen der Lymphorgane.
  • Follikuläre Zellen in Lymphorganen. Diese sind different von den zuvor genannten DCs, da angenommen wird, dass sie als B-Gedächtniszellen fungieren.

DCs sind strategisch so im Organismus lokalisiert, dass ein eindringender Erreger erkannt wird. Sie nehmen kontinuierlich Antigene aus dem extrazellulären Milieu auf und durchforsten dies nach pathogenen Antigenmustern, z.B. nach mikrobiellen Erregern.

Zur Erkennung von Antigenen exprimieren dendritische Zellen ein Repertoir von Rezeptoren wie z.B. /10/:

  • Mannoserezeptor, LPS-Rezeptor und TLR zur Erfassung von Mannan der Pilze, LPS Gram negativer und Lipoteichonsäure Gram positiver Bakterien.
  • Rezeptoren wie FcγRII (CD32), FcγRI (CD64), FcεRI und den KomplementrezeptorC3bi (CD11b) zur Erhöhung der Effektivität bei der Endozytose von Immunkomplexen.

Zur Aktivierung der Immunantwort exprimieren DC /10/:

  • Antigen präsentierende Moleküle in hoher Dichte wie MHC-Moleküle der Klassen I und II und CD1a-Moleküle. Intrazellulär wird vergleichbar den Makrophagen das Antigen prozessiert, bevor es mit MHC-Molekülen in Form kurzer Peptide auf der Zelloberfläche präsentiert wird. Die MHC-Klasse-II-Moleküle präsentieren die Peptide den T-Zellrezeptoren auf der Oberfläche von T-Helferzellen, die MHC-Klasse-I-Moleküle präsentieren das Antigen den Rezeptoren zytotoxischer T-Zellen (Abb. 21.1-3 – Antigen Präsentation an T-Zellen). DCs sind besonders effektiv im Priming, also der Antigen spezifischen Aktivierung naiver T-Zellen (TH0), Die TH0 hatten bisher noch keinen Kontakt mit einem Antigen.
  • Kostimulatorische Moleküle der B7-Familie, interzelluläre Adhäsionsmoleküle wie ICAM-1 (CD54), ICAM-3 (CD50) und Leukozyten-Funktionsantigene wie LFA-3 (CD58), B7-1 (CD80) und B7-2 (CD86).

Als Resultat der Aktionen werden die Mechanismen der angeborenen und erworbenen Immunantwort aktiviert. Auch können DCs in die lokalen Lymphknoten einwandern und dort eine erworbene Immunantwort in Gang setzen. Insgesamt sind die DCs eine wichtige Verbindung zwischen der angeborenen und erworbenen Immunität.

21.1.3.3 Natural Killer (NK)-Zellen

Die NK-Zellen sind eine wichtige Subpopulation der Lymphozyten und spielen eine Rolle in der angeborenen Immunantwort gegenüber Infektionen und malignen Tumoren. An den zirkulierenden Lymphozyten haben sie einen Anteil von 10–20 % und im Differentialausstrich des peripheren Bluts haben sie die Morphologie der Large granular lymphocytes (LGL-Zellen). Der Name NK-Zellen beruht auf ihrer Fähigkeit, ohne vorherige Sensibilisierung Zielzellen zu solubilisieren, ohne dass diese MHC-Merkmale exprimiert haben /11/.

NK-Zellen unterscheiden sich von T- und B-Lymphozyten durch das Fehlen von T-Zellrezeptoren und B-Zellrezeptoren auf der Oberfläche. Phänotypisch sind sie als CD56+CD3 klassifiziert. CD56 ist ein Neuronal cell adhesion molecule (NCAM). Andere, auf verschiedenen NK-Subpopulationen befindliche Rezeptoren, sind FcRγIII (CD16), IL-2-Rezeptor, c-kit-Rezeptor sowie CD7, CD2 und CD8.

Die Erkennung von Targetzellen durch NK-Zellen ist komplex und erfolgt durch ein Zusammenspiel der Aktivität von Killer hemmenden und aktivierenden Rezeptoren der Zelloberfläche. Bei den aktivierenden Rezeptoren handelt es sich um β2-Integrine, CD2 und um Rezeptoren der Immunglobulinsuperfamilie, die nach ihrem Molekulargewicht, z.B. NKp46 oder NKp30, bezeichnet werden. Die MHC-Klasse-I-spezifischen inhibitorischen Rezeptoren sind nach ihrer molekularen Struktur Lectin ähnlich (Killer cell lectin-like receptor, KLR) oder Immunglobulin-ähnlich (Killer cell immunoglobulin-like receptor, KIR) benannt (Abb. 21.1-4 – Struktur inhibitorischer Rezeptoren von NK-Zellen). KLR und KIR spielen eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von Targetzellen /11/.

Die Vorstellungen über die Wirkung der NK-Zellen gehen dahin, dass diese potentiell an jede Zelle des Organismus binden können. Nach Anlagerung an die Targetzelle kommen KLR und/oder KIR ins Spiel. Finden sie bestimmte MHC-Strukturen auf der Targetzelle, an die sie binden können, und erfolgt von der Targetzelle ein inhibitorisches Signal, so bleibt diese von der Lyse verschont. Ist das nicht der Fall, unterbleibt die Inhibition und die Targetzelle wird lysiert (Abb. 21.1-5 – Aktivierendes und inhibierendes Rezeptorsystem der NK-Zelle zur Behandlung einer Targetzelle). Bei Virus infizierten Zellen und bei Tumorzellen sind die MHC-Moleküle herunter reguliert, wodurch sie empfindlicher für NK-Zellen werden.

NK-Zellen zerstören infizierte und maligne Zellen über folgende Mechanismen /11/:

  • Über IgG (FcμR) werden mit IgG-Antikörpern besetzte Zellen über den Mechanismus der Antikörper-abhängigen Zytotoxizität abgetötet.
  • Killerzell-aktivierende Rezeptoren nehmen Strukturen auf der Targetzelle wahr. Kommt über inhibitorische Rezeptoren kein Signal, so wird der Inhalt der zytotoxischen Granula der NK-Zellen freigesetzt. Durch Perforin wird ein Loch in die Membran der Targetzelle geschlagen und zytotoxische Enzyme in das Zellinnere injiziert, wodurch der Zellinhalt aufgelöst wird.

21.1.4 Komplementsystem

Die angeborene Immunantwort wird in der frühen Phase durch eines der drei Systeme der Komplementaktivierung in die Abwehr mit einbezogen. Siehe Kapitel 24 – Komplementsystem). Es werden aktiviert:

  • Der klassische Weg durch Immunkomplexe.
  • Der alternative Weg durch die mikrobielle Zellwand.
  • Der Lektinweg über die Interaktion des Mannose-bindenden Proteins mit mikrobiellen Kohlenhydraten.

Bei der Aktivierung dieser Wege werden gebildet:

  • Das Fragment C3b der Komplementkomponente C3. Da die Komplementaktivierung auf der Oberfläche der Erreger abläuft, wird C3b dort deponiert. Somit wird die Phagozytose des Erregers initiiert, da Makrophagen und dendritische Zellen C3b-Rezeptoren besitzen.
  • Die Fragmente C3a, C4a und C5a setzen inflammatorische Mediatoren von Mastzellen frei, außerdem ist C5a ein chemotaktisches Molekül, das polymorphkernige Granulozyten anlockt.
  • Der Membranangriffskomplex, gebildet aus C5b, C6, C7, C8 und C9. Er perforiert die Zellmembran der Targetzelle und führt so deren Untergang herbei.

21.1.5 Zytokine

Die gut organisierten Abwehrmechanismen gegen eine inflammatorische oder infektiöse Gewebeschädigung bewirken bei inflammatorischen Zellen (Makrophagen und andere Leukozyten) die Bildung inflammatorischer Zytokine wie Interleukin (IL)-1β, IL-6, und TNF-α. Die Zytokine nehmen als integriertes Netzwerk die Regulation der Komponenten des Immunsystemens wahr. Siehe Kapitel 20 – Zytokine und Zytokinrezeptoren.

Die Abwehr der angeborenen Immunität gegen mikrobielle Erreger nach Erstkontakt ist dargestellt in Abb. 21.1-6 – Angeborene Immunität: Antworten nach dem Erstkontakt mit Mikroben und ihren Produkten.

21.1.6 Thymus

Der Thymus (Bries) ist ein primäres lymphatisches Organ und liegt im Brustkorb hinter dem Brustbein. Er ist wichtig für die reguläre Entwicklung des erworbenen Immunsystems. Kinder, die einer Thymektomie unterzogen wurden, haben eine verminderte Zahl von T-Zellen und eine normale T-Zellzahl wird nicht erreicht. Das hat ein Monitoring in den darauf folgenden Jahren gezeigt /32/. Der Thymus unterliegt mit zunehmendem Alter einer Involution. Sie beginnt in der Kindheit und läuft beschleunigt in der Pubertät ab. Bei Abnahme der zentralen T-Zellbildung kompensiert der Organismus die Anzahl der T-Zellen durch eine klonale Proliferation von T-Zellen peripherer Lymphorgane. Dadurch resultiert eine verminderte Zahl von T-Zellrezeptoren. Die Alters-bedingte Reduktion der T-Zellrezeptoren schwächt die Immunüberwachung und erhöht das Risiko für Infektionen und Krebserkrankungen. In einer Studie /32/ zu den Folgen für die Gesundheit nach Entfernung des Thymus bei Erwachsenen ziehen die Autoren folgende Schlussfolgerung: Der Thymus hat einen erheblichen Anteil an der Bildung von T-Zellen und zur Aufrechterhaltung der Immunüberwachung des Erwachsenen. Eine Störung dieser Hämostase nach Thymektomie hat einen gegenteiligen Einfluss auf die Immunüberwachung, was stark dagegen spricht, dass der Thymus des Erwachsenen funktionell nicht wichtig ist.

21.1.7 Erworbene Immunantwort

Die erworbene (adaptive) Immunität führt eine effiziente Abwehr gegen eine Vielzahl antigener Stimuli aus der Umwelt durch. Die Charakteristika dieses Systems sind:

  • Die große Vielfalt somatisch bedingter Rezeptoren gegen Antigene.
  • Eine hohe Antigenspezifität zu erlangen.
  • Die Fähigkeit aus dem Gedächtnis heraus eine rasche Immunantwort gegen ein Antigen zu generieren mit dem das Immunsysten schon konfrontiert war.

Bei der erworbenen Immunantwort werden Pathogene und ihre Produkte primär von löslichen Komponenten und Zellen der angeborenen Immunantwort prozessiert. Dabei werden Peptide in einer solchen Größe gebildet, dass sie im Zytoplasma von Antigen präsentierenden Zellen (APCs) mit einem MHC-Molekül zu einem Peptid-MHC-Komplex (pMHC) assoziierbar sind /12/.

Die pMHC werden auf die Plasmamembran transportiert und von T-Lymphozyten (T-Zellen) der erworbenen Immunität durch deren T-Zellrezeptor (TCR) erkannt. Da die Avidität der TCR relativ gering ist müssen, damit es zur Aktivierung der T-Zellen kommt, in der Mikroumgebung relevante Mengen an pMHC und TCR präsent sein. Die Interaktion beider wird gefördert durch spezielle Membranstrukturen der APC und T-Zellen, sogenannte Mikrodomänen, die Rezeptoren und Liganden nahe zusammenbringen und durch Korezeptoren.

Folgende Korezeptoren und Liganden wirken auf der Zellmembran von Antigen präsentierenden Zellen (APCs) unterstützend:

  • CD4/CD8-Moleküle auf der Membran von T-Zellen, die mit MHC-II- und MHC-I-Molekülen auf den APCs reagieren.
  • CD28-Moleküle von T-Zellen, die mit CD80/CD86-Liganden auf APCs reagieren.
  • CD40L (CD154) auf aktivierten T-Zellen, die mit CD40-Molekülen auf APCs reagieren.

Unterstützt durch die Korezeptoren laufen die Interaktionen von TCR und pMHC in den Mikrodomänen ab und aktivieren das Immunsystem.

Das Repertoir an TCRs besteht aus potentiell 1012–1015 verschiedenen Rezeptoren. Unter diesen sind auch solche, die sich gegen Selbst-Peptid-MHC-Komplexe richten und theoretisch körpereigenes Gewebe vernichten. Zur Verhinderung solcher Selbstreaktivität (Autoimmunreaktion) werden im Knochenmark gebildete Lymphozyten bei Durchwanderung des Thymus erzogen und selektiert, so dass theoretisch keine Autoimmunreaktion ablaufen kann. Da diese Selektion aber nicht hundertprozentig ist, erreichen in geringer Menge gegen das Selbst gerichtete T-Zellen die peripheren Gewebe. Bei den meisten Menschen sind sie aber harmlos, da die Selbst-Peptid-MHC-Komplexe gewöhnlich keine Konzentrationen zur Auslösung einer Autoimmunreaktion erreichen. Einige autoaggressive T-Zellen, auch als Driver cells bezeichnet, können aber Autoimmunreaktionen auslösen. Den Driver cells entgegen wirken regulatorische T-Zellen (Treg) und die Natural killer cells (NK-Zellen).

Nach der Antigen-vermittelten Aktivierung von T-Zellen und B-Zellen kommt es, stimuliert durch die von T-Zellen gebildeten Zytokine:

  • Zur Differenzierung naiver T-Zellen (Th0) in T-Helferzellen (Th1-Zellen), die Immunreaktion supprimierende Zellen (Th2-Zellen) und in die Immunreaktion regulierende Zellen (Treg). Zur Erzielung einer effektiven Immunantwort werden diese Zellen zur klonalen Proliferation stimuliert (klonale Selektionstheorie) /7/.
  • Zur Bildung von Antikörpern durch B-Zellen.
  • Zur Aktivierung von Makrophagen.

Aktivierte T-Zellen, B-Zellen und Makrophagen arbeiten in Kollaboration mit den Effektoren der angeborenen Immunität an der Elimination des Pathogens.

Die Entwicklung der Lymphozyten des Systems der T-Zellen und B-Zellen aus primordialen Stammzellen in der fetalen Leber und dem Knochenmark erfolgt durch die Interaktion mit Stromazellen und gesteuert durch Stammzellfaktoren und Kolonie-stimulierende Faktoren. Der Kontakt mit einem Antigen ist dazu nicht erforderlich.

Sind die Lymphozyten so weit herangereift, dass sie Antigenrezeptoren ausbilden, benötigen sie zum Überleben und zur Differenzierung den Kontakt mit Antigen /7/.

T-Zellen, B-Zellen und NK-Zellen entstammen einer gemeinsamen Vorläuferzelle. Aus dieser entwickeln sich jeweils:

  • Die Prä-B-Zelle, eine unreife B-Zelle.
  • Der Prä-Thymozyt, eine unreife T-Zelle.

21.1.7.1 T-Zellsystem

T-Zellen regulieren die adaptive Immunantwort gegenüber Pathogenen und Tumorzellen und erkennen Antigene, die in Kombination mit MHC-Molekülen präsentiert werden. Der T-Zell-Antigenrezeptor von αβT-Zellen registriert Peptidfragmente, die mit MHC-I- oder MHC-II-Molekülen dargeboten werden. Jede T-Zelle bildet einen speziellen Antigenrezeptor aus und ein Selbst-MHC begrenztes und Selbst-Toleranz bezogenes T-Zell Repertoir wird in einem mehrstufigem Vorgang im Thymus gebildet. Naive T-Zellen werden im Knochenmark gebildet und erfahren dort eine Differenzierung im Thymus.

Die thymische Selektion der T-Zellen erfolgt in folgenden Schritten (Abb. 21.1-7 – Selektion von T-Zellen im Thymus/13/:

  • Die erste Selektion erfolgt durch kortikale Epithelzellen des Thymus, die aus Hormonen der neurohypophysären Familie, der Tachykininfamilie und der Insulinsuperfamilie Selbstpeptide prozessiert haben. Die vom T-Zellrezeptor (TCR) registrierten Aminosäuren stammen von solchen Selbstpeptiden und MHC-Antigenen. Exprimieren die T-Zellen einen schwach reaktiven TCR gegenüber Selbstantigen, so erhält dieser ein Reifungssignal zur Bildung eines funktionellen T-Zellrepertoirs, wenn er in die Zirkulation gelangt (positive Selektion). Demgegenüber erhalten Thymozyten mit einem stark selbst reaktiven TCR das Signal zum Absterben (negative Selektion). Ein Mangel, das Übertreten von T-Zellen mit stark selbst reaktiven TCR in die Zirkulation zu verhindern, soll einer der wesentlichen Ursachen der Ausbildung von Autoimmunität sein. Damit eine Signalgebung durch eine T-Zelle stattfinden kann prüft ein Antigen aktivierter TCR viele MHC-I- und MHC-II-Rezeptoren um einen zu finden, der mit einer Signal-gebenden Kinase LcK ausgestattet ist. Diese phosphoryliert Tyrosin basierte Aktivierungsmotive (ITAMs) des Immunrezeptors und aktiviert die Tyrosinreste des ZAP 70 Proteins. MHC-II-restringierte TCRs benötigen eine kürzere Startzeit (0.2 sec) zur Durchführung einer negativen Selektion als MHC-I-restringierte TCRs (0,9 sec), da mehr CD4 Korezeptoren mit LcK ausgestattet sind im Vergleich zu CD8 Korezeptoren.
  • T-Zellen, die im Cortex des Thymus positiv selektiert wurden, durchlaufen eine weitere Selektion. In diesem Schritt läuft eine Antigen-spezifische Testung ab. Sie erfolgt durch dendritische Zellen und Makrophagen in der Medulla des Thymus. Um diesen Schritt zu bestehen, muss der Rezeptor eine entsprechende Antigenspezifität haben. Da die Gene des T-Zellrezeptors sich aber ungezielt rearrangieren, ist die Wahrscheinlichkeit einer T-Zelle, einen passenden Rezeptor zu besitzen, gering. Ist das jedoch der Fall, wird das Signal zur automatischen Apoptose der T-Zelle ausgeschaltet und diese als CD3+CD4+T-Zelle oder CD3+CD8+T-Zelle in die Zirkulation entlassen, von wo sie gewöhnlich in die Lymphknoten migriert. Mehr als 95 % der T-Zellen erreichen dieses Ziel nicht und sterben im Thymus ab.

Wenige T-Zellen, die den Thymus durchlaufen, haben einen γ/δ-Rezeptor. Diese Zellen verharren nur kurz im Thymus und entwickeln sich an vielen Stellen außerhalb, z.B. im Darm assoziierten Immunsystem. Wie die NK-Zellen haben sie zytotoxische Aktivität und können Zielzellen durch Bildung von Perforin und lytischer Enzyme auflösen.

Die ontogenetische Entwicklung des T-Zellsystems verläuft wir folgt: CD3+T-Zellen sind ab der 10. SSW nachweisbar, CD4+- und CD8+T-Zellen ab SSW 14.

Naive T-Zelle

Der Organismus wird bis zur Jugend vom Thymus mit naiven T-Zellen (Th0-Zellen) versorgt /14/. Aber auch wenn das aufhört, wird die Zahl dieser Zellen im Organismus nicht weniger, da post-thymisch naive T-Zellen gebildet werden. Naive T-Zellen können zwar IL-2 produzieren, nicht aber die klassischen Effektorzytokine IFN-γ und IL-4. Da sie noch keinen Kontakt mit einem Antigen hatten, haben sie auch keine klonale Selektion vollzogen und besitzen somit ein hoch diverses Reservoir an T-Zellrezeptoren.

Beim Erwachsenen gibt es zwei Populationen naiver T-Zellen. Eine ruhende Population aus dem Thymus und eine zweite, die in der Peripherie proliferiert ist. Durch das Oberflächenmolekül CD31 (PECAM-1) können CD31+thymisch naive T-Zellen von CD31–central naiven CD4+T-Zellen differenziert werden.

Personen mit einer Verminderung von CD31+thymisch naiven T-Zellen sind möglicherweise Low responders der primären Immunantwort. Personen mit einer Vermehrung von CD31–central naiven CD4+T-Zellen haben möglicherweise eine stärkere Disposition zur Autoimmunität.

21.1.7.2 B-Zellsystem

B-Zellen (B-Lymphozyten) werden das ganze Leben über von hämatopoetischen Stammzellen gebildet. Im reifen Stadium können sie Pathogene erkennen und zu deren Vernichtung beitragen. Sie können Immunglobuline (Ig) bilden, Antigene präsentieren, kostimulatorische Moleküle hochregulieren, reaktive Sauerstoffspezies und Zytokine bilden und Toll-like Rezeptoren exprimieren /1516/.

B-Zellen werden im Knochenmark gebildet. Die Entwicklung zur B-Zelle ist von Transkriptionsfaktoren wie PU.1, E2A und dem Paired box protein 5 (PAX5) abhängig. Das erfolgreiche Rearrangement von Gensegmenten der Ig-Schwerketten in den Pro-B-Zellen führt zur Differenzierung in Prä-B-Zellen mit der Expression von μH, der Schwerkette von IgM (Abb. 21.1-8 – Antigen-unabhängige Entwicklung von B-Zellen und ihrer Rezeptoren).

Ab diesem Stadium können die B-Zellen klonal expandieren und ein Rearrangement der Gensegmente der Ig Leichtketten vollziehen. Nach Präsenz von IgM auf der Zellmembran werden autoreaktive B-Zellen selektiert und deletiert. Die überlebenden naiven B-220+IgM+-B-Zellen verlassen nun das Knochenmark und wandern zur Milz, um dort die Reifungsstadien (Transitional stages) T zu durchlaufen.

Alle B-Zellen erfahren das Reifungsstadium T1 (Abb. 21.1-8):

  • Ein großer Teil der T1-B-Zellen, wandern in die periarteriellen lymphatischen Follikel der Milz, erwerben dort die Moleküle CD23 und IgD und differenzieren zu T2-B-Zellen. Sie werden zu langlebigen follikulären B-Zellen, die von der Milz zu den peripheren Lymphknoten und zurück zirkulieren bis sie sterben (Halbwertszeit 4,5 Monate) oder ein Antigen treffen und weiter differenzieren. Diese B-Zellen, auch als F0 B-Zellen oder B2-Zellen bezeichnet, haben die Oberflächenmoleküle IgMlow, IgDhigh, CD21high, CD23high. B2-Zellen sind Antikörper-bildende Zellen und machen 80–90 % der Milzzellen aus.
  • Ein kleiner Anteil der T1-B-Zellen migriert in die marginale Zone (MZ) der Milz und verbleibt dort als MZ-B-Zellen. Sie tragen die Oberflächenmoleküle IgMhigh, IgDlow, CD21high, CD23low. Diese Zellen, auch als B1-Zellen bezeichnet, reagieren rasch auf ein Antigen und involvieren Makrophagen und dendritische Zellen in ein Immungeschehen. Sie exprimieren viel stärker die Aktivierungsmarker CD80, CD86, CD40 und CD44 sowie die kostimulatorischen Moleküle B7-1 und B7-2 als das die B2-Zellen tun. Obwohl die B1-Zellen nicht rezirkulieren, wandern sie nach dem Kontakt mit einem Pathogen in die peripheren Lymphknoten und aktivieren dort die Immunabwehr. Die Halbwertszeit der B1-Zellen beträgt über 54 Wochen. Die B1-Zellen bilden IgM-Antikörper und exprimieren CD5 und CD11. Die B1-Zell-Rezeptorselektivität ist deutlich eingeschränkt gegenüber den B2-Zellen und sie bilden vorwiegend die sogenannten natürlichen Antikörper. Es handelt sich um IgM-Antikörper mit polyreaktiver Natur, die eine niedrige Affinität und Selektivität zu Antigenen haben, verschiedene Antigene erkennen, aber eine hohe Bindungskapazität für Komplement besitzen. Die natürlichen Blutgruppenantikörper anti-A und Anti-B stammen von B1-Zellen.

B-Zellen durchlaufen eine programmierte Entwicklung. Sequentiell erfolgt (Abb. 21.1-10 – Struktur des reifen und unreifen B-Zellrezeptors):

  • Das Rearrangement der Ig-Schwerkettengene im pro-B-Zellstadium.
  • Die klonale Expansion im prä-B-Zellstadium.
  • Das Arrangement der Gene von Leichtketten mit Bildung von IgM auf den unreifen B-Zellen.
  • Nach Antigenkontakt die Bildung von Antikörpern und der Ig-Klassenwechsel (Ig switch).

Drei Mechanismen tragen zur Diversifikation des Reservoirs der Antikörper des B-Zellsystems bei:

  • Die VDJ-Rekombination, ein Vorgang, bei dem in der B-Zelle variable (V), diversity (D) und joining (J) Gensegmente somatisch zum Antigenrezeptor zusammengesetzt werden.
  • Die somatische Hypermutation. Dabei kommt es zu Mutationen der VDJ-Sequenz der variablen Domänen der Antigenrezeptoren der B-Zellen mit Erhöhung der Antigenspezifität.
  • Die Klassenswitch Rekombination. Dieser Schritt ermöglicht der variablen Domäne der Schwerkette (VH), in der Antigenbindungsstelle des Ig in Assoziation mit einer differenten konstanten Region der Schwerkette (CH) exprimiert zu werden. Somit ist die Produktion verschiedener Ig-Isotypen (IgG, IgA, IgE) möglich (Abb. 21.1-10 – Struktur des reifen und unreifen B-Zellrezeptors). Dadurch kann das angeborene Immunsystem ein Ig-gebundenes Antigen über verschiedene Wege eliminieren ohne die Antigenspezifität zu ändern.

Während die VDJ-Rekombination von B- und T-Zellen im Thymus und Knochenmark stattfindet, läuft der Klassenswitch der B-Zellen und die somatische Hypermutation in den Keimzentren der sekundären Lymphorgane (Milz, Lymphknoten) ab.

Die Bildung von Vorläufern der Plasmazellen, die endgültige Differenzierung der B2-Zelle zur Antikörper bildenden Plasmazelle und die Separierung von Gedächtniszellen erfolgt in sekundären Lymphorganen wie den Peyerschen Plaques. Die Lebenszeit der Plasmazellen beträgt nur wenige Tage, im Knochenmark können sie aber länger sein.

21.1.7.3 Antigene

Ein Antigen wird auf der Grundlage seiner Struktur erkannt. Kleine Antigene, die nicht zu einer Immunantwort führen, werden als Haptene bezeichnet. Kohlenhydrate sind meist keine Antigene und müssen erst an ein Antigen gekoppelt werden, um immunogen zu wirken.

Die Rezeptoren der Zellmembran von T-Zellen und B-Zellen haben Bindungsstellen in einer Größe von 600–1.700 Quadrat-Ångström und können deshalb nur einen kleinen Teil eines komplexen Antigens binden. Dieser Teil wird als Epitop bezeichnet. Komplexe Moleküle haben deshalb ein ganzes Muster von Epitopen

Die Antigenbindungsstelle eines Antikörpers oder der Peptid-MHC-Komplex eines T-Zellrezeptors sind komplementär zur Antigenstruktur. Die komplementären Strukturen von Antikörper und Rezeptor binden nicht kovalent. Die Erkennung eines Antigens kommt nur zustande, wenn beide Reaktionspartner in relative Nähe zueinander gebracht werden. Bei kleinen Antigenen erfolgt dies durch Einlagerung des Antigens in eine Tasche oder Furche, oft aber begegnen sich beide Partner über eine ondulierende Fläche /7/.

Die α/β-T-Zellrezeptoren registrieren nur lineare Peptide. Diese entstehen erst nach Prozessierung durch Antigen-präsentierende Zellen wie Makrophagen und dendritische Zellen.

