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Eisen­stoff­wechsel

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7.1 Eisenstoffwechsel und -störungen

Lothar Thomas

7.1.1 Eisen, ein essentielles Element

Eisen ist das zweit häufigste Metall der Erde und ein Übergangselement, das leicht Elektronen abgibt und aufnimmt. Eisen kann in die Oxidationsstufen von –2 bis +6 wechseln. In biologischen Systemen ist der Wechsel beschränkt auf die Oxidationsstufen Ferro (+2), Ferri (+3) und Ferryl (+4). Bei der Umwandlung in die verschiedenen Oxidationsstufen werden nicht nur Elektronen weitergegeben, sondern es können auch reversible Verbindungen mit Liganden eingegangen werden. Das ist möglich auf Grund des nicht besetzten δ-Orbitals.

Fe2+ und Fe3+ werden gewöhnlich als Abkürzungen für die hydratisierten Ionen [Fe(H2O6)]2+ und [Fe(H2O6)]3+ verwendet. Die Bindung an Eisen führt zu einer Zunahme der Azidität von Wasser. Dieser Effekt nimmt mit der Ladung des Eisenions zu: Der pKa des an Fe3+ gebundenen Wassers ist 2, während derjenige des Fe2+ gebundenen Wassers 7 ist. Unter physiologischen Bedingungen sind Fe3+ auf Grund der Bildung von polynukleären hydroxo verbrückten Komplexen unlöslich. Löslichkeit zeigen Fe2+, die aber mit Wasserstoffperoxid Hydroxyl-Radikale (HA) bilden nach der Fenton Reaktion:

Fe2+ + H2O2

→ Fe3+ + OH· +OH

Fe3+ + HA

→ Fe2+ + A· + H+

Die bevorzugten biologischen Liganden des Eisens sind Sauerstoff-, Stickstoff- und Schwefelatome /1/. Freies Eisen ist toxisch, Fe3+ stärker als Fe2+ Deshalb ist Eisen im Organismus immer organisch gebunden. Intrazellulär liegt Eisen in zweiwertiger Form vor, extrazellulär in dreiwertiger.

Eisen ist in eine Reihe biologisch wichtiger Reaktionen wie den Sauerstoff- und Elektronen-Transport involviert und es ist das Substrat für Oxidations- und Reduktions-Reaktionen.

Wesentliche Proteingruppen, bei denen Eisen als prosthetische Gruppe eines Enzyms in Form des Häm und seiner Derivate, als Eisen-Schwefel-Komplex oder gebunden an Aminosäuren vorliegt, sind /1/:

  • Hämoproteine wie Hämoglobin (Hb) und Myoglobin. Es handelt sich um Proteine, die O2 zu den terminalen Oxidasen in den Mitochondrien transportieren. Ferner das im Porphyrinring enthaltene Eisen, entweder als prosthetische Gruppe von Hb im Erythrozyten oder des Myoglobins in der Muskelzelle. Im Porphyrinring enthaltenes Eisen vermittelt den O2-Transport im Blut bzw. dem Muskel. Bei Eisenmangel kann der Gehalt des Erythrozyten an Hb und der Zelle des Skelettmuskels an Myoglobin um 40–60 % reduziert sein /2/.
  • Häm enthaltende Enzyme wie die Cytochrome. Auch hier ist das Eisen in einem Porphyrinring enthalten. Cytochrome liegen gekoppelt mit anderen Enzymen in der mitochondrialen Elektronen-Transportkette vor. Das Eisen im Häm des aktiven Zentrums der Cytochrome unterliegt bei der Weitergabe von Elektronen einem Valenzwechsel (Fe2+ nach Fe3+ und umgekehrt).
  • Eisen-Schwefel-Proteine. Es handelt sich zum einen um Enzyme, bei denen Schwefel-Eisen-Verbindungen an der Elektronenübertragung teilnehmen, wobei ein Teil der am Komplex beteiligten Schwefelatome den Cysteinresten des Apoenzyms zuzuordnen sind. Diese Enzyme enthalten als Coenzym Flavinadenindinukleotid (FAD) wie die Flavoproteine Succinatdehydrogenase (EC 1.3.99.1) und Liponamiddehydrogenase (EC 1.6.4.3). Zum anderen gehören zu den Eisen-Schwefel-Proteinen Enzyme, die als prosthetische Gruppe Eisen-Schwefel-Komplexe vom Fe2S2-Typ oder Fe4S4-Typ enthalten. Gemeinsam ist bei ihnen die Beteiligung von vier Cysteinresten des jeweiligen Proteins. Enzyme dieser Proteinklasse sind die NADH-Reduktase, Succinat-Dehydrogenase und QH2-Cytochrom c-Reduktase und das Iron Regulatory Protein I (IRP-1); siehe Beitrag 7.1.4 – Eisenmangel. Bei Eisenmangel sinkt die Aktivität dieser Enzyme im Tierversuch auf 30–60 % der ursprünglichen Aktivität /2/.
  • Nicht Enzymproteine wie Transferrin, Ferritin und Hämosiderin. Sie spielen eine Rolle im Eisentransport und der Speicherung von Eisen in den Zellen.

Die positiven Eigenschaften der Elektronen Übertragung von Eisen, die nützlich für die Gewinnung von Energie des Organismus sind, können jedoch Schaden anrichten durch Bildung von Sauerstoffradikalen nach der Fenton Reaktion. Eisen kann mit Sauerstoff reagieren unter Bildung des toxischen Superoxidanions (O2).

Fe2+ + O2 → Fe3+ + O2

Die wichtigste Quelle des H2O2 ist die Atmungskette, denn bis zu 5 % des bei der mitochondrialen Atmung verbrauchten Sauerstoffs wird in H2O2 umgewandelt /3/. Gebildete Hydroxylradikale (OH) und das Superoxidanionen oxidieren Makromoleküle und wirken zerstörend auf organische Strukturen.

7.1.2 Kritische Determinanten der Eisenhomöostase

Kritische Determinanten der Konzentration von Serumeisen sind die enterale Eisenabsorption, das Recycling und die Speicherung von Eisen, der von Hepcidin kontrollierte und von Ferroportin vermittelte Efflux von zellulärem Eisen, der durch die Eisen responsive Elemente und Eisen-regulatorische Proteine (IRE/IRP) kontrollierte zelluläre Eisengehalt, die Transferrinsättigung und die erythropoetische Aktivität.

7.1.2.1 Eisenaufnahme und Eisentransport

Erhöhung der Löslichkeit von Eisen

Alle Organismen, die Eisen benötigen, haben die Probleme der Unlöslichkeit und der Toxizität dieses Metalls zu überwinden. Eisen kommt in der unbelebten Natur als unlösliches Fe3+-Hydroxid oder Fe3+-Oxid vor. Die Löslichkeit von Fe3+ nimmt dramatisch zu bei Abfall des pH, der Löslichkeits Koeffizient beträgt 10–18 mol/l bei pH 7,0 und 10–3 mol/l bei pH 2,0.

Der Organismus hat folgende Strategien zur Begünstigung der enteralen Aufnahme von Eisen entwickelt /3/:

  • Den pH in der Umgebung, aus der das Eisen aufgenommen werden soll, abzusenken. Im Lumen des Magens kann ein pH von 1 erreicht werden, der saure Inhalt wird dann in das Duodenum abgegeben, wo die Resorption des Eisens erfolgt. Erkrankungen oder Maßnahmen, die den pH anheben, führen zu einer verminderten Absorption von Eisen.
  • Die Aufnahme von schwer absorbierbaren Fe3+ durch Bindung an kleine organische Moleküle, sogenannte Siderophore, zu begünstigen. Es handelt sich bei den Siderophoren um Hydroxylamine und Peptide, die Fe3+ mit hoher Avidität binden.
  • Durch die Reduktion von Fe3+ zu Fe2+ die Wasserlöslichkeit und Bioverfügbarkeit von Eisen zu erhöhen.

Dies geschieht durch Ferrireduktasen. Die Enzyme sind auf der Zellmembran des Enterozyten lokalisiert und den Transportsystemen für Eisen vorgeschaltet. Auch die Einnahme von Ascorbinsäure wirkt reduzierend.

7.1.2.2 Intestinale Eisenabsorption

Nur 1–3 mg des Eisen in der Nahrung werden täglich von den Enterozyten der duodenalen Mikrovilli absorbiert. Im Wesentlichen werden zwei Formen von Eisen aufgenommen /4, 5, 6/:

  • Nicht Hämeisen liegt vorwiegend in Form von Fe(III)-Salzen vor und ist nicht bioverfügbar. An der apikalen Zellmembran der Enterozyten werden Fe3+ zu Fe2+ durch die duodenale Cytochrom b (DCYTB)-Reduktase, ein Ascobinsäure abhängiges Enzym, reduziert (Abb. 7.1-1 – Transport von Eisen durch den Enterozyten im Dünndarm). Fe2+ wird nachfolgend vom Divalenten Metall Transporter 1 (DMT 1) in die Zelle aufgenommen. DMT1 transportiert H+ gemeinsam mit Übergangs Metallen wie Zn2+, Cd2+, Fe2+, Mn2+ und Co2+ /7/. Die Interaktion von Fe2+ und Fe3+ mit Komponenten der Nahrung wie Polyphenolen (schwarzer Tee), Phytaten, Oxalsäure, Tanninen, Karbonaten und Phosphaten reduziert die Bioverfügbarkeit von Eisen. Das gilt besonders bei der oralen Zufuhr von Eisensulfat.
  • Bei an Fleisch reicher Nahrung hat Eisen aus Häm einen Anteil von etwa zwei Dritteln der enteralen Eisenversorgung. Häm ist bei alkalischem pH löslich und präzipitiert bei saurem pH. Im Darmlumen wird Häm durch Enzyme des Pankreas von den Globinanteilen aus Myoglobin und Hb freigesetzt und gelangt als intaktes Metalloprotein in die Enterozyten. Das Häm wird von der Bürstensaum Membran des duodenalen Enterozyten aufgenommen und intrazellulär von der Hämoxygenase (EC 1.14.99.3) degradiert, der Porphyrinring gespalten, das Eisen freigesetzt und dem intrazellulären Eisenpool hinzugefügt.

Im Zytoplasma des Enterozyten wird Eisen an Proteine und niedrig molekulare Substanzen gebunden, um die toxische Wirkung von Eisen auszuschalten. Ein Teil des Eisens wird in den Blutstrom exportiert. Dazu wird Eisen zur basolateralen Membran transportiert und über den Ferroportinkanal in Assoziation mit der Ferrioxidase Hephaestin in das Blut abgegeben. Der andere Teil wird als Ferritin im Zytoplasma gespeichert und geht eventuell mit abschilfernden alternden Enterozyten über die Faeces verloren.

An der basolateralen Membran des Enterozyten erfolgt der Transfer von Eisen in das Blut durch den Eisenexporter Ferroportin. Dem Ferroportin nachgeschaltet ist die Ferroxidase Hephaestin, die Fe2+ zu Fe3+ oxidiert, das dann im Plasma an Transferrin (Tf) gebunden wird. Tf transportiert Fe3+ zu allen Zellen, die Transferrin Rezeptoren an ihrer Oberfläche besitzen.

Die intestinale Eisenaufnahme kann durch den Eisengehalt der kürzlich aufgenommenen Nahrung, die Füllung der Eisenspeicher und die erythropoetische Aktivität moduliert werden.

7.1.2.3 Eisenaufnahme der Gewebe

Die Verteilung des Eisens an die Gewebe geschieht durch den Transferrinzyklus /56/:

  • Enteral aufgenommenes, im Blut erscheinendes Fe3+ bindet mit hoher Affinität an Apotransferrin (Apo-Tf) im Plasma. Apo-Tf ist ein spezifisches Fe3+-bindendes Protein, das im Vergleich zum Eisen in hohem Überschuss vorhanden ist. Apo-Tf hat die Aufgaben Fe3+ zu solubilisieren, seine Reaktivität zu neutralisieren und die Gewebe, insbesondere die Erythropoese, mit Eisen zu versorgen. Ein Molekül Apo-Tf bindet zwei Atome Fe3+. Das gesamte Apo-Tf, es repäsentiert die Eisenbindungskapazität des Plasmas, kann 12 mg Eisen binden. Normalerweise ist die Eisenbindungskapazität nur zu 30 %, also mit 4 mg Eisen beladen. Das bedeutet, 75 % des Eisentransportproteins liegen als Apo-Tf und 25 % als Holo-Tf vor.
  • Im Gewebe wird Tf von den Transferrin Rezeptoren (TfR), die auf der Plasmamembran der Zellen exprimiert sind, gebunden (Abb. 7.1-2 – Zelluläre Eisenaufnahme von Transferrin). Der Tf-TfR-Komplex wird durch Endozytose in die Zellen aufgenommen. Nach Freisetzung des Eisens wird der TfR-Apo-Tf-Komplex von der Membran des Endosoms abgespalten, das Tf abgelöst und der TfR als löslicher (solubler) Transferrin Rezeptor (sTfR) in die Zirkulation abgegeben /6/. Erythroide Vorläuferzellen haben den höchsten Besatz an TfR und besitzen zwei Drittel der Rezeptorausstattung des Gesamtorganismus. Das Ausmaß der Expression von Rezeptoren ist ein Indikator des Eisenversorgung der Zellen und Proliferation der Erythropoese. Eisenmangel und Hyperproliferation der Erythropoese erhöhen die Ausstattung des Organismus mit TfR und Konzentration von sTfR im Serum ist erhöht.
  • Das in den Endosomen der Zellen durch Ansäuerung freigesetzte Fe3+ bildet den sogenannten labilen Eisenpool derZelle. Vom labilen Eisenpool wird das Eisen für den zellulären Bedarf bereit gestellt. Besteht kein Bedarf wird Eisen in der Zelle als Ferritin gespeichert.

Die Sättigung von Transferrin mit Eisen ist ein wesentlicher Determinator und labordiagnostischer Indikator der systemischen Eisenhomöostase.

7.1.2.4 Plasmaeisen-Turnover (Recycling von Eisen)

Der tägliche Transport von Eisen im Plasma zur Erhaltung der Eisenbalance wird als Eisenturnover bezeichnet. Die wesentliche Quelle ist das aus alternden roten Blutzellen freigesetzte Eisen (iron recycling) und nicht das aus der Nahrung stammende Eisen. Bei gefüllten Eisenspeichern werden enteral etwa 1 mg täglich absorbiert. Somit wird der in gleicher Größenordnung liegende Verlust durch apoptotische Zellen im Darm kompensiert. Die Erythropoese enthält zwei Drittel des Körpereisens. Siehe Abb. 7.1-3 – Eisenverteilung im Organismus.

Zur Aufrechterhaltung der Eisenhomöostase sind täglich 25 mg Eisen erforderlich. Das meiste Eisen wird für die Bildung von Hb benötigt. Der Erythrozyt hat eine funktionelle Lebenszeit von 120 Tagen und 0,8 % der Erythrozyten werden täglich aus der Zirkulation genommen und wieder ersetzt. Das Hb einer 70 kg schweren Person mit einem Blutvolumen von 5 l enthält 2,5 g Eisen. Davon unterliegen 20 mg (0,8 %) dem täglichen Eisenturnover auf Grund der Degradation und Neubildung von Erythrozyten. Weitere 5 mg werden von anderen Körperzellen benötigt /15/.

7.1.2.5 Eisenspeicherung

Der Eisengehalt des Organismus beträgt 30–40 mg/kg Körpergewicht. Der Gehalt ist jedoch abhängig vom Alter, Geschlecht, den Geweben und Organen. Etwa 75 %, entsprechend etwa 2,5 g, liegen in der erythroiden Masse in Form von Hb als funktionelles Eisen vor (Abb. 7.1-3 – Eisenverteilung im Organismus). Das gespeicherte Eisen variiert von 15 bis unter 1 mg/kg Körpergewicht und die absolute Menge des gespeicherten Eisens des Erwachsenen beträgt etwa 0,5 bis 1 g. Die Menge ist abhängig von Geschlecht, Alter und dem Gewebe.

Das Speichereisen ist folgendermaßen verteilt /1/:

  • In Makrophagen des retikuloendothelialen Systems (RES) und in Hepatozyten. Die Leber hat einen Anteil von 60 % der Speicherkapazität und 8 % am Plasma-Eisenturnover. Hepatozellulär gespeichertes Eisen liegt als Ferritin (80 %) und Hämosiderin (15 %) vor. Eisen wird vorwiegend in der periportalen Region der Leber, mit einem abnehmenden Gradienten hin zur zentrilobulären Region, gespeichert.Etwa 5 % des Eisen, das in die Leber kommt, wird in den Kupffer-Zellen als Hämosiderin gespeichert. Bei Eisenüberladung erfolgt eine Leberschädigung, wenn der Eisengehalt der Leber um mehr als das 10 fache überschritten wird.
  • 40 % in den Makrophagen des RES, die maximal mit 5 g Eisen überladen werden können, sowie im Muskelgewebe, gespeichert als Ferritin.

Totaler Eisengehalt des Organismus

Der totale Eisengehalt des Organismus wird durch die intestinale Absorption aus der Nahrung aufrecht erhalten. Ein Neugeborenes hat ein totales Eisen von 250 mg /5/. Während der Wachstumsphase muss die Eisenaufnahme den täglichen Verlust von 1 mg übersteigen, um eine Konzentration an Eisen von etwa 60 μg/dl (10,7 μmol/l) aufrecht zu erhalten. Eine 70 kg schwere Person hat ein totales Eisen von 3–4 g.

7.1.2.6 Physiologischer Eisenverlust

Die Verluste des Organismus an Eisen variieren mit Geschlecht und Alter und sind bedeutsam, wenn es zu einem Blutverlust kommt /1/. Da der Eisengehalt 3,46 mg/g Hb ist, resultiert aus 1 ml Blutverlust (Hb 150 g/l) der Verlust von 0,5 mg Eisen /5/. Beim Mann beträgt der tägliche Eisenverlust etwa 0,9 mg, resultierend aus 0,6 mg gastrointestinaler und bis zu 0,3 mg renaler Ausscheidung. Bei der Frau sind die Verluste im reproduktiven Alter höher. Der menstruelle Blutverlust, geschätzt als 33 ml pro Periode, führt zu einem mittleren täglichen Eisenverlust von 1,5 mg, der sich bis auf 2,1 mg erhöhen kann. Die Einnahme oraler Kontrazeptiva vermindert, das Legen von Spiralen erhöht den Verlust Eisen /1/.

7.1.3 Regulation des Eisenmetabolismus

Mechanismen zur Aufrechterhaltung der Homöostase von Eisen auf systemischer und zellulärer Ebene erfordern eine adäquate Eisenversorgung und die Verhinderung einer Akkumulation von toxischem Eisen.

Auf systemischer Ebene erfolgt die Eisenregulation durch das Peptid Hepcidin, das von der Leber exprimiert wird. Hepcidin begrenzt die Menge des enteral absorbierten Eisens durch Bindung an den Eisenexporter Ferroportin und verhindert durch Degradation von Ferroportin die Aufnahme von Eisen aus dem Darm und die Freisetzung von Eisen aus den Speichern. Die Transkription von Hepciden wird hoch reguliert bei Eisenüberladung und Inflammation und herunter reguliert durch Eisenmangel, Hypoxie und eine ineffektive Erythropoese (z.B. bei β-Thalassämie).

Auf zelluärer Ebene wird die Eisenhomöostase durch die RNA-bindenden zytoplasmatischen Iron-regulatory proteins IRP 1 und IRP 2 aufrecht erhalten. Es handelt sich um RNA bindende Proteine, die post-transkriptional die Expression der Proteine Ferritin, mitochondriale Aconitase, 5-Aminolaevulinsäure Synthase und des Hypoxia-inducible facor 2α (HIF-2α) bestimmen.

7.1.3.1 Systemische regulatorische Mechanismen

Zur Aufrechterhaltung einer normalen Eisenkonzentration im Plasma und zur Versorgung der Gewebe mit Eisen, das über Recycling aus alternden Erythrozyten freigesetzt wird oder zum geringeren Anteil aus intestinaler Absorption stammt, bedarf es systemischer regulatorischer Mechanismen. Denn im Unterschied zu anderen Spurenelementen, bei denen die Homöostase über die Ausscheidung geregelt wird, erfolgt beim Eisen die Regulation durch ein Zusammenwirken von Eisenaufnahme durch die Enterozyten und Eisenabgabe bzw. Eisenaufnahme durch Makrophagen und Hepatozyten.

Regulatorisches Element intestinale Absorption

Das Duodenum ist ein wichtiger Sensor und Regulator der Absorption von Eisen, da es auch die Transportproteine für Eisen reguliert. Die Regulation erfolgt:

  • Durch HIF-2α. Es handelt sich um den wesentlichen Eisen-induzierbaren Transkriptionsfaktor der Eisentransporter in den Enterozyten. Die Verminderung von intrazellulärem Eisen, O2 oder Ascorbinsäure reduziert die Aktivität zytoplasmatischer Prolylhydrolasen (PH), die als Sensoren wirken. Als Folge der verminderten pH-Aktivität werden die Gene DCYTB und DMT1 hoch reguliert, vermehrt DCTB, DMT1 und Ferroportin auf der Enterozyten Membran exprimiert und verstärkt Eisen apical absorbiert und basolateral in das Blut transferiert. Die Wirkung von HIF-2α soll apical stärker sein als basolateral. Hypoxie induziert eine Steigerung der Eisenabsorption 6–8 h nach Einsetzen der Hypoxie. Die Steigerung geht Änderungen im Anstieg von Plasmaeisen, der Aktivierung der Erythropoese und dem Anstieg von Hepcidin voraus /8/.
  • Auf Grund des Eisengehaltes im labilen Eisenpool des Enterozyten. Der Enterozyt reguliert die Absorption von Eisen durch die Wirkung von Iron regulatory proteins (IRP) auf Iron regulatory elements (IRP-IRE-System) und deren Effekte auf DMT 1 /9/.

Regulatorisches Element Makrophage

In der Regulation des Eisenhaushalts spielen die Makrophagen spielen eine wichtige Rolle /4/. Alte und geschädigte Erythrozyten werden von den Makrophagen des retikulo-endothelialen Systems von Leber und Milz aufgenommen und aus der Zirkulation entfernt. Im Makrophagen erfolgt die Degradation des Erythrozyten und die Spaltung des Hb in Häm und Komponenten des Globulins. Der Abbau wird eingeleitet durch die oxidative Öffnung des Porphyrinrings, die durch die NADP+-abhängige Häm-Oxygenase (EC 1.14.99.3) katalysiert wird. Die Häm-Oxygenase wird durch eine Reihe von Faktoren, insbesondere inflammatorische Zytokine, reguliert. Die Speicherung von Eisen erfolgt als Ferritin und Hämosiderin in Makrophagen. Der Eisenexporter Ferroportin sorgt für den Ausstrom von Eisen aus den Makrophagen und die Übergabe an das Apotransferrin in der Zirkulation. Siehe Abb. 7.1-4 – Regulation des Eisengehalts des intrazellulären Eisenpools durch die Hepcidin-Ferroportin Achse.

Ursache der Anämie chronischer Erkrankungen ist eine verminderte Freisetzung von Eisen aus Hepatozyten und Makrophagen. Diese sind durch eine chronische Inflammation, die eine Erhöhung von Hepcidin bewirkt, mit Eisen überladen. Bei der HFE Hämochromatose ist der Makrophage, bezogen auf den hohen Gehalt des Organismus an Eisen des Organismus, relativ Eisen-entleert.

Regulatorisches Element Hepatozyt

Die Leber bildet ein komplexes Muster an Proteinen, des Eisenstoffwechsels. Der Hepatozyt bildet IRP1, IRP2, Transferrin, Hepcidin und die beiden Rezeptoren des Transferrins (TfR-1 und TfR-2). Transferrin Rezeptoren binden Eisen beladenes Transferrin (Tf) und transportieren es in die Hepatozyten. TFR-1 ist wichtig für die Aufnahme von Eisen durch den Hepatozyten, TfR-2 wirkt als ein Sensor für die Sättigung des TFR-1 mit Eisen und stimuliert die Expression von Hepcidin. Siehe Abb. 7.6-4 – Signale und Regulation der Hepcidinexpression.

Der Hepatozyt vermag aber auch nicht an Tf gebundenes Eisen aufzunehmen, wenn die Transportkapazität des Tf erschöpft ist /1/. Bei Serumwerten des Ferritins > 800 μg/l ist die Leber der wesentliche Eisenspeicher.

Regulatorisches Element Erythropoese

Erythroide Vorläuferzellen sind die wesentlichen Konsumenten von Eisen. Auf ihrer Zellmembran haben sie den TfR-1 exprimiert, über den an Tf gebundenes Eisen aufgenommen wird (siehe Beitrag 7.4 – Löslicher Transferrin Rezeptor). Das geschieht über rezirkulierende Endosomen, die nach Ansäuerung Eisen freisetzen, das dann über den DMT1 in das Zytoplasma abgegeben wird (Abb. 7.1-2– Zelluläre Eisenaufnahme vom Transferrin). Dort bildet es den labilen Eisenpool, bevor es zur Hb-Synthese verwendet wird. Das IRE-IRP-System reguliert die Stabilität der mRNA für TfR-1 und die 5-Aminolaevulisäure-Synthase. Letztere katalysiert de ersten Enzym in der Synthese von Häm (Abb. 7.1-5 – Der erste Schritt in der Hämsynthese). Diese Regulation garantiert, dass die Menge des toxischen Protoporphyrin IX auf die Eisenverfügbarkeit abgestimmt ist /4/.

Regulatorisches Protein Hepcidin

Hepcidin ist ein Regulatur der systemischen Homöostase von Eisen im Organismus /10/. Siehe auch Beitrag 7.6 – Hepcidin. Eine erforderliche Konzentration von Eisen im Plasma wird gewährleistet durch die Regulation:

  • Von Nahrungseisen aus duodenalen Enterozyten.
  • Von recyceltem Eisen aus alternden Erythrozyten und anderen Zellen, die von Makrophagen abgebaut werden.
  • Von Eisen aus Hepatozyten, die Eisen gespeichert haben.
  • Des plazentaren Transfers von Eisen in den kindlichen Kreislauf während der Schwangerschaft.

Die Konzentration von Hepcidin ist rückgekoppelt an die Transferrinsättigung (TfS) und den Eisenbedarf der Erythropoese. Eisenmangel, eine erhöhte erythropoetische Aktivität und Hypoxie unterdrücken die Expression von Hepcidin. Niedrige Hepcidinwerte ermöglichen die verstärkte intestinale Eisenabsorption und eine erhöhte Synthese von Hb. Hepcidin ist stark erhöht bei Inflammation und der sekundären Eisenüberladung. Hereditäre Hämochromatosen mit Störung der Hepcidin-Ferroportin-Achse gehen mit einer Hepcidinverminderung unterschiedlichen Ausmaßes einher.

Die TfS reflektiert die Differenz zwischen dem Hepcidin-Ferroportin regulierten Transfer von Eisen in das Plasma und dem Eisenbedarf der Erythropoese. Hepcidin zeigt eine positive Korrelation zu Ferritin und ist niedrig bei erniedrigten Ferritinwerten und erhöht bei hohen.

7.1.3.2 Regulation des zellulären Eisenmetabolismus

Jede somatische Zelle reguliert ihre eigene Eisenbalance und enthält ein regulatorisches System zur koordinierten Aufnahme, den Verbrauch und die Speicherung von Eisen /11/.Die Aufnahme von Eisen über den TfR und die intrazelluläre Speicherung als Ferritin reguliert die Zelle auf post transkriptionaler Ebene, kontrolliert durch die Bindung von Eisen regulatorischen Proteinen (Iron-regulatory proteins, IRP1 und IRP2) an cis-regulatorische mRNA Motife, auch als Eisen regulatorische Elemente (IREs) bezeichnet.

Die Interaktionen von IRE/IRP regulieren die Expression von mRNAs, die folgende Proteine kodieren (Abb. 7.1-6 – Post-transkriptionale Regelung der zellulären Eisenhomöostase):

  • Für die zelluläre Eisenaufnahme den TFR-1 und den Divalenten Metal Transporter 1 (DMT-1).
  • Zur Speicherung von Eisen die Ferritin H- und L-Ketten.
  • Zur Einschleußung von Eisen in die Erythropoese die 5-Aminolävulinsäure-Synthetase (5-ALAS; ε-ALAS), das zentrale Enzym der Hb-Synthese (Abb. 7.1-5 – Erster Schritt der Hämsynthese).
  • Die mitochondriale Aconitase.
  • Den Hypoxia inducible factor.

Die IRPs sind sensorische Proteine für Eisen und im Zytoplasma der Zellen lokalisiert. Spezielle Mechanismen kontrollieren die Aktivität von IRP-1 und IRP-2 abhängig vom Eisengehalt des zellulären labilen Eisenpools. Ist dessen Eisengehalt ausreichend, bildet sich in IRP-1 eine 4Fe-4S Konfiguration, die eine Bindung von IRP-1 an IRE verhindert. Die neue Konfiguration von IRP-1 ist identisch mit dem Enzym Aconitase, dessen Funktion es ist, die Transformation von Citrat in Isocitrat zu katalysieren.

IRE/IRP Komplexe, in der 5`UTR (nicht-translatierten Region) einer messenger RNA gebildet, hemmen die Translation und somit die Bildung von Proteinen des Eisen Metabolismus (verminderte Bildung von Ferritin und von 5-Aminolävulinsäure-Synthetase). Demgegenüber führt die Bindung von IRP an IREs der 3`UTR der mRNA des Transferrin Rezeptors 1 (TfR-1) dazu, dass dessen Degradation verhindert wird und der TfR-1 aktiv bleibt.

Beim zellulären Eisenmangel (niedriger labiler Eisenpool) wird:

  • Vermehrt TfR1 auf der Zelloberfläche exprimiert und verstärkt Eisen aufgenommen.
  • Die Synthese von Ferritin gehemmt, dadurch intrazellulär der labile Eisenpool erhöht, damit freies Eisen für die Synthese Eisen haltiger Proteine zur Verfügung steht.
  • Die ε-ALAS gehemmt und somit Eisen nicht für die Synthese von Hb in den erythroiden Vorläuferzellen verbraucht.

Bei hohem labilen Eisenpool sind die IRE-bindenden Funktionen der IRPs aufgehoben, denn z.B. IRP-1 liegt als 4Fe–4S-Cluster vor. Zur Verminderung des labilen Eisenpools wird:

  • Die Synthese von Apoferritin gesteigert und vermehrt Eisen als Ferritin intrazellulär gespeichert.
  • Vermindert TfR-1 exprimiert und damit nur noch wenig Eisen in die Zelle aufgenommen.
  • Die ε-ALAS stimuliert und die Hb-Synthese der erythroiden Vorläuferzellen aktiviert.

7.1.3.3 Eisenhomöostase und Immunsystem

Eine Aktivierung des Immunsystems bei Entzündung, Infektion, chronischer Nierenerkrankung, chronisch entzündlicher Darmerkrankung, autoimmuner Aktivität und malignen Tumoren führt zur Änderung der systemischen Eisenverteilung des Organismus und des intrazellulären Eisenstoffwechsels. Verantwortlich sind inflammatorische Zytokine und die unter ihrem Einfluss gebildeten Radikale wie Stickstoffmonoxid (NO), das Sauerstoffradikal (O2) /12/ und die verstärkte Expression von Hepcidin. Es besteht eine Umleitung des Eisens aus der Zirkulation in die Hepatozyten und das retikulo-endotheliale System. Die Folge ist eine Störung der Eisen­verteilung mit funktionellem Eisenmangel, d.h. für die Gewebe besteht eine Imbalance zwischen Angebot und Bedarf an Eisen, obwohl das totale Eisen im Organismus normal oder sogar erhöht ist. Die Konzentration von Eisen im Plasma ist niedrig, die von Ferritin normal, meist sogar hoch.

Mechanismen in der Umverteilung von Eisen sind /13/:

  • Die Aktivierung von Makrophagen. In diesen wird, stimuliert durch inflammatorische Zytokine, die induzierbare NO-Synthase (iNOS) aktiviert und die NO-Produktion in Gang gesetzt. NO aktiviert das IRP-1 und erhöht über eine vermehrte Expression von TfR-1 und Ferritinsynthese die Aufnahme und Speicherung von Eisen in die Makrophagen.
  • Die Blockierung der Eisenabgabe aus Hepatozyten und Makrophagen. So hemmt Hepcidin, stimuliert durch Interleukin-6, den Eisenexporter Ferroportin.
  • Eine reduzierte Hb-Synthese durch Hemmung der ε-ALAS durch NO. Gleichzeitig hemmt aber die Entzündungs-bedingte Erhöhung von Hepcidin den Export von Eisen aus den erythroiden Vorläuferzellen, wodurch eine noch relativ gute Ausstattung der Erythrozyten mit Hb resultiert (normochrome Erythropoese bei der Entzündungsanämie).

