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Genetische Erkrankungen

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Genetische Erkrankungen

  39 Genetische Erkrankungen

Klaus Huber

39.1 Einleitung

Die Molekulargenetik hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte in der Medizin für das Verständnis der Ursachen bzw. vollkommen neue Erkenntnisse über einzelne Krankheiten gebracht. Eine entscheidende Entwicklung war die Einführung der Polymerase-Kettenreaktion (PCR), wodurch molekulargenetische Diagnostik in klinischen Labors realisierbar wurde. Ebenso bedeutend sind die neuen Technologien der Sequenzierung, die unter dem Begriff Next Generation Sequencing zusammengefasst werden. Es kann durch diese Neuerungen davon ausgegangen werden, dass mit der vorliegenden Ausgabe dieses Buches die Mutationen aller Mendel’schen Erkrankungen bereits bekannt sind. Die Einführung dieser Methoden in das Labor bewirkt einen weiteren Technologieschub, dessen Auswirkungen der Einführung der PCR in nichts nachstehen wird. Mit dem „$ 1000,– Genom“, also der Sequenzierung eines ganzen menschlichen Genoms um 1.000 Dollar, was 2015 erreichbar sein sollte, rückt die individualisierte Medizin in greifbare Nähe.

Das eröffnet die Möglichkeit der

  • Neu-Sequenzierung des Genoms einzelner Patienten,
  • Re-Sequenzierung großer Abschnitte.
  • RNA-Sequenzierung des Transkriptoms.
  • Exom-Sequenzierung bei komplexen Krankheiten.
  • Analyse epigenetischer Veränderungen.
  • Mutationsanalyse bei Infektionserkrankungen bzw. spezifischen Therapien.

Ausgangspunkt für alle diese Entwicklungen war das Human Genome Project, die vollständige Sequenzierung des menschlichen Genoms seit 1988. 2003 waren alle Chromosomen sequenziert, damit ist das menschliche Genom zur Gänze bekannt. Schon 2001 waren ca. 95 % aller Basen sequenziert, die weiteren 2 Jahre dienten noch der kompletten Aufklärung von schwierig zu sequenzierenden Fragmenten. Das menschliche Genom enthält 30.000–40.000 Gene, an deren Funktionszuordnung zum Teil noch gearbeitet wird. Viele neue Erklärungen für Krankheiten, deren Erbgang von den Mendel’schen Prinzipien abweichen, sind bereits gefunden worden. Die letzte Ausgabe von McKusicks Mendelian Inheritance in Man enthält etwa 18.000 Eintragungen. Die vorliegende Kompilierung beschreibt verschiedenste genetische Krankheiten, für die in Labors im deutschen Sprachraum Diagnostik angeboten wird.

Eine komplette Auflistung aller genetischen Erkrankungen, welche bereits in Europa diagnostiziert werden können, würde den Rahmen dieses Beitrages überschreiten. Das adäquate Suchwerkzeug für den Diagnosestellenden Arzt ist daher das Internet mit den online verfügbaren Datenbanken:

  • Über genetische Krankheiten; OMIM (online Mendelian Inheritance in Man: www.ncbi.nlm.nih.gov/Omim/kompiliert von Prof. Victor McKusick).
  • Das ORPHANET: www.orpha.net/consor/cgi-bin/index.php?lng=DE.
  • Diverse Mutations-spezifische Datenbanken (über NCBI: www.ncbi.nlm.nih.gov/ zu finden).
  • Die SNP-Datenbank: https://snp.cshl.org/ (Sammlung von Single Nucleotide Polymorphismen).
  • Die MITOMAP: www.mitomap.org/ (Mitochondrien-Datenbank).
  • Die nützliche und informative Datensammlung GENECARDS: www.genecards.org (Zusammenführung verschiedenster Informationen für Krankheitsgene).
  • Die Länder-spezifischen Homepages der jeweiligen humangenetischen Fachgesellschaften und Selbsthilfeorganisationen.

Bei den angeführten Erkrankungen sind die entsprechenden MIM-Nummern angegeben, eine OMIM-Suche mit diesen Nummern führt daher direkt zu weiterer Information und Literatur.

39.2 Begriffe

39.2.1 Monogene Krankheiten

Monogene Krankheiten werden durch Mutationen in nur einem Gen verursacht und entweder dominant, rezessiv oder X-chromosomal vererbt. Bei dominantem Erbgang kommt es zur klinischen Ausprägung einer Krankheit, wenn eines der beiden entsprechenden Chromosomen (Autosomen: Chromosom 1–22; Geschlechtschromosomen: X,Y) ein mutiertes Gen trägt. Bei rezessivem Erbgang müssen beide Gene mutiert sein. Krankheitsloci auf den X-Chromosomen werden X-chromosomal vererbt. Normalerweise sind nur männliche Nachkommen, welche nur ein X-Chromosom pro Zelle haben, bei einer etwaigen Mutation betroffen (X-chromosomal-rezessiv). Bei X-chromosomal-dominantem Erbgang sind auch Frauen betroffen.

Es gibt allerdings viele Abweichungen von der Mendelschen Vererbung:

  • Triplet Repeat Expansionskrankheiten (mehrfache Wiederholungen von Basentriplets in bestimmten Genen; bei unkontrollierter Vervielfachung kommt es zur Ausprägung der Krankheit) zeigen das Phänomen der Antizipation, das heißt, die Krankheit entwickelt sich in der Generationenfolge.
  • Bei Krankheiten, die durch uniparentale Disomie ausgelöst werden, sind die entsprechenden Gene nur von einem Elternteil vererbt.
  • Die Modifizierung mancher Gene kann von der Herkunft (männlich/weiblich) abhängen (Imprinting).

Die monogenen Krankheiten werden unter anderem durch Punktmutationen (Missense: Austausch einer Aminosäure des entsprechenden Proteins; Nonsense: Einführung eines Stoppcodons), Deletionen und Insertionen einer Base bis großer Genfragmente mit daraus resultierenden Verschiebungen des Leserasters (Aminosäuresequenz ist ab der Mutation geändert) verursacht.

Weiterhin können Kontrollregionen mutiert sein, die Polyadenylierung oder das korrekte Zusammenfügen der RNA (Splicemutanten) sowie andere Mechanismen der RNA-Prozessierung gestört sein.

39.2.2 Multifaktorielle Krankheiten

Multifaktorielle genetische Krankheiten werden durch das gestörte Zusammenwirken vieler Gene bzw. von Faktoren der Umwelt hervorgerufen. Ihr Erbgang ist wesentlich komplexer, aber die Wahrscheinlichkeit für Nachkommen, die Krankheit zu bekommen, ist generell geringer als bei monogenen Erkrankungen. Chromosomale Veränderungen beeinflussen viele Gene durch den Verlust, Überschuss oder neues Arrangement von Chromosomen(abschnitten).

39.2.3 Epigenetik

Erworbene Eigenschaften von Zellen, die vererbt werden können und nicht in der Sequenz der DNA festgelegt sind, werden epigenetische Änderungen genannt. Hierbei können Veränderungen an der DNA oder den Chromosomen entstehen, wodurch Abschnitte oder ganze Chromosomen in ihrer Aktivität beeinflusst werden. Dabei werden chemische Gruppen kovalent an die DNA und deren assoziierte Histonproteine gebunden, die DNA-Sequenz wird dabei jedoch nicht verändert. Es handelt sich also um funktionelle und nicht strukturelle Änderungen.

Auch sind diese Veränderungen kontinuierlich und quantitativ. So beeinflusst das Verhältnis zwischen hypo- und hypermethylierten Sequenzen beispielsweise das Tumorwachstum. Diese Änderungen können auch reversibel sein und wirken im Feld zwischen Genen und Umwelt.

39.3 Indikation

  • Abklärung von manifesten Erkrankungen, bzw. Differentialdiagnosen.
  • Prädiktive Diagnose von Erkrankungen bei familiären Konstellationen.
  • Pränataldiagnostik.
  • Familienuntersuchungen.

39.4 Diagnostische Verfahren

Abhängig von der Größe des betroffenen Gens, bzw. der Frequenz einzelner Mutationen dieses Gens, werden unterschiedliche diagnostische Verfahren eingesetzt:

  • Die direkte Detektion einer Mutation kann dort durchgeführt werden, wo ein oder wenige Mutationen in einem Gen einen Großteil der Erkrankungen verursachen. Dabei wird üblicherweise mittels PCR (Real Time PCR) die betroffene Gensequenz untersucht. Bei großen Genen oder Änderungen ganzer Genfragmente sowie Krankheiten mit vielen einzelnen Mutationen eines Gens werden direkte (sequenzieren) und vereinzelt noch indirekte Methoden der Detektion von Mutationen eingesetzt.
  • Indirekte Detektion von Mutationen: Dazu gehören die chemische oder enzymatische Mismatch-Spaltung [CCMD, Chemical Cleavage Mutation Detection], Spezialgele [SSCP, Single Strand Conformational Polymorphism, DGGE, Denaturing Gradient Gel Electrophoresis, TGGE, Temperature Gradient Gel Electrophoresis], diese Techniken können alternierend verwendet werden.