Antikörper in freier oder der B-Zell-gebundenen Form registrieren diskontinuierliche Epitope, wie sie bei der nativen Struktur eines Proteins vorliegen. Diejenigen Epitope, die gut in die antigene Tasche des B-Zellrezeptors oder an eine korrespondierende Bindungsstelle des Rezeptors passen, dominieren die polyklonale Immunantwort.

Kryptische Epitope, die normalerweise wenig effektiv wahrgenommen werden, sind besser nach Prozessierung des Antigens durch Makrophagen oder dendritische Zellen zu erkennen. Auch der Modus der Antigenpräsentation ist wichtig. So präsentieren dendritische Zellen nach Prozessierung das Antigen in einer Form, dass nur wenige Epitope den T-Zellen angeboten werden, während die Antigenpräsentation durch B-Zellen eine größere Diversität der T-Zell-Antwort bewirkt /17/.

21.1.7.4 Antigenrezeptoren

Die Erkennung von Antigenen der erworbenen Immunität umfasst die spezifische Interaktion von Rezeptoren auf B- und T-Zellen mit Epitopen von Antigenen. B-Zellen erkennen lösliche Antigene in Form von Proteinen und Nichtproteinen (bakterielle Polysaccharide) mit und ohne die Hilfe von T-Zellen. T-Zellen erkennen nur Antigene, wenn sie in Kombination mit dem Major Histocompatibility Complex (MHC), also von Zellen, präsentiert werden. Der Unterschied in der Antigenerkennung ist wichtig, da somit sichergestellt wird, dass lösliche und zellgebundene Antigene eliminiert werden /18/.

Die Rezeptoren von T-Zellen und B-Zellen haben jeweils eine Antigen-Erkennungseinheit und eine Antigen-Signaleinheit. Die Antigen-Erkennungseinheit hat etwa 1012–1015 variable Regionen. Diese beachtliche Variabilität des Immunreservoirs wird durch ein willkürliches Arrangement von knapp 400 Genen in frühen Entwicklungsstadien der Lymphozyten erzielt /7/.

B-Zellrezeptoren (BCR)

Die Gene zur Kodierung der B-Zell-Rezeptoren sind /7/:

  • IGH-Cluster für die Schwerkette, diese sind auf Chromosom 3 lokalisiert. Die Cluster enthalten Gensegmente für die variable Region (V), die konstante C-Region, die diverse Region (D) und die joining Region (J) des Immunglobulins.
  • IgK-Cluster für die Leichtkette Kappa, das auf Chromosom 2 gelegen ist.
  • IgL-Cluster für die Leichtkette Lambda, das auf Chromosom 22 lokalisiert ist.
  • Die Struktur des B-Zellrezeptors (BCR) ist in Abb. 21.1-10 gezeigt. Die Erkennung und Präsentation von Antigenen durch B-Zellen spielt eine fundamentale Rolle für die Immunantwort. Nach Aktivierung des BCR durch das Antigen in Kombination mit kostimulatorischen Molekülen wie CD40 werden B-Zellen potente Antigen präsentierende Zellen. Sie prozessieren inkorporierte Antigene vergleichbar den dendritischen Zellen und Makrophagen und präsentieren das Antigen gemeinsam mit einem MHC-Klasse-II-Protein. Sie aktivieren CD4+T-Zellen und CD8+T-Zellen und produzieren Zytokine.

T-Zellrezeptor (TCR)

T-Zellrezeptor Gene haben eine den B-Zellen vergleichbare Organisation und bestehen ebenfalls aus V, C, D und J-Gensegmenten. Die Gene zur Kodierung der T-Zell-Erkennungseinheit sind /4/:

  • TCRA/D auf Chromosom 14; kodiert die α-Kette.
  • TCRB auf Chromosom 7; kodiert die δ-Kette.
  • TCRG auf Chromosom 7; kodiert die β-Kette.

Jeder Locus enthält multiple V-, D- und J-Gene, jedoch keine für D-Segmente. Der einzelne Lymphozyt nutzt eine unterschiedliche Kombination von Gensegmenten zur Erstellung des genetischen Codes seiner Antigenrezeptoren, wodurch es zu einer großen Diversität kommt. Die Struktur des B-Zellrezeptors ist dargestellt in Abb. 21.1-11 – Struktur des reifen T-Zellrezeptors und des Prä-T-Zell-TCR.

Der Antigen-abhängige T-Zell-Rezeptor trägt das vom Antigen übermittelte Signal in das Zellinnere. Dazu ist der Antigenrezeptor auf der Zellmembran mit Molekülen des Komplexes CD3 assoziiert /19/. Der Komplex besteht aus einem Molekül CD3γ und CD3δ und zwei Molekülen CD3ε sowie einem über eine Disulfidbrücke verknüpften τ-Ketten-Homodimer. Quervernetzung innerhalb des Rezeptors bei Bindung an den Antigen-MHC-Komplex aktiviert die Signalgebung. Die Aggregation des Rezeptors führt zur Phosphorylierung von Tyrosinresten im zytoplasmatischen Teil des CD3 Moleküls. Das dadurch ausgelöste Signal initiiert im Zellkern die Transkription verschiedener Gensequenzen. Es resultiert eine Zellproliferation und Produktion von Zytokinen. Siehe Abb. 21.1-12 – Aktivierung des T-Zellrezeptors von CD4+T-Helferzellen.

Auch die Antigenerkennungseinheit für B-Zellen kooperiert mit zwei Signalmolekülen, Igα (CD79a) und Igβ (CD79b), die das Aktivierungssignal der Antigenbindung in das Zellinnere tragen.

Kostimulatorische Signale

Die Erkennung von Antigenen durch Rezeptoren der Lymphozyten geht mit einem hohen Grad an Promiskuität einher. Deshalb ist ein zweites Aktivierungssignal erforderlich um inadäquate Antwort der Lymphozyten zu verhindern. Das geschieht durch kostimulatorische Signale. Es handelt sich dabei um den Kontakt von Rezeptoren der T-Zelle mit Liganden auf der Oberfläche benachbarter Zellen oder um die Stimulierung von Rezeptoren durch Zytokine. Folgende Rezeptoren reagieren mit kostimulatorischen Liganden (Abb. 21.1-12) /20/:

  • CD28 mit B7 der Antigen präsentierenden dendritischen Zelle oder CD28 mit dem zytotoxischen T-Zell assoziierten Molekül 4 (CTLA-4). Es werden Proliferation und Differenzierung von T-Zellen und die Synthese von IL-2 aktiviert.
  • CD154 mit CD40 auf einer Antigen präsentierenden Zelle. Durch die Interaktion von CD40 auf B-Zellen mit CD154 auf CD4+T-Zellen werden z.B. Proteinkinasen der B-Zelle stimuliert, den Klassenswitch der Antikörper in Gang zu setzen. Beim Defekt des Gens, das CD154 kodiert, bleibt der Switch aus, es resultiert ein Hyper-IgM-Syndrom mit nicht messbarer IgG-, IgA- und IgE-Konzentration, aber erhöhtem oder normalem IgM.

Kostimulatorische Signale werden auch von Zytokinen wie TNF-α, IL-1 und IL-6 gesetzt. Laufen keine kostimulatorischen Signale bei der Präsentation eines Antigens ab, findet keine Aktivierung der T-Zelle statt, sondern das Signal führt zur Anergie oder Apoptose.

Inhibierende Signale: IL-10 und TGF-β vermitteln ein die Immunantwort herunter regulierendes Signal. Das ist auch der Fall, wenn CTLA-4 der Ligand von B7 ist oder wenn IgG mit dem Fcγ-Rezeptor von B-Zellen reagiert.

21.1.7.5 Antigen-abhängige Aktivierung von T-Zellen

Naive T-Zellen erkennen die Antigene von Pathogenen in Lymphknoten und differenzieren in Effektor T-Zellen und regulatorische T-Zellen. Es gibt viele Typen von Effektor T-Zellen, die mittels unterschiedlicher Mechanismen das Pathogen schädigen. Die Immunreaktion ist abhängig von der Funktion der Effektor T-Zellen und der regulatorischen T-Zellen /31/.

Eine transcriptionale Programmierung, gelenkt vom Master-Transkriptionsfaktor, bestimmt den funktionellen Phänotyp der T-Zellen. Während Effektor T-Zellen Pathogene detektieren und diese in Lyphknoten und Geweben vernichten, wirken regulatorische T-Zellen suppressiv und anti-inflammatorisch. Ruhende naive T-Zellen generieren ATP durch die von der β-Oxidation von Fettsäuren (besonders Ölsäure) aktivierte (FAO) oxidative Phosphorylierung (OXPHOS). Bei aktivierten T-Zellen wechselt das Stoffwechselprogramm von der OXPHOS zur aeroben Glykolyse, da diese die Energieerfordernis der aktivierten Effektor T-Zellen sicher stellt. In regulatorischen T-Zellen ist die metabolische Programmierung komplex, denn sie können ihren metabolischen Status zwischen OXPHOS und Glykolyse ändern und somit den Stoffwechsel aufrecht erhalten. Gelenkt wird das vom Master-Transkriptionsfaktor FoxP3, der die T-Zellfunktion über deren Stoffwechsel reguliert. Er unterdrückt die für die Glykolyse verantwortlichen Gene und induziert die FAO aktivierten OXPHOS Gene, wodurch die effektorischen T-Zellen nicht mehr aktiviert sind. Die regulatorischen T-Zellen sind noch aktiv, da sie energetisch über OXPHOS versorgt werden. Die Fähigkeit der regulatorischen T-Zellen, zwischen verschiedenen metabolischen Programmen zu wechseln, erhöht ihr Vermögen ihre suppressive Funktion beizubehalten, obwohl sie sich an verschiedene Substrate in unterschiedlicher Mikroumgebung adaptieren müssen /31/.

21.1.7.6 T-Zell-unabhängige Immunerkennung

Einige Antigene werden T-Zell unabhängig direkt von B-Zellen erkannt. Dazu gehören Polysaccharide, polymerisiertes Flagellin und mikrobielle DNA, speziell Cytosin-Guanindinukleotid-Sequenzen, die von 5' Purinen und 3' Pyrimidinen flankiert werden. Wenn sie an B-Zellrezeptoren binden, erfolgt eine intrazelluläre Aufnahme und Prozessierung zu kurzen Peptiden. Diese werden zusammen mit MHC-Klasse-II-Molekülen auf die Zelloberfläche exprimiert und von benachbarten Th2-Helferzellen registriert. Die Helferzellen werden aktiviert und exprimieren kostimulatorische Moleküle wie den CD40-Liganden (CD154). Bindet CD154 der T-Helferzelle an CD40 der B-Zelle, wird ein Signal generiert und eine Immunantwort in Form der Bildung von Antikörpern in Gang gesetzt.

Klonale Selektion

Die Folge der Aktivierung von B-Zellen, CD4+T-Zellen und CD8+T-Zellen ist eine klonale Selektion. Für jedes Antigen werden nur wenige Tausend Lymphozyten aktiviert. Nach Aktivierung des B-Zellsystems und Ablauf der somatischen Hypermutation mit Bildung potentiell vieler Antikörperspezifitäten, exprimiert eine B-Zelle nur eine der vielen potentiellen Antikörperspezifitäten /19/. Eine solche B-Zelle wird zur Teilnahme an der Immunantwort selektiert und proliferiert unter Ausbildung einer Familie von Zellen gleicher Antikörperspezifität (Klon). Da die meisten Immunantworten mit der Bildung unterschiedlicher Klone einhergehen, resultiert bei einer mikrobiellen Infektion immer eine polyklonale Immunantwort.

Gedächtnis-T- und -B-Zellen

Kommt ein Antigen unerfahrener Lymphozyt (naive Zelle) erstmalig mit einem Antigen in Kontakt, so werden im Rahmen der Immunantwort neben effektorischen T- und B-Zellen auch Gedächtnis-T- und -B-Zellen gebildet. Beim wiederholten Zusammentreffen mit dem gleichen Antigen wird eine qualitativ und quantitativ schnellere Immunantwort in Gang gesetzt. Eine größere Anzahl von Lymphozyten und höhere Konzentrationen von Antikörpern als bei der primären Immunantwort werden gebildet.

21.1.7.7 Ablauf der Immunantwort

Die erworbene Immunantwort ist ein komplexer Vorgang, der von Lymphozyten ausgelöst wird, die beständig im Organismus zirkulieren, um ein angebotenes Antigen wahrzunehmen. T- und B-Zellen benötigen für jeden Rundgang etwa 30 min. Das Erkennen eines Antigens und die Immunantwort finden an verschiedenen Orten statt /19/:

  • Von im Blut zirkulierenden Antigenen in der Milz.
  • Sind die Atemwege oder Schleimhäute die Eintrittspforte, ist es der lokale Lymphknoten oder das lymphatische System der Bronchien.
  • Nasal inhalierte Antigene werden in der Gaumenmandel und den Tonsillen weiter verarbeitet.
  • Antigene des Darminhalts werden von spezialisierten Epithelzellen aufgenommen, die das Antigen zu den Peyerschen Plaques transportieren.

Die Registrierung von Antigenen in den Epithelien der Schleimhäute erfolgt durch Lymphozyten mit Wächterfunktion. Dabei haben die T-Zellen mit α/β-Rezeptoren die Aufgabe, die Bildung von sekretorischem IgA zu stimulieren, während den T-Zellen mit den γ/δ-Rezeptoren eine direkte Abwehrfunktion zukommt. Ist z.B. eine Immunantwort in den Peyerschen Plaques induziert, wandern die sensibilisierten Lymphozyten über den Blutweg in die Lamina propria der Darmschleimhaut, den Ort, wo sekretorisches IgA in großer Menge produziert wird. Sie können aber auch in der Schleimhaut anderer Organe, die nicht von der Antigeninvasion betroffen sind, die vermehrte Bildung von sekretorischem IgA bewirken.

Lymphozyten aus dem Blut wandern über spezielle postkapilläre Venulen in die Lymphknoten. Die Venulen haben Adhäsionmoleküle, die mit dem L-Selectin der Lymphozyten reagieren. Diese Interaktion induziert bei den Lymphozyten die Expression von Lymphocyte function associated antigen 1 (LFA-1), was zu deren Adhäsion im Lymphknoten führt. Die Milz besitzt solche Venulen nicht.

Die Immunantwort findet in den Keimzentren der sekundären Lymphorgane wie Milz, Lymphknoten und Peyerschen Plaques statt. Die Keimzentren bestehen aus einem Netzwerk dendritischer Zellen, in denen CD4+T-Zellen Antigen präsentieren, B-Zellen proliferieren, Vorläufer von Plasmazellen gebildet werden, der Ig-Klassenswitch erfolgt und die Separierung von Gedächtniszellen stattfindet. Im Keimzentrum werden alle zellulären Komponenten zur Bildung einer optimalen Antikörperantwort zusammengebracht /19/.

21.1.7.8 Antigenprozessierung und Antigenpräsentation

MHC-Moleküle der Klassen I und II Antigen präsentierender Zellen (z.B. Makrophagen, dendritische Zellen, Granulozyten) präsentieren den T-Zellen Antigene, bei denen es sich meist um Peptide handelt (Abb. 21.1-13 – Vereinfachtes Modell der Antigenpräsentation):

  • CD8+T-Zellen, auch als zytotoxische oder Killerzellen bezeichnet, registrieren Peptide, die an MHC-Klasse-I-Moleküle gebunden sind. Klasse-I-Moleküle präsentieren Peptide, die im Zytoplasma synthetisiert werden und in nahezu allen Körperzellen vorhanden sind. Es handelt sich vorwiegend um Selbstpeptide oder Peptide viraler Genese im Rahmen einer Virusinfektion. CD8+T-Zellen produzieren zytotoxische Moleküle wie den Fas-Liganden, Perforin und Serinesterasen zur Zerstörung von Zielzellen. Da die CD8+T-Zellen spezialisiert sind im Zytoplasma gebildete Antigene zu eliminieren, sind sie besonders effizient in der Entsorgung von Virus infizierten Zellen.
  • CD4+-T-Zellen, auch T-Helferzellen genannt, erkennen Peptide, die an MHC-Klasse-II-Moleküle gebunden sind. Klasse-II-Moleküle präsentieren Peptide, die von zellulären Vesikeln wie den Endosomen abgegeben werden. Es handelt sich um exogene Peptide, die von der belebten Umwelt aufgenommen und von polymorphkernigen Granulozyten und Makrophagen ingestiert werden. In endozytotischen Vesikeln wird das Antigen durch saure Hydrolasen wie Nukleasen, Proteasen, Lipasen und Glucosidasen in Peptide gespalten. In den Endosomen werden die Peptide mit vorgehaltenen MHC-Klasse-II-Molekülen zusammengebracht und auf die Zelloberfläche translociert.

Th-Helferzell-Paradigma

Zytokine haben einen wichtigen Einfluss auf den Typ der Immunreaktion, der zur optimalen Elimination eines Antigens führt. CD4+T-Zellen sind T-Helferzellen und werden in Th1- Zellen, Th2-Zellen und TH17-Zellen differenziert. Das Th-Helferzellparadigma besagt /21/:

  • Th1-Zellen aktivieren die zellvermittelte Immunantwort durch zytotoxische T-Zellen und Makrophagen. Sie sezernieren IL-2, IFN-γ und TNF-β. Über die Bildung von IFN-γ und IL-2 stimulieren sie zytotoxische CD8+T-Zellen zur Abtötung Virus befallener Zellen (Abb. 21.1-14 – Immunantwort der Th1-Zelle zur Abtötung einer Virus-infizierten Körperzelle), aktivieren Makrophagen zur Zerstörung intrazellulär aufgenommener Erreger (Abb. 21.1-15 – Immunantwort der Th1-Zelle zur Virusabtötung in Makrophagen) und stimulieren B-Zellen zur Bildung Komplement-bindender Antikörper. IL-12, gebildet von Makrophagen, ist der wesentliche Stimulator der Th1-Zell-Antwort.
  • Th2-Zellen stimulieren B-Zellen zur Bildung eines Zytokinmusters, das von IL-4, IL-5, IL-6 und IL-13 dominiert wird. Der Th2-Zelle wird das Antigen durch dendritische Zellen präsentiert (Abb. 21.1-16 – Immunantwort der Th2-Zelle). Th2-Zellen fördern die Produktion von IgG-Antikörpern, die kaum Komplement binden, und von IgE. Bei einer allergischen Reaktion wird die Bildung von IgE-Antikörpern durch eine IL-4 induzierte Verschiebung des Gleichgewichts Th1/Th2-Zellen zugunsten von Th2 begünstigt.
  • Th17-Helferzellen produzieren neben IL-17 eine Gruppe von Zytokinen, die eine spezifische Antwort auf eine Entzündung orchestrieren.
  • Von Th-Zellen sezernierte Zytokine modulieren die Immunantwort. So inhibiert die Sekretion von IFN-γ durch Th1-Zellen die Immunantwort von Th2-Zellen, und die Sekretion von IL-10 durch Th2-Zellen hemmt die Funktion von Makrophagen und somit die Th1-Antwort. Die Immunantwort der zeigt Abb. 21.1-17 – Entwicklung und Funktion der Th1- und Th2-Zellen.

Regulatorische T-Zellen (Treg)

Bei den Treg handelt es sich um CD4+CD25+T-Zellen, die im Thymus und den peripheren lymphatischen Organen gebildet werden, im Blut anteilig mit 5–10 % und im Knochenmark mit bis zu 20 % vertreten sind. Treg haben ein normales Muster an α/β-T-Zellrezeptoren und exprimieren neben der α-Kette des IL-2-Rezeptors (CD25) das zytotoxische T-Lymphozyten-assoziierte Antigen-4 (CTLA-4), das Glucocorticoid induced TNF receptor family-related gene (GITR) und den Transkriptionsregulator Foxp3. Der Regulator Foxp3 ist das Masterschaltgen für die Entwicklung und Funktion der Treg. Diese haben eine hohe Affinität zu den Selbstpeptiden des Organismus. Die Funktionen der Treg bestehen /22/:

21.1.8 Immunantwort bei Infektionen

Das Eindringen von Pathogenen in den Organismus setzt eine Vielzahl von Interaktionen zwischen gelösten Abwehrmolekülen (Komplement, C-reaktivem Protein, antimikrobilelen Peptiden) in Gang. Die angeborene Immunantwort durch z.B. Makrophagen, dendritische Zellen und Granulozyten exprimiert Sensoren und Rezeptoren wie die Pattern recognition receptors (PRRs) zur Infektabwehr. Die PRRs sind evolutionär konservierte ererbte Rezeptoren die Pathogene anhand ihrer Pathogen associated molecular patterns (PAMPs) wahrnehmen.

Die PRRs umfassen folgende Familien /2/:

  • Toll-like Rezeptoren (registrieren Bakterien)
  • NOD-like Rezeptoren (registrieren Bakterien)
  • RIG-I-like Rezeptoren (registrieren Viren)
  • C-type Lectin Rezeptoren (registrieren Pilze und Mykobakterien)
  • DNA wahrnehmende Moleküle (registrieren Viren).

Die Immunantwort, in Gang gesetzt von der angeborenen Immunität, kann führen:

  • Zur Abtötung von Pathogenen oder der Verhinderung der Replikation.
  • In Gang setzen einer Pathogen spezifischen erworbenen Immunreaktion durch die Aktivierung von B- und T-Zellen.

Die PRRs registrieren PAMPs in den verschiedenen Kompartimenten des Organismus wie dem Zytoplasma, der Zelloberfläche oder den endozytotischen Vesikeln.

21.1.8.1 Immunanwort bei bakterieller Infektion

Aufgrund der Struktur der Zellwand und deren Komponenten werden Bakterien in Gram positive und Gram negative Erreger eingeteilt. Die Zellwand der Gram positiven Bakterien ist durch eine dicke Schicht aus Peptidoglykanen charakterisiert, die Zellwand Gram negativer Bakterien ist dünner und enthält Lipopolysaccharide (LPS), auch als Endotoxine bezeichnet.

Angeborene Imunantwort

Das angeborene Immunsystem ist gut aufgestellt um Bakterien zu erkennen und zu zerstören durch spezialisierte Abwehrzellen (polymorphkernige Granulozyten, Monozyten/Mkrophagen, dendritische Zellen), die ein breites Spektrum von Pattern recognition Rezeptoren (PRRs) exprimieren. Sie erkennen konservierte Pathogen assoziierte molekulare Muster (PAMPs, pathogen associated molecular patterns). Eine Signalgebung der Abwehrzellen in das Zellinnere aktiviert Antworten, Tötungsmechanismen und exprimiert Zytokine. Diese initiieren eine Entzündung und Einbeziehung des adaptiven Immunsystems in die Immunabwehr /23/.

Die Peptidoglykanschicht von Bakterien wird in der Regel durch dem Toll-like Rezeptor 2 (TLR2) der Abwehrzellen wahrgenommen. LPS, ein immunpotentes PAMP und Virulenzfaktor, wird von TLR4 erkannt. Sowohl Gram positive als auch Gram negative Bakterien haben einen gemeinsamen Liganden, das Flagellinprotein, das von TLR5 erkannt wird /2/. Unter normalen Bedingungen ist TLR2 der wesentliche PRR durch den die Erkennung von Bakterien erfolgt. Das ist aber nicht der Fall bei Bakterien mit einer langen Replikationszeit, diese werden anhand ihrer DNA von TLR9 wahrgenommen.

Unreife dendritische Zellen (DCs) kontrollieren das Eindringen von Bakterien in den Wirt durch genetisch konservierte PRRs und setzen bei Eindringen eine inflammatorische Reaktion in Gang, wodurch die PAMPs der Erreger von den Abwehrzellen des Wirts wahrgenommen werden. Die PRRs sind zellulär gebundene TLRs und C-Typ Lektine. Die TLRs reichen die vom Erreger wahrgenommen PAMPs in Form von Signalen an das Innere der DCs weiter und erzielen eine angemessene Antwort. Diese führt zur Reifung der DCs und Bildung von inflammatorischen Zxtokinen. Die Erkennung von Bakterien durch C-Typ Lektine führt zur Internalisierung der TLR gebundenen PAMPs unter Ausbildung eines Phagolysosoms. Dort kommt es zu einem intensiven Kontakt zwischen Bakterium und DC-Sign (DC specific intercellular adhesion molecule-grabbing nonintegrin), zur Prozessierung der bakteriellen Antigene und nachfolgend ihrer Präsentation mit MHC-I- oder MHC-II-Molekülen auf der Zellmembran der DCs. Jedoch ist das nicht der Fall bei allen Bakterien. Einige (Mykobakterien, Legionellen) umgehen das zuvor genannte Procedere in dem sie den TLRs eine veränderte Signalisierung aufzwingen oder den Prozess der Antigenprozessieung umgehen. Der Widerstand dieser Bakterien gegen die im Phagolysosom ablaufenden Vorgänge zur Zerstörung ermöglichen den Bakterien das Überleben /23/.

Adaptive Immunanwort

Die Antwort des adaptiven Immunsystems beginnt nach der Prozessierung von Bakterien in unterschiedliche Antigene durch nicht ererbte und Antigen spezifische Rezeptoren und deren Präsentation an T-Zellen durch MHC-Klasse-I- und MHC-Klasse-II-Moleküle. Siehe Beitrag 21.1.6 – Erworbene Immunantwort.

21.1.8.2 Immunantwort bei Infektion mit Mykobakterien

M. tuberculosis infiziert vorwiegend Kinder und immun kompromittierte Personen. Die Zellwand von Mykobakterien besteht aus einer Mischung von Polysacchariden und Lipiden und einem hohen Gehalt an Mykolsäure. Nach Infektion wird M. tuberculosis in der Regel vom Immunsystem kontrolliert, aber ein komplette Elimination des Bakteriums gelingt nicht. Ist das Immunsystem geschwächt, kann sich eine aktive Erkrankung ausbilden durch Reaktivierung ruhender Bakterien und in einigen Fällen durch Reinfektion. Siehe auch Beitrag 42.12 – Infektion mit Mykobakterien.

Angeborene Immunantwort

Die angeborene Immunantwort läuft folgendermaßen ab /23/:

  • Mykobakterien induzieren eine Antwortder TH1-Zellen und die mykobakteriellen Komponenten stimulieren die Expression kostimulatorischer Moleküle und die Produktion von IL-12 durch dendritische Zellen (DCs), welche die Toll-like Rezeptoren (TLRs) TLR-2 und TLR-4 exprimieren. Eindringendes M. tuberculosis wird von Makrophagen/DCs durch Lipoaribomannan (ManLAM) der Zellmembran erkannt und an das C-type lectin DC-Sign (DC-specific intercellular adhesion molecule grabbing nonintegrin) der dendritischen Zellen gebunden.
  • Die Erkennung von M. tuberculosis durch TLRs, die von DCs exprimiert werden, resultiert in der Aktivierung von Nuklear Faktor Kappa B, der die DCs zur Reifung stimuliert, was in der Bildung von inflammatorischen Zytokinen resultiert.
  • Die verstärkte Sekretion von ManLAM infizierten Makrophagen/DCs aktiviert DC-Sign und resultiert in der Abgabe inhibitorischer Signale. Sie stören die TLR aktivierenden Signale, die eine Reifung der DCs bewirken. Die ManLAM DC-Sign Interaktion resultiert in einer Hemmung der Reifung von DCs und Induktion des immunsuppresivem IL-10, wodurch eine effektive zelluläre Antwort gegen die Infektion mit M. tuberculosis unterbleibt.

