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Blutgruppen­antigene und -antikörper

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Blutgruppen­antigene und -antikörper

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Blutgruppen­antigene und -antikörper

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Blutgruppen­antigene und -antikörper

  27 Blutgruppenantigene und -antikörper

Volker Kretschmer, Tobias Legler

27.1 Blutgruppenantigene

Blutgruppenantigene sind:

  • Durch Gene kodiert.
  • Haben eine definierte chemische Struktur an Blutbestandteilen.
  • Können nach Einbringen in einen immun kompetenten Organismus, der diese Merkmale nicht besitzt und sie daher als fremd empfindet, zu einer Immunreaktion führen.

27.1.1 Antigene, Epitope

Die Antigene werden durch die gegen sie gebildeten Antikörper definiert. Die kleinste Einheit, die von einem Antikörper erkannt wird, stellt das Epitop dar. Die einzelnen Blutgruppenantigene bestehen aus einem bis zahlreichen Epitopen. Die Anzahl der antigenen Determinanten pro Zelle ist für die unterschiedlichen Antigene verschieden und variiert auf Erythrozyten von 2.000–4.000 z.B. beim Merkmal LW (Landsteiner Wiener) bis zu 1 Million im AB0-System /1/. Auch die Entwicklung der verschiedenen Antigene während der Fetalperiode differiert erheblich (Tab. 27-1 – Ausprägung verschiedener Blutgruppenantigene auf Neugeborenen-Erythrozyten) und ist teilweise erst im Laufe des zweiten Lebensjahres abgeschlossen.

Chemische Struktur

Die chemische Struktur der Antigene der Blutgruppen basiert entweder auf Zuckerverbindungen, die durch Kopplung von Zuckern an Eiweiße (Glykoproteine) und/oder Lipide (Glykolipide) bedingt sind, oder auf Proteinen.

Gene

Die Gene befinden sich auf einem Locus oder mehreren eng benachbarten Loci der entsprechenden Chromosomen, so dass ein Crossing over sehr selten ist und daher die Merkmale nach strenger Gesetzmäßigkeit vererbt werden. Die Blutgruppenantigene gehören zu polymorphen, von einander genetisch unabhängigen Systemen, die entweder als primäres (Proteinantigene) oder als sekundäres (Kohlenhydratantigene) Produkt von entsprechenden allelen Genen gesteuert werden. Für die meisten Gene existieren alternativ (antithetisch) zwei Allele, die homo- oder heterozygot auf den beiden Haplotypen eines Chromosomenpaars vorhanden sind und dominant/rezessiv oder kodominant die Antigenexpression steuern. Für die Synthese der Proteinantigene ist in der Regel nur ein kleiner Abschnitt des entsprechenden Gens verantwortlich, während für den Aufbau der Kohlenhydratantigene im allgemeinen das Zusammenspiel mehrerer Gene erforderlich ist. Die meisten Systeme stellen Proteinantigene dar. Von der Mehrzahl der wichtigsten Blutgruppensysteme ist die Primärstruktur fast vollständig bekannt.

Über 500 erythrozytäre Antigene sind serologisch definiert /2/. In der Nomenklatur der International Society of Blood Transfusion Working Party werden 30 genetisch unabhängige Blutgruppensysteme vom Menschen gelistet, die zusammen 236 verschiedene erbliche Antigene bedingen /34/.

Häufigkeit

Die Blutgruppenantigene kommen in sehr unterschiedlicher Frequenz in der Bevölkerung vor. Die Verteilung zeigt geographische und ethnische Unterschiede.

Vorkommen

Neben den Blutgruppenantigenen auf Erythrozyten (Blutgruppen im engeren Sinne), gibt es:

  • Auf Leukozyten AB0, HLA-Merkmale,Granulozyten spezifische Antigene.
  • Auf Thrombozyten AB0, HLA-Merkmale, Thrombozyten (humane Plättchen) spezifische Antigene (HPA).
  • Plasmafaktoren, z.B. Am-, Gm- und Km-Gruppen der Immunglobuline.
  • Lösliche Blutgruppenantigene, z.B. Lewis, Chido/Rodgers.

Eine Reihe der Blutgruppenmerkmale finden sich auch auf anderen Körperzellen sowie in Körperflüssigkeiten. Dieses Kapitel beschränkt sich ausschließlich auf die erythrozytären Antigene (Tab. 27-2 – Vorkommen und biologische Funktion der wichtigsten Blutgruppenantigene auf Erythrozyten).

27.1.2 Immunreaktionen

Als Immunreaktionen spielen Immunisierung mit Bildung von Antikörpern, Immunsuppression, Transplantatabstoßung und bei Vorhandensein von Antikörpern, die humorale Immunabwehr eine Rolle. Im Zusammenhang mit den erythrozytären Antigenen sind im Wesentlichen nur die Bildung von erythrozytären Antikörpern und deren Nachweis zur Vermeidung entsprechender Antigen-Antikörperreaktionen von Bedeutung.

27.1.3 Bedeutung von Blutgruppen

Biologische Rolle von Blutgruppenantigenen

Die biologische Rolle von Blutgruppenantigenen besteht in der Aufrechterhaltung der zellulären Integrität und der Mitwirkung im Rahmen von Zellreifung und -überleben. Sie sind Ausdruck der Individualität des Menschen. Bestimmte Blutgruppenantigene sind auf Membranproteinen lokalisiert, die am Transport, z.B. Anionen (Diego), Wasser (Colton), Harnstoff (Kidd) oder Ammonium (Rh-Proteine) beteiligt sind, Zytokinrezeptoren oder Adhäsionsmoleküle (Duffy, Lutheran, LW) darstellen, als Enzyme wirken oder eine Rolle im Rahmen der Aktivierung und Regulation von Komplement (Chido/Rodgers, Cromer, Knops) spielen.

Blutgruppenantigene und Krankheiten

Ein Zusammenhang zwischen bestimmten Blutgruppen und Krankheiten besteht:

Bei einer Vielzahl von Tumoren findet sich, einhergehend mit erhöhter Malignität, relativ oft eine verminderte Expression der A und/oder B-Antigene bei gleichzeitig vermehrter Expression der Präkursormoleküle /5/.

Transfusionsmedizinische Bedeutung

Die transfusionsmedizinische Bedeutung der Blutgruppen wird im Wesentlichen durch die gegen sie gerichteten Antikörper bedingt. Daneben spielen einzelne Blutgruppen auch bei bestimmten Transplantationen von Geweben eine Rolle.

27.2 Blutgruppenantikörper, Lektine

27.2.1 Definition

Blutgruppenantikörper definieren die verschiedenen Blutgruppenantigene. Sie spielen als Allo-, Auto- und Heteroantikörper eine Rolle. Von den Antigenen, gegen die sie gerichtet sind, leitet sich ihre Bezeichnung (Spezifität) ab.

Alloantikörper

Alloantikörper entstehen nach Exposition gegenüber Blutgruppenantigenen, welche die entsprechende Person nicht besitzt. Die Exposition erfolgt entweder gegenüber Erythrozyten (ab > 100 μl; 109 Erythrozyten) im Rahmen von Schwangerschaften oder Bluttransfusionen (Immunantikörper) oder gegenüber Blutgruppen ähnlichen Merkmalen von Mikroorganismen (ubiquitäre Antigene), mit denen der Mensch im Rahmen von z.B. bakterieller Darmbesiedlung, Aufnahme von Nahrungsmitteln, Infekten, Impfungen konfrontiert wird (natürliche Antikörper). Immunantikörper haben in der Regel bei 37 °C ihr Reaktionsoptimum (Wärmeantikörper). Bei perioperativ mit Erythrozytenkonzentraten transfundierten Patienten beträgt das Risiko, Antikörper gegen Erythrozyten zu entwickeln etwa 1–5 % /67/, bei chronisch transfundierten Patienten mit angeborener Anämie (z.B. Sichelzellanämie) 1–13 % und beim myelodysplastischen Syndrom bis zu 30 % /8/. Wenn Empfänger bereits gegen Erythrozyten immunisiert sind, ist das Risiko gegen weitere Blutgruppenmerkmale immunisiert zu werden 20 mal höher /9/. Natürliche Antikörper binden sich meist leichter bei niedrigeren Temperaturen und geben häufig ihre Bindung an Antigene bei Temperaturen > 30 °C wieder auf (Kälteantikörper).

Autoantikörper

Autoantikörper sind gegen Erythrozytenantigene gerichtet, welche die Person, die sie bildet, selbst besitzt. Überwiegend handelt es sich um Antikörper gegen Blutgruppenantigene, die hochfrequent in der Bevölkerung vorkommen. Das klinische Bild der durch Autoantikörper ausgelösten autoimmunhämolytischen Anämie wird vom thermischen Reaktionsoptimum der Autoantikörper bestimmt.

Heteroantikörper

Heteroantikörper gegen Erythrozytenantigene sind Blutgruppenantikörper, die von einer anderen Spezies stammen. Früher fanden sie vor allem als Testseren breite Anwendung und wurden durch Immunisierung von Tieren gewonnen. Heteroantikörper werden vor allem noch als Antihumanglobulin Reagenzien eingesetzt.

Lektine

Von den Antikörpern sind die Lektine abzugrenzen. Dabei handelt es sich um Zucker bindende Moleküle vor allem pflanzlicher Herkunft, die spezifisch Blutgruppenantigene binden können und somit zur Bestimmung verschiedener Blutgruppeneigenschaften verwendet werden können (Tab. 27-3 – Lektine).

27.2.2 Struktur und Funktion der Antikörper

Blutgruppenantikörper gehören den Immunglobulinklassen G und M, seltener A an. Außer bei einzelnen autoimmun hämolytischen Anämien sind die vom Menschen gebildeten Blutgruppenantikörper polyklonal, d. h. sie sind meist gegen mehrere Epitope des gleichen Antigens (monospezifisch) gerichtet und bestehen aus einer Mischung von Antikörpern unterschiedlicher Immunglobulinklassen und -subklassen. Das Gleiche gilt für Testseren, die vom Menschen oder Tier (heterologe Antikörper) stammen.

Monoklonale Antikörper sind im Gegensatz zu polyklonalen Antikörpern nicht nur monospezifisch, sondern auch nur gegen einzelne Epitope gerichtet. Durch Selektion der entsprechenden Klone können Reagenzien hergestellt werden, die den polyklonalen Antiseren aufgrund ihrer Spezifität, Reinheit, Reaktionsstärke und -geschwindigkeit als Blutgruppenreagenzien weit überlegen sind /10/.

27.2.2.1 Blutgruppenantikörper der Ig-Klasse G

Die im Rahmen von Schwangerschaften und als Folge von Transfusionen gebildeten Alloantikörper (Immunantikörper) und die bei den meisten Autoimmunhämolysen gefundenen Autoantikörper sind IgG-Antikörper und gehören meist der Subklasse IgG1, seltener IgG3 an. Diese können Komplement aktivieren und zeigen nach Bildung der Immunkomplexe eine hohe Affinität zu den entsprechenden Rezeptoren der Makrophagen. IgG2-Antikörper aktivieren deutlich weniger und IgG4 kein Komplement, letztere gehen auch keine Bindung zu Makrophagen ein.

Voraussetzung für die Aktivierung von Komplement ist, dass mindestens 2 IgG-Moleküle unmittelbar benachbart gebunden werden. Daher hängt die Komplementaktivierung bei Blutgruppenantikörpern wesentlich von der Spezifität der Antigene ab. Liegen die Antigene zu weit auseinander und sind diese nicht in der Lage Cluster zu bilden oder mehrere Antikörper zu binden, dann kann eine Komplementaktivierung nicht erfolgen.

Die gebildeten Immunkomplexe werden an Fc- und/oder C3b-Rezeptoren der Makrophagen gebunden, phagozytiert und extravasal beschleunigt eliminiert (extravasale Hämolyse). Die Aktivierung der kompletten Komplementkaskade führt zur intravasalen Zelllyse (intravasale Hämolyse). IgG3 besitzt die stärkste hämolytische Aktivität, gefolgt von IgG1. Nur IgG-Antikörper, vor allem IgG1, können die Plazentaschranke passieren.

Sobald IgG-Antikörper gebildet werden, besteht ein entsprechendes immunologisches Gedächtnis, so dass auch nicht mehr nachweisbare Antikörper bei neuerlicher Antigenexposition „geboostert” werden. Einmal nachgewiesene Blutgruppenantikörper der Klasse IgG sind daher ein Leben lang bei einer Bluttransfusion zu berücksichtigen. Siehe Tab. 27-24 – Berücksichtigung irregulärer erythrozytärer Antikörper.

27.2.2.2 Blutgruppenantikörper der Ig-Klasse M

Nach Primärer Immunisierung gegen Blutgruppenantigene werden zunächst IgM-Antikörper gebildet, die sich jedoch im Allgemeinen dem Nachweis entziehen. Bei ausreichend starker Immunisierung folgen diesen innerhalb von 3 Wochen bis 3 Monaten IgG-Antikörper und damit die Entwicklung des immunologischen Gedächtnisses gegenüber diesen Antigenen.

Bei Immunisierung gegen Blutgruppen ähnliche Antigene, z.B. von Mikroorganismen, Nahrungsmitteln (ubiquitäre Antigene) bleibt es meist bei der Bildung von IgM-Antikörpern. Diese natürlichen Antikörper sind in der Regel Kälte reaktiv. Unter pathologischen Verhältnissen können sie deutlich vermehrt gebildet werden und z.B. Autoimmunhämolysen vom Kältetyp hervorrufen.

Nicht alle Blutgruppenantikörper der Klasse IgM aktivieren Komplement. Ihre Fähigkeit, Komplement zu aktivieren, hängt von weiteren Faktoren wie Antigenspezifiät und Temperaturamplitude ab. Eine direkte Bindung von IgM-Antikörpern an Makrophagen kommt nicht zustande. Klinische Bedeutung haben daher nur solche IgM-Antikörper, die noch oberhalb von 30 °C an Erythrozyten gebunden werden bzw. bleiben und Komplement aktivieren können /11/. Da IgM-Antikörper nicht geboostert werden, sind sie auch nur bei aktueller Nachweisbarkeit von Interesse.

27.2.3 Serologische Reaktivität

Die verschiedenen Blutgruppenantikörper (auch als Testreagenzien) zeigen unterschiedliche Reaktivität in den grundlegenden serologischen Testverfahren. Nach der serologischen Reaktivität können folgende Antikörper unterschieden werden:

  • Agglutinierende (Agglutinine) bzw. komplette Antikörper.
  • Konglutinierende (inkomplette) Antikörper.
  • Blockierende Antikörper.
  • Komplement aktivierende Antikörper.
  • Hämolysierende Antikörper (Hämolysine).
  • Enzym reaktive Antikörper.
  • Coombs Antikörper.

Obwohl die Begriffe weitgehend historisch geprägt sind, sich nicht immer eindeutig von einander abgrenzen lassen und mit den immunologischen Eigenschaften der Antikörper teilweise nicht korrespondieren, haben sie sich für die praktischen Belange im Labor bewährt. Weiterhin unterscheidet man die Blutgruppenantikörper nach dem Temperaturoptimum ihrer Reaktivität, das bei 37 °C (Wärmeantikörper) oder bei niedrigeren Temperaturen (Kälteantikörper) liegen kann. Die durch Antigen-Antikörper-Komplexe bedingten Agglutinationen sind von sogenannten Pseudoagglutinationen abzugrenzen.

27.2.3.1 Agglutinierende (komplette) Antikörper

Diese Antikörper sind dadurch charakterisiert, dass sie bei Bindung an Erythrozyten mit den korrespondierenden Antigenen schon im einfachsten Testmilieu (physiologische Kochsalzlösung) sichtbare Agglutinationen der betreffenden Erythrozyten (Verklumpung, mikroskopisch Haufenbildung) auslösen können. In diesem Milieu halten die an ihrer Oberfläche negativ geladenen Erythrozyten aufgrund der Ladungsverhältnisse den größten Abstand zueinander ein, so dass häufig nur die größeren IgM-Antikörper die für die Agglutination notwendige Brückenbildung zwischen den Erythrozyten zustande bringen.

Weil Blutgruppenantikörper der Klasse IgM häufig Kälte reaktiv sind, werden die Agglutinationstests in der Regel bei Raumtemperatur durchgeführt.

Da die negativen Oberflächenladungen vorwiegend durch Glykoproteine und Glykolipide bedingt sind, auf denen die Blutgruppenantigene lokalisiert sind, können auch hochtitrige IgG-Antikörper, z.B. Rh-Antikörper, Wärmeautoantikörper, unter diesen Bedingungen eine Agglutinationsreaktion hervorrufen. Durch die starke Antikörperbeladung wird die negative Oberflächenladung stark reduziert, so dass sich der Erythrozytenabstand in einem Maße verkleinert, dass auch die kleinen bivalenten IgG-Moleküle diesen überbrücken können. Aufgrund der Nachweisbarkeit eines Antikörpers im Agglutinationstest kann daher nicht automatisch auf seine Ig-Klasse geschlossen werden.

Agglutinationstests haben immunhämatologisch im Rahmen von Blutgruppenbestimmungen, beim Nachweis von pathologisch vermehrten Kälteagglutininen und zur Abklärung von irregulären Antikörpern Bedeutung. Sie sind als Bestandteil des Antikörpersuchtests und der Kreuzprobe (außer zum Nachweis der AB0-Antikörper) nicht sinnvoll, da die evtl. nachgewiesenen Kälteantikörper ohne klinische Relevanz sind, unnötige Diagnostik nach sich ziehen und den Nachweis klinisch relevanter Antikörper erschweren können.

27.2.3.2 Konglutinierende und blockierende (inkomplette) Antikörper

Serologisch als inkomplett bezeichnete Antikörper sind strukturell und immunologisch vollständige Antikörper. Sie binden sich meist auch im Kochsalzmilieu an Erythrozyten, können aber auf Grund ihrer geringen Größe, Zahl oder Bindungsaffinität keine bzw. keine stabilen Agglutinate bilden. Sie können zeitweise die Reaktion gleichzeitig oder nachträglich hinzugefügter agglutinierender Antikörper derselben Spezifität blockieren.

Für den Nachweis der inkompletten Antikörper bedarf es der Unterstützung durch bestimmte Medien (Reaktionsverstärker, Supplemente), welche die Reduktion der negativen Oberflächenladung der Erythrozyten (Dextrane, Albumin), die Verringerung der Wasserhülle bzw. der Oberflächenspannung der Erythrozyten (Albumin, Proteasen), die Erhöhung der Bindungsaffinität der Antikörper (Low Ionic Strength Solution, LISS) oder die Verbesserung des sterischen Zugangs für die Antikörper (Proteasen) bewirken. Es handelt sich meist um Wärme reaktive IgG-Antikörper. Auch können niedrigtitrige oder wenig avide IgM-Antikörper gelegentlich nur mittels solcher Supplement- bzw. Konglutinationstests nachgewiesen werden. Da im Übrigen, oft sogar verstärkt, auch komplette Antikörper in Supplementtests nachweisbar sind, kann aus der Positivität dieser Tests nicht generell auf das Vorliegen von IgG-Antikörpern geschlossen werden.

Als inkomplette, nicht konglutinierende Antikörper werden auch solche Antikörper bezeichnet, die nur im Anti-Humanglobulintest festgestellt werden.

27.2.3.3 Komplement-aktivierende Antikörper und Hämolysine

Bestimmte Blutgruppenantikörper können die Komplementkaskade aktivieren. Siehe Kapitel 24 – Komplementsystem):

  • Partiell bis C3b, z.B. Anti-K.
  • Vollständig, es handelt sich dann um Hämolysine, z.B. Anti-A.

Der Nachweis der Komplementaktivierung kann generell mit dem Anti-Humanglobulintest und/oder bei vollständiger Aktivierung mittels Hämolysetest geführt werden.

Im Hinblick auf das unterschiedliche Temperaturoptimum der verschiedenen Hämolysine wird der Test durchgeführt:

  • Als monothermischer Kältehämolysintest, (Isohämolysine, Kälteautohämolysine).
  • Bithermischer Kältehämolysintest (Donath-Landsteiner-Hämolysine).
  • Wärmehämolysintest (Wärmeautohämolysine).

Kann die Hämolyse in vitro nur mit fermentierten Erythrozyten erzielt werden, spricht man von inkompletten Hämolysinen, obwohl durch Verwendung fermentierter Erythrozyten auch generell die Testsensitivität erhöht wird.

Aus der Positivität eines dieser Hämolysetests kann nicht ohne weiteres auf die Genese der Antikörper geschlossen werden, da z.B. starke Kältehämolysine auch noch (schwächer) im Wärmehämolysintest und umgekehrt reagieren können.

Entscheidend für die Diagnose sind Reaktionsoptimum (Reaktionsstärke, -titer) und weitere Befunde wie die Ig-Klasse der Antikörper.

Komplementaktivierung bzw. Hämolyse kann nur mit frischen, ausreichend Komplement haltigen Seren oder bei Zusatz von frischem AB-Serum als Komplementquelle nachgewiesen werden. Zeitweise stellt die Komplementaktivierung bei wenig aviden Alloantikörpern wie Lewis-Antikörpern, seltenen Kälteautoantikörpern (bithermische Kältehämolysine) und Medikamenten-induzierten Antikörpern die einzige Möglichkeit dar, die abgelaufene Immunreaktion zu erkennen. Die Antikörper binden sich nicht genügend oder ausreichend fest an die Erythrozyten, so dass sie durch das Waschen im Rahmen des Anti-Humanglobulintests eluiert werden. Da bei Säulenagglutinations-Verfahren das Waschen entfällt, werden wenig avide Antikörper wesentlich häufiger direkt nachgewiesen, sodass der indirekte Nachweis über die Komplementaktivierung an Bedeutung verloren hat. Das rechtfertigt die Verwendung von Citrat- und EDTA-Blut in der Diagnostik von Blutgruppenantikörpern.

27.2.3.4 Enzym-reaktive Antikörper

Über 70 % der Blutgruppenantikörper reagieren auch im Enzymtest. Die meisten Kälteantikörper reagieren in Anwesenheit von Enzymen oder mit Enzym behandelten Erythrozyten deutlich verstärkt mit > 4 Titerstufen (Tab. 27-4 – Einfluss von Enzymen auf Blutgruppenantigene).

In 5–15 % lassen sich Antikörper gegen wichtige, vor allem Rh-, und weniger wichtige Blutgruppenantigene (Lewis, P,) nur im Enzymtest nachweisen. Die klinische Bedeutung dieser nur Enzym reaktiven Antikörper wird gering eingeschätzt. Fast die Hälfte dieser Antikörper lässt sich jedoch mit Hilfe der hoch sensitiven Festphasentechnik als IgG-Antikörper identifizieren. Sehe Beitrag 27.6.2.2 – Mikrotiterplattentests. Wegen der großen Häufigkeit unspezifischer Agglutinationen und der Reaktion klinisch irrelevanter natürlicher Kälteantikörper, z.B. Anti-I, Anti-IH, Anti-H, wird in der Regel von der routinemäßigen Durchführung dieser Tests abgeraten. Jedoch kann der Enzymtest, wenn er bei 37 °C durchgeführt wird, für die frühzeitige Erkennung von Immunisierung in besonders gefährdeten Patientengruppen, z.B. Schwangere und Polytransfundierte wertvoll sein /12/.

Der Enzymtest ist auch für die Abklärung und Identifizierung von Antikörpern unverzichtbar. Dabei ist besonders hilfreich, dass durch Vorbehandlung der Erythrozyten mit bestimmten Enzymen verschiedene Antigene zerstört werden (Tab. 27-4 – Einfluss von Enzymen auf Blutgruppenantigene) und daher die korrespondierenden Antikörper im Zweistufen-Enzymtest nicht mehr reagieren können. Siehe Beitrag 27.6.1.3 – Supplementtests. In Einstufen-Enzymtests kann die schnelle Antikörperbindung die Antigenzerstörung teilweise verhindern, so dass in diesen Verfahren auch Antikörper gegen Enzym empfindliche Antigene nachweisbar sein können.

27.2.3.5 Coombs Antikörper

Unter Coombs Antikörpern werden inkomplette Antikörper vorwiegend der Klasse IgG verstanden, die im indirekten oder direkten Antihumanglobulintest (Coombstest) nachgewiesen werden.

Der direkte Antihumanglobulintest weist Immunglobuline und evtl. Komplementfaktoren auf den untersuchten Patienten- bzw. Probandenerythrozyten nach.

Der indirekte Antihumanglobulintest ermöglicht den Nachweis von Immunglobulinen im Serum/Plasma, wenn sich diese in vitro an Erythrozyten gebunden haben. Wenn die Immunreaktion in vitro mit einer Komplementaktivierung verbunden ist und das Antihumanglobulinreagenz Antikörper gegen Komplementfaktoren enthält, werden auch Komplemtfaktoren an den Erythrozyten nachgewiesen.

Da das verwendete polyspezifische Antihumanglobulin- reagenz in der Regel neben Antikörpern gegen humanes IgG (teilweise zusätzlich gegen IgM und/oder IgA) auch solche gegen Komplementfaktoren, vor allem C3d enthält, kann jedoch aus einem positiven Antihumanglobulintest allein noch nicht auf das Vorliegen von Antikörpern oder gar IgG Antikörpern geschlossen werden. Dennoch kommt diesem Befund größere klinische Relevanz zu, da der Antihumanglobulintest spezifischer als die anderen Hämagglutinationstests (Agglutinations- und Supplementtest) klinisch wichtige Immunantikörper direkt oder über ihre Komplementaktivierung nachweist. Voraussetzung ist jedoch, dass eine klinisch irrelevante Komplementaktivierung durch die Wirkung von benignen Kälteantikörpern in vitro unterbleibt. Durch Bindung von Ca2+ (NaCitrat), stärker noch durch gleichzeitige Bindung von Mg2+ (NaEDTA), kann die Komplementaktivierung über C1 (klassischer Weg) blockiert werden. Daher kann die nachträgliche Komplementbeladung in-vitro von Patientenerythrozyten durch Verwendung von EDTA- oder Citratblut im direkten Antihumanglobulintest ausgeschlossen werden.

Im indirekten Antihumanglobulintest sollte generell die Wirkung benigner Kälteantikörper durch Vermeidung von Kälteinkubation verhindert werden. Klinisch relevante Kälteantikörper agglutinieren entweder noch oberhalb von 30 °C oder werden indirekt über ihre Komplementbindung nachgewiesen.

27.2.3.6 Irreguläre Antikörper

Obwohl der Begriff irreguläre Antikörper immunologisch unsinnig ist, hat sich die Unterscheidung der Antikörper gegen Blutgruppen in reguläre und irreguläre Antikörper für praktische Belange durchgesetzt.

  • Unter regulären Antikörpern werden die zu den AB0 Blutgruppen korrespondierenden, regelmäßig vorkommenden Antikörper Anti-A und/oder Anti-B verstanden.
  • Unter irregulären Antikörpern fasst man alle anderen Antikörper gegen Blutgruppenantigene, einschließlich der nicht korrespondierenden AB0 Antikörper bei schwachen A- bzw. -B-Untergruppen, zusammen, unabhängig von der Tatsache, welche serologische Reaktivität sie zeigen und ob sie Immunantikörper oder natürliche Antikörper darstellen.

27.2.3.7 Pseudoagglutination

Die Pseudoagglutination ist eine unspezifische, nicht immunologisch bedingte Zusammenlagerung von Erythrozyten. Im Hämagglutinationstest wirkt sie sich dadurch störend aus. Im Mikroskop imponiert sie bei typischer Ausprägung als Geldrollenbildung. Allerdings erlaubt die mikroskopische Beurteilung, insbesondere für den Ungeübten, keine sichere Unterscheidung gegenüber der spezifischen Agglutination. Säulenagglutinationstests sind gegenüber Störfaktoren besonders anfällig (1–2 % im indirekten Antihumanglobulintest und 2–4 % im Enzymtest). Es finden sich Pseudoagglutinationen über der Gelsäule oder die Makromoleküle verstopfen die Kapillaren der Gelsäulen, so dass die Erythrozyten nicht sedimentieren können.

Pseudoagglutinationen können viele Ursachen haben (Tab. 27-5 – Ursachen für Pseudoagglutinationen). Häufig, und besonders störend, sind sie bei Patienten mit großem Blutverlust, die reichlich Plasmaexpander erhalten haben und zusätzlich eine Gerinnungsstörung aufweisen (Ösophagusvarizenblutung). Pseudoagglutinationen können lebenswichtige Bluttransfusionen durch die diagnostischen Probleme verzögern. Daher sind die behandelnden Ärzte dazu anzuhalten, die Blutproben möglichst vor Applikation größerer Mengen von Plasmaexpandern und/oder über einen eigenen Zugang abzunehmen.

27.2.4 Transfusionsmedizinische Bedeutung von Blutgruppenantikörpern

Die transfusionsmedizinische Bedeutung der verschiedenen Antikörper gegen Erythrozytenantigene ist unterschiedlich und hängt von folgenden Faktoren ab:

  • Ihrer Häufigkeit (Tab. 27-6 – Häufigkeit irregulärer erythrozytärer Antikörper).
  • Der Häufigkeit der Antigene, gegen die sie gerichtet sind (Antigenfrequenz).
  • Ihrer hämolytischen Aktivität, z.B. die Bindung an Makrophagen, Temperaturoptimum, Aktivierung von Komplement.
  • Der Konzentration.
  • Der Plazentagängigkeit und der Expression der korrespondierenden Antigene auf fetalen Erythrozyten.
  • Der Nachweisbarkeit der Antikörper und ihrer korrespondierenden Antigene unter Routinebedingungen.
  • Der durch die Antikörper, vor allem durch Kälteantikörper und Autoantikörper verursachten Störung der immunhämatologischen Untersuchungen.

27.2.4.1 Bedeutung der Immunisierung für die Bluttransfusion

Die primäre Immunisierung führt sehr selten zu einer erkennbaren Hämolyse der sie auslösenden Erythrozyten, da eine relevante Produktion von Antikörpern in der Regel erst nach Wochen bis Monaten in Gang kommt und die Verweildauer der transfundierten Erythrozyten nur etwa 3 Monate beträgt.

Das Vorliegen von Blutgruppenantikörpern hat aber für spätere Transfusionen folgende Risiken und Nachteile:

  • Zeitverzögerungen aktuell anstehender Transfusionen wegen der notwendigen Abklärung.
  • Keine ausreichende Verfügbarkeit kompatibler Erythrozytenpräparate (Versorgungsprobleme), insbesondere wenn mehrere Antikörper zugleich (Antikörpergemische) oder Antikörper gegen höher frequente Antigene vorliegen.
  • Das Risiko einer verzögerten hämolytischen Transfusionsreaktion, wenn die Immunisierung zum Zeitpunkt der Transfusion auf Grund zu geringer Konzentration an Antikörpern nicht nachweisbar ist und die Antikörper durch die Transfusion geboostert werden /1415/. Bereits nach einem Jahr können fast ein Drittel und nach 5 Jahren die Hälfte der irregulären Antikörper nicht mehr nachgewiesen werden /16/.
  • Das Auftreten einer akuten hämolytischen Transfusionsreaktionen, wenn die Antikörper nicht berücksichtigt werden (Verwechselungen, methodische Mängel) bzw. bleiben müssen (Notfall, Versorgungsprobleme).

27.2.4.2 Bedeutung der Immunisierung für die Schwangerschaft

Bei Schwangerschaften kann ein Morbus haemolyticus neonatorum ausgelöst werden, wenn eine wirksame Dosis von Antikörpern (IgG) gegen Erythrozytenantigene des Feten die Plazenta passiert. Am ehesten erfolgt die Immunisierung im letzten Trimenon mit der Lösung der Plazenta und nach invasiven Eingriffen während der Schwangerschaft. Etwa ein Drittel der in der Schwangerschaft gebildeten Antikörper sind daher erst zu Beginn des letzten Trimenons nachweis­bar /1718/.

27.2.4.3 Bedeutung von Autoantikörpern

Durch pathologisch oder pathologisch vermehrt gebildete Autoantikörper können die Patienten eine Hämolyse der autologen und gegebenenfalls transfundierten Erythrozyten entwickeln. Allerdings sind bei weitem nicht alle Autoantikörper hämolytisch aktiv. Inkomplette Wärmeautoantikörper (IgG) können selten eine fetomaternale Inkompatibilität auslösen, allerdings nur, wenn sie auch schon bei der Mutter pathogen wirksam sind.

27.2.4.4 Kompatibilität von Blutkomponenten

Eine Transfusion gilt als kompatibel, wenn keine Antigene in klinisch relevanter Konzentration appliziert werden, gegen die der Empfänger bereits Antikörper besitzt bzw. immunisiert ist (major kompatibel), und auch nicht in klinisch relevanter Konzentration Antikörper gegen Antigene des Empfängers übertragen werden (minor kompatibel). Kompatibilität erfordert nicht Blutgruppengleichheit von Spender und Empfänger. Hinsichtlich der Berücksichtigung irregulärer erythrozytärer Antikörper bei Erythrozytentransfusionen wird verwiesen auf Tab. 27-24 – Berücksichtigung irregulärer erythrozytärer Antikörper.

27.3 Blutgruppensysteme mit Kohlenhydrat-Antigenen

Zu den Systemen, deren Antigene von Zuckermolekülen geprägt werden, zählen AB0-, H-, Ii-, das Lewis- und das P-System. An gemeinsame oder sehr ähnliche Vorläufermoleküle (Glykoproteine und Glykolipide) werden mittels genetisch determinierter Transferasen Zucker sequenziell angehängt, so dass diese Systeme auch miteinander in verschiedener Weise in Beziehung stehen.

27.3.1 ABH(0)-Blutgruppen

Durch das Zusammenspiel genetisch determinierter Transferasen entstehen auf der Erythrozytenmembran sequenziell aufgebaute Kohlenhydratstrukturen (Kohlenhydratketten vom Typ 2). Als Vorläufermoleküle entstehen zunächst i-Ketten (i-Antigen). Das I-Antigen entsteht, sobald eine Acetyl-Glucosaminyltransferase das N-Acetyl-Glucosamin bindet und eine Galactosyltransferase aktiviert, sodass es zur Verzweigung der Kohlenhydratketten kommt. Kodiert durch das Gen H, wird mittels einer Fucosyltransferase an endständige Galactosemoleküle (eines Teils dieser Vorläufermoleküle) Fucose angehängt.

Die weitere Synthese von A und B ist abhängig vom Vorhandensein des Vorläufermoleküls H und erfolgt wiederum mittels Transferasen (Abb. 27-1 – Biosynthese der A- und B-Blutgruppenantigene). Das Gen B kodiert eine Galactosyltransferase, die Galactose an das H-Antigen bindet. Bei Blutgruppe B bleibt eine beträchtliche Zahl der H-Antigene frei. Das Gen A kodiert eine N-Acetyl-Galactosaminyltransferase, die dementsprechend N-Acetylgalactosamin an die Kohlenhydratkette koppelt. Durch Mutationen im Gen Transferase ergibt sich eine große Heterogenität im AB0-System mit einer Reihe seltener Untergruppen /20/.

Sekretoren: Bei Trägern des Se-Allels des Gens FUT2 (Fucosyltransferase) finden sich lösliche ABH-Antigene in verschiedenen Körperflüssigkeiten. Homozygote Träger des Allels produzieren keine löslichen ABH-Antigene in Körperflüssigkeiten und werden als Non-Sekretoren bezeichnet.

27.3.1.1 A- und B-Untergruppen

Untergruppen A1 und A2

Die Transferase von A2-Allelträgern ist um 21 Aminosäuren länger als die A1-Transferase. Sie weist eine wesentlich geringere Aktivität auf. Bei Synthese der Untergruppe A2 kommt es zu weniger verzweigten und vermindert mit N-Acetylgalactosamin besetzten Molekülen (ca. 290.000 pro Erythrozyt), so dass H als Antigen noch zusätzlich nachgewiesen werden kann. Im Falle von A1 beträgt die Antigendichte etwa 1 Mio. Moleküle pro Erythrozyt.

Schwächere A-Untergruppen

Ähnlich ist die Situation bei den anderen Subtypen von Blutgruppe A. So liegen für A3 und Ax ebenfalls Mutationen vor, die zu noch weniger aktiven Transferasen führen, sodass noch weniger A-Antigene synthetisiert werden und dementsprechend mehr H-Antigen nachweisbar ist. Die serologische Unterteilung der A-Varianten ist unter Umständen schwierig und nicht immer eindeutig.

Para-Bombay-Blutgruppen

Die sehr seltenen Para-Bombay Blutgruppen (Ah und Bh) imponieren ebenfalls wie sehr schwache A- bzw. B-Varianten. Eine Mutation des Gens H synthetisiert nur eine sehr geringe Anzahl von H-Rezeptoren, die von den wenigen A- oder B-Determinanten vollständig abgebunden werden, so dass sich kein H-Antigen mehr nachweisen lässt.

Untergruppen von B

Sie sind weit seltener als die A-Untergruppen. Für B3 wurde ein Aminosäureaustausch von Arg-352 durch Tryptophan nahe am C-Terminus als genetische Ursache beschrieben.

Accessorische A- und B-Antigene

B(A)- bzw. A1(B)-Phänomen: Da sich die Transferasen, die zur Bildung von A1- und B-Molekülen führen, nur in 4 von 353 Aminosäuren unterscheiden, kann es in seltenen Fällen zu Fehlern bei der Synthese kommen. So können bei Blutgruppe B in geringer Zahl A-spezifische Zucker endständig angehängt werden und umgekehrt. Diese können nur mit hoch affinen monoklonalen Antikörpern nachgewiesen werden. Die entsprechenden Blutgruppen wurden als B(A)- bzw. A1(B)-Phänomen bekannt /21/. Sie spielen weder bei Transfusionen noch diagnostisch eine Rolle. Die in der Routine verwendeten Testreagenzien sind so eingestellt, dass sie diese geringe Zahl an Antigenen nicht erfassen.

Accessorische B-Antigene: Sie können selten auch im Rahmen von bakteriellen Infektionen, z.B. bei entzündlichen Darmerkrankungen und Kolon-Karzinomen auf der Erythrozytenoberfläche von Personen mit Blutgruppe A entstehen, wenn bakterielle Enzyme (Deacetylasen) die Acetyl-Reste teilweise entfernen, welche A von B unterscheiden. Dieses Acquired B-like-antigen hat gelegentlich diagnostische Bedeutung (Fehlbestimmung von Blutgruppen, Hinweis auf bestimmte Erkrankungen).

27.3.1.2 Blutgruppe 0

Bei Blutgruppe 0 wird meist (bei ca. 96 % der Kaukasier mit dieser Blutgruppe) vom Gen 0 eine Transferase synthetisiert, die als stark verkürztes Protein inaktiv ist. Damit bleibt bei Blutgruppe 0 das Merkmal H das determinierende Antigen. Zu einem geringen Teil (ca. 4 %) wird auch eine zweite Form, 02 genannt, gefunden, bei der auf Grund einer anderen Mutation zwar Transferasemoleküle normaler Länge, aber dennoch inaktiv, gebildet werden. Diese Varianten müssen bei der molekulargenetischen Bestimmung der Blutgruppe berücksichtigt werden. Inzwischen wurden weitere Varianten gefunden.

27.3.1.3 ABH(0) bei Neugeborenen

Der beschriebene Aufbau der Kohlenhydratantigene verläuft während der Fetalperiode langsamer als die Entwicklung anderer Blutgruppenantigene, die z.B. Bestandteil von Strukturproteinen sind, und wird erst mit Ende des 2. Lebensjahres abgeschlossen. Daher weisen Neugeborenenzellen (Cord cells) noch deutlich mehr i-Antigen und weniger I-, H- sowie A,B-Antigene als Erwachsene auf den Erythrozyten auf (Tab. 27-7 – Dichte der AB0-Antigene bzw. AB0-Moleküle pro Erythrozyt).

27.3.1.4 Bombay-Typ

In den extrem seltenen Fällen, in denen das Gen h homozygot (hh) vorliegt, können trotz Vorhandensein der A- und/oder B-Gene und der von diesen kodierten Transferasen keine A- und/oder B-Zucker angekoppelt werden.

Das Gen h führt nur zu einem inaktiven Enzym, das die notwendige Fucose nicht an das I-Antigen koppeln kann. In diesen Fällen sind weder H- noch A- oder B-Antigene auf den Erythrozyten nachweisbar (Bombay Typ, Oh).

Darüber hinaus gibt es verschiedene Mutationen der H-Antigen synthetisierenden Fucosyltransferase, die zu inaktiven Enzymmolekülen führen, und damit ebenfalls mit dem Fehlen des H-Antigens einhergehen /22/.

27.3.1.5 Chimerismus

Bei AB0 Ungleichheit von Spender und Empfänger findet man nach Transplantation von Knochenmark in der Regel vorübergehend zwei Populationen von Erythrozyten mit unterschiedlichen AB0-Blutgruppen. Weit häufiger tritt dieses Phänomen nach AB0 ungleicher Transfusion auf, z.B. Notfall mäßiger Transfusion von Erythrozyten der Blutgruppe 0 bei noch unbekannter AB0-Blutgruppe.

Bei Bestimmung der AB0-Blutgruppe kann dieses Phänomen an der Diskrepanz zwischen dem Ergebnis der Bestimmung von Antigen und der Antikörper sowie einer Mischfeldagglutinationen erkannt werden. Einen Überblick über die wichtigsten ABH-Varianten vermittelt Tab. 27-8 – Wichtigste ABH-Varianten.

27.3.1.6 Isoagglutinine und Isohämolysine

Bildung

Eine Besonderheit des ABH(0)-Systems besteht darin, dass bei intaktem Immunsystem im Laufe des ersten Lebensjahres mit der Synthese von natürlichen AB0-Antikörpern (Isoagglutinine) begonnen und diese lebenslang fortgesetzt wird.

Die Entstehung von Anti-A und Anti-B (und Anti-AB), wird auf eine entsprechende Induktion durch bakterielle Antigene, z.B. E. coli, zurückgeführt, die an ihrer Oberfläche den AB0-Zuckern fast identische Strukturen besitzen. Dabei werden nur solche Antikörper gebildet, die nicht mit den eigenen Erythrozyten reagieren (Tab. 27-9 – AB0-Blutgruppen: Verteilung und Nachweisbarkeit regulärer und irregulärer Antikörper).

Eigenschaften

Bei den Isoagglutinen und Isoahämolysinen handelt sich um Kälteantikörper, deren Temperaturamplitude aber bis über 37 °C reicht. Sie gehören überwiegend der Klasse IgM an. Im Allgemeinen ist die Konzentration von Anti-A höher als von Anti-B. Besonders bei Personen mit Blutgruppe 0 (bei Frauen häufiger als bei Männern) finden sich auch IgG-Antikörper. Darüber hinaus bilden Personen mit Blutgruppe 0 die Antikörper Anti-AB, die sich sowohl an A wie B binden, weil sie offensichtlich zwischen Galactose und N-Acetyl-Galactosamin als terminalem Zucker nicht unterscheiden können. Die höchsten Titer an AB0-Antikörper werden im Alter von 5–10 Jahren erreicht, im Alter nimmt ihre Konzentration wieder deutlich ab. Sowohl Antikörper der Klasse IgM, als auch der Klasse IgG können die Komplementkaskade vollständig aktivieren (Isohämolysine). Isoagglutinine und Isohämolysine finden sich auch bei den verschiedenen schwachen A- und B-Varianten, bei accessorischen A- und B-Antigenen sowie Blutgruppen vom Typ Bombay und Para-Bombay als reguläre Antikörper.

27.3.1.7 Irreguläre AB0-Antikörper

Bei schwach ausgeprägten A-Merkmalen (bei AB häufiger als bei A) finden sich mit abnehmender Ausprägung von A-Determinanten zunehmend irreguläre Kälteantikörper der Klasse IgM gegen A-Determinanten (Tab. 27-9 – AB0-Blutgruppen: Verteilung und Nachweisbarkeit regulärer und irregulärer Antikörper). Diese Antikörper haben klinisch in der Regel keine Relevanz.

Das gleiche gilt für Anti-H bei Blutgruppe A1. Dagegen stellt Anti-H bei der Blutgruppe Bombay einen hämolytisch sehr aktiven Antikörper mit breiter Temperaturamplitude dar, der in seiner Reaktivität der von Anti-A,-B entspricht. Weitere irrelevante Kälteantikörper, die mit dem AB0-System korrespondieren, sind Anti-IH, -IA, die sich bei Vorhandensein beider Antigene binden. Auch können AB0-Antikörper selten als meist harmlose Kälteautoantikörper vorkommen.

Bestimmung

AB0-Antikörper reagieren optimal bei niedriger Temperatur im Kochsalztest. Ihr Nachweis gelingt jedoch in der Regel auch noch bei 37 °C. Auf Grund der Spezifität der Antikörper werden reguläre und irreguläre AB0-Antikörper nicht im Antikörpersuchtest, sondern in der Serumgegenprobe im Rahmen der AB0-Bestimmung erfasst. Ihre Fähigkeit zur Komplementaktivierung wird mittels Isohämolysintest bestimmt. Durch lösliche AB-Substanz werden die IgM-Antikörper neutralisiert und die IgG-Antikörper abgegrenzt (NeutrAB-Test). Siehe Beitrag 27.6.10.1 – Neutralisationstests.