Mittels Southern Blot werden Gene auf größere Deletionen oder Insertionen sowie auf Veränderungen von Restriktionsenzym-Schnittstellen untersucht. Alternativ wird die vergleichende genomische Hybridisierung (CGH, Comparative Genomic Hybridization) eingesetzt. Dabei wird die gesamte DNA des Untersuchungsguts gemeinsam mit DNA von Kontrollmaterial auf ein Array von Gensonden hybridisiert. Test- und Kontroll-DNA sind unterschiedlich mit Fluoreszenzfarbstoffen gefärbt. Die Sonden sind repräsentativ für einen Großteil des menschlichen Genoms, und das Hybridisierungsmuster zeigt dann die Unterschiede zwischen Proben- und Kontrollmaterial (virtueller Karyotyp). Das Sequenzieren von Genen oder Genfragmenten jedoch ist durch die Sequenzierautomaten in klinischen Labors bereits Praxis geworden. Selbst wenn das betroffene Gen noch unbekannt ist, kann durch Kopplungsanalyse (Analyse von Markern, die mit dem Auftreten der Krankheit verbunden sind) der Erbgang der Krankheit bestimmt werden. Schließlich soll vorausgesetzt werden, dass die Zytogenetik mit all den verschiedenen Techniken Grundlage der Untersuchungen in einem human genetischen Labor ist.

Literatur

> ScienceDirect: Genetic testing. www.sciencedirect.com/topics/medicine-and-dentistry/genetic-screening.

> Brusick DJ. Principles of GeneticToxicology. Springer Link. https://link.springer.com/book/10.1007%2F978-1-4615-7661-7

39.5 Untersuchungsmaterial

  • 2 bis 3 EDTA Blutbildröhrchen (kein Heparinblut).
  • Schleimhautabstrich der Wange.
  • Fruchtwasser.

39.6 Bewertung

Homozygote Mutationen führen zum Funktionsverlust des entsprechenden Gens auf beiden Chromosomen, ebenso wie Compound heterozygote Mutationen, d.h. Mutationen an verschiedenen Stellen (Allelen) der beiden Gene. Homozygote und compound heterozygote Mutationen erklären also die Krankheitsursache auf molekularer Ebene. Ob allerdings bei zwei mutierten Allelen je eine Mutation auf einem Gen (Compound heterozygot) oder beide auf dem gleichen Gen vorhanden sind, und so entweder beide Gene oder nur ein Gen funktionsuntüchtig machen, kann oft nicht eindeutig bestimmt werden. Dafür müssten diese Mutationen bei einem/beiden Eltern der betroffenen Person nachgewiesen werden, was oft nicht möglich ist. In solchen Fällen wird das klinische Bild über diese Frage entscheiden müssen.

Heterozygote Mutationen führen bei dominantem Erbgang zur Erkrankung, allerdings abhängig von der Penetranz (Durchgängigkeit) der jeweiligen Mutation. Auch bei rezessivem Erbgang können heterozygote Mutationen zu Krankheitsbildern führen, dann aber oft abgeschwächt, bzw. mit anderem Verlauf.

Bei Triplet-Repeat Erkrankungen muss das Phänomen der Antizipation bedacht werden, es kann also die Erkrankung in der Generationenfolge in immer schwereren/früheren Formen ausgeprägt werden.

Zu den verantwortlichen Genregionen bei genetischen Erkrankungen siehe:

  • OMIM®, Online Mendelian Inheritance in Man®. An online catalog of human genes and genetic disorders. Updated June 6, 2019. www.omim.org

sowie Tab. 39.1 bis 39.13 – Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Auswahl):

39.7 Hinweise und Störungen

Generell ist die Gewinnung von DNA aus den unterschiedlichsten Spezimen unkompliziert. Mögliche Kontaminationen mit fremden genetischen Material oder amplifizierten Fragmenten aus vorhergehenden Untersuchungen müssen durch geeignete Maßnahmen, wie räumliche Trennung von Probenvorbereitung und Analysendurchführung, verhindert werden. Durch das Mitführen von positiven und negativen Kontrollen und Teilnahme an Ringversuchen (EMQN European Molecular Genetics Quality Network: www.emqn.org muss die Qualität der Analysen konsequent überprüft werden.

Eine ausführliche Beachtung der gesetzlichen Lage ist in Labors, welche genetische Untersuchungen durchführen, selbstverständlich. Auch ist zu bedenken, dass eine genetische Diagnose direkte Schlüsse auf Familienangehörige zulässt. Vor jeder Diagnose muss eine in die Tiefe gehende genetische Beratung mit ausführlicher Familienanamnese stattfinden. Patienten haben das Recht, Befunde nicht mitgeteilt zu bekommen, z.B. bei Chorea Huntington, obwohl die gesamte genetische Diagnose fertig gestellt ist.

Mögliche soziale Beeinträchtigungen auf Grund einer genetischen Erkrankung (Verlust des Schutzes einer Versicherung oder des Arbeitsplatzes) sind durch strenge Datensicherheit zu verhindern.

39.8 Begriffserklärungen

  • Antizipation: Die Anzahl der Triplett repeats erhöht sich im Laufe der Generationen.
  • Compound heterozygot: Mutation bei beiden Genen.
  • Dominant: Auch heterozygote Mutation führt zum Krankheitsbild.
  • Exon: Protein-bildender Teil eines Gens.
  • Exom: Die Gesamtheit aller Exons.
  • Frameshift-Mutation: Ablesung der Codons (= jeweils 3 Nukleotide) zur Proteinbildung verschiebt sich durch eine Mutation.
  • Heterozygot: Sequenzänderung an nur einem Gen.
  • Homozygot: Sequenzänderung an beiden Genen.
  • Imprinting: Modifikation von Genen abhängig von Herkunft (Vater/Mutter).
  • Intron: Teil eines Gens, das kein Protein kodiert.
  • Leserasterverschiebung: Siehe Frameshift-Mutation.
  • Missense Mutation: Austausch einer Aminosäure.
  • Monogene Erkrankung: Krankheit wird durch ein Gen verursacht.
  • Nonsense Mutation: Einführung eines Stoppsignals, Proteinbildung wird gestoppt.
  • Polyadenylierung: An die RNA werden Adenosingruppen angehängt.
  • Rearrangements: Umlagerungen von Abschnitten des Chromosoms.
  • Rezessiv: Nur homozygote Mutationen führen zum Krankheitsbild.
  • Splice-Junction-Mutation: Fehler beim Zusammenfügen der Exonprodukte (RNA) eines Gens.
  • Transkriptom: Gesamtheit der transkriptierten (DNA → RNA) Bereiche des Genoms.
  • Triplett Repeat-Expansion: Vervielfältigung von dreier Gruppen von Nukleotiden (z.B. CAG, CAG CAG etc.).
  • Uniparentale Disomie: Aktives Gen nur von einem Elternteil vererbt.
  • X-Chromosomal: Vererbung der Gene des X-Chromosoms.

Literatur

> Erlich HA. PCR technology. New York; McMillan Publishers, Stockton Press 1989.

> Haselberger AG, Gressler S. Epigenetics and human health. Weinheim, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. 2010.

> Keller GH, Manak MM. DNA probes. London, Nature Publishing Group 1993.

> Lewis R. Human Genetics. New York, Mac Graw Hill 2005

> McKusick V. Mendelian inheritance in man (XI edition). Baltimore; John Hopkins University Press 1998.

> Milunsky A, Milunsky JM. Genetic disorders and the fetus. Chichester, Wiley Blackwell 2010.

> Passarge E. Taschenatlas der Genetik. Stuttgart; Thieme 2008.

> Runge MS, Patterson C. Principles of molecular medicine. Humana Press, Totowa, New Jersey 2006

> Scriver CR. Beaudet AL, Sly WS, Valle D. The metabolic and molecular bases of inherited disease (VIII edition). New York; McGraw-Hill 2000.

> Smith CUM.Elements of molecular neurobiology. Chichester; John Wiley & Sons 2002.

> Strachan T, Matthes TJ. Human molecular genetics. London; Garland Science 2003.

> Strachan T, Read AP. Molekulare Humangenetik. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag 2005.

> Taylor GR, Day IN, Human Genome Organization (HUGO). Guide to mutation detection. Chichester, John Wiley & Sons 2005

> Terwilliger JD, Ott J: Handbook of genetic linkage. Baltimore; John Hopkins University Press 1994.

> Weatherall DJ, Ledingham JGG, Warell DA. Oxford textbook of medicine (4 edition). Oxford; Oxford University Press 2003.

> Blau N, Duran M, Baskovics ME, Gibson KM. Physician’s guide to the laboratory diagnosis of metabolic diseases. New York; Springer 2004.