Adaptive Immunantwort

Die Antwort des adaptiven Immunsystems beginnt nach der Prozessierung von Bakterien in unterschiedliche Antigene durch nicht ererbte und Antigen spezifische Rezeptoren und deren Präsentation an T-Zellen durch MHC-Klasse-I- und MHC-Klasse-II-Moleküle. Siehe Beitrag 21.1-6 – Ablauf der adaptiven Immunantwort.

21.1.8.3 Immunantwort bei Infektion mit Viren

Die angeborene Immunantwort Virus infizierter Zellen stimuliert eine antivirale Abwehr. Virus assoziierte Moleküle wie DNA, RNA oder zweisträngige RNA (dsRNA), von Virus infizierten Zellen gebildet, werden von den Pattern recognition Rezeptoren (PRRs) von Immunzellen wie den dendritischen Zellen erkannt und eine geeignete antivirale Immunantwort in Gang gesetzt. Die PRR Erkennung ist abhängig von der Struktur der viralen Hüllenproteine und dem Muster an Nukleinsäuren des DNA- und RNA Genoms. Gebildet werden Zytokine, die eine Entzündung und eine spezifische Reaktion des adaptiven Immunsystems bewirken. Siehe Abschnitt 21.1.7.1 – Immunantwort bei bakteriellen Infektionen). Typ-1-Interferone (INF-β, IFN-α) sind die wichtigsten Zytokine. Sie sind maßgebend in der angeborenen und adaptiven Immun­antwort /2425/.

21.1.8.4 Immunantwort bei Infektion mit Helminthen

Die Oberfläche von Helminthen und ihrer exkretorischen und sekretorischen Produkte sind reich an Glykoproteinen /26/.

Angeborene Immunantwort

Die Erkennungvon Domänen der Kohlenhydrate erfolgt durch die Carbohydrate binding protein family of receptors (C-type lectins). Sie sind Rezeptoren der Abwehrzellen des angeborenen Immunsystems (Makrophagen/dendritische Zellen, Epithelzellen). Die Helminthen kontaktierenden Abwehrzellen haben einen relativ unreifen Status, denn sie exprimieren oft kostimulatorische Moleküle in niedriger Konzentration

Adaptive Immunantwort

C-Typ Lektine, Alarmine und Interleukine setzen eine Zytokinantwort der CD4+Th2-Zellen in Gang. Die Patienten haben eine hohe Zahl an Th2- und niedrige an TH1-Zellen und eine Eosinophilie. The Th2 assoziierten Zytokine IL-4, IL-9, IL-13, IL-25 und IL-33 spielen eine wichtige Rolle in der Vermittlung der Effektormechanismen die zur Elimination der Helminthen führen wie die kelchförmige Zellhyperplasie und die Mucinbildung. Die Konzentrationen von IL-10 und IgG4 sind erhöht, diejenige von IgE nur leicht /27/. Die Bildung von Granulomen erfolgt bei Patienten mit unkontrollierter Entzündung, z.B. bei der Schistosomiasis, bei der eine starke Immunreaktion gegen die im Gewebe vorhandenen Eier des Erregers besteht. In diesem Falle liegt eine TH1-Immunantwort mit Hepatosplenomegalie und entzündeten Lymphknoten vor. Die Konzentration von IgG4 ist normal, während die von IgE deutlich erhöht ist. Personen, die resistent gegenüber der Infektion mit Helminthe sind, haben eine natürliche Balance von TH1- und TH2-Immunanwort, wodurch in den Organismus eindringende Helminthen vernichtet werden. In diesen Fällen ist das erhöhte Verhältnis IgG4/IgE nicht in dem gleichem Ausmaß zugunsten von IgG4 verschoben als im zuvor genannten Beispiel.

21.1.8.5 Immunantwort bei Mykosen

Die Zellwand von Pilzen besteht aus Polymeren von Kohlenhydraten durchsetzt mit Glykoproteinen. Die drei Hauptkomponenten sind Polymere der Glucose (ß-Glukane), Polymere von N-Acetylglucosamin (Chitin) und Manane. Die Komponenten legen in der Zellmembran vermischt vor /28/. Chitin dominiert die Nähe zur Zellmembran, während die Manane bevorzugt die äußere Zellwand bilden. Die β-1.3 Glukane bilden das Gerüst der Zellmembran. Viele Rezeptor des Wirtsgewebes und drei Mitglieder der Scavanger-Rezeptofamilie (CD36, CD5, SCARF1) registrieren β-Glukane. Auch der transmembrane Rezeptor Dentin der neutrophilen Granulozyten besitzt die Spezifität für β-1.3 Glukane. Die Aktivierung von Pattern recognition receptors (PRRs) führt zur Aktivierung von Signalkaskaden die zur Phagozytose dem Respiratory burst und der Aktivierung von Genen zur Bildung von Chemokinen und Zytokinen führt. Pilze aktivieren das Komplement-System was über die Opsonierung zur Ablagerung von C3b und iC3b auf der Oberfläche der Pilze und Aktivierung von Abwehrzellen als Ergebnis der Bildung von C3a und C5a führt /29/.

21.1.9 Graft-versus-host-Erkrankung

Die Graft-versus-host-Erkrankung (GVHD) ist nach allogener hämatopoetischer Transplantation von Stammzellen (HSCT) eine wesentliche Ursache für Morbidität und Mortalität. Es handelt sich um eine immun vermittelte Störung, die auf einer komplexen Interaktion zwischen der erworbenen Immunität des Spenders und des Empfängers beruht. Vom Spender stammende CD4+ T-Zellen, CD8+T-Zellen und B-Zellen spielen bei der akuten und der chronischen Form eine wichtige Rolle /30/.

In der frühen Phase der Transplantation von Stammzellen setzt geschädigtes Spendergewebe inflammatorische Zytokine frei, die zu einem Cytokine storm mit verstärkter Freisetzung von Adhäsionsmolekülen, kostimulatorischen Molekülen, MHC-Antigenen und Chemokinen führt. Diese Danger signals aktivieren die Gewebe des Empfängers inklusive der Antigen präsentierenden Zellen (APC).

Im nächsten Schritt erfolgt die Aktivierung von Rezeptoren der T-Zellen und von kostimulatorischen Molekülen und die Kontaktierung mit den APC. Die Folge ist eine alloreaktive Expansion von T-Zellen und die T-Zelldifferenzierung. Die aktivierten T-Zellen wandern in die GVHD-Zielgewebe (Magen, Leber, Haut, Lunge) und rekrutieren dort Effektoren (Monozyten/Makrophagen, zytotoxische T-Zellen, NK-Zellen, Granulozyten).

Es resultiert eine Zerstörung des Zielgewebes. In diesem Effektorstadium triggert die T-Zell-induzierte Gewebezerstörung die bestehende Entzündung, woraus eine Verstärkung des inflammatorischen Geschehens mit weiterer Gewebeschädigung resultiert.

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21.2 Immundefizienz

Immundefizienzen können primärer oder sekundärer Natur sein. Während primäre Immundefizienzen in einer fortwährenden Dysfunktion des Immunsystems resultieren und vorwiegend genetischer Natur sind, beruhen sekundäre Immundefizienzen auf einer erworbenen Erkrankung /1/. Die Zahl der Patienten mit einer angeborenen Immundefizienz und erworbenen oder iatrogen induzierten Immundefizienz nimmt beständig zu.

Ursachen sind /1/:

  • Die demographische Entwicklung mit einer älter werdenden Bevölkerung.
  • Ein verbessertes Überleben nach Tumorerkrankungen.
  • Die erweiterte Indikation und der verbreiterte Einsatz der Transplantationen von Knochenmark.
  • Das verbesserte Überleben nach Transplantation eines Organs (5-jährige Überlebenszeit nach Transplantation solider Organe des Abdomens über 80 %).
  • Die verbesserte antivirale Therapie bei HIV-Infizierten mit deutlich verlängerten Überlebenszeiten.

Die Folge ist eine Zunahme der Infektionen mit einem ungewöhnliche Erregerspektrum und/oder Verlauf (Tab. 21.2-1 – Art des Immundefektes und typisches Erregerspektrum bei Infektion der Lunge).

21.2.1 Primäre Immundefizienzen

Primäre Immundefizienzen (PIDs) sind angeboren, also genetisch bedingt; mehr als 300 sind beschrieben. Das International Union of Immunological Societies Expert Committee for Primary Immunodeficiency hat die PIDs in 9 Gruppen klassifiziert /2/. Siehe Tab. 21.2-2 – Wesentliche Gruppen der primären Immundefizienz. Diese Störungen können eine oder mehrere Komponenten der Immunantwort, also das T-Zellsystem, das B-Zellsystem, die Natural killer (NK)-Zellen, das phagozytäre System und das Komplementsystem betreffen.

Die primären Defekte und Defizienzen des Immunsystems werden in nach den vier Kompartimenten der Immunantwort kategorisiert: Defekte des T-Zell-Systems, des B-Zell-Systems, phagozytäre und Komplement-Defekte. Primäre Defekte des Immunsystems sind meist monogener Natur, folgen also der einfachen Mendelschen Vererbung. So betrifft der M. Bruton nur Männer, da X-chromosomal vererbt. Die X-chromosomal gebundene Vererbung betrifft alle Männer und, ob autosomal dominant oder kodominant vorliegend, alle Vorfahren sind betroffen. Die meisten primären Immundefekte sind aber autosomal rezessiv und somit von weitaus geringerer Penetranz /3/.

Primäre Immundefekte führen meist schon in der frühen Kindheit zu einer Störung der Immunität und werden klinisch durch rekurrende persistierende Infektionen auffällig. Oft sind die primären Defekte auch mit Autoimmunkrankheiten oder der Präsenz von Autoantikörpern assoziiert. Etwa 0,2 % der Bevölkerung haben einen primäre Immundefekt und 3–5 % eine Autoimmunerkrankung. Die Differenz beider in der Belastung der Bevölkerung könnte auf einem kompletten oder inkompletten primären oder sekundären Immunmangel beruhen wird spekuliert /3/. Primäre Immundefekte mit autoimmuner Prädisposition sind aufgeführt in Tab. 21.2-3 – Primäre Immundefekte assoziiert mit Prädisposition zur Autoimmunität und die Prävalenz von Autoimmunerkrankungen bei ausgewählten primären Immundefekten in Tab. 21.2-4 – Symptome und klinische Befunde die auf Immundefizienz hinweisen.

Generell beträgt die Inzidenz primärer Immundefekte 1 auf 10.000, ausgenommen des sekretorischen IgA-Mangels. Bei Vorliegen eines primären Immundefektes haben von den betroffenen Patienten /4/:

  • Die Hälfte der Fälle einen Antikörpermangel.
  • Etwa 20 % eine kombinierte T- und B-Zelldefizienz.
  • 10 % eine isolierte T-Zelldefizienz.
  • 18 % eine Phagozytosedefizienz.
  • Etwa 2 % eine Komplementdefizienz.

Im Einzelnen sind die Inzidenzen sehr different, von 1 auf 330 bis 1 auf 700 beim sekretorischen IgA-Mangel bis 1 auf 500.000 beim schweren kombinierten Immunmangel. Bei Kindern ist in der gleichen Altersgruppe das männliche (m) Geschlecht fünfmal häufiger betroffen als das weibliche (w), bei Erwachsenen ist das Verhältnis m/w 1 : 1,4.

21.2.1.1 T-Zelldefekt

Im peripheren Blut sind 70–90 % der Lymphozyten T-Zellen, 5–10 % B-Zellen und 1–10 % Natural killer cells (NK-Zellen). Der dominante Anteil sind also T-Zellen und es ist zu erwarten, dass eine Lymphopenie auf einer Abnahme von T-Zellen beruht und wahrscheinlich mit einer Immundefizienz einhergeht /1/.

Alle T-Zellen tragen das Oberfächenmerkmal CD3, das mit dem Antigenrezeptor assoziiert ist. Siehe Abb. 21.1-12 – Aktvierung des T-Zellrezeptors von CD4+T-Helferzellen.

Subgruppen der CD3+T-Zellen sind:

  • CD3+CD4+T-Zellen, die nach Antigenkontakt Zytokine produzieren, die wesentlich sind für die Aktivierung von Makrophagen und B-Zellen sowie die Bildung von Antikörpern.
  • CD3+CD8+T-Zellen, die für die Abtötung abnormer Wirtszellen (Virus-infiziert, maligne transformiert, allogene Tranplantation) verantwortlich sind.

Defizienzen des T-Zellsystems sind genetisch heterogen, betreffen verschiedene Komponenten der erworbenen Immunität und beruhen auf einer Störung der Entwicklung des Repertoirs an T-Zellen. Das kann sein:

  • Eine mangelnde Entwicklung von Thymozyten oder der sie aktivierenden Umgebung.
  • Abnorme periphere T-Zellen.
  • Eine Störung der Signalgebung zwischen den T-Zellen oder mit ihrer Umgebung.
  • Eine fehlende Kostimulation.

Der spezifische T-Zellmangel machen etwa 10 % der primären Immundefekte aus und geht mit einer erhöhten Anfälligkeit für Infekte mit intrazellulären Mikroorganismen wie Mykobakterien, Salmonellen, Listerien, Toxoplasmen, Viren sowie Infektionen durch Pilze und Protozoen einher /5/. Demgegenüber können nicht pathogene Mikroorganismen wie der Vaccinestamm von Mykobakterium (BCG) und Infektionen durch opportunistische Erreger wie Pneumocystis jirovecii eine schwere T-Zell-Immundefizienz auslösen.

Patienten mit T-Zelldefizienzen haben eine erhöhte Inzidenz maligner Tumoren. Verschiedene Faktoren sind dafür verantwortlich /6/:

  • Die reduzierte Elimination von DNA beruhend auf einer verminderten Registrierung und Zerstörung freier DNA als Folge der gestörten Immunantwort. Letztere fördert auch die Entstehung maligner lymphoproliferativer Erkrankungen.
  • Mangelhafte Clearance von Viren wie Epstein-Barr Virus, Hepatitisvirus B, Hepatitisvirus C, humanes T-Zell lymphotropes Virus, Kaposi-Sarkom-assoziiertes Virus, humanes Papilloma Virus. Diese Viren tragen dazu bei, dass infizierte Lymphozyten nicht absterben, transformieren und somit für 10–15 % aller malignen Erkrankungen weltweit verantwortlich sind.
  • Die Unfähigkeit Viren zu eliminieren resultiert in einer chronischen Inflammation mit erhöhter Zellproliferation und es besteht das Risiko, dass die sich rasch teilenden Zellen eine onkogene Mutation fördern.

Eine Auswahl vorwiegend primärer T-Zelldefekte zeigt Tab. 21.2-5 – Primäre Immundefizienz überwiegend T-zellulär: Klinik und Labordiagnostik.

21.2.1.2 B-Zelldefizienz

Im letzten Stadium der Differenzierung von B-Zellen entstehen Plasmazellen mit der Potenz Immunglobuline zu bilden. Sie entwickeln sich aus B-Lymphozyten, die aus hämatopoetischen Stammzellen entstehen. Die B-Zellen durchlaufen eine Folge von Differenzierungen mit Neuordnung der Gene von B-Zell-Rezeptoren. Es folgt die Expression der μ-Kette und der Leichtkette (Kappa oder Lambda) auf der Oberfläche der B-Zelle und es entsteht die naive B-Zelle. Diese verlässt das Knochenmark und wandert in den B-Zellpool. Die Begegnung mit einem Antigen initiiert eine weitere Differenzierung und führt schließlich zur Synthese und Sekretion von Immunglobulinen /7/. Nach Interaktion der B-Zellen mit Antigen spezifischen T-Zellen erfolgt nach anfänglicher Synthese von IgM ein Klassenswitch mit der Bildung hochaffiner Antikörper der Klassen IgG, IgA oder IgE (Abb. 21.1-9 – Klassenswitch-Rekombination nach Kontakt der B2-Zelle mit einem Antigen). Die Rolle der primär gebildeten IgM-Antikörper besteht in der Zirkulation darin, bei der Invasion von Erregern sich an diese zu binden und Komplement zu aktivieren. Durch den Klassenswitch werden hochaffine IgG-, IgA- und IgE-Antikörper gebildet. Sie schützen den Organismus vor weiterer Ausbreitung und einer Reinfektion durch den Erreger.

21.2.2 Immundefekt-Gruppen

Einige der aufgeführten Gruppen von Immundefekten passen zu mehr als einer Gruppe.

21.2.2.1 Primärer Antikörpermangel

Der primäre Antikörpermangel umfasst Defizienzen in der Produktion und Funktion einzelner Ig-Klassen, Ig-Subklassen und Antikörperspezifitäten. Sie treten entweder isoliert oder in Kombination auf. Ein Mangel orientiert sich an den jeweiligen Alters-spezifischen Referenzbereichen /9/. Der primäre Antikörpermangel macht etwa 55 % des primären Immunmangels aus. Der primäre Antikörpermangel kann in jedem Lebensalter auftreten, die höchste Prävalenz ist aber in der Kindheit und in der dritten Lebensdekade.

Der primäre Antikörpermangel ist eine heterogene Gruppe von Ätiologien und Erkrankungen. Ein Einteilung zeigt Tab. 21.2-3 – Primäre Immundefekte mit einer Prädisposition zur Autoimmunität.

Patienten mit Defizienzen der humoralen Immunantwort haben Infekte mit bekapselten Bakterien wie Hämophilus influenzae Typ B und Streptococcus pneumoniae. Patienten mit Defizienzen der B-Zellen sind gewöhnlich frei von Infektionen bis zum Lebensmonat 7–9, denn erst ab diesem Zeitpunkt haben die mütterlichen Antikörper, die von der Plazenta übertragen wurden, keine Immunschutz-vermittelnde Konzentration mehr. Gewöhnlich haben Patienten mit Antikörpermangel keine oder nur geringe Probleme mit Viren und Pilzen, ausgenommen derjenigen mit X-linked agammaglobulinemia (XLA), welche eine Bereitschaft zur Infektion mit Enteroviren haben, die eine chronische Enzephalomyelitis verursachen können. Auch kommt es nicht zu Entwicklungsstörungen beim Antikörpermangel, wenn dieser so frühzeitig entdeckt wird, dass keine Organschäden (Bronchiektasien, pneumonische Herde) auftreten /9/. Viele Patienten führen unter Substitution mit Immunglobulinen ein normales Leben.

Die vier relativ wesentlichen und die drei seltenen Entitäten des primären Antikörpermangels sind /1011/:

  • Selektiver IgA-Mangel
  • IgG Subklassen-Mangel
  • Transiente Hypogammaglobulinämie in der frühen Kindheit
  • Spezifischer Polysaccharid Antikörpermangel
  • Common variables Immunmangel-Syndrom (CVID; common variable immunodeficiency): Selten
  • X-linked Agammaglobulinämie: Selten
  • Hyper-IgM Syndrom: Selten

Siehe weiterführend Tab. 21.2-6 – Primäre Defizienz der Antikörperantwort: Klinik und Labordiagnostik

Algorithmen zur Differenzierung des primären Mangels an Antikörpern zeigen:

Der primäre Antikörpermangel tritt gewöhnlich ab dem 3. bis 4. Lebensmonat auf, wenn die Leihimmunität von der Mutter kaum noch vorhanden ist. Klinisch sind rekurrente oder schwere sinopulmone Infekte, bevorzugt mit bekapselten Bakterien (Steptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae) die Ursache.

Abhängig von der Präsenz von B-Zellen kann der Mangel an Antikörpern charakterisiert werden. Sind B-Zellen vorhanden, erfolgt die weitere Feststellung, ob diese in normaler Zellzahl und Funktionalität vorliegen /11/. Sie auch Tab. 21.2-7 – B-Zell-Phänotypisierung bei Verdacht auf Störung der B-Zellfunktion.

Die Agammaglobulinämie hat einen Anteil von 13 % am primären Antikörpermangel, dieser erhöht sich auf 84 % wenn die X chromosomal-gebundene Bruton Erkrankung mit einbezogen wird. Kindern mit Agammaglobulinämie und kompletter Abwesenheit von B-Zellen können die Mandeln oder Lymphknoten fehlen /11/.

Die Hypogammaglobulinämie beruht auf einer erniedrigten Konzentration von Klassen oder Subklassen der Immunglobuline im Serum. Das Common variable immunodeficiency syndrome (CVID) macht 46 % der Hypogammaglobulinämien aus. Der Anteil erhöht sich auf 82 %, wenn das CVID mit einbezogen wird /11/. Der Mangel an IgA und Subklassen von IgG , die transiente Hypogammaglobulinämie und CVID sind die häufigsten Typen der primären Hypogammaglobulinämie.

21.2.2.2 Kombinierte Immundefizienz

Der Mangel an T-Zellen und B-Zellen wird als kombinierte Defizienz bezeichnet. Die Defizienz kann in schwerer Form als Severe combined immune deficiency syndrome (SCID), aber auch in milder Form auftreten. Beim SCID handelt es sich um eine heterogene Gruppe angeborener Störungen, die auf einer erheblichen Verminderung der T-Zellen und einer variablen Verminderung von B-Zellen beruht /112/. Die Patienten werden im frühen Lebensalter betroffen und leiden an Gedeihstörung, rezidivierender Diarrhoe, Ausschlägen und schweren Infektionen mit Bakterien, Viren und Pilzen. Die Neugeborenen können auf die Erkrankung untersucht werden mit einem Test der T cell receptor excission circles (TRECs) bestimmt. TRECs sind kleine Bögen von DNA. Sie werden von T-Zellen, während ihrer Passage durch den Thymus gebildet wenn sie ihre T-Zellgene rearrangieren. Ihre Präsenz zeigt die Reifung von T-Zellen an. Bei der SCID sind die TREGs vermindert /13/.

Siehe Tab. 21.2-8 – Formen der Severe combined immunodeficiency.

21.2.2.3 Defizienzen des phagozytären Systems

Defizienzen im phagozytären System können auf einem Mangel an Makrophagen oder dendritischen Zellen, auf einer defekten Migration und Adhärenz oder einer mangelnden antimikrobiellen Aktivität beruhen /14/. Chronisch granulomatöse Erkrankungen sind die häufigsten Störungen /11/. Sie treten durch Pneumonie, Abszesse, eitrige Adnexitis und gastrointestinale Infektionen in Erscheinung. Die Infektionen beruhen auf der Unfähigkeit des phagozytischen Systems Katalase positive Mikroorganismen zu vernichten wie S. aureus, Burkholderia cepacia, Nocardia, Aspergillus, Serratia und Candida Spezies. Die Patienten sind in der Regel jung und oft weist der Erreger auf die Ursache der Erkrankung hin.

Siehe Tab. 21.2-9 – Phagozytosedefizienz: Klinik und Labordiagnostik.

21.2.2.4 Defizienzen des Komplementsystem

Auf Grund der bei der sequentiellen Aktivierung des Komplementsystems anfallenden Produkte und der Präsenz von 9 Komplementproteinen übt dieses System insgesamt eine opsonierende Wirkung aus, wirkt chemotaktisch und zerstört Bakterien über den klassischen, alternativen und den Lektinweg. Defizienzen des Komplementsystems können mit schweren bakteriellen Infektionen verknüpft sein. Zu den Defizienzen siehe Kapitel 24 – Komplementsystem.

Störungen der Immunregulation

Primäre Immundefizienzen sind oft mit autoimmunen Erkrankungen assoziiert aufgrund einer Fehlregulation des Immunsystems. Bei vielen dieser Immundefizienzen sind zwar Lymphozyten nachweisbar, aber ohne entsprechende Funktion und mit dem Vermögen eine Autoreaktivität in Gang zu setzen. Wesentliche Merkmale der immunologischen Fehlregulation sind Autoimmuninität, Zytopenie und die inflammatory bowel disease. Auch sind weitere klinische Symptome, die nicht mit einem Immunmangel in Verbindung gebracht werden können vorhanden /15/. So kann ein weiter Bereich von Organen betroffen sein. In den meisten Fällen ist aber die Autoimmunität der führende klinische Befund. Eine Ursache sind Defekte der Zytokin/Interleukin Signalwege.

Primäre Immundefekte in Kombination mit Fehlregulation des Immunsystems und/oder Autoimmunität sind /116/:

  • Autoimmune Polyendokrinopathie, Candidiasis und ectodermale Dystrophie (APECED)
  • Autoimmunes lyphoproliferatives Syndrom (ALPS)
  • Familiäre hämophagozytische Lymphohistiozytose (FHL)
  • Lymphoproliferative Störungen assoziiert mit EBV /17/
  • Immunfehlregulation, Polyendokrinopathie, Enteropathie, und zwar X-linked (IPEX)
  • IPEX-ähnliche Erkrankungen
  • IL-10- /L-10-Rezeptor- Mangel
  • PLCG2-assoziierter Antikörpermangel und Fehlregulation des Immunsystems.

21.2.2.5 Defekte der angeborenen Immunität

Erkrankungen der angeborenen Immunität sind prädisponiert für Infektionen mit Viren und Pilzen. Es betrifft Defekte des Toll-like receptors (TCR) und Defekte der Natural killer cells (NK-Zellen). Die Defekte betreffen:

  • Störungen des Nuklearfaktors kappa wie X-linked NEMO (online Mendellian inheritance in man; OMIM 300248) und die gain of function mutations
  • Defekte des Signalwegs des TCR
  • Defekte der NK-Zellen.

Siehe auch Beitrag 21.1.6.4 – Antigenrezeptoren.

21.2.2.6 Autoinflammatorische Störungen

Siehe Beitrag 19.1.10 – Autoinflammation.

21.2.3 Sekundäre Immundefizienz

Sekundäre (erworbene) Immundefizienzen entstehen, wenn eine primär gesunde Immunantwort durch schädigende Einflüsse oder Krankheit beeinträchtigt wird. Erworbene Immundefizienzen sind Krankheits- oder Therapie-bedingt und spielen zahlenmäßig eine größere Rolle als primäre Immundefizienzen /18/. Im Vordergrund stehen Infektionen, mit Viren, besonders HIV, immunsuppressive Therapie, maligne und metabolische Erkrankungen, Proteinverlust-Syndrome und Polytraumen.

Bei Patienten nach Transplantation eines Organs und unter immunsuppressiver Therapie sind das Auftreten einer Cytomegalievirus Infektion oder einer Epstein-Barr-Virus induzierten lymphoproliferativen Erkrankung das Indiz für eine starke Immunsuppression. Infektionen durch Pilze sind bei immunkompromittierten Patienten mit einer hohen Morbidität und Mortalität assoziiert /19/.

Infektionen in Assoziation mit niedrigem Immunglobulin sind bei sekundären Immundefizienzen relativ selten. Ausnahmen sind Hypogammaglobulinämien, die bei malignen Tumoren, seltener unter medikamentöser Therapie aber häufig beim nephrotischen Syndrom vorkommen. Erniedrigungen von IgG treten bei lymphoproliferativen Erkrankungen auf und der Mangel an IgA und IgG unter immunsuppressiver, anti-rheumatischer und antikonvulsiver Therapie. Beim therapeutisch bedingten Antikörpermangel sind Dosierung und Therapiedauer wichtige Einflussgrößen /8/.

Siehe Tab. 21.2-10 – Sekundäre erworbene Immundefekte: Klinik und Labordiagnostik.

21.2.4 Diagnostische Untersuchungen bei Verdacht auf Immundefizienz

Der Verdacht auf einen angeborenen Immundefekt besteht bei den in Tab. 21.2-4 – Symptome und klinische Befunde, die auf eine Immundefizienz hinweisen aufgeführten Warnzeichen /14/. Erforderlich ist dann eine ausführliche Anamnese, und eine stufenweise labordiagnostische Strategie (Abb. 21.2-5 – Stufenweises Vorgehen bei Verdacht auf einen Immundefekt).