27.3.1.8 Bedeutung des ABH(0)-Systems

ABH(0)-System und Krankheiten

Zwischen ABH(0)-System und Krankheiten sind eine Reihe von Beziehungen beschrieben worden, deren Ursachen nicht ausreichend geklärt sind und die auch keine praktische Relevanz haben:

  • Abschwächung von A-, B- und H-Antigenen bei z.B. Leukämien, Morbus Hodgkin, Lymphomen.
  • Die relativ oft bei Malignomen zu findende verminderte Expression der A und/oder B-Antigene auf Tumorzellen bei gleichzeitig vermehrter Expression der Präkursormoleküle H geht mit deutlich vermehrter Malignität einher /5/.
  • Personen mit Blutgruppe A haben eine 20 % höhere Wahrscheinlichkeit, ein Magenkarzinom zu bekommen als solche mit Blutgruppe 0. Auch Tumoren von Darm und Speicheldrüsen finden sich häufiger bei Blutgruppe A. Verschiedene Tumoren weisen A ähnliche Strukturen auf, so dass sie bei Vorliegen der Blutgruppe A möglicherweise eher die Immunabwehr unterlaufen. Bei Sekretoren mit diesen Tumoren können auch vermehrt lösliche A-Antigene gefunden werden und bei Verwendung ungewaschener Patientenzellen Probleme im Rahmen der Bestimmung von AB0 machen.
  • Personen mit Blutgruppe 0, vor allem Nichtsekretoren, haben eine 20 % höhere Chance, Ulcera von Magen und Duodenum zu bekommen und neigen insbesondere eher zu gastrointestinalen Blutungen. Eine Erklärung hierfür könnte die geringere Sekretion von IgA bei Nichtsekretoren und die signifikant geringere Konzentration des von Willebrand-Faktors und Faktors VIII:C bei Blutgruppe 0 sein. Bei den Referenzwerten des von Willebrand-Faktors ist daher die AB0-Blutgruppe zu berücksichtigen.
  • Bei Blutgruppe A treten häufiger thromboembolische Komplikationen auf.
  • Personen mit speziellen AB0-Blutgruppen sind gegenüber einzelnen Infekten anfälliger, weil die Erreger ähnliche Blutgruppenantigene aufweisen und schlechter abgewehrt werden, z.B. Personen mit Blutgruppe 0 gegenüber dem Pesterreger (H-ähnliches Antigen), mit Blutgruppe A gegenüber Windpocken (A-ähnliches Antigen), mit Blutgruppe B gegenüber Salmonellen und Shigellen (B-ähnliche Antigene).

27.3.1.9 Transfusionsmedizinische Bedeutung

Die besondere Bedeutung des ABH(0)-Systems für die Transfusionsmedizin leitet sich her von:

  • Der hohen Immunogenität und Antigenität der Merkmale.
  • Dem physiologischen Vorkommen der AB0-Antikörper in hoher Konzentration, mit breiter Temperaturamplitude und starker Avidität, mit der Fähigkeit zur Aktivierung von Komplement, so dass sie Erythrozyten in vitro und in vivo hämolysieren können.

Höhere Antikörpertiter können bei Autoimmunhämolyse, alkoholischer Leberzirrhose, chronisch aktiver Hepatitis, Schwangerschaft, nach Impfungen und bakteriellen Infektionen gefunden werden.

Major-Inkompatibilität: Es kann bei Transfusion von Erythrozyten einer inkompatiblen AB0-Blutgruppe zu akuten lebensbedrohlichen Transfusionszwischenfällen mit intravasaler Hämolyse kommen.

Minor-Inkompatibilität: Bei der passiven Übertragung von AB0-Antikörpern werden relevante Hämolysen nur bei Transfusion größerer Plasmavolumina und Plasma haltiger Präparate mit hoher Antikörperkonzentration (hämolysinhaltig, Isoagglutinintiter > 100) gesehen.

Morbus haemolyticus neonatorum: AB0-Antikörper der Klasse IgG sind die häufigste Ursache eines Morbus haemolyticus neonatorum. Allerdings kommt es infolge der noch relativ wenigen antigenen Bindungsstellen und der Adsorption der Antikörper an die AB0-Antigene der Endothelien nur selten zu einer schweren Form. Am ehesten tritt eine Hämolyse bei einer Konstellation der Blutgruppen Mutter 0/Kind A auf. Möglicherweise spielt die Konzentration von Anti-AB eine Rolle.

27.3.1.10 ABH(0)-System und Transplantation

Bei Transplantation hat das AB0-System unterschiedliche Bedeutung. Bei Niere und Herz ist in Abhängigkeit von den Antikörpertitern eine perakute Abstoßung möglich /2324/ Die AB0-inkompatible Lebertransplantation hat zumindest bei Jugendlichen und Erwachsenen eine signifikant schlechtere Prognose und wird daher auf Notfälle beschränkt /25/. Bei Kindern (unter 9 J.) scheint die AB0-Inkompatibiltät bei Herz- und Lebertransplantation nur eine geringe Bedeutung zu haben /26/. Bei allogener Knochenmarktransplantation ist eine AB0-inkompatible Transplantation möglich, allerdings stellt sie einen Risikofaktor dar /27/.

27.3.2 I-System

Struktur und Antigene

Die Antigene I und i sind nicht antithetisch, denn das Antigen i ist die biosynthetische Vorstufe von I und im Allgemeinen kommen beide Antigene nebeneinander in unterschiedlicher Ausprägung vor. Wesentlich unterscheiden sich die Antigene durch die Verzweigung der Kohlenhydratketten; das Antigen i weist noch unverzweigte Kohlenhydratketten auf. Während auf fetalen Zellen bzw. bei Neugeborenen das Antigeni dominiert, ist auf adulten Zellen überwiegend das antigen I, in individuell sehr unterschiedlicher Stärke, ausgeprägt. Nur in einer geschätzten Frequenz von 1 : 10.000 kommt bei Erwachsenen der Phänotyp i vor.

27.3.2.1 Antikörper

Anti-I

Antikörper der Spezifität Anti-I finden sich als natürliche Kälteautoantikörper (IgM) in niedriger Konzentration (Titer bei 0 °C maximal 64) mit schmaler Temperaturamplitude bei fast jedem Menschen jenseits des Säuglingsalters, ohne klinische Bedeutung zu haben. Sehr oft sind die Antikörper gleichzeitig gegen andere Antigene der Kohlenhydrat haltigen Blutgruppen gerichtet (Anti-IH, -IA, -IB, -IP1) und lassen sich dann am deutlichsten mit Erythrozyten nachweisen, die beide Antigene tragen.

Bei der autoimmun bedingten Hämolyse vom Kältetyp (Kälteagglutinin-Syndrom) werden pathologisch vermehrt Kälteautoantikörper nachweisen, die überwiegend die Spezifität Anti-I besitzen. Durch die breite Temperaturamplitude bis > 30 °C vermag Anti-I dann in relevantem Umfang Komplement zu aktivieren (Kältehämolysine).

Anti-i

Antikörper dieser Spezifität werden wesentlich seltener nachgewiesen und stellen immer Autoantikörper (meist kältereaktiv, IgM) dar. Man findet Anti-i vermehrt z.B. bei infektiöser Mononukleose, Alkohol bedingter Leberzirrhose, Retikulose und myeloischer Leukämie.

Bestimmung

Die Antikörper des Ii-Systems reagieren in der Regel am stärksten bei niedrigen Temperaturen, optimal bei 0–4 °C im Kochsalztest. Nachweisbarkeit der agglutinierenden Antikörper bei Temperaturen über 30 °C, die in vitro Hämolyse von Erythrozyten bei Raumtemperatur und Positivität des direkten Antihumanglobulintests mit Serum ohne Komplement sind die typischen Befunde einer Autoimmunhämolyse vom Kältetyp.

Klinische Bedeutung

Antigene: Eine stärkere i-Antigenität und verminderte Ausprägung von I zeigen unreife Erythrozyten. Neben dem physiologischen Auftreten bei Neugeborenen ist dies insbesondere im Rahmen von hämolytischen Anämien und anderen hämatologischen Erkrankungen mit gesteigerter Erythropoese der Fall.

Antikörper: Natürliche Kälteantikörper können zeitweise ganz erheblich die immunhämatologischen Untersuchungen zur Vorbereitung von Transfusionen stören. Klinische Bedeutung bekommen die Kälteautoantikörper jedoch erst bei deutlich pathologischer Vermehrung im Rahmen des Kälteagglutinin-Syndroms bzw. der autoimmunhämolytischen Anämien vom Kältetyp. Siehe Beitrag 27.5.3.2 – Kälteagglutinine und monothermische Kältehämolysine.

27.3.3 Lewis-System

Struktur und Antigene

Das Lewis-System (Lea, Leb) weist folgende Besonderheiten auf:

  • Es handelt sich um lösliche, nicht antithetische Antigene auf Glykosphingolipiden, die sekundär aus dem Plasma an die Erythrozyten adsorbiert werden. Die Sekretion von Lea-Substanz beginnt erst 2 Wochen bis 6 Monate nach der Geburt, von Leb sogar noch später. Daher weisen fetale Erythrozyten diese Lewis-Antigene im Allgemeinen noch nicht auf. Mitte des ersten Lebensjahres werden bis zu 80 % der Kinder Lea-positiv.
  • Erst mit etwa 2 Jahren wird der genetisch festgelegte Phänotyp immunhämatologisch nachweisbar. Auch während der Lagerung von Erythrozyten neigen die Lewis-Antigene dazu, in Lösung zu gehen und sind auf Erythrozyten mit zunehmender Lagerungsdauer schlechter nachweisbar.
  • Drei unabhängige Gene bestimmen über den Phänotyp als indirektes Genprodukt (Le, Se, H). Le kodiert die Fucosyltransferasen, die Fucosemoleküle an Typ-1-Kohlenhydratketten ankoppeln. Bei Nichtsekretoren (sese) wird jeweils nur ein Fucosemolekül je Kohlenhydratkette angekoppelt und es resultiert Lea (Le(a+b–). Bei Vorhandensein des Gens H wird bei Sekretoren (Se) ein zweites Fucosemolekül gebunden und es entsteht Leb (Phänotyp Le(a–b+)). Fehlt das Gen Le (lele) resultiert der Phänotyp Le(a–b–).
  • Der AB0-Phänotyp nimmt auf die Expression der Lewis-Antigene Einfluss, da beide Systeme auf gemeinsame Vorläufermoleküle zurückgreifen. Daher kann bei Blutgruppe A1 die Expression von Lea und Leb abgeschwächt sein.

Die verschiedenen Gene und daraus resultierenden Phänotypen der Lewis-Antigene sind zu entnehmen aus Tab. 27-10 – Lewis-System – Gene und Phänotypen. Lea und Leb sind die wichtigen Antigene. Lec und Led sind nur von theoretischem Interesse. An dem gesamten Lewis-System können bis zu 7 verschiedene Fucosyltransferasen beteiligt sein, die von verschiedenen Genloci gesteuert werden. In der Tabelle wird daher das komplexe System aus praktischen Gründen nur vereinfacht dargestellt.

27.3.3.1 Antikörper

Lewis-Antikörper sind meist natürliche Kälteantikörper, überwiegend der Klasse IgM zugehörig (häufig mit IgG-Anteil) mit der Fähigkeit zur Aktivierung von Komplement. Klinische Relevanz (hämolytische Transfusionsreaktionen) besitzen sie nur, wenn sie noch oberhalb von 30 °C reagieren, im indirekten Antihumanglobulintest nachweisbar sind und/oder auch in vitro hämolysieren können.

Wegen der fehlenden Expression der Antigene auf fetalen Erythrozyten können Lewis-Antikörper auch als IgG-Antikörper keinen Morbus haemolyticus neonatorum auslösen.

Anti-Lea: Sie stellen die wichtigsten und häufigsten Lewis-Antikörper dar. Die Antikörperträger besitzen den Phänotyp Le(a–b–).

Anti-Leb: Sie sind nur selten klinisch relevant. Die Träger der Antikörper sind meist Le(a–b–), selten Le(a+b–). Vereinzelt kommen Anti-Leb daher zusammen mit Anti-Lea vor. Die Reaktion von Anti-Leb wird von der AB0-Blutgruppe mit bestimmt. Nach dem Optimum ihrer Reaktion werden die Spezifitäten Anti-LebH und Anti-LebL unterschieden:

  • Anti-LebH findet sich fast nur bei Personen der Blutgruppe A1 oder A1B und reagieren am deutlichsten mit Leb-Zellen der Blutgruppe 0. Sie lassen sich bereits mit H-Substanz [Speichel von Le(a–b–), ABH-Sekretoren] neutralisieren.
  • Anti-LebL kommen wesentlich seltener und ohne Präferenz einer AB0-Blutgruppe vor. Sie reagieren mit allen AB0-Blutgruppen gleichermaßen.

Anti-Lec, Anti-Led: Diese Antikörper spielen wegen der Seltenheit und der Tatsache, dass es sich um Kälteantikörper handelt, praktisch keine Rolle. Sie reagieren mit Erythrozyten des Phänotyps Le(a–b–).

Bestimmung

Lewis-Antikörper reagieren bevorzugt im Enzymtest bei 4 °C und Raumtemperatur im Säulenagglutinationstest. Sie sind mit LeaLeb-Substanz neutralisierbar. Da Lewis-Antikörper Komplement aktivieren, gelingt ihr Nachweis besser mit frischen Seren. Auf Grund der Instabilität der Antigene dürfen die Erythrozyten nicht zu alt sein. Gelöste Antigene sollten vor Ansetzen der Tests durch Waschen mit NaCl entfernt werden.

Klinische Bedeutung

Männer mit dem Phänotyp Le(a–b–) sollen ein höheres Risiko haben, an koronarer Herzkrankheit zu erkranken. Das Sjögren-Syndrom kommt bei diesem Phänotyp häufiger vor.

Die Bedeutung des Lewis Systems für die Transplantation wird widersprüchlich beurteilt. Zytotoxische Lewis-Antikörper sollen das Transplantatüberleben (Niere), vergleichbar den HLA-Antikörpern, deutlich verkürzen /28/.

Im Übrigen wird die transfusionsmedizinische Bedeutung des Lewis-Systems überschätzt.

27.3.4 P-System

Struktur und Antigene

Auch die Antigene des P-Systems werden von Ketten der Kohlenhydrate gebildet, wobei endständig Galaktose und N-Acetylgalactosamin an Lactosylceramide angekoppelt werden.

Es werden die Antigene P, Pk, P1 und p sowie die Phänotypen P1, P2, P1k, P2k und p unterschieden, für die jeweils mindestens zwei unterschiedliche Gene kodieren (Tab. 27-11 – P-System).

P1 stellt den häufigsten Phänotyp dar. Das Antigen P1 ist auf fetalen Erythrozyten noch sehr schwach entwickelt, zeigt bei Erwachsenen genetisch determiniert eine unterschiedlich starke Expression (P1s = P1 stark, P1, P1w = P1 weak) und gehört zu den lagerungslabilen Antigenen.

27.3.4.1 Antikörper

Anti-P1

Mit sensitiver Technik sind bei fast allen Personen mit Phänotyp P2 natürliche Kälteantikörper der Spezifität Anti-P1 (fast ausschließlich IgM ohne Komplementbindung) nachweisbar. Sehr selten reagieren diese noch bei 37 °C (auch IgM mit Komplementbindung) und können hämolytische Transfusionsreaktionen induzieren. Im Zusammenhang mit Bluttransfusionen sind Anti-P1-Antikörper nur zu berücksichtigen, wenn sie im indirekten Antihumanglobulintest nachweisbar sind. Ein Morbus haemolyticus neonatorum durch Anti-P1 tritt nicht auf, weil die Antikörper die Plazenta nicht passieren können.

Anti-P und Anti-Tja (Anti-P, Anti-P1, Anti-Pk)

Diese Antikörper kommen extrem selten vor, da nur wenige Menschen diese Antigene nicht selbst besitzen (Tab. 27-11 – P-System).

Die Alloimmunisierung erfolgt in diesen seltenen Fällen meist schon in früher Kindheit, da es sich um ubiquitäre Antigene handelt. Die Antikörper sind dann zwar Kälte reaktive, natürliche Alloantikörper (IgM), zeigen aber auf Grund ihrer breiten Temperaturamplitude und ihrer Fähigkeit, Komplement zu aktivieren, starke hämolytische Aktivität. Bei Immunisierung im Rahmen von Schwangerschaft oder Transfusion sind sie als IgG-Antikörper für Morbus haemolyticus neonatorum sowie gehäuftes Auftreten von Aborten ursächlich verantwortlich. Darüber hinaus kommen Anti-P-Antikörper als bithermische Autohämolysine im Rahmen der paroxysmalen Kältehämoglobinurie vor. Siehe Beitrag 27.5.2.4 – Postnatale diagnostische Teste.

Bestimmung

Anti-P1: Die Antikörper reagieren bevorzugt im Enzymtest bei 4–22 °C und sind mit P1-Substanz neutralisierbar. Dem Nachweis im indirekten Antihumanglobulintest kommt eine begrenzte klinische Bedeutung zu. Der Nachweis von Anti-P1 hängt jedoch sehr von der Antigenexpression und der Qualität der Testzellen ab. Die Neutralisation mit P1-Substanz empfiehlt sich sowohl für die Bestätigung der Antikörper wie auch zur Elimination ihres störenden Effekts beim Nachweis bzw. Ausschluss anderer Antikörper von größerer Relevanz.

Anti-P, Anti-Tja: Die Antikörper reagieren am deutlichsten im Enzymtest mit breiterer Temperaturamplitude, lassen den indirekten Antihumanglobulintest mit Antikomplement-haltigen Seren positiv werden und können unter Umständen auch im Hämolysetest, vereinzelt auch bei Verwendung fermentierter Erythrozyten nachgewiesen werden. Bezüglich der bithermischen Kälteautohämolysine siehe Beitrag 27.5.3.4 – Bithermische Kältehämolysine Typ Donath-Landsteiner.

Klinische Bedeutung

P-ähnliche Strukturen werden auf Karzinomzellen sowie verschiedenen Erregern wie z.B. E. coli nachgewiesen. Darüber hinaus binden P1- und P2-Antigene E. coli und deren Toxine leichter, was erklären könnte, warum Personen mit P1 häufiger Harnwegsinfekte aufweisen. Weiterhin wurde das P-Antigen als Rezeptor für Parvovirus B19 beschrieben.

Die transfusionsmedizinische Bedeutung ist relativ gering. Die häufigen Antikörper gegen P1 sind überwiegend klinisch irrelevant, stören andererseits aber aufgrund der relativ hohen Antigenfrequenz von P1 und ihres Reaktionsverhaltens, vor allem bei AB0-Bestimmung (Serumgegenprobe) sowie gegebenenfalls im Antikörpersuchtest und der Kreuzprobe. Die hämolytisch aktiven Antikörper (Anti-P, -Tja) sind sowohl als Allo- wie Autoantikörper extrem selten.

27.4 Blutgruppensysteme mit Proteinantigenen

Den meisten Blutgruppensystemen auf Erythrozyten liegen Polymorphismen von Proteinen zu Grunde und sind Teil der Strukturproteine. Im Gegensatz zu den Kohlenhydrat-Blutgruppensystemen stellen sie primäre Genprodukte dar.

27.4.1 Rh-System

Struktur und Antigene

Das wichtigste Blutgruppensystem auf Proteinbasis ist das Rhesus System. Man unterscheidet zwei Gene am Locus RH (Chromosom 1). Sie steuern die Expression der fünf wichtigsten Antigene D, C, c, E und e /4/:

  • Das Gen RHD, welches das RhD-Protein kodiert.
  • Das Gen RHCE, das für die Bildung des RhCE-Proteins verantwortlich ist.
  • Auf dem RhCE-Protein sind die Antigene C, c, E und e lokalisiert.

Die Rh-Moleküle sind transmembrane Proteine aus 416 Aminosäuren, welche meanderförmig in der Membran angeordnet sind und diese 12 mal durchqueren (Abb. 27-2 – Rh-Transmembranprotein und Zuordnung zu den Exons der RH-Gene).

  • Das RhD-Protein unterscheidet sich vom RhCE-Protein durch 31–35 Aminosäurenaustausche. Bei RhD-negativen Europäern fehlt bis auf wenige Ausnahmen das Gen RHD und folglich auch das RhD-Protein (Rh(D)-Faktor).
  • Für die C- und c-spezifischen Proteine sind 4 Unterschiede der Aminosäuren verantwortlich, jedoch scheint die C/c-Spezifität nur von einer Aminosäure (Position 103, Serin für C, Prolin für c) bestimmt zu sein.
  • Der E/e-Polymorphismus lässt sich auf einen Austausch der Aminosäurea zurückführen (Position 226, Prolin für E, Alanin für e).

Die Formation von Epitopen im Rh-System ist abhängig von Konformation und der sterischen Anordnung der einzelnen Proteinschleifen (loops), die sich auf der Erythrozytenmembran ausbilden. So spielt z.B. der Cysteinrest 285 eine ganz wesentliche Rolle für die Bindung von Antikörpern /29/.

Neben diesen fünf Hauptantigenen gibt es noch mehr als 40 weitere Antigene, die durch Positionseffekte der Gene RH (cis- und trans-Effekte), Suppressorgene, weitere Rh-Subloci (Satellitenantigene) und Wirkung von Genkomplexen (kombinierte Antigene) determiniert werden.

Für diese existieren drei Nomenklaturen, die unterschiedliche Aspekte berücksichtigen und jeweils für verschiedene Bereiche der Anwendung gewisse Vorteile bieten (Tab. 27-12 – Antigene des Rh-Systems in der Schreibweise von Rosenfield, Fisher und Race sowie Wiener mit Häufigkeiten für Europäische Bevölkerung). Für die Laborroutine hat sich in Deutschland die Schreibweise nach Fisher und Race bewährt.

Die fünf wichtigsten Rh-Merkmale C, c, D, E, e werden als Rh-Formel zusammengefasst und entsprechend dem serologisch ermittelten Phänotyp dokumentiert. Die tatsächlich zu Grunde liegenden Haplotypen (Genotyp) können ohne Familienuntersuchungen nur mit entsprechender Wahrscheinlichkeit vermutet werden (Tab. 27-13 – Häufigkeit der verschiedenen Rh-Formeln (Phänotypen) und der zu Grunde liegenden Genotypen in der Schreibweise nach Fisher, Race und Wiener) .

27.4.1.1 Rh-Faktor D, weak D, partial D und DEL

Immunogenität

Das D-Antigen zeigt nach A und B die höchste Immunogenität (etwa 20 fach höher als für andere Rh-Hauptantigene), da das Antigen bei D-negativ (d) nicht in einer anderen polymorphen Form vorhanden ist, sondern ganz fehlt. Nach Transfusion D-positiver Erythrozytenkonzentrate entwickeln etwa 50 % der D-negativen Empfänger Antikörper der Spezifität Anti-D. Auf Grund des Erythrozytengehalts ist selbst bei Transfusion von Thrombozytenkonzentraten, nicht aber von Gefrierplasma, eine Immunisierung gegen D möglich.

Für die einzelnen Rh-Hauptantigene C, c, E, e allein beträgt die Immunisierungsrate < 1 %. Dabei zeigen Rh(D)-positive und Rh(D)-negative Empfänger keinerlei Unterschiede.

Antigendosis

Auf einem Erythrozyten befinden sich ca. 10.000 bis mehr als 30.000 D-Antigene. Die Anzahl der Antigene, und damit auch Immunogenität und Antigenität, hängen von der Gendosis (homo- oder heterozygot) sowie vom Rh-Phänotyp (Rh-Formel) ab. Durch serologische Routineverfahren lässt sich jedoch weder die unterschiedliche Antigendosis noch der Genotyp bestimmen, da sich die Streubereiche bei Homo- und Heterozygoten zu stark überschneiden.

Epitope

Das komplette D-Antigen besteht aus mindestens neun Epitopen (Tab. 27-14 – D-Epitope auf D-varianten Zellen). Mit monoklonalen Antikörpern können bis zu 30 Subepitope definiert werden. Für die Charakterisierung und Zulassung von monoklonalen Anti-D-Reagenzien ist deren Reaktivität mit bestimmten Epitopen von Bedeutung, in der täglichen Laborroutine spielt die Unterscheidung von Epitopen jedoch keine Rolle.

27.4.1.2 Weak D

In weniger als 1 % werden deutlich weniger D-Antigene auf den Zellen exprimiert (D-Varianten). Ein großer Teil dieser abgeschwächt reagierenden D-Varianten wurden früher als Du bezeichnet und nach dem Grad der Abschwächung willkürlich in Low und high grade Du eingeteilt. Verantwortlich für die verminderte Exprimierung von D-Antigenen ist meist ein Positionseffekt von C auf dem Genlocus des anderen Haplotyps (trans-Effekt) bei CDe/Cde als Genotyp. Bei Verwendung monoklonaler Anti-D-Reagenzien sind die meisten, früher als Du bestimmten Merkmale, nicht mehr vom normalen D abzugrenzen. Der Begriff Du ist daher als historisch zu bezeichnen und hat seine Bedeutung verloren.

Bei der heute gebräuchlichen Unterteilung von D-Varianten ist die Unterscheidung in Weak D und Partial D klinisch wichtig.

Personen mit weak D weisen bis auf wenige Ausnahmen alle D-Epitope auf. Durch molekularbiologische Methoden können bei Weak D jedoch meistens Unterschiede in der kodierenden Sequenz gegenüber dem normalen RHD nachgewiesen werden /4/. Bei den häufigsten Weak-D-Typen 1, 2 und 3 wurde bisher keine Alloimmunisierung gegenüber Erythrozyten mit normaler Ausprägung von D beobachtet. Daher gibt es kaum Gründe, Personen mit Weak D als Rh-negativ zu bezeichnen und ggf. mit Rh(D)-negativem Blut zu transfundieren.

Im Hinblick auf die seltenen anderen Weak D-Typen sollten jedoch für Frauen im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge Ausnahmen gelten. Frauen mit einem anderen Weak D-Typ sollten als gefährdet betrachtet werden, durch Rh(D)-positive Feten Anti-D zu bilden. Bei ihnen ist deshalb eine Rh-Prophylaxe wie für RH(D)-negative Frauen zu empfehlen.

Weak D-Typ 2 weist mit ca. 500 Antigenen pro Erythrozyt eine sehr geringe Antigendichte auf. Mit 18 % aller Weak D-Individuen kommt er relativ häufig vor. Da auch der Typ 2 die Bildung von Anti-D bei Rh(D)-negativen Empfängern hervorrufen kann, sollten die Anti-D-Reagenzien (vor allem in der Spenderdiagnostik) diesen positiv anzeigen.

Bei Verwendung von Anti D-Reagenzien, die gleichzeitig IgG- und IgM-Antikörper enthalten, kann eine Abschwächung von D auch durch blockierende Antikörper vorgetäuscht werden.

Die Schreibweise Dw für weak D ist obsolet, da Dw ein spezielles Antigen darstellt und daher nicht mit diesem verwechselt werden darf.

27.4.1.3 Partial D

Im Gegensatz zu Weak D fehlen bei den eher seltenen Partial D-Phänotypen (auch Mosaik-D) einzelne oder mehrere Epitope des D-Antigens (Tab. 27-14 – D-Epitope auf D-varianten Zellen). Die Antigendichte kann vermindert bis vermehrt sein.

Mit monoklonalen Antiseren der Klasse IgG werden sechs verschiedene D-Kategorien (D-Kategorie II–VII) in Abhängigkeit von der Anzahl der Antigene und Epitope auf den Erythrozyten unterschieden. Neben den D-Kategorien gibt es noch weitere seltenere Partial D-Varianten.

Unter den Partial D-Varianten ist die D-Kategorie VI am weitesten verbreitet (0,02–0,03 %). Ihr kommt damit von den D-Kategorien die größte klinische Bedeutung zu. Da die D-Kategorie VI die geringste Zahl an D-Epitopen aufweist, können Personen mit dieser D-Kategorie leichter als solche mit anderen D-Varianten, aber deutlich seltener als D-negative, gegenüber D, genauer gesagt, gegen die fehlenden Epitope von D immunisiert werden. Die gebildeten Alloantikörper lassen sich nicht von Anti-D unterscheiden, außer dass sie nicht mit den Erythrozyten der immunisierten Person reagieren. Partial D-Varianten können immer dann vermutet werden, wenn D-positive Personen Alloantikörper gegen D aufweisen. Personen mit DVI sind als Empfänger Rh(D)-negativ und als Blutspender Rh(D)-positiv zu betrachten. Die Immunogenität einer schwachen D-Variante ist im Vergleich zu D jedoch gering.

27.4.1.4 DEL

Die Bezeichnung Rh(D) negativ bezieht sich auf die Reaktion von Erythrozyten mit Anti-D in den verschiedenen Agglutinationsmethoden einschließlich dem Antihumanglobulintest zu reagieren. Dahinter können sich D-Varianten verstecken, die nur so wenige D-Antigene auf den Erythrozyten aufweisen, dass sie nur durch Adsorption von Anti-D und anschließender Elution nachgewiesen werden können. Diese bei Asiaten relativ häufig zu beobachtenden Phänotypen werden als DEL-Varianten zusammengefasst /30/. Die Immunogenität dieser sehr schwachen D-Variante ist gering, jedoch wurden Einzelfälle einer Immunisierung beschrieben / 31, 32/. In Europa ist DEL darüber hinaus sehr selten anzutreffen und wird in der Spenderserologie als Rh(D) negativ betrachtet. Diese Sichtweise ist jedoch umstritten. Daher führen einzelne Blutspendedienste bei Rh(D) negativen Spendern eine molekulargenetische Untersuchung durch und betrachten DEL-Erythrozytenkonzentrate als Rh(D)-positiv.

27.4.1.5 Weitere Rh-Antigene

Wie für D beschrieben kommen auch bei den anderen Hauptantigenen des Rh-Systems quantitative und qualitative Abweichungen vor. Sie werden durch Positionseffekte oder entsprechende Genmutationen hervorgerufen (Cw, Cu, Eu, Ew etc.) und haben, bis auf Cw , keine transfusionsmedizinische Bedeutung.

Sehr begrenzte Bedeutung kommt den Compound-Antigenen cE, Ce, ce und CE zu, die durch die entsprechenden Genkomplexe eines Haplotyps kodiert werden. Die entsprechenden Antikörper reagieren nur mit Zellen, die beide Antigene als Komplex exprimieren. Dagegen reagieren Antikörper gegen das Antigen G nicht nur mit Zellen, die C und D gemeinsam, sondern auch isoliert aufweisen.

27.4.1.6 Rh-Deletionstypen

Durch stumme, funktionell inaktive oder gering aktive Gene kommen extrem selten verschiedene Deletionstypen (-D-, •D• , XXX/XXX) vor. Der Deletionstyp ---/XXX (Rhnull) kann auch durch ein vom Rh-Locus unabhängiges Suppressorgen bzw. Regulatorgen bedingt sein. Personen mit Rhnull haben eine hämolytische Anämie mit morphologisch atypischer Erythrozytenform (Stomatozytose).

Bei Rhnull fehlt das Antigen LW, das vom Rh-System unabhängig kodiert wird, aber zu seiner Exprimierung auf den Erythrozyten die Rh-Antigene benötigt /34/. LW ist auf D-positiven Zellen stärker als auf D-negativen nachweisbar. Auf Erythrozyten von Neugeborenen ist LW ebenfalls deutlicher ausgeprägt.

27.4.2 Rh-Antikörper

Rh-Antikörper sind überwiegend Wärme reaktive Immunantikörper vom Typ IgG, vor allem IgG1 und IgG3. Sie aktivieren in der Regel kein Komplement, wahrscheinlich weil die Antigene zu weit auseinander liegen und pro Antigen nur ein IgG-Molekül gebunden wird. Die unterschiedliche hämolytische Aktivität der Antikörper lässt sich mit einfachen serologischen Methoden nicht feststellen. Daher werden die Rh-Antikörper generell bei der Transfusion von Erythrozyten durch Verwendung entsprechend Antigen-negativer Zellen berücksichtigt. Die seltenen natürlichen Rh-Antikörper sind ebenfalls weitgehend IgG, aber meist kälte reaktiv und zumindest im Hinblick auf eine akute Transfusionsreaktion nicht relevant.

27.4.2.1 Anti-D

Anti-D ist noch immer der häufigste und wichtigste Rh-Antikörper. Die Immunisierung geht auf Schwangerschaften vor der Ära der Rh-Prophylaxe (in Deutschland seit etwa 1967), Versager oder Versäumnis der Rh-Prophylaxe, und Transfusion Rh(D)-positiver Erythrozyten zurück. Sehr selten findet man Anti-D bei Individuen mit D-Varianten. Sie zeigen gleiche hämolytische Aktivität. Anti-D kommt in annähernd einem Drittel der Fälle zusammen mit Anti-C, seltener (ca. 2 %) auch mit Anti-E oder beiden vor. Weiterhin zeigen Autoantikörper zeitweise Anti-D-Spezifität.

27.4.2.2 Anti-E

Anti-E kommt nach Anti-D am häufigsten vor. Anti-E reagiert fast immer mit deutlichem Dosiseffekt. Bei Vorliegen des Phänotyps CCDee ist eine latente Immunisierung gegen c möglich, weshalb bei dieser Konstellation (CCDee + Anti-E) möglichst Rh-Formel-gleich transfundiert werden sollte. Anti-E findet sich häufiger als die anderen Rh-Antikörper, ohne dass Transfusionen oder Schwangerschaften als Ursache verantwortlich gemacht werden können.

27.4.2.3 Anti-c, Anti-c, -E, Anti-cE, Anti-ce

Anti-c ist nach Anti-D aus klinischer Sicht der wichtigste Rh-Antikörper. Anti-c ist relativ oft für verzögerte hämolytische Transfusionsreaktionen verantwortlich. Nach Anti-D und Anti-A stellt Anti-c die häufigste Ursache für einen Morbus haemolyticus neonatorum dar.

Nach Immunisierung nimmt die Konzentration von Anti-c meist schnell wieder ab. Weiterhin erschwert der oft zu beobachtende Dosiseffekt die Nachweisbarkeit des Antikörpers. Schließlich treten bei Vorliegen von Anti-c bei transfusionsbedürftigen Patienten auf Grund der relativ hohen Antigenfrequenz (80 %) sehr schnell Versorgungsprobleme auf.

Besitzt der Antikörperträger den Phänotyp CCDee, ist Anti-c relativ oft von Anti-E begleitet. Hinter diesen Mischantikörpern verbergen sich zeitweise zusätzlich Anti-cE oder Anti-ce, die gegen die entsprechenden Compound-Antigene gerichtet sind. Bei Vorliegen dieses Rh-Phänotyps sollten daher, insbesondere bei Mädchen und noch gebärfähigen Frauen sowie bei chronischer Transfusionstherapie, Rh-Formel-gleiche bzw. Rh-ausgewählte* Erythrozytenkonzentrate verwendet werden. Wurde zu irgendeiner Zeit bereits ein Anti-c nachgewiesen, ist dieses Vorgehen dringend zu empfehlen.

* Anmerkung: Rh-Formel ausgewählt bedeutet, dass keine Rh-Formel Merkmale transfundiert werden, welche die Empfänger selbst nicht besitzen. Rh-Formel-kompatibel sind alle Rh-Eigenschaften, solange keine Rh-Antikörper vorliegen.

27.4.2.4 Anti-C, Anti-Cw

Anti-C kommt nur selten isoliert vor. Dabei spielt für die Immunisierung keine Rolle, ob die immunisierenden Erythrozyten gleichzeitig D-positiv oder D-negativ sind. Anti-C-haltige Seren enthalten oft auch Anti-Cw.

Besitzt der Antikörperträger die Rh-Merkmale ccDEE, sollte vorsichtshalber auch von einer gleichzeitigen Immunisierung gegen das e-Antigen ausgegangen werden (Rh-Formel gleiche Transfusion), das häufig nicht nachweisbar ist, aber nach Boosterung zu einer verzögerten hämolytischen Transfusionsreaktion führen kann. Andererseits wird Anti-C überwiegend zusammen mit Anti-D und Anti-G nachgewiesen.

Isoliertes Anti-Cw bilden Personen, die Cw negativ und selbst CC, Cc oder cc sind. Ein isoliertes Anti-Cw ist auch möglich, ohne dass Transfusionen oder Schwangerschaften vorausgegangen sind.

27.4.2.5 Anti-e, Anti-C,-e, Anti-Ce

Anti-e ist glücklicherweise als Alloantikörper aufgrund der hohen Antigenfrequenz (98 %) und der geringen Immunogenität sehr selten, da dieser Antikörper erhebliche Schwierigkeiten in der Versorgung bereiten. Bei Vorliegen des Phänotyps ccDEE sind Anti-C, Anti-ce und Anti-Ce als Begleitantikörper in Erwägung zu ziehen (Rh-Formel gleiche Transfusion). Bei seltenen Varianten des e-Antigens kann trotz der Nachweisbarkeit des Antigens, Anti-e als Alloantikörper gefunden werden.

Häufiger findet sich Anti-e als Wärmeautoantikörper. Allerdings weisen diese nur selten eine klare Spezifität auf. Meist reagieren die Wärmeautoantikörper lediglich schwächer mit E-, insbesondere EE-Zellen. Außerdem lassen sie sich auch mit EE-Zellen adsorbieren.

27.4.2.6 Anti-G

Anti-G verbirgt sich häufig als Begleitantikörper hinter Mischantikörpern gegen C und D. Im Gegensatz zu Antikörpern gegen Compound-Antigene reagiert Anti-G nicht nur mit Zellen, die C und D von unterschiedlichen Haplotypen gesteuert exprimieren, z.B. cDE/Cde, sondern auch mit denen, die nur C oder D auf der Oberfläche tragen, z.B. Ccdee und ccDee.

Von den Mischantikörpern unterscheidet sich Anti-G dadurch, dass er gleichermaßen an Zellen, die nur eines der beiden Antigene aufweisen, adsorbiert werden kann. So erklärt sich bei Vorhandensein von Anti-G die Tatsache, dass Mütter scheinbar ein Anti-C, und Anti-D aufweisen können, obwohl der Vater der Kinder und die Kinder kein C-Antigen besitzen. Wird in der Mutterschaftvorsorge Anti-G ohne Anti-D nachgewiesen, wird eine Rh-Prophylaxe empfohlen /4/.

27.4.2.7 Anti-LW (Landsteiner-Wiener)

Nur extrem selten kommt Anti-LW als Alloantikörper vor. Häufiger handelt es sich um einen benignen Autoantikörper, der nicht selten einer Immunisierung gegen D voraus bzw. mit ihr parallel geht. Anti-LW ist jedoch kein Rh-Antikörper, obwohl er wie ein solcher imponiert. Anti-LW reagiert nicht mit Rhnull-, aber besonders stark mit Rh(D)-positiven Zellen. Schwache Anti-LW imponieren daher wie Anti-D, starke wie Autoantikörper mit besonderer Reaktion gegenüber D, lassen sich aber vollständig mit Rh(D)-negativen Zellen adsorbieren.

27.4.2.8 Bestimmung der Rh-Antikörper

Rh-Antikörper reagieren wie inkomplette Antikörper. Sie binden sich besonders leicht bei geringer Ionenkonzentration (Low ionic strength solution, LISS), in Anwesenheit von Enzymen, z.B. Papain, Bromelin, Ficin oder an mit Enzymen vorbehandelte Testerythrozyten. Sie werden daher am empfindlichsten mit Enzymtests und dem indirekten Antihumanglobulintest (LISS-Technik) nachgewiesen.

Etwa 10–15 % der Rh-Antikörper werden bei Anwendung der Röhrchenmethoden nur im Enzymtest festgestellt. Dabei handelt es sich in etwa 80 % um Anti-E. Die Notwendigkeit, solche nur Enzym reaktiven Antikörper durch Einbeziehung von Enzymtests in die Antikörpersuchtests nachzuweisen, wird allgemein wegen der geringen klinischen Bedeutung bestritten. Etwa die Hälfte dieser nur Enzym reaktiven Antikörper lassen sich mit sensitiveren Verfahren wie der Säulenagglutinations- und der Festphasentechnik als IgG-Antikörper identifizieren, so dass bei deren Anwendung keine Notwendigkeit für die Durchführung zusätzlicher Enzymtests besteht.

Bei Durchführung konventioneller manueller Techniken kann die Einbeziehung des Enzymtests bei 37 °C zumindest für die Antikörpersuche bei bestimmten Patientengruppen sinnvoll sein (z.B. Schwangere, Polytransfundierte, Transfusionsreaktionen), um eine primäre Immunisierung frühzeitig zu erkennen.

27.4.2.9 Klinische Bedeutung der Rh-Antikörper

Die transfusionsmedizinische Bedeutung des Rh-Systems wird im Wesentlichen durch die Immunantikörper und deren hämolytische Aktivität im Rahmen von akuten und verzögerten hämolytischen Transfusionsreaktionen sowie beim Morbus haemolyticus neonatorum bestimmt.

27.4.3 Kell-System

Struktur und Antigene

Die Struktur des Kellsystems wird von zwei Genorten auf unterschiedlichen Chromosomen bestimmt. Von einem Gen (Xk) auf dem X-Chromosom wird ein kleineres Glykoprotein (37 kD) determiniert, das im Prinzip die Grundsubstanz darstellt und als Kx bezeichnet wird /35/.

Wird Kx nicht exprimiert (McLeod-Phänotyp, extrem selten), werden die Kellantigene, nur sehr schwach ausgebildet. Deren Expression wird von einem spezifischen Kell-Gen auf Chromosom 7 (19 Exons) gesteuert. Diese und die hochfrequenten para-Kell-Antigene K12, 13, 14, 18, 19 und 22 sind auf einem Glykoprotein aus 732 Aminosäuren (93 kD) lokalisiert. Davon werden 20 Aminosäuren in der Transmembranregion, 46 intrazellulär und die Mehrzahl auf der äußeren Oberfläche gefunden. 24 überwiegend hoch- und niedrig frequente Antigene werden von diesem Gen gesteuert, wovon 4–5 als antithetische Gruppierungen betrachtet werden können (Tab. 27-15 – Die wichtigsten Antigene des Kell-Systems).

Die beiden wichtigsten Antigene K und k unterscheiden sich durch einen Aminosäureaustausch Thr (k) gegen Met (K) in Position 193.

Abhängig von Homo- bzw Heterozygotie finden sich je Spezifität ca. 3.000–6.000 antigene Bindungsstellen pro Erythrozyt. Fehlt das spezifische Gen Kell (K0-Phänotyp, extrem selten), werden keine Kell-Antigene exprimiert, jedoch ist die Grundsubstanz Kx vermehrt nachweisbar. Da die antigene Struktur ganz wesentlich durch den sterischen Aufbau der Epitope bestimmt wird und hierbei Disulfid-Bindungen eine erhebliche Rolle spielen, gelingt es, die Kellantigene durch z.B. Dithiotreitol zu zerstören und für experimentelle Zwecke künstlich K0-Zellen herzustellen. Allerdings werden dadurch auch andere hochfrequente Antigene zerstört, besonders Yta und LW.

Wie bei den Rh-Eigenschaften gibt es auch im Kell-System Positionseffekte (cis-Effekte) zwischen Kpa und k bzw. Jsa (Abschwächung von k bzw. Jsb).

Das Kell-Antigen (K, KELL) ist stark immunogen. Bis zu 10 % der K-negativen Personen bilden nach Transfusion von K-positivem Blut Anti-K. In Deutschland wird empfohlen, K-negativen Mädchen und gebärfähigen Frauen möglichst kein K-positives Blut zu übertragen.

27.4.3.1 Kell Antikörper

Die Antikörper des Kell-Systems sind überwiegend Immunantikörper, gehören fast ausschließlich der Klasse IgG1 an und können häufig Komplement, allerdings nur bis C3b, aktivieren. Sie sind daher meist hämolytisch aktiv und können hämolytische Transfusionsreaktionen (extravasale Hämolyse) sowie einen Morbus haemolyticus neonatorum hervorrufen.

27.4.3.1.1 Anti-K

Gegen Erythrozyten ist, außerhalb des Rh-Systems, Anti-K der häufigste irreguläre Antikörper (Tab. 27-6 – Häufigkeit irregulärer erythrozytärer Antikörper). Selten bestehen diagnostische Probleme. Versorgungsschwierigkeiten treten infolge der niedrigen Antigenfrequenz nicht auf. Anti-K ist nur selten für einen Morbus haemolyticus neonatorum verantwortlich, der oft schwer verläuft und als Besonderheit eine Suppression der Erythropoese aufweist /4/. Selten findet sich Anti-K vorübergehend als natürlicher Kälteantikörper (IgM). Für die Immunisierung werden Infektionen mit verschiedenen Mikroorganismen wie E. coli, M. tuberculosis, Streptococcus spp. oder Campylobacter spp. diskutiert.

Anti-K wird selten auch als Autoantikörper beobachtet. Dabei sind Fehlinterpretationen möglich, wenn gleichzeitig die Antigenexpression deutlich abgeschwächt wird.

27.4.3.1.2 Anti-k, Anti-Kpb, Anti-Jsb

Diese Antikörper treten sehr selten auf, da nur sehr wenige Personen auf Grund der Antigenverteilung in der Bevölkerung immunisiert werden können. Bei Vorhandensein dieser Antikörper entstehen große transfusionsmedizinische Probleme. Zum Einen reagieren sie aufgrund der hohen Antigenfrequenz mit nahezu sämtlichen Testzellen, können weitere Antikörper verdecken, und sind insbesondere in diesen Fällen schwer zu diagnostizieren. Zum Anderen treten infolge der hohen Antigenfrequenz Versorgungsschwierigkeiten für transfusionsbedürftige Patienten auf.

In der Diagnostik hilft am ehesten die Austestung der Antigene von Erythrozyten der Patienten weiter, wenn entsprechende Testseren zur Verfügung stehen. Da die Antikörper prinzipiell hämolytisch aktiv sein können, müssen sie bei der Transfusion berücksichtigt werden.

Die enormen Probleme der Versorgung in diesen Fällen können nur durch überregionale und internationale Kooperation unter Verwendung eingefrorener Konzentrate von Erythrozyten aus Spezialdepots, Durchführung von Verwandtenblutspende und Nutzung der autologen Hämotherapie erfolgreich bewältigt werden.

27.4.3.1.3 Anti-Kpa, Anti-Jsa

Für diese Antikörper gilt hinsichtlich Charakteristik und Pathogenität, was allgemein für Antikörper des Kell-Systems gesagt wurde. Aufgrund der niedrigen Antigenfrequenz bei Weißen sind die Antikörper äußerst selten und bereiten keine größeren transfusionsmedizinischen Probleme.