7.1.4 Eisenmangel

Prävalenz des Eisenmangels

Weltweit ist der Eisenmangel in seinen verschiedenen Formen der Ausprägung die häufigste Ernährungsstörung. Bei einer Weltbevölkerung von etwa 7 Milliarden, haben 2 Milliarden Menschen einen Eisenmangel und 750 Millionen eine Eisenmangelanämie. Die Annahme ist, dass auf eine Eisenmangelanämie 2,5 Fälle mit vermindertem Eisenstatus kommen /63/.

Ein erhöhtes Risiko für Eisenmangel und Eisenmangelanämie haben:

  • Kleinkinder, speziell in den Entwicklungsländern, mit einer Prävalenz von im Mittel 63 %.
  • Junge Frauen im gebärfähigen Alter. Sie hatten in der Pubertät einen erhöhten Eisenbedarf und haben danach einen Eisenverlust von 16 mg pro Menstruation.
  • Schwangere, für die sich der Eisenbedarf von 0,8 mg täglich bis auf 7,5 mg erhöht.

In Europa und Nordamerika sind schwere Formen des Eisenmangels nicht so häufig wie in Entwicklungsländern. Für die Industrienationen wird angenommen, dass 10 % der Frauen im gebärfähigen Alter, 10 % der Kinder, 1 % der Männer, 30 % der alten Menschen und 30 % der Schwangeren einen Eisenmangel haben /15/. Weltweit steht der nutritive Eisenmangel hinter dem Blutverlust an zweiter Stelle der Ursachen. In den Entwicklungsländern sind Parasitosen eine wesentliche Ursache von Blutverlusten. In den Industrienationen sind bei Frauen < 50 J. die verstärkte Regelblutung, bei Männern und Frauen ≥ 50 J. der Blutverlust durch maligne Tumoren die wesentlichen Ursachen. Auch sind einseitige Diäten eine häufige Ursache des nutritiven Eisenmangels. Siehe auch:

7.1.4.1 Formen des Eisenmangels

Die unterschiedlichen Formen des Eisenrestriktion sind beschrieben in Tab. 7.1-2 – Zustände mit Eisenrestriktion. Die Diagnostik des Eisenstatus mittels des Ferritinindex und dem Hämoglobingehalt der Erythrozyten (CHr, RetHe) ist aufgezeigt in Abb. 7.1-9 – Diagnostik des Eisenstatus.

Bei gefüllten Eisenspeichern hat der Mann ein Reservedepot von etwa 1.000 mg und die Frau von 300–500 mg Eisen. Der Goldstandard zur Abschätzung des Eisens in Speichern ist der histologische Nachweis im Knochenmarkpunktat, auch wenn das angezweifelt wird. Dort stellt sich das in Histiozyten gespeicherte nicht als Häm gespeichertes Eisen, sondern als Hämosideringranula dar, die mit Kaliumhexacyanoferrat (III)-Lösung blau anfärbbar sind. Eisen in Form von Hämosiderin ist nur langsam mobilisierbar.

7.1.4.1.1 Subklinischer Eisenmangel

Bei diesem Zustand, auch als Eisenmangel ohne Anämie bezeichnet, besteht ein Mangel an Speichereisen, der sich in einer niedrigen Konzentration an Ferritin manifestiert. Die Expression des TfR, das Zinkprotoporphyrin und die intestinale Eisenabsorption können in diesem Stadium schon kompensatorisch grenzwertig sein. Klinisch sind Personen mit subklinischem Eisenmangel unauffällig. Risikogruppen mit diesem Zustand sind Kinder, Jugendliche, Leistungssportler, Blutspender, Vegetarier und Frauen im gebärfähigen Alter.

Nach der European Commission Directive sind Blutspender Männer mit einem Hb > 135 g/l und Frauen mit einem Hb > 125 g/l. Nach der RISE-Studie /16/, bei der für beide Geschlechter ein Grenzwert von 125 g/l festgelegt wurde, betrug die Prävalenz des subklinischen Eisenmangels, abhängig vom untersuchten Marker bei den Blutspendern:

  • Bei einem Zinkprotoporphyrin > 100 μmol/mol Häm 6,9 % bei Männern und 9,8 % bei Frauen.
  • Bei einer TfS < 16 %, bei Männern 4,8 % und 9,8 % bei Frauen.
  • Bei Hepcidin < 0,25 nmol/l, 27,4 % bei Männern und 24,7 % bei Frauen.
7.1.4.1.2 Eisenmangelanämie

Schwere Zustände des Eisenmangels treten gemeinsam mit einer mikrozytären Anämie auf. Die Ursachen sind gastrointestinale Blutung, nutritiver Eisenmangel, maligne Tumoren und Blutung bei chronisch entzündlichen Erkrankungen. Die Anämie ist das späteste Symptom des Eisenmangels. Bei diesem Zustand versuchen alle Funktionsstellen, die Eisen benötigen, sich kompensatorisch anzupassen. So reduziert die Erythropoese den Hb-Gehalt der Erythrozyten, die Muskelzellen synthetisieren weniger Myoglobin und die Mitochondrien der Muskulatur weniger Eisen-haltige Enzyme.

7.1.4.1.3 Funktioneller Eisenmangel

Der funktionelle Eisenmangel ist chrakterisiert durch eine verminderte Freisetzung von Eisen aus den Speicher und unzureichend ist die Anforderungen der Erythropoese an den Eisenbedarf anzupassen (Tab. 7.1-2 – Zustände mit Eisenrestriktion). Die Patienten haben eine verminderte Transferrinsättigung und normale oder erhöhte Ferritinwerte. Eine spezifische Form des funktionellen Eisenmangels wird bei Patienten unter Therapie mit Erythropoese stimulierenden Agentien (ESAs) gesehen. Bei einer Steigerung der Erythropoese um mehr als den Faktor drei kann trotz gefüllter Eisenpeicher die limitierte Kapazität des Transferrinpools den Bedarf der Erythropoese an Eisen nicht mehr transportieren. Es resultiert die Bildung hypochromer roter Blutzellen im Knochenmark.

7.1.4.1.4 Eisenmangel und Erythropoese

Die Erythropoese ist der dominierende Faktor im Eisenstoffwechsel /17/. Jede Sekunde werden 2–3 Mio. rote Blutzellen gebildet und pro Tag 6 g Hb. Um die roten Blutzellen mit einem Hb-Gehalt von 30 pg auszustatten werden die Erythroblasten mit täglich 30–40 mg Eisen versorgt. Die von den Erythroblasten täglich angeforderte Eisenmenge ist 10 fach höher als der zirkulierende Eisenpool (Funktionseisen), was bedeutet, dass der Pool täglich etwa 10 mal ausgetauscht wird. Jedes aufgenommene Eisenatom verbringt 90 min in der Zirkulation bevor es in das Knochenmark aufgenommen wird. Ein kleiner Teil des Funktionseisens dient der Versorgung von nicht-hämatopoetischen Geweben.

Mit Eisen defizienter Erythropoese wird ein Zustand der mangelnden Versorgung der Erythroblasten mit eisen beschrieben, so dass hypochrome rote Blutzellen resultieren. In der Regel sind dann die Eisenspeicher leer. Siehe Tab. 7.1-3 – Eisenmangel bei verschiedenen Personen und Erkrankungen.

Bei Eisen defizienter Erythropoese und Eisenspeichern gefüllt oder gar einer Vermehrung des Gesamtkörpereisens liegt gewöhnlich eine Entzündungs- und Tumoranämie, im englischen Sprachgebrauch auch als Anemia of chronic disease (ACD) bezeichnet, vor. Eine wesentliche Folge der ACD is eine Störung des Eisenhaushalts bedingt durch eine vermehrte Aufnahme und Retention von Eisen in den Hepatozyten und den Zellen des retikuloendothelialen Systems (RES). Das führt zu einer Retention von Eisen in den Speichern, die Begrenzung von Eisen für die Bildung von Hb in den Erythroblasten einer normal proliferativen Erythropoese  /18/.

Die ACD ist gewöhlich mit einer chronischen Entzündung assoziiert (chronische Herzinsuffizienz, chronische Niereninsuffizienz, entzündliche Darmerkrankung). Bei der chronischen Entzündung ist die Synthese und Freisetzung von Hepcidin vermehrt, induziert durch inflammatorische Zytokine, insbesonders IL-6. Das führt zu einer verstärkten Internalisierung und Degradation von Ferroportin und zur zellulären Eisenretention. Schließlich resultiert eine verminderte zirkulierende Eisenkonzentration, die nur ausreicht den Bedarf an Eisen einer hyporegenerativen Erythropoese zu decken /19/.

Bei der ACD besteht eine milde normozytäre, normochrome Anämie. Sie resultiert aus einer verstärkten Apoptose roter Vorläuferzellen im proliferativen Kompartiment des Knochenmarks, da inflammatorische Zytokine eine zum Erythropoetin antagonistische Wirkung entfalten. Erythropoetin verhindert die Apoptose roter Vorläuferzellen, inflammatorische Zytokine fördern sie. Je stärker die Inflammation, desto ausgeprägter ist die Apoptose. Siehe Abb. 15.1-2 – Theoretisch wird die Erythropoese in einen Proliferationspool und einen Reifungspool aufgeteilt.

Die ACD beruht auf folgenden Störungen /18/:

  • Unzureichende Bildung roter Blutzellen bedingt durch einen inadäquaten Stimulus zur Proliferation (Mangel an Erythropoetin oder gestörte Funktion des Erythropoetin-Rezeptors der Erythroblasten).
  • Unzureichende Bildung roter Blutzellen bedingt durch eine inadäquate intrinsische Aktivität des Erythrons auf die Stimulation durch Erythropoetin. Diese ist begrenzt durch die DNA-Synthesekapazität der Erythroblasten, durch Vitamin B12- oder Folatmangel oder durch Chemotherapie.
  • Dem Unvermögen Häm zu bilden, bedingt durch eine unzureichende Eisenversorgung. Sie resultiert aus einer Hepcidin bedingten verminderten Freisetzung von Eisen aus Makrophagen und Hepatozyten sowie einer verminderten enteralen Eisenabsorption.

Die Inflammation bei der ACD stimuliert über IL-6 die Synthese von Hepcidin in den Hepatozyten. Hohe Hepcidinwerte bewirken die Degradation des Ferroportins in der Zellmembran der Erythroblasten, so dass weniger Eisen in die Zirkulation abgegeben wird, dass aber noch ausreicht um die reduzierte Erythropoese mit Eisen zu versorgen. Erst wenn durch Eisenverlust (Blutung) das Eisen des Transferrinpools weiter abnimmt, geht die normozytäre normochrome Anämie in eine mikrozytäre hypochrome über /19/.

7.1.4.1.5 Eisenrestriktion bei nicht-anämischen Patienten

Eine mangelnde Verfügbarkeit von Eisen kann auch bei Patienten ohne Anämie vorliegen wie das bei chronischer Herzinsuffizienz, bei präoperativen Patienten und bei Blutspendern gezeigt wurde. Die Diagnose einer Eisenrestriktion bevor es zum Hämoglobinabfall unter die untere Refernzbereichsgrenze kommt, ist ein wichtiger Gesichtspunkt im Management der Patienten, da vorsorgend eine Eisentherapie eingeleitet werden kann. Geläufige Tests zur Diagnostik einer Eisenrestriktion sind ein Ferritinwert unter 30 μg/l, eine Transferrinsättigung < 20 %, die Bestimmung des löslichen Transferrin Rezeptors, des Ferritinindex und hämatologischer Indices wie der Hämoglobingehalt des Erythrozyten (CHr, RetHe) und der Anteil der hypochromen Erythrozyten (%Hypo). In einer Studie /18/ wurde ein Scoring-System erarbeitet, mit dem es möglich ist, eine Eisenrestriktion bei Patienten ohne Anämie zu erkennen (Tab. 7.1-4 – Scoring System zur Diagnose der Eisenrestriktion bei Patienten ohne Anämie).Patienten ohne Anämie mit Ferritinwerten > 300 μg/l hatten keine Eisenrestriktion. Jedoch wurde bei Patienten mit Ferritinwerten im Bereich von 31–300 μg/l eine Eisenrestriktion diagnostiziert und der Anteil der Patienten mit Eisenrestriktion nahm mit zunehmender Ferritinkonzentration ab.

7.1.4.2 Klinische Manifestation des Eisenmangels

Klinische Manifestationen des Eisenmangels sind Glossitis, anguläre Stomatitis, Koilonychie, blaue Skleren, Schwimmhautbildung des Oesophagus (Plummer-Vinsen-Syndrom), Restless legs syndrome. Physische Manifestationen wie Müdigkeit, Abgespanntheit und das generelle Gefühl der Schwäche sind die Symptome der Anämie.

Die Symptome des Eisenmangels resultieren aus der Störung von zwei Funktionen /20/:

  • Die Anämie limitiert die Kapazität des Transports von Sauerstoff in die Gewebe.
  • Der Mangel an Eisen in den Geweben hemmt den oxidativen Metabolismus der Zelle und die Energieversorgung, da die Aktivität Eisen haltiger Enzyme vermindert ist.

Die klinischen Symptome und Manifestationen des Mangels an Eisen können neben der Anämie beruhen auf Störungen der Immunfunktion, der mentalen Funktion, des Neurotransmitter-Systems im Zentralnervensystem (ZNS)und der muskulären Funktion.

Immunfunktion

Bei Infektionen ist das Ziel des Organismus, den Mikroorganismen Eisen zu entziehen, ohne selbst in einen Zustand zu geraten, bei dem es den Abwehrzellen an Eisen mangelt. Eisenmangel führt zu einer erhöhten Infektanfälligkeit, denn die Funktion des Antigen-unspezifischen Immunsystems in der Akute-Phase Reaktion ist gestört. Eingeschränkt ist die Abwehr der polymorpkernigen Granulozyten, denn das Eisen haltige Enzym Myeloperoxidase ist vermindert. Dieses Enzym ist maßgebend für die Bildung reaktiver Sauerstoffradikale, die für die intrazelluläre Abtötung mikrobieller Erreger verantwortlich sind /1/.

Die Funktion der Makrophagen scheint durch den Mangel an Eisen nicht beeinträchtigt zu sein. Die Angaben über Veränderungen im T-Zellsystem sind uneinheitlich, das humorale Immunsystem scheint nicht betroffen zu sein.

Mentale Funktion

Der Zelltyp mit dem höchsten Eisengehalt im ZNS ist der Oligodendrozyt /1/. Er ist verantwortlich für die Myelinisierung der Nervenfasern. Das erfordert die Bildung von Fettsäuren und Cholesterin, in beide Vorgänge sind Eisen haltige Enzyme involviert. Das Eisen im Liquor cerebrospinalis ist an Transferrin gebunden. Die Eisenkonzentration ist 15–25 μg/l, also 30 fach niedriger als im Plasma. Ein Eisenmangel während der Fetalzeit und in früher Kindheit soll im Zusammenhang mit Totgeburt, Frühgeburt und mentaler Retardierung stehen /21/. Kleinkinder unter 2 Jahren mit länger bestehender Eisenmangelanämie und Hb-Werten < 100 g/l haben eine signifikante Verminderung des mentalen Entwicklungsindexes /22/.

Neurotransmitter-System

Das dopaminerge System ist das einzige, das bei einer Verminderung des Eisengehalts des Gehirns Veränderungen zeigt /1/.

Muskulatur

Bei einem Eisenmangel nimmt der Gehalt des Muskels an Myoglobin und Cytochrom C anteilsmäßig in der gleichen Größenordnung ab wie das Hb des Blutes /1/. Das Ausmaß der Verminderung des Eisens spiegelt sich auch im Gehalt der Eisen-Schwefel-Enzyme und der mitochondrialen Enzyme der Muskulatur wider, die um 50–90 % abnehmen können. Das führt zu einer Schwächung der Muskelarbeit. Eine intravenöse Eisenbehandlung führt nach 4 Tagen zu einer Zunahme der Muskelkraft. Das entspricht dem Turnover der Eisen haltigen Enzyme. Die Ausdauerarbeit des Muskels ist abhängig von der Aktivität seiner Eisen haltigen Enzyme und relativ unabhängig vom Abfall des Hb bis zu einem Wert von 100 g/l. Der Stoffwechsel bei kurzer, intensiver Muskelarbeit ist jedoch eine Funktion der Sauerstoffzufuhr und somit der Hb-Werts /20/.

7.1.5 Erkrankungen bei Eisenüberladung

Erkrankungen mit systemischer Eisenüberladung werden auf Grund ihrer Pathophysiologie in primäre (hereditäre) und sekundäre (erworbene) Formen eingeteilt.

Hereditären Formen der Eisenüberladung liegen Defekte der Hepcidin-Ferroportin Achse, der Reifung der Erythrozyten und des Transports von Eisen zu Grunde /4/. Am Häufigsten sind Defekte der Hepcidin-Ferroportin Achse, die eine Hämochromatose verursachen können. Es handelt sich um eine Erkrankung mit klinischen Komplikationen, die durch die Eisentoxizität an den Organen, insbesondere der Leber, verursacht werden. Die hereditären Formen sind aufgeführt in Tab. 7.1-5 – Klassifizierung der hereditären Eisenüberladung.

Erworbene Formen der Eisenüberladung beruhen meist auf einer angeborenen oder erworbenen Dyserythropoese. Häufig wird die Eisenüberladung durch Bluttransfusionen erzeugt. Primär ist das Eisen in der Leber oder im retikuloendothelialen System (RES) deponiert und als relativ harmlos anzusehen.

Der Überschuss an totalem Eisen im Organismus bei der systemischen Eisenüberladung liegt als Ferritin oder Hämosiderin vor. Dieser Pool, der abhängig von Alter und Geschlecht normalerweise 0,1–1 g beträgt, kann um das 20–30 fache erhöht sein.

7.1.6 Hereditäre Hämochromatose

Die hereditäre Hämochromatose (HH) umfasst verschiedene hereditäre Störungen, die mit einer Eisenüberladung einher gehen. Über 95 % der Fälle betreffen eine homozygote Mutation im Gen HFE. Dieses Gen ist ein hämostatischer Eisenregulator (gelegen auf dem Chromosom 6p22.2 Exon 4, c.845G-A, rs1800562), der in einer p.C282Y Substitution vorliegt, und auch als HFE Hämochromatose bezeichnet wird /3637/.

7.1.6.1 Vererbung

Etwa 1 von 200 Nachfahren der Bevölkerung in Europas Norden sind homozygot von der Hämochromatose betroffen und 1 von 7 Personen heterozygot. Die gutartigere Variante von HFE p.H63D betrifft sogar 1 von 3 Personen. Die einfache oder compound Heterozygosität von p.C282Y und p.H63D oder die digene Variante aus p.C282Y und p.S65C verursacht nur leichte Erhöhungen der Transferrinsättigung (TfS) und von Ferritin, aber keine klinisch relevante Speicherung von Eisen.

Von den 6 Störungen der Hepcidin-Ferroportin Achse mit Eisenüberladung sind 5 vom klassischen HH-Phänotyp. Die Laborbefunde bei diesen Phänotypen sind eine erhöhte TfS, ein erhöhtes Ferritin, ein normaler Hämatokrit und die Eisenüberladung der Gewebe.

Bei der HH setzen die Hepatozyten und Makrophagen mehr Eisen frei als bei Gesunden. Auch geben die Enterozyten mehr Eisen an das Blut ab, während die Eisenabsorption aus dem Lumen nicht oder nur moderat erhöht ist. Das abnorme Verhalten der Enterozyten, Hepatozyten und Makrophagen beruht auf einem unbegrenzten Eisenexport durch Ferroportin. Dieses Verhalten des Ferroportins resultiert aus einer defizienten Synthese oder einer verminderten Aktivität von Hepcidin. Generell bewirkt jede genetische Störung der Hepcidin-Ferroportin Achse einen nicht regulierten Einstrom von Eisen in die Blutbahn, gefolgt von einer Eisenüberladung der Organe mit potentieller Toxizität und Schädigung.

Beim Menschen ist der Mangel an Hepcidin mit der HFE-assoziierten, der TfR2-assoziierten, der Hämojuvelin (HJV)-assoziierten und der HAMP-assoziierten HH verknüpft (Tab. 7.1-5 – Klassifizierung der hereditären Eisenüberladung).

Der Begriff HFE bezieht sich auf das verantwortliche HLA-Klasse I ähnliche Gen, das in der Originalarbeit als HLA-H bezeichnet wurde. Die Formen der HH sind mit Nummern bezeichnet (Typ 1–4), und zwar in der Folge ihrer Entdeckung /4/. Die genetische Basis und den Verlauf der HH ist dargestellt in Abb. 7.1-10 – Zeitlicher Beginn von Organerkrankungen und Funktionsstörungen und Verhalten von Eisen- und Hepcidin in Abhängigkeit vom HH-Typ.

7.1.6.2 Hereditäre Hämochromatosen durch Mutationen im HFE-Gen

Bei hereditärer Hämochromatose (HH) wird zu wenig Hepcidin synthetisiert. Die häufigste Form der HH wird durch Mutationen im HFE-Gen verursacht.

  • Typ 1: Es handelt sich um die klassische, am meisten vorkommende Form, oft auch nur als HH oder HFE-Hämochromatose bezeichnet. Es besteht in den klinisch relevanten Fällen eine p.C282Y-Homozygotie.
  • Typ 2A: Dieser Typ wird auch als juvenile Hämochromatose bezeichnet, da die klinischen Symptome schon früh auftreten. Es besteht eine Mutation im Gen HJV, das das Protein Hemojuvelin kodiert.
  • Typ 2B: Dieser Typ beruht auf Mutationen im Gen HAMP, es kodiert das Protein Hepcidin. Es handelt sich um eine seltene juvenile Hämochromatose.
  • Typ 3: Dieser Typ ist durch Mutationen im Gen des Transferrinrezeptors 2 (TfR2) bedingt und zeigt klinisch ein intermediäres Bild zwischen dem klassischen Typ (HFE) und dem Typ 2.
  • Typ 4: Es handelt sich um eine separate Erkrankung, bedingt durch Mutationen im Gen SCL40AI, das den zellulären Eisenexporter Ferroportin kodiert. Dieses Leiden wird auch als Ferroportinerkrankung bezeichnet, da seine genetischen, biochemischen, klinischen und histologischen Merkmale sich von der HH unterscheiden.

Siehe auch Tab. 7.1-6 – Klinik und Labordiagnostik der hereditären Hämochromatosen.

7.1.6.3 Klinische Signifikanz

Die Hämochromatose betrifft primär die Leber und die Gelenke und resultiert aus einem funktionellen Versagen des Eisen-regulatorischen Proteins Hepcidin. Das mutante HFE, Hemojuvelin, TfR2 und Hepcidin haben die Fähigkeit verloren, die Hepcidinsynthese hoch zu regulieren woraus eine niedrige Konzentration des Hepcidins resultiert.

Lebererkrankung /3637/

Die Erkrankung der Leber ist die häufigste klinische Manifestation. Diagnostiziert werden eine fortgeschrittene Fibrose, eine Leberzirrhose und das primäre Karzinom der Leberzellen. Männer, die homozygot für p.C282Y sind, haben im Alter von 75 Jahren ein erhöhtes Risiko des Versterbens im Vergleich zu denjenigen ohne Hämochromatose. Bei Frauen sind das Risiko des kolorektalen Karzinoms und des Mammakarzinoms erhöht. Risikofaktoren für eine Lebererkrankung bei HH sind: Alkoholkonsum, Diabetes mellitus und folgende Laborbefunde:

  • Ferritinwert im Serum > 1000 μg/L
  • Eine erniedrigte Thrombozytenzahl (< 200 × 109/L)
  • Ein Eisengehalt des Lebergewebes > 200 μmol/Gramm.

Arthropathie /3637/

Die Arthropathie betrifft die Metakarpophalangeal-Gelenke, gefolgt von den Hüftgelenken, den radiokarpalen Ellenbogen, den Schultern, den Kniegelenken und auch der Lendenwirbelsäule. Die Beschwerden sind bei Patienten mit Hämochromatose 8-fach so häufig wie bei denjenigen ohne. Die Arthritis geht mit der fortgeschrittenen Leberfibrose einher. Mit der Progression der Eisenspeicherung nimmt das Risiko der Arthritis und der fortgeschrittenen Leberfibrose zu.

Schwerste Formen der Hämochromatose werden in der Kindheit und vor dem 30. Lebensjahr gesehen. Jedes Kind mit einem hypogonadotropen Hypogonadismus, unerklärbarer Kardiomyopathie oder einer Leberzirrhose sollte auf eine hereditäre Hämochromatose (HH) untersucht werden.

Bei Erwachsenen mit Diabetes mellitus oder Leberzirrhose manifestiert sich die HH nicht vor dem 5. oder 6. Lebensjahrzehnt.

Die Kriterien zur Diagnostik der HFE Hämochromatose gemäß den Richtlinien der European Association for the Study of Liver Disease (EASL) /37/ sind aufgeführt in Tab. 7.1-7 – Kriterien zur Diagnostik der HFE-Hämochromatose nach den EASL Empfehlungen.

7.1.6.4 Kriterien zur Diagnostik der HFE-Hämochromatose

Die Diagnostk der HH erfolgt nach den Leitlinien der European Association for the Study of Liver Disease (EASL) sind aufgeführt in Tab. 7.1-7 – Kriterien zur Diagnose der HFE-Hämochromatose /37/.

7.1.6.5 Seltenere hereditäre Hämochromatosen

Seltenere Formen, die auch einen Mangel an Hepcidin verursachen, beruhen auf Mutationen in den Genen des Transferrinrezeptors 2, Hämojuvelin, Hepcidin und Ferritin. Mit Ausnahme der Ferroportinerkrankung sind bei allen hereditären Hämochromatosen die klinischen, labordiagnostischen und histologischen Merkmale vergleichbar. So ist:

  • Die intestinale Eisenabsorption nicht reguliert und die rasche Freisetzung von Eisen aus den Hepatozyten und Makrophagen führt zu einer hohen ransferrinsättigung (TfS).
  • Die hohe TfS begünstigt die zelluläre Aufnahme von Eisen durch den Transferrinrezeptor (TfR) und Deponierung des Eisens intrazellulär, besonders in den Hepatozyten.
  • Die Makrophagen sind relativ verarmt an Eisen und der Eisenverbrauch der Hämatopoese ist normal.
  • Das in der Leber gebildete Peptid Hepcidin ist unwirksam und reguliert nicht mehr die Eisenfreisetzung.

Durch Ablagerung von Eisen in den parenchymatösen Organen kommt es bei der hereditären Hämochromatose (HH) zu folgenden Erkrankungen: Leberfibrose, Hypogonadismus, Kardiomyopathie, Diabetes mellitus, Arthropathie und Hautpigmentierung. Die schwersten Formen der HH werden im Kindesalter und frühen Jugendalter, gewöhnlich aber vor dem 30. Lj. diagnostiziert. Jedes Kind mit hypogonadotropen Hypogonadismus, nicht erklärbarer Kardiomyopathie oder Leberzirrhose sollte auf HH untersucht werden. Die schweren Formen der HH bei Erwachsenen mit Diabetes, Leberzirrhose und Arthritis manifestieren sich bei Männern erst in der Lebensdekade 5–6 und bei Frauen noch später.

Bei der β-Thalassämie führt die Mutation in beiden Globingenen zu einem Mangel an Hämoglobin und einer verminderten Funktion der Erythrozyten. Es resultiert eine Hypoxie mit gesteigerter Bildung von Erythropoetin und vermehrter Bildung roter Blutzellen. Insgesamt resultiert eine ineffektive Erythropoese. Die Synthese von Hepcidin ist reduziert, bedingt durch Erythroferron, das unter der Wirkung von Erythropoetin in den Erythroblasten gebildet wird.

Die Kriterien zur Diagnose der HFE-Hämochromatose nach den Leitlininien der European Association for the Study of Liver disease (EASL) sind aufgeführt in Tab. 7.1-7 – Kriterien zur Diagnose der HFE-Hämochromatose.

7.1.6.6 Molekulare Basis der Eisenüberladung

Der Hauptakteur im Eisenstoffwechsel ist Hepcidin, denn es reguliert den zellulären Eisenexporter Ferroportin. Durch Bindung an Ferroportin bewirkt Hepcidin dessen Internalisierung und Degradation in Zellen mit hohem Eisenstoffwechsel wie Hepatozyten, Enterozyten, erythroiden Vorläuferzellen und plazentaren Zellen. Ferroportin exportiert Eisen durch die Zellmembran dieser Zellen in den Extrazellulärraum (EZR).

Ist Hepcidin inaktiv oder kann es seine Wirkung nicht entfalten, wird intestinal unkontrolliert Eisen aufgenommen, in die Zirkulation abgegeben und in den Organen gespeichert (siehe auch Beitrag 7.6 – Hepcidin).

7.1.6.7 Leberbiopsie bei Hämochromatose

Die Durchführung einer Leberbiopsie ist nicht erforderlich zur Diagnose einer HFE-Hämochromatose bei Vorliegen einer C282Y Homozygotie /36/. Sie wird aber häufig durchgeführt bei Patienten > 40 J. zum Ausschluss einer hepatischen Fibrose oder Zirrhose, wenn eine Hepatomegalie besteht, die Aminotransferasen erhöht sind und der Ferritinwert über 1.000 μg/l beträgt. Eine Studie /38/ zeigt, dass die Zirrhose auch durch Laboruntersuchungen festgestellt werden kann (Tab. 7.1-8 – Befunde bei C282Y-Hämochromatose mit und ohne Leberzirrhose).

7.1.7 Sekundäre Eisenüberladung

Sekundäre Eisenüberladungen beruhen auf einer vermehrten Eisenbelastung, nicht aber auf einer Störung der Hepcidin-Ferroportin Achse. Siehe Tab. 7.1-9 – Eisenüberladung, nicht auf Störungen der Hepcidin-Ferroportin Achse beruhend.

Eine wesentliche Ursache sekundärer Eisenüberladung sind chronisch refraktäre Anämien und hämolytische Anämien wie die β-Thalassämia oder die Sichelzellanämie. Bei der β-Thalassämia erhöht Erythroferron (ERFE) die Eisenaufnahme durch Herunterregulierung der Hepcidin-Synthese. Die Eisenüberladung beruht auf einer verstärkten enteralen Absorption von Eisen, bei den chronisch refraktären Anämien und der Sichelzellanämie auf der Gabe von Erythrozytenkonzentraten (EKs). Die Eisenbelastung des Organismus beträgt mit jedem EK 200–250 mg. Anfangs wird der Überschuss an Eisen im retikuloendothelialen System gespeichert, nähert sich die Transferrinsättigung aber 100% wird der Überschuss in den parenchymatösen Organen deponiert.

Bei den Iron-loading anemias wie den Thalassämien ist die intestinale Eisenabsorption im unterschiedlichen Ausmaß erhöht; bei den Thalassämia major bis zu 5 fach gegenüber normal. Das Spektrum der Iron-loading anemias umfasst hereditäre und erworbene Störungen der Erythropoese.

Die sekundäre Eisenüberladung wird behandelt, in dem Eisen mittels Deferoxamin in ein Chelat überführt und renal ausgeschieden wird /66/. Ein wichtiger Aspekt ist, dass ab einer Transferrinsättigung über 70% das Eisen im Plasma als Komplex mit Albumin oder als Eisencitrat vorliegt und nicht an Transferrin gebundenes Eisen unangemessen von gut durchbluteten Organen wie Leber, Pankreas und Herz intrazellulär, vermittelt durch Breit-Spektrum Metallopermeasen aufgenommen wird /67/. Das führt zu Organschäden, insbesondere myokardialer Schädigung. Klinisch ist bei der sekundären Eisenüberladung die Leberfunktion normal. Folgen können wie bei der HH eine verminderte Glucosetoleranz, Diabetes mellitus und Kardiomyopathie sein. Patienten mit Thalassämie können nach einem Jahrzehnte langen Verlauf eine Leberzirrhose ausbilden.

7.1.8 Labordiagnostik der Eisenrestriktion

Zur Labordiagnostik von Störungen des Eisenstoffwechsels werden folgende Untersuchungen eingesetzt:

Zur Diagnostik der Eisenrestriktion bei Patienten mit Anämie unabhängig vom vorliegen einer Inflammation wird ein Scoringsystem empfohlen /14/:

7.1.8.1 Monitoring der Eisentherapie

Die Behandlung von Patienten mit Eisen defizienter Erythropoese ist davon abhängig, ob ein latenter oder totaler Eisenmangel, eine Anämie chronischer Erkrankungen (ACD) oder ein funktioneller Eisenmangel vorliegt /19/. Siehe Tab. 7.1-2 – Formen der Eisenrestriktion.