21.2.4.1 Anamnese

Die folgenden anamnestischen Angaben und klinische Befunde weisen, unabhängig vom Alter des Patienten, auf eine Immundefizienz hin (Tab. 21.2-11 – Untersuchungen bei Verdacht auf Immundefizienzund deren Bewertung/12/:

  • Erhöhte Infektanfälligkeit oder Gedeihstörung bei Neugeborenen und Kleinkindern. Wichtige Anhaltspunkte liefert das Erregerspektrum, insbesondere die Infektion mit Erregern, die normalerweise apathogen sind, oder aber die Neigung zu gehäuften schweren Infektionen mit bestimmten Erregern. So sind häufige Virus- und Pilzinfektionen die Ursache isolierter T-Zelldefizienz oder kombinierter T- und B-Zelldefizienz. Die gehäufte Infektion mit bakteriellen Erregern kann die Folge eines Mangels an B-Zellen, an Granulozyten, einer Komplementdefizienz sowie des Common variable immunodeficiency syndrome (CVID) sein.
  • Zeichen der Dysregulation des Immunsystems, z.B. Granulomatose, rekurrendes Fieber, Lymphoprolifertion Autoimmunerkrankung, Ekzem (Tab. 21.2-12 – Prävalenz der Autoimmunität bei primärer Immundefizienz).
  • Fehlbildung von Harntrakt, Atemwegen, zystische Fibrose, cerebrospinale Fisteln, Infektion mit Neurospora /18/.
  • Die Präsenz einer HIV-Infektion.
  • Eine maligne Erkrankung, insbesondere bei älteren Menschen. Betroffen ist das B-Zellsystem. Auffällig sind niedrige Immunglobuline, die in Folge einer chronisch lymphatischen Leukämie, eines M. Hodgkin oder des multiplen Myeloms auftreten.

21.2.4.2 Labordiagnostik

Die Diagnostik umfasst /2021/:

  • Allgemeine Untersuchungen des Screenings.
  • Immunphänotypisierung peripherer Blutzellen zur Prüfung der Integrität von Immunzellen und des Immunsystems.
  • In vitro Assays von Immunzellen zur Prüfung der Funktionalität
  • Spezifische Immunisierungen zur Untersuchung der Funktionalität des Immunsystems
  • Molekularbiologische Untersuchungen.

Siehe auch Abb. 21.2-5 – Stufenweises Vorgehen bei Verdacht auf einen Immundefekt.

Untersuchungen zum Screening

  • Blutbild und Differentialblutbild.
  • Quantitative Bestimmung von IgG, IgA und IgM.
  • Eventuell Bestimmung der IgG-Subklassen.
  • Bei Erwachsenen Immunfixations-Elektrophorese, wenn der Verdacht auf eine monoklonale plasmazelluläre Erkrankung besteht.

Immunphänotypisierung

Immunphänotypische Untersuchungen zur Feststellung von Defizienzen von T-Zellen und B-Zellen sind der weiterführende Schritt. Bestimmt werden folgende Oberflächenmarker der Zellen /20/: CD45, CD3, CD4, CD8, CD19, CD16, CD56, and HLADR. Der Mangel an B-Zellen ist häufiger als der an T-Zellen beim primären Immundefekt.

Bei dem Mangel von B-Zellen wird eine Zelldifferenzierung empfohlen. Sie erfasst wichtige B-Zell-Subpopulationen (Tab. 21.2-7 – B-Zell-Phänotypisierung bei Verdacht auf Störung der B-Zellfunktion).

Bei der Immunphänotypisierung werden die prozentuale Verteilung der Lymphozyten und ihre Zellzahl beurteilt.

Funktionelle Tests

Nach den basalen Screening Tests können zur Beurteilung der Funktionalität des Immunsystems in vivo Tests erforderlich sein zur Feststellung der T Zell abhängigen und T-Zell unabhängigen Immunantwort. Bestimmt wird die Antikörperantwort auf Recall-Antigene:

  • Tetanustoxoid wird als Recall-Antigen eingesetzt zur Bestimmung der T-Zell abhängigen Immunantwort gegen Proteine.
  • Pneumokokken-Polysaccharid-Vaccine wird angewendet zur Bestimmung der T-Zell unabhängigen Immunamtwort gegen Polysaccharide.

Genetische Defekte und vermutete Pathogenese

Siehe Lit. /2/.

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Tabelle 21.1-1 Danger associated molecular patterns (DAMPs) /1/

Ursprung

Kategorie

Beispiele

Exogen

Mikrobiell (Mikroben und ihre Produkte)

Gram negative und Gram positive Bakterien, Lipopolysaccharide, Lipopeptide, Lipoteichonsäure, bakterielle DNA, einzelsträngige RNA

Nicht-mikrobiell

Allergene, Fremdstoffe, toxische Substanzen

Endogen

Stressmoleküle (Alarmine)

Produkte des Zelltods, High mobility group box-1 proteins, Heat shock proteins, S100-Proteine, DNA, RNA, Adenosin, hohes ADP/ATP-Verhältnis, Fibrinogen, Harnsäurekristalle

Tabelle 21.1-2 Pattern recognition Rezeptoren (PRR), die eine intrazelluläre Signaltransduktion zur Einleitung einer Inflammation vermitteln /1/

Rezeptorfamilie

Lokalisation

Toll-like Rezeptoren

Transmembrane Proteine

Rezeptoren für Advanced glycation products

Transmembrane Proteine

Nucleotide-binding domain, leucine-rich repeat containing proteins

Zytosolisch

Retinoic-acid inducible gene I-like receptors (Retinoic-acid inducible gene I, RIG-I);

Melanoma differentiation-associated gene 5, MDA5)

Zytosolisch

Tabelle 21.2-1 Art des Immundefekts und typisches Erregerspektrum bei Infektion der Lunge /2/

Immundefekt

Neutrophilendefekt

T-Zelldefekt

Antikörpermangel

Beispiel

Aplastische Anämie, Nadir nach Chemotherapie

AIDS, Transplantation eines Organs, malignes Lymphom

Agammaglobulimämie, multiples Myelom, B-CLL

Erreger

Staphylokokkus aureus, Pseudomonas aeruginosa und andere Gram negative Erreger, Aspergillus

Pneumocystis jiroveci, Mycobacterium tuberculosis, Cryptokokkus neoformans, Legionella sp., Cytomegalievirus

Streptokokkus pneumoniae und andere Gram positive Kokken, Hämophilus influenzae, Neisserien

AIDS, Acquired immunodeficiency syndrome; B-CLL, chronisch lymphatische Leukämie

Tabelle 21.2-2 Wesentliche Gruppen der primären Immundefizienz /2/

Kombinierte Immundefekte (CIDS)

Kombinierte Immunodefekte mit assoziierten oder syndromischen Merkmalen

Vorwiegender Antikörpermangel

Erkrankungen mit Fehlregulation des Immunsystems

Kongenitale Defekte der Phagozytenzahl, -funktion oder beidem

Defekte der angeborenen Immunität

Autoinflammatorische Erkrankungen

Komplementmangel

Pneonokopien des primären Immunmangels

Tabelle 21.2-3 Primäre Immundefekte assoziiert mit einer Prädisposition zur Autoimmunität /3/

Monogene Immundefekte

T-Zelldefekte und thymische und/oder extrathymische Tolereranzinduktion

Immundysregulation, Polyendokrinopathie, Enteropathie, X-linked (IPEX) syndrome

  • Autoimmune Polyendokrinopathie-Candidiasis-ektodermale Dystrophie (APECED)

Komplementmangel C1q, C1r/s, C4, C2, MBL, Ficoline. Siehe auch Kapitel 24 – Komplement-System

  • Teilweiser Mangel von C4A and/or C4B

B-Zell und Immunglobulin- Mangel

  • Mutationen in CD40, CD40L, Aktivierungs-induzierte Cytidindesaminase (AID)

Gendefekte inklusive multipler zellulärer Untergruppen

  • Wiskott-Aldrich syndrome (WAS), X-linked agammaglobulinemia (XLA), nuclear factor kappa essential modulator (NEMO), purine nucleoside phosphorylase (PNP)

Polygene Immundefekte

Defekte von T- Zellen und/oder thymische oder extrathymische Toleranzinduktion

  • Omenn Syndrom, autoimmunes lymphoproliferatives Syndrom (ALPS)

Primäre Hypogammaglobulinämie

  • Selektiver IgA Mangel,
  • selektiver IgG Subklassenmangel
  • Common variable immunodeficiency syndrome (CVID)

Tabelle 21.2-4 Symptome und klinische Befunde, die auf eine Immundefizienz hinweisen /19/

  • Positive Familienanamnese eines Immundefekts
  • 8 oder mehr Episoden einer eitrigen Otitis jährlich
  • 2 oder mehr schwere Episoden einer Sinusitis jährlich
  • 2 oder mehr Episoden einer Pneumonie jährlich
  • Indizierte Antibiotikatherapie für über 2 Monate, aber ohne Wirkung
  • Impfkomplikation (BCG, Polio)
  • Entwicklungsstörung in der Kindheit (nicht Diarrhoe bedingt)
  • Wiederholte tiefe Abszesse der Haut oder Organabszesse
  • 2 oder mehr viszerale Infektionen (Meningitis, Osteomyelitis, septische Arthritis, Empyem, Sepsis)
  • Persistierende kutane und mukosale Infektionen mit Candida im Alter über 1 Jahr
  • Chronische Graft-versus-host Erkrankung (z.B., Erythema von unklarer Ätiologie in der frühen Kindheit)
  • Wiederholte systemische Infektionen mit atypischen Mycobacterium (mehr als ein isoliertes Aufreten zervikaler Lymphadenitis)

Tabelle 21.2-5 Primäre Immundefizienz überwiegend T-zellulär: Klinik und Labordiagnostik

DiGeorge-Anomalie (DGA) /2223/: Die DGA (OMIM 188400), ursprünglich als reine Thymusaplasie aufgefasst, gehört zu einer Gruppe von Erkrankungen mit Chromosomendeletion in 22q11 und die Gruppe der Störungen wird als CATCH-22-Syndrom (CATCH, cardiac anomalies, abnormal facies, thymus hypoplasia, cleft palate, hypocalcemia) bezeichnet. Es bestehen Mikrodeletionen spezifischer DNA-Sequenzen in der DiGeorge-chromosomalen Region. Die DGA ist selten familiär, aber einige Fälle wurden berichtet. Beide Geschlechter sind betroffen, die Inzidenz in Deutschland beträgt 5 auf 100.000, in Australien 1 auf 66.000, aber durch Anwendung von molekularbiologischen Vefahren werden mehr Fälle gefunden, so dass mit einer Inzidenz von 1 auf 3.000 für DGA/VCFS gerechnet wird /26/.

Klinische Symptome: Auf Grund einer Fehlentwicklung der dritten und vierten Schlundtasche in der frühen embryonalen Entwicklung bestehen eine Aplasie oder Hypoplasie des Thymus und der Nebenschilddrüsen. Andere Strukturen, die im gleichen Zeitraum sich entwickeln, können ebenfalls gestört sein und resultieren in Gefäßanomalie (rechter Aortenbogen), Atresie des Oesophagus, kongenitalem Herzfehler, gespaltener Uvula, Hypertelorismus, mandibulärer Hypoplasie, tiefsitzenden gekerbten Ohren, einer kurzen Oberlippenrinne und Fehlentwicklung der oberen Gliedmaßen. Die Kinder treten klinisch gewöhnlich nicht durch eine erhöhte Infektanfälligkeit, sondern in der Perinatalperiode durch den Hypoparathyreoidismus in Erscheinung. Auch sind die kardialen Störungen meist so stark, dass sie gleichzeitig klinisch evident werden. Eine mentale Retardierung besteht bei vielen Patienten. Die Thymusgröße sollte durch Magnetresonanz-Tomographie ermittelt werden. Einige Patienten präsentieren sich erst später mit persistierenden viralen Infektionen oder Pilzinfektionen und rezidivierenden Tetanien. Die Schwere der DGA variiert erheblich. Bei vielen Patienten verschwindet der Immunmangel in den ersten Lebensjahren. Bei älteren Patienten können Autoimmunerkrankungen auftreten.

Labordiagnostik: Milde Lymphopenie, der Anteil der CD3+T-Zellen ist variabel vermindert oder komplett fehlend, die CD4+T-Zellen fehlen komplett oder sind unter 0,4 × 109/l, die B-Zellen sind kompensatorisch vermehrt, die NK-Zellen normal. Die Stimulation mit Phythämagglutinin zur Proliferation ist schwach (Index unter 10), eine proliferative Antwort auf Antigene fehlt. Die Hypokalziämie entwickelt sich in der Regel in den ersten beiden Lebenswochen.

Definitive Diagnose /24/: Gefäßdefekt des kardialen Truncus, Behandlungs bedürftige Hypokalziämie von mehr als 3 Wochen Dauer, Deletion auf Chromosom 22q11.2.

Wahrscheinliche Diagnose /24/: Patient mit CD3+T-Zellen unter 1,5 × 109/l und Deletion auf Chromosom 22q11.2.

Mögliche Diagnose /24/: Patient mit CD3+T-Zellen unter 1,5 × 109/l und einem der folgenden Symptome: Kardialer Defekt, Behandlungs bedürftige Hypokalziämie von mehr als 3 Wochen Dauer, dysmorphe Facies und Gaumenanomalien.

Severe combined immunodeficiency syndrome (SCID) /5/: Das SCID umfasst eine Gruppe von Erkrankungen der schweren T-Zelldefizienz, die mit oder ohne abnormer B-Zelldifferenzierung einhergehen. Das SCID kann durch eine retikuläre Dysgenesie bedingt sein, bei der die myeloische und lymphoide Zellreihe betroffen sind oder auf einem Defekt, der nur die Lymphozyten betrifft (Tab. 21.2-8 – Formen der Severe combined immunodeficiency). Die Inzidenz beträgt 1 auf 100.000 Lebendgeburten. Die betroffenen Kinder werden im ersten Lebensjahr auffällig, und zwar dann, wenn der Schutz der mütterlichen Antikörper verloren gegangen ist. Etwa 25 % der Patienten haben auf Grund eines mütterlichen Chimerismus eine verminderte Graft-versus-host-Reaktion. Es wird angenommen, dass den Patienten alloreaktive T-Zellen fehlen /25/. Eine Schwierigkeit in der Abklärung der Pathogenese der SCID besteht darin, dass verschiedene Mutationen in einem Gen verschiedene klinische Bilder hervorrufen können und dass ein ähnlicher Phänotyp durch Mutationen in unterschiedlichen Genen bedingt sein kann.

Klinik: Der Verdacht auf ein SCID sollte bei allen Kindern mit rekurrenten Infektionen bestehen. Es liegt eine Atrophie der Tonsillen vor und periphere Lymphknoten sind nicht tastbar. Sekundäre Befunde, bedingt durch Infektionen, sind Hepatosplenomegalie, Hautinfiltrate und Fieber. Röntgenuntersuchungen ergeben einen nicht darstellbaren Thymus und nicht selten eine interstitielle Pneumonie. Andere genetische Syndrome sind häufig mit einem SCID kombiniert, wie Chromosomenanomalien (Down-Syndrom, Fanconi-Anämie), multiple Organdysfunktionen (kurzgliedriger Zwergwuchs, partieller Albinismus, Cartilage-hair Hypoplasie) oder Stoffwechselstörungen.

Labordiagnostik: Lymphopenie von unter 1 × 109/l. Die flowzytometrische Bestimmung der Subpopulationen an Lymphozyten gibt wesentliche Information über den zu Grunde liegenden Defekt. Die Untersuchungen zur T-Zellfunktion (Lymphozytenproliferations-Test, Lymphozytentransformations-Test und Zytokinproduktion) korrelieren im Wesentlichen mit der Lymphozytenzahl. Zur neonatalen Diagnositik erfolgt das Screening auf SCID durch die Bestimmung der T-cell receptor cycles (TRECs) mittels PCR. Die TRECs werden im Thymus bei den T-cell receptor rearrangements gebildet. Es handelt s sich um kleine, stabile zirkuläre DNA Elemente, die nahezu exklusiv bei der Reifung von T-Zellen im Thymus entstehen und ein Maß für die Produktion von T-Zellen sind. Beim SCID ist die Bildung von T-Zellen stark eingeschränkt und die TRECs sind vermindert.

Definitive Diagnose /24/: Männlicher oder weiblicher Patient im Alter unter 2 J. mit:

  • Einer Reaktion gegen transplazentar übertragene mütterliche T-Zellen.
  • Einer Lymphozytenzahl unter 3 × 109/l, weniger als 20 % CD3+T-Zellen und mindestens einer der folgenden Störungen: Mutation in der γ-Kette des IL-2 Rezeptors, Mutation in JAK3, Mutation der Rekombinase aktivierenden Gene (RAG1 oder RAG2) der Immunglobulinrezeptoren, Mutation im IL-7Rα, Adenosindesaminase (ADA)-Aktivität weniger als 2 % gesunder Kontrollen oder eine Mutation in beiden ADA-Genen (Abb. 21.2-6 – Degradation und Rückgewinnung von Purinen).

Wahrscheinliche Diagnose /24/: Männlicher oder weiblicher Patient im Alter unter 2 J. mit:

  • Einer Lymphozytenzahl unter 3 × 109/l, weniger als 20 % CD3+T-Zellen und einer proliferativen Antwort auf Mitogene unter 10 % gesunder Kontrollen.
  • Präsenz mütterlicher T-Zellen im Blut.

X-linked SCID (XSCID), Gamma-Kettendefekt /2526/: Der XSCID (OMIM 300400) ist mit einem Anteil von etwa 50 % die häufigste SCID-Variante. Ursache ist die Mutation eines Gens auf Chromosom Xq13, das die γ-Kette (γc) des IL-2R auf T-Lymphozyten kodiert. Die γ-Kette ist auch Bestandteil der Zytokinrezeptoren IL-4R, IL-7R, IL-9R und IL-15R (Abb. 21.2-7 – Aktivierte CD4+T-Zelle mit Antigen- und Zytokinrezeptor). Da die zytoplasmatische Domäne von γc keine Aktivierung des JAK-STAT (Signal transducer and activator of transcription) des Signalwegs durchführen kann, ist die zelluläre Kommunikation gestört. Die B-Zellen sind normal, führen aber keinen isotypischen Klassenswitch von IgM nach IgG durch. Es werden wenig T-Zellen produziert, da IL-7 als Thymozyten stimulierendes Zytokin und IL-2 als Stimulator reifer T-Zellen durch den Rezeptordefekt kaum eine Wirksamkeit haben. Die Prognose der Patienten ist fatal, die Knochenmarktransplantation sichert das Überleben.

Labordiagnostik: Die XSCID wird auch als T NK B+-SCID, bedingt durch das Verhalten der Subpopulationen an Lymphozyten, bezeichnet. Lymphozytenzahl unter 1 × 109/l, T-Zellen unter 1 %, B-Zellen 60–80 %, NK-Zellen unter 1 %. Es liegt eine Hypogammaglobulinämie vor.

Klinik: Zwischen dem Lebensmonat 2–7 sich entwickelnde Gedeihstörung mit persistierender Diarrhoe, respiratorischer Symptomatik und Mundsoor. Infektionen durch Bakterien,z.B. Pneumocystis carinii und Mykobakterien.

Definitive Diagnose /24/: Männlicher oder weiblicher Patient mit:

  • Einer Reaktion gegen transplacentar erworbene mütterliche T-Zellen und weniger als 10 % CD3+T-Zellen, weniger als 2 % CD16/56 NK-Zellen und mehr als 75 % CD19 B-Zellen.
  • Zusätzlich einer der folgenden Befunde: Mutation im Gen der γ-Kette, Abwesenheit von mRNA der γ-Kette bei der Northern-Blot-Analyse von Lymphozyten, keine Präsenz der γ-Kette auf Lymphozytenzelllinie, mütterlicher Cousin, Onkel oder Neffen mit SCID.

Wahrscheinliche Diagnose /24/: Männlicher oder weiblicher Patient mit:

  • Weniger als 10 % CD3+T-Zellen, 2 % CD16/56 NK Zellen und mehr als 75 % CD19 B-Zellen.
  • Zusätzlich einem der folgenden Befunde: Gedeihstörung vor dem 1. Lj, IgG und IgA im Serum niedriger als 2s des alters entsprechenden Werts, persistierende Diarrhoe, Mundsoor oder Harnwegsinfekte.

Mögliche Diagnose /14/: Männlicher oder weiblicher Patient mit:

  • Mehr als 40 % CD19 B-Zellen in der Zirkulation.
  • Zusätzlich einem der folgenden Befunde: Reaktion gegen transplazentar erworbene mütterliche T-Zellen, mütterlicher Cousin, Onkel oder Neffen mit SCID.

Interleukin 2-Rezeptor-α- (IL-2Rα)-Mangel /27/: Der IL-2-Rezeptor ist ein Multimer, bestehend aus zwei obligaten Einheiten IL-2β (CD122) und IL-2γ (CD132) und einer variabel exprimierten Einheit IL-2Rα (CD45) (Abb. 21.2-7 – Aktivierte CD4+T-Zelle mit Antigen- und Zytokinrezeptor). Abhängig davon, welche der drei Ketten exprimiert wird, bindet IL-2 mit niedriger oder hoher Affinität. Von den drei Einheiten ist IL-2Rα am stärksten reguliert.

Eine wichtige Funktion im Thymus besteht in der Regulation von dreifach negativen T-Zellen (CD3, CD4 und CD5). Diese Zellen exprimieren das bcl-2-Protein, das sie vor dem programmierten Zelltod (Apoptose) schützt. Die Präsenz von IL-2Rα ist wichtig für die Zellselektion, so haben IL-2Rα defiziente Zellen eine hohe bcl-Expression, umgehen so die Apoptose und unterdrücken nicht die Selbsttoleranz, was CD25+CD4+T-Zellen tun. Der Phänotyp der CD25-Mangelpatienten unterscheidet sich wesentlich von den anderen mit SCID, denn es liegen multiple lymphozytäre Infiltrationen der Gewebe vor.

Klinik: Die Inzidenz des IL-2Rα-Mangels ist sehr niedrig. Es besteht eine Anfälligkeit für bakterielle, virale und Pilzinfektionen. Diarrhoe, Splenomegalie, Lymphadenopathie, Lungenentzündung, Gingivitis entwickeln sich bis zum 3. Lj.

Labordiagnostik: CD3+T-Zellen und CD4+T-Zellen vermindert und reduzierte T-Zell-Funktionen.

IgG leicht erhöht, IgM normal, IgA vermindert.

CD3-Mangel /28/: Reife T-Lymphozyten erkennen ein Antigen über den multimeren T-Zellrezeptor (TCR)/CD3-Komplex (siehe Abb. 21.1-12 – Aktivierung des T-Zellrezeptors (TCR) von CD4+T-Helferzellen). CD3-Proteine in Kombination mit TCR-Molekülen werden zuerst bei der intrathymischen Entwicklung der T-Zellen exprimiert. Ein Mangel an CD3-Proteinen stört deshalb erheblich die Differenzierung von T-Zellen. CD3ε und CD3γ sind wichtige Signalmoleküle, ein genetischer Mangel führt deshalb zu einem Signalgebungs-Defekt.

Klinik: Die Inzidenz des CD3-Mangels ist sehr niedrig, die klinische Symptomatik entwickelt sich vor dem 3. Lj. und ist sehr unterschiedlich, er reicht von der schweren Symptomatik einer SCID bis zur milden Immundefizienz. Die Letalität des CD3γ-Mangels ist hoch.

Labordiagnostik: Milde Lymphozytopenie, CD3+T-Zellen fehlen, die CD4+ T-Zellen und CD8+T-Zellen sind normal oder leicht vermindert. IgG, IgA, IgM sind normal.

Interferon-γ-Rezeptor-Mangel /29/: Der IFN-γ-Rezeptor 1 (IFNGR-1) wird von vier Genen kodiert. Die Mutationen des IFNGR-1 können rezessiv, homozygot und compound heterozygot vererbt werden. IFN-γ ist das wesentliche Makrophagen aktivierende Interleukin und Makrophagen spielen eine wichtige Rolle in der Aktivierung anderer Immunzellen und auch der Pathogenese der Mykobakterien Infektion.

Klinik: Bei diesem Immundefekt werden gehäuft Infektion mit M. tuberculosis und atypischen Mykobakterien gefunden. Die Infektionen sind schwer kurabel.

Eine ähnliche, aber mildere Symptomatik wird bei Patienten mit einem Defekt des β1-Moleküls des IL-12-Rezeptors gefunden.

Labordiagnostik: Eine abgeschwächte, aber nicht fehlende Stimulierung der zellulären Immunantwort kann auf einen IFNGR-1-Mangel hinweisend sein.

JAK3-SCID /30/: JAK3 gehört zur Janusfamilie der Nichtrezeptorprotein-Tyrosinkinasen. Gemeinsam mit den STAT (Signal transducer and activator of transcription)-Proteinen repräsentieren die Januskinasen ein System, das von Zytokinrezeptoren benutzt wird, um Signale in das Zellinnere zu senden (Abb. 20.1-1 – Der Rezeptorkomplex zur Signaltransduktion des IL-6-Signals besteht aus dem Rezeptorprotein IL-6Rα und dem Signal transducer protein gp130). Ursache des JAK3-SCID sind Mutationen im Gen JAK mit der chromosomalen Lokalisation 19p13.1. Der Vererbungsmodus ist autosomal rezessiv.

Klinik: JAK3-SCID Patienten zeigen ein dem XSCID ähnliches Bild. Die Symptome beginnen im Alter von 3 Monaten. Rezidivierende schwere Infektionen des Respirationstrakts, Gedeihstörung und Durchfälle sind die häufigsten Symptome.

Labordiagnostik: Massiver Defekt von T-Zellen und NK-Zellen, normale B-Zellzahl, ansonsten Befunde wie bei XSCID.

ZAP-70-Defekt /3132/: ZAP-70 ist ein Mitglied der zytoplasmatischen Tyrosinkinasefamilie und in die Signalübertragung von Antigenrezeptoren in das Zellinnere beteiligt (Abb. 21.2-7 – Aktivierte CD4+T-Zelle mit Antigen- und Zytokinrezeptor). Mitglieder dieser Familie sind ZAP-70, das in T-Zellen und NK-Zellen lokalisiert ist, und Syk, das von B-Lymphozyten und Thrombozyten exprimiert wird. Die Bildung eines funktionell inaktiven und instabilen ZAP-Proteins beruht auf Mutationen im ZAP-Gen.

Klinik: ZAP-Defekte sind sehr selten. Ab dem Alter von 3 Monaten haben die Kinder Infektionen mit Bakterien, Viren und Pilzen, häufig auch mit Pneumocystis carinii. In der Schwere der Infektionen gibt es keinen Unterschied zum XSCID. Es besteht eine normale Thymusgröße und Lymphknoten sind palpabel.

Labordiagnostik: Lymphozytenzahl normal. Lymphozytensubpopulationen: CD4+T-Zellen, NK-Zellen (CD56) und B-Zellen normal, CD8+T-Zellen vermindert. Die Zahl der CD8+T-Zellen ist im frühen Kindesalter am niedrigsten und nimmt dann zu. Mitogen-stimulierte Lymphozytenproliferation vermindert, ebenso die Antigen stimulierte. Die spezifische Antikörperproduktion, z.B. nach Tetanusimpfung, unterbleibt. Die Isohämagglutinin-Titer sind stark vermindert (0 bis unter 1 : 1). Die Konzentrationen von IgG, IgA und IgM sind normal.