27.4.3.1.4 Anti-KEL-11, -14, -18, -19, -22

Auch diese Antikörper sind aufgrund der Antigenfrequenz von > 99,9 % extrem selten. Für sie gilt analog, was bereits für Anti-k gesagt wurde. Allerdings besitzen die Antikörper nicht immer hämolytische Aktivität.

Bestimmung

Antikörper des Kell-Systems zeigen in der Regel keine Dosiseffekte. Bei Verwendung von Röhrchentests sind sie am besten im indirekten Antihumanglobulintest mit Albumin-Technik nachweisbar. Von LISS-Techniken wird Anti-K gelegentlich schlecht erfasst. Mit der Säulenagglutinations- und Festphasentechnik besteht dieses Problem nicht mehr. Im Enzymtest reagieren Antikörper des Kell-Systems in der Regel nur, wenn es sich um natürliche Antikörper (IgM) handelt.

Klinische Bedeutung

Erythrozyten des Phänotyps McLeod zeigen eine verkürzte Überlebenszeit und Akanthozytose der Erythrozyten. Auch kommt der Phänotyp gehäuft zusammen mit chronisch granulomatösen Erkrankungen vor, weil die verantwortlichen Gene auf dem x-Chromosom nahe bei einander lokalisiert sind.

27.4.4 Duffy-System

Struktur und Antigene

Zwei kodominante Allele auf Chromosom 1 determinieren die beiden wichtigsten, zu einander antithetischen Antigene Fya und Fyb (Tab. 27-16 – Frequenz der wichtigsten Duffy-Merkmale bei Weißen). Strukturell handelt es sich um transmembrane Glykoproteine aus 338 Aminosäuren, wobei sich Fya und Fyb lediglich durch einen Glycin-Asparaginsäure-Austausch in Position 42 unterscheiden. Es finden sich ca. 17.000 Fya- und Fyb-Antigene pro Erythrozyt. Die Immunogenität von Fya ist deutlich höher als für Fyb und liegt in der Häufigkeit der Rh-Antigene c und E (bei Transfusion ca. 1 %). Die beiden Antigene sind sehr empfindlich gegenüber proteolytischen Enzymen (außer Trypsin) und zeigen daher besonders bei niedrigem pH Lagerungslabilität.

Als drittes Allel existiert Fy, das bei Weißen sehr selten, bei Schwarzen dagegen in 68 % vorkommt und den Phänotyp Fy(a–b–) kodiert.

Ein viertes Allel (Fyx) steuert ein sehr schwaches Fyb, das aber unter praktischen Gesichtspunkten keine Bedeutung hat, da es nur mit sehr hochtitrigen Antikörpern oder molekulargenetischen Untersuchungsmethoden erfasst wird.

27.4.4.1 Antikörper

Antikörper des Duffy-Systems sind vorwiegend Immunantikörper der Klasse IgG (IgG1) und können in etwa der Hälfte der Fälle Komplement aktivieren. Die Duffy-Antikörper der verschiedenen Spezifitäten können schwere akute und verzögerte hämolytische Transfusionreaktionen hervorrufen und sind sehr selten auch Ursache eines Morbus haemolyticus neonatorum.

27.4.4.1.1 Anti-Fya

Ist der häufigste Antikörper in diesem System. Er kommt überwiegend bei dem Phänotyp Fy(a–b+), selten bei Fy(a–b–) vor. Gelegentlich findet sich Anti-Fya als natürlicherAntikörper (IgM, z. T. Dosiseffekte).

27.4.4.1.2 Anti-Fyb

Ist wesentlich seltener als Anti-Fya und geht oft mit anderen Antikörpern einher. Die Antikörperträger weisen den Phänotyp Fy(a+b–) auf.

27.4.4.1.3 Anti-Fy3, Anti-4, Anti-5

Diese Antikörper spielen wegen ihrer Seltenheit praktisch keine Rolle. Sie richten sich gegen Enzym resistente Antigene. Anti-Fy3 und Anti-Fy5 reagieren mit allen Fya- und Fyb-positiven Erythrozyten gleichermaßen und werden von Personen gebildet, die selbst Fy(a–b–) sind. Anti-Fy3 kommt nicht bei Schwarzen vor und zeigt im Gegensatz zu Anti-Fy5 keine Abschwächung gegenüber Rhnull-Zellen. Anti-Fy4 reagiert mit Fy(a–b–), und den meisten Fy(a+b–) und Fy(a–b+).

Bestimmung

Der Nachweis gelingt am besten im indirekten Antihumanglobulintest (Albumin- und LISS-Technik), wobei kaum Dosiseffekte auftreten. Der Enzymtest, insbesondere als zweistufiger Test (Vorbehandlung der Erythrozyten mit Enzymen), ist für den direkten Nachweis von Anti-Fya und -Fyb ungeeignet, kann aber bei der Differenzierung von Antikörpergemischen hilfreich sein. Die meisten Duffy-Antikörper lassen sich relativ schlecht eluieren bzw. im Eluat nachweisen.

Klinische Bedeutung

Die Duffy-Antigene Fya und Fyb stellen Bindungsstellen für Plasmodium knowlesi und Plasmodium vivax dar, so dass bei Fehlen dieser Merkmale [Fy(a–b–)] eine Resistenz gegenüber diesen Erregern besteht.

27.4.5 Kidd-System

Struktur und Antigene

Zwei kodominante Allele (Jka, Jkb) und ein stummes Gen (Jk) auf Chromosom 18 determinieren drei Antigene (Jka, Jkb, Jk3) und 4 Phänotypen (Tab. 27-17 – Kidd-Antigene). Der Phänotyp Jk(a–b–) kommt nur äußerst selten vor. Der Kidd-Polymorphismus ist mit einem Asp280Asn-Amniosäurepolymorphismus im Kidd-Glykoprotein assoziiert.

Ein mit HUT11 bezeichnetes Gen kodiert eine 389 Aminosäuren umfassende Polypeptidkette, die 10 transmembrane Domänen aufweist und den Transporter für Harnstoff der Erythrozyten darstellt. Das Produkt des Gens HUT11, auch als HUT11-Protein bezeichnet, ist identisch mit dem Kidd-Glykoprotein /36/ Die Anzahl der Antigene wird mit ca. 14.000–18.000 pro Erythrozyt angegeben. Die Immunogenität ist geringer als die von Fya. Jk-ähnliche Strukturen gibt es auch auf Bakterien wie Proteus mirabilis und Streptococcus faecium.

27.4.5.1 Antikörper

Anti-Jka, bei Phänotyp Jk(a–b+), kommt wesentlich häufiger als Anti-Jkb, bei Jk(a+b–) vor. Kidd-Antikörper sind überwiegend Immunantikörper (IgG3) mit der Fähigkeit zur Komplementaktivierung. Sie können in vitro fermentierte Erythrozyten hämolysieren. Es besteht zeitweise eine starke Diskrepanz zwischen ihrer geringen Nachweisbarkeit in vitro und der Schwere der hämolytischen Reaktion in vivo. Die Nachweisbarkeit der Antikörper ist aus folgenden Gründen erschwert:

  • Sie zeigen deutliche Dosiseffekte,
  • Kommen häufig zusammen mit anderen Antikörpern (Antikörpergemische) vor.
  • Können oft wegen der geringen Konzentration nur indirekt über die Komplementbindung an der Erythrozytenoberfläche oder mittels Festphasentechnik festgestellt werden.
  • Sind meist nur für wenige Tage bis Wochen nach Auftreten nachweisbar /16/.

Für verzögerte hämolytische Transfusionsreaktionen sind sie in etwa der Hälfte der Fälle als Ursache verantwortlich. Gelegentlich verursachen sie einen Morbus haemolyticus neonatorum. Anti-Jka kann auch mit unterschiedlicher hämolytischer Aktivität als Autoantikörper sowie Medikamenten induziert, z.B. bedingt durch α-Methyl-Dopa, Chlorpropamid, vorkommen. Selten finden sich auch natürliche Kidd-Antikörper (IgM).

Bestimmung

Für den Nachweis der Antikörper wird der indirekte Antihumanglobulintest eingesetzt (LISS-, Enzym-, Säulenagglutinations- und Festphasen-Technik). Am empfindlichsten gelingt der Nachweis mit der Festphasen Technik, die vor allem zur Abklärung von Transfusionszwischenfällen sowie bei nach Transfusion positivem direkten Antihumanglobulintest genutzt wird. Wegen des ausgeprägten Dosiseffekts und der Lagerungslabilität der Antigene sind homozygote, relativ frische Testerythrozyten zu empfehlen.

Klinische Bedeutung

Die Bedeutung des Kidd-Systems leitet sich von den Antikörpern her. Die Transportfunktion für Harnstoff von Erythrozyten wird vom gleichen Protein wahrgenommen, auf dem die Kidd-Eigenschaften lokalisiert sind.

27.4.6 MNS-System

Grundstruktur

Der große Polymorphismus dieses Systems ist auf zwei Sialinsäure reichen, transmembranösen Glykoproteinen (Glykophorine A [GPA] und B [GPB]) der Erythrozytenmembran lokalisiert. Die Anzahl der Glykoproteinmoleküle pro Zelle ist unterschiedlich: Für GPA (131 Aminosäuren, davon nur 23 innerhalb der Membran) etwa 1.000.000 und für GPB (72 Aminosäuren) etwa 250.000 Moleküle.

MN-Antigene

Die beiden kodominanten Antigene M und N sind auf GPA lokalisiert und unterscheiden sich nur durch zwei Aminosäureaustausche an Position 1 (Serin ↔ Leucin) und Position 5 (Glycin ↔ Glutaminsäure). Außerdem sind an Position 2, 3 und 4 Neuraminsäuremoleküle gebunden, die für viele Anti-M- und Anti-N-Antikörper als Bestandteil der Epitope wesentlich und Ursache für die Empfindlichkeit der Antigene gegenüber Sialidasen sind.

GPB weist für die ersten fünf terminalen Aminosäuren die gleiche Sequenz wie GPA bei Expression von N auf. Dieses Antigen auf GPB wird daher als ‘N’ bezeichnet. Dadurch können Anti-N-Antikörper auch mit homozygoten M-Zellen reagieren. Da sich jedoch wesentlich weniger GPB-Moleküle auf den Zellen befinden, ist die Reaktion deutlich schwächer und lässt sich durch entsprechende Einstellung der Testreagenzien bzw. Gestaltung des Testverfahrens vermeiden.

Bei Fehlen von GPA liegt der sehr seltene Phänotyp En(a–) M–N–‘N’+ vor.

Alternativ können En(a-)-Zellen durch gleichzeitige Veränderungen am GPB N-‘N’-, aber schwach M+ sein. Dadurch können bei En(a–) verschiedene Antikörper mit hoher Antigenfrequenz, z.B. Anti-Ena, Anti-Wrb, gefunden werden.

Ss-Antigene

Die beiden kodominanten Antigene S und s werden durch Allele des Gens GYPB determiniert, das zum MN-Gen GYPA eng benachbart liegt. Diese Antigene sind auf GPB lokalisiert und unterscheiden sich nur durch eine Aminosäure an Position 29 (Methionin ↔ Threonin). Auch S zeigt häufig Sensitivität gegenüber Enzymen, nicht dagegen s.

U-Antigen

Als weiteres Antigen wird U vom gleichen Genort wie Ss kodiert. Es ist auf GPB lokalisiert und für die Ausbildung von S und/oder s Voraussetzung. Das Merkmal fehlt lediglich bei Schwarzen (0,2 %), die dann den Phänotyp S–s– zeigen.

Varianten

Das MNS-System weist zahlreiche, meist seltene Varianten auf, deren Antigene zum großen Teil auch auf GPB lokalisiert sind. Wegen ihrer geringen praktischen Bedeutung wird in diesem Zusammenhang nicht näher darauf eingegangen.

Frequenz

Die wichtigsten Antigene und Phänotypen des MNS-Systems sind zu entnehmen der Tab. 27-18 – Antigene und Phänotypen im MNS-System.

Gerbich

Auf den Glykophorinen GPC und GPD ist das Gerbich-System mit seinen hoch- und niedrigfrequenten Antigenen lokalisiert, das auch von einem anderen Gen-Locus gesteuert wird.

27.4.6.1 Antikörper

Die verschiedenen Antikörper des MNS-Systems zeigen bis auf die deutlichen Dosiseffekte und die weitgehende Unfähigkeit, Komplement zu aktivieren, relativ wenig Übereinstimmung in ihrer serologischen Reaktivität.

In der Reihenfolge Anti-N, -M, -S, -s nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass es sich um klinisch relevante, Wärme reaktive Immunantikörper (IgG) handelt. In umgekehrter Reihenfolge, am häufigsten bei Anti-N, handelt es sich um Kälte reaktive, natürliche Antikörper vom IgM-Typ, die weder hämolytische Transfusionsreaktionen noch einen Morbus haemolyticus neonatorum verursachen.

Die sehr seltenen Antikörper gegen hochfrequente Antigene Ena, Wrb, U sind überwiegend Immunantikörper, die hämolytische Transfusionsreaktionen und Morbus haemolyticus neonatorum hervorrufen können. Weiterhin werden sie auch als hämolytisch aktive Autoantikörper beobachtet.

27.4.6.1.1 Anti-M, Anti-N

Anti-M ist der am häufigsten gefundene Antikörper des MNS-Systems. Er tritt überwiegend als natürlicher Kälteantikörper, bei Kindern zeitweise gehäuft im Zusammenhang mit bakteriellen Infekten, auf. 50–80 % der Seren enthalten neben Antikörpern der Klasse IgM auch IgG-Antikörper. Selten kann Anti-M eine hämolytische Transfusionsreaktion oder einen Morbus haemolyticus neonatorum auslösen.

Gelegentlich kann Anti-M als Alloantikörper trotz Nachweisbarkeit von M beim Antikörperträger vorkommen. Der Antikörper ist dann gegen ein beim Antikörperträger nicht vorhandenes Epitop des M-Antigens (MA) gerichtet. Selten treten auch Autoantikörper dieser Spezifität auf. Klinische Relevanz besitzt Anti-M nur bei aktueller Nachweisbarkeit und Reaktivität oberhalb von 30 °C bzw. Positivität im indirekten Antihumanglobulintest.

Anti-N ist wesentlich seltener und fast immer Kälte reaktiv (IgM). Hämolytisch aktives Anti-N findet sich fast ausschließlich beim Phänotyp S–, s–. Selten kann es wie Anti-M als Alloantikörper (Anti-NA) bei N-positiven Personen vorkommen.

27.4.6.1.2 Anti-S, Anti-s, Anti-U

Die wesentlich selteneren Antikörper Anti-S, aber auch Anti-s und Anti-U sind überwiegend Immunantikörper (IgG) und haben wesentlich größere klinische Bedeutung.

27.4.6.1.3 Anti-Gerbich

Anti-Ge sind vorwiegend IgG-Antikörper und können hämolytische Transfusionsreaktionen, nicht aber den Morbus haemolyticus neonatorum hervorrufen. Vereinzelt findet man Anti-Ge als Wärmeautoantikörper.

Bestimmung

Anti-M und Anti-N finden sich am häufigsten im indirekten Antihumanglobulintest mittels Säulenagglutination. Als Kälteantikörper reagieren sie vorwiegend bei Raumtemperatur. Darüber hinaus zeigen sie einen Dosiseffekt. Im Enzymtest, besonders im Zweiphasentest, reagieren die Antikörper nicht oder allenfalls schwach. Der Enzymtest kann daher für die Differenzierung von Antikörpergemischen wertvoll sein.

Anti-S, Anti-s und Anti-U werden am besten im indirekten Antihumanglobulintest erfasst. Da die Antigene nicht durch Enzyme zerstört werden, kann für die Differenzierung in Einzelfällen auch der Enzymtest hilfreich sein. Auch als IgG-Antikörper kann ihre Reaktivität durch Inkubation bei niedrigeren Temperaturen gesteigert werden, was für die Abklärung sinnvoll ist. Dagegen sollten Antikörpersuchtests und Kreuzproben nur die klinisch relevanten, noch wärmereaktiven bzw. Coombs-Antikörper erfassen.

Klinische Bedeutung

Die Glykophorine A und B sind für die Zellstruktur wichtig und stellen Bindungsstellen für die Invasion einzelner Stämme des Plasmodium falciparum dar, Phänotypen mit abnormen GPA oder GPB sind deshalb gegen diese mehr oder minder resistent.

27.4.7 Lutheran-System

Struktur und Antigene

Das Gen Lutheran liegt auf Chromosom 19. Die Struktur der Antigene weist Ähnlichkeiten mit Immunglobulinen auf. Dadurch ist das Lutheran-System ein Mitglied der Immunglobulin-Superfamilie. Das System besteht aus 18 Antigenen (Lu1–9, Lu11–14 und Lu16–20). Die wichtigsten Antigene sind Lua (Lu1) und Lub (Lu2) (Tab. 27-19 – Wichtigste Lutheran-Antigene), die durch zwei kodominante Allele kodiert werden. Auf fetalen Zellen sind die Lutheran-Antigene schwächer ausgebildet.

Die Lutheran (Lu1–3)- und para-Lutheran-Antigene (Lu4–20) sind auf zwei Glykoproteinen mit einem Molekulargewicht von 78 kDa bzw. 85 kDa lokalisiert. Pro Zelle wurden 1.500–4.000 Moleküle bestimmt.

Der extrem seltene Genotyp Lu(a–b–) (Lunull) wird durch ein zweites Gen definiert, das neben der Expression von Antigenen des Lutheran-Systems auch die anderer Systeme, z.B. P1, supprimiert.

27.4.7.1 Antikörper

Lutheran-Antikörper werden selten nachgewiesen.

27.4.7.1.1 Anti-Lua

Der seltene Nachweis von Anti-Lua liegt vor allem an der Tatsache, dass die Antigene auf den Erythrozyten im Rahmen des Antikörpersuchtests und der Kreuzproben kaum angeboten werden. Anti-Lua kommt meist als ein natürlicher Kälteantikörper vor und ist von geringer klinischer Bedeutung. Die Transfusion von Erythrozytenpräparaten, die in der Kreuzprobe negativ reagieren, ist hinsichtlich hämolytischer Transfusionsreaktionen als sicher anzusehen. Siehe Tab. 27-24 – Berücksichtigung irregulärer erythrozytärer Antikörper.

27.4.7.1.2 Anti-Lub

Kommt selten vor, ist meist IgG, unter Umständen mit der Fähigkeit zur Komplementaktivierung und ruft selten hämolytische Transfusionsreaktionen hervor. Wegen der hohen Antigenfrequenz wirft Anti-Lub bei Transfusion große Versorgungsprobleme auf. Bei entsprechender Dringlichkeit sollte die Indikation zur Transfusion von inkompatiblen Erythrozyten nicht zu restriktiv gestellt werden.

Bestimmung

Anti-Lua wird vorwiegend in Agglutinationstests, auch im Einphasenenzymtest nachgewiesen, Anti-Lub ist im indirekten Antihumanglobulintest nachweisbar. Da im Allgemeinen keine Lub-negativen Testzellen zur Verfügung stehen, empfiehlt sich stattdessen die Verwendung von Nabelschnurerythrozyten (Tab. 27-1 – Ausprägung verschiedener Blutgruppenantigene auf Neugeborenen-Erythrozyten).

Klinische Bedeutung

Lutheran Glykoproteine gehören zur Immunglobulin Superfamilie (IgSF), einer Gruppe von Immunglobulin-ähnlichen Adhäsionsmolekülen mit Rezeptorfunktion. Ihnen wird eine Bedeutung bei der Signaltransduktion zu gewiesen /36/. Die Antikörper bereiten vor allem diagnostische Schwierigkeiten und Versorgungsprobleme (Anti-Lub).

27.4.8 Xg

Antigene

Xga ist ein auf dem X-Chromosom kodiertes Protease-sensibles, wenig immunogenes Antigen (Sialoglykoprotein), für das kein antithetisches Antigen gefunden wurde. 67 % der Männer und 89 % der Frauen besitzen das Antigen. Auf Neugeborenenzellen wird es deutlich schwächer exprimiert.

27.4.8.1 Antikörper

Antikörper der Spezifität Anti-Xga sind sehr selten. Meist handelt es sich um Immunantikörper (IgG) mit der Fähigkeit Komplement zu binden, die im indirekten Antihumanglobulintest mit polyspezifischen Antihumanglobulinseren nachweisbar sind. Sie sind klinisch meist nicht relevant, obwohl Autoantikörper dieser Spezifität zu schweren Autoimmunhämolysen geführt haben.

27.4.9 Diego/Wright

Antigene

Die Antigene Dia (< 0,01 %) und Dib (> 99,9 %) sowie Wra (0,08 %) und Wrb (> 99,9 %) werden jeweils durch zwei kodominante Allele auf Chromosom 17 kodiert und sind beide auf dem Bande 3-Protein der Erythrozyten lokalisiert. Die Expression von Wrb scheint zusätzlich das Eythrozytenprotein Glykophorin A zu erfordern, was die Beziehung zum MNS-System und Ena-Antigen erklärt.

Durch die Tatsache, dass Europäer fast auschließlich Dib aufweisen, spielen die Diego-Merkmale dort praktisch keine Rolle. Die Antigene sind auf Proteinen lokalisiert, denen eine Funktion im Rahmen des Chlorid- und Bicarbonat-Transportes der Zellen zugeschrieben wird.

27.4.9.1 Antikörper

Diego-Antikörper sind extrem selten. Sie werden mit dem indirekten Antihumanglobulintest nachgewiesen. Lediglich bei Anti-Dia wurde eine hämolytische Aktivität beobachtet.

Die Wright-Antikörper haben eine wesentlich größere Bedeutung. Antikörper der Spezifität Anti-Wra kommen in 1–3 % der Patientenseren vor, da sie überwiegend ohne Immunisierung durch Erythrozyten durch natürliche Antigene entstehen. Sie werden wegen der geringen Antigenfrequenz von Wra oft nicht nachgewiesen.

Auch für diese natürlich vorkommenden Antikörper wurden vereinzelt schwere hämolytische Transfusionsreaktionen beschrieben. Selten können sie auch einen Morbus haemolyticus neonatorum hervorrufen. Bei unklarem Morbus haemolyticus neonatorum bzw. fehlender Nachweisbarkeit des ursächlichen Antikörpers sollte auch an Anti-Wra gedacht werden und die Erythrozyten des Vaters in die Abklärung einbeziehen.

Seren mit Wärmeautoantikörpern enthalten oft auch Antikörper der Spezifität Anti-Wra oder -Wrb. Generell scheinen Antikörper dieser Spezifität häufiger vorzukommen, wenn bei sehr aktivem Immunsystem ein vermehrter Abbau der autologen Erythrozyten erfolgt.

Bei Personen mit dem seltenen Phänotyp En(a–) kommen Alloantikörper der Spezifität Anti-Wrb regelmäßig vor.

Fast immer lassen sich die Wright-Antikörper ohne Schwierigkeiten mit dem indirekten Antihumanglobulintest nachweisen.

Klinische Bedeutung

Das Wrb-Antigen ist ebenfalls ein Rezeptor für Plasmodium falciparum, denn die Invasion des Erregers kann durch Anti-Wrb gehemmt werden.

27.4.10 Cartwright

Antigene

Die antithetischen, kodominant vererbten Antigene Yta (99,7 %) und Ytb (8,1 %) sind auf der Acetylcholinesterase lokalisiert und werden vom -Gen ACHE kodiert.

27.4.10.1 Anti-Yta

Dieser Antikörper kommt relativ häufig vor, ist Wärme reaktiv, meist ein IgG (häufig IgG4) und im indirekten Antihumanglobulintest, eventuell durch Proteasen verstärkt, nachweisbar. Die Antikörper sind nur teilweise klinisch relevant. Wegen der Versorgungsprobleme zur Bluttransfusionen, empfiehlt sich gegebenenfalls die Bestimmung der Erythrozytenlebenszeit. Trotz der geringen Expression von Yta auf fetalen Zellen (Tab. 27-1 – Ausprägung verschiedener Blutgruppenantigene auf Neugeborenen-Erythrozyten) und Plazentagängigkeit von Anti-Yta muss nicht mit einem Morbus haemolyticus neonatorum gerechnet werden. Für die Abklärung der Antikörper empfiehlt sich, wegen des Mangels an Antigen negativen Testzellen, die Einbeziehung von Nabelschnurerythrozyten in die Diagnostik.

27.4.10.2 Anti-Ytb

Ytb ist ein schwaches Immunogen, das auf fetalen Zellen normal exprimiert wird. Anti-Ytb ist daher selten und meist ohne klinische Bedeutung. Der Nachweis erfolgt mit dem indirekten Antihumanglobulintest.

Die Abklärung der Cartwright-Antikörper, insbesondere von Anti-Ytb, wird durch die Tatsache erschwert, dass sie häufig gemeinsam mit anderen Antikörpern vorkommen.

27.4.11 Dombrock

Antigene

Die Antigene dieses Systems sind auf dem Glykosyl-phosphatidylinositol-Molekül (GPI) lokalisiert, das eine Gruppe von Proteinen in der Lipid-Doppelschicht der Erythrozyten verankert. Bei paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie weist dieses eine Synthesestörung auf. Die wichtigsten Antigene dieses Systems sind die schwach immunogenen, kodominant vererbten antithetischen Eigenschaften Doa (66,7 %) und Dob (82,8 %).

27.4.11.1 Antikörper

Die korrespondierenden Antikörper treten selten, am ehesten in Verbindung mit anderen Antikörpern gegen Erythrozyten, auf. Es handelt sich um Immunantikörper (IgG) ohne die Fähigkeit Komplement zu binden, die sich mit dem indirekten Antihumanglobulintest, verstärkt durch Enzymbehandlung der Erythrozyten, nachweisen lassen. Die Antikörper können hämolytische Transfusionsreaktionen auslösen. Fälle von Morbus haemolyticus neonatorum wurden bisher nicht beschrieben, obwohl die Antigene auf Neugeborenen-Erythrozyten voll ausgebildet sind.

27.4.12 Colton

Antigene

Colton-Antigene sind auf dem Aquaporin-Molekül lokalisiert, das in großer Zahl (120.000–160.000 pro Zelle) auf Erythrozyten vorkommt und beim Wassertransport der Zellen eine Rolle spielt. Die kodominant (Chromosom 7) vererbten Antigene Coa (CO1 99,8 %) und Cob (CO2 8,5 %) können selten auch fehlen (Co(a–b–) oder CO3 < 0,01 %).

27.4.12.1 Antikörper

Antikörper der Spezifität Anti-Cob sind relativ häufig, werden aber wegen der niedrigen Antigenfrequenz nur selten im Rahmen des Antikörpersuchtests erfasst. Als Immunantikörper (IgG, vereinzelt mit der Fähigkeit Komplement zu binden) lassen sie sich gut mit dem indirekten Antihumanglobulintest, verstärkt mit Enzym-vorbehandelten Erythrozyten, nachweisen. Transfusionsmedizinisch spielen die Antikörper keine Rolle. Dennoch sind sie prinzipiell als klinisch relevant anzusehen, da für Anti-Cob einzelne Fälle verzögerter hämolytischer Transfusionsreaktionen bzw. Verkürzung der Erythrozytenlebenszeit beschrieben wurden.

27.4.13 Vel

Antigen

Vel ist ein hochfrequentes (> 99,9 %), individuell sehr unterschiedlich ausgeprägtes, relativ stark immunogenes Antigen, das auf Zellen Neugeborener nur gering exprimiert ist.

27.4.13.1 Antikörper

Antikörper der Spezifiät Anti-Vel (überwiegend IgM mit starker Komplementaktivierung) kommen zwar selten vor, machen aber erhebliche transfusionsmedizinische Probleme. Wegen ihrer hämolytischen Aktivität sollten sie grundsätzlich berücksichtigt werden, was jedoch erhebliche Versorgungsschwierigkeiten induziert. Die Bestimmung der Überlebenszeit Kreuzproben-inkompatibler Erythrozyten kann hilfreich sein, da nicht alle Antikörper einen beschleunigten Erythrozytenabbau bewirken.

Im Enzymtest und indirekten Antihumanglobulintest ist Anti-Vel bei Verwendung polyspezifischer Antihumanglobulinseren (Komplementbindung) im Serum nachweisbar.

Generell sollte an Anti-Vel gedacht werden, wenn ein Serum reproduzierbar mit fast allen Testzellen (in unterschiedlicher Stärke), dagegen kaum mit Nabelschnurerythrozyten, reagiert. Besitzt der Antikörperträger selbst nicht das Antigen Vel, ist das nahezu ein Beweis für den Antikörper. Anti-Vel lässt sich schwer adsorbieren und eluieren.

27.4.14 Bg

Antigene

Insbesondere auf jungen Erythrozyten sind verschiedene HLA-Antigene individuell unterschiedlich stark exprimiert, die auf Erythrozyten als Bg-Antigene bezeichnet werden. Bga korreliert mit HLA-B7, Bgb mit HLA-B17 und Bgc mit HLA-A28 (kreuzreaktiv zu HLA-A2). Mit sehr empfindlichen Testmethoden wie der Gelzentrifugation können auch noch weitere HLA-Antigene auf Erythrozyten nachgewiesen werden. Die Frequenz, mit der sich diese Antigene auf Erythrozyten nachweisen lassen, liegt weit unter der von entsprechenden HLA-Antigenen. Durch Elution mittels Chloroquin werden die HLA-Antigene abgelöst.

27.4.14.1 Antikörper

Nur hochtitrige HLA-Antikörper fallen in der Serologie der Erythrozyten als Bg-Antikörper auf. Selten wurden sie bisher in Zusammenhang mit hämolytischen Transfusionsreaktionen oder Morbus haemolyticus neonatorum gebracht. In der Regel imponieren sie als nicht identifizierbare Antikörper gegen niedrig-frequente Antigene im indirekten Antihumanglobulintest. Adsorption der Seren mit gepoolten Thrombozyten und anschließende vergleichende Testung des Adsorbats gegen das gleichermaßen mit physiologischer Kochsalzlösung verdünnte Serum, erlaubt zumindest den Rückschluss auf HLA-Antikörper. Die Spezifität lässt sich durch den Lymphozytotoxizitäts-Test klären.

27.4.15 Kryptantigene

Vorkommen

Durch verschiedene Enzyme können Oberflächenstrukturen der Erythrozyten entfernt und darunter liegende, normalerweise nicht zugängliche Strukturen freigelegt werden (Kryptantigene). Das wichtigste Kryptantigen ist das T-Antigen. Die Kryptantigen Strukturen sind in der Natur weit verbreitet, so dass der Mensch mit ihnen in vielfältiger Weise konfrontiert wird und klinisch irrelevante natürliche Kälteantikörper der Spezifität Anti-T bildet. Deshalb agglutinieren fast alle Seren von Erwachsenen entsprechend alterierte Erythrozyten mit freiliegenden Kryptantigenen. Diese Agglutinationsreaktion wird daher Polyagglutination genannt.

Bedeutung

Wenn Kryptantigene unter pathologischen Verhältnissen, z.B. durch Bakterienenzyme bei bakteriellen Infekten, in vivo exponiert werden, können vorhandene Antikörper möglicherweise zum beschleunigten Abbau der Erythrozyten beitragen.

Darüber hinaus können Testseren mit Anti-T verunreinigt sein und zu Fehlbestimmungen von Antigenen führen, wenn T-Antigene in vivo oder in vitro, z.B. in bakteriell kontaminierten Blutproben, vor allem Einsendematerial, auf den Erythrozyten freigelegt wurden.

Kryptantigene können sehr selten auch durch Störung der Biosynthese der darüberliegenden Oberflächenstrukturen vorkommen (Tn, HEMPAS, NOR). Die angeborene Eigenschaft HEMPAS (Hereditäre erythroblastäre Multinuklearität mit positivem azidifiziertem Serumtest) geht mit einer dyserythropoetischen Anämie einher.

Kryptantigene können mit Agglutinationstests unter Verwendung von kommerziellen Lektin Kits nachgewiesen und differenziert werden (Tab. 27-3 – Lektine).

27.5 Immunhämolysen

Definition und Pathomechanismus

Unter Immunhämolyse versteht man eine immunologisch verursachte Zerstörung und/oder beschleunigten Abbau von Erythrozyten. Als Ursache liegt in der Regel eine Antigen-Antikörper-Reaktion mit oder ohne Aktivierung des Komplementsystems zu Grunde.

Es werden drei verschiedene Pathomechanismen unterschieden:

  • Die Antigen-Antikörperreaktion führt durch komplette Aktivierung der Komplementkaskade von C1–C9 (selten auch über den alternativen Weg von C3–C9) zur intravasalen Hämolyse. Hierfür sind meist IgM-Antikörper verantwortlich.
  • Die mit IgG-Antikörpern-beladenen Erythrozyten binden sich an Fc-Rezeptoren von Makrophagen des Monozyten-Makrophagen-Systems, vor allem in der Milz, werden anschließend phagozytiert und intrazellulär sequestriert (extravasale Hämolyse).
  • Im Rahmen der Antigen-Antikörperreaktion kommt es an der Erythrozytenoberfläche zur partiellen Aktivierung der Komplementkaskade bis C3. Die C3b-beladenen Erythrozyten binden sich an C3b-Rezeptoren von Makrophagen, besonders an die von Kupffer’schen Sternzellen in der Leber, werden anschließend phagozytiert und intrazellulär sequestriert. Allerdings ist dieser Mechanismus einer extravasalen Hämolyse wenig effektiv, zumal sich die Bindung an die C3b-Rezeptoren bei konkurrierender Inaktivierung von C3b in C3dg wieder löst. Dadurch können nach Stunden mehr als 50 % der Erythrozyten wieder in die Zirkulation zurückkehren und annähernd normale Überlebenszeit zeigen. Allerdings wird die Elimination der Erythrozyten bei gleichzeitiger Bindung der Erythrozyten an Fc-Rezeptoren von Makrophagen wesentlich beschleunigt.
  • Die intravasale Hämolyse verläuft gewöhnlich wesentlich schneller und hinsichtlich der klinischen Symptomatik schwerer. Es tritt freies Hb in Serum und Urin auf, was im Rahmen extravasaler Hämolyse nur bei exzessivem Verlauf vorkommt.

Das klinische Bild einer hämolytischen Anämie liegt vor, wenn die Hämolyse nicht durch vermehrte Blutbildung kompensiert werden kann. Häufig finden sich jedoch nur die immunhämatologischen Befunde wie bei einer Immunhämolyse, ohne dass klinisch eine Hämolyse bzw. Anämie vorliegt (serologische Immunhämolyse). In diesen Fällen zeigen die Antikörper keine entsprechende Pathogenität. Dies kann sich jedoch im Laufe der Zeit ändern, so dass in größeren Zeitintervallen entsprechende Kontrolluntersuchungen angezeigt sind.

Je nach Genese und Reaktivität der Antikörper unterscheidet man verschiedene Formen von Immunhämolysen.

27.5.1 Alloimmunhämolysen

Alloimmunhämolysen werden durch Alloantikörper ausgelöst und führen zum beschleunigten Abbau der Erythrozyten, gegen welche die Antikörper gerichtet sind.

Klinisch treten sie als hämolytische Transfusionsreaktionen oder hämolytische Erkrankung von Feten und Neugeborenen (Morbus haemolyticus fetalis et neonatorum) in Erscheinung.

Hämolytische Transfusionsreaktionen

Erhalten Patienten Erythrozyten haltige Blutkomponenten mit Blutgruppenantigenen, gegen die sie immunisiert sind, kann akut oder verzögert eine hämolytische Transfusionsreaktion (Majorreaktion) ausgelöst werden.

Seltener und mit weitaus milderem Verlauf können akute hämolytische Transfusionsreaktionen auch bei Transfusion Plasma haltiger Blutkomponenten durch Übertragung von Antikörpern gegen Blutgruppenmerkmale des Empfängers (Minorreaktion) entstehen. Die Frequenz hämolytischer Transfusionsreaktionen beträgt bezogen auf transfundierte Einheiten etwa 0,02–0,2 ‰ /37/.

27.5.1.1 Akute hämolytische Transfusionsreaktion

Bei der akuten hämolytischen Transfusionsreaktion liegen bereits zum Zeitpunkt der Transfusion hämolytisch aktive Alloantikörper, selten auch Autoantikörper, in wirksamer Konzentration vor. Fast immer können akute hämolytische Transfusionsreaktionen bei korrekter Transfusionsvorbereitung (Blutgruppenbestimmung, Antikörpersuchtest, Kreuzprobe) vermieden werden. Daher liegen ihnen in der überwiegenden Zahl der Fälle logistische (organisatorische), seltener Labor bedingte Fehler zu Grunde. Wegen der hohen hämolytischen Aktivität der Antikörper sind AB0-Fehltransfusionen besonders gefährlich. Sie machen den Hauptanteil der tödlich verlaufenden akuten hämolytischen Transfusionsreaktionen aus. Man spricht auch vom hämolytischen Trans­fusions­zwischen­fall.

27.5.1.2 Verzögerte hämolytische Transfusionsreaktion

Im Rahmen der Transfusion kommt es bei Exposition von Blutgruppenmerkmalen, gegen die der Empfänger bereits nicht erkennbar immunisiert ist, innerhalb von 3–14 Tagen zu stark vermehrter Bildung von hämolytisch aktiven Alloantikörpern (Booster-Effekt).

Die verzögerte hämolytische Transfusionsreaktion wird insbesondere durch Rh-Antikörper (vor allem Anti-c) und Antikörper des Kidd-Systems (vor allem Anti-Jka) ausgelöst. Sie stellt eine schicksalhafte und nicht vermeidbare, selten auch tödlich verlaufende Komplikation der Bluttransfusion dar. Sie kann in ihrer Häufigkeit vermindert werden, wenn nachgewiesene IgG-Antikörper ordentlich dokumentiert sind (Notfall-, Mutterpass) und diese, auch wenn sie aktuell nicht mehr nachweisbar sind, bei jeder Transfusion zwingend berücksichtigt werden. Frauen sind besonders gefährdet, da sie bereits durch Schwangerschaften immunisiert sein können.

Nach älteren Statistiken verlaufen etwa zwei Drittel aller hämolytischen Transfusionsreaktionen verzögert. Allerdings treten sie seit Anwendung sensitiverer Nachweisverfahren von Antikörpern wie der Säulenagglutinations- und Festphasentechnik, wesentlich seltener auf.

Zwei- bis viermal häufiger sind Tage bis Wochen nach Transfusion die typischen immunhämatologischen Befunde einer verzögerten hämolytischen Transfusionsreaktion nachweisbar, ohne dass entsprechende klinische Symptome oder Hämolyse auftreten /1415/. Diese verzögerte serologische Transfusionsreaktion wird insbesondere bei Anwendung der empfindlicheren Nachweismethoden von Antikörpern festgestellt.

Diagnostik

Bezüglich der Diagnostik zur Abklärung hämolytischer Transfusionsreaktionen siehe Beitrag 27.6.5 – Antikörpertestung.

27.5.2 Morbus haemolyticus neonatorum (MHN)

Pathomechanismus

Der MHN (oder auch Morbus haemolyticus fetalis et neonatorum, MHFN) wird durch hämolytisch aktive Alloantikörper (selten auch Autoantikörper) der Mutter ausgelöst, die während der Schwangerschaft die Plazenta passieren können und gegen Blutgruppenmerkmale des Feten bzw. Neugeborenen gerichtet sind. Es handelt sich dabei meist um IgG1-Antikörper (selten IgG3), die relativ frühzeitig die Plazenta passieren und sich im Blut des Kindes anreichern. Die mit IgG beladenen kindlichen Erythrozyten werden über den unter Beitrag 27.5 – Immunhämolysen beschriebenen Pathomechanismus vom Monozyten-Makrophagen-System beschleunigt eliminiert.

Klinische Symptomatik

Das Vollbild besteht aus Anämie mit Retikulozytose und Erythroblastose, Ikterus und Hydrops fetalis. Der Ikterus entwickelt sich erst nach der Geburt voll, weil dann die Elimination von Bilirubin durch die Mutter entfällt und das Neugeborene in Folge Unreife seiner Leber noch nicht in der Lage ist, das Bilirubin an Glucuronsäure zu konjugieren, um es über die Gallenwege ausscheiden zu können. Mit dem Anstieg von unkonjugiertem Bilirubin wächst das Risiko der cerebralen Schädigung durch Kernikterus, da unkonjugiertes Bilirubin aufgrund seiner Fettlöslichkeit die Blut-Hirn Schranke passieren kann. Der Hydrops stellt eine generalisierte Wassereinlagerung infolge Hypoxie und Hypalbuminämie dar und kann durch Herzversagen akut zum Exitus letalis führen.

27.5.2.1 Blutgruppenserologische Diagnostik in der Schwangerschaft (präpartale Diagnostik)

Untersuchungen, die präpartal durchgeführt werden:

  • Blutgruppenbestimmung und Antikörpersuchtest bei allen Schwangeren zu einem frühest möglichen Zeitpunkt (erstes Trimenon). Hier sind auch sehr sensitive Techniken wie Enzymtests zu empfehlen, um eine Immunisierung möglichst frühzeitig zu erkennen.
  • Wiederholung des Antikörpersuchtests in der 24. bis 27. Schwangerschaftswoche.
  • Bei positivem Antikörpersuchtest Abklärung (Spezifität, Ig-Klasse, Titration) der Antikörper, die einen MHN auslösen können. Regelmäßige Verlaufskontrollen (Antikörperdifferenzierung, Titration) unter Mitführung der ersten bzw. vorangehenden Probe als Titerkontrolle; bis zur 30. SSW alle 4 Wochen, danach bzw. bei Titeranstieg alle 2 Wochen.
  • Bei Nachweisbarkeit von Antikörpern, Bestimmung der entsprechenden Blutgruppenantigene des Kindsvaters. Findet sich ein Anti-D und ist der Vater Rh(D)-positiv, empfiehlt sich die molekulargenetische Untersuchung des RH(D)-Faktors, da die RHD-Zygotie (Hemizygotie oder Homozygotie) nur auf diese Weise bestimmt werden kann /3839/.

Hinweise: Einen Anhalt hinsichtlich der hämolytischen Aktivität der irregulären Antikörper liefert die Bestimmung und Quantifizierung der IgG-Subklassen mittels Gelzentrifugation oder Durchflusszytometrie. Dagegen konnten sich Bioassays, wie die Untersuchung der Antikörper vermittelten Zytotoxizität von mononukleären Zellen (ADCC), trotz guter Korrelation mit der hämolytischen Aktivität in vivo wegen der Standardisierungsprobleme und des großen Aufwandes nicht durchsetzen /40/.

27.5.2.2 Vorliegen irregulärer erythrozytärer Antikörper in der Schwangerschaft

Wenn die Untersuchungen im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge einen Anhalt ergeben, dass irreguläre erythrozytäre Antikörper vorliegen, die einen MHN hervorrufen können, besteht die Notwendigkeit zur sorgfältigen Überwachung der Schwangerschaft in einer Intensiv Schwangerenbetreuung mit pränataler Diagnostik. Bei invasiven Maßnahmen ist besonders darauf zu achten, dass nicht durch Eröffnung von Gefäßen fetale Erythrozyten in den mütterlichen Kreislauf gelangen und zu einer Immunisierung bzw. Boosterung des Antikörpers führen. Daher erfolgen die ersten Untersuchungen nicht invasiv:

  • Über die dopplersonographisch ermittelte Flussgeschwindigkeit in der fetalen A. cerebri media wird eine fetale Anämie diagnostiziert /41/.
  • Bei einer Heterozygotie des Vaters für ein Blutgruppenmerkmal aus dem Rhesussystem, gegen das mütterliche Antikörper gerichtet sind, kann die fetale Blutgruppe aus mütterlichem Blut bestimmt werden /4243/. Hierzu wird zellfreie DNA aus Plasma isoliert und molekulargenetisch werden Allel spezifische Nukleinsäurepolymorphismen nachgewiesen.
  • Blutgruppenmerkmale des Feten aus anderen Blutgruppensystemen können nach Isolation fetaler DNA aus Fruchtwasser bestimmt werden.
  • Eine Untersuchung von Cordocentese-Blut, z.B. hinsichtlich Zellgehalt und Blutgruppenmerkmalen ist ab der 18. SSW möglich. Dieses invasive Verfahren sollte in Betracht gezogen werden, wenn (doppler-) sonographisch der Verdacht auf eine fetale Anämie besteht und eine intrauterine Transfusion geplant ist.

27.5.2.3 Postpartale Diagnostik

Bei Neugeborenen mit unklarer Anämie und nach protrahiertem Geburtsverlauf oder manueller Lösung der Plazenta sollte eine fetomaternale Makrotransfusion ausgeschlossen werden, da dann die übliche Standarddosis von Anti-D im Rahmen der Rh-Prophylaxe nicht ausreicht. Die seltene (< 0,3 %) feto-maternale Makrotransfusion liegt bei Übertritt von mehr als 30 ml fetalem Blut vor, wenn also in der Blutprobe der Mutter > 5 ‰ fetaler Erythrozyten nachweisbar sind.

Folgende Untersuchungen sind für den Nachweis geeignet:

  • Kleihauer-Betke-Test: HbA kann im Gegensatz zu HbF bei einem pH von 3,3 aus Alkohol fixierten Erythrozyten des Erwachsenen herausgelöst werden. Die eingeschwemmten fetalen Zellen können durch ihren HbF-Gehalt nach Färbung mit Eosin gegenüber den Zellen Erwachsener (ghosts) mikroskopisch unterschieden und semiquantitativ bestimmt werden.
  • Quantifizierung von D-positiven fetalen Erythrozyten im Blut der Mutter mittels Durchflusszytometrie. Die D-positiven Erythrozyten werden mit Anti-D (IgG) beladen und mittels fluoreszierender Sekundärantikörper, z.B. Maus-Anti-Human-IgG, markiert.
  • Dagegen ist die postpartale immunhämatologische Überprüfung der Rh-Prophylaxe nicht mehr indiziert, zumal seit Einführung der präpartalen Applikation von Anti-D mit den sensitiven Nachweismethoden häufig ohnehin noch restliches Anti-D nachweisbar ist.