Tabelle 39-1 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Augenerkrankungen – Auswahl)

Betroffene Organe

Augenerkrankungen

Erkrankung

Choiroideremie (Hemeralopie)

Frequenz

1 : 100.000

MIM

303100

Vererbung

X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Xq21

Art der Mutation

Deletionen, Translokationen, Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Verringerte/fehlende Aktivität des Chorioideremia (CHM)-Genprodukts (REP1 Protein), (Geranylgeranyl-Transferase), teilweise substituiert durch Chorioideremia-like (CHML)-Genprodukte mit ähnlicher Aktivität

Syndrom

Fortschreitende Degeneration der Aderhaut und Retina, Atrophie des Pigmentepithels, der Aderhaut u. Retina, Nachtblindheit ab Jugendzeit, komplette Blindheit im mittleren Alter

Nachweismethode

Immunoblot mit anti-REP1 Antikörper, PCR

Erkrankung

Farbenblindheit: Blau-Monochromie, Rot-Grün-Blindheit

Frequenz

1 : 100.000 (Blau Mono), 1 : 13 (Rot-Grün) bei männlichen Kaukasiern

MIM

303900

Vererbung

X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Xq28

Art der Mutation

Deletionen, Missense-Mutationen

Mutiertes Produkt

Fehlen der entsprechenden Opsine, Fusionsprodukte mit geänderten spektralen Qualitäten

Syndrom

Farbenblindheit

Nachweismethode

SSCP, Southern Blot

Erkrankung

Retinoschisis

Frequenz

1 : 10.000–100.000

MIM

312700

Vererbung

X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Xp22.2–22.1

Art der Mutation

Nonsense-, Missense-, Frameshift-Mutationen

Mutiertes Produkt

Mutiertes XLRS1-Gen-Produkt (Retinoschisin), das für Zelladhäsionen bei der Entwicklung der Retina wichtig ist

Syndrom

Netzhautspaltung mit Schichtrupturen

Nachweismethode

Klinischer Nachweis makulärer Lesionen, Sequenzieren

Erkrankung

Retinitis pigmentosa

Frequenz

1 : 10.000

MIM

180380, 600105, 608133, 312600, 600059, 600105 Usher, Syndrom: 276900 sowie weitere

Vererbung

X-chromosomal, autosomal, dominant, autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

Xp11, Xp21,1q31–q32.1 3q21–24, 6p21.1-cen und andere Loci

Art der Mutation

Punktmutationen

Mutiertes Produkt

RP1–RP15: abnormale zelluläre Lokalisation/ defekte Glykosylierung/geänderte Funktion von Rhodopsin, mutiertes Peripherin

Syndrom

Degeneration von Photorezeptoren, Sehverlust (autosomal dominant und rezessiv: ca. 60 Jahre, X-chromosomal: ca. 45 Jahre)

Nachweismethode

Molekulare Diagnostik je nach betroffenem Gen

Tabelle 39-2 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Erkrankungen des Stütz- und Bindegewebes – Auswahl)

Betroffene Organe

Erkrankungen des Stütz- und Bindegewebes

Erkrankung

Achondrogenesie/Hypochondrogenesie

Frequenz

Selten

MIM

200600, 200610, 600972

Vererbung

Typ II: Neue dominante Mutationen, Typ I: autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

Typ II: 12q14.3, Typ IB: 6q32–33.1

Art der Mutation

Deletion, Insertion, Missense-Mutation im COL2A1- bzw. DTDST-Gen

Mutiertes Produkt

Typ II: verändertes Type II-Kollagen, Typ IB: diatrophic dysplasia sulfate transporter Gen

Syndrom

Schwerste Form der Chondrodysplasien. Starker Minderwuchs mit kurzen Extremitäten. Letal im frühen Kindesalter bzw. bereits im Uterus

Nachweismethode

Direkter Mutationsnachweis bei bekannten Mutationen, Kopplungsanalyse, Sequenzieren

Erkrankung

Achondroplasie

Frequenz

1 : 15.000

MIM

100800

Vererbung

Autosomal dominant, neue dominante Mutationen

Chromosomale Lokalisation

4p16.3

Art der Mutation

Über 95 % aller Fälle ausgelöst durch Punktmutation

Mutiertes Produkt

Funktionsverlust von Fibroblast-Growth-Factor-Receptor 3

Syndrom

Häufigste Form des Minderwuchses, kurze Extremitäten

Nachweismethode

Direkter Mutationsnachweis

Erkrankung

Anhidrotische ektodermale Dysplasie, Christ-Siemens-Touraine-Syndrom

Frequenz

selten

MIM

305100

Vererbung

X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Xq12.2–q13.1

Art der Mutation

Deletionen, Transitionen, Transversionen

Mutiertes Produkt

EDA Gen (Ectodysplasin-A) Mutationen verursachen verringerte Expression von EGF-Rezeptor

Syndrom

Anhidrose (fehlende Schweißdrüsen), Hypotrichose, abnormale Zahnbildung (nur wenige Zähne)

Nachweismethode

Sequenzieren, direkter Mutationsnachweis

Erkrankung

Crouzon-Syndrom (Dysostosis craniofacialis hereditaria)

Frequenz

1 : 10.000–100.000

MIM

123500

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

10q26

Art der Mutation

Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Veränderter/fehlender Fibroblast-Growth-Factor-Receptor 2

Syndrom

Kraniosynostose, Hypertelorismus, Strabismus, Exophthalmus

Nachweismethode

Direkter Mutationsnachweis, Sequenzieren

Erkrankung

Ehlers-Danlos Syndrom Typ IV (vaskulärer Typ)

Frequenz

1 : 10.000–100.000

MIM

130050

Vererbung

Autosomal dominant, neue dominante Mutationen

Chromosomale Lokalisation

2q31–2q32.3

Art der Mutation

Deletion, Insertion, Punktmutationen im Col3A1-Gen

Mutiertes Produkt

Gestörte Sekretion, abnorme Struktur oder unstabiles Typ III-Prokollagen

Syndrom

Gewebe, welche verändertes Typ III-Kollagen enthalten, sind fragil. Dünne pergamentartige Haut, Darm-Uterus-Arterien-Rupturen

Nachweismethode

Direkter Mutationsnachweis bei bekannten Mutationen, DGGE, Sequenzieren

Erkrankung

Ehlers-Danlos Syndrom Typ VII

Frequenz

Selten

MIM

130060

Vererbung

Autosomal dominant, neue dominante Mutationen

Chromosomale Lokalisation

17q21.3–q22 bei CoI1A!, 7q21.3–q22.1 bei CoI1A2

Art der Mutation

Deletion von Exon 6 durch Splice-Junction-Mutationen im CoI1A2- oder CoI1A1-Gen

Mutiertes Produkt

Gestörte Umwandlung von Typ I-Prokollagen in Kollagen

Syndrom

EDS Typ VII ist charakterisiert durch Gelenksprobleme (Hypermobilität) und Hüftdislokationen

Nachweismethode

Sequenzieren, Southern Blot, Kopplungsanalyse

Erkrankung

Kniest-Syndrom

Frequenz

Selten

MIM

156550

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

12q13.1–q13.2

Art der Mutation

Deletionen

Mutiertes Produkt

Abnormes Prozessieren des C-Propeptids von Typ II-Kollagen (CoI2A1-Gen)

Syndrom

Minderwuchs, kraniofaziale Veränderungen, Myopie, Katarakt, dislozierte Linsen

Nachweismethode

Direkter Mutationsnachweis, DGGE

Erkrankung

Kongenitale spondyloepiphysäre Dysplasie

Frequenz

Selten

MIM

Autosomal dominant: 183900, rezessiv: 6000093, X-chromosomal: 313400

Vererbung

Autosomal dominant/rezessiv, X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

12q13.1–q13.2, Xp22.2–p22.1

Art der Mutation

Exonduplikationen, Deletionen, Punktmutationen, Splice-Junction-Mutationen

Mutiertes Produkt

Verringertes/verändertes Typ II-Kollagen (CoI2A1-Gen) bzw. Mutationen in SEDL-Gen (Chromosom X)

Syndrom

Milde bis starke Wachstumsstörungen, abnorme Epiphysen, Myopie, retinale Degeneration

Nachweismethode

Direkter Mutationsnachweis, DGGE

Erkrankung

Metaphysäre Dysplasie Typ Schmid

Frequenz

Selten

MIM

156500

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

6q21–q22.3

Art der Mutation

Punktmutationen, kleine Deletionen

Mutiertes Produkt

Verändertes Typ X-Kollagen (Col10A1-Gen)

Syndrom

Irreguläre Metaphysenenden mit resultierenden Genu varum

Nachweismethode

PCR, SSCP

Erkrankung

Osteogenesis imperfecta (Glasknochenkrankheit)

Frequenz

1 : 20.000–40.000 für Typ I, II und IV, selten für Typ III

MIM

166200, 166210, 166220, 259420, und andere

Vererbung

Autosomal dominant, selten autosomal rezessiv, neue dominante Mutationen

Chromosomale Lokalisation

17q21.3–q22 bei Col1A1, 7q21.3–q22.1 bei Col1A2

Art der Mutation

Missense, del, ins, Frame-shift, Splice-Junction, Nonsense-Mutationen im Col1A1 oder Col1A2-Gen

Mutiertes Produkt

Verringerte Produktion von Typ I-Kollagen/verringerte Sekretion/thermische Instabilität von Typ I-Prokollagen

Syndrom

Osteogenesis imperfecta, eine heterogene Gruppe von Krankheiten, welche durch Knochenfragilität charakterisiert ist. Meistens verursacht durch Mutationen, die Typ I-Kollagen betreffen.