Wiskott-Aldrich-Syndrom (WAS) /33/: Das WAS (OMIM 301000) ist ein X-gebundenes rezessives Syndrom mit einem Defekt des Wiskott-Aldrich-Proteins (WASP). Das mutierte Gen WASP hat die Lokalisation Xp 11.22–11.2384 und ist in Lymphozyten und Megakaryozyten lokalisiert. Dem defekten WAS-Protein, einem 501 Aminosäuren langen Peptid, fehlt die hydrophobe transmembrane Domäne (Abb. 21.2-7). Das WAS-Protein ist ein Regulator in der Signalgebung und Reorganisation hämatopoetischer Zellen.

Klinik: Ekzem, thrombozytopenische Purpura bei morphologisch normalen Megakaryozyten. Die Patienten kommen als Kinder zum Arzt auf Grund von Blutungen durch z.B. Zirkumcision oder wegen Nasenbluten beim Schneuzen. Während des 1. Lj. entwickelt sich eine atopische Dermatitis und rekurrente Infektionen mit bekapselten Bakterien wie S. pneumoniae, woraus Infektionen wie Pneumonie, Otitis media, Meningitis und Sepsis entstehen. In den darauf folgenden Jahren kommt es zu autoimmunen Erkrankungen wie Vaskulitis und autoimmune Thrombozytopenie. Die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen bei WAS-Patienten beträgt 40–72 % bei Kaukasiern und 22 % bei Japanern. Die Tumorinzidenz beträgt 13–22 %.

Labordiagnostik: Thrombozytopenie mit morphologisch kleinen Thrombozyten, niedrig titrige Isohämagglutinine, oft IgM niedrig, IgA und IgE erhöht, IgG normal oder leicht erniedrigt. Die T-Zellen sind leicht vermindert, die Mitogen-stimulierte Lymphozytenproliferation ist mäßig reduziert.

Definitive Diagnose /24/: Männlicher Patient mit kongenitaler Thrombozytopenie unter 70 × 109/l, kleinen Thrombozyten und mindestens einem der folgenden Befunde: Mutation im WASP-Gen, Abwesenheit von WASP-mRNA bei der Untersuchung von Lymphozyten mit der Northern blot-Analytik, Abwesenheit des WASP in Lymphozyten, mütterliche Cousins, Onkel oder Neffen mit Thrombozytopenie und kleinen Thrombozyten.

Wahrscheinliche Diagnose /24/: Männlicher Patient mit kongenitaler Thrombozytopenie unter 70 × 109/l, kleinen Thrombozyten und mindestens einem der folgenden Befunde: Ekzem, abnorme Immunantwort auf Polysaccharidantigene, rekurrente bakterielle oder virale Infektionen, Autoimmunerkrankung, Leukämie, Lymphom oder Hirntumor.

Mögliche Diagnose /24/: Männlicher Patient mit kongenitaler Thrombozytopenie unter 70 × 109/l, kleinen Thrombozyten oder männlicher Patient, der wegen Thrombozytopenie splenektomiert wurde. Zusätzlich mindestens einer der folgenden Befunde: Ekzem, abnorme Immunantwort auf Polysaccharidantigene, rekurrente bakterielle oder virale Infektionen, Autoimmunerkrankung, Leukämie, Lymphom oder Hirntumor.

SCID durch RAG-Mutation /33/: Die Antigenrezeptoren von B-Zellen und T-Zellen werden von Genen kodiert, die durch Lymphozytenrezeptor-spezifische V(D)J-Rekombinationsvorgänge entstehen. In diese Prozesse sind DNA-Reparaturproteine involviert. Natürliche Mutationen in den Lymphozyten-spezifischen V(D)J-Rekombinationsgenen, den Rekombinase-aktivierenden Genen 1 und 2 (RAG1 und RAG2) führen zu einem primären Immunmangel. Ein partieller Mangel liegt beim Omenn-Syndrom vor.

Klinik: Infektionen mit opportunistischen Erregern und Pilzen ab dem Lebensmonat 3–6, Therapie-resistente Candidiasis, bakterielle Infektionen wie für die SCID beschrieben. Nichtinfektiöse Komplikationen durch Graft-versus-host-Reaktion, z.B. nach Bluttransfusion. Impfungen mit lebenden viralen oder bakteriellen Erregern gehen fatal aus. Tonsillen und Lymphknoten fehlen.

Labordiagnostik: Keine reifen B- und T-Zellen im peripheren Blut, aber normale Zahl von NK-Zellen. Keine Immunglobuline messbar, keine Antikörper im Serum.

Omenn-Syndrom /33/: Im Unterschied zum SCID bei der RAG-Mutation hat jeder Patient mindestens eine Missense-Mutation, die auf die Möglichkeit einer residualen RAG-Aktivität schließen lässt. Genetisch und biochemisch handelt es sich beim Omenn-Syndrom um eine SCID, die durch Mutationen in einem der RAG-Gene bedingt ist, die V(D)J-Rekombinationen sind nicht vollkommen verloren gegangen.

Klinik: Im frühen Kindesalter schwere exsudative Erythrodermie, die an eine Graft-versus-host-Reaktion denken lässt, Hepatosplenomegalie und Lymphadenopathie, chronische Diarrhoe.

Labordiagnostik: Hypoproteinämie durch Proteinverlust über Haut und Darm, erhöhtes Serum-IgE, Eosinophilie. Variable Zahl von T-Zellen mit Koexpression von Aktivierungsmarkern wie CD45R0, HLA-DR, CD25, CD30, CD70, CD95.

Artemis-Genprodukt-SCID /3/: Artemis ist ein DNA-Reparaturfaktor der Metallolactamase-Superfamilie, der doppelsträngige DNA repariert, wenn diese durch RAG1 und RAG2 geschnitten wurde. Der Vorgang läuft im Rearrangement der Genfragmente zur Konfiguration von Antigenbindungstellen der T- und B-Zellrezeptoren ab. Ähnlich dem SCID durch RAG-Mutation resultiert eine andere Form des TBNK+-SCID.

Purinnucleosidphosphorylase (PNP)-Mangel-SCID /28/: Die PNP und die Adenosindesaminase (ADA) sind wichtige Enzyme im Purinstoffwechsel. Der Mangel eines dieser Enzyme führt zur Entwicklung eines SCID. PNP katalysiert die Phosphorylierung von Inosin, Desoxyinosin, Guanosin und Desoxyguanosin unter Bildung von Guanin oder Hypoxanthin und Ribose-1-Phosphat oder 2'-Desoxyribose-1-Phosphat (Abb. 21.2-6 – Degradation und Rückgewinnung von Purinen). Auf diese Weise erfolgt eine Balance zwischen der Bildung dephosphorylierter toxischer Purine und deren weiterer Entsorgung als Harnsäure. Bei einem Mangel von PNP kumulieren deren Substrate Inosin, Desoxyinosin, Guanosin und Desoxyguanosin im Plasma. Die Unterbrechung der Purinrückgewinnung bei Mangel von PNP vermindert die Verfügbarkeit von Phosphoribosylpyrophosphat für die Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase (HGPRT). Phosphoribosylpyrophosphat ist das limitierende Substrat der de novo-Purinsynthese und ein Mangel verursacht somit eine verstärkte Purinsynthese. Die Anhäufung von lymphotoxischen Substraten ist eine Ursache für die SCID beim PNP-Defekt.

Klinik: Es handelt sich um einen seltenen autosomal rezessiven Defekt mit einem Anteil von 4 % an den SCID-Fällen. Es liegen unterschiedliche Mutationen im Genprodukt vor, die zu einer variablen Verminderung der PNP-Aktivität führen. Gewöhnlich haben die Patienten eine Triade von Symptomen aus gehäuften Infektionen, meist mit atypischen Erregern, neurologischen Störungen und Autoimmunerkrankungen. Klinisch auffällig werden die Kinder im 1. Lj. durch Gedeihstörung, Infektionen des Respirationstrakts, Mundsoor und längerdauernde Durchfallerkrankung.

Labordiagnostik: Harnsäurewerte im Serum unter 2 mg/dl (119 μmol/l), bei einigen Familien aber auch nur leicht erniedrigte Werte. Stark erniedrigte Harnsäurewerte werden aber auch bei proximal renal-tubulären Erkrankungen (Fanconi-Syndrom) und dem Xanthinoxidase-Mangel gefunden. Erhöhte Konzentrationen von Inosin und Desoxyinosin im Blut und Urin, erniedrigte PNP-Aktivität im Hämolysat gewaschener Erythrozyten, Guanosintriphosphat in den Erythrozyten etwa 10 % des Normalwerts. Die Patienten haben eine Anämie, die CD3+T-Zellen sind vermindert, ebenfalls die in vitro-Lymphozytenfunktionen.

Adenosindesaminase (ADA)-Mangel-SCID /34/: Die ADA ist ein monomeres zinkhaltiges Enzym mit dem MG von 41 kD. Es wird von einem aus 12 Exonen bestehenden 32 kb-Gen, das auf dem Chromosom 20 lokalisiert ist, kodiert. ADA setzt Adenosin und 2'-Desoxyadenosin in Inosin und Desoxyinosin um. ADA ist für die Zelle nicht lebensnotwendig, reduziert aber die beim Zellturnover aus degradierter DNA entstehenden für die Zelle toxischen Produkte. Diese fallen besonders im Thymus, dem Knochenmark und den Lymphknoten bei einer Immunantwort an. Ein weiterer nachteiliger Vorgang beruht darauf, dass nicht umgesetztes Adenosin und 2'-Desoxyadenosin das Enzym S-Adenosylhomocysteinhydrolase hemmen, das akkumulierte S-Adenosylhomocystein hemmt wiederum die S-Adenosylmethionin-abhängigen Methylierungsreaktionen der Zelle (Abb. 21.2-6 – Degradation und Rückgewinnung von Purinen). Die genannten Mechanismen und andere führen zu einer Störung des Purinmetabolismus in den Lymphorganen und zur gestörten Bildung von Immunzellen. Genetisch ist der ADA-Mangel heterogen, mehr als 60 Genmutationen sind bekannt. Die meisten Patienten sind heteroallelisch.

Klinik: Die Inzidenz des ADA-Mangels beträgt 1 auf 200.000 bis 1 auf 1 Million Geburten. 15–20 % der ADA-Mangelpatienten werden im Alter von 1–8 J. diagnostiziert. In anderen Fällen treten rekurrende Infektionen der Atemwege im Alter von 8–16 Monaten auf, sind aber nicht durch opportunistische Erreger bedingt und nicht so schlimm, dass ein Klinikaufenthalt erforderlich wird. Die meisten Patienten mit ADA, bei denen ein SCID vermutet wird, sind ältere Kinder oder Erwachsene. Fehlen von Thymus, Lymphknoten und Mandeln. Die Erwachsenen haben oft schon seit einer Dekade Beschwerden, häufig eine chronisch pulmonale Insuffizienz. Störungen des ZNS sind beim ADA häufiger als bei den anderen SCID-Formen.

Labordiagnostik: Lymphozytopenie seit der Geburt, oft unter 0,5 × 109/l, Verminderung bzw. Fehlen von T-Zellen, B-Zellen und NK-Zellen in der Zirkulation. Mangel von IgG, IgA, IgM, Fehlen spezifischer Antikörper. In vitro: Verminderung der Lymphozytenproliferation nach Mitogenstimulation, verminderte lymphozytäre Antwort auf die Stimulation mit Recall-Antigenen. Erhöhte Aminotransferasen sind nicht ungewöhnlich. Die ADA-Aktivität im Lysat gewaschener Erythrozyten beträgt unter 1 % des Normalen. Benötigt werden 5 ml EDTA-Blut.

Ataxia telangiectasia (AT) /3536/ (Louis-Bar-Syndrom): Es handelt sich um eine autosomal rezessiv vererbte Erkrankung. Sie beruht auf Mutationen im Gen ATM auf dem Chromosom 11q22. Das ATM-Gen kodiert ein gleichnamiges Protein, bei dem es sich um eine Serin-Threonin-Kinase handelt. Das ATM-Protein phosphoryliert p53 und andere Proteine, die in die Reparatur geschädigter DNA involviert sind, bevor der nächste Replikationszyklus beginnt. Das ATM-Protein ist erforderlich für die V(D)J-Rearrangements bei der Antigenrezeptor-Synthese der CD4+T-Zellen, CD8+T-Zellen und der B-Zellen sowie für die normale Reifung dieser Zellen. Es kommt zu einem generellen funktionellen Defekt ohne wesentliche Änderung der Lymphozytenzahl. Die angeborene Immunantwort dieser Patienten ist normal, auch liegen keine größeren Störungen der NK-Zellen vor. Die Abwesenheit des Thymus ist ein Merkmal der AT, ist er vorhanden fehlen die Hassalschen Körperchen. Die Störungen in der Reparatur geschädigter DNA sind nicht nur auf die Immunzellen beschränkt, sondern betreffen im unterschiedlichen Ausmaß alle Körperzellen, insbesondere aber die parenchymatöse Zellen des Kleinhirns, des Hirnstamms, des Rückenmarks und der peripheren Nerven.

Klinik: Die AT ist eine angeborene Erkrankung mit vielen kongenitalen Anomalien, von denen der Immunmangel eine wichtige Komponente ist. Die Kinder werden auffällig durch die Ataxie, wenn sie beginnen zu laufen und häufig hinfallen. Viele sind an den Rollstuhl gebunden, wenn sie 10 J. alt sind. Infekte der oberen Luftwege, wie retropharyngeale Rhinitis, Sinusitis, Otitis media und retropharyngeale Schleimbildung sind die Symptome des Immundefekts. Die anderen kongenitalen Anomalien sind Teleangiektasien der Konjunktiva, aber auch der Nase und Ohren, die sich im Alter von 4–8 J. ausbilden. Etwa 40 % der AT-Patienten entwickeln während ihres Lebens eine maligne Erkrankung, meist hämatologischer Natur. Maligne B-Zelllymphome dominieren. Hypogonadismus tritt bei einem kleinen Teil der Patienten auf. Es besteht eine erhöhte Sensitivität gegenüber Strahlenenergie. Einige Patienten werden erst in der zweiten Lebensdekade diagnostiziert.

Labordiagnostik: Die Serumkonzentration von α1-Fetoprotein, die bei Kindern über 2 J. unter 10 μg/l liegt, ist konstant erhöht und stammt aus der Leber. Auch die Aminotransferasen können erhöht ein, ohne dass eine Leberschädigung vorliegt. Auch CEA-Erhöhungen kommen vor.

Immunglobuline: Sehr niedrig häufig IgA und IgE, erniedrigt IgG, insbesondere IgG2.

Lymphozytenzahl: B-Zellen normal, CD3+T-Zellen erniedrigt, CD4+T-Zellen erniedrigt, CD8+T-Zellen normal, NK-Zellen variabel.

Lymphozytenfunktion: Proliferation und Transformation nach Mitogenstimulation vermindert. Die Antwort (Zytokinbildung, Transformation) auf Antigene wie Tetanustoxin und EBV-infizierte autologe B-Zellen ist vermindert oder fehlt.

Radiosensitivitäts-Test: Bei Kleinkindern mit Verdacht auf AT, bei denen noch kein volles Krankheitsbild ausgeprägt ist, gibt dieser Test mit über 95 % diagnostischer Sensitivität und Spezifität Auskunft. Gemessen wird in vitro die Strahlensensitivität einer Lymphoblasten-Zelllinie des Patienten, die mit einem Gy bestrahlt wird. Bei AT-Patienten kommt es zu vermehrten DNA-Strangbrüchen.

Definitive Diagnose /24/: Progressive cerebellare Ataxie, vermehrte Strahlen induzierte DNA-Strangbrüche im Radiosensitivitäts-Test, Mutation in beiden Allelen des ATM-Gens.

Wahrscheinliche Diagnose /24/: Progressive cerebellare Ataxie und drei der folgenden Befunde: Occulare oder faciale Teleangiectasie, Serum-IgA mindestens unterhalb des Alters entsprechenden 2s-Werts, α1-Fetoprotein mindestens oberhalb des 2s-Werts, vermehrte Strahlen induzierte DNA-Strangbrüche im Radiosensitivitäts-Test.

Mögliche Diagnose /24/: Progressive cerebellare Ataxie und einer der zuvor genannten Befunde.

Nijmegen breakage syndrome (NBS) /26/: Beim NBS (OMIM 2511260) handelt sich um eine autosomal rezessiv vererbte Erkrankung. Sie beruht auf Mutationen im Gen NBS1 auf Chromosom 8q21. Das NBS ist der Ataxia teleangiectasia insofern vergleichbar, dass Rearrangements der Chromosomen 7 und 14, eine Hypersensitivität gegenüber Strahlenenergie und eine Immundefizienz vorliegen. Die Unterschiede bestehen aber darin, dass keine Ataxie oder Teleangiektasie bestehen.

Klinik: Die Patienten haben eine kleine Gestalt, Mikroenzephalie und eine vogelähnliche Facies. Zeichen des Immundefekts sind Bronchopneumonie, Harnwegsinfekt, rekurrierende Mastoiditis, Sinusitis und Otitis media. Etwa 40 % der Patienten entwickeln eine maligne Erkrankung.

Labordiagnostik: α1-Fetoprotein normal, IgA, IgG2 und IgG4 vermindert, CD3+ und CD4+ vermindert, CD8+ normal, Lymphozytenproliferation nach Mitogenstimulation vermindert.

MHC-Klasse-I-Defekt /36/: MHC-Klasse-I-Antigendefekte sind selten und führen zu einer Immundefizienz, die klinisch milder als die SCID ist. Die Seren dieser Patienten haben einen normalen Gehalt an MHC-Klasse-I-Protein und eine normale Konzentration von β2-Mikroglobulin. Es liegt ein Mangel an CD8+T-Zellen vor, die Zahl der CD4+T-Zellen ist normal. Mutationen bestehen in zwei Genen im MHC-Locus auf Chromosom 6. Die Gene TAP1 und TAP2 kodieren beide Moleküle für den Peptidantigen-Transport. Die Peptidantigene werden vom Zytoplasma durch die Membran des Golgi-Apparats transportiert und im Golgi-Apparat mit der α-Kette des MHC-I-Moleküls und dem β2-Mikroglobulin gebunden (siehe auch Abb. 18.12-1 – HLA-Antigene auf der Zellmembran kernhaltiger Zellen). Der Komplex wandert dann durch das Zytoplasma auf die Zellmembran und wird dort den Immunzellen angeboten. Ist das MHC-Klasse-I-Molekül defekt, zerfällt der Komplex schon im Zytoplasma.

MHC-Klasse-II-Defekt /4/: Vier verschiedene Gendefekte, die zu einer verminderten Expression von MHC-Klasse-II-Molekülen führen, sind bekannt:

  • Mutation im Gen auf Chromosom 1q. Das Gen kodiert das Protein RFX5, eine Untereinheit des RFX-Komplexes, welche das X-Box-Motif des MHC-II-Promoters bindet.
  • Mutation im Gen auf Chromosom 13q. Das Gen kodiert eine 36 kDa-Untereinheit des RFX-Komplexes, genannt RFXAP, welche das X-Box-Motif des MHC-II-Promoters bindet.
  • Mutation im Gen, das eine dritte Untereinheit des RFX-Komplexes kodiert, genannt RFXANK.
  • Mutation im Gen auf Chromosom 16p13, das einen MHC-Klasse-II-Transaktivator kodiert. Es handelt sich um ein Molekül, das als nicht-DNA-bindender Koaktivator die Zelltypspezifität und Induzierbarkeit der MHC-Klasse-II-Moleküle kontrolliert.

Der Mangel an MHC-Klasse-II-Molekülen bewirkt eine abnormale Selektion der T-Zellen im Thymus und es resultieren CD4+T-Zellen mit abnormalem CD3-Profil.

Klinik: Betroffen sind vorwiegend Personen nordafrikanischer Nachfahren und der Mittelmeerregion. Gewöhnlich entwickeln die Kinder schon in den ersten 6 Lebensmonaten schwere Infektionen mit Pseudomonas spp, Cytomegalievirus und Kryptosporus spp. Schwere Durchfälle, Pneumonie und Sepsis sind häufig. Insgesamt ist die Symptomatik aber nicht so schwer wie bei der SCID, da es nicht zu Infektionen mit Mykobakterien und nicht zur Graft-versus-host-Erkrankung bei Gabe von nicht bestrahlten Blutkonserven kommt.

Labordiagnostik: Niedrige Zahl an CD4+T-Zellen, CD8+T-Zellen normal oder erhöht, die MHC-Klasse-II-Antigene HLA-DP, DQ und DR sind auf B-Lymphozyten und Monozyten nicht nachweisbar.

Definitive Diagnose /24/: Männliche oder weibliche Person mit verminderter Expression von HLA-DR und HLA-DP (unter 5 % des Normalen) auf B-Lymphozyten und Monozyten. Mutationen in einem der Gene CIITA, RFX-B, RFX-5, RFX-AP.

Wahrscheinliche Diagnose /24/: Männliche oder weibliche Person mit verminderter Expression von HLA-DR und HLA-DP (unter 5 % des Normalen) auf B-Lymphozyten und Monozyten und alle der folgenden Befunde: Gedeihstörung, opportunistische Infektionen, persistierende virale Infekte; normale T- und B-Zellzahl; normale proliferative Antwort auf Mitogene.

Mögliche Diagnose /24/: Männliche oder weibliche Person mit verminderter Expression von HLA-DR und HLA-DP (unter 5 % des Normalen) auf B-Lymphozyten und Monozyten und mindestens einem der folgenden Befunde: Hypogammaglobulinämie; normale proliferative Antwort auf Mitogene, aber keine T-Zellproliferation mit spezifischen Antigenen; verminderte CD4+T-Zellen; Defekt der Monozyten zur Stimulation von T-Zellen in der gemischten Lymphozytenkultur.

XLP /37/: X-linked proliferative disease (XLP, Duncan disease) ist ein seltener Immundefekt, der durch die Trias fulminante infektiöse Mononukleose, Dysgammaglobulinämie und Lymphom charakterisiert ist. Die Patienten haben ebenfalls eine inadäquate Immunreaktion auf EBV, die durch eine unkontrollierte Expansion EBV-infizierter B-Zellen, eine Expansion von CD8+T-Zellen und Makrophagen charakterisiert ist. Oft ist auch eine hämophagozytäre Lymphohistiozytose assoziiert. Auf molekularer Basis bestehen Mutationen im Src homology 2 domain-containing gene 1A (SH2DIA), welches das dem Signaling activation molecule (SLAM) assoziierte Protein SAP (SLAM-associated protein) kodiert.

Labordiagnostik: Die DNA-Sequenzierung ist der Goldstandard zur Diagnose der XLP.

ITK-Mangel /37/: Der IL-2 inducible kinase (ITK)-Mangel ist durch eine schwere EBV-induzierte Dysregulation des Immunsystems charakterisiert. Es liegt sowohl eine unkontrollierte EBV-Infektion, als auch eine der hämophagozytäre Lymphohistiozytose vergleichbare Erkrankung vor. Die ITK ist eine zytoplasmatische nicht Rezeptor-assoziierte Tyrosinkinase, die von Thymozyten, reifen T-Zellen, NK-Zellen und Mastzellen exprimiert wird. Die ITK wird exprimiert bei Aktivierung der Antigenrezeptoren der genannten Zellen und ist für die Induktion der Phospholipase C erforderlich. Der ITK-Defekt beruht auf Missense oder Nonsense Keimbahnmutationen.

Labordiagnostik: ITK-Mangelpatienten haben eine stark verminderte Zahl an CD45RA+T-Zellen.

EV /37/: Die Epidermodysplasia verruciformis (EV) ist eine seltene Genodermatose mit einer Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Typen an Human papilloma virus (HPV). Die Erkrankung beginnt in der Kindheit mit polymorphen Hautläsionen, mit der Pityriasis versicolor vergleichbaren Maculae und flachen Warzen-ähnlichen Papeln. Etwa 75 % der Patienten haben Mutationen in den Genen EVER1 und EVER2. Die Gene kodieren Proteine im endoplasmatische Retikulum und den Keratinozyten. Die Proteine sind Modifikatoren von Ionenkanälen.

Labordiagnostik: Verminderung der totalen T-Lymphozyten und CD4+T-Zellen. Verminderte T-Zellantwort auf Mitogene, kutane Anergie gegenüber gewöhnlichen Hautantigenen, defekte zellvermittelte Immunreaktion gegenüber EV-spezifischen HPV-Typen.

WHIM-Syndrom /37/: Warzen, Hypogammaglobulinämie, Infektionen und Myelokathexis (Retention reifer Granulozyten im Knochenmark) sind die Charakteristika des WHIM-Syndroms. Es handelt sich um eine Erkrankung mit autosomal dominanten Vererbungsmodus. Die Patienten haben eine HPV-Infektion mit Warzen und Condylomata acuminata im Ano-Genitabereich. Es liegen Mutationen im Gen CXCR4, das den Chemokinrezeptor CXCR4 kodiert, vor. Der Rezeptor gehört zur G-Protein-gebundenen Superfamilie (GPCR), die selektiv den Stromazellfaktor CXCL12 bindet. Bei den CXCR4 Mutationen handelt es sich um 3 Nonsense-Mutationen und eine Frameshift-Mutation.

Labordiagnostik: Neutropenie bei hyperzellulärer Granulopoese im Knochenmark, B-Zelllymphopenie, besonders der CD27+-Memoryzellen, T-Zelllymphopenie bei normaler CD4/CD8-Ratio, proliferative Antwort auf Mitogene ist vorhanden, Hypogammaglobulimämie.

DOCK8-Mangel /37/: Das Protein Dedicator of cytokinesis 8 (DOCK8) gehört zur DOCK180-Superfamilie und ist ein Austauschfaktor der Rho-Familie der GTPasen, die den Zellmembranrezeptoren in den Signaltransduktionswegen nachgeschaltet ist. Mutationen im Gen DOCK8 reduzieren die Expression des DOCK8-Proteins. Die Patienten leiden an viralen Infektionen der Haut, besonders mit Herpesviren und sind sensibel für maligne Erkrankungen.

Labordiagnostik: Totale Lymphozytenzahl vermindert, durch Reduktion von CD4+T-Zellen und CD8+T-Zellen bei normaler CD4/CD8-Ratio, milde bis moderate Eosinophilie.

Chronisch mukokutane Candidiasis (CMC): Die CMC ist eine seltene chronische Erkrankung der Haut und Schleimhäute mit Candida. Der Vererbungsmodus ist häufiger autosomal dominant (OMIM 114580) als autosomal rezessiv (OMIM 21250). Die CMC kann mit der autoimmunen Polyendokrinopathie Candidiasis ektodermalen Dysplasie assoziiert sein. Die Patienten haben eine normale Lymphozytenzahl /5/.

Hyper-IgE-Syndrom /9/: Diese Erkrankung, auch als Job-Syndrom bezeichnet, beruht auf Mutationen im Gen STAT3 und kodiert das gleichnamige Protein. STAT-Proteine spielen in der Signaltransduktion des IL-6-Rezeptors eine Rolle und werden im Rahmen der Signalübermittlung von den Januskinasen (JAK) phosphoryliert. Häufigkeit des Defektes 1 auf 1 Million. Die Patienten leiden an bakteriellen Infektionen insbesondere der Atemwege mit S. aureus, S. pneumoniae und H. influenzae.