27.5.2.4 Postnatale Diagnostik

Folgende Untersuchungen werden durchgeführt:

  • Bei Kindern von Rh(D) negativen Müttern Bestimmung von AB0-Blutgruppe und Rh-Faktor D sowie Durchführung des direkten Antihumanglobulintests.
  • Bei Kindern von Müttern mit Blutgruppe 0 Bestimmung der Blutgruppe beim Kind sowie Durchführung des direkten Antihumanglobulintests.
  • Bei Kindern von Müttern, bei denen in der Schwangerschaft der Antikörpersuchtest versäumt wurde, direkter Antihumanglobulintest.
  • Bei Kindern von Müttern mit irregulären Antikörpern gegen Erythrozyten, die einen MHN hervorrufen können, Durchführung des direkten Antihumanglobulintests einschließlich Titer, Austestung der korrespondierenden Antigene auf kindlichen Erythrozyten, Antikörpersuchtest und Antikörperdifferenzierung (ggf. Titration).
  • Bei Verdacht auf MHN direkter Antihumanglobulintest, Untersuchung von Blutbild und Differentialblutbild, Retikulozyten und Bilirubin. Die Bilirubinwerte werden zu Reifegrad und Alter der Neugeborenen in Beziehung gesetzt und der optimale Zeitpunkt für Phototherapie und eventuell Austauschtransfusion ermittelt.
  • Bei Neugeborenen mit unklarer Anämie, Hämolyse, Ikterus, Durchführung des direkten Antihumanglobulintests, Antikörpersuchtest mit mütterlichem und kindlichen Serum, bei entsprechender AB0-Konstellation Ausschluss einer AB0-Inkompatibilität (siehe unten).
  • Bei Neugeborenen mit positivem direkten Antihumanglobulintest alle Untersuchungen, die zum Nachweis bzw. zur Identifizierung der Antikörper notwendig sind.

Untersuchungen zur Identifizierung der Antikörper:

  • Antikörpersuchtest mit kindlichem und/oder mütterlichem Serum.
  • Bei negativem Antikörpersuchtest Einbeziehung der Erythrozyten des Kindsvaters in die Diagnostik.
  • Bei positivem Antikörpersuchtest, Differenzierung und eventuell Quantifizierung der Antikörper.
  • Untersuchung des Eluats von Erythrozyten des Neugeborenen im Antikörpersuchtest und Differenzierung der eluierbaren Antikörper, evtl. unter Einbeziehung der Erythrozyten des Vaters des Kindes.
  • Ausschluss einer AB0-Inkompatibilität.

Hinweise: Durch die präpartale Rh-Prophylaxe ist der direkte Antihumanglobulintest bei Rh(D)-positiven Neugeboren insbesondere bei Verwendung sensitiver Techniken wie Gelzentrifugation relativ oft positiv, ohne dass diesem Befund klinische Bedeutung zukommt. In diesen Fällen ist ohne besondere klinische Auffälligkeiten keine weitergehende Diagnostik erforderlich.

Steht differentialdiagnostisch die Frage im Raum, ob bei einer Frau Anti-D als Folge der Rh-Prophylaxe oder durch aktive Immunisierung z.B. durch Versagen der Rh-Prophylaxe nachweisbar ist, helfen Verlaufstitrationen der Antikörper weiter. Eine Rh-Prophylaxe führt praktisch nie zu Titern > 8, wenn im indirekten Antihumanglobulintest mit Röhrchentechnik (> 32 Säulenagglutination) titriert wird. Allerdings können die applizierten Antikörper bis zu einem halben Jahr nachweisbar sein.

27.5.2.4.1 AB0-Inkompatibilität

Vorkommen

Am häufigsten (ca. 1 auf 100 Geburten) ist der MHN bei AB0-Inkompatibilität. Allerdings zeigt dieser meist einen milden Verlauf mit prolongiertem Ikterus über mehrere Wochen. Schwere Formen, die eine Austauschtransfusion erforderlich machen, sind selten (0,02–0,03 % aller Geburten) /44/. Die Ursache liegt in der relativ niedrigen Zahl der AB0-Antigene auf den fetalen bzw. neonatalen Erythrozyten und deren geringen Verzweigung sowie der bevorzugten Bindung der Antikörper an endotheliale und lösliche AB0-Antigene. Daher ist die AB0-Inkompatibilität in der Regel nur bei reif geborenen oder übertragenen Kindern zu erwarten. Die entsprechenden IgG-Antikörper werden nicht erst durch Schwangerschaft oder Transfusion gebildet, sondern eine AB0-Inkompatibilität ist auch schon bei der ersten Schwangerschaft möglich. Am häufigsten tritt eine AB0-Inkompatibilität bei der Konstellation Mutter 0, Kind A (seltener B) auf. Differentialdiagnostisch ist bei ausgeprägter Anämie des Neugeborenen mit gesteigerter Erythropoese oder Hydrops fetalis, an eine größere feto-maternale Transfusion zu denken.

Diagnostik

Für eine präpartale und pränatale Diagnostik des MHN besteht außer bei auffälliger Anamnese keine Notwendigkeit. Entscheidend für die Diagnose ist das klinische Bild in Verbindung mit entsprechenden immunhämatologischen Befunden. Diese bestehen aus:

  • Dem Nachweis von Kugelzellen.
  • Dem Nachweis der entsprechenden Konstellation der Blutgruppen zwischen Mutter und Kind, evtl. auch des Vaters (A1, A1B oder B).
  • Dem positiven direkten Antihumanglobulintest vom IgG-Typ (Gelzentrifugation).
  • Einem hohem Anti-A (IgG)-Titer (> 32 im NeutrAB-Test).
  • Der Nachweisbarkeit des ursächlichen AB0-Antikörpers, eventuell auch von Anti-AB, mit den Rh(D)-negativen Testzellen der korrespondierenden AB0-Blutgruppe (indirekter Antihumanglobulintest) sowohl im Serum als auch im Eluat (Säureeluat).

Die immunhämatologischen Befunde korrelieren nur wenig mit dem klinischen Bild. Seit Einführung sensitiverer Techniken wie Gelzentrifugation oder Festphasentechnik findet sich immunhämatologisch häufig das Bild einer AB0-Inkompatibilität, ohne dass klinisch ein Anhalt für einen MHN besteht. Umgekehrt kann jedoch bei fehlender Nachweisbarkeit dieser Antikörper in Serum und Eluat eine AB0-Inkompatibilität sicher ausgeschlossen werden. Der Nachweis von Hämolysinen ist ohne Bedeutung.

Eine größere fetomaternale Transfusion ist beim Nachweis von Mischfeldagglutinationen bei der Bestimmung der mütterlichen Blutgruppe zu vermuten.

Transfusionen

Für eine eventuell notwendig werdende Transfusion werden Erythrozytenkonzentrate (EK) der Blutgruppe 0 mit dem Rh-Faktor des Kindes verwendet, bei Anti-D-Nachweis im mütterlichen Serum (auch von der Rh-Prophylaxe) Rh(D)-negative EK. Für die Kreuzproben sollte Serum/Plasma der Mutter (bis zu 4 Wochen postpartal) eingesetzt werden.

27.5.2.4.2 Rh-Inkompatibilität

Vorkommen

Durch die prä- und postpartale Rh-Prophylaxe ist der durch Anti-D hervorgerufene MHN nur noch sehr selten (< 0,11 %). Dennoch ist der schwere, Behandlungs bedürftige MHN immer noch häufiger durch Anti-D als durch andere Inkompatibilitäten bedingt. Die Immunisierung ist meist Folge vorangegangener Schwangerschaften, bei denen keine (v. a. Migranten) oder keine effektive Rh-Prophylaxe durchgeführt wurde. Die Rh-Inkompatibilität betrifft meist noch nicht das erste Kind. Von den übrigen Rh-Antikörpern sind besonders Anti-c, seltener auch Anti-E und Anti-C, in der Lage, einen MHN hervorzurufen, der jedoch überwiegend milder verläuft.

27.5.2.4.3 Diagnostik

Erforderliche Untersuchungen sind:

  • Die Bestimmung der Rh-Formel des Kindsvaters bei Frauen mit Rh-Antikörpern. Sie erlaubt aber nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Voraussage, ob das Kind die korrespondierenden Antigene vererbt bekommt.
  • Bei Vorliegen von Anti-D und Rh(D)-Positivität des Kindsvaters wird eine molekulargenetische Untersuchung der Blutgruppe des Feten aus dem Serum der Mutter durchgeführt. Von einzelnen Autoren wird sogar die Genotypisierung bei allen Rh-negativen Müttern angestrebt.
  • Bei Vorliegen anderer für einen MHN verantwortlichen Antikörper und Heterozygotie des Kindsvaters hinsichtlich des entsprechenden Blutgruppenmerkmals ist ebenfalls eine molekulargenetische Untersuchung empfehlenswert.
  • Die Konzentration der Rh-Antikörper muss regelmäßig kontrolliert werden. Sie korreliert allerdings nur bedingt mit der hämolytischen Aktivität (Subklassen). In der Regel gehen jedoch Antikörper-Titer von unter 16 im Röhrchentest (entspricht ungefähr unter 64 im Säulenagglutinationstest) nur mit einer milden Hämolyse einher, die in der Regel keine vorzeitige Entbindung erforderlich macht.

Wegen der methodischen Variabilität der Titration, bedingt vor allem durch Unterschiede in Alter und Antigenität der Testzellen oder Verschleppung von Serum, empfiehlt sich folgendes Vorgehen:

  • Parallele Titration mit den eingefroren aufbewahrten (< –25 °C), früheren Seren der Patientin.
  • Parallele Titration von verdünntem Anti-D (hergestellt aus Anti-D für die Rh-Prophylaxe) mit definierter Antikörperkonzentration zur Berechnung der Anti-D-Konzentration der Patientenprobe. Konzentrationen von Anti-D > 10 μg/ml gelten als kritisch. Dies entspricht im indirekten Antihumanglobulintest in Röhrchentechnik einem Titer von ≥ 32.
  • Verwendung möglichst immer derselben Methodik mit Testzellen vergleichbarer Antigenität (möglichst cDE/cDE). Im Hinblick auf die Vergleichbarkeit und Einschätzung der klinischen Bedeutung der Befunde sollten die Kontrollen möglichst in ein und demselben Labor unter Verwendung von allgemein verbreiteten, nicht zu empfindlichen Standardmethoden durchgeführt werden, z.B. indirekter Antihumanglobulintest im Röhrchen mittels Albumintechnik. Bei hohen Titern (> 1.000) empfiehlt sich wegen der Verschleppung der Wechsel der Pipettenspitzen bei jeder Titerstufe. Bei Anwendung der empfindlichen Säulenzentrifugationstechnik sind die dabei um ca. 2 Titerstufen höheren Ergebnisse entsprechend zu bewerten.
  • Titeranstiege um ≥ 2 Titerstufen und/oder Zunahme der addierten Agglutinationsstärken der Titrationsreihe (Score) um ≥ 10 gelten als signifikant.

Hinweise: Durch Beladung der Erythrozyten mit Anti-D (IgG), kann die Bindung von weiterem Anti-D im Rahmen der Rh-Bestimmung beim Neugeborenen blockiert sein und fälschlicherweise Rh-negativ oder weak D bestimmt werden.

Transfusion

Für die Kreuzprobe sollte Serum/Plasma der Mutter anstelle der kindlichen Blutprobe herangezogen werden. Die Auswahl des Transfusionsblutes erfolgt dann unter Berücksichtigung der jeweiligen AB0-Konstellation zwischen Mutter und Kind. Ein genereller Verzicht auf die Kreuzproben wird nicht empfohlen. Die Transfusion des selben Spenderblutes in kleineren Portionen (Babykonserven) erfordert bis zu 4 Wochen keine Wiederholung der Kreuzproben.

Inkompatibilitäten außerhalb des AB0- und Rh-Systems

Selten kann ein MHN auch durch Antikörper außerhalb des AB0- und Rh-Systems auftreten. Vereinzelt sind dabei auch schwere Verläufe zu beobachten. Die Mütter wurden dann überwiegend im Rahmen von vorausgegangenen Transfusionen immunisiert. Eine Rolle spielen besonders Anti-K, weniger Anti-Jka, -Fya, -S, sehr selten Anti-k, -s, -Fyb. Prinzipiell können aber fast alle IgG-Antikörper gegen fetale Blutgruppenantigene zu einem MHN führen.

Insbesondere ist auch an die Möglichkeit von Antikörpern gegen seltene, sogenannte private Antigene zu denken, wenn eine unklare Hämolyse beim Neugeborenen vorliegt und bei negativem Antikörpersuchtest der direkte Antihumanglobulintest positiv ist. In solchen Fällen ist der Antikörpernachweis unter Einbeziehung der väterlichen Erythrozyten durchzuführen. Gegebenenfalls sind vorher die AB0-Antikörper im Serum der Mutter bzw. des Kindes mittels AB-Substanz zu neutralisieren oder durch entsprechende Testzellen zu adsorbieren. Stattdessen kann auch das Eluat von Erythrozyten des Kindes eingesetzt werden.

27.5.3 Autoimmunhämolysen

Definition und Einteilung

Autoimmunhämolysen sind Hämolysen, die überwiegend durch Autoantikörper mit oder ohne Komplementaktivierung ausgelöst werden. Es werden drei Formen unterschieden. Diese leiten sich vom Verhalten der pathophysiologisch verantwortlichen Autoantikörper in vivo ab, das sich auch in den Labormethoden dokumentiert und vor allem durch die unterschiedliche Temperaturreaktivität charakterisiert ist. Dementsprechend unterscheidet man Autoimmunhämolysen durch:

  • Wärmeautoantikörper.
  • Monothermische Kälteautoantikörper.
  • Bithermische Kältehämolysine.

Tritt die Autoimmunhämolyse als Begleiterkrankung einer anderen Grundkrankheit auf, wird sie als symptomatisch oder sekundär bezeichnet.

Findet sich trotz eingehender Diagnostik keine Krankheit, welche die Entgleisung des Immunsystems erklärt, spricht man von einer idiopathischen Form.

Verschwinden alle Symptome einschließlich der immunhämatologischen Veränderungen innerhalb von 6 Monaten, gilt die Autoimmunhämolyse als akut reversibel, im anderen Falle als chronisch irreversibel.

Gibt es deutliche Zeichen von Hämolyse und Anämie handelt es sich um eine autoimmunhämolytische Anämie.

27.5.3.1 Wärmeautoantikörper

Inkomplette Wärmeautoantikörper, vorwiegend der Klasse IgG, mit und ohne Fähigkeit zu partieller Aktivierung von Komplement, führen zur beschleunigten extravasalen Hämolyse über bestimmte Pathomechanismen. Siehe Beitrag 27.5 – Immunhämolysen.

Vorkommen

Etwa 70–80 % aller Autoimmunhämolysen sind durch Wärmeautoantikörper bedingt. Mehr als die Hälfte davon erweisen sich als symptomatisch, wenn bei den entsprechenden Grundkrankheiten bei Auftreten von Hämolyse eine gezielte Diagnostik durchgeführt wird. Akut reversible Formen treten bei Infektionen, z.B. mit CMV, EBV, Yersinien auf, chronisch irreversible in erster Linie bei Hämoblastosen, insbesondere CLL und M. Hodgkin sowie Autoimmunkrankheiten, z.B. Lupus erythematodes disseminatus. Die immunhämatologische Diagnostik erlaubt keine Unterscheidung der verschiedenen klinischen Formen.

Klinische Symptomatik

Die klinische Symptomatik variiert von leichter Erkrankung mit Anämie und diskreten Hämolysezeichen, über einen ausgeprägten hämolytischen Ikterus mit kompensierter Anämie bis zur schweren dekompensierten hämolytischen Anämie mit kardiogenem Schock. Je nach Dauer der Erkrankung und Abbauort der Erythrozyten finden sich Splenomegalie und/oder Hepatomegalie.

Unter Umständen imponieren primär Komplikationen der Autoimmunhämolyse wie Gallensteine und Thrombosen oder Nebenwirkungen wie anhaltender Schwächezustand oder Oberbauchbeschwerden. Oft stellt die Autoimmunhämolyse eine Zufallsdiagnose bei der Abklärung von Nebenbefunden wie z.B. einer hohen Blutsenkung dar.

Eine prognostisch ungünstige Sonderform der autoimmunen Hämolyse ist das Evans Syndrom mit gleichzeitiger Autoimmunthrombozytopenie.

27.5.3.1.1 Immunhämatologische Befunde

Der direkte Antihumanglobulintest mit Röhrchentechnik gilt als Goldstandard /45/. Er besitzt die größte Spezifität, d. h. ein positiver Test korreliert am ehesten mit einer klinisch manifesten autoimmunen hämolytischen Anämie. Allerdings reagieren nur etwa 98–99 % der autoimmunen Hämolysen in diesem Test positiv /1146/. Die Negativität des direkten Antihumanglobulintests im Röhrchen bei den Coombs-negativen autoimmunhämolytischen Anämien kann durch die Beladung mit wenigen oder zu wenig aviden (leicht ablösbaren) IgG-Autoantikörpern oder Autoantikörpern der Immunglobulinklassen IgA und/oder IgM bedingt sein. Bei Durchführung des direkten Antihumanglobulintests in den empfindlicheren Verfahren der Säulenagglutination und Festphasentechnik sind Coombs negative Autoimmunhämolysen nur noch relativ selten. Daher sollte der direkte Antihumanglobulintest in diesen Fällen bei unklarer hämolytischer Anämie bzw. Verdacht auf autoimmunhämolytischer Anämie immer in mehreren Techniken und mit verschiedenen Antihumanglobulin Reagenzien unterschiedlicher Spezifität (Anti-IgG, -IgA, -IgM, -C3d) durchgeführt werden /45/.

Mehr als drei Viertel der Fälle zeigt eine Beladung mit IgG (ca. ein Drittel allein mit IgG). Etwa genauso oft wird C3d auf den Erythrozyten der Patienten gefunden (selten ohne gleichzeitige Nachweisbarkeit von IgG). Zu über 90 % handelt es sich um Antikörper der Subklasse IgG1, in weniger als 5 % der Subklasse IgG3, mit der fast immer eine klinisch manifeste Hämolyse einher geht.

Durch Elution gelingt es oft auch in Fällen mit alleinigem Nachweis von Komplement IgG-Antikörper nachzuweisen. Komplementaktivierung tritt eher bei Autoantikörpern mit komplexerer bzw. nicht gegen das Rh-System gerichteter Spezifität sowie Mischformen von Wärme- und Kälteautoimmunhämolyse auf. Im Übrigen finden sich bei einer Reihe von Fällen mit alleinigem Komplementnachweis inkomplette Wärmehämolysine, wobei es sich dabei um Antikörper der Klasse IgM handelt.

Vereinzelt weisen die Autoantikörper die Klasse IgA ohne Komplementbeladung auf. Gemeinsam mit IgG und/oder Komplement finden sich in bis zu 20 % IgA- und in etwa 8 % IgM-Antikörper /46/.

Primär kann aus dem Beladungstyp und der Beladungsstärke nicht auf die Schwere der Hämolyse rückgeschlossen werden. Allerdings zeigen Formen mit gleichzeitiger IgG- und Komplementbeladung häufiger eine deutliche, die mit alleiniger Komplementbeladung eine mildere Hämolyse. Im übrigen wechselt dieses Bild während des Verlaufs. Dann korrelieren die Veränderungen von Beladungstyp und Beladungsstärke mit dem klinischen Verlauf.

Bei Untersuchung der Patientenseren im indirekten Antihumanglobulintest mittels Röhrchentechnik weisen nur etwa ein Drittel der Fälle keine überschüssigen freien Autoantikörper im Serum auf. Die Autoantikörper sind im Enzymtest sehr empfindlich nachweisbar (ca. 60 %). Der Nachweis von Antikörpern mit dem Coombs-Test im Serum korreliert häufiger mit einer manifesten Hämolyse und hat daher klinische Bedeutung. Diese Aussage gilt nicht mehr in gleichem Maße für die sensitiveren Testverfahren z.B. Geltest, Festphasentechnik. Insbesondere in der Festphasentechnik werden sehr häufig Autoantikörper nachgewiesen, die klinisch keinerlei Relevanz haben.

Spezifität der Autoantikörper

Die Wärmeautoantikörper zeigen in etwa 75 % der Fälle keine besondere Spezifität. Daher reagieren sie nicht nur mit den Patientenerythrozyten, sondern mit allen normalen Spendererythrozyten (Anti-nl = Anti-normal). Durch Untersuchung mit sehr seltenen Testzellen, z.B. Rhnull-Zellen, RhD-Zellen , En(a–)Zellen, Wr(b–)-Zellen lassen sich zumindest teilweise Spezifitäten nachweisen. Dabei zeigt sich, dass die Antikörper in etwa der Hälfte der Fälle gegen den Rh-Komplex (keine Reaktion mit D-Zellen und/oder Rhnull-Zellen) und in etwa ein Drittel gegen die hochfrequenten Antigene Ena und/oder Wrb gerichtet sind. Diese Differenzierung ist jedoch für die klinische Praxis bedeutungslos.

Mehr Bedeutung hat, dass Wärmeautoantikörper in etwa 30 % der Fälle zusätzlich scheinbar besondere Rh-Spezifität, insbesondere Anti-e, zeigen. Im Allgemeinen handelt es sich jedoch nicht um Mischantikörper Anti-nl und z.B. Anti-e, sondern lediglich um eine verstärkte Reaktivität der unspezifischen Rh-Autoantikörper mit e-Zellen. Das vermeintliche Anti-e lässt sich auch mit EE-Zellen adsorbieren. Die Spezifität von Serum- und eluierbaren Antikörpern stimmt sogar oft nicht überein.

Selten (< 5 %) werden auch spezifische Rh-Autoantikörper gefunden. Vereinzelt sind sie ohne Adsorptionsversuche nicht von Alloantikörpern zu unterscheiden, wenn der Patient die korrespondierenden Antigene selbst nicht besitzt oder diese im Rahmen der Erkrankung supprimiert sind.

Auch können die Wärmeautoantikörper eine ganze Reihe anderer Spezifitäten aufweisen, z.B. Anti-Ge, -Jka, -K1, -K4, -K5, -K13, -Xga, -LW, -U.

Insbesondere bei Verwendung sensitiver Testmethoden können relativ oft erythrozytäre Wärmeautoantikörper bzw. IgG-Moleküle an Erythrozyten von Patienten, aber auch von gesunden Blutspendern gefunden werden, ohne dass Hinweise auf eine Hämolyse bestehen (Serologische Immunhämolyse; Differentialdiagnose siehe Beitrag 27.5.2 – Hämolytische Erkrankung des Neugeborenen. Die Diagnose einer klinisch relevanten Autoimmunhämolyse kann daher nicht allein auf der Basis der immunhämatologischen Befunde gestellt werden. Dennoch werden die meisten Autoimmunhämolysen nicht durch gezielte klinische Fragestellung, sondern durch auffällige Befunde im Rahmen von immunhämatologischen Untersuchungen zur Vorbereitung von Bluttransfusionen diagnostiziert.

Auffällige immunhämatologische Befunde bei Vorliegen von Wärmeautoantikörpern:

  • Selten ist die AB0-Bestimmung auffällig. Bei starker Antikörperbeladung der Patientenerythrozyten und Verwendung von ungewaschenen Patientenerythrozyten (Serum als Supplement) kann die Austestung mit den AB0-Reagenzien falsch-positiv ausfallen. Anhand des Reaktionsmusters der Serumgegenprobe und der positiven Eigenkontrolle bzw. des positiven Antihumanglobulintests, wird dieses Problem jedoch erkannt.
  • Die Rh-Bestimmung wird besonders bei Durchführung im Supplementtest falsch positiv, was jedoch bei der Rh-Kontrolle (Eigenkontrolle) bzw. des positiven Antihumanglobulintests bemerkt wird. Das gleiche gilt auch für jede andere Bestimmung von Blutgruppenantigenen, insbesondere, wenn sie im indirekten Antihumanglobulintest erfolgt. Treten diese Probleme bei Bestimmung von AB0/Rh etc. auf, kann zunächst der Versuch unternommen werden, den Einfluss von Kälteagglutininen auszuschließen.

Der Antikörpersuchtest wird im Eigenansatz des indirekten Antihumanglobulintests und bei Vorhandensein von freien Autoantikörpern im Serum auch in den Ansätzen mit den Testzellen positiv. Gleiches gilt für die Kreuzproben.

Die beschriebenen Probleme bei der Bestimmung von Blutgruppenantigenen können durch Untersuchung im Kochsalzmilieu bzw. Einsatz monoklonaler Testreagenzien sowie im Falle alleiniger Komplementbeladung der Patientenerythrozyten durch Verwendung von Anti-IgG statt polyspezifischen Antihumanglobulinserums zumindest teilweise beseitigt werden. Die Freilegung der intakten Antigene durch Elution der Antikörper funktioniert nur bedingt, ist zeitaufwendig und nur Speziallabors vorbehalten. Siehe Beitrag 27.5 – Immunhämolyse.

27.5.3.1.2 Diagnostik

Bei Verdacht auf eine Autoimmunhämolyse und zur Abklärung der oben beschriebenen Befunde empfiehlt sich folgendes Vorgehen:

  • Antikörpersuchtest mit Patientenserum in Enzym- und indirektem Antihumanglobulintest einschließlich Eigenkontrollen.
  • Direkter Antihumanglobulintest mit mindestens zwei polyspezifischen Antihumanglobulin Reagenzien, die gegen IgG und C3d gerichtet sind (Säulenagglutinations- und/oder Festphasentechnik), bei entsprechendem Verdacht und Negativität dieser Tests zusätzlich mit monospezifischem Anti-IgA und -IgM.

Ist der direkte Antihumanglobulintests in den empfindlichen Testmethoden der Säulenagglutination und Festphasentechnik zufällig positiv und bestehen keine klinischen Anhaltspunkte für eine Hämolyse bzw. unklare Anämie zur Durchführung des Röhrchentests, wird folgendes Vorgehen empfohlen:

  • Kälteagglutinintest im Kochsalzmilieu mit adulten und Neugeborenen Erythrozyten zur Abgrenzung gegenüber Autoimmunhämolysen vom Kälteagglutinin-Typ und zur Erkennung gemischter Autoimmunhämolysen.
  • Antikörpersuchtest (Säulenagglutinations- oder Festphasen-Technik) mit Säureeluat von den Erythrozyten des Patienten.
  • Eventuell Hämolysetests mit fermentierten Testerythrozyten bei 37 °C, 22 °C und bithermisch.

Erhärtet sich der Verdacht auf das Vorliegen von Wärmeautoantikörpern, sollten sich folgende Untersuchungen angeschlossen werden:

  • Differenzierung der Serumantikörper und Ausschluss von Alloantikörpern, eventuell Titration mit einer oder mehreren Testzellen oder Differenzierung von verdünntem Serum zur Erkennung von Mischantikörpern und zur Verlaufskontrolle.
  • Eventuell differentielle Adsorption durch Adsorption an Testzellen verschiedener Antigenmuster und anschließende Elution der Serumantikörper zur Differenzierung von Allo- und Autoantikörpern; bei alleiniger Komplement- und oder schwacher IgG-Beladung sind Autoadsorbate vorzuziehen. Bei deutlicher Immunglobulinbeladung der Patientenerythrozyten funktioniert die Autoadsorption nur nach vorheriger Elution der Autoantikörper.
  • Bei gleichzeitigem Vorliegen von Kälteagglutininen Abklärung dieser, wie unten angegeben.
  • Differenzierung der auf Erythrozyten nachgewiesenen Globuline durch Verwendung von monospezifischen Antihumanglobulin Reagenzien im direkten Antihumanglobulintest (Anti-IgG, -IgA, -IgM, -C3d), bei alleiniger Komplementbeladung Kontrolle mit EDTA- oder Citratblut statt Nativblut, eventuell Titration im Röhrchentest zur Verlaufskontrolle, ein ausgeprägtes Prozonenphänomen spricht für benigne Wärmeautoantikörper.
  • Differenzierung der eluierten Autoantikörper zur besseren Abgrenzung von Alloantikörpern, eventuell Titration.
  • Wärmehämolysetest, zumindest bei alleiniger Komplementbeladung, eventuell Titration.

Die Bestimmung der IgG-Subklassen der Antikörper und eventuell eine Quantifizierung der Erythrozytenbeladung (z.B. mittels Säulenagglutinationstest oder Durchflusszytometrie) ist wünschenswert. Auf diese Weise sind bessere Aussagen über die klinische Bedeutung der immunhämatologischen Befunde vor allem im Rahmen von Verlaufsbeobachtungen möglich /47/.

Transfusionen

Wenn überschüssige Autoantikörper im indirekten Antihumanglobulintest auch in weniger sensitiven, aber deshalb klinisch relevanteren Testmethoden (Albumintest im Röhrchen) nachweisbar sind, müssen sich Transfusionen auf akut lebensnotwendige Indikationen beschränken, da hinsichtlich der Autoantikörper im Allgemeinen keine kompatible Transfusion möglich ist, Alloantikörper unter Routinebedingungen schwer abzugrenzen sind und jede Transfusion in geringem Maße auch mit dem Risiko der Aktivierung der Autoimmunhämolyse verbunden ist. Alloantikörper müssen berücksichtigt werden. Dies gilt ebenfalls, wenn möglich, für spezifische Autoantikörper gegen niedrig frequente Antigene, z.B. Anti-E, -K. Die Berücksichtigung der häufigen Autoantikörper mit scheinbarer Rh-Spezifität, z.B. Anti-e, macht keinen Sinn. Im Übrigen sollte die Indikation zur Transfusion wegen der Möglichkeit der Aktivierung des Autoimmungeschehens auch bei Fehlen von überschüssigen Autoantikörpern im Serum restriktiv gestellt werden.

Hinweis: Mit den sensitiven Testverfahren, vor Allem der Festphasentechnik, werden relativ häufig klinisch irrelevante freie Wärmeautoantikörper im Serum bei Patienten ohne hämolytische Anämie nachgewiesen. In diesen Fällen sollten die Kreuzproben mit verdünnem Patientenserum/-plasma (1 Vol Serum/Plasma + 1–2 Vol. NaCl) oder mittels Röhrchentechnik im indirekten Antihumanglobulintest durchgeführt werden. Trotz der geringeren Sensitivität sind bei Negativität dieser Kreuzproben keine relevanten akuten Nebenreaktionen zu erwarten.

27.5.3.2 Kälteagglutinine und monothermische Kältehämolysine

Pathogenese

Kälteagglutinine gehören der Klasse IgM an und werden in geringer Konzentration fast von allen Menschen im Laufe der ersten Lebensjahre gebildet. Klinische Bedeutung haben diese aber nur, wenn sie noch oberhalb von 30 °C Erythrozyten agglutinieren und insbesondere dadurch in der Lage sind, unter normalen Lebensbedingungen in relevantem Ausmaß Komplement zu aktivieren und Erythrozyten zu hämolysieren (Kältehämolysine).

Unter pathologischen Umständen finden sich diese Kälteagglutinine in erhöhter Konzentration bzw. mit verbreiterter Temperaturamplitude. Dann agglutinieren sie bei Kälteexposition die Erythrozyten des Patienten, so dass in den kleinen Gefäßen Kälte exponierter Körperteile (Akren) eine Verlangsamung des Blutstromes eintritt, der zur Zyanose (Akrozyanose) infolge vermehrter Sauerstoffausschöpfung führt. Die gleichzeitig ablaufende Aktivierung der vollständigen Komplementkaskade an der Erythrozytenoberfläche geht mit einer akuten intravasalen Hämolyse gemäß dem unter Beitrag 27.5 beschriebenen Pathomechanismus 1 einher.

Werden die mit C3b beladenen Erythrozyten nicht vor Inaktivierung der Komplementfaktoren (C3dg) in der Leber phagozytiert, rezirkulieren sie und zeigen anschließend eine annähernd normale Überlebenszeit. Darüber hinaus hemmen die gebundenen inaktiven Komplementfaktoren eine erneute Komplementaktivierung und schützen dadurch die Erythrozyten vor einem erneuten Angriff durch die Kälteantikörper.

Vorkommen

Etwa 10–20 % der Autoimmunhämolysen gehören zum Kälteagglutinin Syndrom, davon ist ca. die Hälfte idiopathisch (Kälteagglutinin Krankheit). Die symptomatischen Formen treten mit akut reversiblem Verlauf bei Infektionen, z.B. durch Mycoplasma spp., Epstein-Barr Virus und mit chronisch irreversiblem Verlauf bei lymphoproliferativen Erkrankungen, z.B. malignem Lymphom, M. Waldenström und verschiedenen Malignomen, z.B. Magenkarzinom, auf.

Klinische Symptomatik

Meist besteht nur eine milde Anämie mit verhältnismäßig deutlichen Hämolysezeichen. In Abhängigkeit von der Kälteexposition schwankt die Symptomatik jahreszeitlich. Die Patienten suchen den Arzt wegen Durchblutungstörungen (Akrozyanose) oder der postexpositionellen Hämoglobinurie auf. Eine häufige Einweisungsdiagnose ist auch Tumoranämie und hohe Blutsenkung.

Immunhämatologische Befunde

Das immunhämatologische Bild ist geprägt durch:

  • Den pathologischen Kälteagglutinintiter bei 0 °C (> 64).
  • Komplementbeladung der Patientenerythrozyten (positiver direkter Antihumanglobulintest mit polyspezifischem Antihumanglobulinreagenz sowie Anti-C3d).
  • Die Nachweisbarkeit von Kältehämolysinen, zumindest mit fermentierten Erythrozyten. Selten finden sich bei 0 °C nur grenzwertige Kälteagglutinintiter, aber bei ≥ 30 °C noch deutliche Agglutinationen, insbesondere im Albumintest. Die Spezifität der Kälteagglutinine ist fast immer Anti-I, selten Anti-i (häufig bei infektiöser Mononukleose), sehr selten Anti-Pr oder Anti-Gd. Die Bestimmung der Spezifität hat klinisch keine wesentliche Bedeutung. Anti-Pr sind zeitweise IgA-Antikörper und rufen dann keine Hämolyse hervor.
27.5.3.2.1 Laborbefunde bei Kälteautoantikörpern

Pathologisch vermehrte Kälteagglutinine können mehr noch als die Wärmeautoantikörper in der Labordiagnostik und insbesondere bei immunhämatologischen Untersuchungen stören:

  • Blut- und Knochenmarkausstriche lassen sich wenn nicht angewärmt schlecht ausstreichen.
  • Citrat- und EDTA-Blut wirken angeronnen (agglutiniert).
  • Die in Hämatologie-Analyzern ermittelten Blutbilder sind falsch und daher nicht zu verwerten.
  • Die Blutkörperchensenkungsreaktion ist, abhängig von Umgebungstemperatur und Zeitintervall bis zum Ansetzen des Tests, sehr unterschiedlich beschleunigt.
  • Bei der AB0- und Rh-Bestimmung können sämtliche Ansätze einschließlich Eigen- bzw. Rh-Kontrolle mehr oder minder deutlich positiv werden, solange die Tests nicht streng in der Wärme durchgeführt werden. Bei sehr hochtitrigen Antikörpern müssen sogar die Erythpozyten und das Serum des Patienten und alle Reagenzien sowie Materialien und Geräte auf 37 °C vorgewärmt werden.
  • In Antikörpersuchtest und Kreuzprobe können auch bei strenger Wärmeinkubation alle Ansätze einschließlich Eigenansätze positiv werden.

Um Alloantikörper zu erfassen, muss die Wirkung der Kälteautoantikörper ausgeschaltet werden. Das geschieht durch folgende Maßnahmen:

  • Meist genügt das Vorwärmen aller Reaktionspartner und die Durchführung der Tests streng bei 37 °C unter Verwendung von entsprechend angewärmter physiologischer NaCl-Lösung als Waschlösung.
  • Zusätzlich kann die Verwendung von Anti-IgG statt polyspezifischem Antihumanglobulinreagenz im indirekten Antihumanglobulintest notwendig sein, um den störenden Nachweis von Komplementbindung auszuschalten.
  • In Einzelfällen kann es erforderlich sein, die Kälteantikörper mit Patientenzellen aus dem Serum heraus zu adsorbieren.
  • Die Zerstörung der Antikörper durch Dithiotreitol oder 6-Mercaptoäthanol bleibt Speziallaboratorien vorbehalten.
  • Antigenbestimmungen im indirekten Antihumanglobulintest werden mit polyspezifischen Coombsseren falsch positiv. Dies kann durch Verwendung von Anti-IgG als Antiglobulinreagenz umgangen werden.

Hinweis: Insbesondere bei der Säulenagglutination ist mit falsch positiven Befunden bei Antigenaustestung zu rechnen, wenn die Patientenerythrozyten bereits vor der Zentrifugation autoagglutinieren.

27.5.3.2.2 Diagnostik

Für die Diagnostik einer Autoimmunhämolyse vom Kälteagglutinin-Typ empfiehlt sich die Verwendung von 37 °C warm gehaltenen und aufgetrennten Blutproben (Nativ- und EDTA-Blut). Auch kann man aber auch auf üblichem Wege transportierte Blutproben im Wasserbad wieder auf 37 °C anwärmen, sedimentieren lassen und ohne neuerliche Abkühlung Serum bzw. Plasma gewinnen. Folgende Untersuchungen werden empfohlen:

  • Direkter Antihumanglobulintest mit mindestens zwei polyspezifischen Antihumanglobulin Reagenzien unter Verwendung warm gewaschener Patientenerythrozyten aus EDTA-Blut; bei Positivität Nachuntersuchung mit monospezifischen Antihumanglobulin Reagenzien, z.B. Anti-IgG und Anti-C3d, eventuell Titration.
  • Kälteagglutinintest; bei Positivität Kälteagglutinintiter und Bestimmung der Temperaturamplitude (Serum oder EDTA-Plasma).
  • Bei Erhöhung des Kälteagglutinintiters monothermischer Kältehämolysetest mit unbehandelten und fermentierten Erythrozyten; bei Positivität eventuell Titration (Serum).
  • Bei positivem direkten Antihumanglobulintest, aber grenzwertigem Kälteagglutinintiter, eventuell auch Bestimmung der Temperaturamplitude der Kälteagglutinine.
  • Die Bestimmung der Antikörperspezifität kann erfolgen /49/ gemäß Tab. 27-20 – Bestimmung der Spezifität von Kälteautoantikörpern anhand von Beispielen.

Hinweise: Vorsicht ist hinsichtlich der Interpretation der immunhämatologischen Befunde angebracht. Relativ häufig sind bei einer Autoimmunhämolyse vom Wärmetyp auch vermehrt Kälteagglutinine nachweisbar. Ein entsprechender Transfusionshinweis ist auf dem Konservenbegleitschein zu vermerken.

Transfusionen

Die notwendigen immunhämatologischen Verfahren für die Bereitstellung von Blutkonserven, die hinsichtlich AB0 und eventuell vorhandener Alloantikörper kompatibel sind, wurden oben dargestellt. Die Kälteautoantikörper spielen für die Auswahl der Blutkonserven in der Regel keine Rolle, wenn diese warm (37 °C) transfundiert werden.

27.5.3.3 Gemischte Autoimmunhämolysen

In etwa 8 % der Autoimmunhämolysen sind neben den üblichen Wärmeautoantikörpern der Klasse IgG auch agglutinierende Kälteautoantikörper (IgM, insbesondere Anti-I) nachweisbar. Der Kälteagglutinintiter bei 0 °C, aber mit breiter Temperaturamplitude und Fähigkeit zur Aktivierung von Komplement ist leicht erhöht. Die Patientenerythrozyten weisen IgG- und Komplementbeladung auf. Die Anämie ist häufig stark ausgeprägt, spricht aber gut auf die Standardtherapie der Wärmeautoimmunhämolyse an.

27.5.3.4 Bithermische Kältehämolysine Typ Donath-Landsteiner

Nach Kälteexposition wird durch inkomplette Autoantikörper, die sich in der Kälte in geringer Konzentration reversibel an Erythrozyten binden und beim Erwärmen sehr stark Komplement bis C9 aktivieren, eine intravasale Hämolyse ausgelöst.

Vorkommen

Die autoimmunhämolytische Anämie vom Typ Donath-Landsteiner wird selten gefunden (< 2 % der Autoimmunhämolysen). Sie tritt fast ausschließlich als akut reversible Form bei Kleinkindern im Rahmen akuter viraler Infekte der oberen Luftwege auf. Im Kindesalter sollen Autoimmunhämolysen sogar relativ häufig durch bithermische Kältehämolysine bedingt sein /50/.

Auf die Schwierigkeit der Differentialdiagnose bei positiven Hämolysetests wird unter dem Beitrag 27.6.1.6 – Hämolyseverfahren hingewiesen. Früher wurden bithermische Kältehämolysine öfter mit chronischer Verlaufsform bei Spätstadien von syphilitischen Erkrankungen beobachtet. Extrem selten kommen sie auch idiopathisch chronisch bei älteren Menschen vor.

Klinische Symptomatik

Die Autoimmunhämolyse vom Typ Donath-Landsteiner imponiert meist als akute, schwere hämolytische Anämie mit Schüttelfrost, Fieber, Übelkeit, abdominellen Beschwerden und Hämoglobinurie.

Immunhämatologische Befunde

An den Erythrozyten der Patienten lassen sich oft keine Autoantikörper, sondern nur Komplementfaktoren feststellen. Daher können in der Regel von den Erythrozyten der Patienten mit den üblichen Methoden keine Autoantikörper eluiert werden. Die Antikörper werden mittels Hämolysetest bei biphasiger Inkubation nachgewiesen, weshalb sie als bithermische Kältehämolysine bezeichnet werden. Zeitweise reagieren sie auch als inkomplette Antikörper im Enzymtest, seltener auch im indirekten Antihumanglobulintest. Ihre Spezifität ist meist Anti-P (Anti-P1+Pk+p bzw. Anti-Tja). Vereinzelt wurden bithermische Kältehämolysine der Spezifität Anti-I (-HI), Anti-i und Anti-Pr beschrieben.

27.5.3.4.1 Diagnostik

Für die Untersuchung sollten zur Vermeidung der Autoadsorption von Autoantikörpern die Proben (Nativ- und EDTA-Blut) möglichst bei 37 °C warm gehalten und aufgetrennt werden. Auffällig ist die bereits spontan vorhandene Hämolyse der Blutproben. Die Störung der immunhämatologischer Diagnostik im Rahmen von Blutgruppenbestimmung, Antikörpersuchtest und Kreuzproben ist meist geringer als bei Autoimmunhämolysen vom Wärmetyp. Allerdings können, z.B. beim indirekten Antihumanglobulintest in der Röhrchentechnik, die Ansätze als Folge einer bei automatischem Waschen unbemerkten Hämolyse ausgewaschen werden.

Bei klinischem Verdacht (hämolytisch-urämisches Syndrom, Hämoglobinurie) ist folgende Diagnostik zu empfehlen:

  • Direkter Antihumanglobulintest im Röhrchentest nach Kälteinkubation (30 min bei 4 °C) mit Patientenplasma (EDTA-Plasma) und anschließendem Waschen mit 4 °C physiologischer NaCl-Lösung oder besser nach Kälteinkubation mit Patientenplasma im Säulenagglutinationstest. Wird dabei Anti-IgG als Antihumanglobulinserum verwendet, gelingt es am ehesten, die IgG-Kälteautoantikörper direkt festzustellen. Mit Anti-C3d wird die in vivo Beladung der Patientenerythrozyten mit Komplement nachgewiesen. Der Test ist jedoch nur aussagekräftig, wenn keine Kälteagglutinine stören. Dann kann versucht werden, den IgG-Antikörper bei etwas höherer Inkubationstemperatur nachzuweisen. Mit höherer Temperatur nimmt die Chance allerdings ab, neben Komplement auch IgG auf den Patientenerythrozyten nachzuweisen.
  • Bei positivem direktem Antihumanglobulintest mit alleiniger Komplementbeladung der Patientenerythrozyten oder bei klinischem Verdacht auf Autoimmunhämolyse vom Typ Donath-Landsteiner (auch bei negativem direktem Antihumanglobulintest) sollte immer der biphasige Kältehämolysetest mit unbehandelten und fermentierten Erythrozyten durchgeführt werden.

Transfusionen

Im Allgemeinen bestehen trotz Vernachlässigung der Antikörperspezifität und Verwendung Antigen-positiver Erythrozyten keine Probleme, wenn streng warm transfundiert wird.

27.5.3.5 Sialidase-induzierte Hämolyse

Bei bakteriellen Infekten, z.B. Streptococcus pneumoniae, E. coli können durch die Wirkung von bakteriellen Sialidasen (Neuraminidase) oder Proteasen Kryptantigene freigelegt werden, gegen die der Mensch in seiner frühen Kindheit natürliche Antikörper entwickelt. Der in diesem Zusammenhang zeitweise beobachtete beschleunigte Abbau der Erythrozyten basiert aber wahrscheinlich eher auf der enzymatischen Erythrozytenschädigung als auf der Antigen-Antikörper-Reaktion.

Durch die Verwendung freier monoklonaler Anti-T Testreagenzien wird diese Störung seltener festgestellt. Es sollte jedoch daran gedacht werden, wenn die Patientenerythrozyten in einem Kontrollansatz mit AB-Serum agglutinieren oder nur mit Komplement beladen sind.

Der direkte Nachweis der entsprechenden Veränderung der Erythrozyten gelingt auf einfache Weise mit Lektinen. Bei unklaren Anämien im Rahmen von bakteriellen Infekten besonders im Kindesalter, sollte diese Form der Hämolyse in Betracht gezogen werden.

27.5.4 Medikamenten-induzierte Immunhämolyse

Die Häufigkeit Medikamenten induzierter Immunhämolysen wird auf einen Fall pro eine Million Einwohner bzw. etwa 12 % der Immunhämolysen (ohne Alloimmunhämolysen) geschätzt /465152/. Die Anzahl der verantwortlichen Medikamnete hat sich in den letzten 20 Jahren auf mehr als 125 erhöht /51/.