Nachweismethode

Klinische Diagnose(oft Verdacht auf battered child), direkter Mutationsnachweis bei bekannten Mutationen

Erkrankung

Hereditäre Osteoarthritis

Frequenz

Selten

MIM

604864

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

12q13.11–q13.2

Art der Mutation

Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Verändertes Typ II-Kollagen (Col2A1)

Syndrom

Gelenkerkrankungen mit entzündlichen und nicht entzündlichen Komponenten zunehmende Knorpel- und Knochendestruktion

Nachweismethode

Direkter Mutationsnachweis

Erkrankung

Stickler-Syndrom – Arthroophtalmodystrophie

Frequenz

1 : 10.000

MIM

108300, 184840, 604841, 609508

Vererbung

Autosomal dominant, autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

12q13.11–q13.2, 6p21.3

Art der Mutation

Nonsense-, Missense-Mutationen im Col2A1-/Col11A2-Gen

Mutiertes Produkt

Verringerte Produktion von Typ II-Kollagen, Glaskörperdegeneration

Syndrom

Vitreoretinopathie, degenerative Gelenkerkrankung, Kurzsichtigkeit

Nachweismethode

Direkter Mutationsnachweis bei bekannten Mutationen, Sequenzieren

Tabelle 39-3 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Erkrankungen mit Beteiligung von Onkogenen – Auswahl)

Betroffene Organe

Erkrankungen mit Beteiligung von onkogenen

Erkrankung

Multiple endokrine Neoplasie Typ 2a

Frequenz

Selten

MIM

171400, 162300

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

10q11.2

Art der Mutation

Missense-Mutationen

Mutiertes Produkt

Mutiertes RET-Onkogen

Syndrom

Medulläre Thyreoidea, Karzinome mit Phäochromozytomen und Parathyreoidea-Tumoren

Nachweismethode

Biochemischer Nachweis von Calcitonin und Catecholaminen, Kopplungsanalyse, SSCP

Erkrankung

Neurofibromatose Typ 1 (von Recklinghausen-Neurofibromatose)

Frequenz

1 : 3.500

MIM

162200, 162210

Vererbung

Autosomal dominant, viele spontane Mutationen

Chromosomale Lokalisation

17q11.2

Art der Mutation

Punktmutationen, Deletionen, Insertionen

Mutiertes Produkt

Fehlender Tumorsuppressor Neurofibromin (Regulator von ras-Protein)

Syndrom

Café au lait-Flecken, Lisch-Knötchen der Iris, multiple Neurofibrome, zusätzlich: Skoliose (30 %), Tumore des Nervensystems (5 %)

Nachweismethode

Klinisches Bild, Kopplungsanalyse

Erkrankung

Neurofibromatose Typ 2

Frequenz

1 : 100.000

MIM

101000

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

22q12.2

Art der Mutation

Punktmutationen, Deletionen

Mutiertes Produkt

Mutierter Tumorsuppressor Schwannomin

Syndrom

Gehörverlust durch vestibuläre Schwannomas, manchmal Katarakte, Café au lait-Flecken, evtl. andere Tumore

Nachweismethode

Familiengeschichte, klinisches Bild (MRI), Kopplungsanalyse

Erkrankung

Polyposis coli

Frequenz

1:25.000

MIM

175100

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

5q21–q22

Art der Mutation

Punktmutationen, Deletionen, Insertionen

Mutiertes Produkt

Funktionsverlust von Tumorsuppressor-Gen APC (Adenomatous Polyposis Coli)

Syndrom

Entwicklung von bis zu tausenden adenomatösen Polypen im Kolon und Rektum. Praktisch 100 % Krebsrisiko.

Nachweismethode

DGGE, Sequenzieren

Erkrankung

Retinoblastom

Frequenz

1 : 10.000–100.000

MIM

180200

Vererbung

Autosomal dominant (60 % der Fälle spontan)

Chromosomale Lokalisation

13q14.1–q14.2

Art der Mutation

Punktmutationen, Deletionen

Mutiertes Produkt

Funktionsverlust von Tumorsuppressor-Gen RB1

Syndrom

Uni- und bilaterale Retinoblastome, bei vererbter Form meist beidseitig

Nachweismethode

Ophtalmologische Untersuchung, Kopplungsanalyse, DGGE, Sequenzieren, Southern Blot

Erkrankung

Tuberöse Sklerose

Frequenz

1 : 10.000–100.000

MIM

191100, 613354

Vererbung

Autosomal dominant, in der Mehrzahl neue Mutationen

Chromosomale Lokalisation

TSC1: 9q34, TSC2: 16p13.3

Art der Mutation

Translokationen, TSC2 Frameshift-, Splicing-Mutationen

Mutiertes Produkt

Funktionsverlust von Tumorsuppressor Hamartin (TSC1) bzw. Tuberin (TSC2)

Syndrom

Phakomatose, Gliazellwucherungen, Depigmentierungen, faziale Angiofibrome, Adenoma sebaceum, epileptische Anfälle, Hamartome, Lipome, evtl. Myom des Herzens

Nachweismethode

Klinisches Bild, Kopplungsanalyse

Erkrankung

WAGR-Syndrom (Wilms, Aniridia, Genito-uretale Defekte, mentale Retardierung

Frequenz

1 : 100.000

MIM

194072, 612469

Vererbung

Meist spontan, evtl. autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

11p13, 11p15 und weiterer Locus

Art der Mutation

Deletionen, Punktmutationen, Translokationen

Mutiertes Produkt

Transkriptionsfaktor WT1 (Tumorsuppressorgen) verändert oder fehlend

Syndrom

Nieren-Tumore (Wilms-Tumor), mentale/psychomotorische Retardierung, urogenitale Veränderungen (Denys-Drash-Syndrom), Fehlen/Missbildung der Iris

Nachweismethode

Chromosomenanalyse, direkter Mutationsnachweis, Kopplungsanalyse

Tabelle 39-4 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Generelle Entwicklungsstörungen – Auswahl)

Betroffene Organe

Generelle Entwicklungsstörungen

Erkrankung

Di George (CATCH 22)-Syndrom

Frequenz

1 : 10.000

MIM

188400, 192430, 274210

Vererbung

Autosomal dominant, meist neue Mutationen

Chromosomale Lokalisation

22q11

Art der Mutation

Deletionen mit funktioneller Monosomie

Mutiertes Produkt

Evtl. Funktionsverlust eines Transkriptions-regulierenden Proteins TUPLE1

Syndrom

Cardiac, Abnormal facies, Thymic hypoplasia, Cleft palate, Hypocalcemia (CATCH-22). Herz-, Schädelmissbildungen, Gaumenspalte, Hypokalzämie, fehlende Parathyreoidea und Thymus

Nachweismethode

Array CGH (Comparative Genomic Hybridization), Sequenzieren, Southern Blot, Karyotypisierung

Erkrankung

Langer-Giedion-Syndrom (Trichorhinophalangeales Syndrom)

Frequenz

Selten

MIM

150230

Vererbung

Autosomal dominant, viele spontane Fälle

Chromosomale Lokalisation

8q23.3–q24.13

Art der Mutation

Deletionen, Translokationen, Inversionen, Insertionen

Mutiertes Produkt

Möglicherweise Gen-Dosierungs-Effekte durch Deletion von etlichen Genen (TRPS1 und EXT1)

Syndrom

Faziale Auffälligkeiten (birnenförmige Nase, lange Ohren), kegelförmige Epiphysen, mentale Retardierung, redundante Haut, Minderwuchs

Nachweismethode

Array CGH, Sequenzieren, Southern Blot, Zytogenetik

Erkrankung

Lowe-Syndrom (Okulo-zerebrorenales Syndrom)

Frequenz

Selten

MIM

309000

Vererbung

X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Xq26.1

Art der Mutation

Translokationen, Nonsense-Mutationen

Mutiertes Produkt

Fehlendes OCRL-1 (Oculocerebrorenales Transkript 1)-Genprodukt. Evtl. involviert in Inositolmetabolismus

Syndrom

Kongenitale Katarakte, Hypotonie, kognitive Einschränkungen, tubuläre Defekte, oft Kryptorchismus