Labordiagnostik: IgE erhöht, geringe IFN-γ-Antwort von Antigen-stimulierten Monozyten.

Tabelle 21.2-6 Primäre Defizienz der Antikörperantwort: Klinik und Labordiagnostik

X-linked Agammaglobulinemia (XLA) /39/: Der wesentliche Mangel der XLA, auch als ruton bekannt, ist das Fehlen von B-Zellen im peripheren Blut und den Organen. Die Patienten haben rudimentäre Lymphknoten und Mandeln. In den Lymphknoten fehlen die Keimzentren und die Follikel. In der Lamina propria der Schleimhäute fehlen die Plasmazellen. Es liegen folgende Blocks in der Entwicklung der B-Zelle zur Plasmazelle vor (siehe Abb. 21.1-8 – Antigen-unabhängige Entwicklung von B-Zellen und ihrer Rezeptoren): Von der Pro- zur Prä-B-Zelle, von der Prä-B- zur unreifen B-Zelle und von letzterer zur reifen B-Zelle. Die Blocks sind variabel und inkomplett. Ursache ist ein Mangel des BTK-Proteins, das zur Familie der zytoplasmatischen Tyrosinkinasen gehört und als Überträgermolekül Signale vom Antigenrezeptor in das Zellinnere weitergibt. Nach der Quervernetzung von Rezeptoren der Oberfläche wie IgM, IL-5R, IL-6R, CD38 und FcRε auf B-Zellen kommt es zur Aktivierung des BTK-Proteins durch Tyrosinphosphorylierung. Das Gen BTK, welches das BTK-Protein kodiert, ist auf dem Chromosom Xq21.3 lokalisiert und beschränkt auf hämatopoetische Zellen und B-Zellen von der CD34-pro-B-Zelle bis zur reifen B-Zelle. Über 500 Mutationen sind beschrieben, ein Drittel sind Missense-Mutationen.

Klinik: Rekurrente bakterielle Infektionen, beginnend ab dem 6. Lebensmonat. Die Atemwege sind die häufigste Lokalisation (60 %), gefolgt von Gastroenteritis (35 %), Pyodermie (25 %), Arthritis (20 %), Meningoenzephalitis (16 %), Septikämie (10 %), chronischer Konjunktivitis (8 %), Osteomyelitis (3 %). H. influenzae und S. pneumoniae sind häufige Erreger. Da die zelluläre Immunantwort intakt ist, besteht keine erhöhte Gefährdung für Infektionen mit Mykobakterien, Viren und Pilzen. Meningoenzephalitis und Dermatomyositis können durch chronische Enterovirus-, Echovirus- und Coxsackievirus-Infektionen hervorgerufen werden und Gelenkinfektionen durch Enteroviren und Ureaplasma urealyticum. Chronische Enterovirusinfektionen und pulmonale Infektionen sind die wesentlichen Probleme.

Labordiagnostik: Verminderung der Serumkonzentration von IgG, IgA, IgM, Fehlen von Isoagglutininen, Fehlen von B-Zellen.

Definitive Diagnose /24/: Männliche Person mit unter 2 % CD19-Zellen im peripheren Blut und folgende weitere Befunde: Mutation im Gen BTK; keine BTK-mRNA in neutrophilen Granulozyten und Monozyten nachweisbar; kein BTK-Protein in Monozyten und Thrombozyten nachweisbar; Cousins, Onkel, Neffen mütterlicherseits mit unter 2 % B-Lymphozyten.

Wahrscheinliche Diagnose und Mögliche Diagnose: Siehe Lit. /24/

Common variable immunodeficiency syndrome (CVID) /4041/: Das CVID, auch als erworbene Hypogammaglobulinämie, Adult-onset hypogammaglobulinemia oder Dysgammaglobulinämie bezeichnet, ist eine heterogene Krankheitsgruppe. Betroffen sind die Immunantwort von B- und T-Zellen, jedoch die dominante Manifestation ist die Hypogammaglobulinämie. Der Begriff variabel beschreibt zum einen das Alter der klinischen Präsentation (frühe Kindheit, Jugendlicher, jüngerer Erwachsener), zum anderen die Variabilität im Ausmaß der Ausprägung und des Typs der Hypogammaglobulinämie. Das CVID ist der häufigste primäre Immunmangel (Prävalenz 1 auf 25.000), der einer medizinischen Versorgung bedarf. Immunpathogenetisch bestehen Veränderungen:

  • Im B-Zellsystem; die Zahl der zirkulierenden B-Zellen ist normal, aber es liegen Störungen in der Ig-Sekretion vor. So gibt es bei der in vitro Stimulation von B-Zellen der Patienten Subfraktionen, die nur IgM oder nur IgM und IgG sezernieren. Andere haben einen Defekt im CD40-Signalweg und wieder andere zeigen eine restringierte Hypermutation der variablen Gene für Ig, was eine Störung der Antikörperdiversität bedeutet.
  • Viele der Patienten sind lymphopenisch auf Grund einer Verminderung der CD4+T-Zellen, bei einer normalen CD8+T-Zellzahl. Die T-Zell-Abnormitäten sind möglicherweise Epiphänomene, die durch eine gestörte Regulation der Zytokine hervorgerufen sind.

Die Patienten können Mutationen haben in den Genen:

  • TNFRSF13B (TACI), es kodiert das Protein 13B der TNF-Rezeptor-Superfamilie.
  • TNFRSF13C (BAFF-R), es kodiert das Protein 13C der TNF-Rezeptor-Superfamilie.
  • CD19, es kodiert das induzierbare Kostimulatorprotein ICOS.

Patienten mit diesen Mutationen haben neben einer Hypogammaglobulinämie, eine verminderte funktionelle Antikörperantwort, eine erhöhte Infektanfälikeit für Bakterien und eine Prädisposition zu malignen Erkrankungen, insbesondere Lymphomen und dem Magenkarzinom.

B-Zellen von Patienten mit TNFRSF13B (TACI)-Mutation bilden kein IgG und IgA als Antwort auf den Kontakt des TACI-Proteins mit seinem Liganden, dem Antigen proliferation-inducing ligand (APRIL), wodurch es zu keinem isotypischen Klassenswitch der Ig kommt. Regulär erfolgt bei Ig-bildenden B-Zellen, die IgM an der Oberfläche tragen, ein DNA-Rearrangement, auch Klassenswitch-Rekombination (KSR) genannt. Dier KSR ändert den Ig-Isotyp von IgM nach IgG, IgE oder IgA unter Erhalt der Antigenspezifität. Zum Ablauf des KSR sind zwei Signale erforderlich (Abb. 21.2-8 – Kollaboration von B- und T-Zellen zur Synthese IgE spezifischer Antikörper durch einen Ig-Klassenswitch):

  • Das erste Signal erfolgt durch Zytokine, die spezifische Gene für die Transkription der Schwerketten der Ig steuern. Eine Mutation in der TNF-Rezeptorfamilie führt dazu, dass dieser Schritt ausbleibt oder nicht optimal abläuft und das klinische Bild eines CVID auftreten kann.
  • Das zweite Signal erfolgt bei T-Zell-abhängigen Antigenen durch die Interaktion von CD40 auf B-Zellen mit dem CD40-Liganden auf aktivierten T-Zellen.

Klinik: Das mittlere Alter des Beginns der Beschwerden ist 25 J., das der Vorstellung beim Arzt 28 J. Die klinischen Beschwerden sind rekurrente Infektionen im Respirationstrakt, Otitis media, chronische Sinusitis und Pneumonien. Die Erreger entsprechen denen bei der XLA. Bei der Hälfte der Patienten ist der Gastrointestinaltrakt betroffen mit chronischer Diarrhoe, Malabsorption, Lactose-Intoleranz, exsudativer Gastroenteropathie. Nicht selten liegen Superinfektionen mit Yersinia sp. oder Campylobacter sp. vor, und Giardia lamblia ist ebenfalls die Ursache gastrointestinaler Symptomatik. Im Gastrointestinaltrakt besteht häufig auch eine noduläre Hyperplasie der lymphatischen Gewebe, bei bis zu 30 % der Patienten liegt eine Hepatosplenomegalie vor. Etwa 10 % der Patienten entwickeln eine pulmonale Fibrose mit Granulomen, 10 % eine Autoimmunerkrankung, insbesondere eine autoimmune Thrombozytopenie mit autoimmuner hämolytischer Anämie und Neutropenie. Granulomatöse Erkrankungen sind relativ häufig, insbesondere perisinusoidale Granulationen der Leber, die zu einer Erhöhung der alkalischen Phosphatase führen. Auch besteht eine Prädisposition zu malignen Erkrankungen, Lymphome stehen im Vordergrund. Bei diesen Patienten ist die 20-Jahre-Überlebensrate, die in der altersentsprechenden Bevölkerung bei 93 % liegt, auf 65 % reduziert. Kinder mit CVID zeigen den Erwachsenen vergleichbare Beschwerden und Befunde /44/. Bakterien, die bei CVID im Vordergrund für Infektionen stehen sind Clostridium difficile, Gardia, Salmonella, Campylobacter und Yersinia.

Labordiagnostik: CVID-Patienten sind auffällig durch eine Schwäche, spezifische Antikörper nach Impfung zu bilden und haben erniedrigte Werte von IgG und IgA, häufig auch von IgM.

Wahrscheinliche Diagnose /24/: Männliche oder weibliche Person mit einer deutlichen Verminderung von Serum-IgG und -IgA (mindestens unter 2s des altersentsprechenden Werts) und alle der nachfolgenden Befunde:

Beginn des Immunmangels vor dem 2. Lebensjahr.

Keine Isohämagglutinine (Antikörper gegen AB-Blutgruppen), schwache Impfreaktion.

Ausschluss anderer Ursachen der Hypogammaglobulinämie.

Mögliche Diagnose: siehe Lit. /24/

Selektiver IgA-Mangel /24/: Der selektive IgA-Mangel ist mit einer Inzidenz von 1 auf 500 der häufigste Immunmangel. Es besteht eine Hemmung des Klassenswitch der B-Zellen von IgA nach IgG aus unbekannter Ursache bei normaler B-Zellzahl im Blut. Die B-Zellen koexprimieren IgA, IgM und IgD, transformieren aber nicht in IgA-sezernierende Plasmazellen. Der IgA-Mangel kommt vor:

  • Isoliert, die beiden Subklassen IgA1 und IgA2 sind deutlich vermindert, obwohl auch Einzelfälle mit der Verminderung nur einer Subklasse beschrieben sind.
  • In Kombination mit einem Mangel der Subklassen IgG4 oder IgG2 und IgG4.
  • Bei der Ataxia teleangiectatica.
  • Bei Chromosomenanomalien, z.B. des Chromosoms 18 (18q-Syndrom, Ringchromosom 18).
  • Im Rahmen medikamentöser Therapien, z.B. mit D-Penicillamin, Phenytoin, Sulfasalazin, Hydroxychloroquin.

Klinik: Die meisten Personen mit selektivem IgA-Mangel sind asymptomatisch. Diejenigen mit Symptomen haben sinopulmonale Infekte und eine gastrointestinale Beteiligung durch noduläre Lymphknotenhyperplasie und Giardiasis. Der selektive IgA-Mangel zeigt eine deutliche Beziehung zu atopischen Erkrankungen. Auch besteht eine verstärkte Tendenz zu Autoimmunerkrankungen wie dem Lupus erythematodes, Endokrinopathien, chronischer Hepatitis, M. Crohn, ulzerativer Colitis, hämolytischer Erkrankung und Arthritis. Haben Patienten rezidivierende sinopulmonale Infekte, so ist die Symptomatik schwerer bei einer Kombination von IgA- und IgG-Subklassenmangel als beim isolierten IgA-Mangel. Bei Gabe von Blutprodukten besteht beim selektiven IgA-Mangel die Gefahr der Bildung von Anti-IgA-Antikörpern, nicht aber beim partiellen IgA-Mangel.

Labordiagnostik: Beim kompletten IgA-Mangel ist die Serumkonzentration unter 7 mg/l, beim partiellen unterhalb des Alters entsprechenden unteren 2s-Werts, aber ≥ 7 mg/l.

Definitive Diagnose /14/: Männliche oder weibliche Person älter als 4 J. mit einer IgA-Konzentration im Serum unter 7 mg/l bei normalen IgM- und IgG-Serumwerten. Andere Ursachen einer Hypogammaglobulinämie sollten ausgeschlossen sein. Die Personen haben eine normale IgG-Impfantwort.

Mögliche Diagnose /14/: Männliche oder weibliche Person älter als 4 J. mit einer IgA-Konzentration im Serum unterhalb des Alters entsprechenden unteren 2s-Werts bei normalen IgM- und IgG-Serumwerten. Andere Ursachen einer Hypogammaglobulinämie sollten ausgeschlossen sein. Die Personen haben eine normale IgG-Impfantwort.

Hyper-IgM-Immunmangel (HIM) /3843/: Der HIM beruht auf einer Gruppe von molekularen Defekten, die durch eine gestörte Immunglobulin-Klassenswitch-Rekombination (KSR) und/oder einer somatischen Hypermutation (SHM) allein charakterisiert ist. Drei Formen des HIM sind beschrieben, eine X-Chromosom-gebundene Form (X-HIM), eine autosomal rezessive Form (ARHIM) und eine dritte X-gebundene Form, die mit einer hypohydrotischen ektodermalen Dysplasie einhergeht.

X-HIM /44/: Sie ist die häufigste Variante und beruht auf Mutationen im Gen CD40L, das den CD40 Liganden kodiert. Dieser ist ein Typ-2-Glykoprotein der Zellmembran und ein Mitglied der TNF-Superfamilie. CD40L (CD154) wird transient von CD4+T-Zellen exprimiert und interagiert mit B-Zellen, Makrophagen und dendritischen Zellen, die CD40 exprimiert haben. CD40L reguliert in B-Zellen die Ig-Produktion und den Klassenswitch. CD40 und CD154 gehören zur Gruppe der Zytokin-/Zytokinrezeptor-Familie. Während einer Immunantwort erhält der CD40-Rezeptor einer ruhenden B-Zelle über den Liganden CD154 ein Signal (Abb. 21.2-8 – Kollaboration von B-Zelle und T-Zelle zur Synthese IgE-spezifischer Antikörper durch einen Ig-Klassenswitch). Das Signal kann verschiedene Wirkung haben. Aktivierte T-Zellen, die den Fas-Liganden (CD95) tragen, stimulieren die B-Zelle zur Proliferation und Antikörperbildung, wenn es zu einer Quervernetzung mit dem Antigen-besetzten Rezeptor der B-Zelle kommt. Ist der Antigenrezeptor unbesetzt, führen diese Interaktionen zur Apoptose der B-Zelle. Der Ig-Klassenswitch der humoralen Immunantwort von IgM nach IgE (Abb. 21.2-8) wird durch Signale von der T-Zelle zur B-Zelle stimuliert. Durch die Stimulation über CD40 erfolgt in der B-Zelle die Bildung von Switch-Faktoren. Die molekulare Basis des HIM beruht auf einer mangelnden Expression von CD40L, so dass der wichtige Kontakt CD40–CD40L (CD154) unterbleibt.

Somit findet kein Klassenswitch statt und die Plasmazellen bilden vorwiegend IgM.

Beim X-HIM sind nur Männer betroffen, beim ARHIM beide Geschlechter. Beim ARHIM besteht eine Mutation im Gen, das die aktivierbare Cytidindesaminase kodiert. Bei der X-gebundene Form mit hypohydrotischer ektodermaler Dysplasie liegt eine Mutation im Gen des NF-κB essential modifier (NEMO) der CD4+T-Zelle vor, wodurch das B-Zell-Switching abgeschwächt ist.

Klinik: Bakterielle und virale Infektionen des oberen und unteren Respirationstrakts sowie interstitielle Lungenerkrankung, vorwiegend durch Pneumocystis carinii bedingt. Die klinische Symptomatik beginnt im Mittel im 8. Lebensmonat mit Infektionen und Gedeihstörung. Bis zum 20. Lj. entwickeln 75 % der Patienten eine Lebererkrankung. Bis zum 25. Lj. versterben 80 % der Patienten. Den X-HIM-Patienten fehlen in den Lymphknoten die Keimzentren. Die klinische Symptomatik beim ARHIM unterscheidet sich nur wenig vom X-HIM. ARHIM-Patienten haben jedoch eine Hypertrophie des lymphatischen Gewebes sowie der Tonsillen und keine Splenomegalie.

Labordiagnostik: Neutropenie, chronisch, episodisch oder zyklisch, 50 % der Patienten haben erhöhte Aminotransferasen, 5–30 % eine durch Parvovirus B19 bedingte Anämie. Die Konzentrationen der Immunglobuline beim X-HIM betragen in g/l (Mittelwert und Bereich): IgG 1,58 (0–6,5), IgA 0,17 (0–1,23), IgM 3,88 (0,2–20). Beim IgM haben 53 % der Patienten eine Konzentration < 3 g/l, das IgM hat die Tendenz, mit zunehmenden Alter anzusteigen. Nach einer Antigenexposition bilden die Patienten IgM-Antikörper. Die IgE-Antikörper sind eher niedrig. Die ARHIM tendiert im Vergleich zum X-HIM zu höherer IgM-Konzentration.

Definitive Diagnose /24/: Männlicher oder weiblicher Patient mit einer IgG-Konzentration von mindestens 2s unterhalb des Alters entsprechenden Werts und einem der folgenden Befunde: Mutation im Gen CD40L, mütterliche Cousins, Onkel oder Neffen mit bestätigtem X-HIM.

Wahrscheinliche und mögliche Diagnose: Siehe Lit. /24/

IgG Subklassenmangel: Siehe Beitrag 18.10 – IgG-Subklassen

Specific antibody deficiency (SAD) /45/: SAD ist eine primäre Immundefekt-Erkrankung mit normaler Konzentration von IgA, IgM, total IgG und IgG-Subklassen, aber mit wiederkehrenden Infektionen und verminderter Antikörperantwort nach Impfung. Die Infektionen bei SAD sind ähnlich wie bei anderen Immundefekt-Erkrankungen. Der Phänotyp von SAD kann demjenigen der CVID gleichen, jedoch sind bei CVID-Patienten die Konzentrationen von IgG und in der Regel von IgA erniedrigt. Die Antwort auf Pneumokokkenvakzine wird in der Regel vermittels Multiplex bead immunoassays or Enzyme-linked immunosorbent assays bestimmt. Die Centers for Diseaes Control and Prevention empfehlen eine 13-valente Pneumokokkenkonjugat Vaccine (PCV13) und eine 23-valente Pneumokokkenpolysaccharid Vakzine (PPSV23) bei Erwachsenen und mehrere PCV23 Impfungen für Kinder unter 2 Jahren. Eine Serotyp spezifische Konzentration von 1,3 ug/l nach Polysaccarid-Impfung wird als Immunschutz angesehen bezugnehmend auf invasive Erreger einer infektiöse Erkrankung.

Transiente Hypogammaglobulinämie /46/: Die physiologische Hypogammaglobulinämie des Säuglings, die mit dem Abbau der diaplazentar übergetretenen Antikörper im Lebensmonat 2–4 einen Nadir erreicht, kann bei einigen Kindern sehr stark und verlängert sein. Es handelt sich um eine selbst limitierende Erkrankung mit einer Normalisierung im Lebensmonat 18–36. Eine längerfristige Kontrolle der Kinder ist erforderlich, um einen primären Mangel der Immunantwort, z.B. eine CVID, auszuschließen.

Klinik: Gewöhnlich haben Kinder mit einer verzögerten Ig-Bildung Infektionen der oberen Luftwege inklusive einer Otitis media. Die Lungen sind weniger betroffen.

Labordiagnostik: Die Serumkonzentration von IgM ist normal oder erhöht, von IgG und IgA erniedrigt. Die B-Zellzahl im Blut ist normal, ebenfalls die Antigenrezeptoren. Die Immunantwort gegen Proteinantigene ist normal, diejenige gegenüber viralen Antigenen kann abgeschwächt sein.

Tabelle 21.2-7 B-Zellphänotypisierung bei Verdacht auf Störung der B-Zellfunktion /47/

Marker

Zelltyp

Hinweis

IgM+ IgD+ CD27

Naive B-Zellen

IgM+ IgD+ CD27+

Marginalzonen ähnliche B-Zellen

Bei CVID mit granulomatöser Erkrankung vermindert.

IgDCD27+

Geswitchte (Klassen-gewechselte) Memory B-Zellen

Bei CVID meist vermindert, oft enge Korrelation mit Konzentration von IgG.

CD38hiIgMhi

Transitionale B-Zellen

Bei CVID leicht vermindert, bei CVID mit Lymphadenopathie oft erhöht.

CD21low,CD38low, (CD19+++)

Aktivierte B-Zellen

Oft erhöht bei CVID mit Autoimmunerkrankung/Splenomegalie.

CD38+++IgM

Geswitchte (Klassen-gewechselte) Plasmablasten

Bei CVID meist vermindert, bei CVID mit Zytopenie völliges Fehlen.

IgDCD27+

Klassen-gewechselte Gedächtnis B-Zellen und CD38+++IgM Klassen-gewechselte Plasmablasten zeigen eine enge Korrelation.

Tabelle 21.2-8 Formen der Severe combined immunodeficiency (SCID), Frequenz und Vererbungsmodus /5/

Erkrankung

Häufigkeit (%)

Defiziente Zellen

Vererbung

Molekularer Schaden/Defizienz

Retikuläre Dysgenesie

Unter 1

Leukozyten, Thrombozyten, T-, B- und NK-Zellen

Autosomal rezessiv (AR)

Unbekannt

A-Lymphozytose

20

T- und B-Zellen

AR

RAG1/RAG2 oder DCLRE1C (Artemis)

T-Zellmangel

50

T- und NK-Zellen

X-linked

IL-R2-γ-Kette

10

T- und NK-Zellen

AR

Januskinase 3

1

T-Zellen

AR

IL-7Rα

Unter 1

T-Zellen

AR

CD45

Unter 1

T-Zellen

AR

CD3δCD3ε

Adenosin-Desaminase (ADA)-Mangel

10–20

T-Zellen, B-Zellen,

NK-Zellen

AR

Adenosin-Desaminase-Mangel

Purin­nukleosid­phospho­rylase-Mangel

Unter 1

Progressiver Verlust

von T-Zellen

AR

Purin­nukleosid­phospho­rylase-Mangel

Tabelle 21.2-9 Primäre Phagozytosedefizienz: Klinik und Labordiagnostik

Neutropenie: – Kongenitale Neutropenien: Die kongenitalen Neutropenien sind Defizienzen im Lebenszyklus der polymorphkernigen Granulozyten (PMN). Bei der schweren Neutropenie beträgt die Zahl der PMN unter 0,5 × 109/l. Es resultieren schwere bakterielle Infektionen.

– Zyklische Neutropenie /48/: Es handelt sich um eine autosomal dominante Erkrankung, bei der eine zyklische Hämatopoese Intervalle mit einer Neutropenie verursacht. Die Intervalle betragen 3–6 Tage in einer 21-tägigen Periode, jedoch kann ein Zyklusbereich von 14–36 Tagen bei 30 % der Patienten vorliegen. Bei der zyklischen Neutropenie besteht eine Mutation im Gen ELA2, das die Elastase der neutrophilen Granulozyten (PMN) kodiert. Die Mutationen betreffen die katalytische Seite des Enzyms, wodurch Inhibitoren das Enzym schlecht inaktivieren können. Es besteht deshalb ein vermindertes Vermögen dieser PMN, pathogene Erreger abzutöten, es gibt aber keine Verbindung zur Neutropenie.

Klinik: Gewöhnlich sind die Patienten asymptomatisch, jedoch können in dem neutropenischen Zeitraum aphthöse Geschwüre, Gingivitis, Stomatitis auftreten, auch kann sich eine Zellulitis entwickeln. Bestehen abdominale Beschwerden, ist die Gefahr einer Infektion mit Clostridien groß.

Labordiagnostik: Sehr schwere Neutropenie mit einem Nadir der PMN von 0,2 × 109/l für 3–6 Tage in dem jeweiligen Zyklus.

– Schwere kongenitale Neutropenie /48/: Unterschieden wird die X-chromosomal gekoppelte Neutropenie vom M. Kostmann.

  • Bei der X-chromosomal gekoppelten Neutropenie besteht ein Defekt im Gen WAS, es kodiert das WAS-Protein, das ist in die Signaltransduktion von Membranrezeptoren involviert ist.
  • Beim Kostmann Syndrom liegt ein Defekt im Gen HAX1 vor. Das Gen kodiert das gleichnamige Protein, das eine Rolle in der Regulation der Apoptose spielt.

Die schwere kongenitale Neutropenie beginnt im 1. Lj. Es besteht das Unvermögen der Promyelozyten, zu Myelozyten zu reifen.

Klinik: Bakterielle Infektionen mit S. aureus und Baumholderia aeruginosa in Form von perirektalem Abszess, Stomatitis, Peritonitis, Meningitis. Es besteht das erhöhte Risiko eines myelodysplastischen Syndroms.

Labordiagnostik: PMN unter 0,5 × 109/l, oft absolute Erhöhung der Monozyten und Lymphozyten.

– Shwachman-Diamond-Syndrom /48/: Autosomal-rezessive Erkrankung mit zyklischer oder intermittierender Neutropenie, Dysfunktion des Knochenmarks, exokriner Pankreasinsuffizienz, Skelettabnormalitäten und rekurrenten Infektionen. Die Infektionen beginnen im 1. Lj. und betreffen die sinopulmonale Region, den Knochen, die Harnwege und die Haut. 10–25 % der Patienten haben eine Panzytopenie.

Leukozytenadhäsions-Defekte (LAD): Unterschieden werden LAD I und LAD II. Der LAD I beruht auf einem Defekt der β2-Kette des polymorphkernigen Granulozyten (PMN), der LAD II auf einer gestörten Fucosylierung, die z.B. den Liganden der PMN für E-Selectin des Gefäßendothels betrifft (siehe Abb. 19.7-2 – Infiltration von polymorphkernigen Granulozyten (PMN) in einen Infektionsherd und Beitrag 19.7 – Granulozyten-Funktionsprüfung).

Beim LAD I handelt es sich um eine autosomal-rezessive Erkrankung, die auf dem Mangel des Moleküls β2-Integrin auf den PMN beruht. Es gibt drei β2-Integrine mit verschiedenen α-Ketten, aber einer einheitlichen β-Kette (CD18). Mutationen im Gen, das CD18 kodiert, sind die Ursachen des Verlusts von β2-Integrin und der klinischen Symptomatik. PMN mit β2-Integrinmangel aggregieren nicht und adhärieren auch nicht an der Gefäßwand. Klinisch liegen Infektionen der Mund- und Genitalschleimhaut sowie des Respirations- und Gastrointestinaltrakts vor. Infektionserreger sind Enterobacteriaceae, S. aureus und Candida-Spezies.

Dem LAD II liegt ein Defekt in der Fucosylierung der Kohlenhydratseitenketten zu Grunde. Der Verlust von α-1,2-, α-1,3- und α-1,6-Fucosegruppen an Kohlenhydraten führt zur verminderten Adhäsion von PMN. Klinisch bestehen Wachstumsstörung, dysmorphe Gesichtszüge und neurologische Störungen.

Definitive Diagnose /24/: Männlicher oder weiblicher Patient mit verminderter Dichte von CD18-Molekülen (unter 5 % des Normalen) und mindestens einem der beiden Befunde:

  • Mutation im β2-Integrin.
  • Abwesenheit von β2-Integrin-mRNA in Leukozyten.
  • Nachweis eines fucosylierten Oberflächenmoleküls; Blutgruppenantigen Sialyl-Lewis-X (CD15).