Pathogenese

Die zugrunde liegenden Pathomechanismen sind nicht völlig geklärt. Mindestens drei verschiedene Pathomechanismen werden bei Medikamenten induzierter Immunhämolyse unterschieden /4651/:

  • Autoimmunmechanismus; durch verschiedene Medikamente (z.B. α-Methyldopa, Fludarabin) wird die Bildung von inkompletten Wärmeautoantikörpern induziert, die sich nicht von den Autoantikörpern bei Autoimmunhämolyse vom Wärmetyp unterscheiden lassen.
  • Adsorptionsmechanismus (auch Haptenmechanismus); bestimmte Medikamente insbesondere Penicilline und Cephalosporine, binden kovalent als Haptene an die Erythrozytenmembran. Die gegen die Medikamente oder ihre Metaboliten gerichteten Antikörper binden sich an Erythrozyten, die das Medikament adsorbiert haben.
  • Immunkomplexmechanismus (Neoantigenmechanismus); dieser wird für die Mehrzahl der Medikamente, die eine Immunhämolyse auslösen können, angenommen. Die Medikamente und ihre Metaboliten (Sulfonamide und nichtsteroidale anti-inflammatorische Medikamente) binden sich ebenfalls, aber nicht kovalent, an Proteine der Erythrozytene, sodass Neoantigene als immunogene Strukturen entstehen, welche die Antikörperbildung induzieren. Die Bindung der Medikamente ist locker und sie lassen sich von den Erythrozyten durch Waschen der Zellen entfernen. Die Antikörper werden über ihre Fab-Domäne an die Erythrozytenmembran gebunden und zeigen teilweise definierte Blutgruppenspezifität. Die entstehenden Immunkomplexe aktivieren häufig Komplement.

Eine Reihe von Medikamenten wie Cisplatin, β-Lactamase-Inhibitoren führen zu Membranveränderungen der Erythrozyten, sodass sich bei Patienten mit hoher Immunglobulinkonzentration unspezifisch Immunglobuline anlagern können und dadurch einen positiven direkten Antihumanglobulintest zur Folge haben. In den meisten Fällen ist dies ohne klinische Bedeutung. Allerdings wurden einzelne Fälle beobachtet, bei denen auch eine hämolytische Anämie ausgelöst wurde /51/.

Da eine Reihe von Medikamenten gleichzeitig Antikörper hervorrufen können, die nach verschiedenen Pathomechanismen wirken, existieren auch pathogenetische Modelle, welche die drei Pathomechanismen vereinigen /51/. Die Tab. 27-21 – Auswahl von Medikamenten, die eine Immunhämolyse hervorrufen können enthält nur eine Auswahl von Medikamenten, welche in Deutschland heute noch zur Anwendung kommen.

27.5.4.1 Medikamenten-induzierte Immunhämolyse durch Autoimmunmechanismus

Vorkommen

Bei Einnahme von α-Methyldopa bilden, in Abhängigkeit von der Dosis, bis zu 15 % der Patienten erythrozytäre Autoantikörper. Eine Immunhämolyse entwickeln jedoch nur 0,5–1 % der Patienten. Früher war die überwiegende Zahl der Medikamenten-induzierten Immunhämolysen durch α-Methyldopa verursacht. Durch die deutlich seltenere Anwendung dieses Medikaments als Antihypertensivum kommt diese Form der Medikamenten-induzierten Immunhämolyse nur noch sehr selten vor. Heute tritt diese Immunhämolyse überwiegend im Rahmen der Therapie mit dem Zytostatikum Fludarabin auf. Nach Weglassen der Medikamente verschwinden die klinische Symptome und Antikörper in der Regel innerhalb von 1–2 Monaten.

Klinische Symptomatik

Sie unterscheidet sich nicht von der bei Autoimmunhämolysen vom Wärmetyp. Allerdings ist der Verlauf meist eher blande.

Immunhämatologische Befunde

Es handelt sich um inkomplette Wärmeautoantikörper (IgG), die fast ausschließlich gegen Rh-Strukturen gerichtet und kaum komplementaktivierend sind.

Die Patientenerythrozyten zeigen IgG-, selten auch schwache Komplement-Beladung. Die Antikörper lassen sich von den Patientenerythrozyten eluieren und in Abwesenheit des Medikaments im Eluat nachweisen.

27.5.4.1.1 Diagnostik

Generell muss bei Nachweis von Wärmeautoantikörpern vom IgG-Typ an diese durch Medikamente-induzierte Immunhämolyse gedacht werden und durch Medikamenten-Anamnese ausgeschlossen bzw. identifiziert werden. Siehe Beitrag 27-5.3.1.1 – Immunhämatologische Befunde.

Transfusionen

Es gelten dieselben Regeln wie für Autoimmunhämolysen vom Wärmetyp.

27.5.4.2 Medikamenten-induzierte Immunhämolyse durch Adsorptionsmechanismus

Vorkommen

Cephalosporine und Penicillinabkömmlinge können völlig unspezifisch und ohne klinische Bedeutung an Erythrozyten gebunden werden. Etwa 3 % der Patienten, die mit hohen Dosen i. v. behandelt werden, bilden jedoch spezifische Antikörper gegen die auf Erythrozyten gebundenen Medikamente. Dabei handelt es sich überwiegend um IgM-Antikörper ohne hämolytische Wirkung. Nur in einer geringen Zahl dieser Fälle, vor allem bei Cefotetan, Cetriaxon und Piperacillin), kommt es besonders bei hoher Dosierung mit der Bildung von IgG-Antikörpern zu einer extravasalen Immunhämolyse. Zwischen den beschriebenen Antikörpern und der Penicillin-Allergie besteht kein Zusammmenhang, da die Penicillinallergie durch IgE-Antikörper bedingt ist.

Klinische Symptomatik

Meist blande extravasale Hämolyse, die nach Weglassen der Medikamente innerhalb von Stunden reversibel ist.

27.5.4.2.1 Immunhämatologische Befunde

Die Antikörper sind nur in Anwesenheit der auslösenden Medikamente oder deren Metaboliten (nach Einnahme oder bei Zusatz in vitro) als inkomplette Antikörper nachweisbar. Sie aktivieren in der Regel kein Komplement. An den Patientenerythrozyten findet sich folglich meist nur eine IgG-Beladung. Die Antikörper können im Eluat nur nach Zusatz der Medikamente oder deren vorherige Bindung an die Testerythrozyten nachgewiesen werden.

27.5.4.2.2 Diagnostik

Zu empfehlen ist folgendes Vorgehen:

  • Durchführung des Antikörpersuchtests im indirekten Antihumanglobulintest und/oder Enzymtest (Säulenagglutinationstest) mit Patientenserum und mit Medikamenten vorbehandelten Testerythrozyten. Am ehesten ist der Eigenansatz positiv.
  • Es sollen möglichst Medikamente verwendet werden, die bereits in gelöster Form vorliegen (Tropfen, Ampullen) und auf Konzentrationen eingestellt werden, wie sie bei hochdosierter Therapie im Plasma zu erwarten sind. Für die Beladung der Erythrozyten wird empfohlen, eine Veronalpufferlösung mit pH 9,6 (40 mg Medikament/ml) zu verwenden. Die Beladung mit Cephalotin soll zur Vermeidung unspezifischer Globulinbindung mit sauren Phosphatpufferlösungen (30 mg/ml, pH 6,0) erfolgen.
  • Der direkte Antihumanglobulintest ist mit mindestens zwei polyspezifischen Antihumanglobulin Reagenzien durchzuführen und bei Positivität mit monospezifischen Seren zum Nachweis der IgG-Beladung der Erythrozyten des Patienten.
  • Das Säureeluat von den Erythrozyten des Patienten und die Austestung im Antikörpersuchtest hat, wie zuvor beschrieben, mit Medikamenten vorbehandelten Erythrozyten zu erfolgen.

Transfusionen

Die Transfusion von Blutkomponenten stellt kein Problem dar, wenn eventuell vorhandene Alloantikörper von den Medikamenten induzierten Antikörpern abgegrenzt und berücksichtigt werden können.

27.5.4.3 Medikamenten-induzierte Immunhämolyse durch Immunkomplexmechanismus

Vorkommen

Die Zahl der Medikamente, die auf diese Weise eine Immunhämolyse auslösen können, ist groß. Die Anzahl der Fälle, die zu den unterschiedlichsten Medikamenten mitgeteilt wurden, ist aber gering. In der Tab. 27-21 – Medikamente, die eine Immunhämolyse hervorrufen können wurden daher nur die wichtigsten Medikamente aufgeführt. Da der Nachweis der Antikörper trotz eindeutiger klinischer Anhaltspunkte nur selten gelingt, dürfte die Häufigkeit dieser Form der Immunhämolysen höher sein, als sie von Immunhämatologen mitgeteilt werden kann.

Klinische Symptomatik

Die Medikamenten induzierten Immunhämolysen durch Immunkomplexmechanismus imponieren häufig als akute und lebensbedrohliche intravasale Hämolysen, bei denen es in bis 50 % der Fälle zum akuten Nierenversagen kommt. Typisch für diese Form ist, dass die Medikamente dem Patienten schon einmal zu einem früheren Zeitpunkt verabreicht wurden bzw. dass ein freies Intervall vor der neuerlichen Einnahme bestand. Die Schwere der Hämolyse ist von der Dosis weitgehend unabhängig. Die klinische Symptomatik klingt mit Absetzen des Medikaments schnell ab.

27.5.4.3.1 Immunhämatologische Befunde

Die starke hämolytische Aktivität beruht darauf, dass die Immunkomplexe nur eine lockere Bindung mit den Erythrozyten eingehen und daher wenige Immunkomplexe an vielen Erythrozytenoberflächen Komplement aktivieren können. An den Erythrozyten lassen sich folglich Immunglobuline (IgG und/oder IgM) nur selten im direkten Antihumanglobulintest oder durch Elution nachweisen. Meist findet sich nur eine Komplementbeladung der Erythrozyten. Bei foudroyanter Hämolyse kann der direkte Antihumanglobulintest sogar infolge schneller Elimination der involvierten Erythrozyten negativ sein. Die Antikörper können nur in Anwesenheit des Medikaments bzw. seiner Metaboliten nachgewiesen werden.

27.5.4.3.2 Diagnostische Tests

Das diagnostische Spektrum umfasst die unter dem Beitrag 27.5.3.2 – Kälteagglutinine und monothermale Kältehämolyse beschriebenen Untersuchungen. Allerdings müssen bei Untersuchung der Seren/Plasmen und Eluate die Medikamente bzw. ihre Metaboliten den Testansätzen in unterschiedlichen Konzentrationen zugesetzt werden. Werden Testverfahren eingesetzt, bei denen die Ansätze gewaschen werden (indirekter Antiglobulintest im Röhrchen oder in der Festphasentechnik), müssen die Medikamente auch der Waschlösung beigemengt werden. Die Vorbereitung der Medikamente erfolgt wie unter Beitrag 27.6.1.10 – Medikamenten-induzierte Hämolysine beschrieben. Die Diagnostik sollte bei dieser Form der Immunhämolyse unbedingt durch Hämolysetests mit Zusatz des in Frage kommenden Medikaments bzw. seiner Metaboliten ergänzt werden.

Der Zusatz der Metaboliten in den verschiedenen Testverfahren kann für den Nachweis der Antikörper entscheidend sein. Wenn es daher medizinisch vertretbar ist, sollte man einen Angehörigen der Patienten bitten, das betreffende Medikament einmalig einzunehmen, um 1 und 6 h danach (frühestens nach 1 h) jeweils eine Blutprobe entnehmen zu können, in der die Metaboliten enthalten sind. Genauso kann man den Sammelurin von 6–12 h nach Einnahme verwenden, wenn man diesen mit hypertoner Kochsalzlösung isoton einstellt.

Hinweise

Der Verdacht auf eine Medikamenten-induzierte Immunhämolyse muss von klinischer Seite geäußert werden. Für die immunhämatologische Diagnostik sind dabei genaue Informationen hinsichtlich Dosis und Anwendungsdauer der applizierten Medikamente sowie Auftreten der ersten Hämolysezeichen wegweisend. Dadurch können die in Frage kommenden Medikamente eingegrenzt und gezielte Untersuchungen veranlasst werden.

Im Labor sollte an die Möglichkeit Medikamenten-induzierter Antikörper gedacht werden, wenn:

  • Hämatologisch das Bild einer Autoimmunhämolyse besteht.
  • Isoliert ein positiver direkter Antihumanglobulintest gefunden wird.
  • Der Antikörpersuchtest zunächst in fast allen Ansätzen einschließlich Eigenansatz positiv ist und an nachfolgenden Tagen (nach Absetzen des Medikaments) nur noch der Eigenansatz positiv ausfällt.

Der Kliniker sollte sich nicht damit zufrieden geben, dass die Immunhämolyse nach Absetzen des vermeintlichen Medikaments (Auslassversuch) abklingt, da meist mehrere Medikamente mit unterschiedlichen Inhaltsstoffen infrage kommen. Die immunhämatologische Klärung hat den Vorteil, dass bei erfolgreicher Diagnostik im positiven Falle die verantwortliche Wirksubstanz und damit ein Großteil weiterer unverträglicher Medikamente benannt werden können. Die gezielte Diagnostik einer Medikamenten induzierten Immunhämolyse ist nur in darauf spezialisierten Labors möglich. Häufig gelingt der Nachweis der ursächlichen Antikörper dennoch nicht, weshalb die gründliche Medikamentenanamnese das wichtigste diagnostische Instrument darstellt.

Transfusionen

Siehe Beitrag 27.5.3.2 – Kälteagglutinine und monothermale Kältehämolyse.

27.6 Immunhämatologische Untersuchungs­methoden

Die in diesem Abschnitt aufgeführten Verfahren stellen immunhämatologische Basismethoden dar, die überwiegend manuell durchgeführt werden.

27.6.1 Röhrchen- und Objektträgerverfahren

Von den Röhrchen- und Objektträgerverfahren leiten sich die meisten routinemäßig eingesetzten neueren Methoden ab. Siehe Beitrag 27.6.2 – Automatisierbare Verfahren.

27.6.1.1 Agglutinationstests

Prinzip

Erythrozyten werden in physiologischem Kochsalzmilieu durch Antikörper zur sichtbaren Agglutination gebracht. Je nach dem, ob Antigene oder Antikörper als bekannte Testgrößen eingesetzt werden, dient der Test dem Nachweis von agglutinierenden (kompletten) Antikörpern (meist Kälteantikörpern) oder zur Bestimmung von Antigenen.

Bei der Bestimmung von Antigenen prüft man mit Testantikörpern das Vorhandensein der entsprechenden Antigene auf den Erythrozyten. Dagegen weist man mit Hilfe von Testerythrozyten mit bekanntem Antigenmuster Antikörper in Seren oder Plasmen nach.

Material

Serum oder Plasma bzw. Antikörper haltiges Testreagenz, Test- oder Probandenerythrozyten (2–10 %ig, abhängig vom Serumvolumen) in physiologischer Kochsalzlösung, Einfach- oder Vielfachobjektträger oder Glasröhrchen oder Mikrotiterplatten, eventuell Wasserbad, Wärmeblock oder Brutschrank, eventuell Zentrifuge, Lichtkasten.

Durchführung

1 bis 3 Tropfen (1 Tropfen = ca. 50 μl) Testantikörper bzw. Serum werden mit 1 Tropfen Probanden- bzw. Testerythrozyten vermischt, im entsprechenden Temperaturbereich der Antikörper 5–120 min inkubiert, bei Röhrchentests und Mikrotiterplatten wird eventuell 15–30 sec bei niedriger Umdrehungszahl zentrifugiert (1.000 UpM bzw. 120 × g) und schließlich werden die Testergebnisse über einem Lichtkasten makroskopisch auf Agglutination beurteilt. Dabei kommt es darauf an, die lockeren Schleuderagglutinate durch vorsichtiges Hin- und Herkippen zu lösen, ohne die spezifischen Agglutinate aufzuschütteln und dicht über der Lichtquelle abzulesen.

Eine mikroskopische Ablesung ist wegen der möglichen Fehlinterpretationen dem Erfahrenen für spezielle Fragestellungen, z.B. Mischfeldagglutination, vorbehalten.

Hinweise

Positive Faktoren: Optimaler Temperaturbereich, hohe Antigendichte pro Zelle, geringe Zellkonzentration, großes Serumvolumen bzw. hoher Antikörpergehalt (für Antikörpernachweis 2–3 Tropfen Serum), optimaler pH-Bereich (überwiegend bei 6,5–7,0), gute Durchmischung des Testansatzes.

Negative Faktoren: In Lösung gegangene Antigene, blockierende Antikörper, alte Testzellen, zu kurze oder zu lange Inkubationsdauer (Optimum meist 30–60 min).

Antigenaustestungen: Es sind die Empfehlungen des Herstellers der Reagenzien zu beachten. Im Übrigen sind die besten Ergebnisse mit gewaschenen, möglichst frischen Erythrozyten aus Citrat- oder EDTA-Blut in niedriger Suspensionsstärke (2–5 %) zu erzielen. Im Allgemeinen werden Erythrozytensuspension und Testantikörper-Reagenz im Verhältnis 1 + 1 eingesetzt und Inkubationszeiten zwischen 5–15 min empfohlen.

Antikörpernachweis: Serum und Testerythrozyten Suspension werden häufig im Verhältnis 2 + 1 eingesetzt (Antikörperüberschuss). Längere Inkubationszeiten (15–120 min) erhöhen die Nachweisempfindlichkeit.

Anwendung

Antigenaustestung: Bestimmung der Blutgruppenmerkmale des AB0-, Rh- und MN-Systems sowie weiterer Antigene der Blutgruppen, z.B. Lea, Leb, P1, Kryptantigene, mit agglutinierenden Seren, Lektinen bzw. monoklonalen Reagenzien. Durch das ständig breiter werdende Spektrum an monoklonalen Testantikörpern können immer mehr Antigene mit Hilfe des Agglutinationstests einfach und schnell bestimmt werden, z.B. Jka, Jkb, K.

Kontrollen: Zum Ausschluss von Pseudo-, Poly- und Autoagglutinationsphänomenen sind in der gleichen Methode immer eine Eigenkontrolle der untersuchten Erythrozyten gegen das Medium der Antikörperreagenzien oder AB-Serum mitzuführen. Weiterhin sind außer bei der AB0- und Rh-Bestimmung die Testantikörper regelmäßg mit Antigen-positiven (möglichst heterozygot) und Antigen-negativen Testzellen als Inprozesskontrollen zu prüfen.

Antikörpernachweis: Serumgegenprobe der AB0-Bestimmung, Kreuzprobe im AB0-System, Nachweis von Kälteagglutininen (Kälteagglutinintest und -titer), Austestung der Temperaturamplitude von Kälteagglutininen.

27.6.1.2 Lateral-Flow-Technologie

Ein spezielles Verfahren zur Blutgruppenbestimmung stellt die Lateral-Flow Technologie dar. Bei dieser Objektträgermethode sind monoklonale Antikörper gegen verschiedene Blutgruppenantigene nebeneinander streifenförmig aufgetragen. Im Rahmen der spezifischen Antigen-Antikörper Reaktion werden die hinzugefügten Erythrozyten (10 %ige Suspension) innerhalb von wenigen Minuten gebunden. Ungebundene Erythrozyten werden durch wenige Tropfen Diluent hinweg gespült. Nach spätestens nach 5 min werden positive Ansätze infolge der Erythrozytenanlagerung als rote Streifen deutlich erkennbar. Durch die spezifische Bindung sind Fehlbestimmungen durch unspezifische Störfaktoren und Autoantikörper nicht zu erwarten. Daher kann bei diesem Verfahren auf den Nachweis der Isoagglutinine (Serumgegenprobe) im Rahmen der AB0-Bestimmung verzichtet werden. Der Test erscheint deshalb insbesondere für die Notfallbestimmung der AB0- und Rh-Blutgruppe geeignet.

27.6.1.3 Supplementtests

Prinzip

Erythrozyten werden in Anwesenheit von Supplementen (Reaktionsverstärkern) durch Antikörper zur sichtbaren Agglutination gebracht. Je nachdem, ob Antigene (Testerythrozyten) oder Antikörper (Testseren) als bekannte Testgrößen eingesetzt werden, dient der Test dem Nachweis inkompletter Antikörper, vor allem von Wärmeantikörpern oder zur Bestimmung von Antigenen. Häufig werden in diesen Testverfahren auch agglutinierende Antikörper empfindlicher als im einfachen Agglutinationstest nachgewiesen.

Material

Etwa 20–30 %iges oder polymerisiertes Rinderalbumin, modifizierte Low Ionic Strength Solution (LISS), Enzyme, z.B. Bromelin, Papain, Sialidase, Polybrene, Kolloide (weiteres Material wie in Beitrag 27.6.1.1 – Agglutinationstests).

Durchführung

Die Supplementtests werden in der Regel als Einstufentests (außer Papain- und Sialidasetest) durchgeführt. Zunächst werden Erythrozyten und Serum/Plasma wie beim Agglutinationstest gemischt (siehe Beitrag 27.6.1.1 Agglutinationstests). Dann werden die Supplemente (1–4 Tropfen) hinzu pipettiert.

Albumintest: Dem Ansatz gemäß Agglutinationstest werden 2 Tropfen Albumin zu gemischt und dieser anschließend 30 min bei 37 °C inkubiert. Weitere Durchführung entsprechend Beitrag 27.6.1.1 – Agglutinationstests.

LISS-Test: Je nach Ionenstärke der verwendeten Lösung werden dem Ansatz gemäß Agglutinationstest 2–4 Tropfen LISS hinzugesetzt und anschließend 5–30 min inkubiert. Weitere Durchführung entsprechend Beitrag 27.6.1.1– Agglutinationstests.

Einstufen-Enzymtest: Dem Ansatz gemäß Agglutinationstest werden 1–2 Tropfen Enzym, häufig Bromelin, hinzu pipettiert und dieser anschließend je nach Aktivität des verwendeten Enzyms 10–30 min (in der Regel 15 min) bei 37 °C inkubiert. Die Enzymaktivität kann chargenweise variieren. Weitere Durchführung siehe Beitrag 27.6.1.1– Agglutinationstests. Die Inkubation bei niedrigeren Temperaturen eignet sich nur für spezielle Fragestellungen, da im Enzymtest die Temperaturamplitude von Kälteantikörpern sehr stark verbreitert wird.

Zweistufen-Enzymtest: Unter Routinebedingungen kann dieser nur mit kommerziell hergestellten fermentierten Testerythrozyten empfohlen werden. Die Fermentierung von Testzellen für Agglutinationstests (Supplementtests) ist abhängig von deren Verwendungszweck und erfordert aufwendige Kontrollen. Für die Zerstörung Protease-labiler Antigene, z.B. Fya/Fyb zur Differenzierung von Antikörpergemischen, ist eine mildere Fermentierung erforderlich als z.B. für die Freilegung von T-Antigen (Kontrollzellen für Untersuchungen mit Lektinen). Für ersteres ist der Nachweis der Zerstörung von Antigen mit dem entsprechenden Testserum, z.B. Anti-Duffy, zu führen und Panagglutination durch Freilegung von T-Antigen mittels Lektinen oder AB-Serum (enthält Anti-T) auszuschließen. Wegen der unterschiedlichen Aktivität der Enzyme verschiedener Hersteller kann keine allgemeine Empfehlung für die Fermentierung der Erythrozyten abgegeben werden. Eine milde Fermentierung mit den für Immunhämatologie käuflich zu erwerbenden Enzymen kann versucht werden, indem man 2 Volumina trockenes Zellsediment mit einem Volumen des Enzyms mischt, im Wasserbad bei 37 °C für 1 min erwärmt und anschließend sofort dreimal mit kalter Kochsalzlösung wäscht. Vor Einsatz der Zellen in den Testansatz ist der Erfolg der Fermentierung mit den vorher beschriebenen Kontrollen zu prüfen.

Der Zweistufentest wird wie der Agglutinationstest unter Verwendung fermentierter Testzellen bei 37 °C durchgeführt. Siehe Beitrag 27.6.1.1 – Agglutinationstests.

Polybrentest: Der Polybrentest findet auf Grund seiner Kompliziertheit keine Anwendung mehr, zumal er auch in seiner Nachweisempfindlichkeit modernen Verfahren wie der Säulenagglutination unterlegen ist.

Hinweise

Störfaktoren: Es gelten die in Beitrag 27.6.1.1 – Agglutinationstests getroffenen Aussagen. Als spezifische negative Faktoren sind zu nennen: Nichteinhaltung der genauen Volumenverhältnisse, direkte Zugabe des Mediums zu den Erythrozyten, von der Inkubationstemperatur der Tests stark abweichende Temperaturen der Reagenzien (vor allem kalte Reagenzien, z.B. direkt aus dem Kühlschrank entnommen) unmittelbar vor dem Ansetzen.

Anwendung

Antigenaustestung: Durch die Einführung von Testreagenzien mit monoklonalen Antikörpern sind Albuminteste für die Antigenaustestung, z.B. Rh-Formel, verzichtbar geworden.

Antikörpernachweis: Es werden folgende Methoden angewendet:

  • Albumintest: Dieser Test wird ergänzend für Nachweis und Bestimmung der Temperaturamplitude von Kälteantikörpern eingesetzt. Im Übrigen finden Albumintest und LISS-Tests außer zur Abklärung von Antikörpern nur noch in Kombination mit dem indirekten Antihumanglobulintest Anwendung.
  • Ein- und Zweistufen Enzymteste: Die Tests weisen bei 37 °C besonders empfindlich Rh-Antikörper nach und werden als Ergänzung des Antikörpersuchtests empfohlen. Wegen der relativ hohen Frequenz unspezifischer Reaktionen dürfen Enzymtests nicht unkritisch angewendet werden. Insbesondere sind immer entsprechende Kontrollen mitzuführen.

Kontrollen: Generell sind positive und negative Kontrollen sowie Eigenkontrollen jeweils im gleichen Verfahren mitzuführen. Das betrifft:

  • Antigenaustestungen: Als Kontrollen werden möglichst heterozygot Antigen positive (positive Kontrolle) bzw. homozygot Antigen negative Testzellen (negative Kontrolle) mit dem Testantikörper sowie Patientenzellen mit dem Medium des Testantikörpers oder AB-Serum (Eigenkontrolle) angesetzt.
  • Antikörpernachweis: Bei sämtlichen Testverfahren zum Nachweis von Antikörpern einschließlich Kreuzproben werden verdünnte Testantikörper gegen Antigen positive und Antigen negative Testzellen geprüft. Die Eigenkontrolle wird mit Patientenserum und Patientenzellen in dem jeweiligen Testverfahren durchgeführt.

27.6.1.4 Direkter Antihumanglobulintest

Prinzip

Antihumanglobulin agglutiniert Erythrozyten, die mit den korrespondierenden Humanglobulinen beladen sind. Je nach Spezifität des Antihumanglobulin Reagenz (polyspezifisch oder monospezifisch) werden die gebundenen Globuline näher spezifiziert, z.B. IgG, IgA, IgM, C3d, C4d. Durch Verwendung von EDTA- oder Citratblut wird eine Aktivierung von Komplement in vitro, z.B. durch Kälteautoantikörper, verhindert. Durch gründliches Waschen der untersuchten Erythrozyten werden lösliche und unspezifisch angelagerte Globuline entfernt. Somit werden die in vivo spezifisch an die Erythrozyten gebundenen Immunglobuline und Komplementfaktoren nachgewiesen.

Material

Vier bis sechs Mal in physiologischer NaCl oder Phosphatpuffer gewaschene Erythrozyten aus Nativblut, besser EDTA- oder Citratblut als 2–3 %ige Kochsalz-Suspension, mindestens zwei polyspezifische Antihumanglobulin Reagenzien (zumindest Anti-IgG-, Anti-C3d-haltig), monospezifische Antihumanglobulin Reagenzien (mindestens Anti-IgG, Anti-C3d), Röhrchen oder Objektträger, Zentrifuge, Lichtkasten.

Durchführung

Suchtest: Es wird der direkte Antihumanglobulintest mit mindestens zwei unverdünnten polyspezifischen Antihumanglobulin Reagenzien durchgeführt (je 1 Tropfen Erythrozytensuspension und 1–2 Tropfen Antihumanglobulin Reagenz), 15 min Inkubation bei Raumtemperatur, Zentrifugation 15–30 sec bei 120 × g, Ablesen über der Lichtquelle (siehe Beitrag 27.6.1.1 – Agglutinationstests). Die Nachweisempfindlichkeit des Tests kann durch Zweitablesung nach 1 h bei Raumtemperatur und nochmaliger Zentrifugation weiter verbessert werden.

Differenzierung: Ein positiver direkter Antihumanglobulintest ist mit Hilfe monospezifischer Antihumanglobulin Reagenzien näher zu differenzieren.

Kontrollen: Generell sind positive und negative Kontrollen mitzuführen. Für die positive Kontrolle werden Antikörper-beladene Testzellen (z.B. sog. Coombs Kontrollzellen), für die negative Kontrolle unbehandelte Testzellen mit den polyspezifischen Antihumanglobulin Reagenzien bzw. Anti-IgG geprüft.

Hinweise

Testdurchführung: Längere Inkubationszeiten können den Nachweis von Komplement auf den Erythrozyten deutlich verstärken. Einmal Waschen mit physiologischer NaCl-Lösung (mit 2 min Zentrifugation bei 1.000 × g) nach dem zweiten Ablesen kann die Reaktion verstärken und Prozonenphänomene beseitigen. Die Verwendung von Phosphat gepufferter Waschlösung (pH 7,0) mit Zusatz von EDTA und Rinderalbumin verhindert eine Elution von spezifisch, aber locker gebundenen Antikörpern sowie unspezifische Aktivierung von Komplement. Der Röhrchentest ist durch Einbeziehung der Zentrifugation dem Objektträgertest eindeutig überlegen.

Ungenügendes Waschen der Zellen vor Testansatz und hohe Konzentration von Immunglobulin im Patientenserum wirken sich ungünstig auf den Test aus.

Anwendung

Der direkte Antihumanglobulintest wird bei folgender Fragestellung diagnostisch eingesetzt:

  • Abklärung von Transfusionsreaktionen.
  • Autoimmunhämolysen.
  • Morbus haemolyticus neonatorum.
  • Medikamenten induzierte Immunhämolyse.
  • Bei positiver Eigenkontrolle im Rahmen von Blutgruppenbestimmungen bzw. Antigentests, Antikörpersuchtests und Kreuzproben.

Differentialdiagnose beim positiven direkten Antihumanglobulintest

Bei positivem direktem Antihumanglobulintest ist an folgende Möglichkeiten zu denken:

  • Bei Untersuchung von Nabelschnurblut Rh-positiver Neugeborener an die präpartale Rh-Prophylaxe bei der Mutter.
  • An benigne Wärmeautoantikörper ohne hämolytische Aktivität.
  • An die Modifikation der Erythrozytenmembran z.B. durch Medikamente (Cephalosporine) mit der Folge unspezifischer Immunglobulinbeladung.
  • An eine unspezifische Immunglobulinbeladung bei Hypergammaglobulinämie, Paraproteinämie.
  • An eine in vitro Aktivierung von Komplement durch benigne Kälteautoantikörper, z.B. bei Nativblut nach Abkühlen der Probe.
  • An eine Panagglutination bei Freilegung von Krypt-antigenen und Verwendung von Antihumanglobulin Reagenz mit Anti-T-Verunreinigung.

27.6.1.5 Indirekter Antihumanglobulintest

Prinzip

Der indirekte Antihumanglobulintest dient dem Nachweis von Serumantikörpern, die sich in vitro spezifisch an Erythrozyten binden. Es werden polyspezifische Antihumanglobulin Reagenzien verwendet, die nicht nur die in vitro gebundenen Antikörper (IgG, IgM) direkt, sondern über die Aktivierung von Komplement (C3d) nachweisen. Mit Reagenzien bekannter Antikörperspezifität, z.B. Testseren, erlaubt der indirekte Antihumanglobulintest die spezifische und empfindliche Austestung von Antigenen.

Material

Polyspezifisches Antihumanglobulin Reagenz (Anti-IgG, Ant-C3c, Anti-C3d; Coombsserum), Waschzentrifuge, Waschlösung (physiologische Kochsalzlösung, Phosphat-gepufferte Kochsalzlösung), Coombs Kontrollzellen, übrige Materialien wie je nach angewendetem Verfahren.

Siehe:

Durchführung

Der indirekte Antihumanglobulintest wird als Röhrchentest anschließend an Agglutinations- und Supplementteste, in der Regel Albumintest oder LISS-Test bei 37 °C durchgeführt (Abb. 27-3 – Durchführung des indirekten Antihumanglobulintests zum Nachweis von Serumantikörpern). Dabei kann auf die Zentrifugation und das Zwischenablesen dieser Tests vor der Überführung in den indirekten Antihumanglobulintest verzichtet werden. Nach Inkubation werden diese Testansätze gründlich mit Waschlösung gewaschen, anschließend möglichst trocken abgesaugt bzw. der Überstand dekantiert, 1–2 Tropfen Antihumanglobulin Reagenz hinzu gemischt. Danach werden die Ansätze schwach zentrifugiert (15–30 sec bei 120 × g) und über der Lichtquelle vorsichtig abgelesen. Gründliches Waschen bedeutet, dass mindestens dreimal 3 ml Waschlösung unter kompletter Resuspendierung der Erythrozyten bei jedem Waschvorgang zum Einsatz kommen, und dass nach jedem Waschvorgang die Waschlösung vollständig entfernt wird. Bei Negativität des indirekten Antihumanglobulintests schließt sich die Coombskontrolle mit Antikörper beladenen Testzellen an. Nach Zugabe von 1 Tropfen stark Antikörper beladener Erythrozyten muss der Test ohne Anzentrifugieren innerhalb von 5 min positiv werden. Bei Verwendung schwach beladener Zellen findet diese Reaktion erst nach leichter Zentrifugation (15–30 sec bei 120 × g) statt.

Kontrollen

Sind im Röhrchentest analog wie in Beitrag 27.6.1.1 – Agglutinationstests beschrieben bei jeder Testserie mitzuführen. Wegen der Anfälligkeit des Waschprozesses sind seltenere Kontrollen inakzeptabel.

Hinweise

Bezüglich Störfaktoren siehe unter Beitrag 27.6.1.1. IgM- und schwach bindende, Komplement-aktivierende Antikörper können im indirekten Antihumanglobulintest nur über den Nachweis von Komplement festgestellt werden. Zur Aktivierung von Komplement kommt es in vitro aber nur bei Verwendung von Seren (Nativblut!) statt Plasmen. Hinsichtlich der Waschlösungen wird auf Beitrag 27.6.1.4 – Direkter Antihumanglobulintest verwiesen.

Anwendung

Antigenaustestung: Die meisten Antigene der Erythrozyten, z.B. Fya, Fyb, K, k, S, s, Jka, Jkb, aber auch seltene wie Lua, Wra, Kpa oder sehr hochfrequente Antigene wie Coa, Jsb, Kpb, sowie schwache Antigenvarianten (weak D, DVI) können mit dem indirekten Antihumanglobulintest mittels Kochsalztechnik im Röhrchentest sicher bestimmt werden. Heute werden stattdessen zunehmend Säulenagglutinations- und Festphasentests eingesetzt (siehe Beitrag 27.6.2.1 – Mikrosäulenagglutinationsmethode). Ist schon primär der direkte Antihumanglobulintest bzw. der Eigenansatz in diesen empfindlicheren Testverfahren positiv, ist mit dem weniger empfindlichen Röhrchentest unter Umständen noch eine Antigenbestimmung möglich. Voraussetzung für die Aussagefähigkeit des Ergebnisses ist, dass die mitgeführte Eigenkontrolle negativ ausfällt.

Antikörpernachweis: Von den Röhrchenmethoden ist die Albumintechnik (mit 30 min Inkubation bei 37 °C) die Empfindlichste. Mit dieser Methode werden klinisch relevante irreguläre Antikörper, die zu einer akuten hämolytischen Transfusionsreaktion führen können, in der Kreuzprobe und bei entsprechendem Antigenmuster der Testzellen auch im Antikörpersuchtest zuverlässig erkannt. Auch stören nur selten unspezifische Agglutinationen (Pseudoagglutinationen) und klinisch irrelevante Autoantikörper.

Die Röhrchenmethode mit LISS weist zwar Rh-Antikörper empfindlicher als die Albumintechnik nach, versagt aber zeitweise bei Anti-K. Sie eignet sich aufgrund der schnellen Antikörperbindung mit verkürzter Inkubationszeit (5–10 min) für die Notfallkreuzprobe.

Röhrchentests sind auch für den Antikörpernachweis weitgehend von den deutlich empfindlicheren Verfahren wie Säulenagglutinationstests und Festphasentechnik verdrängt worden. Siehe Beitrag 27.6.2 – Automatisierbare Verfahren. Diese Verfahren sind aber gegenüber störenden Einflüssen wie unspezischen Faktoren, Kälteantikörpern und klinisch irrelevanten Wärmeautoantikörpern anfälliger. Der indirekte Antihumanglobulintest in Albumintechnik stellt daher weiterhin den entscheidenden Bezugstest bei der Frage nach der klinischen Relevanz, der mit diesen Methoden nachgewiesenen Antikörper, dar. Darüber hinaus sollte er auch weiterhin als Standardtest für die Bestimmung der Antikörpertiter herangezogen werden. Siehe Beitrag 27.6.1.3 – Supplement-Tests.

Die Methoden mit fermentierten Erythrozyten sind generell sensitiver, aber auch anfälliger gegenüber Störfaktoren. Darüber hinaus entgehen solche Antikörper dem Nachweis, die gegen Enzym empfindliche Antigene gerichtet sind (Tab. 27-4 – Einfluss von Enzymen auf Blutgruppenantigene). Daher können Testmethoden mit Enzym behandelten Erythrozyten bzw. Enzymzusatz nur als ergänzende Verfahren eingesetzt werden /53/.

27.6.1.6 Hämolyseverfahren

Prinzip

In der Anwesenheit von Komplement hämolysieren verschiedene Antikörper unbehandelte und/oder fermentierte Erythrozyten, welche die korrespondierenden Blutgruppenmerkmale aufweisen. Dabei variiert das Reaktionsoptimum der verschiedenen Antikörper bezüglich pH-Wert und Temperatur.

Eine Reihe von Alloantikörpern kann in vitro eine Hämolyse verursachen (AB0-Antikörper, einzelne Lewis- und Kidd-Antikörper). Da zwischen der hämolytischen Aktivität in vitro und in vivo (außer für AB0-Antikörper) keine eindeutige Beziehung gefunden wurde, haben Hämolysetests für Alloantikörper keine diagnostische Bedeutung erlangt. Im Gegenteil, es besteht die Gefahr, dass das Auftreten von Hämolyse bei Blutgruppenbestimmung, Antikörpersuchtest und Kreuzproben zu Fehlinterpretationen führt, indem die entsprechenden Ansätze fälschlicherweise als negativ beurteilt werden.

Daher sollten die Testbedingungen in diesen Verfahren so gewählt werden, dass die Antigen-Antikörper Reaktionen anhand von Agglutination erkannt werden.

Zum Nachweis der Hämolysinfreiheit von Blutkonserven empfiehlt sich statt des Isohämolysintiters die Bestimmung der Konzentration von Isoagglutininen. Die Variabilität des Hämolysetests, vor allem durch die unterschiedliche Komplementaktivität der Seren, erlaubt keine zuverlässigen Ergebnisse. Andererseits korreliert der Isohämolysintiter eng mit dem Isoagglutinintiter. Siehe Beitrag 27.3.1 – ABH(0)-System).

Dagegen spielen die Hämolyseverfahren im Rahmen der Diagnostik von autoimmunen Hämolysen und Medikamenten induzierten Immunhämolysen eine diagnostische und prognostische Rolle.

Material

Patientenserum, 0,1 mol/l HCl, 0,1 mol/l NaOH, frisches oder frisch eingefrorenes AB-Serum, Bromelin, frische Testerythrozyten 0 Rh-negativ und P1-positiv, eventuell frische A-Testzellen, Autohämolysin haltiges Kontrollserum (eventuell Isohämolysin haltiges 0-Serum), physiologische NaCl- oder Phosphatpufferlösung, gegebenenfalls Medikamente und Veronalpuffer, pH-Meter. Siehe Beitrag 27.6.1.10 – Medikamenten-induzierte Hämolysine).

Hinweise

In der Regel ist die hämolytische Komplementaktivität der Patientenseren nicht bekannt. Bei Immunhämolysen kann sie deutlich vermindert sein. Es empfiehlt sich daher generell der Zusatz von frischem AB-Serum als Komplementquelle.

Da die Autohämolysine der unterschiedlichen Formen der Immunhämolyse in den verschiedenen Testverfahren nicht spezifisch reagieren, muss die Spezifizierung zeitweise anhand der vergleichenden Untersuchung in den verschiedenen Testverfahren erfolgen.

Von dem am stärksten positiven Testverfahren wird auf die zu Grunde liegende Hämolyseform rückgeschlossen. Daher sollten die verschiedenen Testansätze zum Nachweis von Autohämolysinen immer parallel und mit demselben Testmaterial einschließlich der Testzellen durchgeführt werden.

Da bithermische Kältehämolysine am deutlichsten mit P1s-Zellen reagieren, sollten die verwendeten Testzellen generell diese Spezifität besitzen.

Unter Umständen gelingt die Unterscheidung z.B. von bithermischen und monothermischen Kältehämolysinen nur durch Feststellung ihrer Ig-Klasse, indem die Seren mit Dithiothreitol vorbehandelt oder die Antikörper mittels Affinitätschromatographie adsorbiert werden.

Positive Kontrollen sind nur in einem der durchgeführten Hämolyseverfahren erforderlich.

27.6.1.7 Wärmehämolysine

Durchführung der Bestimmung

Vorbereitung: Die Testerythrozyten werden nach gründlichem Waschen, z.B. 500 μl Sediment mit dreimal 10 ml physiologischer Kochsalzlösung, in zwei Portionen geteilt. Das Sediment der einen Portion wird mit gleichem Volumen Bromelin vermischt und 5 min bei 37 °C inkubiert. Anschließend werden die Erythrozyten dreimal mit kalter (4 °C) physiologischer NaCl gewaschen. Fermentierte und unbehandelte Erythrozyten werden 1 + 1 mit physiologischer NaCl- oder Phosphatpufferlösung (50 %ige Erythrozytensuspension) suspendiert und in den Test eingebracht. Die Suspension kann nur am Tag der Herstellung verwendet werden und darf keine spontane Hämolyse aufweisen. Ist das der Fall, ist die Dauer der Fermentierung oder die Konzentration des Bromelins zu reduzieren.

Patienten- und AB-Serum werden 1+1 gemischt und mit 0,1 mol/l HCl (und 0,1 mol/l NaOH) auf einen pH von 6,5 vorsichtig eingestellt (Säure- bzw. Basenlösung an der Glaswand herunter laufen lassen).

Testansätze: In zwei Coombsröhrchen werden je 100 μl Serum (Patienten- und AB-Serum 1 + 1, pH 6,5) pipettiert. Zu je einem Ansatz werden 20 μl fermentierte bzw. nicht fermentierte Erythrozyten hinzu gemischt. Anschließend werden die Ansätze 60 min bei 40 °C im Wasserbad inkubiert. Alle 15 min und am Schluss müssen die Röhrchen gründlich aufgeschüttelt werden. Danach werden die Röhrchen 2 min bei 1.000 × g zentrifugiert. Vor einem weißen Blatt Papier wird der Überstand (ohne Aufschütteln) auf Hämolyse beurteilt, wobei jeweils gegen den entsprechenden negativen Kontrollansatz verglichen wird.

Kontrollen: Für die negativen Kontrollen werden die Seren zweier Ansätze (Patienten- und AB-Serum 1 + 1, pH 6,5) vor Zugabe der fermentierten bzw. nicht fermentierten Erythrozyten 15 min bei 56 °C inaktiviert. Als positive Kontrollen sollten Ansätze mit Autohämolysin haltigem Kontrollserum und fermentierten Erythrozyten mitgeführt werden.

Steht kein Autohämolysin haltiges Kontrollserum zur Verfügung, sollten die Kontrollen mit Isohämolysin haltigem 0-Serum gegen nicht fermentierte Testzellen der Blutgruppe A erfolgen, um auf diese Weise wenigstens die Komplementaktivität des AB-Serums zu kontrollieren.

27.6.1.8 Kältehämolysine

Testvorbereitung und Testansätze erfolgen gemäß den Angaben in Beitrag 27.6.1.7 – Wärmehämolysine. Nach dem Ansetzen sind die Röhrchen 20 sec im Wasserbad bei 37 °C aufzuschütteln und danach 2 h bei Raumtemperatur (22 °C) zu inkubieren. Die positiven Kontrollen können sich auf die Ansätze mit Autohämolysin haltigem Serum und nicht fermentierten Erythrozyten beschränken. Hinsichtlich der weiteren methodischen Einzelheiten siehe Beitrag 27.6.1.7– Wärmehämolysine.

27.6.1.9 Bithermische Kältehämolysine

Donath-Landsteiner

Vorbereitung: Wie in Beitrag 27.6.1.7 – Wärmehämolysine beschrieben, wobei die Seren auf einen pH von 7,4 eingestellt werden müssen.

Testansätze: Wie in Beitrag 27.6.1.7 – Wärmehämolysine. Davon abweichend werden die Ansätze erst 30 min im Eiswasserbad inkubiert, danach schnell in ein 40 °C warmes Wasserbad überführt, wo die Röhrchen nach gründlichem Aufschütteln noch einmal 60 min inkubiert werden. Während der Inkubationsphasen sind die Ansätze regelmäßig aufzuschütteln. Siehe Beitrag 27.6.1.7 – Wärmehämolysine.