Nachweismethode

Ophtalmologische Untersuchung, direkter Mutations nachweis, Kopplungsanalyse

Erkrankung

Norrie-Krankheit

Frequenz

Selten

MIM

310600

Vererbung

X-chromosomal, neue Mutationen

Chromosomale Lokalisation

Xp11.4

Art der Mutation

Große Deletionen, Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Verlust von Norrin (NDP-Gen-Produkt), involviert über die Wnt Signalkaskade in der Gefäßentwicklung

Syndrom

Atrophie der Augäpfel, evtl. Hörverlust

Nachweismethode

SSCP, Sequenzieren, Kopplungsanalyse

Erkrankung

Prader-Willi-Syndrom

Frequenz

1 : 10.000

MIM

176270, 601491

Vererbung

Meist spontan, autosomal dominant mit Imprinting

Chromosomale Lokalisation

15q11–q13

Art der Mutation

Funktionsverlust des väterlichen Chromosomenfragments durch Deletion oder uniparenterale Disomie

Mutiertes Produkt

Fehlendes small nuclear ribonucleoprotein associated peptide N sowie evtl. weitere Genprodukte (Necedin-Gen)

Syndrom

Oligophrenie, Adipositas, Skoliose, Hypogenitalismus, Minderwuchs

Nachweismethode

PCR-Analyse von Mikrosatelliten, Polymorphismus, Methylierungsmuster, Southern Blot

Erkrankung

Waardenburg-Syndrom Typ III

Frequenz

1 : 300.000

MIM

148820

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

2q35

Art der Mutation

Deletionen, Missense-Mutationen

Mutiertes Produkt

Veränderter Transkriptionsfaktor PAX3-Protein

Syndrom

Häufigste Form von angeborener Taubheit, Depigmentierungen der Haare, Heterochromie der Iris, breite Nasenwurzel

Nachweismethode

Direkte Mutationsdetektion

Erkrankung

Wiedemann-Beckwith-Syndrom

Frequenz

1 : 15.000

MIM

130650

Vererbung

Meist sporadische Fälle, autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

11p15.5

Art der Mutation

Funktionsverlust des mütterlichen Chromosomenfragments durch Deletion oder uniparenterale Disomie

Mutiertes Produkt

Funktionsverlust von Tumorsuppressor- und anderen Genen

Syndrom

Wachstumsanomalien wie Makroglossie, Organomegalie, Gigantismus, neonatale Hypoglykämie. Erhöhtes Risiko für z.B. adrenales Karzinom, Hepatoblastome

Nachweismethode

PCR-Analyse von Mikrosatelliten, Polymorphismus, Methylierungsmuster, Southern Blot

Erkrankung

Williams-Beuren-Syndrom

Frequenz

1 : 10.000

MIM

194050

Vererbung

Sporadisch

Chromosomale Lokalisation

7q11.2 und weitere Loci

Art der Mutation

Große Gendeletionen

Mutiertes Produkt

Hämizygoter Elastin-Locus sowie Fehlen von weiteren Genen

Syndrom

Supravalvulvare Aortenstenosen, periphere pulmonale arterielle Stenosen, infantile Hyperkalzämie, mentale und Wachstumsdefizienz, „Elfengesicht“

Nachweismethode

Gen-Dosage-PCR, quantitativer Southern Blot, FISH

Tabelle 39-5 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Gerinnungsstörungen – Auswahl)

Betroffene Organe

Gerinnungsstörungen

Erkrankung

APC-Resistenz/Faktor V-Leiden

Frequenz

Europa: 2–7 % der Bevölkerung heterozygot, 0,1 % homozygot

MIM

227400, 188050, 188055

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

1q23

Art der Mutation

Über 90 % aller Fälle ausgelöst durch eine Punktmutation

Mutiertes Produkt

Veränderter aktivierter Faktor V nicht inaktivierbar

Syndrom

Erhöhtes thromboembolisches Risiko speziell in Kombination mit kontrazeptiver Pilleneinnahme

Nachweismethode

Gerinnungstests, direkter Mutationsnachweis

Erkrankung

Hämophilie A

Frequenz

1 : 5.000–10.000

MIM

306700

Vererbung

X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Xq28

Art der Mutation

Deletionen, Insertionen, Punktmutationen, Inversionen

Mutiertes Produkt

Verringerter/fehlender bzw. nicht funktioneller antihämophiler Faktor (Faktor VIII)

Syndrom

Hämophilie, Hämorrhagie

Nachweismethode

Gerinnungstests, Sequenzieren

Erkrankung

Hämophilie B

Frequenz

1 : 70.000

MIM

306900

Vererbung

X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Xq27.1–q27.2

Art der Mutation

Deletionen, Insertionen, Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Verringerter/fehlender bzw. nicht funktioneller Christmas-Faktor (Faktor IX, β-Prothromboplastin)

Syndrom

Hämophilie, Hämorrhagie

Nachweismethode

Gerinnungstests, Sequenzieren, direkter Mutationsnachweis

Tabelle 39-6 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Hauterkrankungen – Auswahl)

Betroffene Organe

Hauterkrankungen

Erkrankung

Ichthyosis (X)

Frequenz

1 : 2.000–6.000

MIM

308100

Vererbung

X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Xp22.32

Art der Mutation

Große Deletionen, Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Steroidsulfatase (STS)-Defizienz

Syndrom

Hyperkeratosis, verdicktes Stratum corneum, beginnend etwa bis zum 4. Monat postpartal

Nachweismethode

STS-Enzym-Test, Nachweis von Cholesterinsulfat, Southern Blot, Multiplex PCR

Tabelle 39-7 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Immundefekte – Auswahl)

Betroffene Organe

Immundefekte

Erkrankung

Adenosindesaminase-Mangel

Frequenz

Selten

MIM

102700

Vererbung

Autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

20q13.11

Art der Mutation

Missense-Mutationen

Mutiertes Produkt

Verringerte oder fehlende ADA-Aktivität

Syndrom

Lebensgefährliche Infektionen mit Bakterien, Pilzen, Viren und Protozoen. Gestörte Entwicklung der B- und T-Zellen. Sowohl Thymus wie Lymphknoten defizient, meistens letal.

Nachweismethode

Serologische und immunologische Tests

Erkrankung

Agammaglobulinaemie Typ Bruton

Frequenz

1 : 100.000

MIM

300755, 300310

Vererbung

X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Xq21.2–q22

Art der Mutation

Missense-Mutationen im BTK-Gen

Mutiertes Produkt

Verringerte Produktion von Bruton-Tyrosin Kinase (ATK)/B-Zell Progenitor-Kinase (BPK)

Syndrom

Keine Ausreifung der B-Lymphozyten, kein Ig-Heavy-Chain-Rearrangement, keine Antikörper-Produktion, häufige Infektionen mit Bakterien.

Nachweismethode

Serologische und immunologische Tests, Kopplungsanalyse

Erkrankung

Wiskott-Aldrich-Syndrom

Frequenz

1 : 500.000

MIM

301000, (600903)

Vererbung

X-chromosomal rezessiv, (autosomal dominant)

Chromosomale Lokalisation

Xp11.23–p11.22

Art der Mutation

Missense-, Nonsense-, Frameshift, Splice-Mutationen, Deletionen, Insertionen

Mutiertes Produkt

Verändertes WASP-Gen-Produkt

Syndrom

Immundefizienz, Thrombozytopenie, wiederholte schwere Infektionen, erhöhtes Risiko für Non-Hodgkin-Lymphome

Nachweismethode

Sequenzieren, Durchflusszytometrie

Tabelle 39-8 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Muskelerkrankungen – Auswahl)

Betroffene Organe

Muskelerkrankungen

Erkrankung

Central core disease

Frequenz

Selten

MIM

117000

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

19q13.1

Art der Mutation

Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Veränderter/fehlender Kalziumkanal: Ryanodin-„Rezeptor“

Syndrom

Nichtprogressive Myopathie, zentrale Muskelregionen sind degeneriert, erhöhte Creatinexkretion im Harn, „Floppy infant“

Nachweismethode

Creatinnachweis, Creatinkinase, DGGE, direkter Mutationsnachweis

Erkrankung

Duchenne Muscular Dystrophy (DMD)Becker Muscular Dystrophy (BMD)

Frequenz

1 : 3.500 (DMD), 1 : 20.000 (BMD)

MIM

310200, 300376

Vererbung

X-chromosomal, neue Mutationen bei DMD

Chromosomale Lokalisation

Xp21.2

Art der Mutation

Deletionen mit (DMD) bzw. ohne (BMD) Leserasterverschiebungen, Duplikationen, Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Fehlendes (DMD)/verändertes (BMD) Dystrophin

Syndrom

Fortschreitende Muskeldegeneration bis zur völligen Abhängigkeit vom Rollstuhl mit ca. 12 Jahren (DMD), über 16 Jahren (BMD)

Nachweismethode

Serum-CK hoch, Dystrophinnachweis im Muskel, Southern Blot, Multiplex-PCR, Kopplungsanalyse

Erkrankung

EMD (Emery-Dreifuß-Dystrophie) X-chromosomal (daneben auch autosomale Formen)

Frequenz

Selten

MIM

310300

Vererbung

X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Xq28

Art der Mutation

Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Fehlendes Zellkern Membranprotein „Emerin“

Syndrom

Relativ milde X-chromosomale Muskeldystrophie, aber Herzmuskel-Leitungsstörungen, die einen Schrittmacher notwendig machen. Unfähigkeit, den Nacken und die Wirbelsäule voll zu strecken. Creatinkinase leicht erhöht.