7.1.8.2 Kontrolle der oralen Eisentherapie

Eine optimale Therapie Response liegt vor bei:

  • Anstieg der Retikulozytenzahl nach etwa 10 Tagen um mindestens 20 %.
  • Anstieg von CHr oder RetHe innerhalb von 5 Tagen. Eine Normalisierung von CHr, RetHe im Verlaufe der Behandlung bedeutet nur eine ausreichende Versorgung der Erythropoese, nicht aber, dass die Eisenspeicher gefüllt sind.
  • Abfall der sTfR Konzentration um > 20 % nach etwa 10 Tagen.
  • Anstieg der TfS nach etwa 10 Tagen, ein kontinuierlicher Wert > 20 % bedeutet, dass auch die Eisenspeicher gefüllt wurden /58/.
  • Zunahme des Hb-Wertes um 1–2 g/l täglich ab der 2.–3. Therapiewoche.
  • Normalisierung des Ferritinwertes nach 2–3 Monaten.
7.1.8.2.1 Kontrolle der parenteralen Eisentherapie

Die parenterale Eisentherapie kann eine größere Versorgung mit Eisen gewährleisten und schneller die Eisenspeicher füllen als eine orale Therapie. Jedoch wird bei chronischer Inflammation ein erheblicher Teil im retikuloendothelialen System gespeichert, von wo es nur schwierig mobilisierbar ist. Bei der Eisenmangel Anämie wird etwa 50 % des therapeutischen Eisens innerhalb von 3–4 Wochen in Hämoglobin eingebaut. Bei Patienten mit chronischer inflammation, renaler Anämie und der Tumoranämie erfolgt das nicht in diesem Ausmaß, aber trotzdem zeigen die Patienten einen leichten Hämoglobinanstieg /23/.

Die parenterale Eisentherapie wird bei Zuständen mit erhöhtem Hepcidin (Inflammation) bevorzugt, denn die Inflammation verhindert eine effektive orale Therapie, z.B. bei chronischer Herzinsuffizienz, chronischer Nierenerkrankung und entzündlicher Darmerkrankung. Jedoch haben hohe Bolusdosen von intravenösem Eisen, z.B. bei Hämodialysepatienten, nur eine beschränkte Wirkung, da ein großer Teil des Eisens in der Leber und dem retikuloendthelialen System sequestriert wird /64/.

Postpartale Anämie

Erhalten Frauen mit einem postpartalen Hb-Wert < 100 g/l jeweils 200 mg Eisensucrose an den Tagen 1–4, so zeigen die Kontrollparameter am 7. Tag im Vergleich zum Ausgangswert im Mittel einen Hb-Anstieg um 15 g/l, eine Zunahme der Retikulozytenzahl und der TfS um 50 % und etwa die 5 fache Zunahme des Ferritinwerts /65/.

CKD-Patienten

Nach Nierentransplantation und bei Peritonealdialyse beträgt der jährliche Eisenbedarf bis zu 500 mg, bei Hämodialysepatienten bis zu 3.000 mg /68/. Ferritinwerte < 100 μg/l bei Nicht-Dialysepatienten und ein Wert < 200 μg/l bei chronischen Hämodialysepatienten ist mit der hohen Wahrscheinlichkeit eines Eisenmangels und einer guten Response bei intravenöser Eisentherapie assoziiert. Bei Hämodialysepatienten ist eine ein hochdosierte intravenöse Eisentherapie (400 μg monatlich bis zu einer Konzentration von Ferritin über 700 μg/l und einer TfS über 40%) vorteilhaft gegenüber einer niedrigeren Dosierung (Ferritin unter 200 μg/l und TfS unter 20%). Auch wird weniger Erythropoietin benötigt /69/. Bei Werten des Serumferritins > 1.200 μg/l sollte überlegt werden, ob Untersuchungen zur Feststellung einer Eisenüberladung durchgeführt werden müssen. Hinweisend auf eine Eisen defiziente Erythropoese sind %HYPO > 6 % oder ein CHr < 29 pg . Als alleiniger Marker zur Vorhersage einer positiven Antwort auf eine parenterale Eisentherapie wird die TfS nicht empfohlen.

7.1.9 Diagnostik der Eisenüberladung

Siehe:

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7.2 Eisen

Lothar Thomas

7.2.1 Indikation

  • Messgröße zur Bestimmung der Transferrinsättigung.
  • Messgröße im Eisenresorptions-Test.
  • Diagnose einer akuten Eisenintoxikation.

7.2.2 Bestimmungsmethode

Photometrische Methode

Prinzip: Zur Bestimmung von Eisen im Serum wird Fe3+ bei saurem pH aus der Bindung von Transferrin freigesetzt und die Proteine gefällt. Das Fe3+ wird zu Fe2+ reduziert und das Ferroeisen bildet einen Farbkomplex mit einem Chromogen. Die Konzentration des Chromogen-Eisen Komplexes wird photometrisch gemessen.

Eine Vielzahl von Methoden ist beschrieben /1/. Die im Jahre 1990 überarbeitete ICSH Methode /2/ verwendet HCl zur Freisetzung des Eisens, Trichloressigsäure zur Proteinfällung, Thioglykolsäure zur Reduktion von Fe3+ und Ferrozin als Chromogen.

Die Kalibration kann bezugnehmend auf das Standard Referenzmaterial (SRM) 937 des National Institute of Standards and Technology (NIST) erfolgen. Der Standard enthält Eisen, 5 mmol/l in HCl gelöst.

7.2.3 Untersuchungsmaterial

Plasma (kein EDTA-Plasma), Serum: 1 ml

7.2.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 7.2-1 – Referenzbereich des Eisens bei Kindern und Erwachsenen.

7.2.5 Bewertung

Die Eisenkonzentration im Plasma wird durch das Hepcidin-Ferroportin-System reguliert. Sind die Eisenspeicher leer wird die Synthese von Hepcidin gehemmt. Somit kann der Ferroportin vermittelte Eisenexport aus den Mukosazellen des Darmes auf Transferrin erfolgen.

Die Bestimmung von Eisen im Serum ist zur Abschätzung des Körpereisenstatus ungeeignet. Das beruht auf /7/:

  • Einer hohen intraindividuellen Schwankung der Konzentration von Eisen diurnal und von Tag zu Tag. So werden bei gesunden Männern um 9.00 Uhr Werte von 155 ± 16 μg/dl (27,8 ± 2,9 μmol/l) und 12 h später von 65 ± 5 μg/dl (11,6 ± 0,9 μmol/l) gemessen /8/.
  • Der hohen interindividuellen Schwankung. So beträgt der Streubereich beim zuvor genannten Kollektiv um 9.00 Uhr 100–300 μg/dl (17,9–54 μmol/l) und 12 h später 20–100 μg/dl (3,6–17,9 μmol/l). Auf Grund der hohen interindividuellen Schwankung ist der Referenzbereich sehr breit.

7.2.5.1 Diagnostik des Eisenmangels

Gegen eine Verwendung des Serumeisens zur Diagnostik des Eisenmangels sprechen zusätzlich zu den zuvor genannten Fakten:

  • Die Abhängigkeit des Eisens im Serum von der Akute-Phase Reaktion, denn Fe3+ ist an Transferrin gebunden und dieses ist ein negatives Akute-Phase Protein. So kann ein niedriges Serumeisen zum einen auf einer Entleerung der Eisenspeicher beruhen, zum anderen die Folge einer Entzündungsreaktion bei normalem oder sogar erhöhtem Speichereisen sein.
  • Die Abhängigkeit des Serumeisens von der Aufnahme von Nahrung. So kann es innerhalb von 10 min zu einem Anstieg kommen /9/.
  • Wird Serum zur Bestimmung von Eisen bei Verdacht auf Eisenmangel untersucht, bewirkt Hämolyse eine Erhöhung der Werte. Routinemäßig gewonnenes Serum enthält freies Hämoglobin in einer Konzentration von 10–30 mg/l. Da 1 mg Hämoglobin 3,5 μg Hämoglobin gebundenes Eisen in das Serum bringt, erhöht sich dessen Eisenkonzentration um 3,5–10,5 μg/dl (0,6–2 μmol/l) /10/.
  • Der Serumeisen ist ein später Indikator des Eisenmangels. Ein Wert unterhalb des Referenzbereichs wird erst dann gemessen, wenn kein Speichereisen mehr vorhanden und das Funktionseisen erniedrigt ist.
  • Das Serumeisen zeigt den Eisenmangel nicht zuverlässig an. In einer Studie /6/, bei der die Eisenmangelanämie eines Patientenkollektivs durch die Eisenfärbung von Knochenmarkausstrichen gesichert war, zeigte der Eisenwert im Serum nur in 41 % der Fälle den Eisenmangel richtig an, das Ferritin zu 90 %. Als Entscheidungswerte galten eine Konzentration von Eisen unter 60 μg/dl (11 μmol/l) und eine Konzentration von Ferritin unter 13 μg/l für Frauen und unter 25 μg/l für Männer.

7.2.5.2 Täglicher Eisenbedarf

Der tägliche Eisenbedarf des erwachsenen Mannes und von Frauen über 50 J. ist etwa 1 mg, derjenige der Frau im menstruationsfähigen Alter 1,6 mg. Das tägliche Eisen der Nahrung beträgt in den westlichen Nationen etwa 10 mg, davon werden, wenn kein Eisenmangel vorliegt, etwa 10 % absorbiert. Bei Patienten mit totaler parenteraler Ernährung wird die intravenöse Gabe von 1 mg Eisen pro Tag empfohlen /11/. Die tägliche orale Aufnahme von Eisen nach den Empfehlungen der WHO /12/ ist aufgeführt in Tab. 7.2-2 – Empfohlene Eisendosierung nach WHO. Die Menge an parenteralen Eisen, die bei einem Eisenmangel verabreicht werden soll wird nach folgender Formel berechnet /13/:

Eisenmangel (mg) = Körpergewicht (kg) × 0,24 × [Hb-Zielwert (g/l) – aktueller Hb (g/l)] + 500

7.2.5.3 Diagnostik der Eisenüberladung

Erhöhte Eisenwerte können bei gesunden Personen vorübergehend vorkommen. Häufig treten sie aber Erkrankungs bedingt auf bei:

  • Ineffektiver Erythropoese mit verstärkter Zerstörung roter Blutzellen im Mark.
  • Leberschädigung durch Alkohol oder Hepatitis C.
  • Hereditärer Hämochromatose.
  • Chronischen Anämien auf Grund einer Transfusions-bedingten Eisenüberladung. Pro Konserveneinheit werden 200–250 mg Eisen deponiert. Klinische Symptome und Beschwerden treten erst nach Transfusion von 100–150 Konserven auf /14/.
  • Überdosierung durch Intoxikation mit Eisen haltigen Substanzen. Es handelt sich vorwiegend um ein pädiatrisches Problem. Eine Konzentration von Eisen im Serum über 300 μg/dl (54 μmol/l) geht mit klinischen Symptomen einher und erfordert therapeutisches Handeln. Neben dem Serumeisen, das dann im Mittel bei 500 μg/dl (90 μmol/l) liegt /15/, sind Durchfall, Erbrechen, Leukozytose, Hyperglykämie und ein positiver abdomineller Röntgenbefund die wichtigsten Befunde.

Siehe auch:

7.2.6 Hinweise und Störungen

Bestimmungsmethode

Während die Präzision der Methoden zur Bestimmung von Eisen in der Laborroutine akzeptabel ist, ist die Richtigkeit suspekt.

Im Vergleich zur überarbeiteten ICSH-Methode /2/ zeigen die Routinemethoden /1/:

  • Einen negativen Bias über den gesamten Messbereich.
  • Einen signifikanten negativen Intercept.
  • Eine schlechte Korrelation zur ICSH-Methode im Bereich der Konzrntrationen unter 75 μg/dl (13,4 μmol/l).

Kritische Punkte mit Einfluss auf die Richtigkeit /16/:

  • pH des Reaktionsansatzes, er unterliegt dem Einfluss der Plasmaproteine. Ist der pH ≤ 1,65 wird Eisen zwar gut vom Transferrin abgelöst, aber die Bildung eines Komplexes mit Ferrozin ist schlecht. Ist der pH 4–5, wird Eisen schlecht von Transferrin freigesetzt.
  • Verlust von Eisen während der Proteinfällung.
  • Hohe Konzentrationen von Ferritin. So wird z.B. auch bei der ICSH-Methode bei einem Ferritin über 1.200 μg/l Eisen aus dem Ferritin freigesetzt und mitbestimmt.
  • Störung der Photometrie durch Hyperlipidämie und Hyperbilirubinämie.

Hämolyse, Kontamination und Komplexbildner

Hämolytisches Serum liefert falsch hohe Eisenwerte, besonders, wenn eine Methode ohne Enteiweißung eingesetzt wird. Somit müssen Serum und Blutkuchen spätestens 2 h nach Blutentnahme getrennt sein.

Glasgeräte sollten bei der Bestimmung nicht verwendet werden. Bei Plastikmaterialien ist in der Regel keine Kontamination zu befürchten. EDTA-Plasma kann nur zur Analyse mit der Atom-Absorptions-Spektroskopie eingesetzt werden.

Stabilität

Im Plasma oder Serum bei Raumtemperatur (20 °C), 3 Tage, bei 4 °C 1 Woche.

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7.3 Ferritin

Lothar Thomas

Ferritin spielt eine wichtige Rolle in der Eisenhomöostase des Organismus, denn es bindet intrazellulär Eisen und sequestriert es, so dass es zum einen nicht toxisch wirken kann, zum anderen bei Bedarf wieder rasch für den labilen Eisenpool der Zelle verfügbar ist. Ferritin ist in Zytoplasma und den Mitochondrien nahezu aller Körperzellen vorhanden. In größerer Menge liegt Ferritin in Hepatozyten und den Eisen speichernden Zellen des retikuloendothelialen Systems (RES) wie Makrophagen und Kupffer-Zellen vor /1/.

In Abhängigkeit von der Konzentration an Hepcidin sind die Speicherzellen mit Eisen beladen und wird Eisen in die Zirkulation als Funktionseisen freigesetzt. Serumferritin reflektiert den Eisengehalt des Organismus und wird deshalb in Populations-Untersuchungen und zur Diagnostik Eisen bezogener Erkrankungen bestimmt.

7.3.1 Indikation

  • Verdacht auf Eisenmangel ohne Anämie.
  • Bei mikrozytärer, hypochromer Anämie.
  • Überwachung von Risikogruppen für Eisenmangel, z.B. Schwangere, Blutspender, Kleinkinder, Hämodialysepatienten.
  • Verlaufskontrolle der oralen Eisentherapie.
  • Abschätzung des Speichereisens vor Therapie mit Erythropoese stimulierenden Agentien (ESA).
  • Verdacht auf hereditäre Hämochromatose oder sekundäre Eisenüberladung.
  • Verlaufskontrolle der Eisenmobilisations-Therapie bei Eisenüberladung.
  • Bei Patienten mit metabolischen Syndrom.
  • In Kombination mit dem löslichen Transferrinrezeptor (sTfR) zur Berechnung des Ferritinindex (sTfR/log10 Ferritin) eines Markers der Eisenversorgung der Erythropoese.

7.3.2 Bestimmungsmethode

Immunoassays, wie z.B. Enzyme-Linked-Immunoassay (ELISA), immunometrischer Assay (IMA), Luminescence Immuno-Assay (LIA).

7.3.3 Untersuchungsmaterial

Serum, Plasma: 1 ml

7.3.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 7.3-1 – Referenzbereiche von Ferritin.

7.3.5 Bewertung

Der Eisengehalt des Organismus ist in drei wichtigen Kompartimenten lokalisiert:

  • Den roten Blutzellen. Diese enthalten den größten Anteil der Körpereisens und der Eisengehalt dieses Kompartiments kann indirekt durch Messung des Hb im Blut geschätzt werden.
  • Dem Funktionseisen oder auch als Transitpool oder Transferrinpool bezeichnet. Er enthält wenig Eisen und kann durch Bestimmung der Transferrinsättigung (TfS) geschätzt werden.
  • Dem Speichereisen. Es handelt sich um das in den Zellen des retikuloendothelialen Systems und in den Hepatozyten in Form von Ferritin lokalisierte Eisen. Ferritin spiegelt die Eisenspeicher wider, der Eisenmangel kann bereits im Anfangsstadium erfasst und sein Gehalt durch die Bestimmung von Ferritin im Serum geschätzt werden. Ferritin ist den meisten Zellen als zytosolische Komponente vorhanden.

Unter totalem Eisenmangel wird die Verminderung des Eisen in allen drei Kompartimenten verstanden und der Ferritinwert im Serum ist niedriger als beim isolierten Mangel des Speichereisens (Tab. 7.3-2 – Ferritinwerte beim Eisemangel).

Aus den Speicherzellen wird als Ferritin gebundenes Eisen anderen Zellen bei Bedarf rasch zur Verfügung gestellt. Im Serum sind 1 μg Ferritin/l Serum repräsentativ für 8–10 mg gespeichertes Eisen oder äquivalent zu etwa 140 μg gespeichertem Eisen pro kg Körpergewicht /7/. Diese Beziehung zeigt eine brauchbare Korrelation bis zu einer Ferritinkonzentration im Serum von 200 μg/l.

Ein Vergleich des Ferritins im Serum mit im Punktat des Knochenmarks (Berliner Blau-Färbung) mikroskopisch nachweisbaren Eisen zeigt eine akzeptable Beziehung. Diese besteht aber nur, wenn ein Zustand des Gleichgewichts besteht, denn das Eisen im Knochenmark ist nur langsam mobilisierbar, da es in der Form von Hämosiderin gespeichert ist.

Änderungen der zellulären Eisenhomöostase werden rasch durch eine Änderung des Ferritinwerts im Serum angezeigt (siehe Beitrag 7.1.4 – Eisenmangel). So wird 59Fe, das in Form denaturierter Erythrozyten intravenös verabreicht wird, in die Makrophagen des RES aufgenommen und erscheint als 59Fe markiertes Ferritin nach 20–40 min in der Zirkulation /8/. 59Fe-markiertes Ferritin wird, abhängig von der Dosierung, mit einer Halbwertszeit von 4–40 min aus der Zirkulation entfernt. Ein Hepatozyt kann 160.000 Eisenatome pro Minute aufnehmen /1/.

7.3.5.1 Ferritin in der Diagnostik des Eisenmangels

Ferritin im Serum ist der akzeptierte Test zur Diagnostik des Eisenmangels (Tab. 7.3-3 – Erkrankungen und Zustände mit Eisenmangel). Der Ferritinwert ermöglicht die Differenzierung des latenten Eisenmangels vom totalen Eisenmangel. Wird ein Ferritinwert von ≤ 12–15 μg/l als Indikator eines totalen Eisenmangels akzeptiert, beträgt die diagnostische Sensitivität für Eisenmangel 25 % bei einer Spezifität von 98 % /9/. Die Sensitivität wird jedoch verbessert auf 92 % bei einer Spezifität von 98 % und einem positiven prädiktiven Wert von 92 % bei einem Grenzwert ≤ 30 μg/l /9/. Häufig angewendete Grenzwerte für Ferritin zur Diagnose des Eisenmangels zeigt Tab. 7.3-1 – Referenzbereiche von Ferritin.

In Folge eines totalen Eisenmangels kommt es in einem hohem Grade zur ineffektiven Erythropoese mit mikrozytärer hypochromer Anämie. Die Erniedrigung des Ferritins tritt gewöhnlich vor der Eisenmangelanämie auf. Das ist aber nicht immer der Fall. So ist die Prävalenz des Mangels an Speichereisen bei Jugendlichen mehr als doppelt so hoch wie die Eisenmangelanämie /10/.

In bestimmten Gruppen der Bevölkerung kann die Situation anders sein. Wird bei Kindern entsprechend der WHO-Empfehlung ein Hb-Wert unter 110 g/l als Indikator einer Anämie festgelegt und ein Ferritinwert < 10 μg/l als Indikator des totalen Eisenmangels, so haben in England lebende Kinder von Pakistani, Bangladeshi und Indern zu 20–29 % eine Anämie, aber nur zu 8–13 % eine Hypoferritinämie /11/. Als Ursache normaler Werte des Ferritins wird das vermehrte Auftreten von Infektionen im Vergleich zu Kindern der einheimischen Bevölkerung angesehen.

7.3.5.2 Ferritin bei inflammatorischen Erkrankungen

Ferritin ist ein Akute-Phase Protein und seine diagnostische Bedeutung bei Vorliegen einer Entzündung eingeschränkt. Deshalb sind akute und chronische Entzündungen, Infektionen, Autoimmun-Erkrankungen, chronische Niereninsuffienz, chronische Herzinsuffizienz, entzündliche Darmerkrankungen und maligne Tumoren mit erhöhten Ferritinwerten assoziiert (> 100 bis > 1.000 μg/l). Das ist auch der Fall, wenn bei Leberschädigung Ferritin aus Hepatozyten freigesetzt wird oder beim M. Still, bei dem die Hyperferritinämie ein Marker der Krankheitsaktivität ist.

Sind solche Situationen nicht evident, kann helfen:

  • Die Bestimmung des C-reaktiven Proteins, bei Inflammation ist CRP > 5–10 mg/l.
  • Die Bestimmung der TfS, sie ist bei Inflammation niedrig oder niedrig normal (unter 20 %).

Bei Inflammation und Zytolyse wird in Relation zum Speichereisen ein zu hohes Ferritin gemessen, da:

  • Bei Inflammation, bedingt durch eine IL-6 aktivierte Synthese von Hepcidin vermindert Eisen und vermehrt Ferritin aus Makrophagen freigesetzt wird.
  • Bei Schädigung des Hepatozyten auf Grund von Zytolysen vermehrt Ferritin in die Zirkulation gelangt.
  • In weißen Blutzellen bei Leukämien und Lymphomen vermehrt Ferritin freigesetzt wird.

Zur Diagnostik Eisenmangels ist der Quotient sTfR/log10 Ferritin ein besserer Indikator als die Ferritinkonzentration. Siehe hierzu Beitrag 7.4 – Löslicher Transferrinrezeptor.

Bei Patienten ohne Anämie kann ein funktioneller Eisenmangel bei einem Ferritin bis 300 μg/l bestehen, bei anämischen Patienten bis > 1.000 μg/l /45/.

7.3.5.3 Hämochromatose und sekundäre Eisenüberladung

Eisenüberladung bedeutet eine Vermehrung des totalen Eisens, bedingt durch:

  • Verstärkte Eisenspeicherung in den Hepatozyten bei Hämochromatose.
  • Starke Eisenbeladung der Makrophagen des RES bei der sekundären Eisenüberladung.

Die Ferritinkonzentration im Serum ist in Kombination mit der TfS ein nützlicher Marker zur Abgrenzung der Eisenüberladung von der Hyperferritinämie bei ACD. Siehe Abb. 7.3-1 – Abklärung einer nicht Anämie-assoziierten Hyperferritinämie durch Ferritin, die Transferrinsättigung und CRP.

Bei Eisenüberladung wird die Hyperferritinämie von einer erhöhten TfS begleitet. Ausnahmen sind die hereditäre Hämochromatose Typ 4 (Ferroportin-Erkrankung) und die Acoeruloplasminämie.

Bei inflammatorischen Prozessen ist die TfS vermindert oder niedig-normal.

Bei Routineuntersuchungen werden häufig ein erhöhtes Ferritin diagnostiziert, insbesondere bei älteren Personen. Ein erheblicher Anteil bleibt klinisch ungeklärt.

Siehe auch Tab. 7.3-4 – Erkrankungen und Zustände mit erhöhter Ferritinkonzentration im Serum.

7.3.6 Hinweise und Störungen

Standardisierung

Der WHO International Standard (IS) 94/572 für Ferritin (recombinant; NIBSC code 94/572) ist verfügbar. Er enthält die L-Untereinheit des Apoferritins. Obwohl die Ferritintests auf das WHO Referenzmaterial standardisiert sein sollten, lässt die Harmonisierung der Werte der Analysensysteme zwischen den Herstellern zu wünschen übrig. So betrugen die Werte bei 4 von 5 Herstellern bei einem Ferritinwert von 62,3 μg/l von 48,5 bis 73,4 μg/l und der untere Grenzwert, der einen totalen Eisenmangel anzeigt (15 μg/l) variierte zwischen 7,7 und 18,7 μg/l /41/. Eine neue Studie /52/ zeigt, dass auch bisher noch keine Harmonisierung erfolgte. Eine Vergleichsuntersuchung der Analysensysteme verschiedener Hersteller erbrachte folgendes Ergebnis: nur einer der vier erreichte nach der Standardisierung auf 94/572 die richtigen Werte.

Siehe auch Tab. 7.3-3 – Verwendung von Referenzmaterialien für Ferritin-Immunoassays.

Bestimmungsmethode

Die Kompatibilität der Ergebnisse von Assays verschiedener Hersteller ist mäßig, obwohl die meisten die Kalibration ihres Assays gegen die gleiche Referenzpräparation vornehmen. Das beruht auf der immunologischen Heterogenität der Isoferritine im Serum, einer unterschiedlichen Spezifität der Antikörper, differenter Handhabung der Referenzpräparation bei der Kalibration der Assays und einem unterschiedlichen Prinzip des Immunoassays. So erfassen die meisten Assays besser die basischen Isoferritine wie das Ferritin aus der Leber, das einen höheren Anteil von L- als H-Untereinheiten besitzt. Das im Serum gemessene Ferritin ist überwiegend Apoferritin, für die Antikörperbindung spielt der Eisengehalt eine Rolle.

Referenzbereich

Die von den Laboratorien angewendeten Referenzbereiche sind unterschiedlich und abhängig davon, welches Verfahren als Goldstandard für den Eisenmangel eingesetzt wurde. Bei Männern kommt es in der Zeitspanne vom 30. bis zum 55. Lj. zu einem leichten kontinuierlichen Anstieg des oberen Referenzbereichswerts von etwa 350 μg/l auf etwa 400 μg/l. Bei Frauen steigt der obere Referenzbereichswert ab dem 50. Lj. an von im Mittel 150 μg/l auf etwa 300 μg/l im 70. Lj. /28/. Funktionelle untere Referenzbereichswerte für Ferritin für die Altersklasse 0–18 Jahre wurden 18,8 ug/l für das weibliche Geschlecht und 24,4 ug/l für das männliche Geschlecht ermittelt /49/.

Stabilität

Bei 20 °C im verschlossenen Gefäß und bei 4–8 °C, 6 Tage, bei –20 °C mehr als 12 Monate.

Hämolyse

Geringe Grade intravasaler oder in vitro induzierter Hämolyse haben keinen Einfluss auf das Messergebnis. Jedoch eine deutliche Rotfärbung des Serums verursacht eine Erhöhung des Ferritins um bis zu 60 % in Folge einer Freisetzung von intraerythrozytärem Ferritin.

7.3.7 Pathophysiologie

Ferritin ist ein ubiquitäres, in der Entwicklung der Arten hoch konserviertes Eisen bindendes Protein mit der Aufgabe, atomares Eisen zu separieren und zu speichern. Es besteht aus einer Proteinhülle, dem Apoferritin, die bis zu 4.500 Eisenatome in ihrem inneren Volumen speichern kann. Apoferritin hat ein MG von 430–460 kD und ist etwa 25 Angström dick /1/. Es besteht aus 24 symmetrisch angeordneten Proteineinheiten mit zwei Untereinheiten, den L-Typ mit 19 kD und den H-Typ mit 24 kD. Die Sequenz der Aminosäuren beider Untereinheiten ist zu etwa 50 % homolog /1/.

Verschiedene Verhältnisse von H- und L-Untereinheiten begründen die Heterogenität des Ferritins, so dass Isoferritine vom L-Typ, intermediären Typ und H-Typ unterschieden werden. In Abhängigkeit vom Gewebe und dem Status der Zelle schwankt das Verhältnis von H- zu L-Untereinheiten, und zwar /42/:

  • Vom isolierten H-Typ in Hela-Zellen (H24L0) über die Isoferritine mit vorwiegendem H-Typ wie Muskulatur, Thymus, rote Blutzelle, Gehirn und Herz,
  • über den intermediären Typ im Lymphozyten
  • und den dominanten H-Typ in Leber und Milz
  • bis zum Typ H0L24, der im Serum auftritt.

Das Verhältnis H- zu L-Typ ist nicht fest, sondern relativ plastisch und kann sich durch Stimuli wie Entzündung, Zelldifferenzierung, Xenobiotika ändern.

Die Apoferritinhülle hat einen inneren Durchmesser von 70–80 Angström. Eisenatome treten über Kanäle mit einem Durchmesser von 3–4 Angström in das Innere des Moleküls. Eisen haltiges Apoferritin, auch als Holoferritin bezeichnet, kann bis zu 4.500 Eisenatome enthalten und somit sein MG auf 900 kD verdoppeln. Eisen liegt als (FeOOH)8 (FeOOPO3H2) im Holoferritin vor. Siehe Abb. 7.3-2 – Struktur des Ferritinmoleküls.

Im Inneren des Ferritinmoleküls erfolgt die Anordnung der Eisenatome durch die katalytischen Aktivitäten der H- und L-Untereinheiten:

  • Die innere Oberfläche der H-Untereinheit der Hülle von Apoferritin besitzt Ferrooxidase Aktivität, die Fe2+ zu Fe3+ oxidiert. Denn das Eisenatom kann nur als Fe2+ in das Innere des Apoferritins gelangen, wird aber nur als Fe3+ gespeichert.
  • Die L-Untereinheit katalysiert die Nukleation der aufgenommenen Eisenatome.
  • Der Wechsel im Verhältnis der H- und L-Untereinheiten erlaubt der Zelle, den Eisenmetabolismus zu steuern /43/. Denn intrazelluläres Ferritin hat durch Aufnahme und Abgabe von Eisen aus dem labilen Eisenpool der Zelle eine Schlüsselrolle in der Steuerung dieses Pools. So erlaubt die Expression von Apoferritin mit vermehrt H-Untereinheiten die verstärkte Aufnahme von Eisen in das Molekül. Homozygote murine Knockouts der H-Untereinheit sind letal.

Serumferritin ist arm an Eisen, ähnelt immunologisch dem L-Typ Apoferritin und kann eine glykosylierte Seitenkette enthalten. Es wird angenommen, dass Serumferritin und L-Typ Ferritin vom gleiche Genprodukt gebildet werden /44/. Nach enteraler Absorption von Eisen kommt es rasch zu einem Anstieg des Ferritins im Serum. Die Synthese wird über das IRE/IRP-System reguliert. Siehe dazu Abb. 7.1-6 – Posttranskriptionale Regulation der intrazellulären Eisenhomöostase. Besonders bedeutsam ist die Induktion der Synthese von Ferritin in Makrophagen. Diese Zellen spielen eine zentrale Rolle in der Eisenhomöostase, da sie das Eisen gealterter roter Blutzellen aufnehmen und wieder als Funktionseisen abgeben. Die Konzentration des Ferritins im Serum reflektiert im wesentlichen das Eisen des RES und ein Wechsel im Gehalt des Speichereisens ist innerhalb von 40 min an einer Änderung des Ferritins im Serum messbar.

Die bei der Akute-Phase Reaktion vermehrt gebildeten proinflammatorischen Zytokine TNF-α und IL-1β haben eine regulatorische Wirkung auf die Eisenhomöostase auf der Ebene der Bildung der Untereinheiten von Apoferritin. So wird z.B. durch Stimulierung der Synthese von mRNA der H-Untereinheit in mesenchymalen Zellen und Makrophagen Apoferritin mit mehr H-Untereinheiten gebildet und der Eisenspeicherung der Vorrang gegeben /43/.

Ferritin kann das gespeicherte Eisen nicht direkt an Apotransferrin abgeben. Die Entfernung von Fe3+ vom Ferritin erfolgt durch niedermolekulare Substanzen wie Citrat. Von den gebildeten Salzen wird dann Fe3+ an Apotransferrin abgegeben.

Apoferritin wird in den Zellen im Überschuss gebildet und speichert nicht im labilen Eisenpool benötigtes Eisen als Ferritin. Ferritin unterliegt in den Lysosomen einer kontinuierlichen Degradation. Das freiwerdende Eisen wird wieder in neu gebildetes Apoferritin inkorporiert. Bei hoher Speichereisenreserve wird wenig Eisen in die Makrophagen aufgenommen und das im Überschuss gebildete Apoferritin in die Zirkulation abgegeben. Bei Eisenmangel bildet der Makrophage wenig Apoferritin und Ferritin, folglich wird wenig in die Zirkulation abgegeben und die Konzentration von Ferritin im Serum ist niedrig.