Wahrscheinliche Diagnose /24/: Männlicher oder weiblicher Patient mit verminderter Dichte von CD18-Molekülen (unter 5 % des Normalen) und alle der folgenden Befunde:

  • Rekurrende oder persistierende bakterielle oder Pilzinfektionen.
  • Leukozytose über 25 × 109/l.
  • Verzögerter Abfall der Nabelschnur oder defekte Wundheilung.

Mögliche Diagnose /24/: Kind mit deutlicher Leukozytose über 25 × 109/l und einem der folgenden Befunde:

  • Rekurrende bakterielle Infektionen.
  • Schwere tief sitzende Infektionen.
  • Fehlen von Eiter am Infektionsort.

Leukozytensignal-Defekt /48/: Bei Infektionen stimuliert ein Erreger Makrophagen und dendritische Zellen zur Bildung von IL-12, das wiederum NK-Zellen und T-Zellen zur Sekretion von IFN-γ aktiviert (Abb. 21.2-9 – Von Makrophagen gebildetes IL-12 bindet an seinen korrespondierenden Rezeptor an T-Zellen und NK-Zellen und stimuliert die Sekretion von IFN-γ). Die IFN-γ – IL-12-Achse ist besonders wichtig für die Abwehr intrazellulär wachsender Erreger wie Mykobacterium, Salmonella und Listeria. Genmutationen, die zur Veränderung der Ligandenbindung oder der Signalgebung des IFN-γ-Rezeptors führen oder Mutationen im Gen, das den IL-12-Rezeptor kodiert, bewirken eine erhöhte Empfindlichkeit und verminderte Abwehr gegenüber den Erregern.

Klinik: Die wesentlichen Charakteristika der genannten Defekte sind schwere Infekte, die in der frühen Kindheit beginnen. Es handelt sich um disseminierte Infektionen mit atypischen Mykobakterien oder fatale BCG-Infektionen nach Impfung und das Unvermögen, Granulome zu bilden.

Chronische granulomatöse Erkrankung (CGD, D = disease) /48/: Bei den CGD liegt ein Defekt der intrazellulären Abtötung von Bakterien vor. Die normale Antwort der Granulozyten nach Phagozytose ist die intrazelluläre Abtötung der Erreger durch reaktive Sauersoffradikale (siehe auch Beitrag 19.7 – Granulozyten-Funktionsprüfung). Dies geschieht durch Bildung von Hydroxylradikalen und H2O2, die durch eine NADPH-Reduktase gebildet werden (siehe Beitrag 19.2 – Oxidativer Stress). Bei der CGD sind Membran gebundene Phagozyten-Oxidase-Komponenten (phox) durch die Mutation ihrer Gene defekt. Die Membran gebundenen Moleküle gp91phox und p22phox reagieren mit den zytoplasmatischen Molekülen p47phox und p67phox in der Signalgebung (Abb. 21.2-10 – Bildung von Chlorid zur Abtötung von Bakterien durch Phagozyten). Als Folge wird Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase aktiviert, die NADPH generiert (siehe Beitrag 19.7).

Die chronisch-granulomatösen Erkrankungen sind durch rekurrende Infektionen mit Katalase-positiven Bakterien wie Burkholderia (Pseudomonas) cepacia, S. aureus, Nocardia species, Serratia marcescens und Pilzen wie Aspergillus charakterisiert. Durch die Katalase wird das von den PMN gebildete H2O2 zerstört.

Klinik: Rekurrende oder persistierende Infektionen der Weichteile, Lunge und anderer Organe trotz intensiver Antibiotikatherapie. Kinder mit der X-gebundenen Form der Erkrankung (60–70 % der Patienten) sind schwerer betroffen als diejenigen mit autosomal rezessiver Mutation.

Definitive Diagnose /25/: Männlicher oder weiblicher Patient mit pathologischem Nitroblautetrazolium-Test (NBT) oder Respiratory burst-Test von weniger als 5 % des Normalwerts und einem der folgenden Befunde (siehe auch Beitrag 19.7):

  • Mutation im gp91, p22, p47 oder p67phox.
  • Fehlen von mRNA für eines der genannten Gene in der Northern blot-Analytik.
  • Mütterliche Cousins, Onkel oder Neffen mit einem abnormen NBT oder Respiratory burst-Test.

Wahrscheinliche Diagnose /25/: Männlicher oder weiblicher Patient mit pathologischem NBT oder Respiratory burst-Test unter 5 % normal (siehe Beitrag 19.7) und einem der folgenden Befunde:

  • Tiefe Infektionen (Leber, perirektal, Lungenabszess, Adnexitis, Osteomyelitis) durch Staphylokokken, Serratia marcescens, Candida oder Aspergillus.
  • Diffuse Granulome im Respirations-, Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt.
  • Entwicklungsstörung, Hepatosplenomegalie und Lymphadenopathie.

Differentialdiagnose /25/: LAD, Sarkoidose, Hyper-IgE-Syndrom.

Myeloperoxidase (MPO)-Mangel /49/: Polymorphkernige neutrophile Granulozyten haben Subpopulationen von Granula. Die azurophilen Granula enthalten lysosomale Enzyme, darunter die MPO. Dieses Enzym katalysiert die Bildung von Hypochlorsäure (HOCl) aus H2O2 und dem Chloridion. Die HOCl tötet intrazellulär aufgenommene Erreger ab. Der Mangel an MPO geht aber nicht generell mit einer Erkrankung einher. Betroffen durch die Infektion von Haut, Schleimhäuten und der Lunge mit S. aureus, Enterobacteriaceae und Candida sind bevorzugt Diabetiker. Siehe weiterführend Beitrag 19.7.

Chediak-Higashi-Syndrom (CHS) /48/: Das CHS ist eine autosomal rezessive Erkrankung aller Granula haltigen Zellen. Das Gen LYST kodiert ein Protein, das in die Bildung der Vakuolen, deren Funktion und den vakuolären Proteintransport der Granulozyten involviert ist. Als Folge einer Genmutation wird ein defektes Protein kodiert und den Zellen fehlen die Proteine Elastase und Cathepsin G. Es kommt zwar zu einer Leukozytose bei einer Infektion, aber die Diapedese der Granulozyten ist verlangsamt und ihre Funktion abgeschwächt.

Klinik: Rekurrende Infektionen mit S. aureus und β-hämolysierenden Streptokokken, periphere Nervendefekte (Nystagmus, Neuropathie), geringe mentale Retardierung.

Labordiagnostik: Milde Neutropenie, granulahaltige Zellen haben Riesengranula auf Grund einer abnormalen Fusion von azurophilen Granula mit spezifischen Granula; normale Immunglobulinwerte. Siehe auch Kapitel 19.7 – Granulozyten-Funktionsprüfung.

Tabelle 21.2-10 Sekundäre (erworbene) Immundefekte: Klinik und Labordiagnostik

HIV-Infektion /50/: Das HI-Virus gelangt über das CD4-Molekül in T-Helferzellen (CD4+T-Zellen), befällt aber auch Makrophagen und dendritische Zellen. Vergleichbar den anderen Virusinfektionen kommt es zur Vermehrung zytotoxischer CD8+T-Zellen und zur Bildung von Antikörpern. Die Infektion konzentriert sich primär auf die Lymphknoten, diese können aber meist eine Ausbreitung nicht verhindern. Ursache ist die hohe Replikations- und Mutationsrate der Viren, wodurch die Immunerkennung erschwert wird und die Viruslast hoch ist. Mit zunehmender Zerstörung der CD4+T-Zellen nimmt die Immunantwort ab. Die Erkrankung verläuft zyklisch progredient oder kontinuierlich.

Labordiagnostik: Bestimmt wird die Zahl der CD3+T-Zellen, CD4+T-Zellen, CD8+T-Zellen, B-Zellen (CD19), NK-Zellen (CD19, CD56), sowie zur Beurteilung des konkreten Verlaufs CD38 auf CD8+T-Zellen und Th1-, Th2-Zellen. Verhalten der Laboruntersuchungen in verschiedenen Stadien:

  • Frische Infektion; HIV-Antikörpertest negativ, Viruslast hoch, CD4+T-Zellen über 0,5 × 109/l, CD8+T-Zellen über 0,8 × 109/l, normale Gammaglobuline bei Erwachsenen, bei Kindern auch Hypogammaglobulinämie, insbesondere bei Frühgeburten.
  • Latenzphase; HIV-Antikörpertest positiv, Viruslast gering, CD4+T-Zellen über 0,5 × 109/l, CD8+T-Zellen über 0,8 × 109/l, Hypergammaglobulinämie.
  • Lymphadenopathie und Progression; HIV-Antikörpertest positiv, Viruslast gering, CD4+T-Zellen unter 0,5 × 109/l, CD8+T-Zellen über 0,8 × 109/l, Hypergammaglobulinämie.
  • AIDS-related Komplex; HIV-Antikörpertest positiv, Viruslast hoch, CD4+T-Zellen (0,2–0,4) × 109/l, CD8+T-Zellen unter 0,8 × 109/l, Hypergammaglobulinämie, aber verminderte Immunantwort gegenüber bekapselten Bakterien auf Grund eines B-Zelldefekts.
  • AIDS; HIV-Antikörpertest positiv, Viruslast sehr hoch, CD4+T-Zellen unter 0,2 × 109/l, CD8+T-Zellen unter 0,8 × 109/l, Hypergammaglobulinämie, aber verminderte Immunantwort gegenüber bekapselten Bakterien auf Grund eines B-Zelldefekts.

Epstein-Barr Virus (EBV)-Infektion /51/: Die EBV-Infektion kann bei immunkompetenten Personen asymptomatisch verlaufen oder mit einer infektiösen Mononukleose einhergehen. Erhöht sind die NK-Zellen und die CD8+T-Zellen. Es besteht eine Hypogammaglobulinämie, die meist transient, in einigen Fällen aber permanent ist. Bei Patienten mit einem X-gebundenen lymphoproliferativen Syndrom (XLP) entwickelt die Hälfte eine schwere Krankheitsform, ein Drittel eine schwere Hypogammaglobulinämie und ein Viertel ein malignes Lymphom. Die immunologischen Befunde bei XLP zeigen ein umgekehrtes CD4/CD8-Verhältnis, erhöhtes IgA oder IgM, niedriges IgG1 oder IgG3, hohe Virus spezifische Antikörpertiter gegen das Capsid- und das Early-Antigen und niedrige Titer gegen EBNA bei Männern. Bei EBV infizierten XLP-Frauen sind alle EBV-Antikörpertiter niedrig.

Cytomegalie-Infektion: Transiente Verminderung von CD4+T-Zellen und B-Zellen; Hypogammaglobulinämie möglich.

GlukokortikoidE (GCs): Die GCs haben einen immunsuppressiven Effekt auf T-Zellen, B-Zellen und Monozyten/Makrophagen. GCs hemmen die Transkription Zytokin produzierender Gene in diesen Zellen. Gehemmt wird die Bildung von IL-1β, IL-2, IL-3, IL-4, IL-5, IL-6, IL-8, RANTES (Regulated on Activation, Normal T-cell Expressed and Secreted; ein Mitglied der IL-8-Superfamilie), IL-11, TNF-α, Makrophage chemotactic protein (MCP-1), MCP-3, MCP-4, das Macrophage inflammatory protein 1α und Eotaxin /52/. Die GCs wirken über den zytoplasmatischen Glukokortikoidrezeptor der Lymphozyten und Monozyten/Makrophagen. Zur Wirkungsweise siehe Abb. 19.1-14 – Wirkungen der Glukokortikoide.

Die Behandlung mit GCs bewirkt eine Hypogammaglobulinämie. So führt bei Asthmatikern eine kurzzeitige Therapie von im Mittel 8 Tagen mit einer Prednisondosis von 20–250 mg/Tag zu einer Reduzierung von IgG um 20 %, IgA um 17 % und unverändertem IgM innerhalb von 2–4 Wochen nach Beginn der Therapie /53/. Die Langzeitbehandlung mit GCs erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Hypogammaglobulinämie. So hatten bei einer Behandlung mit Prednison über 5 mg täglich und einem Zeitraum von über 2 J. 12 % der Patienten nur eine IgG-Konzentration von 3,2–6,0 g/l. Die Patienten hatten jedoch keine gehäuften Infekte /54/.

Penicillamin /51/: Dieses Antirheumatikum führt bei etwa 5 % der Patienten zu einer Verminderung der Konzentration von IgA und IgG um 5–30 % nach 5-jähriger Behandlung.

Sulfasalazin /51/: Wird bei entzündlichen Darm- und Gelenkerkrankungen eingesetzt und hemmt leicht die T- und B-Zellfunktionen. Bei Arthritistherapie im Zeitraum von 1–10 Jahren kam es zu einem IgA-, IgG-, IgM-Mangel bei 2,9 %, 1,7 % und 4,9 % der Patienten /55/. Eine erhöhte Infektanfälligkeit bestand nicht.

Antiepileptika /51/ – Phenytoin: Eine selektive Verminderung von IgA um etwa 10 % tritt nach 3–4 Monaten auf. Etwa 5 % der Patienten entwickeln einen kompletten IgA-Mangel, der aber reversibel ist. Vereinzelt kommt es zur Panhypogammaglobulinämie mit erniedrigter B-Zellzahl und Infektionen.

– Carbamazepin: Verminderung von B-Zellen, T-Zellen und Verminderung von IgG.

Nephrotisches Syndrom (NS):– Kongenitales NS: Die Neugeborenen haben Serumwerte des IgG von unter 1 g/l, ein kaum messbares IgA und normale oder erhöhte IgM-Werte von 1,5 g/l und höher. Die Ausscheidung des IgG im Urin bei einem Neugeborenen war 0,01–0,065 g/l /56/. Die Hypogammaglobulinämie beruht auf einem Proteinverlust in das Fruchtwasser. Bei intravenöser Gabe von Ig kann der Ig-Abfall über die nächsten Wochen nicht allein über den renalen Verlust erklärt werden, zusätzliche Mechanismen spielen eine Rolle. So soll möglicherweise durch eine T-Zellstörung die Bildung IgG-bildender B-Zellen vermindert sein. Das normale oder erhöhte IgM lassen eine kompensatorisch verstärkte Synthese vermuten. Kinder mit NS haben ein erhöhtes Risiko bakterieller Infektionen, insbesondere mit S. pneumoniae, β-hämolysierenden Streptokokken und Enterobacteriaceae /51/.

– NS des Erwachsenen: Etwa 20 % entwickeln schwere bakterielle Infektionen, vorwiegend mit gram negativen Erregern. Ein Risikofaktor für gehäufte Infektionen sind eine IgG-Konzentration unter 6 g/l und ein Serumcreatinin über 2 mg/dl (176 μmol/l) /57/. Patienten mit Minimal change-Läsionen und fokaler Glomerulosklerose sollen stärker verminderte IgG-Werte haben als Patienten mit anderen Formen des NS /57/.

Dialyse: Patienten mit Hämodialyse haben normale Immunglobulinwerte. Die Berichte über die Antikörperantwort nach Immunstimulation durch Tetanus- oder Diphterietoxin oder Pneumokokkenvakzine sind in der Literatur different /51/.

Immunmangel bei gastrointestinalen Erkrankungen: Bei gastrointestinaler Erkrankung mit Proteinverlust gehen alle Proteine im gleichen Ausmaß verloren. Eine Proteinverlust-Enteropathie kann durch eine primäre oder sekundäre Lymphangieektasie, die Fehlrotation des Dünndarms, kavernöse Hämangiome, M. Crohn, Coeliakie und eine chronische intestinale Pseudoobstruktion bedingt sein. In vielen dieser Fälle kommt es nicht zu einer Hypogammaglobulinämie und vermehrter Anfälligkeit für bakterielle Infektionen /51/.

–Intestinale Lymphangieektasie: Diese kann primär bedingt sein oder sekundär als Folge eines Lymphoms, einer Strahlen bedingten Vaskulitis oder einer konstruktiven Perikarditis. Bei diesen Patienten liegt eine Lymphopenie und Hypogammaglobulinämie vor, da Zellen und Ig in den Darm abgegeben werden. Die Patienten können eine verminderte Mitogen- und Antigen-stimulierte Lymphozytenproliferation haben. Rekurrende bakterielle Infektionen können bestehen /51/.

Morbus Crohn: Hypogammaglobulinämie und erhöhte Infektanfälligkeit sind die Ausnahme.

Maligne Erkrankungen: Maligne Erkrankungen, insbesondere diejenigen des lymphatischen Systems, bewirken einen Immunmangel, der durch Störungen der T- und B-Zell-Immunantwort bedingt ist.

– Chronisch-lymphatische Leukämie (CLL): Die CLL ist durch eine klonale Expansion von CD5+-B-Zellen charakterisiert. Als Folge der B-Zell-Proliferation resultiert eine sekundäre Hypogammaglobulinämie. Die CD5+-B-Zellen sezernieren abnorme Ig. Die CLL-Patienten haben eine erhöhte Inzidenz von Infektionen, speziell mit bekapselten Bakterien. Die intravenöse Ig-Verabreichung wird ab einer IgG-Konzentrationen unter 3 g/l empfohlen, da diese Patienten das höchste Infektionsrisiko haben /58/.

– Multiples Myelom (MM): Verminderung polyklonal synthetisierter Ig durch zunehmende Verdrängung der Plasmazellen durch Myelomzellen. Der Immunmangel geht mit der Erhöhung von CD8, CD11b und Leu-8-positiven T-Zellen einher /59/.

Tabelle 21.2-11 Untersuchungen bei Verdacht auf Immundefizienz und deren Bewertung

Blutbild /12/: Das komplette Blutbild mit absoluter Zellzahl der Leukozytenfraktionen, die Zellmorphologie im Differentialausstrich sowie die Thrombozytenzahl und die Thrombozytengröße sind bedeutsam.

Wichtig ist die Beurteilung der Zellzahl auf Alters spezifische Referenzbereiche für Kleinkinder, Kinder und Erwachsene.

Lymphopenie: Die unteren Grenzwerte für eine Lymphozytopenie sollten bei Kleinkindern bis zu 18 Monaten bei 4,5 × 109/l, von 19–36 Monate bei 3,0 × 109/l und über 3 J. bei 1,5 × 109/l liegen. Bei Erwachsenen beträgt der Grenzwert 1,0 × 109/l /60, 61/. Liegt eine Lymphopenie vor, sollten weiterführend Untersuchungen auf T- und B-Zelldefekte durchgeführt werden. Kinder mit schwerem kombiniertem Immundefekt haben zu 90 % eine Lymphopenie /19/. Auch bei der CVID ist die Lymphopenie häufig. Dazu ist die Bestimmung der Lymphozyten-Subpopulationen erforderlich.

Eosinophilie: Ist mit einer erhöhten Infektneigung verbunden und kann mit einem Immundefekt assoziiert sein, z.B. Hyper-IgE-Syndrom, Omenn Syndrom, Immunfehlregulation, und dem Polyendokrinopathie-Enteropathie-X-linked Syndrom.

Lymphozytose: Sie ist verdächtig auf ein Omenn-Syndrom und andere primäre Immundefekte wie die Leukocyte adhesion deficiency (LAD) und das Hyper-IgE-Syndrom und die Polyendokrinopathie /20/

Thrombozyten: Kleine Thrombozyten sind für das Wiskott-Aldrich-Syndrom charakteristisch.

Immunglobuline (Ig) /21/: Wird ein B-Zelldefekt oder ein kombiniertes Immunmangelsyndrom vermutet, ist die Bestimmung von IgG, IgA, IgM und die Bestimmung von Isohämagglutininen wichtig. Die Bewertung der Befunde zeigen

IgG, IgA, IgM: Die quantitative Bestimmung von IgM, IgG und IgA gibt eine globale Information zur Antikörperbildung. Bei der Beurteilung muss die Altersabhängigkeit der Ig-Werte berücksichtigt werden (siehe Beitrag 18.9 – Immunglobuline). Gewöhnlich zeigt ein normaler IgA-Wert eine normale humorale Immunantwort an und ein nicht messbares IgA ist in der Regel mit einem primären Immundefekt assoziiert. Besteht eine Hypogammaglobulinämie, so ist das nicht der Beweis für einen Immundefekt, der liegt erst vor, wenn spezifische Antikörper nicht gebildet werden. Bei Patienten mit Diarrhoe ist die Albuminbestimmung im Serum ergänzend wichtig zur Prüfung auf einen gastrointestinalen Proteinverlust. Bis zu einer IgG-Konzentration von 4 g/l wird gewöhnlich, ausgenommen selektiver Immunmängel, eine effektive humorale Immunantwort aufrecht erhalten. Bei Patienten mit kombiniertem Immunmangel können die Ig-Werte sehr variabel sein /10/.

Transiente Hypogammaglobulinämie: Wird eine niedrige IgG-Konzentration bei Kleinkindern gemessen, ist eine transiente Hypogammaglobulinämie wahrscheinlich. Diese wird bestätigt durch altersentsprechend normale IgA-Werte und erniedrigte IgG-Subklassenwerte /62/.

X-gebundene Agammaglobulinämie: Kinder über 6 Monate mit diesem Defekt haben eine IgG-Konzentration unter 1 g/l, kein messbares IgM und IgA und keine spezifische Antikörperantwort.

Hyper-IgM-Syndrom: Hohe, selten auch normale IgM-Werte, in Abwesenheit der anderen Ig-Klassen weisen auf dieses Syndrom hin.

IgG-Subklassen: Trotz einer normalen IgG-Konzentration kann ein IgG-Subklassenmangel vorliegen, da IgG1 einen Anteil von 61 %, IgG2 von 30 %, IgG3 von 5 % und IgG4 von 4 % hat (siehe auch Beitrag 18.10 – Immunglobulin G-Subklassen). Die Immunantwort gegen Proteinantigene betrifft generell IgG1-Antikörper, diejenige gegen Polysaccharidantigene die IgG2-Subklasse. Auf Grund der weiten Referenzbereiche der IgG-Subklassen, der Variabilität der verschiedenen Bestimmungsverfahren und der bei Kindern transient auftretenden leichten Verminderungen der IgG-Konzentration wird der Wert der IgG-Subklassenbestimmung kontrovers diskutiert /63/. So besteht zwar eine Korrelation zwischen IgA-Mangel und IgG2-Mangel und eine gestörte Immunantwort auf Polysaccharidantigene (S. pneumoniae, H. influenzae) bei IgG2-Mangel, aber dieser Mangel ist weniger bedeutsam als ursprünglich gedacht /62/. Die Bestimmung der IgG-Subklassen ist nach einigen Autoren nur von Bedeutung beim selektiven IgA-Mangel, da dieser mit einem Fehlen von IgG2 und IgG4 einhergeht /20/.

Spezifische Antikörper /21/: Die Beurteilung einer spezifischen humoralen Immunantwort ist möglich durch Bestimmung der spezifischen Antikörper gegen Tetanus, Diphtherietoxin, Pertussis oder Polysaccharidantigen von H. influenzae bei Personen, die geimpft sind. Sind die Titer jedoch niedrig, sollte eine Impfung mit den eben genannten Antigenen erfolgen. Gemessen werden in einem Untersuchungsgang die Titer vor und 2–3 Wochen nach Immunisierung. Ein Anstieg des Antikörpertiters von ≥ 4fach spricht für eine normale Antikörperantwort und eine Immunisierung des Patienten /64/.

Isohämagglutinine Anti-A, Anti-B: Die natürlichen Antikörper gegen AB0-Blutgruppensubstanzen gehören der Klasse IgM an und werden von Neugeborenen mit einer normalen humoralen Immunantwort gebildet. Abhängig vom Blutgruppentyp haben 70 % der Kinder am Ende des 1. Lj. positive Titer. Bei Erwachsenen ist der Titer in der Regel über 1 : 8. Beachtet werden muss aber, dass Personen der Blutgruppe AB keine natürlichen Antikörper haben.

Hauttest mit Recall-Antigenen: Dieser Test sollte erst dann durch geführt werden, wenn die durchflusszytometrische Untersuchung eine normale Zahl von T-Zellen und eine reguläre T-Zellverteilung ergeben hat. Geprüft wird die funktionelle Kompetenz der T-Zellen mittels Beurteilung der verzögerten Hypersensitivität durch Hauttestung. Die Durchführung erfolgt entweder mit dem Multitest Merieux oder durch intradermale Injektion von Antigenen wie Tetanustoxin, Candida albicans, Diphtherietoxin, Mumpsvirusextrakt und Tuberkulin. Eine funktionelle Kompetenz gegen ein Antigen liegt vor, wenn bis maximal 48 h nach Injektion sich eine Induration von mindestens 5 mm gebildet hat /65/. Nonresponder haben entweder einen zellulären Immundefekt, eine Anergie oder nehmen Kortikosteroide ein.

Phänotypisierung der Lymphozyten: Die quantitative Bestimmung der Subpobulationen von Lymphozyten erfolgt flowzytometrisch. Bestimmt werden pan-T-Zellen (CD3+), MHC-I-restringierte zytotoxische T-Zellen (CD8+), MHC-II-restringierte T-Helferzellen (CD4+), B-Zellen (CD19, CD20) und NK-Zellen (CD56). Die T-Zellzahlen für Erwachsene betragen: CD3+ (0,5–1,8) × 109/l, CD4+ (0,3–1,3) × 109/l, CD8+ (0,1–1,0) × 109/l, CD19 (0,06–0,4) × 109/l /14/. Bei Kindern ist die Zahl der CD4+-Zellen und der CD19-Zellen im 1. Lebensmonat etwa doppelt so hoch wie bei Erwachsenen, fällt dann kontinuierlich ab und erreicht im 3. Lj. Erwachsenenwerte. Die 5. Perzentile für Kinder unter 1 J. beträgt bei den CD4+-T-Zellen 1,5 × 109/l. Bei den CD8+-T-Zellen ist es umgekehrt, sie sind bei Geburt niedrig, steigen dann kontinuierlich an und erreichen ebenfalls im 3. Lj. Erwachsenenwerte. Das Verhältnis CD4/CD8 ist also hoch im frühen Kindesalter und fällt von einem mittleren Wert von 2,2 bei Geburt auf etwa 1,6 im 3. Lj. ab /60/. Die NK-Zellen (CD56) sind bei Geburt hoch und fallen kontinuierlich ab und erreichen im 7. Lj. Erwachsenenwerte /60/. Die prozentuale Verteilung der Lymphozyten ist: T-Zellen 60–80 %, B-Zellen 15–20 %, NK-Zellen 5–10 %. Liegt der B-Zellanteil unter 2 %, sind Untersuchungen auf eine BTK (Bruton Tyrosinkinase)-Mutation, Abnormalitäten im B-Zellrezeptor oder zur intrazellulären Signalgebung erforderlich.

X-linked Agammaglobinämie: Abwesenheit von B-Zellen bei normaler Ig-Konzentration in den ersten Lebensmonaten weist bei männlichen Patienten auf diesen Defekt hin.

Thymom: Keine reifen B-Zellen, Ig vermindert.