Nachweismethode

Kopplungsanalyse, direkter Mutationsnachweis

Erkrankung

Hyperkaliämische periodische Lähmung (Adynamia periodica)

Frequenz

Selten

MIM

170500

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

17q23.1–q25.3

Art der Mutation

Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Mutationen im Skelettmuskel-Natrium-Kanal (SCN4) sowie bei evtl. einem weiteren Genprodukt. Allelische Variante von Paramyotonia congenita.

Syndrom

Episodenhafte Muskelschwäche

Nachweismethode

Kopplungsanalyse, direkter Mutationsnachweis

Erkrankung

Maligne Hyperthermie

Frequenz

1 : 1.000–10.000, Anästhesiezwischenfälle: 1 : 15.000 bei Kindern, 1 : 100.000 bei Erwachsenen

MIM

145600 plus 8 weitere Loci

Vererbung

Meist autosomal dominant, aber auch rezessive und spontane Fälle

Chromosomale Lokalisation

19q13.1 sowie weitere Loci

Art der Mutation

Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Veränderter „Ryanodin-Rezeptor“ (RYR1) sowie andere Genprodukte

Syndrom

Krise: Tachykardie, Muskelkrampf und erhöhte Temperatur durch Kalziumionenerhöhung in den Muskeln

Nachweismethode

Koffein-Halothan-Test an Muskel-Biopsien, Mutationsanalyse am RYR-Gen, Sequenzieren

Erkrankung

Myoadenylat-Deaminase-Defizienz

Frequenz

Hoch (1 : 500), aber geringe Ausprägung klinischer Manifestationen

MIM

102770

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

1p21–p13

Art der Mutation

Missense-Mutationen

Mutiertes Produkt

Inaktive Adenosin-Monophosphat-Deaminase (AMPD1-Gen)

Syndrom

Rasche Skelettmuskelermüdung, Krämpfe, Myalgie

Nachweismethode

Direkter Mutationsnachweis

Erkrankung

Myotone Dystrophie Curschmann-Steinert

Frequenz

1 : 50.000–10.000

MIM

160900

Vererbung

Autosomal dominant (Antizipation)

Chromosomale Lokalisation

19q13.2–q13.3

Art der Mutation

Triplett repeat-Expansion

Mutiertes Produkt

DMPK Gen: Myotonin-Proteinkinase

Syndrom

Muskelatrophie mit Myotonie, weitere Manifestationen wie Diabetes, Katarakt.

Nachweismethode

PCR und Elektrophorese

Erkrankung

Paramyotonia congenita

Frequenz

Selten

MIM

168300

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

17q23.3

Art der Mutation

Punktmutationen

Mutiertes Produkt

(Temperatur-sensitive?) Mutationen im Skelettmuskel-Natrium-Kanal (SCN4A) sowie bei evtl. weiterem Genprodukt. Allelische Variante von Hyperkalämischer periodischer Lähmung.

Syndrom

Muskelschwäche nach Abkühlung/Belastung

Nachweismethode

Sequenzieren

Tabelle 39-9 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Neurodegenerative Erkrankungen – Auswahl)

Betroffene Organe

neurodegenerative erkrankungen

Erkrankung

Alzheimersche Erkrankung

Frequenz

1 : 5.000

MIM

104300, 104760, 107741, 104311 und andere

Vererbung

Komplex, autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

20p, 17q23, 1q31–q42, 10q24 und andere Loci

Art der Mutation

Punkt-/Missense-Mutationen

Mutiertes Produkt

Apolipoprotein E, Presenilin I und II, Amyloid-Precursor-Protein, Alpha-Synuclein, mitochondriale Transkripte, STM2

Syndrom

Progrediente diffuse Hirnatrophie bis Demenz

Nachweismethode

Kopplungsanalyse, direkter Mutationsnachweis, Sequenzieren, psychologische Tests

Erkrankung

CADASIL (Demenz mit multiplen, hereditären Schlaganfällen)

Frequenz

Selten

MIM

125310

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

19p13.2–p13.1

Art der Mutation

Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Mutationen im NOTCH3-Gen

Syndrom

Multiple Infarkte, Hemiplegie, geistiger Abbau, Strukturanomalie des Nervensystems, Sprachstörungen

Nachweismethode

Immunfärbung, Sequenzieren

Erkrankung

Angelman-Syndrom

Frequenz

1 : 10.000–20.000

MIM

105830

Vererbung

Meist spontan, autosomal dominant mit Imprinting

Chromosomale Lokalisation

15q11–q13

Art der Mutation

Funktionsverlust des maternalen Chromosomenfragments durch de novo-Deletionen oder uniparenterale Disomie

Mutiertes Produkt

Fehlendes Small Nuclear Ribonucleoprotein Polypeptid N bzw. UBE3A (Ubiquinin-Protein-Ligase) Gen

Syndrom

Geistige Retardierung, Krämpfe, fehlende Sprachentwicklung, vorstehende Zunge, Lachanfälle

Nachweismethode

PCR-Analyse von Mikrosatellitenpolymorphismus, Methylierungsmuster, Southern Blots

Erkrankung

Chorea Huntington

Frequenz

1 : 20.000

MIM

143100

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

4p16.3

Art der Mutation

Triplett Repeat-Expansion (Antizipation)

Mutiertes Produkt

Verändertes Protein „Huntingtin“ mit unbekannter Funktion

Syndrom

Koordinationsprobleme, kognitive Beeinträchtigungen, Verhaltensstörungen, Chorea, Dystonie

Nachweismethode

PCR und Elektrophorese

Erkrankung

CMT (Charcot-Marie-Tooth Disease), viele Formen

Frequenz

Typ 1A: 1 : 4.000; 1B: 1 : 5.000–10.000; 1X: 1 : 25.000

MIM

1A: 118220, 1B: 118200, 1X: 302800, und weitere

Vererbung

Autosomal dominant bzw. X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

1A: 17p11.2; 1B: 1q22–p23, 1X: Xq13.1, und weitere

Art der Mutation

1A: Duplikationen; 1B, X: Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Dosage-Effekt (Duplikation) von PMP22 (Peripheral Myelin Protein 22)-Typ 1A; mutiertes Myelin-Protein zero (P0) bzw. Genprodukt bei Cx32 (Connexin)-Genprodukt bei 1B und 1X.

Syndrom

Muskelschwäche und Atrophie, segmentierte Demyelination mit peripherer Neuropathie. Deletion von PMP22 führt zu HNPP (hereditäre Neuropathie mit Drucklähmung).

Nachweismethode

Southern Blot, Sequenzieren

Erkrankung

Dentatorubrale pallidolysiane Atrophie

Frequenz

Außerhalb von Japan selten

MIM

125370

Vererbung

Autosomal dominant (Antizipation)

Chromosomale Lokalisation

12p13.31

Art der Mutation

Triplett Repeat-Expansion

Mutiertes Produkt

DRPL-Gen mit unbekannter Funktion

Syndrom

Myoklonische Epilepsie, Demenz, Ataxie, Degeneration des dentatorubralen und palidoluysianen Systems. DD: Chorea Huntington

Nachweismethode

PCR, Southern Blot

Erkrankung

Dopa-Responsive Dystonia (DRD)

Frequenz

Selten

MIM

128230, 605407

Vererbung

Autosomal dominant, autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

14q22.1–q22.2, 11p15.5

Art der Mutation

Splice-, Missense-Mutationen

Mutiertes Produkt

Funktionsverlust von GTP Cyclohydrolase I führt zu Mangel an Tetrahydrobiopterin (BH4)

Syndrom

Progressive Dystonie, Parkinson-Krankheit-ähnliches Bild mit dramatischer Verbesserung nach Levodopa-Therapie.