Bei einer Infektion, systemischen Inflammation oder Gewebeschädigung erfolgt, induziert durch Interleukine, eine Akute-Phase Reaktion. Als Folge bildet die Leber Akute-Phase Proteine. Induziert durch IL-1β aus Makrophagen ist auch die Synthese von Ferritin, insbesondere der L-Untereinheit vermehrt /46/. Das erfolgt besonders stark bei einem Zytokinsturm /47/, der durch Hyperaktivierung von Immunzellen (z.B. Makrophagen) hervorgerufen wird. Das ist auch der Fall bei der Fall bei bakteriell ausgelöster Sepsis und der tödlichen Infektion mit COVID-19 /48/.

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7.4 Löslicher Transferrinrezeptor (sTfR)

Lothar Thomas

Der Transferrinrezeptor (TfR) ist ein transmembranes Protein und vermittelt die Zufuhr von Eisen aus dem funktionellen Pool durch Rezeptor vermittelte Endozytose in die Erythroblasten. Außer den Erythroblasten haben nahezu alle Zellen TfR auf ihrer Zellmembran. Wie viele Rezeptoren wird auch der TfR regelmäßig in die Zirkulation abgeworfen, wo er in rudimentärer löslicher Form (sTfR) nachweisbar ist. Oft ist noch Transferrin gebunden. Die sTfR Konzentration im Serum verhält sich proportional zur Membran gebundenen Form und reflektiert die Proliferation der Erythropoese. Er ist erhöht bei hyper- und erniedrigt bei hyporegenerativer Erythropoese. Auch reflektiert die Konzentration von sTfR im Serum den Mangel an Funktionseisen und ist erhöht. Der sTfR wird nicht durch akute oder chronisch aktive Inflammation beeinflusst und ist hilfreich in der Unterscheidung der Eisenmangelanämie von der Anämie chronischer Erkrankung.

7.4.1 Indikation

Beurteilung des Eisenstatus

  • Verdacht auf Eisenmangel, insbesondere bei Personen mit erhöhter Prävalenz des subklinischen (latenten) Eisenmangels, z.B. bei Frauen mit menstruellem Blutverlust, Kleinkindern, Adoleszenten, Sportlern im Ausdauertraining, Mehrfachblutspendern.
  • Differenzierung der Anämie bei Eisenrestriktion (IRE) von der Anämie bei Entzündung (ACD, anemia of chronic disease) und Diagnostik der Kombination IRE/ACD.
  • Berechnung des Ferritin-Index (sTfR/log10 Ferritin) zur Beurteilung der Eisenversorgung der Erythropoese.
  • Beurteilung des Eisenhaushalts von Anämiepatienten in Kombination mit der Ferritinbestimmung vor Beginn einer Therapie mit Erythropoese stimulierenden Agenzien (ESA).
  • Beurteilung von Störungen, die einen Anstieg der erythropoetischen Aktivität bewirken.

7.4.2 Bestimmungsmethode

Enzymimmunoassay, immunnephelometrischer Assay mit Latex Verstärkung. Eine Standardpräparation der WHO, die rekombinanten TfR enthält, ist verfügbar. Zur Kalibration der Assays werden aber zur Zeit Präparationen von intaktem sTfR, dem Komplex von sTfR mit Transferrin oder Kombinationen verwendet /1/. Das führt zu nicht vergleichbaren Werten zwischen den verschiedenen Assays. Das WHO-Referenzreagenz 07/202, das rekonstituiert in 0,5 ml 21,7 mg/l (303 nmol/l) an sTfR enthält, wird vielen Herstellern noch nicht verwendet /2/.

7.4.3 Untersuchungsmaterial

Serum, Plasma: 1 ml

7.4.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 7.4-1 – Referenzbereiche des löslichen Transferrinrezeptors.

7.4.5 Bewertung

Der im Serum nachweisbare sTfR ist die verstümmelte Form des TfR der Gewebe nach proteolytischer Abspaltung von der Zellmembran. Die Zellen der einzelnen Gewebe exprimieren den TfR unterschiedlich stark. Die höchste Besetzung zeigen Organe mit hohem Eisenverbrauch, wie das Knochenmark und die Plazenta. Beim gesunden Erwachsenen kommen 80 % der sTfR Konzentration im Serum aus dem Knochenmark, wo es von den Erythroblasten und Retikulozyten abgegeben wird. Die Erythrozyten haben keine TfR.

Die Bewertung des sTfR erfolgt unter Kenntnis der klinischen Fragestellung, da dieser Biomarker sowohl ein Marker der erythropoetischen Aktivität, als auch des Bedarfs der Gewebe an Eisen ist.

7.4.5.1 Beurteilung der erythropoetischen Aktivität

Die Konzentration des sTfR variiert mit der erythropoetischen Aktivität und damit der Masse der Erythroblasten und Retikulozyten. Der sTfR ist ein Marker der Größe des Erythroblasten- und Retikulozyten-Kompartiments. Das ist der Fall, wenn Speichereisen adäquat und verfügbar ist.

Die erythropoetische Aktivität ist /7/:

  • Erhöht bei autoimmun bedingter hämolytischer Anämie, hereditärer Sphärozytose, Sichelzellanämie, sekundärer Polyzythämie oder bei ineffektiver Erythropoese wie Eisenmangelanämie, Thalassämie, megaloblastärer Anämie und dem myelodysplastischen Syndrom.
  • Vermindert bei Hypoplasie der Erythropoese wie bei Anämie chronischer Erkrankung (ACD), chronischer Nierenerkrankung, intensiver Chemotherapie, aplastischer Anämie, Mehrfach Transfusion von Erythrozytenkonzentraten.

Zur Schätzung der erythropoetischen Aktivität und der funktionellen Klassifizierung einer erythropoetischen Störung vermittels der sTfR Konzentration muss deren Beurteilung erfolgen:

  • In Kombination mit Erythropoetin (EPO) und der Retikulozytenzahl,
  • Sie muss in Bezug gesetzt werden zum Ausmaß der Anämie, gemessen als Hb-Wert oder Hkt.

Hypoproliferative Erythropoese

Die produktive Kapazität der Erythropoese zur Gewährleistung eines normalen Hämatokrits (Hkt) wird durch die Retikulozytenzahl und die Höhe des sTfR reflektiert. Eine Anämie mit niedriger Retikulozytenzahl weist auf eine hypoproliferative Erythropoese hin.

Zur funktionellen Klassifizierung und für die Therapie ist es wichtig, ob die Anämie resultiert aus /8/:

  • Einer verminderten Proliferation durch eine inadäquat niedrige Produktion von Erythropoetin (EPO).
  • Einer intrinsischen, EPO unabhängigen Hypoproliferation der Erythropoese.
  • Einer Reifungsstörung (ineffektive Erythropoese).
  • Einer kurzen Erythrozyten Lebenszeit (Hämolyse).

Zur Beantwortung dieser Fragestellungen wird primär untersucht, ob eine inadäquat niedrige Bildung von EPO in Relation zum Hkt besteht (Abb. 7.4-1 – Beziehung zwischen Hämatokrit und Serum-Erythropoetin). Das ist z.B. der Fall bei chronischer Niereninsuffizienz.

Ist die Konzentration von EPO adäquat oder sogar erhöht, scheiden ein relativer EPO-Mangel oder eine ineffektive Erythropoese (EPO > 100 U/l) aus, und die Anämie beruht auf einer hypoproliferativen Erythropoese. Es wird dann der sTfR bestimmt und in Bezug zum Hkt bewertet (Abb. 7.4-2 – Beziehung zwischen Hämatokrit und sTfR-Konzentration im Serum).

Ein in Relation zum Hkt zu niedriger sTfR-Wert weist auf eine intrinsische Hypoproliferation der Erythropoese hin. Ursachen sind:

  • Der Mangel von Eisen, Vitamin B12, Folsäure.
  • Inflammatorische Zustände.
  • Aplastische Anämie oder die reine rote Blutzellaplasie. Der sTfR Wert ist niedriger als ein Drittel des Mittelwertes des Referenzbereichs.

Bei den Entzündungs- und Tumoranämien ist meist eine kombinierte Störung die Ursache der hypoproliferativen Erythropoese /8/; es ist somit:

  • Die Produktion von EPO inadäquat zum Abfall des Hkt erhöht.
  • Zusätzlich besteht eine intrinsische Hypoproliferation der Erythropoese auf Grund einer Hemmung durch inflammatorische Zytokine.

Hyperproliferative Erythropoese

Bei der hyperproliferativer Erythropoese ist der sTfR durch Vermehrung des Erythroblasten-Kompartimentes erhöht. Die Erythropoese kann sein:

  • Effektiv, das ist der Fall bei hämolytischen Anämien, die Retikulozytenzahl ist erhöht.
  • Ineffektiv, wie bei der Anämie durch Vitamin B12- oder Folsäure-Mangel, bei Anämie durch Eisenmangel und dem myelodysplastischen Syndrom. Die Retikulozytenzahl ist nicht erhöht.
  • Als Antwort auf eine Therapie mit ESA steigt die der sTfR in den ersten zwei Wochen nach Gabe von EPO an, bedingt durch eine Proliferation des Erythroblasten-Kompartiments.

7.4.5.2 sTfR zur Kontrolle der Therapie mit ESA

Ein früher Indikator der Ansprechbarkeit der Erythropoese auf die Therapie mit ESA ist die Konzentration des sTfR. In einer Studie /9/ war die Ansprechbarkeit auf ESA gut, wenn der Wert des sTfR zu Beginn der Therapie normal und 2 Wochen später um mehr als 20 % angestiegen war. Der Anstieg des sTfR ist aber kein Indikator einer effektiven Erythropoese.

7.4.5.3 Beurteilung des Eisenstatus

Die diagnostische Sensitivität des Hb-Werts zur Erkennung des Eisenmangels ist gering, da:

  • Bei nutritivem Eisenmangel die Anämie relativ mild ist und in der Frühphase eine Überlappung der Hb-Werte von Gesunden und Patienten mit Eisenmangel besteht.
  • In Entwicklungsländern der Eisenmangel mit Fehlernährung und Inflammation verknüpft ist und somit die Prävalenz der ACD hoch ist. Zur Beurteilung der Angemessenheit des Speichereisens bei ACD ist das Serumferritin nur geeignet, wenn erniedrigt.

Bei Eisenmangel ist sTfR im Serum immer erhöht und reflektiert die Eisenversorgung des Erythroblasten-Kompartimentes /10/. Quantitative Phlebotomie Studien bei Gesunden haben gezeigt, dass nach Entleerung der Reserve an Speichereisen ein zunehmender Eisenmangel der Gewebe von einem Anstieg des sTfR begleitet wird. Die Konzentration des sTfR ändert sich früher als andere biochemische Marker wie die Transferrinsättigung (TfS) und das Zinkprotoporphyrin und ist auch deutlich früher als der Abfall von MCV und MCH /11/. Die diagnostische Sensitivität des sTfR für Eisenmangel beträgt 79 % bei einer Spezifität von 63 %, wenn bei jungen Frauen der Hb < 120 g/l, Ferritin < 20 μg/l und das Zinkprotoporphyrin > 1,4 μg/g Hb beträgt /12/.

7.4.5.3.1 sTfR bei Mangel an Funktionseisen

Funktionseisen ist die an Transferrin gebundene, im Extrazellulärraum befindliche Eisenmenge und beträgt etwa 4 mg. Die Erhöhung des sTfR ist, vergleichbar der Transferrinsättigung, ein Indikator des Mangels an Funktionseisen, also der Imbalance zwischen Bedarf und Versorgung der Gewebe. Die Versorgung ist von der Reserve an Speichereisen und dem Ausmaß und dessen Mobilisation abhängig. Die Höhe des sTfR bei Eisenmangel ist ein indirektes Maß des Turnovers an Plasmaeisen, also der Menge an Eisen, die täglich im Plasma zum Knochenmark und in die Gewebe transportiert wird. Ist die Konzentration von TfR hoch, wird wenig Eisen transportiert und das an Transferrin gebundene Eisen ist gering (TfS < 16 %).

Nimmt das Speichereisen ab, fällt die Ferritinkonzentration bis die Eisenspeicher leer sind. Zu diesem Zeipunkt fällt Ferrin unter den unteren Referenzbereichswert. Bei weiterem Eisenverlust und wenn der Eisenmangel die Erythropoese beeinträchtigt, steigt die Konzentration des sTfR an und nimmt weiter zu, wenn die Eisenzufuhr zur Erythropoese weiter abnimmt, was die Anzahl der Rezeptoren auf den erythroiden Vorläuferzellen widerspiegelt /11/.

Der Quotient sTfR (mg/l)/log10 Ferritin (μg/l), auch als Ferritin-Index bezeichnet, steht in inverser Beziehung zum Eisenstatus. Er ist ein Indikator des Angebots von Eisen an die Erythropoese und zeigt eine bessere Korrelation zum Eisenmangel als die isolierte Bestimmung von Ferritin und des sTfR /13/.

7.4.5.3.2 Anemia of chronic disease (ACD)

Ein Problem ist die Differenzierung einer Anämie, wenn bei Patienten mit chronischer Entzündungen, malignen Tumoren, Autoimmunerkrankungen oder chronischer Erkrankung der Nieren eine Eisen-restriktive Erythropoese vorliegt. Normalerweise ist bei diesen Anämien chronischer Erkrankung (ACD) die Erythropoese normozytär und normochrom, aber etwa 10 % der Fälle sind hypochrom. Zur Feststellung, ob die Hypochromie durch eine Kombination von ACD und Eisenmangel bedingt ist, kann die Bestimmung des sTfR, besser noch die des Ferritin-Index, hilfreich sein. Denn im Unterschied zum Ferritin und der TfS ändert sich die Konzentration des sTfR nicht bei Entzündungen. Eine Erhöhung des sTfR, bzw. des Ferritin-Index bei ACD weist auf eine kombinierte Störung aus ACD und Eisen-restriktiver Erythropoese( IRE) hin (ACD/IRE) /14/. Es werden jedoch nicht alle Fälle einer IRE erfasst, da bei ACD der sTfR niedrig-normal sein kann. Es muss demzufolge schon ein deutlicher Eisenmangel vorliegen, damit der sTfR den oberen Referenzbereichswert überschreitet /14/. Das geschieht in einem Teil der Fälle nicht.

Siehe Tab. 7.4-3 – Verhalten des sTfR bei Erkrankungen und verschiedenen Zuständen mit Eisenmangel.

Abb. 7.4-3 – Transferrinrezeptor zeigt das Verhalten des sTfR bei Zuständen mit Eisenmangel.

Bei der ACD beruht die hypoproliferative Erythropoese auf einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren /8/:

  • Die Synthese von EPO ist nicht adäquat erhöht in Relation zum Abfall des Hämatokrits.
  • Zusätzlich besteht eine intrinsische Hypoproliferation der Erythropoese, bedingt durch einen Anstieg inflammatorischer Zytokine und von Hepcidin.

7.4.6 Hinweise und Störungen

Bestimmungsmethode

Auf Grund der Nicht Anwendung einer Standardpräparation zeigen die Tests verschiedener Diagnostikahersteller Unterschiede in den Messwerten.

Ein Problem bei der Erstellung eines Standards ist, dass der Eisenstatus für die Struktur des sTfR-Tf-Komplexes in der Zirkulation verantwortlich ist. So ist die Immunreaktivität des sTfR erheblich vermindert, wenn er nicht als sTfR-Tf-Komplex vorliegt. Eine gute Komplexbildung erfolgt nur, wenn Tf mit Eisen gesättigt ist /26/.

Referenzbereich

Für einige Tests wird eine Abhängigkeit von Alter- und Geschlecht berichtet, für andere nicht. Kinder haben höhere Werte als Erwachsene. Bei Kindern nehmen mit zunehmendem Alter die Werte ab /427/. Für den Test eines Herstellers werden Geschlechts-spezifische Referenzbereiche angegeben /6/.

Stabilität

Bei Raumtemperatur (20 °C) und bei 4–8 °C mindestens 1 Woche. Im Vollblut kommt es in Abhängigkeit von der Lagerzeit zu einem Anstieg. Das soll auch der Fall sein im EDTA-Vollblut und EDTA-Plasma /28/. Ursache soll die zunehmende Ablösung des TfR von Retikulozyten und Leukozyten sein.

7.4.7 Pathophysiologie

Der TfR ist ein Glykoprotein, das auf der Zellmembran der kernhaltigen Zellen gelegen ist. Seine Funktion besteht in der Bindung von Tf-gebundenem Fe3+ und dem Transport des Fe3+ in die Zelle.

Der TfR ist ein Heterodimer aus zwei identischen transmembranen Untereinheiten von jeweils 85 kD (Abb. 7.4-3 – Transferrin-Rezeptor). Jede der beiden Einheiten besteht aus folgenden Domänen /29/:

  • Einer C-terminalen Einheit aus 671 Aminosäuren.
  • Einem transmembranen Teil aus 28 Aminosäuren.
  • Einer N-terminalen intrazellulären Einheit aus 61 Aminosäuren.

Die extrazelluläre Domäne enthält zwei N-glykosylierte Seitenketten an Asparaginresten und eine O-glykosylierte am Tyrosin. Die Kohlenhydratseitenketten sind wichtig für die Funktion. Mutationen mit einem Verlust der Glykosylketten haben eine niedrigere Affinität zum Tf. Geht die Glykosylkette am Tyrosin verloren, so wird der Rezeptor rascher proteolytisch gespalten. Die extrazelluläre Domäne hat eine Trypsin empfindliche Region, an der sie proteolytisch von der Zellmembran abgespalten werden kann. Es entsteht ein 70 kD Fragment, das die Bindungsfähigkeit für Tf extrazellulär beibehält, nicht aber intrazellulär.

Jeder Rezeptor hat Bindungsstellen für zwei mit Eisen beladene Tf-Moleküle. Nach Bindung von Tf an den TfR erfolgt die Signalübertragung in das Zytoplasma über phosphorylierte Serinreste an der N-terminalen intrazellulären Einheit. Diese löst die Endozytose aus und Tf-TfR-Komplexe werden ins Zytoplasma internalisiert. Siehe Abb. 7.1-2 – Zelluläre Eisenaufnahme von Transferrin).

Der TfR hat eine 30–500 fach höhere Assoziationskonstante zum Eisen-gesättigten Tf als zum Monoeisen-Tf und zum Apo-Tf. Auch wenn der Anteil des Eisen gesättigten Tf nur 10 % des gesamtenTf im Plasma ausmacht, reicht das aus, um den TfR mit seinem Liganden zu sättigen /29/.

Die Expression des TfR erfolgt post transkriptional über Iron regulatory elements (IREs) und Iron regulatory proteins (IRPs). Siehe Abb. 7.1-6 – Erster Schritt der Hämsynthese.

Die höchste Rezeptordichte aller Organe haben die Erythroblasten und die Plazenta. In der Erythropoese hat der polychromatische Normoblast eine Rezeptordichte von 800.000/Zelle, der orthochromatische und die Retikulozyten von 500.000 bis 100.000. Auf der Zellmembran kann der Rezeptor flowzytometrisch vermittels des monoklonalen Antikörpers CD 71 nachgewiesen werden. Während der Reifung, insbesondere vom orthochromatischen Erythroblasten zum Erythrozyten und Verlust der Hämoglobinsynthese, werfen die Zellen ihre Rezeptoren ab (Shedding).

Etwa 70–80 % der im Serum nachweisbaren sTfR entstammen der Erythropoese. Nach Transport der von Eisen entladenen, in Endosomen gebundenen TfR-Apo-Tf-Komplexe an die Zelloberfläche erscheinen multivesikuläre Körperchen im Plasma. Diese enthalten auf ihrer Oberfläche die extrazelluläre Domäne des TfR. Die Domäne wird dann von Proteasen im Plasma, z.B. der Leukozyten, proteolytisch abgespalten und zu einem löslichen Fragment von etwa 85 kD, dem sTfR.

Abhängig vom verwendeten Antikörper erfasst die im Immunoassay gemessene sTfR-Konzentration:

  • Das 85 kDa Fragment.
  • Einen Komplex aus Tf und einem, möglicherweise sogar zwei Rezeptorfragmenten (MG von 250 kDa).
  • Den noch an multivesikuläre Körperchen gebundenen TfR-Tf-Komplex.

Es besteht eine konstante Beziehung zwischen dem Gehalt eines Gewebes an TfR und der sTfR Konzentration im Serum. Diese ist abhängig:

  • Vom Zellumsatz im Erythroblasten Kompartiment, also der Proliferation der Erythropoese.
  • Der Expression der TfR auf der Zellmembran erythroider Vorläuferzellen. Beim Mangel an Funktionseisen besteht eine direkte Beziehung zwischen der Anzahl der TfR auf der Zellmembran und der sTfR-Konzentration im Serum.

Beim myelodysplastischen Syndrom (MDS) ist die Konzentration des sTfR normal, aber in einigen Fällen erhöht. Die Expression der sTfR auf der Zellmembran ist vermindert. Die massive Hyperzellularität der Erythroblasten beim MDS bedingt jedoch eine normale oder sogar erhöhte Konzentration an sTfR /30/.

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7.5 Transferrinsättigung (TfS)

Lothar Thomas

Eisen wird im Plasma nicht frei, sondern gebunden an das Protein Transferrin (Tf) transportiert. Jedes Molekül Tf kann maximal zwei Fe3+ Atome binden, äquivalent zu 1,4 mg Eisen pro Gramm Tf. Beladen mit zwei Fe3+ Atomen zirkuliert Tf im Blut und versorgt die Zellen des Organismus mit Eisen. Die TfS ist der Quotient aus den Konzentration von Eisen/Tf im Serum und wird in % angegeben. Die TfS ist ein wichtiger Marker der Eisenverfügbarkeit.

7.5.1 Indikation

  • Verdacht auf mangelnde Verfügbarkeit von Eisen
  • Verdacht auf Eisenüberladung
  • Beurteilung des Umsatzes von Eisen im Plasma (Eisen Turnover).

7.5.2 Bestimmungsmethode

Bestimmt wird aus dem Serum der gleichen morgendlich abgenommenen Blutprobe die Konzentration von Eisen und Tf. Die Berechnung der TfS (%) erfolgt nach den Gleichungen in Tab. 7.5-1 – Berechnung der Transferrinsättigung.

Die Berechnung der TfS ergibt sich wie folgt:

  • Das Molekulargewicht des Tf ist 79.570 Da.
  • Jedes Molekül von Tf hat zwei Bindungsstellen für Eisen. Somit bindet 1 g Tf 1,4 mg (25,1 μmol) Eisen /1/.

7.5.3 Untersuchungsmaterial

Serum, Plasma (kein EDTA-Plasma): 1 ml

Die Blutentnahme soll nüchtern erfolgen.

7.5.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 7.5-2 – Referenzbereich der Transferrinsättigung

7.5.5 Bewertung

Tf ist verantwortlich für den Umsatz von Eisen im Organismus und versorgt die Gewebe, insbesondere die Erythropoese, mit Eisen. Tf gebundenes Eisen steht als Funktionseisen zur Synthese von Hämoglobin und Eisen haltigen Enzymen zur Verfügung. Das Eisen wird vorwiegend aus dem Abbau von Hämoglobin überalterter Erythrozyten zur Verfügung gestellt (Abb. 7.5-1 – Turnover von Eisen zwischen den verschiedenen Kompartimenten). Der Eisengehalt des Hepatozyten kontrolliert die Konzentration von Tf im Plasma. Ist diese niedrig, wird die Synthese von Tf gesteigert, ist sie hoch, erfolgt eine Herunterregulierung.

Ein indirekter Hinweis auf die Minderversorgung der Erythropoese mit Eisen ist die Veminderung der TfS.

Das ist der Fall:

  • Wenn bei gleich bleibendem Eisenbedarf eine mangelnde enterale Absorption von Eisen erfolgt oder zu wenig Eisen in der Nahrung vorhanden ist (nutritiver Eisenmangel).
  • Wenn bei einer Akute-Phase Reaktion (Entzündung) die Konzentration von Hepcidin erhöht ist, die Tf-Synthese herunterreguliert wird und die Eisenfreisetzung aus Speicherzellen und den Mukosazellen des Darmes blockiet ist. Insgesamt ist der Eisenturnover vermindert, da Eisen in den Makrophagen und Hepatozyten festgehalten wird wie bei der Anämie chronischer Erkrankungen (ACD).

Eine Zunahme der TfS erfolgt, wenn bei gleichbleibendem Bedarf vermehrt Eisen enteral absorbiert wird wie das bei der hereditären Hämochromatose, bedingt durch einen funktionellen Mangel an Hepcidin, der Fall ist. Zur Diagnostik und Differenzierung der Eisenüberladung durch die kombinierte Untersuchung von TfS und Ferritin siehe Abb. 7.3-1 – Abklärung einer nicht Anämie assoziierten Hyperferritinämie durch Ferritin, die TfS und CRP.

Eine TfS < 16 % ist der Indikator eines Eisenmangels der Erythropoese, eine TfS < 10 % zeigt den totalen Eisenmangel an und eine TfS < 20 % wird bei Inflammation gemessen, da Eisen im retikuloendothelialen System sequestriert wird /5/.

Nach dem Network for Advancement of Transfusion Alternatives (NATA) sollten operative orthopädische Patienten normale Hb-Werte (Frauen ≥ 120 g/l, Männer ≥ 130 g/l) haben. Bei Werten darunter wird eine prä- und intraoperative Therapie mit Eisen empfohlen, wenn die TfS < 20 % und/oder Ferritin < 30 μg/l beträgt /6/.

Das Verhalten der TfS bei Eisenmangel ist gezeigt in Tab. 7.5-3 – Verhalten der Transferrinsättigung bei Eisenmangelzuständen.

Das Verhalten der TfS bei Eisenüberladung ist dargestellt in Tab. 7.5-4 – Verhalten der Transferrinsättigung bei Eisenüberladung.

Die Einschränkungen der TfS zeigt Tab. 7.5-5 – Einschränkungen der TfS.

Der Turnover von Eisen ist die Menge, die täglich im Plasma transportiert wird (Abb. 7.5-1 – Turnover von Eisen zwischen den verschiedenen Kompartimenten). Die TfS ist ein Marker des Turnover. Ist sie erniedrigt, ist der Turnover vermindert und ein Eisenmangel der Funktionsstellen ist die Folge. Ist die TfS hoch, ist der Turnover verstärkt und eine Überladung mit Eisen ist die Folge. Diese Beziehung gilt bei der ACD nur eingeschränkt, denn durch Herunterregulierung der Synthese von TF ist die Beziehung zwischen dem Turnover von Eisen und der Konzentration von Tf im Serum gestört.

Primär wird Eisen im retikuloendothelialen System und der Leber in Form von Ferritin gespeichert. Erreicht die TfS aber einen Wert von nahezu 100 %, erfolgt die Speicherung auch in den Zellen parenchymatöser Organe. Ein wichtiger Aspekt ist, dass ab einer TfS über 70% das Eisen im Plasma als Komplex mit Albumin oder als Eisencitrat vorliegt und nicht als Tf gebundenes Eisen. Diese Formen des Eisens werden unangemessen von gut durchbluteten Organen wie Leber, Pankreas und Herz intrazellulär aufgenommen, vermittelt durch Breitspektru-Metallopermeasen. Das führt zu Organschäden durch intrazelluläre Ablagerung von nicht Transferrin gebundenen Eisen. Die Therapie mit Eisenchelatoren führt zur Entfernung des nicht an Transferrin gebundenen Eisens /14/.

7.5.6 Hinweise und Störungen

Probennahme

Die Probennahme sollte immer morgens erfolgen und beim Screening auf hereditäre Hämochromatose oder sekundäre Eisenüberladung sollten 2 Werte aus Proben, die an verschiedenen Tagen entnommen wurden bewertet werden. Bei der Probennahme soll der Patient nüchtern sein, da nach Nahrungsaufnahme der Eisenwert ansteigt und die TfS zu hoch berechnet wird.

Berechnung der Transferrinsättigung

Die Berechnung der TfS darf nur aus Werten der gleichen Probe erfolgen. Es darf keine Akute-Phase Reaktion vorliegen, der CRP Wert muss normal sein, da ansonsten eine zu niedrige TfS bestimmt wird.

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7.6 Hepcidin

Lothar Thomas

7.6.1 Hepcidin reguliert den systemischen Eisenstoffwechsel

Hepcidin wird in der Leber als Pre-prohepcidin, einem aus 84 Aminosäuren bestehenden Peptid gebildet. Durch eine posttranslationale Prozessierung entsteht das 25 Aminosäuren lange aktive Peptid Hepcidin 25, das als der Regulator der systemischen Eisenhomöostase des Organismus wirkt.

In den Geweben hat Hepcidin:

  • Bei erhöhter Synthese einen hemmenden Einfluss auf die Absorption von Eisen durch die Enterozyten des Darmes und die Freisetzung von Eisen aus den Hepatozyten und den Makrophagen des retikuloendothelialen Systems (RES). Bei erhöhter Hepcidinkonzentration im Plasma ist das Speichereisen vermehrt und/oder es besteht eine mit einer Inflammation einher gehende Erkrankung.
  • Bei niedriger Synthese einen fördernden Einfluss auf die Absorption von Eisen durch die Enterozyten des Darmes und die Freisetzung von Eisen aus den Hepatozyten und den Makrophagen. Bei verminderter Hepcidinkonzentration können folgende Störungen vorliegen: Eisenmangel, Hypoxie, Steigerung der Erythropoese und unter Therapie mit Erythropoese stimulierenden Agentien (ESA). Eine niedrige Konzentration von Hepcidin ermöglicht in diesen Situationen den vermehrten Bedarf an Eisen sicher zu stellen. Das Eisen wird bereitgestellt durch eine verstärkte enterale Absorption und die Freisetzung aus den Hepatozyten und dem RES /1/.

7.6.1.1 Regulation des Eisentransports

Die durch Hepcidin induzierte verminderte Abgabe von Eisen aus dem RES und die reduzierte enterale Eisenabsorption beruhen auf der Bindung von Hepcidin an den Eisenexporter Ferroportin von Enterozyten und von Zellen des RES. Somit wird Ferroportin in die Zelle internalisiert und degradiert. Die Eisenretention in den Makrophagen des RES reduziert die Eisenabgabe in das Plasma und vermindert die Eisenverfügbarkeit für die Erythropoese. Die Eisenretention in den Enterozyten vermindert die Absorption von Eisen aus der Nahrung. Summarisch führt eine Erhöhung von Hepcidin zur Anämie auf Grund /2, 3/:

  • Der vermehrten Speicherung von Eisen in den Hepatozyten und im RES.
  • Der verminderten Absorption von Eisen aus der Nahrung.
  • Der Verminderung des funktionellen Eisens im Blut.

Die Bildung von Hepcidin wird erheblich von Erkrankungen mit Inflammation beeinflusst. Die bei Inflammation regulativ wirkenden Zytokine, insbesondere IL-6, kompromittieren die systemische Eisenregulation von Hepcidin. Die Bindung von IL-6 an seinen Rezeptor führt zur Phosphorylierung des intrazellulären Signalweges und Aktivierung des Activator of Transcription 3 (STAT3). Dieser interagiert im Zellkern mit dem IL-6 responsiven Element des Promoters von Hepcidin. Somit wird dessen Synthese stimuliert und die erhöhte Konzentration begrenzt die Versorgung der Erythropoese mit Eisen. Das ist z.B. der Fall bei der Anämie chronischer Erkrankungen. Auf diese Weise koppelt die erhöhte Synthese von Hepcidin bei Inflammation den Eisenmetabolismus an die Immunabwehr gegen pathogene Erreger.

Angeborene Störungen des Hepcidin-Ferroportin Achse führen zur Überladung mit Eisen. Die Charakteristika und Funktionen von Hepcidin sind gezeigt in Tab. 7.6-1 – Charakteristika und Funktionen von Hepcidin.

7.6.2 Indikation

  • Diagnose und Differenzierung der Hämochromatose.

7.6.3 Bestimmungsmethode

Isotope dilution micro HPLC-tandem mass spectometry /4/ und Immunoassays /5/. Meist wird das bioaktive Hepcidin-25 bestimmt.

7.6.4 Untersuchungsmaterial

    Serum, nüchtern (Blutentnahme bis 9 Uhr): 1 ml

7.6.5 Referenzbereich

Abhängig vom Verfahren. Isotope dilution micro HPLC-tandem mass spectometry für Hepcidin-25 im Serum: 0,5–23 nmol/l /6/.