27.6.1.10 Medikamenten induzierte Hämolysine

Vorbereitung: Intravenös und intramuskulär applizierbare Medikamente werden den Testansätzen unverdünnt sowie 1 : 5 und 1 : 10 in Phosphatpuffer verdünnt zugesetzt. Oral applizierte Medikamente werden möglichst in ihrer Darreichungsform als Tropfen verwendet. Tabletten müssen mit Mörser zerkleinert werden. Tropfen und Pulver werden in Phosphatpufferlösung gelöst, wobei die Endkonzentration derjenigen in vivo entsprechen sollte, gegebenenfalls unter Erhitzen, und falls nicht löslich, in Veronalpuffer (pH 7,5). Für eine Reihe von Medikamenten ist eine Konzentration von ca. 1 mg/ml adäquat. Eine weitere Verdünnung in Phosphatpuffer kann nötig sein, um eine direkte toxisch bedingte Hämolyse durch das entsprechende Medikament zu verhindern (negative Kontrollen). Nicht gelöste Reste von Medikamenten werden durch Filtration entfernt.

Fermentierte und unbehandelte Erythrozyten werden mit den entsprechenden Lösungen der Medikamente 30–60 min bei 37 °C unter regelmäßigem Aufschütteln inkubiert, anschließend mit Phospatpufferlösung pH 7,4 dreimal gewaschen und als 50 %ige Suspension in den Test eingebracht.

Patienten- und AB-Seren werden auf einen pH von 7,0–7,4 eingestellt.

Testansätze: Die Hämolysetests werden gemäß den Angaben für Wärmehämolysine entweder unter Zusatz von 20 μl der entsprechenden Lösungen der Medikamente oder mit Medikament beladenen Erythrozyten durchgeführt. Wenn diese Testansätze negativ ausfallen, sollten bei dringendem klinischen Verdacht auf eine Medikamenten induzierte immunhämolytische Anämie statt der Medikamentenlösung 50 μl Serum oder isoton eingestellter Urin von gesunden Probanden nach Medikamentenexposition hinzugesetzt werden.

Kontrollen: Als Kontrollen sind zusätzlich zu den in Beitrag 27.6.1.7 – Wärmehämolysine genannten Ansätzen solche mitzuführen, in denen die Medikamente allein mit AB-Serum statt mit Patientenserum geprüft werden, um eine direkte toxische Wirkung der Medikamente auf die Erythrozyten zu erkennen. Wenn diese negative Kontrolle positiv ausfällt, ist die Konzentration der Medikamente zu reduzieren.

27.6.1.11 Titration von Hämolysinen

Die Titration von Hämolysinen kann notwendig sein, um Prozonenphänomene auszuschließen, die durch eine Anti-Komplementarität der Seren, z.B. nach dem Einfrieren, zustande kommen kann. Darüber hinaus ist durch die vergleichende Titration in den verschiedenen Verfahren das Reaktionsoptimum von Hämolysinen leichter zu erfassen, was für deren Spezifizierung hilfreich ist.

Jeweils 100 μl frisches AB-Serum (entsprechend dem jeweiligen Verfahren im pH eingestellt) werden in die Röhrchen einer Titerreihe vorpipettiert. Es wird eine geometrische Verdünnungsreihe hergestellt, indem dem ersten Röhrchen 100 μl Patientenserum (mit eingestelltem pH) hinzu gemischt werden und anschließend daraus wieder 100 μl Serum entnommen und in das zweite Röhrchen überführt werden usw. Die übrigen methodischen Einzelheiten entsprechen je nach Verfahren den Angaben in Beitrag 27.5.1.7 – Wärmehämolysine, Beitrag 27.6.1.8 – Kältehämolysine, Beitrag 27.5.1.9 – Bithermische Kältehämolysine oder Beitrag 27.6.1.10 – Medikamenten-induzierte Hämolysine.

27.6.2 Automatisierbare Verfahren

Schon in den 60er Jahren war es möglich, die Bestimmung von Blutgruppen und den Antikörpernachweis mit Hilfe von LISS und Polybrene bzw. mit Enzymen zusammen mit Polymeren in Durchflussverfahren zu automatisieren /5455/. Die Verfahren eigneten sich nicht für Krankenhauslaboratorien und wiesen eine Vielzahl nicht identifizierbarer, klinisch irrelevanter Antikörper nach.

Die neueren Verfahren nutzen Karten oder Mikrotiterplatten, sind zuverlässiger, erfordern weniger Nachuntersuchungen und weisen mit deutlich höherer Nachweisempfindlichkeit als die klassischen manuellen Methoden klinisch relevante Antikörper nach. Diese Methoden erlauben eine manuelle und automatische Durchführung. Siehe Beitrag 27.6.6 – Automation von Blutgruppenbestimmung und Antikörpersuchtest.

27.6.2.1 Mikrosäulen Agglutinationsmethode (Säulenagglutinations- bzw. Gelzentrifugationstechnik)

Prinzip

Als Reaktionsträger werden Plastikkarten mit 6 bzw.8 Mikroröhrchen verwendet. Die Mikroröhrchen besitzen oben eine Reaktionskammer, in welche Probenmaterial und notwendige Reagenzien pipettiert werden und in denen die ggf. notwendige Inkubation erfolgt. Hier finden während der Inkubation Antikörperbindung, Supplement- und Agglutinationsreaktionen statt. Die Reaktionskammern verjüngen sich nach unten hin zu einer mit Sepharose-Gel gefüllten Kapillare. Das Gel ist wahlweise in einem neutralen Medium (Neutralkarten) aufgenommen oder mit spezifischen Testantikörpern (z.B. gegen Blutgruppenantigene oder Antihumanglobluline) getränkt. Agglutinierte Erythrozyten werden bei der abschliessenden Zentrifugation, bei vorgegebener Zeit und g-Zahl je nach Größe der Agglutinate früher oder später im Gel zurückgehalten (Gelfiltration), während nicht agglutinierte Erythrozyten das Gel passieren und sich am Boden der Kapillare sammeln.

Neutralgelkarten werden zur Austestung von Antigenen verwendet. Dabei werden Testantikörper und zu untersuchende Erythrozyten in die Reaktionskammern pipettiert, die Ansätze inkubiert und abschließend zentrifugiert.

Ist das Gel mit Testantikörpern, z.B. Anti-A, Anti-B, Anti-Rh-Antikörpern oder Anti-K getränkt, werden die getesteten Erythrozyten mit den korrespondierenden Antigenen während der Zentrifugation agglutiniert und bleiben im Gel stecken (Abb. 27-4 – Prinzip des Mikrosäulen-Agglutinationstests).

Ist das Gel mit Antihumanglobulinreagenz versetzt (sogenannte Coombs- oder AHG-Karten), werden in gleicher Weise mit inkompletten Antikörpern beladene- und/oder mit Komplement beladene Erythrozyten während der Zentrifugation agglutiniert und im Gel zurückgehalten. Ungebundene Antikörper und andere Bestandteile des Plasmas spielen keine Rolle, weil sie bei der gewählten Geschwindigkeit der Zentrifugation zu langsam in das Gel eindringen. Die sonst beim indirekten Antihumanglobulintest notwendigen Waschvorgänge entfallen. Allerdings können Hämoglobinmoleküle, Fibringerinnsel und große Lipidpartikel die Gelkapillaren verstopfen, wenn sie bereits während der Inkubationsphase ins Gel eindringen. Dadurch können anschließend während der Zentrifugation die Erythrozyten teilweise zurückgehalten werden, sodass die Tests fälschlicherweise positiv erscheinen bzw. keine sichere Beurteilung erlauben.

Sehr starke Agglutinationsreaktionen (auch unspezifische), die bereits in der Reaktionskammer zustande kommen, sind durch eine rote Linie auf dem Gel gekennzeichnet. Solche, die durch Testantikörper bzw. Antihumanglobulin Reagenz im Gel ausgelöst werden, bilden eine rote Linie unter dem Gelspiegel. Mit Abnahme der Reaktionsstärke dringen die Erythrozyten tiefer ins Gel ein und verteilen sich in der Gelsäule. Sehr schwache Agglutinationsreaktionen sind nur noch durch eine unscharfe Begrenzung bzw. Schweifbildung des Erythrozytensediments gekennzeichnet. Die Agglutinationsreaktionen sind mindestens über einen Zeitraum von 12–16 h stabil, so dass sie nicht unmittelbar abgelesen werden müssen.

Inzwischen bieten eine Reihe von Herstellern Karten für Mikrosäulenagglutination an, die sich in Ausformung der Karten, Reihenfolge der vorgetropften Testantikörper und Gel-Matrix (Sephadex, Polyacrylamid oder Glaskügelchen) unterscheiden, was sich auf Dichte bzw. Transparenz des Gels auswirkt. Dadurch ergeben sich Unterschiede in der einzusetzenden Zelldichte, den zu verwendenden Verdünnungsmedien sowie die Darstellung der Reaktionen in Größe und Lage der Agglutinationen. Darüber hinaus verwenden die verschiedenen Hersteller unterschiedliche Antihumanglobulinreagenzien insbesondere hinsichtlich des Anti-C3d Gehalts, so dass sich die Karten unter anderem in der Nachweisbarkeit von komplementaktivierenden Antikörpern (insbesonders irrelevanten Kälteantikörpern) unterscheiden. Während der höhere Anti-C3d Gehalt für den Nachweis von Alloantikörpern (indirekter Antihumanglobulintest) nicht unbedingt von Vorteil ist, zumal wenn Plasma untersucht wird, ist dieser für die Erkennung von Immunhämolysen (direkter Antihumanglobulintest) unbedingt wünschenswert.

Material

Auf Grund der unterschiedlichen Testkarten der verschiedenen Hersteller können nur grobe Angaben gemacht werden. Es sind jeweils die Gebrauchsanleitungen der Hersteller zu beachten:

  • Patientenserum, Patienten- und Testerythrozyten in LISS- oder NaCl- oder Bromelinaufschwemmung (0,6–5 %ig je nach Hersteller).
  • Karten mit Testantikörpern, Neutralkarten, Karten mit poly- und monospezifischen Antihumanglobulinreagenzien, Karten mit Anti-IgG, gebrauchsfertige Diluent-Lösungen (LISS, Bromelin).
  • Volumen-einstellbare Pipetten; Inkubatoren, Spezialzentrifugen für standardisierte Zentrifugation der Karten.

Anwendung

Antigenbestimmungen: Am einfachsten ist die Verwendung von Karten, bei denen die Trennmedien bereits mit Testantikörpern versetzt sind.

Die Antigenbestimmung kann auch mit separaten Testantikörpern in Neutral- oder Coombs-Karten erfolgen, indem diese den zu untersuchenden Zellen in der Reaktionskammer hinzugesetzt werden. Dies ist insbesondere dann notwendig, wenn entsprechend vorgefertigte Karten mit Antikörpern gegen die zu untersuchenden Antigene nicht zur Verfügung stehen, z.B. seltene Antigene oder Partialantigene, andererseits die höhere Nachweisempfindlichkeit des Mikrosäulen-Agglutinationstests genutzt werden soll.

Dabei sind entsprechende Voruntersuchungen und eventuell Testmodifikationen notwendig, um Prozonenphänomene und kontaminierende andere Antikörper auszuschließen /56/.

Antikörpernachweis: Neutralkarten werden für den Nachweis von AB0-Antikörpern im Rahmen der Serumgegenprobe und bei Enzymzusatz oder Verwendung von fermentierten Testerythrozyten für Nachweis und Differenzierung von Enzym reaktiven Antikörpern angewendet.

Für Nachweis und Identifizierung von Antikörpern mit dem indirekten Antihumanglobulintest werden überwiegend Karten eingesetzt, die polyspezifisches Antihumanglobulin Reagenz enthalten.

Zur Erkennung und Abgrenzung von transfusionsrelevanten Alloantikörpern von Komplement aktivierenden Kälteautoantikörpern mit breiter Temperaturamplitude bieten sich Karten an, die nur Antihuman-IgG enthalten. Allerdings muss durch strenge Einhaltung von 37 °C bei Vorinkubation der Reagenzien und bei Inkubation der Testansätze verhindert werden, dass die Erythrozyten schon vor der Zentrifugation durch die Kälteantikörper agglutiniert werden.

Die nähere Differenzierung der mittels direktem Antihumanglobulintest gefundenen Beladung mit Humanglobulin ist mit Testkarten möglich, die mit verschiedenen monospezifischen Coombsseren (Antihuman-IgG, -IgA, -IgM, -C3c, -C3d) versetzt sind.

Durchführung

Antigenaustestung: Verschiedene methodische Möglichkeiten werden empfohlen:

  • Die einfachste methodische Möglichkeit nutzt Karten, die mit entsprechend geeigneten monoklonalen Testantikörpern vorgefertigt sind. In LISS aufgeschwemmte Erythrozyten werden in die Reaktionskammer pipettiert. Dann werden die Karten ohne weitere Inkubation in den dafür vorgesehenen speziellen Zentrifugen zentrifugiert. Die Ablesung erfolgt über einer Lichtquelle unter Betrachtung von Vorder- und Rückseite der Karten. Diese Methodik wird u.a. für AB0-, Rh-, und MN-Antigen-Bestimmung angeboten.
  • Vor allem bei Verwendung humaner (polyklonaler) Antikörper müssen die Erythrozyten mit einer Protease vorbehandelt werden. Hierbei werden ungewaschenes Erythrozytensediment in Bromelinlösung aufgenommen und 10 min bei Raumtemperatur inkubiert. Davon werden dann 10 μl in die Reaktionskammern der Testkarten pipettiert, deren Gel bereits mit den entsprechenden Testantikörpern versetzt ist. Im Weiteren entspricht die Methodik der im vorangestellten Abschnitt. Mit dieser Methodik können die Antigene des AB0-, Rh-, Kell-, Lutheran-, Lewis- und Kidd-Systems bestimmt werden.
  • Soll mit separaten Testantikörpern getestet werden, verwendet man Neutralgelkarten für komplette (IgM) und Coombskarten für inkomplette Antikörper (IgG). In die Reaktionskammern der Karten werden in LISS suspendierte Erythrozyten (z.B. 50 μl) und der Testantikörper (z.B. 25 μl) pipettiert. Dann werden die Karten je nach eingesetztem Testantikörper bis zu 15 min bei dessen Temperaturoptimum inkubiert, danach zentrifugiert und schließlich die Ergebnisse abgelesen. Direkt agglutinierende Testantikörper für Untersuchungen auf Neutralkarten können den Zusatz von Reaktionsverstärkern benötigen, um ausreichend robuste Agglutinate zu erzielen /56/.

Antikörpernachweis: Es bestehen verschiedene methodische Möglichkeiten.

Enzymtest: Nacheinander werden Testerythrozyten, zu untersuchendes Serum/Plasma und Bromelin-Lösung in die Reaktionskammern von Neutralgelkarten pipettiert, 15 min bei 37 °C inkubiert und abschließend zentrifugiert. Auf die Durchführung des Tests bei Raumtemperatur sollte im Rahmen des Antikörpersuchtests verzichtet werden. Lediglich zur besseren Abgrenzung bzw. Erkennung von Kälteantikörpern ist die Inkubation bei Raumtemperatur im Rahmen zielgerichteter Untersuchungen, z.B. zur Abklärung von Lewis-Antikörpern, sinnvoll.

Noch sensitiver wird der Enzymtest, wenn papainisierte Testerythrozyten verwendet werden. Auf den Zusatz des Bromelins wird dann verzichtet. Vom Hersteller werden die notwendigen Reagenzien einschließlich Gebrauchsanleitung für die Papainisierung der Testerythrozyten mitgeliefert. Frische Zellen sind nach Fermentierung in entsprechender Konservierungslösung 4 Wochen haltbar.

Indirekter Antihumanglobulintest: Verwendet werden die Coombskarten. Gegenüber dem Enzymtest entfällt der Zusatz von Bromelinlösung. Die Verdoppelung des Serum-/Plasmavolumens und/oder die Verlängerung der Inkubationszeit steigern die Empfindlichkeit. Wird der Test für Kreuzproben eingesetzt, müssen die Spendererythrozyten in dem Diluent vom Kartenhersteller aufgeschwemmt werden. Durch zusätzliches einmaliges Waschen der Spenderzellen mit physiologischer Kochsalzlösung können unspezifische Testergebnisse reduziert und die Nachweisempfindlichkeit verbessert werden. Die bei negativem Ergebnis des indirekten Antihumanglobulintests in der Röhrchentechnik notwendige Coombskontrolle entfällt, da der Test nicht infolge mangelhaften Waschens oder überschüssiger Immunglobuline falsch negativ werden kann, wie das beim Röhrchentest der Fall ist.

Direkter Antihumanglobulintest: 50 μl einer entsprechenden Aufschwemmung der Erythrozyten werden in die Reaktionskammern der mit poly- und monospezifischen Antihumanglobulin Reagenz vorgefertigten Karten pipettiert und sofort zentrifugiert. Eine hinsichtlich Beladung mit Komplement sensitivere Alternative besteht darin, Karten mit Neutralgel zu verwenden und die Erythrozyten mit den verschiedenen poly- und monospezifischen Antihumanglobulin Reagenzien (je 50 μl) vor Zentrifugation mindestens 15 min. bei Raumtemperatur zu inkubieren.

Kontrollen: Beim Antikörpersuchtest mit Säulenagglutination ist das Mitführen einer Eigenkontrolle bei jedem Zentrifugenlauf wünschenswert. Wird der Antikörpersuchtest jedoch mit 3 Testpopulationen durchgeführt muss der Eigenansatz in der Regel aus Platzgründen entfallen. Der Eigenansatz kann entfallen, wenn der direkte Antihumanglobulintest im Rahmen der Blutgruppenbestimmung durchgeführt wird. Darüber hinaus kann der Eigenansatz noch bei Positivität des Antikörpersuchtests nachgeholt werden.

Durch den Wegfall des störanfälligen Waschvorgangs sind einmal pro Tag positive und negative Kontrollen zur Überprüfung der Nachweisempfindlichkeit und Spezifität ausreichend.

Hinweise

Methodisch kritisch sind Transport und Lagerung der Karten, Temperatur der Inkubation und von Seren und Reagenzien, die Reihenfolge und Platzierung der Reaktionspartner beim Pipettieren sowie die Dauer und Geschwindigkeit der Zentrifugation.

Die Gelkarten müssen oberhalb des Gels einen schmalen Flüssigkeitsspiegel zeigen, da anderenfalls mit einer hohen Frequenz von unspezifischen Reaktionen zu rechnen ist /13/.

Es müssen grundsätzlich zuerst die Erythrozyten so in die Reaktionskammer pipettiert werden, dass das Serum nicht vorzeitig ins Gel diffundieren kann. Im Übrigen gelten die unter Beitrag 27.6.1.1 – Agglutinationstests und Beitrag 27.6.1.3 – Supplementtests dargelegten Aspekte.

Die genaue Einhaltung der Bedingungen der Zentrifugation beeinflusst die Nachweisempfindlichkeit und Spezifität. Bei ungenügender Zentrifugation treten vermehrt falsch-positive Ergebnisse auf, bei zu starker Zentrifugation leidet die Nachweisempfindlichkeit. Schwenkt die Kartenhalterung nicht völlig in die Horizontale, ist das Erythrozytensediment seitlich unscharf begrenzt bzw. es bildet sich darüber seitlich ein Erythrozytenschweif aus. Daher sollte eine die Gelsäule abdichtende Folie vollständig entfernt bzw. bei ungenutzten Säulen entsprechend gekürzt werden.

Generell können die Erythrozyten in allen Tests ungewaschen eingesetzt werden. Bei unspezifischen oder schwachen Reaktionen kann das Waschen der Erythrozyten die analytische Spezifität und Nachweisempfindlichkeit der Tests erhöhen. Bei Wiederholung von zweifelhaft positiven Kreuzproben empfiehlt sich daher das vorherige Waschen der Spendererythrozyten. Die Verwendung von Erythrozytensuspensionen mit höherer Konzentration führt vor allem bei der Methode mit Glaskügelchen vermehrt zu unspezifisch positiven Testergebnissen.

Der Mikrosäulen Agglutinationstest zeigt eine deutlich höhere Nachweisempfindlichkeit als die Röhrchenmethoden /13575859/. Er ermöglicht eine objektivere und schnellere Beurteilung, erlaubt Zweitablesung auch noch nach einem Tag, benötigt weniger Reagenzien und Probenmaterial, der Materialabfall ist geringer, die Handhabung ist einfacher und das Verfahren ist automatisierbar. Im Rahmen der Bestimmung von Blutgruppenantigenen werden Mischblute bzw. Mischfeldagglutinationen leicht erkennbar.

Die Ablesung sollte von beiden Seiten erfolgen.

Die Nachteile des Mikrosäulen-Agglutinationstests hängen im Wesentlichen von den gewählten methodischen Bedingungen ab. Die hohe Empfindlichkeit, auch beim Nachweis von klinisch irrelevanten, störenden Kälteantikörpern kann dadurch umgangen werden, dass in den entsprechenden Tests auf die Inkubation unterhalb von 37 °C verzichtet wird sowie Blutproben und Reagenzien mindestens auf Raumtemperatur vorgewärmt in den Test eingebracht werden /13/. Empfehlungen, den Antikörpersuchtest bei Raumtemperatur oder bithermisch im Rahmen der Blutgruppenbestimmung durchzuführen /60/ sind nicht sinnvoll, weil dadurch einerseits klinisch relevante Alloantikörper weniger sensitiv erfasst und andererseits unnötig oft Zeit aufwendige Nachuntersuchungen wegen unbedeutender Kälteantikörper erforderlich werden /60/.

Mit dem Mikrosäulen-Agglutinationstest werden auf Grund der hohen Nachweisempfindlichkeit immer wieder Antikörper ohne erkennbare Spezifität oder trotz eindeutiger Spezifität, aber von fraglicher klinischer Bedeutung nachgewiesen. Im Zweifelsfall sollte dann die Entscheidung hinsichtlich dringender Transfusionen anhand der Ergebnisse im indirekten Antihumanglobulintest mit Albumintechnik (Röhrchentest) gefällt werden. Es ist aufgrund der langen Erfahrung mit den Röhrchentests unwahrscheinlich, dass durch Antikörper, die nicht im indirekten Antihumanglobulintest mit Albumintechnik erfassbar sind, schwere, akute Transfusionsreaktionen ausgelöst werden. Die Analyse der IgG-Subklassen kann dazu beitragen, die klinische Bedeutung solcher Antikörper besser einzuschätzen.

Bei der Mikrosäulenagglutination wird relativ häufig die im Rahmen des Antikörpersuchtests mitgeführte Eigenkontrolle positiv. Der direkte Antihumanglobulintest zeigt meist eine IgG-Beladung der Patientenzellen. Klinische Bedeutung kommt diesen Befunden in der Regel nur zu, wenn der Patient Zeichen einer Hämolyse bzw. unklaren Anämie aufweist oder aufgrund der übrigen Untersuchungen der Verdacht besteht, dass erythrozytäre Allo- oder Autoantikörper bzw. Medikamenten induzierte Antikörper vorliegen können. Ohne klinischen Anhalt für eine Immunhämolyse bzw. unklare Anämie besteht bei schwachen Reaktionen (< 2+) oder negativem direkten Antihumanglobulintest im Röhrchen keine Notwendigkeit zu einer weiteren immunhämatologischen Diagnostik.

Der Antikörpersuchtest sollte mit den Erythrozyten von drei Testspendern durchgeführt werden. Dadurch können Antikörper, die Dosiseffekte zeigen, sowie Antikörper gegen seltenere Antigene eher nachgewiesen werden, weil Testzellen mit Homozygotie für die entsprechenden Antigene bzw. solche mit selteneren Antigenen, z.B. Cw, Lua, angeboten werden können.

In Folge der hohen Sensitivität sind Antigenbestimmungen mit der Mikrosäulenagglutinations Test bei der IgG-Beladung (positiver direkter Antihumanglobulintest) oder nach vorausgegangenen Transfusionen (Mischfeld-Agglutinationen) häufiger falsch positiv und nicht Aussage fähig. Dieses Problem kann durch Verwendung der weniger sensitiven Röhrchentests oft umgangen werden.

Im Allgemeinen werden die Testzellen vom Hersteller der Karten verwendet. Sollen Testzellen eines anderen Herstellers oder von Blutkonserven eingesetzt werden, ist die Aufschwemmung der Zellen im Suspensionsmediun (Diluent) des Kartenherstellers erforderlich.

27.6.2.2 Mikrotiterplattentests

Mikrotiterplatten können für einfache Agglutinationstests (siehe Beitrag 27.6.1.1 – Agglutinationstests) oder im Rahmen von Festphasen-Immunoassays eingesetzt werden:

  • Für einfache Agglutinationstests werden Mikrotiterplatten im Rahmen der Blutgruppenbestimmung (Antigen, Isoagglutinine) und zum Nachweis von agglutinierenden Antikörpern (Serumgegenprobe) verwendet (Abb. 27-5 – Bestimmung der AB0-Blutgruppenantigene und AB0-Antikörper auf unbeschichteten Mikrotiterplatten).
  • Bei Festphasen-Immunassays weisen die Mikrotiterplatten besondere Bindungsfähigkeit für Zellen und Antikörper auf, sodass die Vertiefungen der Mikrotiterplatten fest beschichtet werden können. Dabei stehen drei grundsätzlich unterschiedliche Verfahren zur Auswahl:
    a. Verfahren mit Verwendung von Indikatorzellen (Capture®).
    b. Verfahren mit Protein A-Beladung (Solid Screen Test®).
    c. Elektromagnetisches Verfahren (E.M.® Technology).

Durch die Verwendung monoklonaler Testantikörper können z.B. AB0- und Rh-Antigene unter gleichen Testbedingungen auf einer Platte bestimmt werden. Der Vorteil dieser Tests liegt in der Möglichkeit, sie leicht automatisch abarbeiten zu können, was bei entsprechend großer Probenzahl sinnvoll ist.

27.6.2.3 Festphasen-Immunoassay

27.6.2.3.1 Tests mit Verwendung von Indikatorzellen

Es bestehen 3 unterschiedliche Testanwendungen:

  • Die Plattenvertiefungen sind vom Hersteller bereits mit Testantikörpern (Anti-A, Anti-B, Anti-D usw.) für die Bestimmung von Blutgruppenmerkmalen beschichtet. Die hinzu pipettierten Erythrozyten, welche die entsprechenden Antigene aufweisen, werden gebunden. Nicht gebundene Zellen werden durch Waschen entfernt.
  • Die Plattenvertiefungen sind vom Hersteller bereits mit Erythrozytenmembranen (Antikörpersuchtest, Antikörperdifferenzierung, Serumgegenprobe) beschichtet. Antikörper im hinzugefügten Serum/Plasma, die gegen die angebotenen Antigene gerichtet sind, werden gebunden. Ungebundene Globuline werden mit dem Waschen entfernt.
  • Die Plattenvertiefungen müssen vom Anwender mit einem Erythrozytenmonolayer (Kreuzprobe und Antigenbestimmungen mit löslichen Testantikörpern) ausgekleidet werden. Im übrigen entspricht diese Anwendung der zuvor beschriebenen.

Siehe:

Bei allen 3 Anwendungen entstehen fest an den Plattenboden gebundene Komplexe von mit Antikörpern beladenen Erythrozyten bzw. Erythrozytenmembranen. Die zum Schluss hinzugesetzten Antihuman-IgG beladenen Indikatorzellen lagern sich an die gebundenen IgG-Antikörper. Nach Zentrifugation findet sich bei positiver Reaktion ein gleichmäßiger Zellrasen und bei negativer Reaktion eine knopfartige zentrale Ansammlung der Indikatorzellen.

Material

Probandenserum- oder -plasma; spezielle Mikrotiterplatten zur Selbstbeschichtung mit Testzellen oder Spenderzellen für Kreuzproben und Antigenbestimmungen mit löslichen Testantikörpern, Testantikörper, Testzellen, Spenderzellen; Mikrotiterplatten beschichtet mit getrockneten Membranen vonTesterythrozyten für den Antikörpersuchtest und evtl. Nachweis der Isoagglutinine; Mikrotiterplatten beschichtet mit Testantikörpern für die Antigenbestimmung, LISS, Indikator-Erythrozyten beladen mit Antihuman-IgG, Inkubator, Zentrifuge für Mikrotiterplatten, Waschgerät, Lichtkasten zum Ablesen.

Methode

Im Falle der unbeschichteten Platten müssen zuerst je 50 μl Erythrozyten in 1–3 %iger Kochsalzsuspension in die Plattenvertiefungen eingebracht und durch Zentrifugation der Platten (5 min bei 190 × g) eine Erythrozytenbeschichtung hergestellt werden. Bei allen Anwendungen werden dann zu jedem Ansatz 2 Tropfen (ca.100 μl) LISS und 1 Tropfen (ca 50 μl) Probandenserum mittels der zugehörigen Pipette hinzugefügt. Nach mindestens 15 min Inkubation bei 37 °C werden die Überstände dekantiert oder abgesaugt und die Platten sechsmal mit physiologischer Kochsalzlösung gewaschen. Danach werden 50 μl Indikatorzellen pro Ansatz hinzugefügt und die Platten anschließend sofort 3 min bei 370 × g zentrifugiert. Die Ablesung erfolgt über einem Lichtkasten.

Hinweise

Für Antikörpersuchtest und Antikörperidentifizierung sind die Assays mit Vorbeschichtung der Platten mit Erythrozytenmembranen eindeutig von Vorteil. Die Beschichtung mit Erythrozyten ist aufwändiger und die Testergebnisse durch den Hämoglobingehalt der Erythrozyten weniger zuverlässig beurteilbar.

Der Test mit Vorbeschichtung der Platten mit Membranen der Erythrozyten weist weit empfindlicher als die Röhrchentests (3–5 Titerstufen) und auch noch empfindlicher als die Gelzentrifugation im indirekten Antihumanglobulintest (ca. 1 Titerstufe) IgG-Antikörper nach /61/. Er ist möglicherweise auch noch sensitiver als andere Festphasen-Immunoassays /62/.

Im Gegensatz zu anderen Festphasen-Immunoassays und Röhrchentests erfasst der Test mit Vorbeschichtung der Platten mit Erythrozytenmembranen keine IgA- oder IgM-Antikörper bzw. Aktivierung von Komplement. Das ist im Hinblick auf die AB0-Antikörper ein Problem im Rahmen der Kreuzprobe. Daher sind zusätzliche Tests zur Sicherung der AB0-Kompatibilität erforderlich (siehe Beitrag 27.6.7 – Kreuzprobe). Durch die Tatsache, dass dieser Festphasentest z.B. mehrere Komplement-aktivierende Anti-Fya der Ig-Klasse M nicht erkannt hat, die unbedingt als klinisch relevant anzusehen sind, bestehen auch für den Einsatz als alleiniger Test zur Antikörpersuche im Rahmen der Empfängerserologie gewisse Bedenken /61/. Andererseits ist diese Methode allen anderen Verfahren hinsichtlich des Nachweises von Anti-Jk deutlich überlegen.

Der Festphasen-Immunoassay weist noch häufiger als mit der Methode der Säulenagglutination klinisch nicht relevante und unter Routinebedingungen nicht identifizierbare Allo- und Autoantikörper, die mit allen Testzellen reagieren. Siehe auch Beitrag 27.6.2.1 – Mikrosäulen-Agglutinationsmethode.

Ein weiterer Nachteil des Festphasen-Immunoassays für die Empfängerserologie besteht darin, dass die Eigenkontrollen keine direkt vergleichbaren Resultate darstellen, höheren Aufwand bedeuten und daher auch weg gelassen werden.

Dennoch wird der Festphasen-Immunoassay routinemäßig breit eingesetzt, zumal die dafür entwickelten Automaten die Arbeit deutlich erleichtern und bei korrektem und kontrolliertem Einsatz zuverlässige Ergebnisse liefern.

27.6.2.3.2 Test mit Protein A Beladung (Solid Screen Test)

Die Platten sind mit Protein A beschichtet, das selektiv, aber unspezifisch, IgG bindet. Testerythrozyten, die mit irregulären Antikörpern (IgG, IgA, IgM) und C3d beladen sind, binden Antihumanglobulin Reagenz (der IgG-Klasse), das die Erythrozyten an Protein A, über das IgG unspezifisch anlagert.

Siehe Abb. 27-8 – Bestimmung von irregulären erythrozytären Antikörpern mittels Protein A-beschichteter Testplatten

Material

Serum und Erythrozyten des Probanden, Testplatten mit Protein A-Beladung, papainisierte oder unbehandelte Test- bzw. Spendererythrozyten in Alsever’scher Lösung, LISS, Antihumanglobulinreagenz (modifiziertes, polyspezifisches Antihumanglobulin (mit monoklonalem Anti-C3d, -C3b) oder modifiziertes Anti-IgG allein, Phosphatpuffer, Rüttler, Inkubator, Waschgerät, Zentrifuge für Mikrotiterplatten, Lichtkasten.

Methode

Zunächst werden 50 μl Serum/Plasma und 50 μl Testerythrozyten oder Spendererythrozyten sowie Patientenerythrozyten (Eigenkontrolle) als 1 %ige LISS-Suspension in die Platten pipettiert, gemischt und 20 min bei 37 °C inkubiert. Alternativ können papainisierte Zellen in Alsever’scher Lösung eingesetzt werden. Danach folgt eine Zentrifugation (3 min bei 1.500 × g). Daran schließt sich sofort fünfmaliges Waschen mit Phosphatpuffer an. Dann werden 100 μl Antihumanglobulin Reagenz hinzugefügt und die Erythrozyten mit Hilfe des Rüttlers (2–3 min bei hoher Geschwindigkeit) vollständig resuspendiert. Abschließend werden die Platten 3 min mit 35–40 μg zentrifugiert. Dabei binden sich die mit Antihumanglobulin beladenen Erythrozyten gleichmäßig an das Protein A auf der Platte, während sich die unbeladenen Erythrozyten am Kammerboden ansammeln. Die Ablesung erfolgt über einem Lichtkasten. Positive Reaktionen sind durch Ausbildung eines Zellrasens, negative durch einen kompakten Erythrozytenknopf gekennzeichnet (Abb. 27-8 – Bestimmung von irregulären erythrozytären Antikörpern mittels Protein A-beschichteter Testplatten).

Hinweise

Der Festphasen-Immunoassay ist ein hochempfindliches Verfahren für Antikörper gegen Erythrozyten. Es erfasst je nach verwendetem Antihumanglobulin Reagenz IgG-, IgA-, IgM-Antikörper und C3d oder Antikörper der verschiedenen Immunglobulinklassen ohne C3d.

Durch Verwendung papainisierter Zellen erhöht sich die Nachweisempfindlichkeit für Rh-Antikörper. Andererseits nimmt die Anzahl unspezifischer Ergebnisse zu.

Der Test ist bei Verwendung papainisierter Zellen wegen der fehlenden Nachweisbarkeit von Antikörpern, die gegen Enzym-empfindliche Antigene gerichtet sind, nur in Verbindung mit einem zweiten Testsystem einsetzbar. Siehe Tab. 27-4 – Einfluss von Enzymen auf Blutgruppenantigene.

Wenn dieses Verfahren mit Automaten durchgeführt wird, ist die Bestimmung der Blutgruppenmerkmale mittels einfachen Agglutinations- und Supplementtests durchzuführen. Die verwendeten Platten enthalten entweder bereits eingetrocknete Testantikörper oder sämtliche Reagenzien müssen pipettiert werden.

27.6.2.4 Elektromagnetisches Verfahren

Das elektromagnetische Verfahren nutzt Magnetismus, um magnetisierte Erythrozyten ohne Zentrifugation zu sedimentieren. Um die Erythrozyten zu magnetisieren, werden sie mit Eisenchlorid-Lösung versetzt. Nach Inkubation von magnetisierten Patientenerythrozyten mit getrockneten Testantikörpern (Antigenbestimmung) bzw. von Patientenserum/-plasma mit magnetisierten Testerythrozyten (Serumgegenprobe) werden Magnetkräfte zur Sedimentation der Zellen eingesetzt. Agglutinierte Erythrozyten bilden nach abschließendem Aufschütteln einen zentralen Knopf, während sich nicht agglutinierte Zellen gleichmäßig verteilen. Das Ergebnisbild entspricht der Darstellung von Abb. 27-5 – Bestimmung der AB0-Blutgruppenantigene und AB0-Antikörper auf unbeschichteten Mikrotiterplatten.

Für den Nachweis irregulärer Antikörper (Antikörpersuchtest, Kreuzprobe) und die Antigenbestimmung von seltenen Antigenen werden Mikrotiterplatten mit Antihuman-IgG-beschichteten Vertiefungen und bereits magnetisierte Testerythrozyten (Antikörpersuchtest) bzw. vorher mittels Eisenchlorid-Lösung präparierte Spender- bzw. Patientenerythrozyten (Kreuzproben, Austestung seltener Antigene) verwendet. Nacheinander werden eine High-density solution, eine Verdünnungslösung (Screen solution), Patientenserum/-plasma und Testerythrozyten eingefüllt. Die High-density solution verhindert eine Reaktion von Antihuman-IgG mit IgG-Antikörpern der Patientenprobe. Nach Inkubation werden die Erythrozyten mittels Magnetkraft zur Sedimentation gebracht. Die mit Antikörpern beladenen Erythrozyten verteilen sich gleichmäßig über die Kammervertiefung (positives Testergebnis), nicht agglutinierte Erythrozyten bilden einen Knopf am Boden (negatives Testergebnis). Das Ergebnisbild entspricht den Darstellungen in Abb. 27-8 – Bestimmung von irregulären erythrozytären Antikörpern mittels Protein A-beschichteter Testplatten.

Das elektromagnetische Verfahren ist wie die anderen Methoden, die mit Mikrotiterplatten arbeiten, automatisierbar und hat den Vorteil, auf Zentrifugation verzichten zu können. Somit ist dieses Verfahren in dieser Hinsicht technisch weniger anfällig. Erste Studien mit diesem Verfahren sind sehr positiv verlaufen /636465/.

27.6.3 Blutgruppenbestimmung und Antikörpersuchtest

Die Bestimmung der Blutgruppen umfasst in der Regel die Bestimmung von AB0-Antigenen und Rh-Faktor D. Sie wird durch den Antikörpersuchtest auf irreguläre Antikörper gegen Erythrozyten ergänzt.

Vor allen invasiven und operativen Eingriffen, bei denen die Möglichkeit einer transfusionsbedürftigen Blutungskomplikation besteht, muss ein gültiger Blutgruppenbefund und ein aktuelles Ergebnis des Antikörpersuchtests des zuständigen Laboratoriums vorliegen. Darüber hinaus sind Blutgruppenbestimmung und Antikörpersuchtest Bestandteil der präpartalen und postnatalen immunhämatologischen Überwachung von Mutter und Kind. Siehe Beitrag 27.5.2.3 – Postpartale diagnostische Untersuchungen.

Bei Blutspendern müssen AB0-Blutgruppe, Rh-Formel und Kell-Merkmal bestimmt und die Erythrozyten-haltigen Blutkomponenten hinsichtlich dieser Merkmale ausgewiesen werden. Darüber hinaus sind regelmäßig Antikörpersuchtests durchzuführen, da plasmahaltige Blutkomponenten frei von Transfusions relevanten irregulären Antikörpern gegen Erythrozyten sein müssen.

27.6.3.1 AB0-Bestimmung

Untersuchungsumfang

Die vollständige AB0-Bestimmung besteht aus der Bestimmung der AB0-Antigene mit den Testantikörpern Anti-A, Anti-B in je einem Ansatz und dem Nachweis der korrespondierenden AB0-Antikörper mit den Testzellen der Blutgruppen A1, A2, B und 0 aus einer Blutprobe. Die Notwendigkeit auch mit Anti-AB zu testen, ist entfallen /37/, seit monoklonale Testantikörper eingesetzt werden. Anti-AB-Seren wurden in der Vergangenheit im Hinblick auf den Nachweis schwacher AB0-Varianten verwendet, die mit monoklonalem Anti-A und Anti-B sogar sensitiver erfasst werden.

Daher sind die Ansätze mit A2-Testzellen, bei Verwendung monoklonaler Testantikörper bei der AB0-Bestimmung ebenfalls überflüssig.

Methoden

Agglutinationstests bei Raumtemperatur mit manuellen Röhrchentests, Objektträgertests, Gelzentrifugations-Technik, Mikrotiterplattentechnik oder Festphasen-Immunoassay.

Bewertung

Ein endgültiger AB0-Blutgruppenbefund kann nur festgelegt werden, wenn deutliche Agglutinationen mit Testantikörpern und Testzellen vorliegen, keine Extrapositivitäten gefunden werden und die festgestellten AB0-Antigene mit den Isoagglutininen korrespondieren. Andernfalls sind weiterführende Untersuchungen zur Klärung notwendig. Dabei sind auch die Ergebnisse der Kontrollen (Eigenkontrollen, Rh-Kontrollen) und des Antikörpersuchtests in die Überlegungen mit einzubeziehen.

Folgende Fakten müssen beachtet werden:

  • Am häufigsten werden falsche Blutgruppenbefunde durch Verwechslung von Proben bzw. Patienten und Übertragungsfehler verursacht. Fehlbestimmungen sind die Ausnahme. Eine Reihe von irregulären Befunden kann die Bestimmung der AB0-Merkmale erschweren (Tab. 27-22 – Probleme bei der Blutgruppenbestimmung).
  • Es muss strengstens auf Sicherung der Identität der untersuchten Personen geachtet und der Befund möglichst durch eine zweite, unabhängig entnommene Blutprobe bestätigt werden (Bestätigungstest). Die Ablesung von Blutgruppenbefunden muss bei manuellen Methoden nach dem Vieraugenprinzip erfolgen. Dabei müssen alle Arbeitsschritte, die zu einer Verwechslung, fehlerhaften Zuordnung, Übertragung oder Befundung führen könnten, überprüft werden.
  • Eine Reihe von Problemen, in der Tab. 27-22 mit * gekennzeichnet, werden durch die Verwendung monoklonaler Testantikörper weitgehend vermieden.
  • Die Neutralisation von Testantikörpern durch hohe Konzentration löslicher Antigene besteht nur bei Verwendung ungewaschener Patientenzellen im Röhrchen- oder Objektträgertest.

Chimerismus und AB0-ungleiche Vortransfusionen (2 Zellpopulationen) lassen sich als Mischfeldagglutination am ehesten mikroskopisch bzw. sehr viel einfacher in der Säulenagglutination erkennen, indem man agglutinierte und nicht agglutinierte Zellen gleichzeitig findet.

Bombay- und Para-Bombay-Blutgruppen können durch Nachtestung mit Anti-H relativ schnell geklärt werden (Negativität).

Bei mangelnder Nachweisbarkeit der Isoagglutinine können Röhrchentests mit längerer Inkubationsdauer und abschließender Zentrifugation und die Säulenagglutination aufgrund ihrer höheren Nachweisempfindlichkeit weiter helfen. Statt der Serumgegenprobe kann dann zur Sicherung der AB0-Blutgruppe auch ein zweiter Antigentest herangezogen werden (Anti-A, -B). Es müssen aber die Eigenkontrollen immer negativ ausfallen, damit nicht infolge von Autoagglutination (Pseudoagglutinationen oder Autoantikörper) fälschlicherweise die Blutgruppe AB bestimmt wird.

Kälteantikörper können meist durch Vorinkubation von Blut und Reagenzien sowie Testdurchführung bei 37 °C als Störfaktoren ausgeschaltet werden. Siehe Beitrag 27.5.3.2 – Kälteagglutinine und monothermale Kältehämolysine.

Pseudoagglutinationen treten seltener mit monoklonalen Testreagenzien auf, da diese weniger kolloidale Zusätze im Ansatz benötigen. Im Übrigen hilft meist Waschen der Zellen. Häufig ist das Problem nicht mehr existent, wenn eine neue Blutprobe (möglichst Citrat- oder EDTA-Blut) untersucht wird, weil inzwischen die störenden Faktoren, z.B. Infusionslösungen oder Medikamente, weggefallen sind.

27.6.3.2 Rh-Bestimmung

Untersuchungsumfang

Im Rahmen der Blutgruppenbestimmung ist zumindest der Rh-Faktor D [Rh(D)] zu bestimmen. Für die zusätzliche Bestimmung der Rh-Merkmale C, E (mit Anti-CDE) oder der Rh-Formel, wenn der Rh-Faktor nicht im Agglutinationstest nachweisbar ist, besteht gewöhnlich keine Notwendigkeit. Lediglich bei Blutspendern, Mädchen und gebärfähigen Frauen, chronisch transfusionspflichtigen Patienten sowie Transfusionsempfängern mit irregulären Antikörpern gegen Erythrozyten sollte auch die Rh-Formel bestimmt werden.

Erythrozytenkonzentrate müssen die Rh-Formel ausweisen, um bei Vorliegen von Rh-Antikörpern beim Empfänger schnell kompatible Präparate zur Hand zu haben.

Die verschiedenen Rh-Antigene müssen nach den derzeit gültigen Richtlinien in Deutschland immer mit je zwei unterschiedlichen Testantikörpern unter Einbeziehung einer Eigenkontrolle untersucht werden /37/. Für die Untersuchung von Rh(D) sind monoklonale Testantikörper unterschiedlicher Zellklone unabdingbar /10/. Bei der Qualität der monoklonalen Rh-Reagenzien erscheint die Doppelbestimmung der Merkmale CcEe bei Patienten in der Regel unnötig. Die Doppelbestimmung dieser Merkmale ist lediglich gerechtfertigt, wenn korrespondierende Antikörper vorliegen bzw. zu berücksichtigen sind oder Blutspender typisiert werden.