Nachweismethode

PCR, Sequenzieren, Kopplungsanalyse

Erkrankung

Dystonie-Parkinson-Syndrom (X), Torsions-Dystonie

Frequenz

Relativ hoch bei Philippinen

MIM

314250

Vererbung

X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Xq13.1

Art der Mutation

Mutationen im DYT3 Gen TAF1

Mutiertes Produkt

Dystonia-Torsion 3 (DYT3)-Genprodukt

Syndrom

Progressive Dystonie, manchmal mit Parkinson-Krankheit ähnlichem Bild

Nachweismethode

Kopplungsanalyse

Erkrankung

Fragiles X (FraX A)-Syndrom

Frequenz

1 : 2.000 (Männer), 1 : 4.000 (Frauen)

MIM

309550

Vererbung

X-chromosomal semi-dominant (Antizipation)

Chromosomale Lokalisation

Xq27.3

Art der Mutation

Triplett Repeat-Expansion

Mutiertes Produkt

FMR1-Gen

Syndrom

Mentale Retardierung, faziale Auffälligkeiten, Macroorchidismus

Nachweismethode

PCR, Southern Blot

Erkrankung

Friedreich’sche Ataxie

Frequenz

1 : 50.000

MIM

229300, 601992

Vererbung

Autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

9q13, 9p23-p11

Art der Mutation

Triplett Repeat-Expansion

Mutiertes Produkt

Reduzierte Menge des X25-Gen-Produkts Frataxin

Syndrom

Zerebellare Ataxie mit Sprachstörungen, Hohlfuß wegen Muskelschwäche, Skoliose, Kardiomyopathie, DD: Abetalipoproteinämie

Nachweismethode

PCR, Southern Blot

Erkrankung

Kallmann-Syndrom

Frequenz

1 : 10.000 (aber 5 % der Ichtyosis X-Patienten)

MIM

308700, 147950, 244200

Vererbung

X-chromosomal, aber auch autosomal dominante/rezessive Formen

Chromosomale Lokalisation

Xp22.3, autosomal dominant: 8p11.2–p11.1

Art der Mutation

Translokationen, Deletionen

Mutiertes Produkt

Defektes KAL1, FGR1, FGF8, PROKR2, PROK2 und andere

Syndrom

Defizienz von Gonadotropin-Releasing-Hormon mit resultierendem Hypogonadismus. Anosmie (Agenesis der olfaktorischen Großhirnlappen).

Nachweismethode

Quantitative Bestimmung der Geschlechtshormone, Riechvermögen, Southern Blot, PCR

Erkrankung

Lissenzephalie, isolierte

Frequenz

Selten

MIM

607432

Vererbung

Meist spontane Fälle

Chromosomale Lokalisation

17p13.3

Art der Mutation

Meist große Deletionen

Mutiertes Produkt

Gendosierungseffekt durch Deletion eines LIS1-Gens (Signalüberträger?, wichtig für zerebrale Entwicklung)

Syndrom

„Glattes Großhirn“, Agyrie, Pachygyrie, schwere Retardierung, faziale Veränderungen

Nachweismethode

Direkter Nachweis der Gendeletion mit PCR und VNTRs, FISH

Erkrankung

Machado-Joseph-Erkrankung (Spinocere-belläre Ataxie 3, SCA 3)

Frequenz

Insgesamt selten, aber die häufigste autosomal dominante Degeneration

MIM

109150

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

14q24.3–q32

Art der Mutation

Triplettt Repeat-Expansion

Mutiertes Produkt

Polyglutamin-induzierte Neurotoxizität

Syndrom

Ataxie (ähnlich Parkinson’scher Krankheit), eingeschränkte Augenbewegungen, neuronale Degeneration

Nachweismethode

Elektro-Okulogramm, PCR und Gelelektrophorese

Erkrankung

Miller-Dieker-Syndrom

Frequenz

Selten

MIM

247200

Vererbung

Meist spontane Fälle

Chromosomale Lokalisation

17p13.3

Art der Mutation

Meist große Deletionen

Mutiertes Produkt

Gendosierungseffekt durch Deletion eines LIS1-Gens (Signalüberträger?, wichtig für die zerebrale Entwicklung)

Syndrom

Lissenzephalie (siehe entspr. Rubrik) mit typischen facialen Veränderungen (ausgeprägte Stirn, kurze Nase, schmales Kinn)

Nachweismethode

PCR, FISH

Erkrankung

Spinale Muskelatrophie (a.–r.) (SMA 1)

Frequenz

1 : 10.000

MIM

253300

Vererbung

Autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

5q11.2–q13.3

Art der Mutation

Große Deletionen

Mutiertes Produkt

Funktionsverlust von Survival Motor Neuron (SMN)-und Neuronal Apoptosis Inhibitory-Protein (NAIP)-Genprodukten

Syndrom

Progrediente Atrophie, beginnend mit Becken-, Oberschenkel- und Rumpfmuskulatur, Tod durch Atemlähmung im frühen Kindesalter

Nachweismethode

Deletionsnachweis mit PCR

Erkrankung

Spinobulbare Muskelatrophie (Kennedy-Krankheit, SMAX 1)

Frequenz

1 : 50.000 (nur Männer sind betroffen)

MIM

313200

Vererbung

X-chromosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

Xq11.2–q12

Art der Mutation

Triplettt Repeat-Expansion

Mutiertes Produkt

Veränderter Androgenrezeptor

Syndrom

Bulbäre atrophische Paresen (Zungenatrophie), Gynäkomastie, häufig Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen und Hodenatrophie

Nachweismethode

PCR und Gelelektrophorese

Erkrankung

Spinozerebellare Ataxien (SCA1, SCA2, SCA3/Machado-Joseph-Krankheit, SCA4, SCA5) sowie andere (bis SCA24)

Frequenz

1 : 10.000–100.000

MIM

164400, 183090, 109150, 600223, 600224

Vererbung

Autosomal dominant mit Antizipation

Chromosomale Lokalisation

SCA1: 6p23; SCA2: 12q24; SCA3: 14q24.3–q31; SCA4: 16q22.1; SCA5: 11p11-q11

Art der Mutation

Triplett Repeat-Expansionen

Mutiertes Produkt

Veränderte Genprodukte

Syndrom

Variable neurologische Manifestationen mit spät einsetzender cerebellarer Ataxie wie Muskelrigidität, Bradykinesie, Dysarthrie, Muskelatrophie und Demenz

Nachweismethode

PCR und Gelelektrophorese

Tabelle 39-10 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Nierenerkrankungen – Auswahl)

Betroffene Organe

Nierenerkrankungen

Erkrankung

Polyzystische Nierenerkrankung

Frequenz

1 : 1.250

MIM

PDK1: 173900, 601313, PDK2: 173910, PDK3: 600666

Vererbung

Pyruvatkinase 1-Defizienz (PKD1), autosomal rezessiv; PKD2, PKD3, autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

PKD1: 16p13.3–p13.12; PKD2: 4q21–q23; PKD3: ?

Art der Mutation

Deletionen, Insertionen, Rearrangements

Mutiertes Produkt

PKD1: verändertes Membranprotein Polycystin, welches an PKD2 bindet

Syndrom

Durchsetzung der Nieren mit Zysten, erhebliche Organvergrößerung

Nachweismethode

Sequenzieren, Kopplungsanalyse, DGGE

Betroffene Organe

Nephrogener Diabetes insipidus

Erkrankung

Selten

Frequenz

304800

MIM

X-chromosomal (aber auch autosomal dominante und rezessive Formen)

Vererbung

Xq28

Chromosomale Lokalisation

Leserasterverschiebungen, Deletionen

Art der Mutation

Mutierter Vasopressin (V2)-Rezeptor. Keine Aktivierung von Adenylat-Zyklase. Mutiertes Aquaporin

Mutiertes Produkt

Kein Effekt von Vasopressin auf die Tubuluszellen. Resultierend: Polyurie, Hyposthenurie und Poly-dipsie.

Syndrom

Anamnese, Kopplungsanalyse, direkter Mutationsnachweis

Nachweismethode

Biochemischer Nachweis von Acylcarnitin im Plasma oder Acylglycin im Harn. Direkter Mutationsnachweis.

Tabelle 39-11 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Sauerstofftransport-Störungen – Auswahl)

Betroffene Organe

Sauerstofftransport-Störungen

Erkrankung

Hb-Defekte: Globin-Strukturvarianten, Thalassämien

Frequenz

Afrika: Carrier-Rate (CR) für HbS bis 20 %, CR für HbC bis 3 %, CR für HbE bis 20 %, CR für α-Thal. bis 30 %. Asien: CR für HbD bis 20 %. Europa: CR für β-Thal. bis 10 %.

MIM

Beta-Lokus: 141900, Alpha-Lokus: 141800

Vererbung

Autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

α-Globin: 16pter-p13.3, β-Globin: 11p15.5

Art der Mutation

del, Punktmutationen, Mutationen in Kontrollregionen, Splicemutanten etc.