7.6.6 Bewertung

Die systemische Regulation der Eisenhomöostase erfolgt durch Hepcidin. Über 80 % der Anämien resultieren aus einem latenten oder totalen Eisenmangel oder Mangel an Funktionseisen. Bei Mangel an Funktionseisen sind die Eisenspeicher gefüllt, das Eisen wird aber durch Vorliegen einer Inflammation aus den Hepatozyten und den Zellen des retikuloendothelialen Systems nicht freigesetzt, so dass ein Mangel an Funktionseisen die Folge ist. Das ist z.B. der Fall bei chronischer Herzinsuffizienz, entzündlicher Erkrankung des Darmes, bei chronischer Niereninsuffizienz oder im Rahmen einer akuten oder chronischen Immunaktivierung bei Infektionen, malignen Tumoren oder Autoimmunerkrankungen. Zur Erklärung und Differenzierung der Störungen der Eisenhomöostase kann Hepcidin beitragen.

Zwischen Ferritin und Hepcidin-25 besteht eine hyperbole Beziehung. Mit steigenden Werten nimmt Hepcidin überproportional zu. Bei einem Hepcidinwert ≤ 0,2 nmol/l (Nachweisgrenze) ist der Ferritinwert im Serum 9 μg/l /7/.

Eine signifikante Beziehung besteht zwischen Hepcidin-25 und jeweils dem CRP, der Transferrinsättigung (TfS), dem sTfR und dem Ferritinindex. Bei einem Hepcidin ≤ 0,2 nmol/l ist die TfS ≤ 14,3 % /7/. Keine Beziehung besteht zwischen Hepcidin-25 und den hämatologischen Markern des Eisenstoffwechsels wie Hb, MCH, % HYPO und dem Hb-Gehalt der Retikulozyten (CHr, RetHe/8/. Störungen in der Regulation der Hepcidin-Ferroportin Achse zeigt Tab. 7.6-2 – Störungen der Regulation von Hepcidin und Ferroportin.

Durch die Kombination von Hepcidin mit dem CHr in einem Plot ist die Differenzierung von IDA, ACD, ACD/IDA und ACD/IRE möglich (Abb. 7.6-1 – Differenzierung von IDA, ACD, der Kombination ACD/IDA und Iron-restricted erythropoiesis bei ACD).

7.6.7 Hinweise und Störungen

Bestimmungsmethode

Die Messbereiche liegen bei 0,2–200 nmol/l. Als Standard wird synthetisches Hepcidin-25 verwendet. Es entspricht 1 nmol der Masse von 2,789 μg. Die untere Nachweisgrenze der massenspektrometrischen Verfahren liegt bei 0,2 nmol/l, die Immunoassays sind unempfindlicher. In einem internationalen Ringversuch /14/ zeigten die verschiedenen massenspektrometrischen Verfahren eine akzeptable Übereinstimmung, aber einen erheblichen Unterschied zu den Immunoassays.

Zur Diagnose des Eisenmangels bei Ferritinwerten unter 15 ug/l zeigte ein Hepcidinwert < 10 ug/l im Immunoassay eine diagnostische Sensitivität von 93,1 % bei einer Spezifität von 85,5 %. Bei einem Ferritinwert < 30 ug/l hatte der Hepcidinwert < 10 ug/l eine diagnostische Sensitivität von 67,6 % bei einer Spezifität von 91,7 % /29/.

Probennahme

Die Probennahme sollte morgens erfolgen, da Hepcindin im Verlaufe des Tages ansteigen /4/.

Einflussgrößen

Eisentherapie und Bluttransfusionen erhöhen die Konzentration von Hepcidin im Ablauf des Tages. Ein angeborener diurnaler Rhythmus anstatt die Aufnahme von Eisen mit der Nahrung soll dafür verantwortlich sein /15/.

7.6.8 Pathophysiologie

Hepcidin und die systemische Eisenregulator

Die systemische Eisenregulation sorgt für eine stabile Konzentration von an Transferrin gebundenen Eisen im Plasma (Tab. 7.6-1 – Charakteristika und Funktionen von Hepcidin). Hepcidin ist der prinzipielle Regulator des Plasmaeisens. Das von den Hepatozyten gebildete Prä-Propeptid von Hepcidin besteht aus einer N-terminalen 24 Aminosäuren langen Signalsequenz und dem 60 Aminosäuren langen Prohepcidin. Von diesem wird ein C-terminales 25 Aminosäuren langes Peptid, das Hepcidin-25, abgespalten (Abb. 7.6-2 – Struktur von Hepcidin-25).

Stellglied der von Hepcidin 25 regulierten systemischen Eisenhomöostase ist das in der Zellmembran lokalisierte Exportprotein Ferroportin. Es wird exprimiert von den Zellen, die Eisen exportieren wie Makrophagen des retikoloendithelialen Systems, Enterozyten, Hepatozyten und Synzytiotrophoblasten /16/. Durch Bindung von Hepcidin an Ferroportin wird dieses in die Zelle internalisiert und in den Lysosomen degradiert. Somit gelangt kein Eisen in die Zirkulation und die Folge ist ein Mangel an Funktionseisen. Das relevante Signal für die Endozytose von Ferroportin ist dessen Ubiquinierung nach Bindung von Hepcidin. Die Substitution von Lysin in der Region 229–269 des Ferroportins hemmt die Ubiquinierung /16/. Sie auch Abb. 7.6-3 – Internalisierung von Ferroportin in Enterozyten und Makrophagen nach Bindung von Hepcidin.

Sind die Eisenspeicher gefüllt oder überladen bildet die Leber Hepcidin. Am Dünndarm bewirkt Hepcidin eine Internalisierung von Ferroportin wodurch die enterale Eisenaufnahme blockiert wird. Sind die Eisenspeicher nur gering gefüllt, wird die Synthese von Hepcidin gehemmt und Ferroportin wird in der basolateralen Membran des Enterozyten exprimiert. Somit wird Eisen vom Enterozyten aufgenommen und zur Bindung an Transferrin weitergeleitet. Ähnlich funktioniert auch die Hepcidin-Ferroportin Interaktion, die das Recycling von Eisen in und aus Makrophagen steuert /17/. Der Export von Eisen aus den Enterozyten, Hepatozyten und Makrophagen erfordert neben der Hepcidin-Ferroportin Achse eine Ferrioxidase (Hephestin in Enterozyten, Coeruloplasmin in Makrophagen) zur Tranformation von Fe2+ in Fe3+, damit Eisen an Transferrin gebunden werden kann. Siehe Abb. 7.1-4 – Regulierung des intrazellulären Eisenpools des Enterozyten.

Die Stimulation der Hepcidinsynthese erfolgt durch Eisen (Erhöhung des intrazellulären Eisenpools) und durch eine Inflammation, induziert durch Interleukin-6.

Mutationen im Hepcidin Gen führen zu einem unwirksamen Hepcidin. Die enterale Aufnahme vom Eisen wird nicht gebremst, die Folge ist eine Eisenüberladung /17/.

7.6.8.1 Regulation der Hepcidinsynthese

Zwei wichtige Stimuli regulieren die Synthese von Hepcidin:

  • Stores regulator: Er reguliert den Gehalt des Organismus an gespeichertem Eisen. Füllen sich die Eisenspeicher, sezernieren die nicht-parenchymatösen Zellen das Bone morphogenetic protein 6 (BMP6). Dieses bindet an den BMP Rezeptorkomplex auf der Oberfläche der Hepatozyten und die Synthese von Hepcidin wird gesteigert durch Aktivierung des SMAD Signalwegs. Die steigende Konzentration von Hepcidin reduziert die enterale Aufnahme von Eisen, verhindert die Freisetzung von Eisen und fördert die Lagerung von Eisen als Ferritin oder Hämosiderin in den Speicherzellen (Makrophagen, Hepatozyten).
  • Erythroferron (ERFE): Bei ineffektiver Erythropoese wird die Synthese von Hepcidin in der Leber gehemmt. So führt, z.B. unter den Bedingungen einer Hämolyse, bei der eine hyperproliferative Erythropoese des vermehrten Eisens bedarf, die Verminderung von Hepcidin zu einer verstärkten Bereitstellung von funktionellem Eisen. ERFE, das vom Gen ERFE kodiert wird, ist ein Signalmolekül bei diesem Zustand. Erythroferron wird von einem expandierenden Erythroblasten Kompartiment gebildet und hemmt die Bildung von Hepcidin.

7.6.8.2 Eisensensing

Das Sensing von Eisen ist ein wichtiger Schritt zur Induktion von Stimuli zur Regulation der Synthese von Hepcidin /1517/.

Siehe:

Eisensensing durch Hepatozyten

Das zentrale Organ des Eisensensing ist die Leber. Das Eisensensing des Hepatozyten geschieht über die Bone morphogenetic proteins (BMPs) und deren Rezeptoren und auch über den Transferrinrezeptor-1 /1820/.

Beim Eisensensing durch die BMP-Rezeptoren handelt sich um den Standardweg des Eisensensing. Die Synthese der BMP hängt allein von der Eisenkonzentration im Blut ab. Besteht ein Überschuss an Eisen im Zytoplasma des Hepatozyten werden von diesem BMP, insbesondere BMP6 ins Plasma abgegeben /18/. BMP6 ist der zentrale endogene Regulator von Hepcidin und wird nur im Hepatozyten, nicht aber im Enterozyten gebildet /19/. BMP6 aktiviert seine Rezeptoren BMPR I und BMPR II in Gegenwart des Korezeptors Hemojuvelin /21/. Letzterer bildet nach Phosphorylierung mit SMAD4 einen Komplex, der zum Zellkern translociert und die Transkription des Hepcidingens HAMP aktiviert. In Gegenwart von Eisen-gesättigtem Transferrin wirkt der HFE-TfR-2 Komplex als Eisensensor auf der Zellmembran des Hepatozyten und aktiviert die Bildung von Hepcidin auf eine noch nicht bekannte Weise.

Siehe Abb. 7.6-4 – Signale und Wege der Hepcdin-Expression.

Die transmembrane Serinprotease-6 (TMPRSS6) kann die Hepcidinexpression hemmen durch Abtrennung des Hemojuvelins vom heterotetrameren Komplex /22/. Neogenin stabilisiert demgegenüber den Komplex.

Bei Mangel von Eisen im Hepatozyten wird von diesem Hemojuvelin (HJV) ins Plasma abgegeben. Es kompetiert mit seiner Membran gebundenen Form, kann dieses verdrängen und da es wahrscheinlich funktionell inaktiv ist, wird die Funktion des heterotetrameren BMP-Komplexes gehemmt und somit auch die Expression von Hepcidin.

7.6.8.3 Hepcidinanstieg bei Inflammation

Inflammatorische Erkrankungen induzieren die Expression von Hepcidin. Der Hauptakteur ist IL-6. Über den IL-6-Rezeptor wird der STAT-3-Signalweg aktiviert (STAT, Signal tranducers and activators of transcription). Auch können inflammatorische Zytokine und Lipopolysaccharide das endoplasmatische Retikulums (ER) aktivieren. Dieses induziert durch Bildung des c-AMP responsive element (CREBH) die Hepcidinsynthese. Der Hepcidinanstieg bei Infektion bewirkt eine Verminderung des zirkulierenden Eisens. Das wird als ein genereller Abwehrmechanismus gegen vielfältige Infektionen angesehen um eindringenden Erregern keine optimalen Möglichkeiten zur Vermehrung zu bieten. Umgekehrt kann die Aufnahme von Eisen in die Makrophagen und die dadurch verminderte Konzentration von Eisen in der Zirkulation auch nachteilig für die Abwehr von Erregern sein /23/.

7.6.8.4 Suppression von Hepcidin durch Hypoxie, Anämie, Inflammation und chronische Lebererkrankung

Hypoxie, Anämie und Eisenmangel hemmen die Expression von Hepcidin. Das geschieht über den Hypoxic inducible factor, Erythropoetin und Erythroferron. Letzteres wird nach verstärkter Synthese von Erythropoetin von den Erythroblasten im Knochenmark und in der Milz gebildet und hat eine direkte Wirkung auf die Synthese von Hepcidin.Die Bildung von Hepcidin wird gehemmt und somit die Eisenverfügbarkeit zur Bildung von Blutzellen erhöht /24/.

Auch bei Eisenmangel erhöhte Konzentrationen von löslichen Hemojuvelin, das mit Membran gebundenen Hemojuvelin um die Bindung im heterotetrameren Signalkomplex kompetiert, hemmen die Synthese von Hepcidin.

Mit Eisen beladenes Tf im Plasma ist eine wesentliche Determinante der Expression von Hepcidin /25/. Besonders das mit zwei Eisenatomen beladene Tf soll nach Stimulation der Erythropoese mit ESA hemmend auf die Expression von Hepcidin wirken.

Die Hepcidinkonzentration im Serum ist niedriger bei Patienten mit Hepatitis C und bei alkoholischer Lebererkrankung im Vergleich zu gesunden Kontrollen /30/.

7.6.8.5 Seltenere hereditäre Hämochromatosen

Seltenere Formen, die auch einen Mangel an Hepcidin verursachen, beruhen auf Mutationen in den Genen des Transferrinrezeptors 2, Hämojuvelin, Hepcidin und Ferritin. Mit Ausnahme der Ferroportin Erkrankung sind bei allen hereditären Hämochromatosen die klinischen, labordiagnostischen und histologischen Merkmale vergleichbar. So ist:

  • Die intestinale Eisenabsorption nicht reguliert und die rasche Freisetzung von Eisen aus den Hepatozyten und Makrophagen führt zu einer hohen TfS.
  • Die hohe TfS begünstigt die zelluläre Aufnahme von Eisen durch den TfR und Deponierung des Eisens intrazellulär, besonders in den Hepatozyten.
  • Die Makrophagen sind relativ verarmt an Eisen und der Eisenverbrauch der Hämatopoese ist normal.
  • Das in der Leber gebildete Peptid Hepcidin ist unwirksam und reguliert nicht mehr die Eisenfreisetzung.

Durch Ablagerung von Eisen in den parenchymatösen Organen kommt es bei der hereditären Hämochromatose (HH) zu folgenden Erkrankungen: Leberfibrose, Hypogonadismus, Kardiomyopathie, Diabetes mellitus, Arthropathie und Hautpigmentierung. Die schwersten Formen der HH werden im Kindesalter und frühen Jugendalter, gewöhnlich aber vor dem 30. Lj. diagnostiziert. Jedes Kind mit hypogonadotropen Hypogonadismus, nicht erklärbarer Kardiomyopathie oder Leberzirrhose sollte auf HH untersucht werden. Die schweren Formen der HH bei Erwachsenen mit Diabetes, Leberzirrhose und Arthritis manifestieren sich bei Männern erst in der Lebensdekade 5–6 und bei Frauen noch später.

Bei der β-Thalassämie führt die Mutation in beiden Globingenen zu einem Mangel an Hämoglobin und einer verminderten Funktion der Erythrozyten. Es resultiert eine Hypoxie mit gesteigerter Bildung von Erythropoetin und vermehrter Bildung roter Blutzellen. Insgesamt resultiert eine ineffektive Erythropoese. Die Synthese von Hepcidin ist reduziert, bedingt durch Erythroferron, das unter der Wirkung von Erythropoetin in den Erythroblasten gebildet wird.

Die Kriterien zur Diagnose der HFE-Hämochromatose nach den Leitlinien der European Association for the Study of Liver Disease (EASL) sind aufgeführt in Tab. 7.1-7 – Kriterien zur Diagnose der HFE-Hämochromatose.

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Tabelle 7.1-1 Prävalenz von Eisenmangel und Eisenmangelanämie

Personen

Alter

Eisen-

mangel (%)

Eisenmangel-

Anämie (%)

Frauen /63/

20–49

11

5

50–69

5

2

> 70

7

Männer /63/

20–49

< 1

< 1

50–69

2

> 70

4

Schwangere /63/

1. Trimester

9

2. Trimester

14

3. Trimester

37

Kinder /58, 59/

9–12 Monate

11

3

1–2 Jahre

9

3

> 2–18 Jahre

9–11

2–5

Global Prävalenz /60/

Kinder (%)

Frauen (%)

Männer (%)

  • Afrika

60

41

28

  • Lateinamerika

46

23

11

  • Mittlerer Osten

63

44

17

  • Südostasien (Indonesien,

Sri Lanka, Thailand)

49

49

32

  • Südostasien (Bangladesh Indien, Myanmar, Nepal)

66

60

36

  • Nordamerika

7

8

5

Tabelle 7.1-2 Zustände mit Eisenrestriktion

Mangel

Erklärung

Speichereisen-Mangel

Eine negative Eisenbalance reduziert primär das Speichereisen (mobilisierbares Eisen). Sind die Speicher leer, aber das Funktionseisen (Eisen der Zirkulation) ist noch nicht betroffen, liegt nur ein Speichereisen-Mangel vor. Ferritin ist bei Frauen und Kindern < 20 μg/l und bei Männern < 30 μg/l, die Transferrinsättigung (TfS) ≥ 16% bzw. 20 %.

Subklinischer Eisenmangel

Zustand vergleichbar dem isolierten Mangel an Speichereisen.

Absoluter Eisenmangel

Alle Eisenkompartimente und Eisen-abhängige Funktionen des Organismus sind vom Eisenmangel betroffen.

Eisenmangel-Anämie

Wenn das Funktionseisen deutlich vermindert und die Eisenspeicher leer sind, kann die Eisenversorgung der Erythropoese, die für eine normale Hämoglobinsynthese erforderlich ist, nicht länger aufrecht erhalten werden und es resultiert eine Anämie.

Laborbefunde: Mikrozytäre hypochrome Anämie, Ferritin ≤ 30 μg/l, TfS < 16 (20) %, soluble Transferrinrezeptor (sTfR) erhöht, Ferritin Index (sTfR/log10 Ferritin) erhöht, Zink-Protoporphyrin ≥ 100 μmol/mol Häm, Retikulozytenhämoglobin (CHr, RetHe) < 28 pg, hypochrome Erythrozyten (%HYPO) > 3,8 %.

Eisen-restriktive Erythropoese /61/

Die Eisenrestriktion ist ein gängiger Vorgang bei vier verschiedenen klinischen Zuständen:

  • Dem absoluten Eisenmangel.
  • Der Eisenretention (verminderte Freisetzung von Eisen aus Speichern). Der Mechanismus der Eisenretention umfasst die retikuloendotheliale Blockade von Eisen und tritt bei der Anämie chronischer Erkrankungen (ACD) auf. Bei diesem Zustand, verhindert eine erhöhte Freisetzung der Leber von Hepcidin den retikuloendothelialen Eisenexport aus und den Zellen des retikuloendothelialen Systems und den Hepatozyten. Jedoch die hohe Kapazität der Eisenbindung von Transferrin versorgt den Erythroblasten eine lange Zeit mit dem für die Hämoglobinbildung erforderlichen Eisen, trotz der Eisenrestriktion. Der Erythrozyt ist normozytär normochrom, jedoch die Erythrozytenzahl ist erniedigt, da Hepcidin die Proliferation der Erythropoese hemmt.
  • Funktioneller Eisenmangel (Imbalance zwischen der Eisenerfordernis der Erythropoese und der Eisenverfügbarkeit).
  • Hereditäre Ursachen, die zu einem verminderten Eisentransport oder einer verminderten Utilisation von Eisen führen.

Funktioneller Eisenmangel

Der funktionelle Eisenmangel ist durch die verminderte Freisetzung von Eisen aus den Speichern charakterisiert. Bei diesem Zustand sind die Eisenspeicher nicht in der Lage die Anforderungen der Erythropoese nach Eisen zu erfüllen. Eisenrestriktion ist die wesentliche Ursache des funktionellen Eisenmangels und beruht auf chronisch inflammatorischen Erkrankungen (chronische Herzinsuffizienz, chronische Niereninsuffizienz, chronisch entzündliche Darmerkrankung).

Laborbefunde: Häufig normozytäre normochrome Anämie, Ferritin > 100 μg/l, TFS < 20 %.

Thrombozyten- und Plasmapherese

Die häufige Apherese von Plasma und von Thrombozyten kann zu einem Eisendefizit des Spenders führen, insbesondere bei Frauen. Nach der Apherese sind bei den Spendern Hämoglobin und Ferritin signifikant niedriger als vorher /72/.

Tabelle 7.1-3 Eisenmangel bei verschiedenen Personen und bei Erkrankungen

Kinder: Der Eisenstatus ändert sich im ersten Lebensjahr erheblich auf Grund des Wachstums des Kindes und der konsekutiven Zunahme der roten Blutzellmasse. Normalerweise haben Neugeborene relativ hohe Eisenspeicher im Vergleich zum Ende des 1. Lj. (siehe auch Beitrag 7.3 – Ferritin). In den USA haben etwa 65 % der Neugeborenen diabetischer Mütter, 50 % der Neugeborenen mit Wachstumsretardierung und 5 % der Neugeborenen ohne Komplikationen einen Eisenmangel /24/. Hat die Mutter eine Eisenmangelanämie, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind am Ende des 1. Lj. ebenfalls eine Eisenmangelanämie hat, 6,6-fach höher als bei Schwangeren mit normalem Eisenstatus /25/. Die Ursache des Eisenmangels bei Kindern diabetischer Mütter und bei intrauteriner Wachstumsretardierung soll eine Störung des feto-maternalen Eisentransfers oder eine gesteigerte Erythropoese auf Grund intrauteriner Hypoxämie sein. Eine wesentliche Ursache des Eisenmangels im 1. Lj. ist die Verfütterung von Kuhmilch, denn diese enthält nur 0,6 mg Eisen pro Liter. Von Kindern, bei denen die Verfütterung von Kuhmilch schon vor dem 6. Lebensmonat beginnt, haben 26 % nach 2 Jahren einen Eisenmangel, diejenigen mit Brustmilchernährung oder Formeldiät haben einen normalen Eisenstatus /25/. Im Alter unter 5 J. beträgt die Prävalenz des Eisenmangels bei Kindern in den Industrienationen 4–20 %, in den Entwicklungsländern bis zu 80 %. Während der Pubertät ist die Erythropoese 2–3 fach gesteigert, die Entwicklung der Muskulatur und die Zunahme des Blutvolumens erfordert bei Jungen in einem Zeitraum von 2 Jahren einen enormen Eisenbedarf. Die Menge des Speichereisens nimmt in diesem Zeitraum um 50 % zu, die Menge des intestinal absorbierten Eisens beträgt mindestens das 4 fache des zur Verfügung gestellten Speichereisens /26/. Der Eisenmangel verursacht nicht nur eine Anämie, sondern hat auch negative Effekte auf die kognitive Funktion, das Wachstum, die motorischen Funktionen und die Immunfunktion in der Abwehr von Infektionserregern.

Blutspender: Bei einer Blutspende gehen 200–250 mg Eisen verloren, entsprechend 0,5 mg/ml Blut bei einem Hb von 150 g/l. Etwa 6 % der männlichen Mehrfach Blutspender haben einen Eisenmangel mit einer höheren Prävalenz, wenn 4 Einheiten pro Jahr gespendet werden /27/. Blutspender haben in etwa gleicher Prävalenz einen prä-latenten und latenten Eisenmangel (Männer 6 %, Frauen 11 %) /28/. Nach Untersuchungen an älteren Blutspendern kommt es bei einer jährlichen Spendefrequenz von 5 Einheiten nach 3 Jahren zu einer Entleerung der Eisenspeicher trotz Eisensubstitution, nicht aber zu einer Anämie. Es wird angenommen, dass bei einem Ferritinwert von 20 μg/l eine kompensatorisch erhöhte intestinale Eisenabsorption stattfindet, die ausreicht, den Eisenbedarf zu decken /29/. Bei der präoperativen Eigenblutspende resultiert eine erhebliche Erniedrigung des Eisenbestandes des Organismus in kurzer Zeit.

Schwangerschaft: Während der 280 Tage einer Schwangerschaft gehen der Schwangeren im Mittel 3 mg Eisen/Tag (entsprechend 840 mg) für die Versorgung des Feten und während der Entbindung verloren. Bis zu 2 Jahre normale Eisenaufnahme sind erforderlich, um diesen Verlust zu ersetzen. Theoretisch sind während der Schwangerschaft 500 mg Speichereisen zur Versorgung erforderlich. Diese Menge haben nur 20 % der Frauen im gebärfähigen Alter, 40 % haben ein Speichereisen von 100–500 mg und 40 % haben kein Speichereisen. Der Eisenbedarf in der Frühschwangerschaft beträgt 0,8 mg/Tag und in der Spätschwangerschaft 7,5 mg/Tag. Trotz erhöhter Eisenabsorption entwickeln etwa 20 % der Schwangeren, bedingt durch keine oder eine mangelnde Eisensubstitution, eine Anämie. Mehrere Schwangerschaften in Folge oder das Stillen erhöhen den Eisenmangel. Beim Stillen gehen täglich zusätzlich 0,5–1 mg Eisen verloren /30/. Eine Eisenmangelanämie während der Schwangerschaft ist mit einer über 2-fach erhöhten Frühgeburtlichkeit verknüpft. Das gilt auch für eine Anämie vor Mitte der Schwangerschaft. Eine frühe Eisentherapie vermindert dieses Risiko.

Blutungen: Gastrointestinale Blutungen sind die häufigste Ursache des Eisenmangels. So hatten nach einer Studie /31/ 62 von 100 konsekutiv stationär aufgenommener Patienten mit Eisenmangelanämie eine Blutung des oberen oder unteren Gastrointestinaltrakts. 58 % der Patienten zeigten eine Blutungsquelle im oberen Gastrointestinaltrakt, meist handelte es sich um ein peptisches Ulkus, 40 % zeigten eine Blutung im Kolon, vorwiegend lag ein Karzinom vor.

Nutritiver Eisenmangel: Eisen aus Häm und Nicht-Hämeisen sind die Quellen des täglichen Eisenbedarfs. Hämeisen stammt aus Fleisch, Fisch und Geflügel und hat eine hohe Bioverfügbarkeit, da es, gebunden an den Porphyrinring, absorbiert wird. Nur 2–3 mg elementares Eisen werden vom Gastrointestinaltrakt täglich absorbiert, auch wenn 50–100 mg verabreicht werden. Bei Verabreichung einer Eisendosis von 5 mg werden 60 % absorbiert, bei 100 mg nur noch etwa 10 %. Fe3+ wird nicht absorbiert, da bei einem pH über 3 nicht löslich. Die Absorption von elementarem Eisen ist von Variablen abhängig wie der Nahrungszubereitung, der Verdauung, der Galenik des Eisenpräparates und dem Gehalt natürlicher Liganden, die eine Eisenabsorption inhibieren. Solche Liganden sind /32/:

  • Phytate, die einen Anteil von 1–2 % an Getreide, Nüssen und Hülsenfrüchten ausmachen. So bewirkt die Zugabe von 10 mg Phytaten zu einer Phytat-freien Brotmahlzeit die Reduktion der Eisenabsorption auf 41 %.
  • Polyphenole, die in Gemüsen, Tee und Hülsenfrüchten vorhanden sind, haben eine inhibitorische Wirkung, die vorwiegend durch die Eisenbindung der Galactane bedingt ist.
  • Calcium in Form von Milch, Käse oder Calciumchlorid reduziert in einer Menge von 165 mg die Aufnahme von elementarem Eisen um 50 %.

Der hohe Anteil von Getreide und Gemüse und der geringe Anteil an Fleisch ist eine wesentliche Ursache des Nahrungs-bedingten Eisenmangels in den Entwicklungsländern. In den Industrienationen beträgt der Eisengehalt im Mittel 6 mg pro 1.000 kcal. In einer Studie /15/ betrug die tägliche Eisenaufnahme bei Männern 12–15 mg und bei Frauen 7,5–11 mg. Der Anteil des Hämeisens betrug 10–13 %. Da das Hämeisen etwa 4-fach besser absorbiert wird als elementares, ist nicht so sehr der absolute Eisengehalt der Nahrung maßgebend, sondern die Zusammensetzung /33/. Fleisch erhöht auch die Aufnahme von elementarem Eisen, so dass in Industrieländern mit höherem Fleischverzehr als in Entwicklungsländern, davon ausgegangen werden kann, dass die direkten und indirekten Effekte von Fleisch zu mehr als 50 % zur täglichen Eisenversorgung beitragen /32/.

Wurminfektion: Die Besiedlung mit den Hakenwürmern, Ankylostoma duodenale und Necator americanus sind die häufigsten Infektionen mit Helminthen und treten häufig in der Subsahara Region und Südostasien auf. Die erwachsenen Würmer setzen Antikoagulantien frei und nehmen täglich 0,03–0,15 ml Blut pro Wurm auf /71/. Aufgrund der Präsenz mehrerer Würmer kann es täglich zu einem Blutverlust von 5 ml und damit einem Eisenverlust von 2,5 mg kommen. Nach Jahren resultiert ein Eisenmangel. Die Infektion mit Trichuris trichiuria verursacht nur selten einen Eisenmangel /34/.

Malabsorption: In ferrokinetischen Untersuchungen zeigten Patienten mit chronischem Blutverlust oder nutritivem Eisenmangel eine Absorption von ≥ 50 % des verabreichten 59Fe. Patienten mit inkompletter (partieller) Malabsorption, idiopathisch oder sekundär nach Gastrektomie, von 10–49 % und diejenigen mit schweren gastrointestinalen Erkrankungen wie Sprue oder M. Crohn des oberen Gastrointestinaltraktes von unter 10 % /35/. Es wird angenommen, dass die mangelnde Eisenabsorption auf dem vermehrten Verlust von Eisen-enthaltenden Enterozyten beruht.

Tabelle 7.1-4 Diagnostik der Eisenrestriktion bei Patienten ohne Anämie und Ferritinwerten > 30 μg/l /18/.

Test und Ergebnis

Score

sTfR > 1,17 mg/L (Siemens), > 3,0 mg/L Roche

1

Ferritin index (sTfR/log10 ferritin) > 0,81 (Siemens), > 2,28 ((Roche)

2

Eine Anzahl von 3 Punkten zeigt die Eisenrestriktion an

Tabelle 7.1-5 Klassifizierung der hereditären Eisenüberladung

Typ

Präsentation

Gen

Protein

Pathophysiologie

Vererbung

Gestörte Hepcidin-Ferroportin-Achse

  • HH Typ 1

Erwachsen

HFE

HFE

Durch Mutation im HFE inaktives Protein, deshalb Signalgebung für Hepcidin Synthese gestört

AR

  • HH Typ 2A

Juvenil

HJV

Hemojuvelin

Durch Mutation in HJV, Synthese von Hemojuvelin gestört

AR

  • HH Typ 2B

Juvenil

HAMP

Hepcidin

Durch Mutation in HAMP, Synthese von Hepcidin gestört

AR

  • HH Typ 3

Erwachsen

TFR2

Transferrin-Rezeptor 2

Durch Mutation in TFR2, Synthese von TFR2 gestört

AR

  • HH Typ 4 A

Erwachsen

FP (LOF)

Ferroportin

Loss of function Mutation in FP, Synthese von Ferroportin gestört

AD

  • HH Typ 4 B

Erwachsen

FP (GOF)

Ferroportin

Gain of function Mutation in FP, Synthese von Ferroportin gestört

AD

Gestörter Eisentransport

  • Acoerulo-

­plasmin­ämie

Erwachsen

Cp

Coerulo-plasmin

Inadäquate Eisenaufnahme des Erythrons

AR

  • DMT1-Mutation

Juvenil

DMT1

Divalenter Metall­-transporter

Inadäquate Eisenaufnahme des Erythrons und des Enterozyten

AR

Ineffektive Erythropoese

  • Thalassämie

Juvenil

Globin

Globin

Erythropoese ineffektiv, Herunterregulierung von Hepcidin, deshalb enterale Eisenabsorption erhöht

AR

  • Kongenitale sidero­blastische Anämien

Variabel

ALAS2, SLC25A38

GLRX5

ABCB7

Hämvorläufer

Meist Mutation in Genen zur Produktion von Hämvorläufern. Eisen das in Protoporphyrin IX eingebaut werden sollte akkumuliert in Mitochondrien.

XL

AR

AR

XL

  • Kongenitale dys­ery­thro­poetische Anämie

Juvenil

DAN1

(Typ 1)

SEC23B

(Typ 2)

Unbe-

kannt

(Typ 3)

Mangelnde Glykosilierung von Proteinen der Erythro-zyten

Defekte Produktion von Erythrozyten aus unterschiedlicher Genese. Milde Hämolyse, charakteristische Erythro­blasten­morphologie.