Methoden

Bei Verwendung von monoklonalen Antikörpern oder agglutinierenden polyklonalen Testseren können einfache Agglutinationstests im Röhrchen, auf dem Objektträger oder in Mikrotiterplatten mit kurzer Inkubation bei Raumtemperatur durchgeführt werden (siehe Beitrag 27.6.1.1 – Agglutinationstests). Als monoklonale Antikörper sollten für den Agglutinationstest IgM-anti-D-Testreagenzien herangezogen werden, welche die Kategorie DVI nicht erfassen /10/. Mit inkompletten polyklonalen Testseren sind Supplementtests mit 15–30 min Inkubation bei 37 °C erforderlich. Generell sind die Angaben der Hersteller zu beachten. Inzwischen haben sich auch für die Bestimmung von partial D die Säulenagglutinationstests bewährt. Es können entweder vorgefertigte Testkarten oder separate Testantikörper hierfür eingesetzt werden.

Kontrollen: In den Eigenkontrollen (Rh-Kontrollmedium) sind die zu untersuchenden Erythrozyten unter identischen Testbedingungen gegen das Medium der Testantikörper zu prüfen.

Hinweise

Neben den bereits unter dem Beitrag 27.6.3.1 – AB0-Bestimmung geschilderten Problemen, die für die AB0- und Rh-Bestimmung gleichermaßen gelten, verursachen unterschiedlich abgeschwächte D-Varianten diagnostische und transfusionsmedizinische Probleme (siehe Beitrag 27.6.3.2 – Rh-Bestimmung). Diese, früher als Du bezeichneten Merkmale, können heute durch Verwendung monoklonaler Testantikörper sensitiver, spezifischer und differenzierter bestimmt werden /10/.

Unter routinemäßigen Bedingungen kommt es im Rahmen der Empfänger-Diagnostik jedoch nur darauf an, schwache D-Formen möglichst als Rh(D)-positiv und DVI als Rh(D)-negativ zu definieren, um die betreffenden Patienten transfusionsmedizinisch entsprechend betreuen zu können. Daher werden monoklonale Testantikörper empfohlen, welche die Kategorie DVI nicht erfassen. Dadurch wird bewusst in Kauf genommen, dass DVI sowie sehr schwache Formen von weak D und D-negativ unter Routinebedingungen nicht unterschieden werden, weil hierfür aufwendigere Untersuchungen erforderlich wären.

Bei Blutspendern soll durch Erweiterung der Untersuchung, z.B. indirekter Antihumanglobulintest mit polyklonalem Anti-D oder einem Anti-D, dass auch DVI erfasst (z.B. Anti-Dblend), auch der Nachweis von sehr schwachem weak D und DVI geführt werden. Eine Unterscheidung zwischen diesen durch Verwendung spezieller Subsets monoklonaler Testantikörper ist allerdings nicht erforderlich.

Die im Beitrag 27.6.3.1 – AB0-Bestimmung vorgeschlagenen Maßnahmen zur Lösung der verschiedenen Probleme können analog auf die Rh-Bestimmung übertragen werden.

Bewertung

Untersuchungsspektrum und Befundinterpretation sind bei Patienten und Blutspendern unterschiedlich. Aus praktischen Gründen und wegen der minimalen Chance, dass Mütter durch sehr schwache weak D-Zellen oder DVI-Zellen von Neugeborenen immunisiert werden können, besteht keine Notwendigkeit, Neugeborene wie Spender zu untersuchen.

Ergebnisinterpretationen der Rh(D)-Bestimmung bei Patienten und Neugeborenen, wenn mit zwei monoklonalen Anti-D-Reagenzien, die DVI nicht erfassen, untersucht wird:

1. Rh(D)-positiv, wenn die Ansätze mit beiden Anti-D Testantikörpern bei negativer Eigenkontrolle deutlich positiv (≥ 2+) ausfallen.

2. Rh(D)-negativ, wenn die Ansätze mit beiden Anti-D-Testantikörpern, unabhängig vom Ergebnis der Eigenkontrolle, eindeutig negativ ausfallen.

3. Weitere Tests, z.B. indirekter Antihumanglobulintest mit inkomplettem, polyklonalen Anti-D oder z.B. Anti-Dblend, einschließlich Eigenkontrolle sowie positiver und negativer Kontrolle sind zu empfehlen, wenn bei negativer Eigenkontrolle die beiden Ansätze mit Anti-D sehr schwach positiv (< 2+) oder widersprüchlich ausfallen. Dadurch sollen unspezifische Positivitäten und Autoantikörper als Ursache erkannt werden. Die Befundinterpretation ist:

  • Rh(D)-negativ, wenn der indirekte Antihumanglobulintest negativ ist, vorausgesetzt, dass die hierbei immer mitgeführten positiven und negativen Kontrollen korrekt ausfallen. Dieser Befund lässt sich durch unspezifische Reaktionen im Agglutinationstest erklären. Die beschriebene Befundkonstellation liegt auch vor bei RH27, das mit einer Frequenz < 1 : 60.000 vorkommt /66/ und nur mit IgM-Anti-D erfasst wird. Empfänger dieser Rh-Eigenschaft werden durch Rh (D)-positives Blut gegen D nicht immunisiert.
  • Rh(weak D)-positiv, wenn der indirekte Antihumanglobulintest bei negativem Eigenansatz und korrektem Ergebnis der positiven und negativen Kontrolle positiv ausfällt. Da bereits ein direkter Agglutinationstest mit den monoklonalen Antikörpern, die DVI nicht erfassen, zumindest schwach positiv war, kann das Ergebnis nicht durch DVI bedingt sein.

4. Wie unter 3. sind weitere Tests erforderlich, wenn neben den Ansätzen mit Anti-D auch die Eigenkontrolle positiv ausfällt. Die Befundinterpretation ist dann:

  • Rh(D)-positiv, wenn der indirekte Antihumanglobulintest mit Anti-D positiv wird, die parallel mitgeführte Eigenkontrolle im indirekten Antihumanglobulintest jedoch negativ ausfällt. Das Ergebnis der Eigenkontrolle im vorangegangenen direkten Test war offensichtlich unspezifisch bedingt.
  • Rh(D) nicht bestimmbar, wenn auch im indirekten Antihumanglobulintest der Ansatz mit Anti-D und der Eigenansatz positiv ausfallen. Dieser Befund wird bei Autoantikörpern beobachtet. Die entsprechenden Patienten sollten Rh-negative Blutpräparate erhalten. Möglicherweise lassen sich aber spezifische Ergebnisse bei Verwendung von Antihuman-IgG als Anti-Humanglobulinreagenz erzielen (bei Komplement-aktivierenden Autoantikörpern (siehe Beitrag 27.5.3.2 – Kälteagglutinine und monothermische Kältehämolysine). Weitere Möglichkeiten zur Bestimmung des Rh-Faktors siehe unter Autoimmunhämolysen (Beitrag 27.5.3 – Autoimmunhämolysen).

Prinzipiell kann neben einem monoklonalen Anti-D auch ein Anti-Dblend verwendet werden. Anti-Dblend stellt ein Gemisch aus (monoklonalen) IgM-D und IgG-Anti-D dar. Das IgM-Anti-D reagiert im direkten Agglutinationstest mit D-positiven Zellen, erfasst aber nicht DVI. Nach Überführung in den indirekten Antihumanglobulintest zeigt das IgG-Anti-D auch DVI an. Wird allerdings der Agglutinationstest mit ungewaschenen Zellen durchgeführt, so dass der Test wie ein Supplementtest im Proteinmilieu abläuft, kann DVI auch schon im direkten Test in der ersten Stufe (Agglutinationstest) erfasst werden und eine fehlerhafte Befundinterpretation nach sich ziehen.

Genauso kann neben einem monoklonalen Anti-D, das DVI nicht erfasst, auch polyklonales, komplettes Anti-D als 2. Reagenz eingesetzt werden, was allerdings die Interpretation der Ergebnisse noch mehr erschwert.

Alle Ergebnisse, die nicht übereinstimmend deutlich positiv oder negativ ergeben, sollten mit dem indirekten Antihumanglobulintest unter Verwendung von Anti-Dblend oder polyklonalem Antihumanglobulinserum weiter untersucht werden.

Folgendermaßen sind die Ergebnisse zu interpretieren, wenn ein inkomplettes, polyklonales Anti-D neben monoklonalem bzw. komplettem, nicht gegen DVI gerichtetes Anti-D als zweites Reagenz verwendet wird:

1. Beide oder eines der Anti-D-Reagenzien reagieren im direkten Ansatz abweichend bzw. nur schwach positiv bei adäquatem Ausfall der Kontrollen:

  • Rh(D)-negativ, wenn der indirekte Antihumanglobulintest negativ ausfällt, unabhängig davon, welches der beiden Anti-D Reagenzien im direkten Ansatz positiv war.
  • Rh(weak D)-positiv bei positivem indirekten Antihumanglobulintest und adäquatem Ausfall der Kontrollen, wenn bereits der direkte Ansatz mit monoklonalem Anti-D positiv war, da dann DVI ausgeschlossen sein dürfte.
  • Rh(D)-negativ als Empfänger und Rh(D)-positiv als Spender bei positivem Ergebnis des indirekten Anti-humanglobulintests, wenn der Ansatz mit komplettem oder monoklonalem Anti-D negativ und mit polyklonalem Antiserum positiv war, da letztere Reaktion durch DVI bedingt sein konnte.
  • Rh(D)-negativ als Empfänger und Rh(D)-positiv als Spender bei positivem Ergebnis des indirekten Anti-Humanglobulintests, wenn der Ansatz mit komplettem und monoklonalem Anti-D negativ war, da dann DVI vorliegen kann.

2. Positiver Ausfall der Eigenkontrollen: Es ergibt sich gegenüber den Untersuchungsbefunden mit zwei monoklonalen Anti-D-Reagenzien (siehe vorher) kein Unterschied hinsichtlich der Befundinterpretation.

Bei Verwendung zweier monoklonaler Testreagenzien sind weniger Rh-negative Befunde zu erwarten, sodass nicht unnötig vielen Patienten Rh-negative Blutkonserven transfundiert werden.

Rh(D)-Bestimmung bei Blutspendern

Auch wenn die Ansätze mit beiden Anti-D-Testreagenzien negativ ausfallen, muss generell durch weitere Diagnostik, z.B. mit Hilfe des indirekten Antihumanglobulintests unter Verwendung von IgG-Anti-D, das auch DVI erfasst oder eine geeignete RHD-PCR, eine schwache D-Variante ausgeschlossen werden. Ist der indirekte Antihumanglobulintest bei negativer Eigenkontrolle positiv, müssen die Blutkonserven dieser Spender als Rh-positiv gekennzeichnet sein. Im Notfall- oder Spenderausweis ist der Zusatz als Empfänger Rh-negativ, als Spender Rh-positiv einzutragen.

27.6.3.3 Bestätigungstest

Für die Bestätigung von Blutgruppenbefunden aus einer zweiten oder weiteren Blutprobe und zur Sicherung der Identität, z.B. auch bei Blutkonserven, eignet sich der ABD-Test mit Anti-A, -B, -D. Er kann in dem für das jeweilige Labor am wenigsten aufwendigen Verfahren durchgeführt werden (z.B. Plattentest). Bei Patientenblutproben ist er durch eine Eigenkontrolle, z.B. mit Rh-Kontrollmedium zu ergänzen. Blutgruppenbefunde in Notfallausweisen sollten möglichst durch Bestätigungstests aus einer zweiten Blutprobe gesichert sein.

27.6.3.4 Notfallbestimmung

Auch im Notfall muss die AB0- und Rh(D)-Bestimmung vollständig sein und die Serum-Gegenprobe einschließen, wenn noch kein gültiger Blutgruppenbefund in dem verantwortlichen Labor vorliegt. Solange die vollständige Blutgruppenbestimmung nicht abgeschlossen ist, müssen universal verträgliche Blutkomponenten transfundiert werden /67/. Allerdings bietet sich mit der Lateral-Flow-Technologie eine wesentlich schnellere und zuverlässige Alternative für die Notfallbestimmung an. Siehe Beitrag 27.6.1.2 – Lateral-Flow-Technologie.

27.6.3.5 Bestimmung bei Neugeborenen

Blutgruppenuntersuchungen von Neugeborenen und Säuglingen können keine endgültigen Befunde ergeben (siehe Beitrag 27.3.1 – ABH(0)-System). Daher sind Blutgruppenbefunde von Neugeborenen und Säuglingen entsprechend zu kennzeichnen als vorläufiger Befund. Dennoch sind die Blutgruppenmerkmale mit monoklonalen Testantikörpern relativ sicher zu bestimmen, insbesondere wenn empfindliche Testverfahren wie die Säulenagglutination zur Anwendung kommen.

Wenn nicht universal verträglich transfundiert wird, sollten die Ergebnisse durch Doppeltestung mit Reagenzien verschiedener Hersteller abgesichert werden.

27.6.3.6 Bedside-Test

Der Bedside Test, auch AB0-Identitätstest genannt, ist kein Labortest ! Er stellt lediglich einen Bestätigungstest der im Labor bei dem betreffenden Patienten bestimmten AB0-Blutgruppe dar. Er soll mögliche Verwechslungen von Patienten bzw. Blutkonserven unmittelbar vor Transfusion aufdecken und die gefürchtete AB0-Fehltransfusion vermeiden helfen. Er kann die Blutgruppenbestimmung im Labor nicht ersetzen, da er wesentlich störanfälliger und unsensitiver ist. Er ist immer unmittelbar am Patienten durchzuführen.

Die Ausweitung des Tests auf Rh(D) ist nicht erforderlich, aber seit Verfügbarkeit der schnell und deutlich anzeigenden monoklonalen Testreagenzien, zumindest für die Transfusion von Mädchen und noch gebärfähigen Frauen, erwägenswert. Die Untersuchung der Blutkonserven mittels Bedside-Test ist nur bei Eigenblutkonserven erforderlich, hilft aber generell dem Ungeübten bei der Beurteilung des Ergebnisses mit Patientenblut.

27.6.4 Andere Blutgruppenantigene

Generell sollen nach den gültigen deutschen Richtlinien sämtliche Antigene, soweit entsprechende Testantikörper verfügbar sind, mit zwei unterschiedlichen Reagenzien unter Einbeziehung von Eigenkontrollen sowie positiven (Antigen-positive Testzellen, wenn möglich heterozygot) und negativen (Antigen-negative Testzellen) Kontrollen bestimmt werden /37/. Die Testmethoden richten sich nach den Angaben der Reagenzienhersteller. Zuverlässigere Ergebnisse sind mit frischen, gewaschenen Erythrozyten aus Citrat- oder EDTA-Blut zu erwarten. Bei der Beurteilung der Ergebnisse sind vorausgegangene Bluttransfusionen zu berücksichtigen.

Die auf dem Markt befindlichen Testantikörper (vor allem die monoklonalen) erlauben die Bestimmung der Rh-Formel sowie z.B. der Merkmale K, k, Fya, Fyb mit einer so hohen Zuverlässigkeit, dass bei Empfängern Zweitbestimmungen verzichtbar sind.

27.6.5 Antikörpersuchtest

Der Antikörpersuchtest dient dazu, klinisch relevante und potentiell relevante Allo- und Autoantikörper gegen Erythrozyten außerhalb des AB0-Systems mit hoher Nachweisempfindlichkeit zu erfassen. Niedrigfrequente Antigene, z.B. Cob, Wra, Lua, Kpa, Bga und private Antigene können nicht regelhaft mit den Zellen von zwei oder drei Testblutspendern im Rahmen des Antikörpersuchtests angeboten werden. Daher können Antikörper gegen niedrigfrequente Antigene in der Regel nicht im Antikörpersuchtest nachgewiesen werden, weshalb er die Kreuzprobe nicht ersetzen kann. Irrelevante Kälteantikörper sollten durch entsprechende Wahl des Testverfahrens (Inkubationstemperatur beachten) im Antikörpersuchtest möglichst keine Rolle spielen.

Untersuchungsumfang

Der Antikörpersuchtest schließt in jedem Fall den indirekten Antihumanglobulintest oder einen auf diesem Prinzip basierenden Test ein. Er kann durch weitere Testmethoden wie z.B. den Enzymtest sinnvoll ergänzt werden (siehe Beitrag 27.2.3 – Serologische Reaktivität). Als Antigene müssen mindestens die Merkmale C, Cw, c, D, E, e, K, k, Fya, Fyb, Jka, Jkb, Lea, Leb, M, N, S, s und P1 auf zwei oder drei Suspensionen bzw. Populationen von Testzellen in den Test eingebracht werden /37/. Wegen ihrer hohen Antigenfrequenz weisen die Testerythrozyten z.B. auch die Antigene f, Xga, Kpb, Jsb, Lub, H, I auf.

Die Antigenverteilung auf den verschiedenen Testzellen sollte berücksichtigen, dass die Rh-, Kidd-, MNSs- und selten auch Fy-Antikörper Dosiseffekte zeigen und deshalb die Antigene möglichst homozygot vertreten sein sollten. Dies gelingt nur bei Verwendung der Testzellen von drei Blutspendern.

Fällt der indirekte Antihumanglobulintest im Röhrchenverfahren negativ aus, muss die Coombskontrolle mit Antikörper beladenen Erythrozyten angeschlossen werden.

Der Eigenansatz kann entfallen, wenn gleichzeitig im Rahmen der Blutgruppenbestimmung der direkte Antihumanglobulintest oder bei den Kreuzproben der Eigenansatz durchgeführt wird. Anderenfalls muss er bei Positivität des Antikörpersuchtests nachgeholt werden (spätestens bei der Antikörperdifferenzierung).

Bei Röhrchentests ist wegen der Anfälligkeit des Waschvorgangs weiterhin dringend zu empfehlen, die Kontrollen zur Prüfung von Nachweisempfindlichkeit und Spezifität bei jeder Testserie mitzuführen. Bei Testverfahren, die auf Waschen verzichten oder mit Automaten durchgeführt werden, können die positiven und negativen Kontrollen auf einmal pro Arbeitsschicht oder sogar pro Arbeitstag beschränkt werden.

Untersuchungsfrequenz

Für die Transfusion von Erythrozytenpräparaten, die jeweils mit aktuellen Blutproben gekreuzt werden, sollte der letzte Antikörpersuchtest beim Empfänger nicht länger als 2–4 Wochen zurückliegen. Nach kürzeren Intervallen ist das Neuauftreten von irregulären Antikörpern in Folge von Primärimmunisierung nach Transfusion nicht zu erwarten. Im Rahmen von Sekundärimmunisierung geboosterte Antikörper zeigen dagegen Konzentrationen, die ihren sicheren Nachweis auch in den eventuell weniger empfindlichen Kreuzproben erlauben.

Die aktuellen deutschen Richtlinien empfehlen allerdings aus Vorsicht, den Antikörpersuchtest bereits nach 3 Tagen mit einer neuen Blutprobe zu wiederholen, wenn in den letzten 3 Monaten Erythrozyten transfundiert wurden oder Schwangerschaften bestanden /37/. Wenn dagegen regelhaft auf Kreuzproben verzichtet wird (Type and Screen), ist die Aktualisierung des Antikörpersuchtest vor erneuten Transfusionen nach 3 Tagen auf jeden Fall erforderlich.

Bei Rh-negativen Frauen ist der Antikörpersuchtest im Rahmen der präpartalen Diagnostik in der 24.–27. Schwangerschaftswoche zu wiederholen (siehe auch Beitrag 27.5.2 – Morbus haemolyticus neonatorum).

Bei Blutspendern ist er mindestens alle zwei Jahre sowie nach Schwangerschaften und Transfusionen durchzuführen.

Material/Methoden

Bei Verwendung von Röhrchentechnik und zur Nachuntersuchung von Transfusionsreaktionen empfiehlt sich die Verwendung von Nativblut (Serum), da locker gebundene Antikörper beim Waschen entfernt werden und ihr Nachweis möglicherweise nur über die abgelaufene Komplementaktivierung (C3d-Bindung) gelingt. Bei den hochempfindlichen Testverfahren wie Säulenagglutination und Festphasentechnik wird auch mit Citrat- und EDTA-Blut die notwendige Nachweisempfindlichkeit erreicht (Ausnahmen siehe Beitrag 27.6.2 – Automatisierbare Verfahren).

Die Basismethode stellt der indirekte Antihumanglobulintest (Albumin- oder LISS-Technik) mit Inkubation bei 37 °C als Röhrchenverfahren (siehe Beitrag 27.6.1.3 – Supplementtests, Beitrag 27.6.1.5 – Indirekter Antihumanglobulintest), als Säulenagglutinations-Test oder als Festphasen-Immunoassay dar. Als ergänzende Methoden dienen Einstufen-Enzymtest bei 37 °C als Röhrchen-, Säulenagglutinations- oder Festphasen-Test. Als Zweistufentest ist der Enzymtest deutlich empfindlicher, aber auch sehr häufig unspezifisch positiv.

Für die positiven Kontrollen werden Testantikörper von schwacher Reaktivität und Testzellen mit heterozygoter Ausprägung des korrespondierenden Antigens eingesetzt. Wenn keine industriell dafür hergestellten Reagenzien verwendet werden, sollten die Testantikörper in AB-Serum auf einen Titer von 4-8 verdünnt sein. Als negative Kontrolle wird ein Antikörper-freies Testreagenz verwendet.

Bewertung

Negativer Antikörpersuchtest: Der Antikörpersuchtest ist als negativ zu bewerten, wenn bei korrektem Ausfall der positiven und negativen Kontrollen alle Testansätze negativ bleiben und, bei Durchführung im Röhrchenverfahren, die Coombskontrollen eindeutig positiv werden. Ein negativer Antikörpersuchtest schließt die wichtigsten irregulären Antikörper gegen Erythrozyten (außer AB0-Antikörper) aus. Antikörper gegen seltene Antigene (Antigenfrequenz unter 9 %) werden in der Regel nicht mit dem Antikörpersuchtest erfasst, da diese Antigene, außer Cw, auf den verfügbaren Testzellen in der Regel nicht vorhanden sind.

Negativer Antikörpersuchtest, Coombskontrollen negativ: Bleiben die Coombskontrollen im Röhrchentest negativ, war die Durchführung des indirekten Antihumanglobulintests nicht regelrecht.

  • Bei Verwendung von Waschautomaten ist meist ungenügendes Waschen die Ursache, z.B. Ausfall des Waschvorgangs, zu wenig Waschlösung, unvollständiges Dekantieren, mangelnde Resuspendierung der Erythrozyten.
  • Bei Vollautomaten fällt zeitweise die Zugabe von Antihumanglobulin Reagenz aus. Beim automatischen Waschvorgang ist jeder Schritt zu kontrollieren. Eventuell muss manuell gewaschen werden. Bei mangelhaft ausgeronnenen Blutproben kann Gerinnselbildung im Test das Waschen der Zellen verhindern.
  • Der Antikörpersuchtest ist mit vollständig geronnenem Blut (gegebenenfalls Blut mit einem Tropfen Thrombin pro ml mischen, 5 min Inkubation bei 37 °C, Zentrifugation, Serum abtrennen) oder Citrat- bzw. EDTA-Blut zu wiederholen.

Negativer Antikörpersuchtest, positive Kontrolle negativ: Es besteht der Verdacht, dass der Test aufgrund eines methodischen Fehlers nicht funktioniert bzw. zu unsensitiv ist (z.B. mangelnde Qualität der Testzellen). Der Antikörpersuchtest ist mit neu angesetzten Kontrollen und evtl. frischen Reagenzien zu wiederholen.

Positiver Antikörpersuchtest: Er muss grundsätzlich abgeklärt werden und bei klinisch relevanten Ergebnissen sind behandelnder Arzt und Patient (Blutgruppen- oder Mutterpass mit Eintragung des Antikörpers) schriftlich zu informieren. Die Information beinhaltet Spezifiät und klinische Bedeutung, bei Nachweis während der Schwangerschaft auch Anti­körper­titer.

Die Klärung eines positiven Antikörpersuchtests muss bei planbaren invasiven diagnostischen Maßnahmen oder operativen Eingriffen mit der Möglichkeit einer akut transfusionsbedürftigen Blutungskomplikation rechtzeitig vorher erfolgen. Befundinterpretationen:

  • Positiver Enzymtest und positive Eigenkontrolle im Enzymtest: Meist unspezifische Reaktion oder irrelevante, benigne Kälteantikörper. Weitere Untersuchungen sind überflüssig.
  • Positiver Enzymtest mit einer oder mehreren Testzell-Suspensionen, positive Eigenkontrolle in Enzym- und indirektem Antihumanglobulintest: Es besteht Verdacht auf Autoantikörper (Kälteautoantikörper) oder nach vorausgegangener Transfusion auch auf Alloantikörper. Folgende weitere Untersuchungen sind notwendig: Differenzierung im Enzymtest, Kälteagglutinintest, direkter Anti­human­globulin­test.
  • Positiver indirekter Antihumanglobulintest mit einer oder mehreren Testzell-Suspensionen, positive Eigenkontrollen im Enzym- und indirekten Antihumanglobulintest: Es besteht der Verdacht auf Autoantikörper (Wärmeautoantikörper) oder nach vorausgegangener Transfusion auch auf Alloantikörper.

Folgende weiterführende Untersuchungen sind notwendig:

  • Differenzierung in den positiv anzeigenden Testverfahren, direkter Antihumanglobulintest, eventuell Kälteagglutinintest, Elution der Antikörper von Patien-tenerythrozyten.
  • Positiver indirekter Antihumanglobulintest und/oder Enzymtest mit einer oder mehreren Testzellsuspensionen, Negativität der Eigenkontrollen: Verdacht auf Alloantikörper. Antikörperdifferenzierung im positiv reagierenden Testverfahren.
  • Isoliert positive Eigenkontrolle im Enzymtest: Ohne Bedeutung.
  • Isoliert positive Eigenkontrolle im indirekten Anti-Humanglobulintest: Verdacht auf Immunhämolyse (Autoantikörper, Medikamenten-induzierte Antikörper, Alloantikörper nach Transfusion). In der Gelzentrifugationsmethode bis Reaktionsstärke 2+ relativ häufig irrelevanter Befund. Siehe Beitrag 27.6.2.1 – Mikrosäulenagglutinationsmethode.

27.6.6 Automation von Blutgruppenbestimmung und Antikörpersuchtest

Die Automation von der Bestimmung von Blutgruppe, Antikörpersuchtest und Kreuzprobe hat große Fortschritte gemacht. Diese beruhen vor allem auf der Verbesserung der Pipettierautomaten und Lesegeräte, der Entwicklung der Hard- und Software der Computer, insbesondere was die Auswertung und Dokumentation der Ergebnisse sowie auch der Verbesserung der einzelnen Verfahren betrifft. Eine wichtige Voraussetzung stellt die Verwendung von antikoaguliertem Blut (Citrat- oder EDTA-Blut) dar. Durch die hohe Nachweisempfindlichkeit kann Plasma statt Serum für den Antikörpernachweis eingesetzt werden. Siehe Beitrag 27.2.3 – Serologische Reaktivität: Komplement-aktivierende Antikörper.

Die Automation ermöglicht einen deutlichen Gewinn an Sicherheit. Das Einlesen der Proben und Reagenzien via Barcode ermöglicht eine zuverlässige Identitätssicherung und die Vermeidung der Verwechslung von Testreagenzien. Insbesondere werden Übertragungsfehler ausgeschaltet. Durch den elektronischen Rückgriff auf Vorbefunde und den Abgleich von Befunden sowie automatische Befundinterpretation werden Abweichungen z.B. in Folge Probenverwechslung und irrtümliche Fehlablesung vermieden. Die Kompatibilität von Blutkonserven hinsichtlich AB0 kann automatisch abgesichert werden (elektronische Kreuzprobe). Die automatische Durchführung der Tests stellt weiterhin sicher, dass diese nach einem definierten Standardprofil (z.B. Volumina, Pipettierfolge, Inkubationstemperatur und -zeit) mit geringer Variation durchgeführt werden. Relevante Abweichungen werden durch Pipettierkontrolle bzw. Volumenüberwachung und Clot detection erkannt. Darüber hinaus stellt die Automation einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung eines optimalen Qualitätsmanagements dar (Materialüberwachung, Dokumentation von Chargen und Arbeitsschritten). Durch die Einbeziehung der Ergebnisse der Qualitätskontrollen in die Befundinterpretation anhand von entsprechenden Algorithmen können die Testergebnisse zusätzlich gegenüber methodischen Problemen abgesichert werden.

Die automatische Ablesung der Testreaktionen lässt eine Unterscheidung in sicher beurteilbare und zweifelhafte Befunde zu. Sicher beurteilbare Befunde sollten nicht der visuellen Kontrolle bedürfen. Zweifelhafte Befunde müssen visuell kontrolliert und beurteilt werden, gegebenenfalls muss die Untersuchung maschinell oder manuell wiederholt oder durch weitere Untersuchungen ergänzt werden. Durch internen Abgleich der Ergebnisse der verschiedenen Tests (Doppeltests) einschließlich der Kontrollen können die Befunde anhand von Algorithmen entweder vom Automaten oder der Labor-EDV erstellt werden. Über die bidirektionalen Schnittstellen zu Labor (LIS)- oder Spende (SIS)- oder zum Krankenhaus-Informationssystem (KIS) können einerseits die Automaten mit den entsprechenden Anforderungsprofilen beauftragt und andererseits die Befunde online abgegeben werden. Auf diese Weise werden Übertragungsfehler von Patientendaten und Blutgruppenbefunden vermieden bzw. eine sichere Blutgruppenbeschriftung der Blutkonserven gewährleistet. Sobald die elektronische Übertragung der am Automaten freigegebenen Befunde an LIS, SIS und KIS nachweislich zuverlässig ist, kann die generelle visuelle Überprüfung der immunhämatologischen Tests im Vergleich zu den in diesen Systemen gespeicherten Daten entfallen.

Durch die Verwendung hochauflösender CCD-Kameras wurde die Ablesegenauigkeit deutlich verbessert. Dennoch zeigen die verschiedenen Testverfahren noch unterschiedliche Sicherheit in der Beurteilung der Testergebnisse: Bei Mikrotiterplatten-Tests sollte auf eine visuelle Kontrolle generell nicht verzichtet werden. In Mikrotiterplatten ist die Unterscheidung zwischen positiven und negativen Ergebnissen bei Agglutinationstests sowie die Erkennung von Doppelpopulationen sehr viel schwieriger als bei Mikrosäulen-Agglutinationstests, zumal geringe Testveränderungen bei Zentrifugation oder Aufschütteln der Platten das Ergebnis deutlich beeinflussen. Insbesondere können Probleme der Nachweisempfindlichkeit bei der Bestimmung verschiedener Blutgruppen bestehen, z.B. der Mermale K, e. Wenn die Notwendigkeit der visuellen Ablesung der Testreaktionen besteht und/oder die automatisch erstellten Befunde relativ häufig korrigiert bzw. vom Anwender festgelegt werden müssen, erscheint auch eine Zweitablesung wie bei manuellen Bestimmungen erforderlich. Bei dieser Kontrolle sind die an das LIS überspielten Befunde direkt mit den Platten zu vergleichen. Natürlich sind Korrekturen durch Passwortschutz und unterschiedliche Passwort Level nur entsprechend qualifiziertem Personal zu ermöglichen.

Mikrosäulen-Agglutinationstests erlauben zwischen eindeutig positiven, eindeutig negativen und fraglich positiven Testreaktionen sicher zu unterscheiden, insbesondere wenn die Karten von vorn und hinten gelesen werden. Es müssen daher nur die vom System zweifelhaften Ergebnisse visuell beurteilt werden. Allerdings liegt der Prozentsatz zweifelhafter Befunde immer noch recht hoch (bis zu 10 %). Die Zweitablesung kann sich dann auf die Kontrolle dieser Befunde gegenüber den ins LIS übertragenen Ergebnissen beschränken. Bei Einbeziehung der visuellen Beurteilung der Ergebnisse, wie vorher beschrieben, erfordern nur weniger als 1 %, der mit Automaten durchgeführten Blutgruppenbestimmungen, bei Proben von Blutspendern Nachuntersuchungen. Bei Blutproben von Patienten ist dieser Prozentsatz infolge Patienten spezifischer und Abnahme bedingter Probleme deutlich höher. Wichtig ist, dass die Blutproben adäquat antikoaguliert sind, was bei Patientenproben gelegentlich ein Problem ist.

Wegen der Labilität der Reagenzien, vor allem der Testzellen, sind integrierte Kühlgaragen wünschenswert. Ohne Kühlung sollten die Testzellen ggf. täglich erneuert werden, da bestimmte Antigene, z.B. Jk/Fy/MNSs/Le/P1, sehr lagerungslabil sind bzw. teilweise in Lösung gehen. Die Qualität der Testzellen bzw. die Spezifität und Sensitivität des Verfahrens sind in diesem Fall bei jeder Arbeitsschicht durch positive und negative Kontrollen zu kontrollieren. Als Testantikörper sollten speziell solche gegen lagerungslabile Antigene verwendet werden. Außerdem sollten die Zellsuspensionen vor dem Pipettieren automatisch adäquat durchmischt werden. Die restlichen Reagenzien von Automaten können am folgenden Tag in den manuellen Verfahren, z.B. Notfallbestimmungen, verbraucht werden. Die Zellen sollten hierfür vorher noch einmal mit physiologischer NaCl-Lösung gewaschen werden.

Im Routinelabor eines Krankenhauses ist im Hinblick auf den Ausfall der Automaten ein entsprechendes Sicherheitssystem erforderlich (Tab. 27-23 –Maßnahmen der Sicherheit bei Einsatz von Automaten für die Blutgruppenserologie). Dazu gehören unbedingt entsprechende Back-up Verfahren. Wenn bei Ausfall der Automaten auf manuelle Methoden zurückgegriffen werden muss, empfiehlt es sich, dafür dieselben Methoden wie am Automaten zu verwenden.

27.6.7 Kreuzprobe

Die Kreuzprobe dient der Sicherung der Verträglichkeit vor jeder Erythrozytentransfusion (serologische Verträglichkeitsprobe). Sie dient der Erkennung klinisch relevanter blutgruppenserologischer Unverträglichkeiten zwischen Spender und Empfänger. Anders als der Antikörpersuchtest erfasst sie auch Antikörper gegen seltene (private) Erythrozytenantigene. Darüber hinaus erkennt sie auch AB0-Major-Inkompatibilität.

Wegen geringen Plasmaanteils in Erythrozytenkonzentraten und der geringen Wirksamkeit von irregulären erythrozytären Antikörpern im Spenderblut beschränkt sich die Kreuzprobe auf die Überprüfung der Verträglichkeit zwischen Empfängerserum und Spendererythrozyten (Majortest).

Kreuzproben müssen wenig fehler- und störanfällig sowie einfach und schnell durchzuführen sein. Daher werden Untersuchungsspektrum und -aufwand sinnvollerweise gegenüber dem Antikörpersuchtest eingeschränkt. Dieser Umstand und die Tatsache, dass die Qualität der Spenderzellen nicht der von Testerythrozyten entsprechen kann, mindert zwangsläufig die Nachweisempfindlichkeit der Kreuzprobe im Vergleich zum Antikörpersuchtest. Die Kreuzprobe kann daher im Regelfall den Antikörpersuchtest nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.

Untersuchungsumfang

Die Kreuzprobe umfasst den Majortest im indirekten Antihumanglobulintest einschließlich Eigenkontrolle. Darüber hinaus sind je nach eingesetztem Verfahren bei jeder Untersuchungsserie (Röhrchentests), einmal je Arbeitschicht (Automaten) oder einmal pro Arbeitstag (manueller Säulenagglutinationstest) analog zum Antikörpersuchtest (siehe Beitrag 27.6.5 – Antikörpersuchtest) positive und negative Kontrollen im selben Testverfahren durchzuführen.

Enzymtests oder andere sensitive und störanfällige Tests sind im Rahmen der Kreuzprobe nicht wünschenswert, da dringende Transfusionen durch überwiegend unspezifische Befunde verzögert werden.

Fällt der indirekte Antihumanglobulintest im Röhrchentest negativ aus, muss die Coombskontrolle angeschlossen werden.

Eine AB0-Minor-Inkompatibilität ist in der Kreuzprobe nicht feststellbar. In bestimmten Festphasentests (siehe Beitrag 27.6.2.3 – Solid phase immunoassays) werden nur Antikörper der klasse IgG nachgewiesen, so dass auch eine AB0-Major-Inkompatibilität häufig nicht erkennbar ist. Auch in Säulenagglutinationstests kann dies infolge der kurzen Inkubationszeit, der Verwendung von Plasma und bei Fehlen von Anti-C3d im Antihumanglobulin Reagenz selten passieren. Daher empfiehlt es sich, im Rahmen der Kreuzprobe einen AB0- (mit Anti-A und Anti-B) oder ABD-Bestätigungstest von Patientenblut mitzuführen. Eine Alternative dazu stellt die ergänzende Kreuzprobe im Agglutinationstest auf der Mikrotiterplatte dar. Schließlich kann aber auch die elektronische Kreuzprobe diesen Zweck erfüllen.

Eine Überprüfung der Blutkonserven zusätzlich zu der vom Hersteller durchzuführenden Untersuchung ist nur notwendig, wenn trotz positiver Kreuzproben, z.B. bei Präsenz von Autoantikörpern, transfundiert werden soll.

Patientenblut

Erforderliche Blutproben sind:

  • Für Röhrchentests Nativblut (Serum) nicht älter als 3 Tage (Komplementaktivität). Bei Neugeborenen und für Notfalltransfusionen kann auch Citrat- oder EDTA-Blut verwendet werden. Bei Notfalltransfusionen hat Citrat- oder EDTA-Blut wegen der häufig mangelhaften Ausgerinnung der Nativblutproben und der daraus resultierenden Testprobleme sogar Vorteile.
  • Für Säulenagglutinationstests: Nativ-, Citrat- oder EDTA-Blut.
  • Für Mikrotiterplattentest: Citrat-Blut, EDTA-Blut.

Spendererythrozyten

Die Erythrozyten der Spender müssen in die für das jeweilige Testverfahren vorgeschriebene Lösung aufgenommen werden. Nachweisempfindlichkeit und Spezifität des Verfahrens werden durch vorheriges Waschen der Zellen mit physiologischer Kochsalzlösung verbessert. Optimal ist die Verwendung von unmittelbar vorher abgeschweißten Schlauchsegmenten der Erythrozytenpräparate. Mehrfache bzw. längere Benutzung dieser Zellsuspensionen ist im Hinblick auf die Instabilität bestimmter Blutgruppenantigene und die Gefahr bakterieller Verunreinigung obsolet. Die Verwendung von Pilotröhrchen erhöht die Gefahr von Verwechslungen, und die Erythrozyten zeigen bei längerer Lagerungsdauer und mehrfacher Verwendung des Pilotröhrchens schlechtere Qualität (Antigenität). Die Pilotröhrchen werden nicht steril hergestellt, enthalten einen Stabilisator, der eine geringere Lagerungsstabilität als z.B. die additive Lösung in den Erythrozytenkonzentraten garantiert. Desweiteren wird bei wiederholten Kreuzproben die Kühlkette immer wieder unterbrochen und mit unsterilen Pipetten Blut entnommen, was sich ebenfalls nachteilig auf die Qualität der Erythrozyten im Pilotröhrchen auswirkt.

Pilotröhrchen bieten allerdings Vorteile beim Einsatz von Automaten zur Durchführung von Kreuproben. Auch können in externen Blutdepots lagernde Erythrozytenkonzentrate im Labor gekreuzt werden, wenn Patientenblutproben und Pilotröhrchen im Labor vorgehalten werden. Allerdings muss dabei auf die richtige Zuordnung der Pilotröhrchen (möglichst über Barcode) und Blutkonserven geachtet werden. Außerdem sollten die Pilotröhrchen möglichst selten und kurz aus der Kühlkette genommen werden. Die Pilotröhrchen können mit CPD-A als Stabilisator maximal 5 Wochen genutzt werden.

Das Blut von Schlauchsegmenten kann durch Überführung in spezielle Konservierungs- bzw. Stabilisierlösungen (z.B. Alsever’sche Lösung) und entsprechender Beschriftung der Röhrchen 8 bis maximal 14 Tage verwendet werden.

Methoden

Das übliche Verfahren zur Durchführung der Kreuzprobe ist der Säulenagglutinationstest (15 min Inkubation), bei dem die Erythrozyten nur in der vom Hersteller empfohlenen Lösung aufgeschwemmt werden müssen. Wegen der Anfälliglkeit gegenüber harmlosen Kälteagglutininen, sollte darauf geachtet werden, dass Zellsuspensionen, Empfängerplasmen und Reagenzien wenigstens Zimmertemperatur aufweisen.

Der indirekte Antihumanglobulintest in Albumintechnik (30 min Inkubation, Röhrchentest) ist nach wie vor ein akzeptiertes, ausreichend empfindliches Verfahren. Durch die geringe Störanfälligkeit gegenüber unspezifischen Faktoren und irrelevanten Autoantikörpern bietet sich dieses Verfahren an, wenn die empfindlicheren Methoden weitgehend positiv ausfallen, ohne dass sich entsprechende Alloantikörper spezifizieren lassen.

Bewertung

Das Ergebnis der Kreuzprobe ist mit den vollständigen Personalien des Patienten, Konservennummer sowie Unterschrift des Untersuchers auf einem Begleitschein zu dokumentieren. Dieser soll nach Möglichkeit bis zum Ende der Transfusion mit der einzelnen Erythrozytenkonserve verbunden bleiben.

Negative Kreuzprobe

Der negative Befund einer ordnungsgemäß durchgeführten Kreuzprobe schließt den korrekten Ausfall der Kontrollen mit ein. Siehe Beitrag 27.6.5 – Antikörpersuchtest.

Ein negativer Befund kommt auch bei Minor-Inkompatibilität zustande. Daher sollte bei bewusst minor-inkompatibler Transfusion, z.B. bei Verwendung von Erythrozytenkonzentraten der Blutgruppe A für Empfänger der Blutgruppe AB, auf diesen Umstand auf dem Begleitschein hingewiesen werden. Auf diese Weise sollte klargestellt werden, dass es sich nicht um eine Verwechslung von Konserven im Blutdepot bzw. Labor handelt.

Negative Kreuzprobe bei aktuell negativem Antikörpersuchtest

Bei gleichzeitiger Negativität des Antikörpersuchtests und Ausschluss von Verwechslungen sind keine akuten hämolytischen Transfusionsreaktionen auf immunologischer Basis zu erwarten.

Verzögerte hämolytische Transfusionsreaktionen bei nicht erkennbarer früherer Immunisierung sind jedoch nicht auszuschließen. Siehe Beitrag 27.5.1.1 – Hämolytische Transfusionsreaktionen). Wurden zu irgendeiner Zeit transfusionsrelevante irreguläre erythrozytäre Antikörper nachgewiesen, sind diese lebenslang zu berücksichtigen, indem Antigen negative Erythrozytenkonzentrate ausgewählt werden. Die Antigenaustestung ist mit definierten Testreagenzien durchzuführen.

Früher festgestellte, aktuell nicht mehr nachweisbare Antikörper gegen die Merkmale Le, MN, P1, H, I (Natural occurring-Antikörper gegen ubiquitär vorkommende Antigene) sind nicht mehr zu berücksichtigen. Bei Notfalltransfusionen dürfen solche Antikörper auch bei Nachweisbarkeit lebensnotwendige Transfusionen nicht verzögern, und können daher vernachlässigt werden

Siehe:

Negative Kreuzprobe bei fehlendem aktuellem Antikörpersuchtest

Fehlt der aktuelle Antikörpersuchtest, kann wegen der möglicherweise geringeren Nachweisempfindlichkeit der Kreuzprobe eine Inkompatibilität unbemerkt bleiben.

Negative Kreuzprobe, positiver Antikörpersuchtest

Eine Inkompatibilität kann möglicherweise infolge geringerer Nachweisempfindlichkeit der Kreuzprobe, z.B. wegen möglicher Dosiseffekte nicht angezeigt werden. Das „Auskreuzen” von Blutkonserven mit dem Antikörper-haltigen Serum von Patienten ist daher nicht ausreichend zuverlässig. Die Antikörper sind möglichst zu spezifizieren und entsprechend Antigen ausgetestete Blutkonserven auf Verträglichkeit zu prüfen. Nur im Notfall können die Blutkonserven mit negativem Ergebnis der Kreuzprobe unter Vorbehalt ausgegeben werden. Erforderlich ist die mündliche Information des behandelnden Arztes und der Vermerk auf dem Begleitschein: Nicht sicher kompatibel, nicht identifizierter Antikörper, Transfusion nur bei vitaler Indikation.

Abweichender Ausfall von Coombskontrollen und positiven/negativen Kontrollen

Siehe bei Antikörpersuchtest (Beitrag 27.6.5 – Antikörpersuchtest).

Positive Kreuzproben

Werden Kreuzproben positiv, sind außer im Notfall, bis zur Abklärung alle Blutkonserven für den betreffenden Patienten zu sperren. Auch die scheinbar negativ gekreuzten Blutkonserven können inkompatibel sein, wenn die Tests in Folge Dosiseffekt und/oder schlechterer Lagerungsqualität der Erythrozyten negativ ausfallen. Darüber hinaus besteht ein hohes Verwechslungsrisiko hinsichtlich der Blutkonserven innerhalb der Kreuzprobenserie für einen Patienten. Daher müssen die kompatiblen Blutkonserven in der Regel eindeutig (Antikörperidentifikation, Antigentestung) identifiziert werden. Können bei Verwendung der besonders sensitiven Testmethoden wie Säulenagglutinationstest die Antikörper nicht identifiziert werden, bestehen bei dringender Transfusion wenig Bedenken, Erythrozytenkonzentrate zu transfundieren, die im indirekten Antihumanglobulintest mit Albumintechnik eine negative Kreuzprobe ergeben.

Positive Kreuzprobe, negativer Antikörpersuchtest

Ursachen für diese Befundkonstellation können sein:

  • AB0-Major-Inkompatibilität.
  • Unterschiedliche Proben für Antikörpersuchtest und Kreuzprobe (Probenverwechslung, Einfluss von Medikamenten).
  • Unterschiedliche Methoden in beiden Verfahren (Abklärung im positiv anzeigenden Testverfahren).
  • Irreguläres Anti-A1; Überprüfung der A-Untergruppen der Spendererythrozyten, Serumgegenprobe mit Empfängerserum im entsprechenden Testverfahren erforderlich.
  • Autoagglutination der Spendererythrozyten. Eigenkontrolle mit Spendererythrozyten und AB-Serum im entsprechenden Testverfahren durchführen.
  • Antikörper gegen seltene Antigene der Erythrozyten.