Mutiertes Produkt

Mutiertes oder verringertes α- bzw. β-Globin

Syndrom

α-Thal.: Hämolytische Anämie, β-Thal.: Gestörte Erythrozytenreifung und Funktion, hämolytische Anämie, HbS: Sichelzellanämie, HbC, HbE: milde hämolytische Anämie, HbD: Hämolyseneigung

Nachweismethode

Meist direkte Mutationsdetektion

Tabelle 39-12 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Stoffwechselerkrankungen – Auswahl)

Betroffene Organe

StoffwechselErkrankungen

Erkrankung

Schilddrüsenhormon-Resistenz

Frequenz

Selten

MIM

145650

Vererbung

Autosomal dominant/rezessiv

Chromosomale Lokalisation

3p24.3

Art der Mutation

Punktmutationen

Mutiertes Produkt

Veränderter Thyroid-Hormon-Rezeptor β (TRβ, ERBA)

Syndrom

Psychomotorische Retardierung möglich, evtl. Strumabildung

Nachweismethode

Serumkonzentration von T3 und T4, direkter Mutationsnachweis

Betroffene Organe

StoffwechselErkrankungen – Enzyme

Erkrankung

Lesch-Nyhan-Syndrom

Frequenz

Selten

MIM

300322

Vererbung

X-chromosomal-rezessiv

Chromosomale Lokalisation

Xq26–q27.2

Art der Mutation

Deletionen, Punktmutationen, Splice-Junction-Mutationen

Mutiertes Produkt

Fehlende/defekte Hypoxanthine-Guanin Phosphoribosyltransferase (HGPRT)

Syndrom

Gestörte Dopaminfunktion, Hyperurikämie, Choreoathetose, mentale Retardierung, Selbstpeinigung

Nachweismethode

HGPRT-Aktivität, Southern Blot, Sequenzieren

Erkrankung

Ornithin-Transcarbamoylase (OTC)-Defizienz

Frequenz

1 : 100.000

MIM

311250

Vererbung

X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Xp21.1

Art der Mutation

Gendeletionen, Missense- und Nonsense-Mutationen

Mutiertes Produkt

Fehlende OTC-Aktivität verhindert Bildung von Citrullin aus Ornithin

Syndrom

Verminderte Harnstoffbildung, Hyperammonämie, Ammoniumvergiftung

Nachweismethode

???

Erkrankung

PKU (Phenylketonurie)

Frequenz

1 : 10.000–100.000

MIM

261600

Vererbung

Autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

12q24.1

Art der Mutation

Vielfältige Mutationen

Mutiertes Produkt

Fehlende Enzymaktivität (Phenylalaninhydroxylase), es kann kein Tyrosin gebildet werden

Syndrom

Erhöhte Phenylalaninkonzentration mit kognitiven Auswirkungen, Demyelination

Nachweismethode

Screening: Plasmakonzentration von Phenylalanin; Diagnose: Mutationsnachweis

Betroffene Organe

StoffwechselErkrankungen – Hormone

Erkrankung

Adrenogenitales Syndrom, bezeichnet eine Gruppe von Krankheiten

Frequenz

1 : 5.000

MIM

201910 und weitere

Vererbung

Autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

6p21.3 und andere

Art der Mutation

Punktmutation, Deletionen

Mutiertes Produkt

Fehlende oder veränderte Steroid-Hydroxylasen. Als Folge verminderte Deoxycortisol- und vermehrte Progesteronbildung.

Syndrom

Vermännlichung, schwere Formen mit Salzverlust (Cortisolmangel), vergrößerte Nebennierenrinde

Nachweismethode

Gaschromatographie, Southern Blot, PCR

Erkrankung

Androgenresistenz (Testikuläre Feminisierung)

Frequenz

1 : 10.000

MIM

300068

Vererbung

X-chromosomal, rezessiv

Chromosomale Lokalisation

Xq1.1–q1.2

Art der Mutation

Punktmutationen bis Deletion des gesamten Gens

Mutiertes Produkt

Veränderter/fehlender Androgen-Rezeptor

Syndrom

Pseudohermaphrodismus masculinus mit weiblichem Phänotyp verschiedenen Ausprägungsgrads bei XY-Karyotyp.

Nachweismethode

Karyotypisierung, Bestimmung der Steroidhormone im Plasma, Urogenitaltrakt-Evaluation, evtl. molekularbiologische Methoden (Kopplungsanalyse, direkter Mutationsnachweis)

Betroffene Organe

StoffwechselErkrankungen – Lipide

Erkrankung

Apolipoprotein B-Defizienz (Abetalipoproteinämie)

Frequenz

1 : 3.000

MIM

107730

Vererbung

Autosomal dominant

Chromosomale Lokalisation

2p24

Art der Mutation

Nonsense-Mutationen, Deletionen, Mutationen in den regulatorischen Sequenzen

Mutiertes Produkt

Verringerte Apolipoprotein B-100-Produktion

Syndrom

Kaum Syndrome bei Heterozygoten. Homozygote zeigen Fettmalabsorption, chronische Diarrhoe, neurologische Defekte, Retinitis pigmentosa, geringe VLDL und Chylomikronen.

Nachweismethode

Biochemische Tests, direkter Mutationsnachweis

Tabelle 39-13 Verantwortliche Genregionen bei genetischen Erkrankungen (Stoffwechselstörungen – Auswahl)

Betroffene Organe

Stoffwechselstörungen – Lysosomenfunktion

Erkrankung

Hunter-Syndrom – Mukopolysaccharidose Typ II

Frequenz

1 : 100.000

MIM

309900

Vererbung

X-chromosomal-rezessiv

Chromosomale Lokalisation

Xq28

Art der Mutation

Punktmutationen, große Deletionen

Mutiertes Produkt

Funktionsverlust von I-duronat-Sulfatase

Syndrom

Defekter Abbau von Dermatan- und Heparansulfat. Progressive Erkrankung fast aller Organe, Wachstumsstörungen (Dysostosis multiplex), Retardierung, verschiedengradig Hydrocephalus, Lebenserwartung bei schwerer Form ca. 15 Jahre.

Nachweismethode

Sequenzieren

Betroffene Organe

Stoffwechselstörungen – Membrantransport

Erkrankung

Zystische Fibrose

Frequenz

Kaukasische Bevölkerungsgruppe: 1 : 2.500, bei anderen selten

MIM

219700

Vererbung

Autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

7q31.2

Art der Mutation

Punktmutationen, kleine Deletionen

Mutiertes Produkt

Defekter c-AMP-abhängiger Chloridkanal-CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator)

Syndrom

Schwere Atemwegskomplikationen, pulmonale Infektionen, evtl. Pankreasinsuffizienz, Vas Deferens-Defekte

Nachweismethode

Direkte Mutationsdetektion, Sequenzieren

Betroffene Organe

Stoffwechselstörungen – Mitochondrien-Funktion

Erkrankung

MCAD (Medium-Chain-Acyl-CoA Dehydrogenase)-Mangel

Frequenz

1 : 2.000–20.000

MIM

201450, (short chain: 606885)

Vererbung

Autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

1p31, (12q22-qter)

Art der Mutation

Punktmutationen (eine Mutation verursacht 90 % aller Fälle bei MCAD)

Mutiertes Produkt

Fehlende Medium-Chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase (β-Oxidation der Fettsäuren)

Syndrom

Hypoketose, Hypoglykämie nach Fasten. Erste Episode oft fatal (DD: Sudden infant death syndrome, Reye-Syndrom), Akkumulation von Fettsäure-Intermediaten in Plasma und Urin.

Nachweismethode

Biochemischer Nachweis von Acylcarnitin im Plasma oder Acylglycin im Harn. Direkter Mutationsnachweis.

Betroffene Organe

Stoffwechselstörungen – Peroxisomen-Funktion

Erkrankung

Adrenoleukodystrophie (ALD). Es gibt zwei Formen: neonatale ALD (N-ALD), X-chromosomale ALD (X-ALD)

Frequenz

1:100.000

MIM

N-ALD: 202370, X-ALD: 300100

Vererbung

Autosomal-rezessiv bzw. X-chromosomal

Chromosomale Lokalisation

Mehrere Genorte bzw. Xq28

Art der Mutation

?, X: kleine Deletionen und Punktmutationen im ABCD1-Gen

Mutiertes Produkt

Verschiedene Gene, X: Very Long Chain Fatty Acid (VLCFA)-coenzyme A synthase

Syndrom

Fehlende Leber-Peroxisomen, kaum Plasmalogensynthese, vermehrt Gallensäure-Zwischenprodukte bei N-ALD. Sowohl bei N-ALD als auch bei X-ALD Anhäufung von langen Fettsäuren, pathologische Veränderungen in Gehirn, Niere, Nebenniere, Leber, Augen, Knochen etc.

Nachweismethode

Biochemischer Nachweis von VLCFA, Sequenzieren

Betroffene Organe

Stoffwechselstörungen– Protease-Hemmer

Erkrankung

Alpha1-Antitrypsinmangel

Frequenz

1 : 7.000, Heterozygosität im %-Bereich

MIM

613490

Vererbung

Autosomal rezessiv

Chromosomale Lokalisation

14q32.1

Art der Mutation

Missense-Mutationen im SERPINA1 Gen

Mutiertes Produkt

Erniedrigte Alpha1-Antitrypsin Serumwerte

Syndrom

Lungenemphysem wegen ungehinderter Aktivität von Leukozyten-Elastase. Evtl. chronische Leberschäden

Nachweismethode

Biochemischer Nachweis von Antitrypsin, elektrophoretische Auftrennung von Strukturvarianten, PCR

 

 

 

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