AR

AR

AD

AD, autosomal dominant; AR, autosomal rezessiv; HH, hereditäre Hämochromatose

Tabelle 7.1-6 Klinik und Labordiagnostik der hereditären Hämochromatosen (HH)

HFE-Hämochromatose: Das Gen HFE kodiert das HFE-Protein. Mutationen in diesem HLA assoziierten Gen führen zur Inaktivität des HFE-Proteins, dessen Folge eine HH sein kann. Ein einzelner homozygoter Nukleotidaustausch (845G>A/845G>A) führt zur Substitution von Tyrosin für Cystein (Cys282Tyr) in der Aminosäureposition 282 im HFE-Protein, auch als C282Y/C282Y bezeichnet. Die Mutation liegt bei 80 % der Patienten mit HH in Nordeuropa vor. Der Compound heterozygote Typ 845G>A/387C>G, der eine Cys282Tyr und His63Asp Mutation kodiert, auch als C282Y/H63D bezeichnet, macht den Rest aus. Bei der homozygoten C282Y Mutation kommt es im HFE-Protein nicht zur Ausbildung einer Disulfidbindung, die zur Kopplung an β2-Mikroglobulin erforderlich ist. Die Interaktion der beiden Proteine ist notwendig, damit HFE an die endosomale Membran und in die Zellmembran transportiert wird. Dort interagiert HFE mit dem TfR1 und löst die Signalgebung zur Hepcidin Synthese aus. Auf Grund des Mangels an Hepcidin resultiert eine unkontrollierte Freisetzung von Eisen durch Ferroportin aus den Enterozyten und Makrophagen. Die mittlere allele Frequenz von C282Y der Bevölkerung in Mittel- und Nordeuropa ist etwa 6 % und die Prävalenz der C282 Homozygotie in der weißen Bevölkerung ist 1 : 200 bis 1 : 300. Ein anderer Polymorphismus in HFE, der H63D hat eine höhere Prävalenz mit einer allelischen Frequenz von etwa 14 %, hat aber ein niedriges HH-Risiko. Auch der S65C-Polymorphismus in HFE ist ebenfalls in seltenen Fällen mit HH assoziiert, wenn er gemeinsam mit dem Allel C282Y vererbt wird.

Genotyp C282Y/C282Y /436/

Penetranz: Die Penetranz der homozygoten Mutation ist nicht hoch. So ist zwar einer von 200 Nordeuropäern betroffen, aber nur jeder Vierte hat eine HH-Symptomatik.

Klinik: In der Gesundheit zeigen C282Y-Homozygote generell keine wesentlichen Unterschiede zu gesunden Kontrollen. Liegen klinische Symptome vor, meist erst ab der 5. Lebensdekade, korrelieren diese nicht mit den labordiagnostischen Markern der Eisenüberladung. Global besteht in der Prävalenz des Diabetes mellitus, von Gelenkbeschwerden und dem Müdigkeits-Syndrom kein statistischer Unterschied zu Kontrollpersonen. Die Prävalenz der Hautpigmentierungen ist jedoch höher. Auf Grund der erhöhten hepatozytären Eisenspeicherung (Prävalenz 73–96 %) sind hepatische Fibrosen (Prävalenz 8–27 %) und Leberzirrhosen Prävalenz (3–9 %) wahrscheinlich höher als in der Normalbevölkerung. Die hepatische Steatose, männliches Geschlecht und exzessiver Alkoholkonsum haben den größten Einfluss auf die Progression der Leberfibrose.

Bei Patienten mit Beschwerden treten die ersten Symptome im Alter von 40–60 J. auf, bei Frauen gewöhnlich erst in der Menopause. Männer sind 5–10-fach häufiger betroffen als Frauen. Durch die Eisenablagerungen in den Geweben kann es zur Einschränkung der Funktion von Leber, der endokrinen Organe, von Herz und Gelenken kommen. Nach initialen Symptomen wie Schwäche, Müdigkeit, Gewichtsverlust, Änderung der Hautfarbe, Bauchschmerzen und Libidoverlust können eine sich entwickelnde Leberzirrhose, eine Kardiomyopathie oder Diabetes mellitus das klinische Bild bestimmen.

Labordiagnostik: Ein labordiagnostisches Bevölkerungsscreening ist auf Grund der geringen Penetranz wenig sinnvoll, aber ein Kaskadenscreening bei Personen mit familiärer Belastung oder hepatischen Beschwerden. Basisuntersuchung ist die TfS. Werte der TfS bei Kindern und Frauen ≥ 45 % und Männern ≥ 50 % sind hinweisend. Die Werte steigen mit zunehmenden Alter an und nahmen in 25 Jahren in der Copenhagen Heart Study in der Altersgruppe von 25–85 J. bei Männern von 70 % auf 80 % zu und bei Frauen von 50 % auf 70 % /39/. Wird weiterführend Ferritin bestimmt, so sind bei Frauen Werte über 200 μg/l und bei Männern über 300 μg/l hinweisend. In einer Studie /40/ mit 99.711 Probanden unterschiedlicher Rasse waren 227 homozygot für C282Y. Von diesen hatten 84 % der Männer eine TfS über 50 % und 73 % der Frauen über 45 %. 88 % der Männer hatten einen Ferritinwert über 300 μg/l und 57 % der Frauen über 200 μg/l. Eine Ferritinkonzentration ≥ 1.000 μg/l, die hinweisend auf eine Lebererkrankung sein kann, hatten 13 % der homozygoten C282Y-Träger. Die Konzentration von Hepcidin ist leicht bis mäßig vermindert.

Nach der Health Iron Study /41/ in Melbourne ist die Wahrscheinlichkeit, dass homozygote C282Y-Träger mit Ferritinwerten im Bereich von 300–1.000 μg/l innerhalb der folgenden 12 Jahre eine Ferritinkonzentration über 1.000 μg/l haben werden 25 %. Die Feststellung des HFE-Typs erfolgt molekularbiologisch wenn TfS und Ferritin erhöht sind.

Die Leberbiopsie ist der Goldstandard zur Beurteilung des Grades der Leberfibrose/-zirrhose. Laboruntersuchungen, die bei dieser Fragestellung eingesetzt werden, sind die AST, die in der Hälfte der Fälle bei C282Y-Trägern mit Fibrose erhöht ist, die Thrombozytenzahl und der Ferritinwert. Eine Erhöhung der AST, eine Thrombozytenzahl unter 200 × 109/l und ein Ferritinwert über 1.000 μg/l sollen eine Zirrhose in 90 % der Fälle /42/, nach anderen Studien nur in unter 30 % voraussagen /43/. Ein besserer Marker soll die Hyaluronsäure im Serum sein. In einer Studie /43/ hatte kein C282Y-Träger mit einem Ferritinwert unter 1.000 μg/l eine Leberzirrhose. Diejenigen mit höheren Werten hatten eine Hyaluronsäurekonzentration von 42,0 ± 9,8 μg/l im Vergleich zu Kontrollen mit 19,3 ± 1,8 μg/l. Eine Hyaluronsäurkonzentration über 46,5 μg/l hatte eine 100 %ige Sensitivität und Spezifität zur Erkennung von Patienten mit Leberzirrhose (Tab. 7.1-7 – Kriterien zur Diagnose der HFE-Hämochromatose nach den EASL-Leitlinien/43/.

Therapeutisches Vorgehen: In der Induktionsphase der Venensektion wöchentlich Entnahme von 400–500 ml Blut bis ein Ferritinwert von unter 50 μg/l (mache Empfehlungen 50–100 μg/l) erreicht wird. In der Erhaltungstherapie Blutentnahme alle 3–4 Monate. Eine Eisenmangelanämie soll nicht auftreten. Sie ist kontraproduktiv, denn Eisenmangel induziert einen negativen Feedback mit mangelnder Hepcidin-Expression und der verstärkten enteralen Absorption von Eisen /36/.

– Compound Heterozygote (Genotyp C282/H63D): Compound Heterozygote haben der Genotyp C282/H63D und machen 5–10 % der Patienten mit HH aus. Die Penetranz dieser Erkrankung ist sehr gering und diejenigen mit einer Erkrankung selten.

Labordiagnostik: Die Werte von TfS und Ferritin sind erhöht aber niedriger als bei C282Y-Homozygoten. So betragen die Mittelwerte der TfS und von Ferritin bei Männern 39,2 % und 185 μg/l und bei Frauen 32,2 % und 71 μg/l /4/. Die in der gleichen Studie ermittelten Mittelwerte für den Genotyp C282Y/C282Y betrugen bei Männern 65,3 % und 420 μg/l und bei Frauen 47,1 % und 161 μg/l. In einer anderen Studie /40/ hatten 32 % der Männer Ferritinwerte über 300 μg/l und 20 % der Frauen Werte über 200 μg/l. Hepcidin ist leicht bis mäßig vermindert.

– Genotyp C282Y/wt (C282Y-Heterozygote): Personen mit einem normal Gen (wt, Wildtyp) und einem mutierten C282Y-Gen haben keine HH. Auf Grund der hohen Prävalenz dieses Genotyps wird eher ein Überlebensvorteil erwartet. Betrugen die Werte des Wildtyps von TfS und Ferritin bei Männern 26,7 % und 111 μg/l und bei Frauen 22,8 % und 53 μg/l, so waren sie nur wenig höher bei den C282Y-Heterozygoten (Männer 30,6 %, 118 μg/l, Frauen 26,9 % und 57 μg/l) /4/. Hepcidin ist leicht bis mäßig vermindert

– H63D/H63D und H63/wt: Für Patienten dieser Genotypen gelten im Wesentlichen die Aussagen sowie die TfS- und Ferritinwerte der C282Y-Heterozygoten. Hepcidin ist leicht bis mäßig vermindert.

– S65C: Leichte seltene Form der HH. Im Gen HFE besteht eine Missense Mutation von Adenin nach Thymin, was zu einem Aminosäureaustausch von Serin durch Cystein an Position 65 des Proteins führt.

– E168X: Es liegt eine Nonsense Mutation vor mit einer Basensubstitution von Guanin durch Thymin in Position 502 des Gens HFE, was zur Bildung eines Stoppcodons führt. Die Folge ist die Bildung eines unvollständigen Peptides, dem folgende Domänen fehlen: Zytoplasmatische-, transmembrane- und alpha 3-Domäne. Die HH ist selten und klinisch schwer ausgeprägt.

Hämochromatose Typ 2A und Typ 2B /444/: Beides sind jugendliche HH. Der Typ 2A beruht auf Mutationen im Gen HJV, das für die Kodierung von Hemojuvelin verantwortlich ist, der Typ 2B auf Mutationen im Gen HAMP, das Hepcidin kodiert. Es handelt sich um autosomal rezessive Erkrankungen beider Geschlechter mit voller Penetranz. Die Eisenbeladung beginnt schon im Kindesalter und ist höher als bei der HFE-HH.

Klinik: Bei der Typ 2A-HH ist das mittlere Alter der Präsentation 23,5 ± 5,9 Jahre, bei der selteneren Typ 2B < 30 J. Wie die HFE-HH verursacht die juvenile HH Hypogonadismus, Kardiomyopathie, Leberzirrhose, Diabetes mellitus und Hautpigmentierung, jedoch früher und schwerer. Bei der klinischen Präsentation sind Hypogonadismus und Kardiomyopathie häufiger als eine Erkrankung der Leber.

Labordiagnostik: Bei 37 Patienten im Alter von im Mittel 24 Jahren betrug das Ferritin im Serum 3.200 μg/l und die TfS 91 %. Bei 6 Kindern im Alter von im Mittel 7,5 Jahren war Ferritin 409 μg/l und die TfS 87,5 % /44/. Hepcidin ist stark vermindert oder fehlt ganz.

Therapie-Beurteilung: Ist die Eisenüberladung klar dokumentiert, sollte schon früh mit der Phlebotomie begonnen werden (5–7 ml/kg wöchentlich). Beurteilungskriterien siehe Genotyp C282Y/C282Y.

Hämochromatose Typ 3 /3745/: Bei dieser seltenen HH liegen Mutationen im Gen für die Kodierung des TfR2 vor. Bekannt sind Nonsense Mutationen (Y250X) in TfR2 auf 7q22. Auch sind TfR2 inaktivierende Mutationen bekannt.

Klinik: Diese gleicht wesentlich der HH Typ 1, es liegt jedoch eine große Variabilität vor, die von asymptomatischen Fällen bis zur schweren Eisenüberladung reichen. Auch die geringe Penetranz bei prämenopausalen Frauen entspricht dem Typ 1. An einen Typ 3 muss auch schon im Kindesalter gedacht werden, wenn eine Eisenüberladung vorliegt.

Labordiagnostik: Die TfS zeigt dem Genotyp C282Y/C282Y vergleichbare Werte, Ferritin war bei einigen Patienten normal. Hepcidin ist mäßig vermindert.

Hämochromatose Typ 4 /45/: Es handelt sich um eine seltene, autosomal dominant vererbbare Form der Überladung mit Eisen. Sie beruht auf heterozygoten Mutationen im Gen SCL40AI auf dem Chromosom 2q32. Es wird nicht das Protein Ferroportin kodiert, dass für den zellulären Eisenexport zuständig ist.

Verschiedene Merkmale sind für diese Erkrankung charakteristisch:

  • Im Unterschied zu allen anderen Hämochromatosen liegt ein autosomal dominanter Erbgang vor.
  • Das Eisen wird bevorzugt retikuloendothelial gespeichert, liegt in den Kupffer-Zellen der Leber und nicht in den Hepatozyten vor, eine für die HH unübliche Pathophysiologie. Mit zunehmender Dauer wird aber auch Eisen in den Hepatozyten deponiert, so dass ein gemischtes Speichermuster entsteht.
  • Eine Phlebotomie-Therapie wird bei retikuloendothelialer Eisenspeicherung schlecht vertragen, da ein Teil der Patienten trotz erhöhter Ferritinwerte eine mikrozytäre hypochrome Anämie entwickeln. Nur bei den Patienten mit parenchymaler Eisenüberladung ist diese Behandlung erfolgreich /46/.

Labordiagnostik: Bis zum späten Stadium der Erkrankung haben die Patienten eine niedrige TfS bei hohen Ferritinwerten. Hepcidin ist hochnormal oder erhöht.

Tabelle 7.1-7 Kriterien zur Diagnose der HFE-Hämochromatose nach den EASL-Leitlinien /37/

Kriterien

Vorliegen der C282Y-Mutation

Prävalenz

80,6 % der Patienten mit HFE-Hämochromatose und 0,6 % der Nord- und Mitteleuropäer sind C282Y homozygot. Die Prävalenz der Compound-Heterozygotie C282Y/H63D beträgt 5,3 % bei Hämochromatose und generell 1,3 % in Mittel- und Nordeuropa.

Penetranz

Gemessen am Lebereisengehalt (über 25 μmol/g): Bei Männern 75 %, bei Frauen 52 %.

Laborparameter

Ferritin: Männer > 300 μg/l (Prävalenz 32 %), Frauen > 200 μg/l (Prävalenz 26 %).

TfS zu 4,3–21,7 %, Aminotransferasen zu 24–32 % erhöht.

Morbidität

Generell 10–33 %, wenn detektiert in Hämochromatose-Familien 32–35 %.

Lebererkrankung

Im Vergleich zu Gesunden ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Leberkranker C282Y homozygot ist, 10 fach höher und die Häufigkeit eines Leberzellkarzinoms beträgt 5,5–10 %.

Diabetes mellitus

Der Typ 1-Diabetiker und der komplizierte Typ 2 haben häufiger das C282Y-Allel.

Porphyrie

Die Prävalenz der C282Y-Homozygotie beträgt 9–17 % bei Pophyria cutanea tarda.

Tabelle 7.1-8 Befunde bei C282Y-Hämochromatose mit und ohne Leberzirrhose /36/

Untersuchung

Keine Zirrhose

Fibrosegrad 4 (Zirrhose)

Ferritin > 1.000 μg/l

19 von 44 Patienten

10/10 Patienten

AST (U/l)

34,2 ± 2,8

61,6 ± 7,0

Hyaluronsäure (μg/l)

18,6 ± 1,5

137,7 ± 34,4

Sensitivität/Spezifität

100 %

100 %

Tabelle 7.1-9 Eisenüberladung, nicht auf Störungen der Hepcidin-Ferroportin-Achse beruhend

Transfusions-bedingte Eisenüberladung: Blut hat bei einem Hämatokrit von 45 % einen Eisengehalt von 0,5 g/l und 1 ml Erythrozytenkonzentrat enthalten etwa 1 mg Eisen. Über Transfusionen zugeführtes Eisen wird in den Makrophagen des retikuloendothelialen Systems (RES) deponiert und ist relativ harmlos. Wird aber die Kapazität des RES zur Eisenspeicherung überschritten, kommt es zu einer verstärkten Eisenablagerung in den Parenchymzellen von Leber, Pankreas und weiteren endokrinen Organen.

Das ist bei Hypertransfusionen der Fall /47/, z.B.:

  • Bei Transfusions-bedürftigen β-Thalassämia major Patienten mit einer jährlichen Eisenbeladung von 116–232 mg/kg Körpergewicht, entsprechend einer Menge von 7–14 g Eisen bei einem Körpergewicht von 60 kg.
  • Bei Patienten mit myelodysplastischen Syndrom kann die Bedürftigkeit bis zu 8 Erythrozytenkonzentrate monatlich betragen, entsprechend einer Eisenbeladung von 19 g jährlich.

Eine Leberschädigung bei Hypertransfusion, gemessen als Anstieg der Aminotransferasen, tritt nicht auf, wenn der Lebereisengehalt von 350 μmol/g Trockengewicht nicht überschritten wird /48/.

Klinik: Symptome der Eisenüberladung treten erst dann auf, wenn die gesamte Eisenlast des Organismus 0,4–0,5 g Eisen/kg Körpergewicht, entsprechend der Verabreichung von 100–150 EK erreicht hat /49/. Die Eisenspeicherung in der Leber und den anderen parenchymatösen Organen führt zu einer der Hämochromatose Typ 1 vergleichbaren Symptomatik. Das geschieht gewöhnlich erst nach einem Jahrzehnt und länger. Die Behandlung soll frühzeitig durch die Gabe von Chelatbildnern erfolgen.

Labordiagnostik: Werte der Transferrinsättigung (TFS) über 50 % werden nach 20–30 EKs gemessen. Die Höhe des TfS-Werts ist kein Hinweis für das Ausmaß der Eisenüberladung. Die Ferritinwerte liegen generell über 500 μg/l, der Ferritinwert ist aber nicht signifikant mit der Anzahl der EKs korreliert /48/. Bei Transfusions bedürftigen β-Thalassämia major Patienten liegen die Werte bei 1.500–3.000 μg/l. Eine Therapie mit Chelatbildnern zur Elimination von Eisen sollte begonnen werden bei Ferritinwerten > 1.000 μg/l. Behandlungsziel unter Therapie mit Eisenchelatoren ist eine Ferritinkonzentration < 500 μg/l.

Lebererkrankungen:

Hepatitis C: Histologisch werden leichte Eisenüberladungen der Leber bei etwa 35 % der Patienten nachgewiesen. Die Ferritinwerte betragen bei Männern 179 ± 139 μg/l und bei Frauen 71 ± 100 μg/l (x ± s) /50/. Es wird angenommen, dass der Eisenstatus der Leber bei Hepatitis C die histologische Aktivität und den Grad der Fibrose beeinflusst.

Alkoholischer Leberschaden: Chronische Alkoholiker ohne HH haben gewöhnlich nur eine mäßige Eisenüberladung /51/. Das Speichereisen ist im retikuloendothelialen System und den Kupfferschen Zellen und soll aus geschädigten Hepatozyten stammen. Es wird angenommen, dass der Alkoholiker eine erhöhte intestinale Eisenabsorption hat, da die Verfügbarkeit von Fe3+ auf Grund der hohen Salzsäuresekretion im Magen gut ist. Das ist nicht mehr der Fall, wenn eine Gastritis besteht. Liegt eine Leberzirrhose vor, soll die Tf-gebundene Eisenaufnahme der Leber erhöht sein /50/. Nach einer Studie haben 10 % der schweren Alkoholiker, die zu einem Entzug eingeliefert werden, eine TfS über 60 % und Ferritinwerte im Serum über 1.000 μg/l /50/. Die Höhe der Aminotransferasen und des Ferritinwerts zeigen bei Alkoholikern eine positive Korrelation /52/.

Hämolytische Anämie: Hereditäre hämolytische Anämien können zur Eisenüberladung führen. Die Kombination von Eisenüberladung und hereditärer Sphärozytose tritt bei heterozygoten Merkmalsträgern der HH gehäuft auf /53/. Das ist auch der Fall nach Splenektomie-induzierter Remission bei hereditärer Sphärozytose. Auch soll die Eisenüberladung als Folge eines hereditären Pyruvatkinase-Mangels auftreten können /54/.Sie auch Tab. 7.6-2 – Störungen der Hepcidin und Ferroportin Regulation.

Thalassämie-Syndrom: Die Thalassämien sind weltweit die häufigsten mit einer ineffektiven Erythropoese einhergehenden Anämien. Die Eisenüberladung ist nicht allein durch die Transfusion von Erythrozytenkonzentraten bedingt, sondern beruht auf einer gesteigerten intestinalen Eisenabsorption schon bevor eine Transfusionsbehandlung beginnt.

Bei Patienten mit Thalassämia minor, egal ob sie heterozygot für einen β-Globin-Defekt oder eines der vier β-Globingene sind, liegt eine milde Anämie vor. Diese ist gewöhnlich nicht mit einer Eisenüberladung verknüpft, da die Erythropoese nur minimal ineffektiv ist /55/.

Klinik: Patienten mit Thalassämia major (homozygote β-T), Thalassämia intermedia und der Kombination von β-Thalassämia und HbE haben eine schwere ineffektive Erythropoese und eine erhebliche Speicherung von Eisen in den parenchymatösen Organen und dem RES. Bei der Hämoglobin H Erkrankung sind drei von vier β-Globingenen defekt. Eine Eisenüberladung tritt erst im fortgeschrittenen Alter auf.

Labordiagnostik: Bei heterozygoter β-T ist die TfS > 35 %, Ferritin im Serum oberhalb des Referenzbereichs. Bei Thalassämia major ist die TfS > 50 % und Ferritin 1.500–3.000 μg/l.

Therapie: Eine Eisenchelat-Behandlung wird bei jungen Patienten ab einem Lebereisengehalt von 125 μmol/g Trockengewicht empfohlen /48/.

Hereditäres Hyperferritinämie/Katarakt-Syndrom (HHCS): Das HHCS beruht auf verschiedenen Punktmutationen oder Deletionen innerhalb der Protein bindenden Sequenz in der 5’ UTR der L-Ferritin-mRNA, woraus eine erhöhte Effektivität der L-Ferritin Translation resultiert. Siehe Abb. 7.1-5 – Erster Schritt der Hämsynthese. Das HHCS ist eine seltene Erkrankung mit einer Prävalenz von etwa 1 auf 200.000. Außer der Präsenz des Katarakts sind die Patienten unauffällig. Das Katarakt besteht aus langsam progressiven Flecken, Vakuolen und distinkten kristallinen Ablagerungen bevorzugt im Kortex, aber auch im Nukleus der Linse. Es handelt sich um Homopolymere von L-Ferritin, die sich nicht nur in der Linse, sondern auch in anderen Geweben ablagern /46/.

Labordiagnostik: Hohes Ferritin, normales Serumeisen und normale TfS. Normaler Eisengehalt des Leberbiopsats. Ausbildung einer hypochromen Anämie unter Phlebotomie ohne Ferritinabfall.

Sideroblastische Anämie: Es handelt sich um eine heterogene Gruppe von angeborenen oder erworbenen Störungen des Knochenmarks, die auf der pathologischen Ablagerung von Eisen in den Mitochondrien der Erythroblasten beruhen.

– Hereditäre sideroblastische Anämien: Unterschieden werden die X-Linked Sideroblastic Anemia (XLSA), die XLSA mit Ataxie, die erythropoetische Protoporphyrie (EPP), die Thiamin-responsive megaloblastic Anemia (TRMA) und das Pearson Marrow-Pancreas Syndrome (PMPS) .

Nur die XLSA geht mit einer systemischen Eisenüberladung einher. Bei der XLSA liegt eine Störung der erythroiden ε-Aminolävulinsäure-Synthase (ε-ALAS, auch ALAS 2 genannt) vor (Abb. 7.1-6). Mit einer Ausnahme handelt es sich bei den über 20 bekannten Mutationen um Veränderungen einer Base in der kodierenden Region des Gens /56/.

Klinik: Die Erkrankung kann in utero oder auch erst im 90. Lj. auftreten. Auf Grund des X-gebundenen Vererbungsmodus sind hauptsächlich Männer betroffen. Die Gabe von Pyridoxin verbessert in einem Teil der Fälle die Erkrankung.

Labordiagnostik: Hypochrome mikrozytäre Anämie, aber zwei Populationen von Erythrozyten (Dimorphismus); eine Population ist mikrozytär, die andere normozytär. In den Erythrozyten befinden sich Eisen-positive Einschlüsse (Pappenheim-Körperchen). Im Knochenmark gesteigerte Erythropoese mit Ringsideroblasten. Insbesondere die späten Reifungsformen der Erythroblasten zeigen die Ablagerungen von Eisen. TfS > 35 %, Ferritin im Serum erhöht /56/.

– Erworbene idiopathische sideroblastische Anämie: Es handelt sich um eine klonale Störung, die sich meist als eine milde bis moderate refraktäre Anämie präsentiert /55/. Kommt sie in Kombination mit dysplastischen Veränderungen anderer hämatopoetischer Zelllinien vor, ist es nicht sicher, ob die Entwicklung in die Richtung eines myelodysplastischen Syndroms oder einer Leukämie geht. In Kombination mit der ineffektiven Erythropoese liegt eine verstärkte enterale Absorption von Eisen vor. Zur Behandlung der Anämie wird fälschlicherweise bis zur Feststellung der wahren Diagnose nicht selten Eisen verabreicht. Auch die Gabe von Erythrozyten Konzentraten erhöht das parenchymal und im RES gespeicherte Eisen. Die TfS ist > 35 %, Ferritin im Serum erhöht.

Kongenitale dyserythropoetische Anämien (CDA): Die CDA sind seltene Erkrankungen. Drei Typen werden unterschieden, von denen der Typ 2 der häufigste ist. Er beruht auf einer Mutation des Gens, das die α-Mannosidase kodiert. Die Folge ist eine mangelnde Glykosilierung von Oberflächenproteinen der erythroiden Zellen, was zur Zerstörung des Zytoskeletts führt. Es resultieren eine ineffektive Erythropoese und Eisenüberladung /43/.

Labordiagnostik: Milde bis moderate normozytäre oder makrozytäre Anämie, TfS über 50 %, Ferritin im Serum erhöht.

Afrikanische Eisenüberladung: Die Prävalenz der Eisenüberladung in Ländern wie Simbabwe und Südafrika liegt bei 10–15 %. Der typische Patient ist im mittleren Lebensalter oder ein älterer Erwachsener mit Hepatomegalie und der Historie des Genusses von über 1.000 Liter selbst gebrauten Bieres in der Lebenszeit.

Klinik: Mikronoduläre Leberzirrhose, Diabetes mellitus und Osteoporose. Im Gegensatz zur HH ist das Eisen auch in großen Mengen im RES, neben der Leber sind also auch die Milz und das Knochenmark betroffen. Portale Hypertension, Oesophagusvarizen und Leberversagen sind häufige Komplikationen /57/.

Labordiagnostik: TfS über 55 %, Serumferritin über 700 μg/l, gelegentlich über 4.000 μg/l /57/.

Porphyria cutanea tarda: Bei dieser Erkrankung liegt ein Defekt des Enzyms Uroporphyrinogen-Decarboxylase vor, der zu einer vermehrten Ausscheidung von Uroporphyrinen und einer photosensitiven bullösen Dermatose führt. Die klinischen Symptome werden im mittleren bis höheren Lebensalter manifest, anamnestisch sind ein Teil der Patienten Trinker. Auslösende Faktoren können neben dem Alkohol eine Hormontherapie oder eine Virushepatitis sein. Auf Grund der ineffektiven Erythropoese in Kombination mit einer vermehrten intestinalen Eisenabsorption resultiert eine erhöhte Eisenspeicherung, die sich nach einer entsprechenden Mobilisierungstherapie von Eisen bessert /55/.

Atransferrinämie: Es handelt sich um eine sehr seltene Störung. Trotz des Mangels von Transferrin (Tf) ist die enterale Absorption von Eisen und auch der Eisenturnover erhöht. Das Eisen liegt im Plasma in einer nicht an Tf gebundenen Form vor und kann nicht für die Erythropoese verwendet werden. Die Folge ist eine hypochrome mikrozytäre Anämie und eine vermehrte Eisenspeicherung in Leber, Pankreas, Myokard, Schilddrüse und Nieren /4/. Siehe auch Beitrag 7.5 – Transferrinsättigung (TfS). Klinisch wird die Erkrankung in den ersten Lebensmonaten evident, seltener erst im Schulkindalter.

Acoeruloplasminämie: Die hereditäre Acoeruloplasminämie beruht auf Mutationen im Coeruloplasmin (Cp)-Gen auf Chromosom 3q23-q24 oder einem Pseudogen auf Chromosom 8 /456/. Die Acoeruloplasminämie ist eine Störung der Eisenhomöostase und in der Pathophysiologie vergleichbar der Ferroportin 1-Mutation (Hämochromatose Typ 4), bei der ebenfalls eine Störung der Eisenfreisetzung aus Makrophagen und Eisen-absorbierenden Enterozyten vorliegt. Es resultiert eine Eisenüberladung, die auch in den Basalganglien vorhanden ist. Diese haben einen 10 fach erhöhten Eisengehalt.

Klinik: Im 4.–5. Lebensjahrzehnt auftretende Basalgangliensymptome wie Demenz, Dystonie, Dysarthrie sowie Diabetes mellitus. Eisenanreicherung in den Hepatozyten und dem RES, aber keine Ausbildung einer Leberfibrose.

Labordiagnostik: Milde mikrozytäre Anämie, TfS vermindert, Ferritin im Serum im Bereich von 1.000–2.000 μg/l, ALT normal. Im Liquor cerebrospinalis Totalprotein und Eisen erhöht, fehlende Pleozytose, keine Verminderung der Konzentration von Glucose.

Tabelle 7.1-10 Biochemischer Marker und hämatologische Indices zur Diagnose der Eisenrestriktion

Marker/Index

Aussagekraft

Eisen

Keine, bezugnehmend Eisenmangel oder Eisenüberladung, wenn nicht zuvor eine chronische Entzündung, eine akute Infektion oder ein maligner Tumor ausgeschlossen werden. Auch besteht eine diurnale Rhythmik. Siehe weiterführend Beitrag 7.2 – Eisen (Fe).

Transferrinsättigung (TfS)

Beurteilung des Plasmaeisen-Turnovers. Die TfS ist niedrig bei geringem Turnover (Funktionseisen-Mangel) und hoch bei Eisenüberladung. Die TfS kann nur beurteilt werden, wenn zuvor eine chronische Entzündung, eine akute Infektion oder eine Lebererkrankung ausgeschlossen werden. Suchtest auf Hämochromatose, Werte über 45(50) % sind ein Hinweis.

Ferritin

Beurteilung der Speichereisen Reserve. Ist Ferritin erniedrigt, liegt immer ein Eisenmangel vor. Erhöhte Werte können auf eine Eisenüberladung hinweisen.

Löslicher Transferrinrezeptor (sTfR)

Indikator des Mangels an Funktionseisen (Eisen-restriktive Erythropoese) bei erniedrigtem, normalen oder erhöhten Ferritin. Beurteilung der Masse des Erythrons (hypo-, normo- oder hyperregenerative Erythropoese).

Ferritin-Index

Der Quotient sTfR/log10 Ferritin ist ein Indikator der Eisenversorgung der Erythropoese und erfasst die Bandbreite des Eisenangebots vom Eisenmangel bis zur Eisenüberladung.

% HYPO

Der Anteil hypochromer roter Blutzellen ist ein Indikator des Eisenbedarfs der Erythropoese. Bei einem Anteil über 5 % besteht seit mehreren Wochen eine Eisen-restriktive Erythropoese.

Ret-Hb

Der Hb-Gehalt der Retikulozyten ist ein früher Indikator des Eisenbedarfs der Erythropoese. Bei einem Ret-Hb < 28 pg besteht ein aktueller Eisenbedarf seit etwa 5 Tagen und Erythrozyten mit einem verminderten Hämoglobingehalt werden gebildet.