T-Zellfunktion /64/: Zur Bestimmung der T-Zellfunktion werden Verfahren wie der Lymphozytenproliferations-Test und der Lymphozytentransformations-Test eingesetzt. Lymphozyten des Patienten werden mit Mitogenen wie Concanavallin A (ConA), Phythämagglutinin (PHA) und Pokeweedantigen (PWA) zur Proliferation und somit DNA-Synthese stimuliert. Das Ausmaß der Stimulation wird entweder über den Einbau von radioaktiv markiertem Thymidin (Proliferationstest) oder die Transformation der Lymphozyten in blastäre Zellen (Transformationstest) verfolgt. Mit diesen Tests wird nur die potentielle Stimulierbarkeit der Zellen erfasst, nicht aber ihre Effektorfunktion und Dysregulation. Auch ist es möglich, vermittels der Lyphozytenproliferation oder -transformation im begrenzten Rahmen Funktionen der Antigenerkennung zu prüfen. Über PWA kann die T-zellabhängige B-Zellantwort geprüft werden, über Epstein-Barr-Virus die T-Zell-unabhängige B-Zell-Funktion /7/. Eine gute Aussagekraft haben auch Zytokinbestimmungen. Diese erfolgen entweder flowzytometrisch intrazellulär oder aus Kulturüberständen mittels Immunoassays (siehe auch Kapitel 20 – Zytokine und Zytokinrezeptoren). Eine abwesende oder niedrige proliferative Antwort weist auf einen zellulären oder kombinierten Immundefekt hin.

Phagen- und Komplement: Zu Defekten der Phagenfunktion siehe Beitrag 19.7 – Granulozyten-Funktionsprüfung und zur Komplementfunktion siehe Kapitel 23 – Atopie und Allergie.

Tabelle 21.2-12 Prävalenz (%) autoimmuner Erkrankungen beim primären Immunmangel /3/

Autoimmun-erkrankung

IPEX

APECED

ALPS

X-linked

CD40 def.

AID def.

CVID

IgA def.

WAS

NEMO def.

XLA

SLE

 

 

 

 

 

1–3

0–1

 

 

 

Vaskulitis

 

2–3

 

 

 

1–2

 

20–29

 

 

Sjögren’s syndrome

 

12

 

 

 

1–10

0–1

 

 

 

Rheumatoide Arthritis

 

 

4

11

3

1–4

3–5

20–29

3

15–20

Psoriasis

 

 

 

 

 

 

3–4

 

 

 

Sarkoidose

 

 

 

 

 

 

2–4

 

 

 

AIH

30

2

29–39

2–3

3

2–3

2–3

15–36

1

 

AIT

14

 

23–34

 

3

3–8

0.5

 

 

 

AIN

 

 

18–19

> 60

 

1

 

25

 

 

Type 1 Diabetes

73

2–20

 

 

3

 

 

 

 

 

Autoimmune Schilddüsenerkr.

16–28

2–11

 

 

 

1–3

3–7

 

 

 

Autoimmuner Hypopara-thyreoidismus

 

76–93

 

 

 

 

 

 

 

 

M. Addison

 

70–100

 

 

 

 

 

 

 

 

Glomerulonephritis

 

 

3–14

 

 

 

1

4

 

 

Autoimmune Hepatitis

 

20

 

6–20

7

1

1

 

 

 

Inflam. bowel disease

 

 

 

2

 

6–10

0–1

9

21

 

Coeliakie

 

 

 

 

 

0–1

1–4

 

 

 

Autoim. Enteropathie

97

10

 

 

3

 

 

 

 

 

Perniziöse Anämie

 

13–15

 

 

 

1–9

1–2

 

 

 

Alopecie

 

32–37

 

 

 

2–4

 

 

 

 

Vitiligo

 

8–13

 

 

 

0–13

1–4

 

 

 

Andere autoimmune Erkrankungen

62

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Guillain-Barré

Syndrom

 

 

1–3

 

 

 

 

 

 

 

AIH, autoimmune hämolytische Anämie; AIT, autoimmune Thrombozytopenie; AIN, autoimmune Neutropenie; def., Mangel; IPEX, Immune Dysregulation, Polyendokrinopathie, Enteropathy, X-linked syndrome; APECED, Autoimmune Polyendocrinopathie-Candidiasis-Ectodermale Dystrophie; ALPS, Autoimmunes lymphoproliferatives Syndrom; AID, Acquired immune deficiency syndrome; CVID, Common variable immunodeficiency syndrome; WAS, Wiskott-Aldrich Syndrom; NEMO, Nuclear factor kappa essential modulator; XLA, X-linked Agammaglobulinämie

Phagozytose Pathogen InflammatorischeZytokine Th1 Angeborene Immunität Erworbene Immunität Dendritische Zelle/Makrophage IL-4 IFN-γ KostimulatorischeMoleküle Antigen-präsentation TLR Th0 Th2

Abbildung 21.1-1 Erkennung von Pathogenen durch dendritische Zellen und Makrophagen durch Toll-like Rezeptoren (TLR). Der TLR erkennt ein Pathogen und induziert die Expression von kostimulatorischen Molekülen und inflammatorischen Zytokinen. Es erfolgt dann die Antigenpräsentation gemeinsam mit den kostimulatorischen Molekülen an naive Th-Zellen (Th0). Auf diesem Wege bezieht die angeborene Immunität die erworbene Immunität in die Abwehr mit ein. Modifiziert nach Lit. /6/.

„Reißverschlussmechanismus” „Clearance” von Immunkomplexen PhagolysosomFc-Rezeptor Fc-RezeptorKomplement-Rezeptor (C3) 1. Unspezifische Phagozytose (Fremdkörper, Mikroorganismen) 2. Phagozytose über den Fc-Rezeptor (Opsonisation, Immunkomplexe)

Abbildung 21.1-2 Unspezifische Phagozytose eines Mikroorganismus vermittels Rezeptoren des Komplementsystems oder Fc-Rezeptoren von Immunglobulinen und Prinzip des Reißverschlussmechanismus.

T-Zell-Antigen-Rezeptor Antigen-präsentierendeZelle T-Helfer- Zelle MHC-Klasse II-Protein MHC-Klasse II-Protein Antigen-Rezeptor Virus-Antigen Virus-infizierteZelle Zytotoxische T-Zelle MHC-Klasse I- Protein MHC-Klasse I-Protein Antigen

Abbildung 21.1-3 T-Zellen wird Antigen präsentiert.

Oberes Bild: Präsentation eines Antigens (Peptid) durch eine Antigen-präsentierende Zelle (dendritische Zelle/Makrophage). Das Antigen wird der T-Helferzelle durch ein MHC-Klasse-II-Molekül dargeboten.

Unteres Bild: Präsentation eines Antigens (Peptid) durch eine Antigen-präsentierende Zelle (Makrophage, dendritische Zelle). Das Antigen wird der zytotoxischen T-Zelle durch ein MHC-Klasse-I-Molekül dargeboten.

A B

Abbildung 21.1-4 Struktur inhibitorischer Rezeptoren von NK-Zellen. Die Lectin-ähnlichen Rezeptoren sind bei A, die Immunglobulin-ähnlichen unter B dargestellt. Intrazellulär besitzen die Moleküle Immunoreceptor-based inhibition motifs (ITIMs) mit Phosphorylierungsstellen für die Signalübertragung. Mit freundlicher Genehmigung nach Lit. /15/.

Killerzelle Zielzelle Hemmender Rezeptor Aktivierender Rezeptor Beliebiges Molekül MHC-Klasse I-Molekül

Abbildung 21.1-5 Aktivierendes und inhibierendes Rezeptorsystem der NK-Zelle zur Behandlung einer Zielzelle. Der Killer aktivierende Rezeptor bindet an ein Oberflächenmolekül der Zielzelle, der Killer hemmende Rezeptor an ein MHC-Klasse-I-Molekül der Zielzelle. Erfolgt ein Signal von der Zielzelle über den inhibierenden Rezeptor, bleibt die Lyse der Zielzelle aus. Erfolgt kein Signal oder sind die MHC-Klasse- I-Moleküle herunter geregelt, wie bei Tumorzellen oder Virus infizierten Zellen, so wird die Zielzelle aufgelöst.

Virus Virale RNS, DNS, Protein Bakterien, Pilze + Produkte Virus-infizierteZelle NK-Zelle Bakterien,Pilze Bakterien, Pilze,Chlamydien,Envelopeviren Gram-negativeBakterien,Envelopeviren AntimikrobiellePeptide ZirkulierendePhagozyten Epithel-zelle Komplement(AP, MBLP) Zielorganismus Effektor Aktivierungssignale Initialer Kontakt Mikroben + Produkte Chemokine Endothel-zelle TLR TLR IL-12 TNFαIL-1 C3b C5a MAC (C5b-C9) Virus-infizierte Zelle

Abbildung 21.1-6 Angeborene Immunität: Antworten nach dem Erstkontakt mit Mikroben und ihren Produkten. Modifiziert nach Lit. /5/. AP, alternativer Komplementweg; IL-1, Interleukin-1; MAC, Membranangiffskomplex; MBLP, Mannose-bindender Lectinweg (siehe auch Abb. 23-1 – Ausprägung des allergischen Phänotyps in verschiedenen Lebensabschnitten); Mφ, Makrophage; TNF-α, Tumornekrosefaktor-α; TLR, Toll-like receptor.

MHC CD8 T-Zell-Rezeptor T-Zelle T-Zelle CD4 Kortikale Epithelzelle CD8 oder CD4 T cell Negative Selektionund Aptoptose Kortikale Epithelzelle CD8 oder CD4 MHC Antigen T-Zell-Rezeptor Apoptose CD8 oder CD4 Positive Selektion Positive Selektion,aber Apoptose Überleben undAbgabe in dieZirkulation Thymuscortex mit kortikalen Epithelzellen Thymusmedulla mit dendritischen Zellenund Makrophagen T cell T cell

Abbildung 21.1-7 Selektion von T-Zellen im Thymus. Die Rezeptoreinheit der T-Zelle besteht aus den MHC-Molekülen CD3, CD4 und den α/β-Ketten des T-Zellrezeptors (CD4-Zellen), bei den CD8-Zellen ist das MHC-Molekül CD8 präsent (siehe auch Abb. 21.1-10). Die Selektion der T-Zellen findet im Cortex (linke Bildseite) und der Medulla (rechte Bildseite) des Thymus statt.

– Negative Selektion (unten links): T-Zellen, die Rezeptoren mit einer variablen Affinität zur Bindung von Selbst (MHC)-Antigen haben, werden von kortikalen Thymusepithelzellen selektiert. Viele dieser Zellen haben eine hohe Affinität zu einem Selbstpeptid und Selbst (MHC)-Molekül und sind autoreaktiv. Nach der Interaktion mit Makrophagen oder dendritischen Zellen in der Medulla des Thymus fallen sie der Apoptose anheim.

– Positive Selektion: T-Zellen mit nur schwacher Affinität zu einem Selbstpeptid und Selbst (MHC)-Molekül werden auf Reaktivität gegenüber Fremdantigen in der Thymusmedulla geprüft und überleben, wenn sie die erforderliche Spezifität besitzen.

Knochenmark Stammzelle Pro-B-Zelle Pro-B-Zelle Naive B-Zelle (unreif) Pre-BCR IgM + IgD IgM IgD low CD21 hi CD23 IgM hi IgD hi CD21 hi CD23 + IgM low IgD hi CD21 hi CD23 + IgM hi IgD low CD21 low CD23 Naive Marginalzonen B-Zelle (B1-Zelle) Milz Naive langlebige follikuläre B-Zelle(B2-Zelle) T2-B-Zelle T1-B-Zelle

Abbildung 21.1-8 Antigen unabhängige Entwicklung von B-Zellen und ihrer Rezeptoren. Die Entwicklung der oberen Zellreihe erfolgt im Knochenmark. Die naive, unreife B-Zelle reift dann in der Milz über die Transitional Stages T1 und T2 weiter. Ein kleiner Teil der B-Zellen wandert in die marginale Zone der Milz und wird zur naiven Marginalzonen B-Zelle (B1-Zelle). Der größte Anteil migriert in Milzfollikel und wird zur langlebigen naiven follikulären B-Zelle (B2-Zelle). Modifiziert nach Lit. /17/.

Stamm-zelle Pro B-Zelle PräB-Zelle unreife B-Zelle reife B-Zelle aktivierte B-Zelle Plasmazelle Class-switch Antigen-unabhängig Antigen-abhängig IgM IgG IgA IgE

Abbildung 21.1-9 Klassenswitch-Rekombination nach Kontakt der B2-Zelle mit einem Antigen.

Prä-B-Zelle B-Zelle C κ oder C λ V κ oder V λ V prä H V H V s C μ C μ Fab L L H H CDRs Fc

Abbildung 21.1-10 Struktur des reifen und unreifen B-Zellrezeptors (BCR). Die Prä-B-Zelle exprimiert eine primitive Version des BCR. Sie besteht aus zwei Schwerketten (H) mit jeweils einer konstanten (Cμ) und variablen Region (VH) und Surrogatleichtketten (Vs). Bei der reifen B-Zelle sind die Surrogatleichtketten durch die endgültigen Leichtketten des Typs Kappa oder des Typs Lambda, die eine konstante Region (Ck) und eine variable Region (Vk) haben, ersetzt. Die variablen Regionen der H- und L-Kette enthalten drei hypervariable Complementary determing regions (CDRs), die Kontakt mit dem Antigen aufnehmen. Das reife IgM-Molekül wirkt als B-Zellrezeptor, entweder allein oder in Kombination mit einem IgD-Rezeptor gleicher Spezifität. Modifiziert nach Lit. /7/.

T-Zelle Prä-T-Zelle Prä-T V β C β V β C β V α C α

Abbildung 21.1-11 Struktur des reifen T-Zellrezeptors (TCR)und des Prä-T-Zell-TCR. Der Prä-T-Zell-TCR und der reife TCR bestehen aus einer β-Kette mit einer konstanten Region (Cβ) und einer variablen Region (Vβ), sowie aus einer α-Kette. Die α-Kette der Prä-T-Zelle (links) wird in der reifen Zelle (rechts) durch eine Kette mit konstanter Region (Cα) und variabler Region (Vα) ersetzt. Modifiziert nach Lit. /7/.

Gentranskription Zytoplasma Nucleus T-Zell-Rezeptor (TCR) Kostimulatorische Proteine ITAM ZAP p59 fyn p56 lck CD4 CD28 CD154 Tau Tau CD3 CD3 V α V β C α C β

Abbildung 21.1-12 Aktivierung des T-Zellrezeptors (TCR) von CD4+T-Helferzellen, bestehend aus der Antigen-Erkennungseinheit, den allen T-Zellen gemeinsamen CD3-Molekülen, dem CD4-Molekül, den τ-Ketten-Transduktionsmolekülen und den kostimulatorischen Proteinen CD28 und CD154. Zytotoxische T-Zellen haben anstatt des CD4-Moleküls ein CD8. CD3 trägt den zytoplasmatischen Immunrezeptor Tyrosin-based Activation Motifs (ITAM), der von Proteinkinasen wie p56Ick, p59fyn und ZAP-70 phosphoryliert wird. Zu Beginn der Aktivierung wird p56Ick auch an CD4 bzw. CD8 gebunden. Bei Bindung von Antigen wird ein Signal in Richtung Zellkern ausgelöst, das dort die Transkription von Genen bewirkt mit der Folge einer Proliferation und Differenzierung des Lymphozyten. Modifiziert nach Lit. /19/.

T-Zelle Zytokine CD28 B7 APC MHC TCR

Abbildung 21.1-13 Vereinfachtes Modell der Antigenpräsentation. Die Antigen-präsentierende Zelle (APC) bietet vermittels eines MHC-Moleküls dem Rezeptor der T-Zelle (TCR) ein Antigen dar. Zur Aktivierung des Lymphozyten werden diesem von der APC über das B7-Molekül kostimulatorische Signale auf das CD28-Molekül übermittelt. Weiterhin ist eine Kostimulation durch Zytokine erforderlich. Zwei Signale sind zur Immunaktivierung notwendig, die Antigenpräsentation und die Kostimulation. Findet letztere nicht statt, führt dies zur Anergie oder Deletion der T-Zelle.

Th1-Zelle Zytotoxische T-Zelle Infizierte Zelle Virus Abtötung der virus-infizierten Zelle Klasse I-MHC-Molekülmit viralem Peptid Interferon-γInterleukin-2 TCR

Abbildung 21.1-14 Immunantwort der Th1-Zelle zur Abtötung einer Virus infizierten Körperzelle. Durch die Sekretion von Interferon-γ (IFN-γ) und Interleukin-2 (IL-2) wird eine zytotoxische Zelle zur Abtötung eines Virus aktiviert. Modifiziert nach Lit. /19/.

Makrophage Th1-Zelle Virus Virales Antigen MHC-Klasse II-Molekül Interferon-γInterleukin-2

Abbildung 21.1-15 Immunantwort der Th1-Zelle zur Abtötung eines Virus im Makrophagen. Durch die Sekretion von Interferon-γ (IFN-γ) und Interleukin-2 (IL-2) wird der Makrophage zur Abtötung des inkorporierten Virus aktiviert. Modifiziert nach Lit. /19/.

Interleukin-4, 5, 6, 13 Antigen Aufnahme von Bakterien Dendritische Zelle Ig Fcγ-Rezeptor Antigen B-Zelle CD4 Th2-Zelle

Abbildung 21.1-16 Immunantwort der Th2-Zelle. Dieser wird das Antigen von einer dendritischen Zelle angeboten. Die Th2-Zelle reicht das Antigen an die B-Zelle weiter und stimuliert diese zur Antkörperbildung durch Sekretion von Interleukin 4 (IL-4), IL-5, IL-6 und IL-13. Die B-Zelle reagiert auch direkt mit einem Antigen, das ihr in Form eines Immunkomplexes im Keimzentrum eines sekundären Lymphorgans (Lymphknoten, Milz, Peyersche Plaques) angeboten wird.

Makrophage NK-Zelle Abtötung virusbefallener Zellen durch zytotoxische T-Zellreaktion Macrophagenaktivierung Abwehr extrazellulärer Erreger durch Antikörperbildung IgE- und Eosinophilen-vermittelte Abtötung extrazellulärer Parasiten IL-12 IL-4 ThP Th0 Th2 Th1 TGF-γ IFN-γIL-2TNF-β IL-4IL-5IL-6IL-13

Abbildung 21.1-17 Entwicklung und Funktion der Th1- und Th2-Zellen. Sie bilden sich aus einer intermediären Th-Zelle (Th0) nach Stimulation durch Zytokine. Die Th0-Zelle wird aus der Vorläuferzelle (ThP) gebildet. Die Th1- und Th2-Zellen entstehen unter dem Einfluss von Schlüsselzytokinen; IL-4 fördert die Bildung von Th2-Zellen. IL-12 und Interferon-γ (IFN-γ) stimulieren die Bildung von Th1. Bei Infektion stimuliert von Makrophagen freigesetztes IL-12 die Natural Killer (NK)-Zellen zur Bildung von IFN-γ und zur Ausbildung von Th1-Zellen.

lgG, lgA, lgM niedrig Antigen-spezifisches lgG Niedrig B-Zellen vorhanden Keine B-Zellen Transienter Ig-Mangel bei Kindern Normal CVID? CVID XLA

Abbildung 21.2-1 Differenzierung des Antikörpermangels bei niedriger Konzentration der Immunglobuline. CVID, Common variable immuno deficiency. Modifiziert nach Lit. /65/.

Antigen-spezifischer Defekt Keine defektehumorale Immunantwort Antigen-spezifisches lgG IgG, IgA, IgM und IgG-Subklassen normal Normal Niedrig

Abbildung 21.2-2 Differenzierung des Antikörpermangels bei normaler Konzentration der Immunglobuline. Modifiziert nach Lit. /65/.

Antigen-spezifi- sches IgG niedrig IgM-Mangel IgM niedrigIgG, IgA normal IgG-SubklasseniedrigIgM, IgA normal IgA niedrigIgG, IgM normal IgA-Mangel IgG-Subklassen-Mangel Antigen-spezifisches IgG niedrig Selektive Verminderung von Ig-Klassen

Abbildung 21.2-3 Differenzierung des Antikörpermangels bei selektiver Verminderung von Immunglobulinklassen. Modifiziert nach Lit. /65/. CVID, Common variable immunodeficiency syndrome; XLA, X-linked agammaglobulinemia.

Monoklonale Gammopathie Selektive Erhöhung von IgG-Subklassen Serumprotein-Elektrophorese Polyklonale Gammopathie IgM hoch/normalIgG, IgA niedrig Antigen-spezifisches lgGniedrig Hyper-IgM- Antikörpermangel M-Gradient

Abbildung 21.2-4 Differenzierung des Antikörpermangels bei selektiver Erhöhung von Immunglobulinklassen. Modifiziert nach Lit. /65/.

Stufe 1: Allgemeine Untersuchungen Stufe 2a: T-Zelluntersuchungen (in vivo) Stufe 2b: T-Zelluntersuchung (in vitro) Stufe 3: B-Zelluntersuchung (in vitro) Stufe 4: Stufe 5: Spezielle Tests – Molekularbiologische Untersuchung – Kompelementuntersuchung Phagozytosetest Normal oder abnormal – IgG-Subklassen bei IgA-Mangel – Isohämagglutinine, Immunisierung Abnormal Abnormal – Phänotypisierung der Lymphozyten – Lymphozytenproliferationstest – Thoraxrönten (Thymus) – Hauttest auf verzögerte Reaktion Abnormal (oder normal) beistarkem Verdacht auf T-Zell-oder kombinierten Defekt – Blutbild und Differentialausstrich – Quantitative lg-Bestimmung

Abbildung 21.2-5 Stufenweises Vorgehen bei Verdacht auf einen Immundefekt, modifiziert nach Lit. /12/. Sind die Untersuchungen nach den Stufen 1, 2a, 2b, 3 und 4 normal, kann zu über 95 % ein angeborener Immundefekt ausgeschlossen werden.

Harn-säure Hypoxanthin Guanin Desoxyinosin Desoxyadenosin Adenosin Inosin Deoxyguanosin Guanosin Ribonucleotid-Reduktase dADPdGDPdUDPdCDP ADPGDPUDPCDP dATP dGTP GTP dGK HGPRT PNP ADA

Abbildung 21.2-6 Degradation und Rückgewinnung von Purinen. Die drei Wege der Rückgewinnung von Purine werden von den Enzymen Adenosindesaminase (ADA), Purinnukleosidphosphorylase (PNP) und der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase (HGPRT) katalysiert. Von den vier Substraten wird nur Desoxyguanosin zu Desoxyguanosintriphosphat (dGPT) phosphoryliert, und zwar durch die Desoxyguanosinkinase (dGK). dGPT und dATP verhindern über eine Hemmung der Ribunukleotidreduktase die Neusynthese von Desoxynukleotiden (dADP usw.) aus Nukleotiden (ADP usw.). Der Mangel an PNP hat zur Folge:

– Die Anhäufung von Desoxyguanosin und dessen Phosphorylierung zu dGPT.

– Eine mangelnde Synthese von Guanin und Harnsäure, aus der eine verstärkte Synthese von Purinen resultiert, da es der HGPRT an ihrem Substrat Guanin mangelt.

ADP, GDP, UDP, CDP sind Nukleotide, dADP usw. sind die korrespondierenden Desoxynukleotide.

Mit freundlicher Genehmigung, modifiziert nach Lit. /66/.

Zytokinrezeptor Zellkern Antigenrezeptor CD154(CD40-Ligand) SLAM CD3 CD4 γ ε p56 lck JAK3 WASP ATM ZAP-70 NFAT SH2D1A δ α ε τ τ β γ α β

Abbildung 21.2-7 Aktivierte CD4+T-Zelle mit Antigen- und Zytokinrezeptor. Die mit X gekennzeichneten Proteine sind Mutanten mit bekannten angeborenen Immundefekten. α, β, γ, δ, ε, τ sind Moleküle des Antigenrezeptors und α, β, γ des Zytokinrezeptors. ZAP-70, Zetaketten-assoziiertes Protein 70; WASP, Wiskott-Aldrich-Syndrom-Protein; JAK3, Januskinase 3; p56lck, Proteinkinase; CD154, kostimulatorisches Molekül; SLAM, Signaling lymphocyte molecule; SH2D1A, SLAM-associated protein; NFAT, Nuclear factor of activated T-cells; ATM, Ataxia teleangiectatica-Mutation /3/. Siehe auch Beitrag 21.1.6 – Erworbene Immunantwort.

T-Zelle Rezeptor Antigen MHC-Klasse II B-Zelle Switch- Aktivierung Aktivierungvon ε-Rezeptor IL-4-Rezeptor CD 154 CD 40 CD 28 B 7 IgE IgM Allergen

Abbildung 21.2-8 Kollaboration von B-Zelle und T-Zelle zur Synthese IgE-spezifischer Antikörper durch einen Ig-Klassenswitch. Die B-Zelle präsentiert dem Antigenrezeptor der T-Zelle ein Allergen über ein MHC-Klasse-II-Molekül. Die T-Zelle exprimiert nun das Molekül CD154 (CD40-Ligand), das Kontakt mit dem CD40-Molekül der B-Zelle aufnimmt. Die B-Zelle wiederum exprimiert das B7-Molekül, welches mit dem CD28-Molekül der T-Zelle kontaktiert und kostimulatorisch wirkt. Die T-Zelle antwortet mit der Sekretion von IL-4, welche die B-Zelle aktiviert, einen isotypischen Switch zur IgE-Synthese durchzuführen. Bei mangelnder Expression von CD154 findet kein isotypischer Switch statt. Modifiziert nach Lit. /30/.

T-Zelle NK-Zelle Makrophage Interleukin-12 IFN-γ-Rezeptor IFN-γ-Rezeptor- Ligand-Bindungskette IFN-γ-Rezeptor- Signalkette IFN-γ IFN-γ IFN-γ β 1 -Kette β 2 -Kette TNF-α 2H 2 O + O 2 2H 2 O 2 p40 p35

Abbildung 21.2-9 Von Makrophagen gebildetes IL-12 (Dimer von p35 und p40) bindet an seinen korrespondierenden Rezeptor an T-Zellen und NK-Zellen, die dadurch zur Sekretion von IFN-γ stimuliert werden. Makrophagen binden IFN-γ, wodurch es zu einer Quervernetzung von Ketten des IFN-γ-Rezeptors kommt. Als Folge resultieren eine Aktivierung des Makrophagen und die Bildung von H2O2 und TNF-α. Modifiziert nach Lit. /48/.

Glucose-6-phosphat P 6-Phosphoglucolacton Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase Elektron Zellkern Zytoplasma Zellaktivierung NADPH-Oxidase OH H NADP + NADPH + H + H 2 O 2 O 2 SOD H 2 O 2 MPO, CI HOCI CI 2 p22 phox gp91 phox p47 phox p67 phox p47 phox p22 phox gp91 phox p67 phox P O

Abbildung 21.2.10 Bildung von CL2 zur Abtötung von Bakterien durch Phagozyten. Die Membran gebundenen Phagozytosekomponenten (phox), das 91 kD-Glykoprotein gp 91phox und das 22 kD-Protein p22phox interagieren mit den zytoplasmatischen Proteinen p47phox und p67phox in der Signalgebung zur Aktivierung der Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase. Diese wandelt Glucose-6-phosphat in 6-Phospho-glucolacton um und generiert NADPH und H+. Die NADPH-Oxidase katalysiert die Umsetzung von H2O2 zum O2-Radikal, das dann durch die Superoxiddismutase (SOD) in H2O2 umgesetzt wird. Die Myeloperoxidase (MPO) der neutrophilen Granulozyten wandelt H2O2 in HOCl um, aus der CL2 gebildet wird. Bei einem Defekt der Gene der Phagozytosekomponenten läuft dieser Vorgang nicht mehr ab, da von intrazellulär kein Signal erfolgt.

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