Zink-Protoporphyrin

Der Zink-Protoporphyringehalt der roten Blutzellen ist ein guter Marker der Eisenversorgung der Erythropoese. Änderungen der Eisenversorgung werden jedoch nur verzögert angezeigt, da der Zink-Protoporphyringehalt von der Erythrozytenlebenszeit abhängig ist.

Tabelle 7.1-11 Störungen des Eisenmetabolismus: Befunde biochemischer Marker und hämatologischer Indices

Störung

Ferritin (μg/l)

Eisen (μmol/l)

TfS (%)

sTfR

Ferritin-Index

Reti­kulo­-zytenzahl

HYPO (%)

Ret-Hb (pg)

Latenter Eisenmangel

< 30

≥ 7

> 16

N

N

N

< 3,8

≥ 28

Eisenmangel­anämie

< 30

≤ 7

< 16

≥ 3,8

< 28

Anämie chron. Erkrankung

≥ 100

≤ 7

≤ 20

N

≥ 28

Akute Hämolyse

≥ 30

≥ 7

> 16

N

N

N

≥ 28

Knochenmark-Insuffizienz

≥ 30

≥ 7

> 16

N, ↓

N

≥ 28

Eisenüber­ladung

≥ 300

≥ 7

> 45

N

N

N

N

≥ 28

Zeichenerklärung: ↑, erhöht; ↓, erniedrigt; N, normal; TfS, Transferrinsättigung; sTfR, löslicher Transferrin-Rezeptor; Ferritinindex, sTfR/log Ferritin; HYPO %, Anteil hypochromer Erythrozyten in Prozent; Ret-Hb, zellulärer Hämoglobingehalt des Retikulozyten

Tabelle 7.1-12 Scoring System zur Diagnose der Eisenrestriktion bei Patienten mit Anämie und Ferritinwerten > 30 μg/l /18/.

Test

Score

Transferrinsättigung ≤ 20,6 %

1

sTfR > 1,88 mg/L (Siemens), > 5,27 mg/L (Roche)

1

%Hypo > 3,8 % oder CHr (RetHe) ≤ 27,9 pg

1

Ein Score von 3 zeigt einen Eisenmangel an. CHr, RetHe ; Hämoglobingehalt des Retikulozyten; %Hypo, Anteil der hypochromen Erythrozyten.

Tabelle 7.2-1 Referenzbereich von Eisen im Serum

Kollektiv

Alter

μg/dl

μmol/l

Kinder

2 Wo. /3/

63–201

11–36

6 Mon. /3/

28–135

5–24

12 Mon. /3/

35–155

6–28

2–12 J. /4/

22–135

4–24

Frauen /5/ (nicht schwanger)

25 J.

37–165

6,6–29,5

40 J.

23–134

4,1–24,0

60 J.

39–149

7,0–26,7

Schwangere /6/

12. SSW

42–177

7,6–31,6

am Termin

25–137

4,5–24,5

6 Wo. pp

16–150

2,9–26,9

Männer /5/

25 J.

40–155

7,2–27,7

40 J.

35–168

6,3–30,1

60 J.

40–120

7,2–21,5

Umrechnung: μg/dl × 0,1791 = μmol/l; pp, post partum.

Tabelle 7.2-2 Empfohlene Eisenzufuhr nach WHO

Person

Aufnahme/Tag

Kinder 4–12 Monate

8,5 mg

Kinder 1–3 Jahre

5 mg

Kinder bis 6 Jahre

5,5 mg

Kinder bis 10 Jahre

9,5 mg

Pubertät

Jungen 15 mg

Mädchen 16 mg

Erwachsene

Männer 9 mg

Frauen 12,5 mg

Frauen > 50 J. 9,5 mg

Tabelle 7.3-1 Referenzbereiche von Ferritin

Kollektiv

Alter

μg/l

Nabelschnurblut a) /2/

> 34. SSW

> 70

Säuglinge b) /3/

0,5 Mon.

90–628

1 Mon.

144–399

2 Mon.

87–430

4 Mon.

37–223

6 Mon.

19–142

9 Mon.

14–103

12 Mon.

1–99

Kinder b) /4/

2–15 J.

9–59

16–18 J.

10–63

12–78

Erwachsene c) /5/

20–60 J.

9–140

18–360

Erwachsene d) /6/

19–95 J.

≥ 13

28–96 J.

≥ 21

a) Angegeben ist die 5. Perzentile; Kalibration auf 2nd International Ferritin Standard (Code 80/578).

b) Angegeben ist die zentrale 95 %-Masse; Kalibration auf 2nd International Ferritin Standard (Code 80/578).

c) Angegeben ist die zentrale 95 %-Masse; Rekombinanter Ferritin-Standard (NIBSC Code 94/572); die Grenzwerte sind Mittelwerte aus Immunoassays von drei verschiedenen Herstellern, die eine gute Vergleichbarkeit zeigen. Goldstandard war ein normaler Hämoglobinwert.

d) Angeben ist die zentrale 95 %-Masse. Die unteren Referenzbereichswerte wurden ermittelt an Klinikpatienten ohne Akute-Phase-Reaktion mit normaler Hämoglobinisierung der Erythrozyten und Retikulozyten. Rekombinanter Ferritin-Standard (NIBSC Code 94/572). Goldstandard war ein Hämoglobinwert der Retikulozyten ≥ 28 pg bzw. ein Anteil hypochromer Erythrozyten (%HYPO) < 5 %.

Tabelle 7.3-2 Ferritinwerte (μg/l) bei Eisenmangel

Speichereisen-Mangel

Totaler Eisenmangel

9–19

< 9

18–29

< 18

Werte für Erwachsene nach Lit. /4/, /5/, /8/.

Tabelle 7.3-3 Verwendung von Referenzmaterialien für Ferritin-Immunoassays

Speicher­eisen-Mangel

Präparation

Hinweis

1985

WHO erster internationaler Standard (IS), code 80/602

Humanes Ferritin aus der Leber. Die Konzentration wurde über den Proteingehalt des Ferritins bestimmt. Kein Vorrat mehr vorhanden.

1993

WHO zweiter internationaler Standard (IS), code 80/578

Humanes Ferritin aus der Milz. Die Konzentration wurde über den Proteingehalt des Ferritins bestimmt. Kein Vorrat mehr vorhanden.

1997

Dritter internationaler Standard, ISO 17511:2020, code 94/572

Ferritin (recombinant L-Ketten-Präparation) Die Konzentration wurde vermittels eines konventionellen Kalibrators bestimmt.

2022

Vierter internationaler Standard, code 19/118

Die Werte wurden im Vergleich zum dritten IS kalibriert. Vergleichend zeigte eine vorläufige Untersuchung einen Bias von 5–10 % verschiedener kommerzieller Immunoassays.

Die Diagnostikahersteller kalibrieren zur Zeit ihre Immunoassays mit einem der verschiedenen internationalen Standardpräparationen.

Tabelle 7.3-4 Erkrankungen und Zustände mit erhöhter Ferritinkonzentration im Serum

Anämie chronischer Erkrankungen (ACD): Die Tumor- und Entzündungsanämie (ACD) ist normozytär und normochrom auf Grund einer inadäquat niedrigen Erythropoetinwirkung in Relation zum Ausmaß der Anämie. Es liegt eine systemische Hepcidin bedingte hyporegenerative Erythropoese vor und die Erythroblasten nehmen vermindert Eisen über ihre Transferrinrezeptoren auf. Da aber Hepcidin die Abgabe von Eisen durch die Degradation von Ferroportin hemmt, werden die Erythroblasten mit genügend Eisen versorgt, so dass die Erythropoese normozytär normochrom bleibt. Aufgrund des vermehrten Eisengehalts der Speicher ist Ferritin erhöht. Etwa 10 % der Patienten mit ACD haben auf Grund von chronischem Blutverlust eine Eisen restriktive Erythropoese mit mikrozytärer Anämie /29/. Ferritin ist dann niedrig oder normal. Während bei der ACD keine Eisensubstitution durchgeführt wird, ist sie erfolgreich, wenn die ACD in Kombination mit hypochromen Retikulozyten oder hypochromen Erythrozyten auftritt.

Hereditäre Hämochromatose (HH): Hinweisend auf eine HH ist eine TfS über 50 % bei Männern und über 45 % bei Frauen und Kindern. Untersuchungen auf eine HH sollten erfolgen, wenn zusätzlich zur erhöhten TfS die Ferritinwerte bei Männern > 300 μg/l und bei Frauen > 200 μg/l betragen.

Die wesentliche klinische Manifestation der HH ist die Leberzirrhose. Sie ist selten bei einem Ferritinwert < 1.000 μg/l. In einer Studie  /1/ hatten 30.000 Personen 59 Ferritinwerte über 1.000 μg/l, davon waren 24 HFE homozygot oder Compound heterozygot.

Lebererkrankungen: Ein Teil der Patienten mit Non alcoholic steato hepatitis (NASH) hat eine Hyperferritinämie, mit Werten > 1.000 μg/l. Die TfS ist normal. Bei akuter Leberschädigung besteht eine positive Korrelation der ALT mit dem Serumferritin. So haben ein erheblicher Teil der Patienten mit einer ALT-Aktivität > 1.000 U/l auch Ferritinwerte > 1.000 μg/l. Es wurden Konzentrationen > 45.000 μg/l gemessen /30/. Patienten mit chronischer Hepatitis C haben Ferritinwerte von 266 ± 145 μg/l (x ± s) bei histologischem Nachweis von Lebereisen /31/. Bei alkoholischen Lebererkrankungen wie der Alkohol-toxischen Hepatitis und der Zirrhose liegt primär eine erhöhte intestinale Eisenabsorption vor, die zu einer mäßig gradigen Siderose der Leber führt. Von 159 chronischen Alkoholikern hatten 23 eine TfS über 50 % und 8 einen Ferritinwert > 1.000 μg/l /32/. Ein pathologischer Vorgang bei akuten und chronischen Lebererkrankungen ist die Zytolyse. Dabei gelangt Ferritin aus den Hepatozyten in die Zirkulation

COVID-19 Infektion: Patienten mit COVID-19 Infektion und schwerem akuten respiratorischen Syndrom (SARS-Cov-2) entwickeln eine schwere Pneumonie und Schädigungen von Leber, Nieren und Herz. Der schwere inflammatorische Zytokinsturm mit exzessiver und nicht kontrollierter Freisetzung von Zytokinen wie er auch bei anderen septischen Infektionen gesehen wird, ist die primäre Ursache des Todes bei SARS-Cov-2. Die Höhe des Ferritinwertes im Serum ist ein Hinweis auf die Schwere der Erkrankung. Diese ist charakterisiert durch mindestens 5 der folgenden Kriterien: Fieber, Zytopenie zweier hämatopoetischer Zelllinien, Hypertriglyzeridämie und/oder Hypofibrinogenämie, Ferritin über 500 μg/L, Hämophagozytose, Erhöhung von IL-1β und des löslichen IL-2-Rezeptors (CD25), verminderte NK-Zellaktivität, Splenomegalie. Zytokin produzierende Makrophagen des Lungenparenchyms sollen für die Bildung der Vielzahl an Immunzellen und die vermehrte Synthese von Ferritin verantwortlich sein /48/.

Kritisch Kranke mit Hämophagozytischen Syndrom (HPS): Das HPS, auch als hämophagozytische Lymphohistiocytose bezeichnet, ist eine komplexe Gruppe von Störungen, die angeboren oder erworben, z.B. bei kritisch Kranken in der Intensivmedizin, vorkommt. Das HPS ist durch mindestens 5 der folgenden 8 Kriterien charakterisiert: Fieber, Zytopenie von zwei hämatopoetischen Zelllinien, Hypertriglyzeridämie und/oder Hypofibrinogenämie, Ferritin über 500 μg/l, Hämophagozytose, Erhöhung des löslichen IL-2-Rezeptors (CD25), verminderte NK-Zellaktivität, Splenomegalie.

Hämodialyse: Hämodialyse Patienten entwickeln eine normozytäre, normochrome Anämie. Die Hauptursache ist eine entsprechend der Abnahme des Hämatokrits unzureichende Steigerung der Bildung von Erythropoetin der peritubulären Zellen der Nieren. Auf Grund der verkürzten Erythrozytenlebenszeit, bedingt durch Entzündungen, haben ein Teil der Patienten ein Ferritin > 600 μg/l. Zur Anhebung des Hb-Wertes erfolgt eine ESA-Therapie und 80–90 % der Patienten erhalten zusätzlich Eisen intravenös. Nach den European Guidelines /33/ sind optimale Zielwerte für den Eisenhaushalt der Patienten: Ferritin 200–500 μg/l, TfS 30–40 %, %HYPO< 2,5 %. Die Festsetzung des unteren Grenzwertes des Ferritins für die ESA-Therapie erfolgte, da bei einer Ferritinkonzentration < 100 μg/l die Erfolgsrate der ESA-Therapie < 50 % beträgt. Längerfristig sollte unter parenteraler Eisentherapie das Ferritin 800–1.000 μg/l nicht überschreiten, da dann zunehmend Eisen außerhalb des RES, z.B. den Hepatozyten, gespeichert wird. Bei Hämodialyse-Patienten soll die Höhe des Ferritins ein Indikator der Morbidität und Mortalität sein.

Transfusions-assoziierte Eisenüberladung /34/: Diese Form der Eisenüberladung kommt durch chronische Bluttransfusionen bei myelodysplastischen Syndrom, Thalassämie und Hämoglobinopathie vor. Der Ferritinwert sagt die Beteilung der Organe mit Eisenüberladung voraus. Werte < 1.500 μg/l zeigen eine akzeptable Eisenüberladung an, Werte > 3.000 μg/l eine deutliche Überladung mit Leberschädigung. Bei chronischer Transfusion steigt mit zunehmender Zahl transfundierter Erythrozytenkonzentrate Ferritin stark bis auf Werte von 1.500–2.500 μg/l an, beharrt dann aber längere Zeit in diesem Bereich, trotz zunehmender Eisenbelastung.

Post Transplantation: Nach autologer Transplantation von Stammzellen haben Patienten mit einer Eisenbelastung, angezeigt durch Ferritinwerte > 1.500 μg/l eine erhöhte Gefährdung für Infektionen, z.B. Aspergillose /35/. Patienten nach Nierentransplantation und Ferritin > 1.100 μg/l durch Gabe von 40 Erythrozytenkonzentraten in der Zeit vor Transplantation haben ein 3 fach erhöhtes Mortalitätsrisiko in der 10-jährigen Verlaufsbeurteilung /36/.

Hämatologische Systemerkrankungen: In polymorphkernigen Granulozyten, Lymphozyten und Monozyten ist bei normaler Eisenkonzentration im Plasma die Apoferritinsynthese normal. Sie ist jedoch gesteigert in leukämischen Zellen. Sowohl bei der akuten myeloischen Leukämie als auch im Verlaufe der chronischen können Ferritinwerte von mehreren Tausend μg/l auftreten /37/. Das ist auch der Fall bei der akuten myelo-monozytären Leukämie. Auch die Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphome mit Leberbeteiligung verursachen eine Hyperferritinämie. Unter therapeutischer Remission fällt das Ferritin ab.

Solide Tumoren: Ein Teil dieser Patienten hat erhöhte Ferritinwerte unklarer Genese.

AIDS: Patienten mit AIDS und Infektionen wie disseminierter Histoplasmose, Tuberkulose, Pneumocystis carinii Pneumonie haben eine Hyperferritinämie, teilweise mit Konzentrationen > 10.000 μg/l. Es liegt eine Dysregulation der Monozyten und Makrophagen durch das HI-Virus vor, und diese Zellen bilden Apoferritin in hohem Überschuss /38/.

Syndrome mit Hyperferritinämie: Hohe Konzentrationen von Ferritin (> 500 ug/l) werden bei den Hyperferritin-Syndromen gemessen. Diese Syndrome umfassen die hämophagozytische Lymphohistiozytose, das Makrophagenaktivierungs-Syndrom das Still-Syndrom des Erwachsenenalters, das schwere Antiphospholipid-Syndrom und den septischen Schock. Ein typisches Merkmal des Hyperferritin-Syndroms ist ein proinflammatorischer Zustand mit deutlich erhöhten Werten von IL-1B, IL-1RA und TNF-alpha in der frühen Phase und hohe Werte von IL-2, IL-10 und TNF-alpha bei Intensivpatienten. Ein solcher Zytokinsturm (cytokine storm) kann auch bei klinischen Patienten mit SARS-COV-2 Infektion auftreten. Drei Mechanismen sind für die Erhöhung von Ferritin verantwortlich: 1) die Überreaktion von T-Lymphozyten, 2) die erhöhte Aktivität von Interferon-Gamma und 3) die direkte Wirkung der H-Kette von Ferritin. Die H-Kette aktiviert Makrophagen, die dann vermehrt inflammatorische Zytokine bilden /46/.

Metabolisches Syndrom (MetS): Übergewichtige Patienten mit MetS haben höhere Ferritinwerte als Normalgewichtige. Die Ferritinwerte waren bei Patienten mit MetS im Mittel 133,9 μg/l (Median 70 μg/l), bei denjenigen ohne MetS im Mittel 66,8 μg/l (Median 40,1 μg/l). Die Ferritinerhöhung bei Patienten mit MetS, die auch in der Regel höhere CRP-Werte haben, wird als Zeichen einer subklinischen Inflammation angesehen /39/.

Missense-Mutation im L-Ferritin: Eine einzelne Mutation in der kodierenden Sequenz (p.Thr30He) von L-Feritin is mit einer Transferrinsättigung < 45 % und Serumferritinwerten > 200 μg/l bei Frauen und über 300 μg/l bei Männern assoziiert. Eisen im Serum ist unter 140 μg/dl (25 μmol/l) und es besteht keine exzessive Eisenüberladung der Leber /40/.

Porphyria cutanea tarda: Die Hyperferritinämie ist ein Zeichen der Eisenüberladung und ein Trigger von Porphyrie Attacken.

Hyperferritinämie-Cataract-Syndrom (HHCS): Das HHCS (OMIM 600866) ist eine autosomal dominante Erkrankung mit erhöhtem Serumferritin in Abwesenheit einer Eisenüberladung des Organismus. Die Patienten kommen zum Augenarzt aufgrund einer meist schon frühzeitig einsetzenden Verminderung der Sehschärfe durch bilaterale Catarakte, die in jedem Lebensalter auftreten können. Es liegt eine Ablagerung von L-Ferritin in Form makromolekularer Strukturen von L-Ferritin in den Augenlinsen vor. Ferritin ist physiologisch in der Linse bei Gesunden, bei HHCS aber um den Faktor 15 erhöht /50/. Die Erkrankung zeigt eine phänotypische Variabilität bezugnehmend des zeitlich Auftretens, der Ferritinkonzentration und der Verminderung der Sehschärfe. Das pathologische Geschehen beruht auf Mutationen des Iron Responsive Elements (IRE), das in der 5’UTR der Ferritin Leichtketten messenger RNA gelegen ist. Diese Mutationen verändern die Eisen-abhängige transkriptionale Regulation, in welche das IRE involviert ist. Mutationen des IRE verhindern oder verändern die Bindung von Iron regulatory proteins (IRPs) und führen somit zu einer konstitutiven und Eisen-unabhängigen Translation von L-Ferritin Protein /50/. Es gibt major Mutationen, sie stören die IRE-IRP Bindung und minor Mutationen, die nur die Affinität IRP-Bindung vermindern. Siehe auch Abb. 7.1-6 – Post-transkriptionale Regelung der zellulären Eisenhomöostase.

Labordiagnostik: Erhöhung von Ferritin, normal sind die Konzentration von Eisen und die Transferrinsättigung und nachweisbar Mutationen des IRE der Leichtkette von Ferritin. Eine Korrelation zwischen der Konzentration an Serumferritin und der Schwere des Cataracts wurde beschrieben. In einer Studie betrug die Hyperferritinämie beim HHCS zwischen 950 und 2.259 ug/L /51/.

Tabelle 7.4-1 Referenzbereiche des löslichen Transferrinrezeptors

Erwachsene

/3/

+ a)

0,8–1,8

/4/

+ b)

0,8–2,3

/5/

+ b)

1,3–3,3*

/5/

+ c)

3,0–8,5

/5/

+ d)

0,9–3,1

/6/

e)

1,9–4,4**

e)

2,2–5,0

Kinder

/4/

4–6 Mon.a)

1,3–3,2

6–12 Mon.

1,1–2,9

12–18 Mon.

1,4–2,5

18 Mon. – 2 J.

1,4–2,9

2–3 J.

1,0–2,9

3–4 J.

1,1–2,6

4–6 J.

1,1–2,7

6–9 J.

0,9–2,6

9–12 J.

0,8–2,7

12–18 J.

0,9–1,9

Angaben in mg/l; die 2,5 %- und 97,5 %-Perzentilen sind angegeben; die Referenzbereiche folgender Testkithersteller sind für die Analytik mit mechanisierten Analysensystemen angegeben: a) Siemens, b) Orion, c) Ramco, d) R+D Systems, e) Roche Diagnostics * manueller Test; ** prämenopausal.

Tabelle 7.4-2 Abgrenzung der Eisenmangelanämie von der ACD und der Kombination ACD/IRE

Störung

Ferritin (μg/l)

TfS (%)

sTfR

1. Eisenmangelanämie

< 30

≤ 20

2. ACD

≥ 100

≤ 20

n

3. ACD/IRE

≥ 30

≤ 20

Für Ferritin wurde der untere Grenzwert des Speichereisen für Frauen gewählt. Der Ferritin-Index verhält sich wie der sTfR. ↑, erhöht; n, normal. IRE, Iron-restrictive erythropoiesis.

Tabelle 7.4-3 Verhalten des sTfR bei Erkrankungen und verschiedenen Zuständen mit Eisenmangel

Speichereisen-Mangel: Die Konzentration des sTfR überschreitet erst den oberen Wert des Referenzbereichs, wenn die Eisenspeicher erschöpft sind und der Ferritin unter seinen unteren Wert des Referenzbereichs abgefallen ist /11/. Kommt es nicht zu einer Verminderung der TfS, bleibt der sTfR normal.

Funktionseisen-Mangel: Die Erhöhung des sTfR ist der Indikator eines Eisenmangels der Gewebe unter der Voraussetzung, dass die Erythropoese normoregenerativ ist /11/. Eine hyperproliferative Erythropoese wird durch eine Retikulozytose angezeigt.

Eisenmangelanämie: Bei der Eisenmangelanämie sind die Eisenspeicher leer, das Funktionseisen vermindert und die Konzentration des sTfR erhöht. Ist bei einer mikrozytären Anämie der sTfR normal, muss differentialdiagnostisch an eine ACD, die β-Thalassämie oder an eine in den letzten Wochen begonnene oder eine intermittierende orale Eisensubstitution gedacht werden.

Anämie chronischer Erkrankungen (ACD): Die Tumor- und Entzündungsanämie ist zu etwa 80–90 % normozytär. In Kombination mit einer IRE, die gewöhnlich auch im Bereich einer normalen Ferritinkonzentration und sogar bei noch höheren Werten vorkommen kann, ist der sTfR erhöht. Nach einer Studie /14/ beträgt die diagnostische Sensitivität des sTfR zur Erkennung einer ACD/IRE bei Frauen und Männern 68 % bei einer Spezifität von jeweils 66 % und 76 %, wenn ein Hb-Gehalt der Retikulozyten (CHr, RetHe) < 28 pg als Goldstandard herangezogen wird.

β-Thalassämie: Bei Patienten mit β-Thalassämie und HbE-Erkrankung kann die sTfR-Konzentration bis zu 8-fach erhöht sein. Ursache ist eine deutliche Vermehrung der Zellen im Erythroblasten Kompartiment da eine ineffektive Erythropoese vorliegt /15/. Häufig haben diese Patienten auch einen hohen Ferritinwert durch die verstärkte enterale Eisenabsorption.

Hämolytische Anämie: Bei autoimmun hämolytischer Anämie und bei hereditärer Sphärozytose ist sTfR 3–5 fach erhöht /1516/. Ursache ist die Vermehrung der Zellen im Erythroblasten Kompartiment.

Megaloblastäre Anämie: Nach einer Studie /17/ waren von 33 Patienten mit labordiagnostisch nachgewiesenem Vitamin B12-Mangel 22 anämisch. Von den anämischen Patienten hatten 12 eine Erhöhung der sTfR-Konzentration und der LDH. Zwischen LDH-Aktivität und sTfR-Konzentration bestand eine positive Korrelation und eine negative mit dem Hb-Wert. Es lag keine Korrelation des sTfR zur hämolytischen Komponente vor. Nach Therapiebeginn mit Vitamin B12 stieg die sTfR-Konzentration in 1–3 Tagen an, erreichte einen Gipfelwert nach 2 Wochen und normalisierte etwa in der 5. Woche. Bei den Vitamin B12-Mangelpatienten mit erhöhtem sTfR war der Anstieg nur leicht (im Mittel 2-fach) und unter Therapie resultierte ein nochmaliger Anstieg um den Faktor 2. Die Erhöhung des sTfR beruht auf einer ineffektiven Erythropoese, der Abfall unter Therapie auf einer zunehmenden Effektivität der Erythropoese.

Schwangerschaft (SS): Das Plasmavolumen und die Masse des Erythroblasten Kompartiments nehmen während der SS zu. Am Ende der SS ist das Plasmavolumen um den Faktor 1,5 und die rote Blutzellmasse um den Faktor 1,25 im Vergleich zum Zeitpunkt vor der SS erhöht. In der frühen SS nehmen auf Grund einer inadäquat niedrigen Erythropoetin (EPO)-Sekretion die Masse des Erythroblasten Kompartiments, die Konzentration von EPO und des sTfR ab, um ab der 30. SSW wieder kontinuierlich anzusteigen. In den letzten SSW werden EPO- und sTfR-Werte erreicht, die höher sind als vor SS und über dem oberen Referenzbereichswert liegen können. In der 16. SSW haben 50 % der Schwangeren eine sTfR-Konzentration, die niedriger ist als der untere Referenzbereichswert /18/. Erhöhte sTfR-Werte im 1. und 2. Trimenon sind deshalb hinweisend auf einen Eisenmangel, während erhöhte Werte im letzten Trimenon eine erhöhte erythropoetische Aktivität reflektieren /19/.

Fetus, Neugeborenes: Mütterlicher Eisenmangel bewirkt keine Erhöhung des sTfR im fetalen Nabelschnurblut wohl aber eine Erniedrigung des Hb-Wertes und des Serumferritins /20/. Auch besteht bei Neugeborenen keine Beziehung zwischen sTfR-Konzentration, dem Gestationsalter und dem Eisenstatus /2122/.

Kindesalter: Bei gesunden Knaben im Alter von 11–13 Jahren, einer Hb-Wert von 116–144 g/l und Ferritin von 12–87 μg/l hatte keiner eine erhöhte sTfR-Konzentration. Im Vergleich zur Bestimmung von Ferritin wird zur Beurteilung des Eisenstatus kein Vorteil in der Bestimmung des sTfR in dieser Altergruppe gesehen /23/.

Chronische Lebererkrankung: Bis zu 70 % der Patienten mit chronischer Lebererkrankung haben einen Eisenmangel, oft bedingt durch einen latenten oder offenen Blutverlust, insbesondere bei Leberzirrhose /24/. Ferritin und die TfS spiegeln bei chronischen Lebererkrankungen nicht den Eisenstatus wider und auch der MCV kann trotz Vorliegens einer Eisenmangelanämie normal sein. Wird im Knochenmarkpunktat nicht anfärbbares Speichereisen als Goldstandard des Eisenmangels gewählt, so gibt eine Erhöhung der sTfR die Entleerung der Speichereisenreserve bei Patienten mit chronischer Lebererkrankung gut wider /25/. Voraussetzung ist, dass ein akuter Blutverlust oder eine akute Hämolyse ausgeschlossen werden.

Kardiosiderose: Die Kardiosiderose ist eine wesentliche Ursache der Mortalität bei Patienten mit Transfusions abhängiger Thalassämie. Die sTfR Konzentration ist signifikant niedriger bei Patienten mit Kardiosiderose (Odds ratio 21). Das Risiko nimmt zu, wenn die Transfusions bedingte Eisenbeladung den Wert von > 0,21 mg/kg Körpergewicht und Tag überschreitet /32/.

Tabelle 7.5-1 Berechnung der Transferrinsättigung

TfS (%) = Eisen im Serum (μmol/l) × 398 Transferrin im Serum (mg/dl) TfS (%) = Eisen im Serum (μg/dl) × 70,9 Transferrin im Serum (mg/dl)

Tabelle 7.5-2 Referenzbereich der Transferrinsättigung (%)

Frühgeborene /2/

27,8 ± 16,4*

Termingerecht Neugeborene /2/

37,7 ± 8,3*

Kinder /3/

  • 0–< 1 Jahr

4,1–59

4,1–59

  • 1–14 Jahre

6,5–39

6,5–39

  • 15–19 Jahre

9,6–58

5,2–44

Erwachsene /4/ +

16–45

Tabelle 7.5-3 Verhalten der Transferrinsättigung bei Eisenmangelzuständen

Eisenmangel: Gewöhnlich sind erniedrigte Werte der TfS mit einem Eisenmangel assoziiert. Die Speichereisenreserve ist verbraucht und es besteht schon ein Mangel an Funktionseisen. Wenn auch die TfS das Verhalten des Funktionseisens widerspiegelt und im Einzelfall nach Entleerung des Speichereisens abfällt, ist sie generell ein zu unzuverlässiger Parameter, um in kritischen Personengruppen wie Schwangeren, Kindern im Wachstumsschub, Alkoholikern, Leistungssportlern allein eine mangelnde Versorgung der Hämatopoese mit Eisen anzuzeigen (siehe Tab. 7.1-2 – Formen des Eisenmangels/7/.

Vom Second Health and Nutrition Examination Survey und der American Academy of Pediatrics werden bei Kindern folgende Grenzwerte für Eisenmangel vorgeschlagen: Serumeisen für Kinder 1–5 Jahre unter 30 μg/dl (5,4 μmol/l), TfS bei Kindern von 1–2 Jahren < 8 % und 3–5 Jahren < 9 % /8/. In einer Studie /9/ bei Kinden mit Hb-Werten < 110 g/l war eine TfS < 10 % gleichwertig einem Retikulozyten-Hb (CHr, RetHe) ≤ 27,5 pg zur Diagnose des Eisenmangels.

Anämie chronischer Erkrankungen: Bei malignen Tumoren, chronisch-entzündlichen Erkrankungen und Niereninsuffizienz kann die Speichereisenreserve nicht mobilisiert werden. Die Konzentration von Ferritin ist normal oder erhöht, es besteht eine Anämie, die TfS ist meist auf Werte unter 20 % erniedrigt, seltener normal /10/.

ESA-Therapie: Zur Verbesserung der Anämie wird bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz unter Hämodialyse die Erythropoese durch Gabe von Erythropoese stimulierenden Agentien (ESA) stimuliert. Es kommt aber nur zu einem Anstieg des Hämoglobins, wenn genügend Funktionseisen zur Verfügung steht. Das ist sicher der Fall, wenn z.B. bei chronischen Hämodialysepatienten die TfS ≥ 40 % ist /11/.

Tabelle 7.5-4 Verhalten der Transferrinsättigung bei Eisenüberladung

Hereditäre Hämochromatose (HH): Die HH betrifft etwa 0,5 % der Nordeuropäer. Ist bei Frauen mit Ferritinwerten > 200 μg/l und bei Männern > 300 μg/l die TfS ebenfalls erhöht, besteht der Verdacht auf eine HH (siehe Tab. 7.1-6 – Klinik und Labordiagnostik der hereditären Hämochromatosen). Werte über 45 % bei Frauen und Kindern und über 50 % bei Männern sind hinweisend und bedürfen der molekulargenetischen Abklärung /12/.

Sekundäre Eisenüberladung: Ursachen einer sekundären Eisenüberladung können sein:

  • Anämie auf Grund einer ineffektiven Erythropoese, z.B. Thalassämie, sideroblastische Anämie, Pyruvatkinase-Mangel.
  • Lebererkrankung, z.B. alkoholisch, chronische Virushepatitis, Porphyria cutanea tarda, portokavaler Shunt (siehe Tab. 7.1-9 – Eisenüberladung, nicht auf Störungen der Hepcidin-Ferroportin Achse beruhend).
  • Kongenitale Atransferrinämie und vermehrte Einnahme eisenhaltiger Substanzen.
  • Transfusions bedingte Eisenüberladung mit mehr als 100 Erythrozytenkonzentraten.

Wie bei der hereditären Hämochromatose sind auch bei der sekundären Eisenüberladung die TfS und die Ferritinkonzentration erhöht. Die Abgrenzung der HH von der sekundären Eisenüberladung erfolgt nach dem in Abb. 7.3-1 – Abklärung einer nicht Anämie assoziierten Hyperferritinämie durch Ferritin, die Transferrinsättigung und CRP dargestellten Ablauf.

Non-Transferrin-Bound Iron (NTBI): Bei einer TSAT von etwa 70 % wird die Bindungskapazität des Transferrins (Tf) für Eisen überschritten und es liegt dort NTBI vor, auch als labiles Eisen bezeichnet, z.B. labiles Plasmaeisen (LPI), vor. LPI gelangt in die Zellen, ist dort redoxaktiv (siehe Beitrag 19.2 – Oxidativer Stress) und verursacht eine Schädigung, besonders in Zellen des Parenchyms.

Tabelle 7.5-5 Einschränkungen der TfS

  • In der Akute-Phase Reaktion ist die Konzentration von Tf erniedrigt.
  • Tf wird vom Hepatozyten bei Parenchymschaden in das Plasma abgegeben.
  • In der Schwangerschaft ist die Synthese von Tf höher als die Abnahme des Gesamtkörpereisens.
  • Ein Anstieg des Tf und Abfall der TfS treten erst auf, wenn bei leeren Eisenspeichern ein Hämoglobinabfall um mindestens 2 g/dl erfolgt /5/.

Tabelle 7.6-1 Charakteristika und Funktionen von Hepcidin

Kriterium

Hinweis

Struktur

84 Aminosäuren (AS) Präpropeptid mit N-terminalen 24 AS Signalpeptid, danach einer 35 AS langen Proregion und einem C-terminalen 25 AS langen bioaktiven Eisen-regulierenden Peptid (Hepcidin-25).

Metabolismus

Synthese in Hepatozyten, Serumkonzentration unter 0,5–200 nmol/l, Ausscheidung über die Nieren.

Regulation: Stimulierend wirken der Anstieg von Eisen im Plasma und den Hepatozyten, inflammatorische Zytokine und Bone morphogenetic proteins. Inhibitorische Wirkung haben die Abnahme von Eisen im Plasma und den Hepatozyten, Anämie und Hypoxie, Faktoren des Knochenmarks (GDF15, TWSG1) und Erythropoetin.

Aktivität

Hepcidin-25 interagiert mit dem Eisenexporter Ferroportin von Makrophagen, Enterozyten, Hepatozyten und plazentaren Syncytiotrophoblasten. Bewirkt die Internalisierung und Degradation von Ferroportin, wodurch es zu einer Reduzierung des Eisenexports kommt.

Wirkung

Niedrige Hepcidin Konzentrationen im Plasma führen zur verstärkten entralen Eisenaufnahme, zur vermehrten Freisetzung von Eisen aus den Speichern und zur einer Steigerung der Eisenversorgung der Erythropoese. Erhöhte Hepcidin Werte sind mit Inflammation, chronischer Nierenerkrankung und Eisen-refraktärer Anämie assoziiert.

Tabelle 7.6-2 Störungen der Regulation von Hepcidin

Primäre Störungen: Darunter werden Störungen verstanden, die aus einer Schädigung von Genen resultieren, die Hepcidin, Ferroportin oder ihre physiologischen Regulatoren kodieren /3/.

– Hereditäre Hämochromatose (HH): Die HH sind durch eine massive Speicherung von Eisen in parenchymatösen Organen wie der Leber und anderen Organen charakterisiert, resultierend aus einer vemehrten enteralen Absorption von Eisen. Genetisch bedingter Mangel an Hepcidin ist die Ursache der homozygoten und compound heterozygoten Mutationen im Gen HFE, der autosomal rezessiven Mutationen in TFR2, in HJV und in HAMP. Siehe Tab. 7.1-5 – Klinik und Labordiagnostik der hereditären Hämochromatosen.

Enterozyten und Makrophagen sind durch die erhöhte Expression von Ferroportin an Eisen verarmt, Hepatozyten aber mit Eisen überladen. Die Überladung beruht auf dem Vermögen der Hepatozyten nicht an Transferrin gebundenes Eisen aufzunehmen und zu speichern /3/.

Hepcidin: Niedrige oder inadäquat normale Konzentration im Serum.

– Ferroportin-Erkrankung: Es handelt sich um eine seltene HH, bedingt durch eine autosomal dominante Mutation im Gen des Ferroportins, die schon im Jugendalter auftritt. Die bekannteste Mutation ist C326S. Es besteht eine Resistenz von Ferroportin gegenüber Hepcidin.

Hepcidin: Hohe oder hoch normale Konzentration im Serum.

– Iron-refractory iron deficiency anemia (IRIDA): Im Gen TMPRSS6, es kodiert die Membrane serine protease matriptase 2, liegt eine Mutation vor. Es besteht eine erhöhte Signalgebung durch BMP, wodurch vermehrt Hepcidin sezerniert wird, denn die mutierte Serinprotease kann Hemojuvelin nicht mehr spalten und somit inaktivieren (Abb. 7.6-4 – Signale und Wege zur Kontrolle der Hepcidin-Expression). Es besteht ein schwerer Eisenmangel.

Hepcidin: Hohe oder hoch normale Konzentration im Serum.

– Transferrinmangel: Transferrin ist bedeutsam in der Regulation von Hepcidin. Der Mangel verursacht eine schwere hypochrome Anämie. Es resultiert ein normales oder erhöhtes Hepcidin, da entweder die Eisensensoren der Hepatozyten nicht aktiviert werden oder ein suppresiver Effekt, da Erythroferron, der erythroid regulator des Knochenmarks, der normalerweise die Synthese von Hepcidin hemmt durch die Gabe Bluttranfusionen unterdrückt wird.

Hepcidin: Normale oder erhöhte Konzentration im Serum.

Sekundäre Störungen: Darunter werden Störungen mit Einfluss auf das Hepcidin-Ferroportin System verstanden.

– Eisenmangelanämie: Bei der Eisenmangelanämie (Iron-deficient anemia, IDA) und dem latenten Eisenmangel betragen die Hepcidin-25 Werte < 1 nmol/l und bei gleichzeitig vorliegender Inflammation < 4 nmol/l /6/.

– Anämie chronischer Erkrankungen (ACD): Bei der ACD handelt es sich um eine reaktive Veränderung der Erythropoese auf eine Inflammation. Hepcidin ist ein Marker, der für die Ausbildung dieser Anämie von grundlegender Bedeutung ist /9/. Nach IL-6 Stimulation der Hepcidinsynthese kommt es nicht mehr zu einer genügenden Abgabe von Eisen aus dem retikuloendothelialem über die Ferroportinkanäle und auch die Eisenabsorption im Duodenum wird gehemmt. Es resultiert ein Mangel an Funktionseisen. Die Folge ist eine Eisen restriktive Erythropoese und die Erythroblasten nehmen vermindert Eisen über ihre Transferrinrezeptoren auf. Da aber Hepcidin die Abgabe von Eisen durch die Degradation von Ferroportin hemmt, werden die Erythroblasten noch mit genügend Eisen versorgt, so dass die Erythropoese normozytär normochrom bleibt. Merkmale der ACD sind eine moderate Anämie durch Verminderung der Erythozytenzahl, eine hyporegenerative Erythropoese durch eine reduzierte Antwort des Knochenmarks auf Erythropoetin und eine Verminderung des Funktionseisens /10/. Die ACD wird gesehen bei Inflammation, Infektion, malignen hämatologischen Erkrankungen, soliden Tumoren und Autoimmunerkrankungen.

Die Konzentration von Hepcidin-25 im Serum ist in der Regel ≥ 15 nmol/l und nimmt bei Vorliegen einer Inflammation und abhängig von deren Ausmaß auf Werte ≥ 100 nmol/l zu. Bei Patienten mit Inflammation differenziert Hepcidin-25 Patienten mit ACD von denjenigen mit IDA. Patienten mit ACD haben eine Hepcidinkonzentration ≥ 4 nmol/l, bei Patienten mit IDA sind die Werte ≤ 1 nmol/l. Hepcidin vermag aber nicht Patienten mit ACD von denjenigen mit ACD/IDA zu differenzieren. Die Kombination von Hepcidin-25 als Marker der Eisenverfügbarkeit und dem Hb-Gehalt der Retikulozyten (CHr) als Indikator des Eisenbedarfs der Erythropoese, ermöglicht die Differenzierung von IDA, ACD und ACD/IDA und ACD/IRE (Abb. 7.6-1 Differenzierung von IDA, ACD, der Kombination von ACD/IDA und iron restricted erythropoiesis). Patienten im Quadranten ACD/IRE haben schon eine reduzierte Eisenzufuhr, aber es ist noch nicht zur Ausbildung einer Hypochromie der Retikulozyten gekommen.

β-Thalassämie /11/: Die hohe erythropoetische Aktivität bei der β-Thalassämie supprimiert die Hepcidinsynthese und führt zu einer intestinalen Hyperabsorption von Eisen und zur Erhöhung des Speichereisens.

Hepcidin: Niedrige Konzentration im Serum.

– Chronische Hämodialyse (CHD)-Patienten /12/: Bei CHD-Patienten korreliert Hepcidin im Serum mit dem Speichereisen, der Erythropoese und dem Ausmaß der Inflammation. Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz aber ohne Hämodialyse nimmt Hepcidin mit Abnahme der Nierenfunktion zu. Bei diesen Patienten korreliert die fraktionelle Exkretion von Hepcidin im Urin mit der von β2-Mikroglobulin /13/.

– Hämolystische Anämie: Eine Hämolyse bei hämatologischen Erkrankungen wird oft von einer Anämie mit Eisenüberladung begleitet. Die Eisenüberladung ist die Folge eines massiven Einstroms von Hämoglobin in die Zirkulation. Es resultiert ein kompletter Abfall von Haptoglobin, die Verminderung von Hämopexin, ein Anstieg der LDH, eine Verbreiterung der Erythrozytenverteilung, eine Verminderung der erythrozytären Halbwertszeit, ein Anstieg von Ferritin und ein vom erythroid regulator Erythroferron induzierter Abfall von Hepcidin. Das verstärkt aufgenommene Eisen wird in der Leber und den Makrophagen der Milz gespeichert, Ferritin ist erhöht, aber die Transferrinsättigung bleibt normal. Die aus Häm und Hämoglobin resultierende Eisenüberladung besteht vorwiegend in den Makrophagen von Milz und Leber, ist aber nicht in den Hepatozyten lokalisiert. Aufgrund des niedrigen Hepcidins ist die enterale Eisenabsorption erhöht. Die fehlende Eisenüberladung der Hepatozyten beruht auf der erheblichen Neubildung von Erythroblasten und dem Eisenverlust über die Nieren /28/.

Tabelle 7.6-3 Im Eisensensing wichtige Proteine /1923/

Protein

Physiologie

Holotransferrin (Holo-Tf)

Holo-Tf ist eine von drei Formen von Eisen beladenen Transferrin (siehe Beitrag 7.5 – Transferrin-Sättigung (TfS)). Es spielt eine wichtige Rolle im Eisensensing des Blutes, da es die einzige Form ist, die mit Anstieg der Konzentration von Eisen kontinuierlich zunimmt. Holo-Tf ist bedeutsam in der Regulation der Hepcidin-mRNA über den Hemojuvelin/BMP 2/4 abhängigen Weg.

HFE-Protein

Das HFE-Protein bildet mit dem Transferrinrezeptor 2 auf der Zellmembran des Hepatozyten einen Komplex (Abb. 7.6-4 – Signale und Wege zur Kontrolle der Hepcidin Expression). Es besteht aber eine Konkurrenz von HFE-Protein und Holotransferrin um die gleiche Bindundsstelle am Transferrinrezeptor 1 (TfR1). Liegt ein Überschuss an Eisen im Blut vor, bindet Holotransferrin an (TfR1) und separiert das HFE-Protein. HFE bindet dann an mit Holotransferrin beladenen Moleküle Transferrinrezeptor 2 (TfR2) und löst ein Signal aus. Das Signal wird über den SMAD Signalweg (SMAD, soluble mothers against decapeptic) an den Zellkern weiter gegeben und führt zur Expression von Hepcidin. Bei einer Mutation im HFE-Gen (HAMP-Gen), z.B. bei der C282Y-Homozygotie, besteht ein Funktionsverlust des HFE-Proteins mit resultierender gestörter BMP/SMAD-Signalgebung an den Zellkern und eine verminderte Synthese von Hepcidin. Die Folge ist eine nicht regulierte Eisenabgabe durch die Enterozyten in die Zirkulation. Siehe Abb. 7.1-5 – Post-transkriptionale Regelung der zellulären Eisenhomöostase. Die Struktur des HFE-Proteins ist dargestellt in Abb. 7.6-5 – Modell des HLA-H Proteins.

Hemojuvelin (HJV)

HJV ist ein Eisentransporter und auf allen Zellen lokalisiert, besonders aber den Hepatozyten und Muskelzellen. Über Neogenin ist HJV an die Zellmembran gebunden. HJV hat folgende Funktionen:

  • HJV ist ein Korezeptor der BMP. Der Komplex HJV-BMP, wenn stimuliert durch Interaktion mit dem Komplex HFE-TfR2, stimuliert die Hepcidinsynthese über den SMAD-Signalweg.
  • HJV ist ein Eisen-transportierendes Protein. HJV bindet Holo-Tf, dabei wird der HJV-Neogenin-Komplex zerstört und HJV gebundenes Holo-Tf durch Endozytose in das Zellinnere gebracht. Nachfolgend wird HJV retrograd in den Extrazellulärraum und die Zirkulation translociert.

Bone morphogenetic proteins (BMPs)

Die BMPs sind Zytokine und eine Subgruppe der Transforming growth factor β (TGF-β) Superfamilie. Sie spielen eine Rolle in der Regulation der Proliferation, Differenzierung und Apoptose von Zellen. Sind die BMP Rezeptoren auf der Hepatozytenmembran durch Bindung von BMP aktiviert, kann der TfR2-HFE Komplex mit diesen agieren und über den SMAD Signalweg die Expression von Hepcidin aktivieren.

Soluble mothers against decapentaplegic ... (SMAD)

SMAD-Proteine bilden einen Signalweg, der im Falle der Hepcidinsynthese von den BMP-Rezeptoren der Hepatozytenmembran, durch das Zytoplasma bis in den Zellkern, reicht. Dort wird das für die Hepcidinsynthese verantwortliche Gen HAMP aktiviert. Das BMP-Rezeptor assoziierte SMAD1-Molekül wird vermittels einer Rezeptorkinase durch Phosphorylierung aktiviert welches wiederum durch Phosphorylierung das nachfolgende SMAD-Protein aktiviert. Der aktivierte SMAD-Komplex translociert in den Zellkern und reguliert die Transkription des HAMP-Gens.

Apikale Oberfläche Basolaterale Oberfläche DMT 1 Ferritin Ferrireduktase Ferroportin Hephaestin Fe3+ Fe3+ Fe2+ Fe2+ Darmlumen Blut

Abbildung 7.1-1 Transport von Eisen durch den Enterozyten des Dünndarms. Die Transformation von Fe2+ in Fe3+ erfolgt durch Hephaestin oder Coeruloplastin /6/.

Extrazellulärer Raum (pH 7,4) Zytoplasma Fe2-Tf Fe2+-Transporter (DMT 1) Apo-Tf TfR DMT 1 Clathrin-coated pit Endosom Protonenpumpe Angesäuertes Endosom (pH 5,5) Mitochondrien Nicht-erythroideZellen Released Fe Ferritin Hämosiderin H+ H+ Zellmembran

Abbildung 7.1-2 Zelluläre Eisenaufnahme von Transferrin (Tf). Mit freundlicher Genehmigung nach Lit. /7/. Eisen-beladenes Transferrin (Fe2-Tf) wird an Transferrinrezeptoren (TfR), die an der Zelloberfläche exprimiert sind, gebunden. Die TfR (Fe2-Tf)2-Komplexe werden durch endosomale Absorption in das Zytoplasma aufgenommen. Durch Ansäuerung des Endosoms wird atomares Eisen freigesetzt und über den Divalent Metal Transporter 1 (DMT 1) in das Zytoplasma entlassen. Dort bildet es den labilen Eisenpool, von dem aus eine Verteilung auf die Funktionsstellen oder eine Speicherung als Ferritin erfolgt. Apo-Tf und der TfR werden zurück auf die Zelloberfläche gebracht, der TfR von der Wand des Endosoms enzymatisch abgespalten und als zirkulierender (solubler) Transferrin-Rezeptor (sTfR) an die Zirkulation abgegeben. Die Konzentration des sTfR im Plasma ist von der Masse der erythroiden Vorläuferzellen (hypo- oder hyperregenerative Erythropoese) und ihrem Eisenbedarf abhängig.

Erythrozyten2.500 mg Retikulo-endo-theliales System Abbau roterBlutzellen Bildung roterBlutzellen Knochenmark 20 mg täglich 20 mg täglich ~ 5 mg täglich Verlust1–2 mg täglich Absorption1–2 mg täglich Eisenspeicher1.000 mg Myoglobin& Enzyme der Atmungskette 300 mg Plasma4 mg

Abbildung 7.1-3 Eisenverteilung im Organismus, modifiziert nach Lit. /5/. Der tägliche Eisenbedarf der Funktionsstellen ist etwa 25 mg: 20 mg benötigt die Erythropoese und 5 mg werden für die Neusynthese von Myoglobin und Eisen haltigen Enzymen verwendet. Nicht für die Funktionsstellen benötigtes Eisen wird als Ferritin gespeichert, vorwiegend in den Hepatozyten und den Makrophagen des retikulo-endothelialen Systems. Für den Eisenturnover sorgt das Transferrin im Plasma, das in der Regel mit 3–4 mg Eisen beladen ist, entsprechend einer Transferrinsättigung von 25–30 %. Das von den Funktionsstellen durch die Apoptose von Erythrozyten freiwerdende Eisen wird vom Transferrin sofort wieder den Funktionsstellen zur Neusynthese von Eisen haltigen Proteinen und Häm zur Verfügung gestellt. Bei Eisen restrikiver Erythropoese besteht ein Ungleichgewicht zwischen Eisenbedarf und Eisenversorgung der Funktionsstellen.

Häm-Eisen Fe2+ Fe2+ Fe2+ Fe2+ Fe3+ Fe3+ Fe3+ Ferritin Labiler Eisenpool Darmlumen Enterozyt Blutplasma Apotransferrin + Fe-Transferrin Apotransferrin Knochenmark Hepcidin ß2M TfR1 HFE Transferrin Ferro- portin Hephae- stin

Abbildung 7.1-4 Regulation des Eisengehaltes des intrazellulären Eisenpools des Enterozyten durch die Hepcidin-Ferroportin Achse. Bei einer TfS über 20 % im Plasma signalisiert Fe2+, das aus dem Blutplasma der kontraluminalen Zellmembran über den TfR1-HFE Komplex in den labilen Eisenpool gelangt eine ausreichende Eisenversorgung der Gewebe. Als Folge wird die enterale Eisenabsorption der luminalen Seite des Enterozyten und die Freisetzung von Eisen aus dem labilen Eisenpool über Ferroportin in das Plasma gebremst. β2M, β2-Mikroglobulin; DMT1, divalenter Metalltransporter; HFE, HFE-Protein; TfR1, Transferrinrezeptor 1.

Mitochondrium Zytosol COOH CH2 CH2 CO OH + + CH2 – NH2 COOH Succinat Glycin COOH δ ALA CH2 CH2 C = O CH2 NH2 COOH δ ALA CH2 CH2 C = O CH2 NH2 ALAS H2O CO2 2H2O ALAD COOH CH2 NH PBG CH2 COOH CH2 CH2 CH2 NH2 C = O δ ALA COOH CH2 CH2

Abbildung 7.1-5 Erster Schritt der Hämsynthese. Aus Succhinyl-CoA und Glycin entsteht, katalysiert durch die ε-Aminolävulinsäure-Synthase (ε-ALAS) die δ-Aminolävulinsäure (δ-ALA). Im nächsten Schritt katalysiert die Aminolävulinsäure-Dehydratase (ALAD) die Kondensation von zwei Molekülen δ-ALA zu Porphobilinogen (PBG). In den erythropoetischen Vorläuferzellen ist das Isoenzym der ALAS, die ε-Aminolävulinsäure-Synthase (ε-ALAS) aktiv, in anderen Körperzellen die δ-ALAS.

EisenaufnahmeEisenspeicherungHämsynthese EisenaufnahmeEisenspeicherungHämsynthese IRE ε-ALAS 5' AAAA 3' 5' AAAA blockiert aktiv 3' ε-ALAS IRP 5' AAAA 3' Transferrin-Rezeptor IRE 5' AAAA blockiert 3' Transferrin-Rezeptor IRP Ferritin IRE aktiv 5' AAAA 3' 5' AAAA blockiert 3' Ferritin IRP IRP = zytoplasmatische Aconitase Eisen hoch, NO niedrig Eisen niedrig, NO hoch 13 4 IRP = IRE-bindendes Protein 13 4 7mG AUG A G U G N C C IRP Konsequenz Antwort

Abbildung 7.1-6 Post-transkriptionale Regelung der zellulären Eisenhomöostase, nach Lit. /62/. Das Eisen-sensorische Protein im Zytoplasma liegt bei normalem labilem Eisenpool als Enzym Aconitase vor, bei niedrigem Eisenpool als Eisen regulatorisches Protein (IRP), das sich an die Eisen regulatorischen Elemente (IREs) nicht translatierter mRNA des Transferrinrezeptors, von Ferritin und der ε-Aminolävulinsäure-Synthase (ε-ALAS bzw. 5-ALAS) bindet. Bei niedrigem labilen Eisenpool oder einem Anstieg von NO werden die IRE durch Bindung von IRP blockiert. Als Folge ist die Eisenaufnahme der Zelle gesteigert und die zelluläre Eisenspeicherung als Ferritin sowie die Synthese von Hb vermindert. Bei hohem labilen Eisenpool laufen entgegengesetzte Prozesse ab.

%35302520151050 0,5–2 26 610 1014 1418 Alter (Jahre) Beide GeschlechterFrauenMänner 18 30 30 40 40 50 50 65 >65

Abbildung 7.1-7 Prävalenz von Eisenmangel und Eisenmangelanämie bei Männern, Frauen und Kindern beiderlei Geschlechts, nach Lit. /15/. Ein Eisenmangel ist definiert als mindestens zwei abnormale Werte der vier unabhängigen Indikatoren des Eisenstatus: Serumferritin, erythrozytäres Zinkprotoporphyrin, Transferrin-Sättigung und mittleres korpuskuläres Volumen (MCV).

50403020100 Frauen (%) HämoglobinMCVTransferrinsättigungErythrozytäres ProtoporphyrinSerumferritin Alter (Jahre) 0,6–2 2–6 6–10 10–14 14–18 18–30 30–40 40–50 50–65 >65 6050403020100 Männer (%) Alter (Jahre) 0,6–2 2–6 6–10 10–14 14–18 18–30 30–40 40–50 50–65 >65

Abbildung 7.1-8 Prozentsatz pathologischer Werte bei Altersgruppen (z.B. 0,6-2 Jahre) gesunder Personen. Indikatoren: Hämoglobin, mittleres korpuskuläres Volumen (MCV), Transferrinsättigung, Zinkprotoporphyrin und Serumferritin. Mit freundlicher Genehmigung nach Lit. /15/. Als pathologisch sind diese Parameter gewertet bei folgenden Grenzwerten: Ferritin < 12 μg/l; Transferrinsättigung < 16 %; erythrozytäres Zinkprotoporphyrin < 3 μg/g Hb; MCV < 70 fl, < 73 fl, < 75 fl, < 80 fl bei Personen im Alter von jeweils < 2 J., 2–6 J., 6–14 J. und Erwachsenen; Hb < 110 g/l, < 120 g/l, < 130 g/l bei Kindern < 6 J., Kindern ≥ 6 J. und Erwachsenen.

Adäquate Versorgungmit Eisen Fe-Speicher fast leerFunktions-Fe normal= Latenter Fe-Mangel Fe-Speicher leerFunktions-Fe gering= Totaler Fe-Mangel Fe-Speicher normal/erhöhtFunktioneller Fe-Mangeldurch RES-Blockade sTFR/log ferritin (Ferritin-Index) 0 0,8 (2,0) CHr (pg) 362820 Q1 Q2 Q4 Q3

Abbildung 7.1-9 Diagnostik des Eisenstatus /70/. Die Kombination des Hämoglobingehaltes der Retikulozyten (CHr, RetHe) mit dem Ferritinindex ermöglicht die Einteilung der Eisenrestriktion in folgende 4 Stadien der Eisenversorgung der Erythropoese: Q1) Adäquate Eisenversorgung, Q2) Latenter Eisenmangel, Q3) Totaler Eisenmangel Q4) Funktioneller Eisenmangel durch RES-Blockade bei Inflammation. Der Grenzwert des Ferritinindex beträgt bei Bestimmung von sTfR mit dem Assay von Siemens 0,8 und 2,0 mit dem Assay von Roche.

0 10 20 30 40 50 Jahre HAMP, HJV Gene TfR2 FPN HFE FibroseZirrhose Karzinom KardiomyopathieStauungs-insuffizienz GlucoseintoleranzGonadaleDysfunktion Serumeisen Hepcidin Jahre Organe

Abbildung 7.1-10 Zeitlicher Beginn von Organerkrankungen und Funktionsstörungen und Verhalten von Eisen- und Hepcidin-Konzentration im Serum in Abhängigkeit vom Typ der hereditären Hämochromatose. Modifiziert nach Lit. /36/.

Transferrin-Sättigung Ferritin > 200 μg/l > 300 μg/l ≤ 45 %≤ 50 % > 45 %> 50 % Hereditäre Hämochromatose Inflammation (CRP )Hämochromatose Typ 4HHCSBenigne Hyperferritinämie Erwachsene HFE Typ 1 TfR2 Typ 3 SCL40A1 Typ 4b Juvenile HJV Typ 2 HAMP Typ 5

Abbildung 7.3-1 Abklärung einer nicht Anämie-assoziierten Hyperferritinämie durch Ferritin, die Transferrinsättigung (TfS) und CRP nach Lit. /12/. CRP, C-reaktives Protein; HHCS, hereditäres Hyperferritinämie/Katarakt-Syndrom; HAMP, Gen das Hepcidin kodiert; HFE, Gen das HFE-Protein kodiert, HJV, Gen, das Hemojuvelin kodiert; SCL40A1, Gen das Ferroportin kodiert; TfR2, Gen des Transferrin-Rezeptors 2.

L H L L H H H L L H

Abbildung 7.3-2 Struktur des Ferritinmoleküls mit H- und L-Untereinheiten und einem Kern aus kristallinem Eisen.

1.000100101 20 25 30 35 40 45% Hkt Inadäquate EPO- Antwort in Relationzur Anämie Adäquate Antwort EPO (U/l)

Abbildung 7.4-1 Beziehung zwischen Hämatokrit (Hkt) und Erythropoetin (EPO)im Serum. Mit freundlicher Genehmigung nach Lit. /7/. Bei einem Abfall des Hkt unter 38 % kommt es zu einem EPO-Anstieg mit konsekutiver Steigerung der erythropoetischen Aktivität (hyperregenerative Erythropoese). Die Retikulozytenzahl steigt an. Ist der Anstieg des EPO inadäquat niedrig in Relation zum Abfall des Hkt, wird die Erythropoese nur unzureichend stimuliert und die Anämie nicht korrigiert. Das ist z.B. der Fall bei renaler Anämie. Einige Laboratorien arbeiten mit der O/P-Ratio (O, observed = gemessene EPO-Konzentration; P, predicted = anhand des Hkt erwartete EPO-Konzentration). Eine O/P Ratio unter 0,8 spricht bei Vorliegen einer Anämie für eine inadäquat niedrige EPO-Bildung /7/.

100101 20 25 30 35 40 45 % Hkt Verminderte Reaktionder Erythropoesein Relation zur Anämie Adäquate Antwort sTfR (mg/l)

Abbildung 7.4-2 Beziehung zwischen Hämatokrit (Hkt) und sTfR-Konzentration im Serum. Mit freundlicher Genehmigung nach Lit. /7/. Eine inadäquat niedrige sTfR-Konzentration weist auf eine hypoproliferative Anämie hin. Sie ist intrinsischer Natur bei adäquater Konzentration an EPO.

Eisen-gesättigtesTransferrin Transferrin-Bindungsstelle COOH 70 20 5 Mr x 10–3 COOH Asn 727 N-gebun- dene Glykane O-gebundeneGlykane Spaltung durchTrypsinArg 100 Plasma-membran NH2 Cys-89 S S PO4-Ser 24 Asn 317 Asn 251 Ser 24-PO4 H2N Kovalentgebun- deneFett- säuren S S Cys-98

Abbildung 7.4-3 Transferrinrezeptor (TfR). Der TfR ist ein Heterodimer aus zwei transmembranen Untereinheiten. Jede Untereinheit besitzt eine Bindungsstelle für ein mit zwei Eisenatomen gesättigtes Molekül Transferrin. Durch die proteolytische Wirkung von Trypsin werden die extrazellulären Domänen abgespalten und sind als löslicher Transferrinrezeptor im Plasma bestimmbar. Mit freundl. Genehmigung nach Lit. /31/.

Darm Dünndarm- Mukosa F unktionseisen Speichereisen- Reserve Myoglobin, Enzyme Nahrung T ransferrin Gewebe Blut Absorptio n 1 mg/Tag 10–15 mg/T ag 1 mg/Tag Eisen- V erlust Epitheliale Zellen, Blutverlust 500 mg 5 mg 2500 mg 20 mg 20 mg Rote Blutzellen Ferritin 1000 mg

Abbildung 7.5-1 Turnover von Eisen zwischen den verschiedenen Kompartimenten.

<0,2 2 4 6 8 10 >20 15 Hepcidin-25 (nmol/L) CHr (pg) IDA ACD/IRE ACD/IDA ACD 20 25 30 35 40 28

Abbildung 7.6-1 Differenzierung von Eisenmangelanämie (IDA), Anämie chronischer Erkrankungen (ACD), der Kombination ACD/IDA und Iron-restricted erythropoiesis bei ACD (ACD/IRE) vermittels eines diagnostischen Plots. Bestimmt wurden Hepcidin-25 im Serum und der Hämoglobingehalt der Retikulozyten (CHr, RetHe/8/.

C19 C11 C10 C7 C22 C13 C14 C23

Abbildung 7.6-2 Struktur von Hepcidin-25. Vier Disulfidbrücken halten die dreidimensionale Struktur aufrecht.

Ferritin Enterozyt Ferroportin Ferroportin Hepcidin Fe(II) Fe(II) Makrophage Ferritin

Abbildung 7.6-3 Internalisierung von Ferroportin in den Makrophagen und den Enterozyten und Degradation nach Bindung von Hepcidin.

Makrophage Fe Fe Fe Fe Fe TF Erythrozyten TF FPN FPN FPN FPN TF BMP6 SMAD1/5/8 1/5/8 Stat3 Zellkern Zytoplasma BMP6 Fe HJV HJV Hepcidin Hepcidin Hemmung:– Eisenmangel– Hypoxie– Erythropoetin ↑ Hepatozyt TFR2 BMPRI-II HFE BMP6 HJV TFR2 Enterozyt DMT1 P IL-6R IL-6 HAMP SMAD1/5/8 SMAD4 P

Abbildung 7.6-4 Signale und Wege zur Kontrolle der Expression von Hepcidin durch stimulierende Faktoren (Eisenüberschuss, Inflammation) und hemmende Faktoren (Eisenmangel, Hypoxie, Anstieg von Erythropoetin). Modifiziert nach Lit. /14, 16/.

S H63D-Mutation COOH COOH Intrazellulär Plasmamembran Extrazellulär β2-Mikroglobulin α2 α1 α3 NH2 S S S S S NH2 α-Schwerkette C282Y-Mutation

Abbildung 7.6-5 Modell des Proteins HLA-H (HFE-Protein) auf Grund seiner Vergleichbarkeit mit den MHC-Klasse I Molekülen. Das Protein ist ein Polypeptid und hat drei extrazelluläre Domänen, die analog den α1, α2, and α3 Domänen der MHC-Klasse I Moleküle sind. β2-Mikroglobulin ist ein separates Protein und interagiert mit dem HLA-H Genprodukt nicht kovalent in the α3 homologen Region. Zusätzlich enthält das HLA-H Protein eine durch die Zellmembran gehende Region und einen zytoplasmatischen Rest. Die Positionen der Cys282Tyr und His63Asp Mutationen sind markiert. Mit freundlicher Erlaubnis aus Lit. /27/.

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