Eigenkontrolle positiv

Ist nur die Eigenkontrolle positiv, während alle anderen Ansätze bis auf die positive Kontrolle negativ ausfallen, bestehen gegen eine dringliche Transfusion keine Einwände, wenn in den letzten vier Wochen keine Transfusionen vorausgegangen sind. Im Übrigen sind die in Beitrag 27.5.4 – Medikamenten-bedingte Immunhämolyse ausgeführten Gründe abzuklären.

Transfusion bei positiver Kreuzprobe

In Ausnahmefällen wird ein Patient bei vitaler Indikation sogar Kreuzproben positive Blutkonserven erhalten müssen, wenn die Abklärung der Antikörper zeitlich nicht möglich ist bzw. keine kompatiblen Blutkonserven zur Verfügung gestellt werden können. Bevor ein Patient bei Ausschöpfung aller Alternativen in Folge Mangels an Sauerstoffträgern zu Schaden kommt, ist der Versuch einer inkompatiblen Transfusion vertretbar, da selbst die klinisch relevanten Antikörper keineswegs immer eine ernsthafte hämolytische Transfusionsreaktion auslösen. Allerdings müssen:

  • Eine AB0-Inkompatibilität ausgeschlossen sein.
  • Die Transfusion unter entsprechenden klinischen Vorsichtsmaßnahmen erfolgen.
  • Vorher möglichst ein transfusionsmedizinisch erfahrener Arzt befragt werden.

Hinweis

Das Ergebnis der Kreuzproben hat auf Grund der befürchteten Boostereffekte bei Patienten, die innerhalb der vorangegangenen 3 Monate oder aktuell transfundiert wurden, nach den deutschen Richtlinien nur für maximal 3 Tage (Abnahmetag plus 3 Tage) Gültigkeit /37/. Sollen diese Patienten weitere Transfusionen erhalten, sind schon bereitgestellte Blutkonserven daher nach dieser Zeit mit frischem Kreuzblut erneut auf Kompatibilität zu prüfen. Kann eine Transfusion und bei Frauen eine Schwangerschaft in den letzten 3 Monaten ausgeschlossen werden, können die Kreuzproben bis 7 Tage Gültigkeit haben.

27.6.7.1 Schnell- und Notfallkreuzprobe

Die Schnellkreuzprobe sollte in der Lage sein, AB0-Major-Inkompatibilität sowie hochtitrige, klinisch relevante irreguläre Antikörper gegen Erythrozyten zu erfassen. Sie hat ihre Indikation bei Notfällen, wenn Antikörpersuchtests aus Zeitgründen nachgezogen werden müssen. Der indirekte Antihumanglobulintest im Säulenagglutinationstest mit 5–10 min Inkubation bei 37 °C einschließlich der Eigenkontrolle genügt diesem Anspruch. Bei negativem Antikörpersuchtest ist keine Wiederholung der Kreuzproben in einem regulären Verfahren erforderlich. Der Antikörpersuchtest sollte jedoch aus der Blutprobe der ersten Blutentnahme bestimmt werden.

27.6.7.2 Elektronische Kreuzprobe

Unter der elektronischen Kreuzprobe versteht man den automatischen Abgleich der Empfängerblutgruppe (AB0, Rh-Faktor) mit den Blutgruppen der gekreuzten Erythrozytenpräparate. Zu diesem Zweck müssen Patienten- und Konservenblutgruppen im EDV-System des Blutgruppenautomaten oder des Labors zugriffsfähig und fehlerfrei hinterlegt sein. Optimal ist die Einbeziehung von klinisch relevanten Antikörpern in den Abgleich, die zu irgendeiner Zeit bei den Patienten nachgewiesen wurden. Die elektronische Kreuzprobe macht AB0-Bestätigungstests im Rahmen der Kreuzproben verzichtbar, zumindest wenn von der verwendeten Blutprobe bereits der AB0-Bestätigungstest (z.B. im Rahmen der Eingangskontrolle) durchgeführt wurde. Insbesondere sichert sie immunhämatologisch ungekreuzte Notfalltransfusionen ab.

27.6.7.3 Minor-Test

Zur Abklärung von Transfusionsreaktionen bei Applikation von Plasma haltigen Blutkonserven sollte auch der Minortest durchgeführt werden: Ansatz Spenderplasma mit Empfängererythrozyten im indirekten Antihumanglobulintest (Säulenagglutinationstest).

27.6.7.4 Verzicht auf Kreuzproben

Wenn der Antikörpersuchtest mit 3 Testzellpopulationen in Säulenagglutinations- oder Festphasentechnik durchgeführt wird und AB0-Kompatibilität durch elektronische Kreuzprobe oder einfachen Agglutinationstest oder regelmäßige Überprüfung der AB0-Blutgruppen von Empfängerblut und Spenderblut gesichert wird, ist das Risiko hämolytischer Transfusionsreaktionen extrem gering /68/, so dass auf die Kreuzprobe im indirekten Antiglobulintest im Regelfall verzichtet werden kann, wie dies bereits in einer Reihe von Ländern (z.B. USA, Großbritannien, Niederlande) seit vielen Jahren geschieht /69/. Allerdings widerspricht dies den derzeit gültigen Richtlinien in Deutschland /37/ Im Rahmen von medizinisch eiligen Transfusionen kann aber unter den genannten Voraussetzungen auf jeden Fall auf die Kreuzproben bedenkenlos verzichtet werden.

27.6.8 Antikörperidentifizierung

Besteht auf Grund von positivem Antikörpersuchtest, positiver Kreuzprobe, Auffälligkeiten der Serumgegenprobe oder unklarer hämolytischer Transfusionsreaktion der Verdacht auf einen irregulären Antikörper gegen Erythrozyten, sind weitergehende Untersuchungen zum Nachweis bzw. zur Identifizierung solcher Antikörper notwendig.

Bei den angewendeten Verfahren handelt es sich um die gleichen, die für die Antikörpersuche verwendet werden. Allerdings sollte je nach Fragestellung bzw. Notwendigkeit das Verfahrensspektrum erweitert, die Methodik optimiert und z.B. bei Verdacht auf Kälteantikörper die Inkubationstemperatur angepasst werden.

Es kann im Einzelfall notwendig sein, den Beweis zu führen, dass es sich wirklich um einen Antikörper handelt und dem positiven Befund eine spezifische Immunreaktion zu Grunde liegt. Dabei spielen Reproduzierbarkeit der Befunde und Nachweisbarkeit der Ig-Klasse eine wesentliche Rolle. Generell muss immer die Möglichkeit von Antikörpergemischen bedacht werden, indem eine größere Zahl an Testzellpopulationen untersucht oder der Versuch unternommen wird, die verschiedenen in Frage kommenden Antikörper durch Adsorption und eventuell anschließende Elution getrennt darzustellen.

Folgende Vorgehensweise hat sich für die Identifizierung von Antikörpern bewährt:

  • Reproduktion des Befundes unter optimierten Testbedingungen, also z.B. gewaschene Testzellen, ausgeronnene Blutproben (Serum); Vorwärmen der Proben, Reagenzien und Materialien, längere Inkubationsintervalle.
  • Differenzierung mit einem oder mehreren Testzell-Panels mit je 8–15 Zellpopulationen in den positiv reagierenden Testverfahren unter optimierten Testbedingungen. Die Differenzierung sollte sich nicht auf den am stärksten reagierenden Test beschränken. Antikörpergemische und Antikörper mit Dosiseffekt lassen sich leichter erkennen, wenn auch die Testverfahren eingesetzt werden, in denen die Antikörper schwächer reagierten. Die Anzahl der Panelzellen richtet sich nach der Anzahl der positiv reagierenden Testzellen und der hinter positiv reagierenden Zellen versteckten zusätzlichen Antigene, wenn diese nicht adäquat (unter Umständen homozygot) auf den nicht reagierenden Zellen präsentiert werden.
  • Wenn Kälteantikörper stören, Vorinkubation der Proben, Reagenzien und Materialien einschließlich Waschlösung bei 37 °C und Durchführung der Tests streng bei 37 °C.
  • Bei Verdacht auf Kälteantikörper mit breiter Temperaturamplitude zum Ausschluss von Wärmeantikörpern Verwendung von Anti-IgG als Antihumanglobulinserum oder Verwendung von Testverfahren, die von Komplementaktivierung oder IgM-Antikörpern weniger beeinflusst werden, z.B. Festphasentechnik.
  • Verwendung Komplement-inaktivierter Seren.
  • Zerstörung von IgM-Antikörpern durch Dithiothreitol oder 6-Mercaptoäthanol.
  • Ausweitung der Methodik z.B. Säulenagglutination, Festphasentechnik.
  • Sind die unklaren Reaktionen möglicherweise auf spezifische Kälteantikörper zurückzuführen, Durchführung der Tests bei Raumtemperatur, um in Frage kommende Kälteantikörper positiv zu identifizieren. Es ist aber transfusionsmedizinisch wichtiger, Wärmeantikörper auszuschließen.
  • Bei Verdacht auf bestimmte Antikörper mögliches Testoptimum der Antikörper wählen, z.B. bei Anti-M Ansäuern des Serum auf pH 6,5, bei Anti-S, Anti-s Raumtemperatur auch im indirekten Antihumanglobulintest, für Rh-Antikörper Enzymtest, für Kidd-Antikörper Festphasentest.
  • Antigenaustestung beim Antikörperträger. In der Regel besitzt die betreffende Person das Antigen nicht, gegen das Antikörper gebildet werden, Ausnahmen bestehen bei Anti-M, Anti-N, Anti-e, selten Anti-D und nach Transfusionen. Handelt es sich um Antikörper gegen hochfrequente Antigene, z.B. Anti-k, Anti-P1 kommt dem fehlenden Antigennachweis hohe Prädiktion zu und umgekehrt. Dies trifft auch für Anti-Lea, Anti-Leb und Anti-Lea, Anti-Leb zu, wo fast immer Le(a–b–) vorliegt. Siehe Beitrag 27.3.3 – Lewis-System.
  • Adsorption von Kälteantikörpern wie Anti-I, Anti-IH, Anti-P mit Formalin fixierten Kaninchenerythrozyten.
  • Bei Vorliegen von Kälteautoantikörpern mit hohem Titer bzw. breiter Temperaturamplitude zur Identifikation von Wärmeantikörpern, Durchführung von Kälteautoadsorption, falls die vorher genannten Maßnahmen nicht ausreichen.
  • Adsorption und Elution von IgG-Antikörpern mittels Affinitätschromatographie, um hochtrige Kälteautoantikörper auszuschalten.
  • Neutralisation von IgM-Antikörpern mittels löslicher Antigene (Anti-A, Anti-B mittels AB-Substanz, Anti-P1 mittels P-Substanz, Anti-Lea, Anti-Leb mittels Le(ab)-Substanz).
  • Proteolytische Zerstörung von Enzym empfindlichen Antigenen (siehe Tab. 27-4 – Einfluss von Enzymen auf Blutgruppenantigene).
  • Einbeziehung von A1-, A2- und 0-Nabelschnurzellen. Zellen der Blutgruppe A1 reagieren nicht, A2 deutlich schwächer als 0-Zellen mit Anti-H und Anti-IH. Nabelschnurzellen reagieren wesentlich schwächer mit Anti-H, -IH, -I und anderen hochfrequenten Antigenen. Siehe Tab. 27-1 – Ausprägung verschiedener Blutgruppenantigene auf Neugeborenen-Erythrozyten.
  • Kreuzen gegen viele Suspensionen von Spenderzellen parallel mit Testantikörpern der vermuteten Spezifität, z.B. der nicht beim Antikörperträger vorhandenen Antigene.
  • Differenzierung mit verdünnten Seren, um etwa vorliegende Antikörpergemische und Dosiseffekte zu erkennen.
  • Differentialadsorption und -elution bei Antikörpern mit hoher Antigenfrequenz (breiter Reaktion) zur Abgrenzung von Antikörpergemischen und Autoantikörpern. Ohne Anhalt für eine Spezifität der Antikörper, z.B. durch Antigenaustestung, empfiehlt sich folgende Antigenmuster zu berücksichtigen: CCDee/ccDEE/ccddee (K-neg) jeweils homozygot für die Antigene Fya/Fyb/Jka/Jkb.
  • Bei Vorliegen von Wärmeautoantikörpern ist die Autoadsorption ohne Schwierigkeiten möglich, wenn keine stärkere Immunglobulinbeladung der Patientenerythrozyten vorliegt, z.B. bei nur positivem Komplement-Antihumanglobulintest. Bei deutlicher Immunglobulinbeladung müssen jedoch die Autoantikörper vorher schonend von den Patientenerythrozyten eluiert werden.
  • Differenzierung der Subklassen (IgG1-4) mittels Gelzentrifugation oder Durchflusszytometrie zur Einschätzung der klinischen Relevanz von Allo- und Autoantikörpern.

27.6.9 Antikörpertitration

Antikörpertitrationen sind nur in beschränkter Weise geeignet, ein verlässliches und für die Klinik hilfreiches Maß der Antikörperkonzentration zu liefern. Bei geometrischer Verdünnung bedeutet die Erhöhung um eine Titerstufe jeweils schon die Verdopplung der Antikörperkonzentration. Andererseits sind durch die methodischen Schwankungen infolge wechselnder Antigenität der Testzellen und der relativ geringen Genauigkeit der manuellen Pipettierung mindestens zwei Titerstufen erforderlich, um Titerdifferenzen als signifikant zu bewerten, die selbst unter standardisierten Bedingungen in einem Labor ermittelt werden. Bei Addition der Reaktionsstärken der einzelnen Titrationsstufen entspricht dies einem Unterschied zwischen zwei Titrationsreihen von insgesamt 10 (bei Beurteilung der Reaktionsstärken von 0–4). Zwischen verschiedenen Laboratorien ist der Vergleich von Titern infolge der methodischen Unterschiede allenfalls tendenziell möglich, wenn die verwendeten Methoden ausgewiesen sind.

Es ist daher wünschenswert, dass zumindest für die Titration von Alloantikörpern im Rahmen der Schwangerschaftsüberwachung, Standardmethoden angewendet, frühere Patientenseren parallel titriert und Kontrollen mit definierter Antikörperkonzentration als Standard mitgeführt werden. Auf diese Weise sind direkte Vergleiche zwischen den verschiedenen Laboratorien möglich.

Der Titer entspricht der letzten Verdünnung, bei der noch eine positive Reaktion nachweisbar ist. International ist es üblich, den reziproken Wert dieser Verdünnungsstufe als Titer anzugeben, z.B. Verdünnung 1 : 32 = Titer 32.

Anwendung

Kontrollen während der Schwangerschaft zur Einschätzung des Risikos der Entstehung eines Morbus haemolyticus neonatorum. Aus der Höhe eines Antikörpertiters kann nicht ohne Weiteres auf die Aktivität und Effektivität der Antikörper geschlossen werden, weil diese von weiteren Faktoren abhängen. Der Titerverlauf erlaubt jedoch Rückschlüsse, die für die weitere Diagnostik und Therapie Bedeutung haben können.

Die Diagnose einer Autoimmunhämolyse vom Kältetyp ist neben dem Nachweis der Komplementbeladung auf den Patientenerythrozyten an den Nachweis eines pathologischen Kälteagglutinintiters (> 64) geknüpft.

Schwach ausgeprägte Blutgruppenantigene (z.B. Ax, DEL) können durch Adsorption und anschließende Titration von korrespondierenden Antikörpern nachgewiesen werden. Besitzen die Erythrozyten das korrespondierende Antigen, kommt es im Vergleich zum Ansatz mit Antigen-negativen Testzellen zu einem deutlichen Titerabfall.

Verlaufstitrationen von Autoantikörpern eignen sich in begrenztem Maße zur Beurteilung des klinischen Verlaufs. Eine besondere diagnostische Bedeutung kommt der Titration von Autohämolysinen zu (siehe Beitrag 27.6.1.6 – Hämolyseverfahren).

27.6.9.1 Kälteagglutinintest und -titer

Da Kälteagglutinine keine Prozone zeigen, ist die Bestimmung des Kälteagglutinintiters nur sinnvoll, wenn mindestens ein Ansatz des Kälteagglutinintests sehr stark positiv (ein Agglutinat) ausfällt.

Material

Patientenserum, adulte Testerythrozyten Blutgruppe 0 oder AB0-Blutgruppen-gleich und Nabelschnurerythrozyten 5 %ig in physiologischer NaCl.

Siehe auch Beitrag 27.5.3.2 – Kälteagglutinine und monothermische Kältehämolysine

Kälteagglutinintest

Zwei Ansätze als Röhrchentest mit 2 Tropfen (100 μl) Patientenserum und einem Tropfen (50 μl) Erythrozytensuspension (je ein Ansatz mit adulten und mit Nabelschnur-Erythrozyten). Inkubation für 2–4 h im Kühlschrank bei 4 °C. Schnelle Ablesung der Röhrchen über einem Lichtkasten ohne Aufschütteln und ohne Anwärmen. Nur bei sehr starker Agglutination (ein Agglutinat) in einem oder mehreren Ansätzen ist mit einem erhöhten Kälteagglutinintiter zu rechnen.

Ergibt sich auf Grund der Serum-Gegenprobe bei der AB0-Bestimmung oder des Antikörpersuchtests bzw. der Antikörperdifferenzierung der Verdacht auf Kälteantikörper der Spezifität Anti-H, -IH, -P1 etc., empfiehlt es sich, die entsprechenden Antigen-negativen und -positiven Erythrozyten als adulte Testzellen zu verwenden. Liegen gleichzeitig irreguläre Wärmeantikörper vor, sollten die Testzellen nicht die korrespondierenden Antigene der Wärmeantikörper aufweisen, um deren Einfluss auf den Kälteagglutinintest auszuschließen.

Für die Bestimmung der Temperaturamplitude von Kälteagglutininen wird der Kälteagglutinintest parallel bei unterschiedlicher Inkubationstemperatur (4 °C, 20 °C, 30 °C und 37 °C) in entsprechend temperierten Wasserbädern durchgeführt.

Kälteagglutinintiter

Es werden die gleichen Testansätze wie im Kälteagglutinintest durchgeführt. Zunächst werden 100 μl Patientenserum in je 100 μl physiologischer NaCl-Lösung (2 Reihen) geometrisch verdünnt. Dabei ist es notwendig, nach jeder Titerstufe die Pipettenspitze zu wechseln. Wenn die Titerhöhe nicht von Vorbefunden ungefähr eingeschätzt werden kann, wird zunächst bis zur Titerstufe 1 : 1.000 verdünnt und die Pipettenspitze im letzten Röhrchen belassen, um später bei höheren Titern weiter titrieren zu können. Anschließend werden zu je einer Verdünnungsreihe adulte Testerythrozyten und Nabelschnurerythrozyten in physiologischer Kochsalzsuspension (je 50 μl) pipettiert. Die Titrationsreihen werden in einem Eiswasserbad (schmelzendes Eis), das in einen Kühlschrank mit 4–8 °C gestellt wird, für 2–6 h inkubiert.

Die Ablesung erfolgt, wie im vorangehenden Abschnitt beschrieben. Wegen der bei Erwärmung eintretenden Auflösung der Agglutinate ist es sinnvoll die Titrationsreihen vom Ende (höchste Verdünnung) beginnend abzulesen. Der Titer entspricht der letzten Stufe, die noch eindeutig positiv ist. Als Kälteagglutinintiter wird der Titer mit adulten Zellen bzw. der höchste Titer angegeben. Ab über 64 ist ein Kälteagglutinintiter als erhöht anzusehen. Haben die Kälteagglutinine die Spezifiät Anti-I, ist der Titer mit adulten Erythrozyten mindestens 2 Stufen höher als mit Nabelschnurerythrozyten (siehe auch Tab. 27-20 – Bestimmung der Spezifität von Kälteautoantikörpern anhand von Beispielen).

27.6.9.2 Alloantikörper

Die Titration von Alloantikörpern ist in der Regel nur im Rahmen von Schwangerschaften indiziert. Klinisch relevante Grenzwerte sind nur für den Anti-D-Titer im indirekten Antihumanglobulintest mit Albumintechnik im Röhrchen bekannt. Daher wird diese Methode für die Titration primär von den Autoren empfohlen.

Material

Aktuelles und gegebenenfalls früheres Patientenserum, frische, hinsichtlich des Antikörpers möglichst homozygot Antigen-positive Testzellen 5 %ig in physiologischer NaCl, z.B. für Titration von Anti-D-Testerythrozyten der Blutgruppe 0 ccDDEE (R2R2). Kontrollserum als Standard, z.B. Anti-D für die Rh-Prophylaxe so in Phosphatpuffer verdünnt (etwa 1 : 10, Ziel 50 IU/ml)), dass der Titer im indirekten Antihumanglobulintest mit Albumintechnik etwa 1.000 beträgt, in Eppendorfgefäßen als Portionen zu 200 μl eingefroren aufbewahrt. Reagenzien für den indirekten Antihumanglobulintest.

Durchführung und Interpretation

Geometrische Verdünnung des Patientenserums in physiologischer Kochsalzlösung. Parallele Titrationsreihen mit Patientenserum von vorausgegangenen Untersuchungen sowie Kontrollserum.

Nach Hinzupipettieren von Testerythrozyten und Albumin, 30–45 min Inkubation bei 37 °C, weitere Testdurchführung und Ablesung gemäß Beitrag 27.6.1.5 – Indirekter Antikörpersuchtest. Bei Titration im Säulenagglutinationstest muss die Verdünnung des Patientenserum zunächst im Röhrchen erfolgen.

Der weitere Testablauf erfolgt wie in Beitrag 27.6.2.1 – Mikrosäulenagglutinationstest beschrieben. Die Titer liegen bei den meisten Antikörpern (Rh-Antikörpern) um 2–4 Stufen höher als im Röhrchentest mit Albumintechnik.

Der Zieltiter des Kontrollserums wird durch Mehrfachtitration zu einem beliebigen Zeitpunkt nach Herstellen des Standards bestimmt. Er muss bei jeder Titration ± 1 Titerstufe erreicht werden. Anderenfalls sind alle Titrationsreihen zu wiederholen.

Ein Anstieg um 2 Titerstufen bzw. 10 bei Addition der Agglutinationsstärken der einzelnen Titerstufen gegenüber der früheren Probe gilt als signifikant. Bei Anti-D wird die Antikörperkonzentration errechnet:

x (IU/ml) = Titer Patientenserum × IU Kontrollserum Titer Kontrollserum

Hinsichtlich der Bedeutung von Titer, Titeranstieg und Antikörpereinheiten (IU) siehe Beitrag 27.6.1.6 – Hemolysis methods.

27.6.9.3 Hämolysintiter

Siehe Beitrag 27.6.1.6 – Hämolyseverfahren.

27.6.9.4 Titration im direkten Antihumanglobulintest

Die Stärke der Beladung von Erythrozyten mit Immunglobulinen und/oder Komplement kann durch geometrische Verdünnung der Antihumanglobulinreagenzien in physiologischer Kochsalzlösung im direkten Antihumanglobulintest erfolgen.

Im Einzelfall korrelieren diese Antihumanglobulintiter mit dem klinischen Verlauf. Grundsätzlich kann jedoch aus den Titern nicht auf die Schwere einer Hämolyse geschlossen werden. Prozonenphänomene sprechen für benigne Wärmeautoantikörper.

27.6.10 Spezielle immunhämatologische Verfahren

27.6.10.1 Neutralisationstests

Prinzip

Mit Hilfe löslicher Blutgruppensubstanzen (AB-, P-, Sda-, Lewis-Blutgruppensubstanz) können IgM-Antikörper der entsprechenden Spezifität präzipitiert werden. Durch die damit verbundene Neutralisation dieser Antikörper können entweder Antikörper anderer Spezifität oder IgG-Antikörper der gleichen Spezifität, z.B. Anti-A im NeutrAB-Test, besser nachgewiesen werden. Darüber hinaus kann die Spezifität eines vermuteten Antikörpers bestätigt werden, wenn er sich mit der entsprechenden Blutgruppensubstanz neutralisieren lässt. Das kann insbesondere bei Lewis- und P1-Antikörpern hilfreich sein, wenn diese auf Grund der Lagerungsdauer der Testzellen oder der geringen Antikörperkonzentration nur mit einzelnen Antigen-positiven Testzellen reagieren.

Neutr AB-Test und -Titer

Ein Volumen AB-Substanz zu einem Volumen Patientenserum (z.B. 50 μl), 60 min Inkubation bei 2–8 °C, Weiterverwendung für Kreuzproben oder Titration (in physiologischer NaCl) im indirekten Antihumanglobulintest. Wenn die weiteren Untersuchungen mittels Säulen-Agglutinationstest durchgeführt werden, sollten die Seren nach Neutralisation hochtourig zentrifugiert, z.B. Hämatokritzentrifuge 3 min 16.000 × g und die Überstände weiter verwendet werden.

Anwendung

Zum Nachweis einer Inkompatibilität von Mutter und Kind durch Antikörper gegen seltene Antigene vom Vater wird die Kreuzprobe zwischen Serum der Mutter und Erythrozyten des Vaters durchgeführt. Als Kontrolle sind Testerythrozyten in der AB0-Blutgruppe des Vaters mitzuführen, die nach ausreichender Neutralisation der AB0-Antikörper negativ reagieren müssen.

Bei Verdacht auf AB0-Inkompatibilität zwischen Mutter und Kind wird der Titer im indirekten Anti-Humanglobulintest mit Serum der Mutter bestimmt. Ein NeutrAB-Titer < 32 schließt im Allgemeinen eine AB0-Inkompatibilität aus. Ein höherer Titer geht andererseits nicht grundsätzlich mit einer AB0-Inkompatibilität einher, die Wahrscheinlichkeit nimmt jedoch mit Titern > 1.000 deutlich zu.

Neutralisation mit P- oder Lewis-Blutgruppensubstanzen

Analog zum NeutrAB-Test wird Patientenserum mit der entsprechenden Blutgruppensubstanz versetzt und inkubiert. Ein identischer Ansatz wird mit physiologischer NaCl statt Blutgruppensubstanz mitgeführt, um Verdünnungseffekte als Ursache der Neutralisation auszuschließen. Die Volumina werden so gewählt, dass das Material für die entsprechenden Untersuchungen (Antikörpersuchtest, -differenzierung, Kreuzprobe) ausreicht. Bei Durchführung der weiteren Untersuchungen mittels Säulen-Agglutinationstest sollten die sich bildenden Immunkomplexe vorher entfernt werden.

Anwendung

Bestätigung von rudimentär reagierenden P1- und Lewis-Antikörpern. Während die Verdünnungskontrolle positiv bleibt, lassen sich die entsprechenden Antikörper neutralisieren.

Neutralisation störender P1- und Lewis-Antikörper in Seren mit Mischantikörpern zur Abgrenzung der relevanteren Immunantikörper.

27.6.10.2 Adsorption

Prinzip

Erythrozyten können gegen ihre Antigene gerichtete Antikörper binden und diese dadurch aus dem Serum entfernt werden. Die Effektivität der Adsorption korreliert mit dem Antigenüberschuss und dem Reaktionsoptimum der Antikörperbindung. Dementsprechend werden Kälteantikörper bei niedrigen Temperaturen, Wärmeantikörper bei 37 °C, enzymreaktive Antikörper in Anwesenheit von Enzymen usw. von Erythrozyten mit den korrespondierenden Antigenen adsorbiert.

Auch die Adsorption von IgG-Antikörpern ist mit Hilfe von Immunadsorption unter routinemäßigen Bedingungen möglich, um die klinisch relevanten IgG-Antikörper nach Elution von den Säulen ungestört von Kälteantikörpern differenzieren zu können.

Anwendung

Indikationen zur Entfernung von Antikörpern aus dem Serum:

  • Nachweis ihrer Spezifität.
  • Auftrennung von Antikörpergemischen.
  • Entfernung störender Antikörper (Kälteantikörper, Kälte- und Wärmeautoantikörper) und dadurch Erleichterung des Nachweises relevanterer Antikörper im Adsorbat.
  • Unterscheidung Antikörper-bedingter von unspezifischen Reaktionen, da sich letztere in der Regel nicht durch Adsorption entfernen lassen.
  • Nachweis schwacher oder blockierter Antigene.
  • Einzeldarstellung von adsorbierten und nachfolgend eluierten Antikörpern.

Adsorption von Alloantikörpern

Material

Antikörper-haltiges Patientenserum, Sediment von Testerythrozyten, möglichst aus Citrat- oder EDTA-Blut, z.B. 1 ml Sediment 3mal mit 10 ml physiologischer Kochsalzlösung gründlich waschen; LISS oder Bromelin-Lösung. Die Testzellen sollen die Antigene besitzen, an die sich die störenden bzw. bereits bekannten Antikörper binden, dagegen nicht die Antigene, an die sich die Antikörper binden, die im Adsorbat dargestellt und differenziert werden sollen. Bei in vitro hämolysierenden Antikörpern sind die Seren vor Adsorption 15 min bei 56 °C zu inaktivieren.

Durchführung

Ein Volumenteil Serum und zwei Volumenteile Erythrozytensediment gründlich mischen und inkubieren, alle 15 min gründlich mischen. Evtl. 0,5 bis 2 Volumina Bromelin-Lösung oder LISS hinzugeben. Bei Adsorption von Kälteantikörpern je nach Temperaturoptimum Inkubation für 1 h bei 4–20 °C, bei Wärmeantikörpern für 30 bis 60 min bei 37 °C, bei unbekannten Antikörpern zuerst 30–60 min. bei 37 °C und danach für 1 h bei ≤ 20 °C. 5 min Zentrifugation bei 2.500 UpM (1.500 × g), Adsorbat (Überstand) gewinnen.

Adsorptionskontrolle: Das Adsorbat wird in dem Testverfahren, in dem der Antikörper reagiert hat, mit frischen Testerythrozyten, wie sie für die Adsorption verwendet wurden, geprüft. Wenn dieser Ansatz negativ ausfällt, war die Adsorption erfolgreich. Ist dieser Ansatz positiv, muss die Adsorption mit dem Adsorbat und frischen Zellen wiederholt werden.

Es können mehrere Adsorptionen nacheinander notwendig sein. Unter Umständen gelingt die Adsorption nur mit fermentierten Erythrozyten (Enzym-reaktive Antikörper) oder bei Zusatz von Bromelin oder LISS. Allerdings ist dieser Zusatz bei den nachfolgenden Untersuchungen zu berücksichtigen, damit in diesem die Enzym- oder LISS-Konzentration nicht zu hoch wird, sodass unspezifische Reaktionen resultieren.

Adsorption von Kälteantikörpern

Mit Hilfe von formolbehandelten Kaninchenerythrozyten lassen sich Kälteantikörper wie Anti-I, Anti-IH, Anti-H, Anti-P adsorbieren.

Material

Patientenserum, gründlich warm (37 °C) gewaschene Patientenerythrozyten (Sediment).

Durchführung

Ansätze wie bei Alloantikörpern, bei sehr hochtitrigen Antikörpern gegen Protease unempfindliche Antigene evtl. mit fermentierten Erythrozyten, Inkubation 1 h bei 4 °C, Zentrifugation in der Kühlzentrifuge (4 °C) bei 2.500 UpM (1.500 × g). Weiteres Vorgehen wie bei Alloantikörpern.

Adsorption von Wärmeautoantikörpern

Bei Beladung der Patientenerythrozyten mit IgG ist die Autoadsorption wenig effektiv. In diesem Fall müssen die Autoantikörper erst durch schonende Elution ohne Hämolyse eluiert werden (siehe Beitrag 27.6.10.3 – Elution).

Material

Patientenserum, gründlich gewaschene Patientenerythrozyten (Sediment) nach schonender Elution.

Durchführung

Die Durchführung erfolgt, wie für Wärmealloantikörper beschrieben. Allerdings werden die Kontrollansätze oft nicht richtig negativ, da die Patientenzellen auch nach Elution noch eine geringe IgG-Beladung aufweisen können.

Adsorption von Antikörpern gegen Plasmaproteine

Bei HTLA-Antikörpern (HTLA, High titer low avidity), die mit annähernd allen Testerythrozyten reagieren, handelt es sich manchmal um Antikörper gegen Plasmaproteine z.B. Komplementfaktoren, Anti-Chido und Anti-Rogers. Diese können bei Inkubation dieser Seren mit frischem, Komplement-haltigen AB-Serum (Pool aus mindestens 4 Plasmen von verschiedenen Personen) gebunden werden. Patienten- und AB-Serum werden im Verhältnis 1 + 1 gemischt und eine Stunde bei Raumtemperatur inkubiert. Wenn die Seren danach negativ reagieren, kann dies jedoch auch Folge der Verdünnung sein. Daher ist das Ergebnis der Adsorption nur dann positiv zu bewerten, wenn die mitgeführte Kontrolle mit physiologischer Kochsalzlösung (statt AB-Serum) positiv bleibt.

27.6.10.3 Elution

Prinzip

Antikörper können durch Aufhebung der Bindungskräfte, Veränderung oder Zerstörung der Antigenstruktur sowie Veränderung ihrer Tertiärstruktur wieder in Lösung gebracht werden. Die auf diese Weise eluierten Antikörper können mit gewisser Einschränkung wie Serumantikörper nachgewiesen werden.

Methoden

Es existieren eine Vielzahl von Elutionsmethoden, die in diesem Zusammenhang nicht abgehandelt werden können. Es wird diesbezüglich auf die spezielle immunhämatologische Literatur verwiesen /1153/.

Im Folgenden werden einzelne Methoden wegen der unterschiedlichen Wirkungsweise angesprochen.

Wärmeelution: Durch Wärmewirkung wird das Bindungsgleichgewicht, das dem Massenwirkungsgesetz folgt, zu Gunsten der Dissoziation verschoben. Je nach optimaler Bindungstemperatur der entsprechenden Antikörper können diese bei 37–45 °C (Kälteantikörper) oder 50–60 °C (Wärmeantikörper) eluiert werden. Antigene und Antikörper verändern dabei ihre Struktur in Abhängigkeit von der gewählten Temperatur nur relativ wenig.

Haptenelution: Durch Hinzufügen wasserlöslicher Antigene im Überschuss (Medikamente, AB-Substanz) können die korrespondierenden zellgebundenen Antikörper aus ihrer Bindung gedrängt werden. Diese Verfahren werden kaum noch angewendet.

Einfrier-/Auftau-Elution: Durch Einfrieren und anschließendes Auftauen werden die Zellmembranen zerstört. Die Antikörper dissoziieren in Folge von Veränderungen der Antigene und Ionenkonzentration. Die Eluate sind hämolytisch.

Ultraschall-Elution: Die Ablösung der Antikörper erfolgt bei hochfrequentem Ultraschall durch Scherkräfte und Wärme.

Säureelution: Durch Ansäuerung des Milieus kommt es zu Ladungsänderungen (kationischer Zustand) und zu Änderungen der Tertiärstruktur der Proteine, so dass die Antikörperbindung beeinträchtigt wird. Allerdings zerstören Säuren bei entsprechend niedrigem pH und langer Einwirkung auch die Zellmembranen. Je nach Intensität der Säurewirkung sind die Eluate dann mehr oder weniger hämolytisch.

Elution mit Hilfe organischer Lösungsmittel: Alkohol, Äther, Xylen, Chloroform reduzieren die Oberflächenspannung der Lösung, so dass die Antikörper dissoziieren. In höherer Konzentration zerstören sie die Antigenstruktur und verändern weitgehend reversibel die Tertiärstruktur der Antikörper. Diese Verfahren sind besonders geeignet, Antikörper in hoher Konzentration in Lösung zu bringen. Allerdings sind sie für bestimmte Antikörper, z.B. Duffy- und Lewis-Antikörper zu aggressiv, um sie anschließend immer nachweisen zu können. Die Eluate sind in der Regel hämolytisch.

Chloroquinmethode: Chloroquin-Diphosphat neutralisiert entgegengesetzt geladene Gruppen auf Aminosäuren, so dass die Antigen-Antikörperbindung gelöst wird. Dabei werden Antigene nicht oder kaum denaturiert. Komplementkomponenten werden nicht abgesprengt. Die abgesprengten IgG-Antikörper sind nicht für die weitere Antikörperdifferenzierung geeignet, da das Chloroquin an die abgesprengten Antikörper gebunden bleibt und sich nicht neutralisieren lässt. Durch die Chloroquinbehandlung der Erythrozyten können außerdem HLA-Antigene, die vorwiegend auf jungen Erythrozyten individuell unterschiedlich stark exprimiert werden, selektiv zerstört werden /53/.

Auswahl

Von den verschiedenen Elutionsmethoden werden unter Routinebedingungen in Speziallaboratorien nur höchstens 3 Verfahren benötigt. Zunächst sollte ein Routineverfahren etabliert sein, das die wichtigsten Antikörper möglichst effektiv zu eluieren in der Lage ist und mit dem anschließend durchgeführten Nachweisverfahren korrespondiert. Deutlich hämolytische Eluate sind für die direkte Untersuchung im Säulen-Agglutinationstest ungeeignet. In diesen Fällen müssen die Eluate zunächst im Röhrchen mit den Testerythrozyten inkubiert und die Erythrozyten anschließend einmal gewaschen werden. Dann können die in Diluent aufgeschwemmten Erythrozyten wie beim direkten Antihumanglobulintest in die Säulenagglutination eingebracht werden. Hämolytische Eluate können aber auch im Röhrchentest oder in der Festphasentechnik untersucht werden.

Ein zweites Verfahren sollte zur Verfügung stehen, das die Antikörper besonders schonend, ohne Veränderung ihrer Struktur und unter Erhaltung ihrer Bindungsfähigkeit für Komplement eluiert, z.B. Wärmeelution. Wenn dieses Verfahren aber die Zellmembran nicht weitgehend intakt lässt oder die Antikörper ungenügend eluiert, kann ein drittes Verfahren notwendig sein, um die Bestimmung von Erythrozytenantigenen und die Adsorption von Wärmeautoantikörpern zu ermöglichen, z.B. Chloroquinmethode oder modifizierte Säureelution.

Generelle Aspekte

  • Die Erythrozyten müssen vor Elution gründlich gewaschen und in ein neues Röhrchen überführt werden, um die Verschleppung von Serumantikörpern zu verhindern.
  • Die Testbedingungen bei Adsorption, spätestens aber beim Waschen der Erythrozyten, sind möglichst so zu wählen, dass die Erythrozyten beim Waschen vollständig resuspendiert werden, da sonst ebenfalls Serumantikörper verschleppt werden können.
  • Die Erythrozyten müssen mit entsprechend kalten Lösungen gewaschen werden, wenn anschließend Kälteantikörper eluiert werden sollen.
  • Organische Lösungsmittel sollten nach Anbrechen des Behältnisses nicht länger als 4 Wochen bzw. bis zu einem Viertel des Restvolumens verwendet werden, da während der Lagerung der pH abfällt, so dass die Eluate unspezifisch reagieren können.
  • Eluate verändern sich nach Herstellung schnell und sind daher möglichst umgehend zu untersuchen. Ausfallende Proteine können zu Pseudoagglutinationen führen. Sie sind durch hochtourige Zentrifugation vor Untersuchung zu entfernen.
  • Eluate sind nur dann länger lagerungsstabil, wenn sie proteinhaltig eingefroren werden, z.B. indem sie mit Serum verdünnt oder mit Rinderalbumin (Endkonzentration 6 %) versetzt werden. Elutionsmethoden sind sehr anfällig gegenüber methodischen Variationen, weshalb die methodischen Empfehlungen strikt zu befolgen sind.

Wärmeelution

Material: Gründlich gewaschenes Erythrozytensediment (z.B. 1 ml Erythrozyten 5–6 mal mit > 10 ml physiologischer Kochsalzlösung), Antikörper-freies AB-Serum oder 6 % Rinderalbuminlösung, Rüttelwasserbad, vorgewärmte, eventuell mit warmem Wasser gefüllte Zentrifugenbecher.

Durchführung: Erythrozytensediment und AB-Serum oder Rinderalbuminlösung zu gleichen Volumenteilen warm im Rüttelwasserbad inkubieren, für die Elution von Wärmeantikörpern 5 min bei 56 °C, für die Elution von Kälteantikörpern 30–60 min bei 37 °C (alle 15 min aufschütteln). Anschließend nach gründlichem Aufschütteln ohne Abkühlen Zentrifugation, z.B. 3 min bei 1.000 × g in entsprechend angewärmten Zentrifugenbechern und Abheben des Überstandes (Eluat).

Hinweise: Dieses Verfahren eignet sich besonders für die Elution von AB0-Antikörpern und Antikörpern der Immunglobulinklasse M.

Ätherelution

Material: Gründlich gewaschenes Erythrozytensediment, Diäthyläther, Wasserbad, Wasserstrahlpumpe, eventuell Vakuumpumpe.

Durchführung: Erythrozytensediment mit gleichem Volumen physiologischer NaCl und 2 Volumina Äther in Glasröhrchen mischen, fest mit Hartgummi- oder Korkstopfen verschließen und 1 min kräftig schütteln. Dann vorsichtig den Stopfen entfernen (Überdruck). Danach hochtourig zentrifugieren (10 min 2.000 × g). Die beiden oberen der entstandenen drei Schichten (Äther, Zelldetritus) mit Wasserstrahlpumpe absaugen und Hämoglobin haltige unterste Schicht (Eluat) in neues Röhrchen überführen. Reste von Äther müssen anschließend abrauchen (15 min 37 °C). Ausfallende Proteine und Zellreste sind nach einer weiteren hochtourigen Zentrifugation zu entfernen. Erfahrungsgemäß zeigt das Äthereluat weniger unspezifische Agglutinationen, wenn es vor der Zentrifugation noch 6–12 h im Kühlschrank belassen wurde. Um Äthereluate schneller verfügbar zu machen, kann der Äther auch ohne Wärmeinkubation vor der abschließenden Zentrifugation für 10 min mittels Vakuumpumpe abgesaugt werden /70/.

Hinweise: Die Ätherelution stellt eine besonders effektive Elutionsmethode dar, mit der die meisten Wärmealloantikörper und Wäermeautoantikörper in hoher Konzentration gewonnen werden können. Lediglich Antikörper wie Anti-S, Anti-s und zeitweise Anti-Fya, Anti-Fyb sowie bestimmte Kälteantikörper, z.B. Lewis-Antikörper, werden weniger effektiv eluiert bzw. in den angeschlossenen Testverfahren schlechter nachgewiesen.

Säureelution

Die Kombination von Säureelution mit anschließender Testung in der Säulenagglutination ist hervorragend geeignet, spezifisch an Erythrozyten gebundene Allo- und Autoantikörper nachzuweisen. Auf diese Weise gelingt es z.B. selbst in sehr milden Fällen von 0/A-Inkompatibilität zwischen Mutter und Kind Anti-A auf den kindlichen Erythrozyten nachzuweisen.

Ein einfaches Verfahren das gute Ergebnisse zeigt wird vorgestellt. Darüber hinaus kann es in modifizierter Form auch zur Gewinnung weitgehend intakter Erythrozyten eingesetzt werden.

Material: Erythrozytensediment, kommerzieller Elutions-Teskit, bestehend aus Waschlösungskonzentrat, Elutions- (Säure) und Pufferlösung.

Gewinnung des Eluates (ggf. den Anweisungen des Testkitherstellers folgen): Das Erythrozytensediment wird einmal mit physiologischer NaCl und anschließend viermal mit Waschlösung gründlich gewaschen. Vom trockenen Sediment werden 20 Tropfen (ca. 1 ml) in ein anderes Röhrchen überführt, 20 Tropfen Elutionslösung hinzu pipettiert, das Röhrchen verschlossen, viermal vorsichtig gemischt und nach 60 sec hochtourig zentrifugiert (5 min bei 1.500 × g). Dann wird ohne Verzögerung der Überstand abpipettiert und mit der Pufferlösung unter Schütteln neutralisiert bis ein Farbumschlag nach blau erfolgt (etwa 20 Tropfen Pufferlösung).

Wegen der möglichen Ausfällung von Proteinen, sollte das Eluat eventuell vor Testung noch einmal hochtourig zentrifugiert werden.

Gewinnung von Erythrozyten: Wenn möglichst intakte Erythrozyten nach Elution von Antikörpern gewonnen werden sollen, ist das Verfahren in analoger Weise mit weniger Elutionslösung durchzuführen: 12 Tropfen Elutionslösung auf 20 Tropfen Erythrozytensediment. Nach Entfernen des Überstandes sind die Erythrozyten sofort gründlich solange mit Waschlösung zu waschen, bis der Überstand farblos bleibt.

Chloroquinelution

Dieses Verfahren stellt die schonenste Elutionsmethode für die Erythrozyten dar.

Material: Gründlich gewaschenes Erythrozytensediment, 20 % Chloroquindiphosphat.

Durchführung: Ein Volumenteil Erythrozytensediment, z.B. 0,2 ml, mit 4 Volumina Chloroquinlösung mischen und 30 min bei Raumtemperatur inkubieren (alle 15 min gründlich mischen), abschließend viermal mit physiologischer NaCl waschen.

Hinweise

Wenn die Erythrozyten für die Antigentestung verwendet werden sollen, sind nach Inkubation 20 μl Erythrozyten vom Sediment zu entnehmen, viermal in physiologischer NaCl zu waschen und mit polyspezifischem Antihumanglobulin hinsichtlich noch immer bestehender Immunglobulinbeladung zu prüfen. Nur bei Negativiät des Antihumanglobulintests sind Antigenaustestungen zuverlässig. Bei Positivität kann die Inkubation der Erythrozyten mit Chloroquin bis zu 120 min ausgedehnt werden.

Anwendung von Elutionsverfahren

Bei positivem direkten Antihumanglobulintest zur Differenzierung zwischen Allo- und Autoantikörpern und zur Abklärung der Antikörperspezifität (siehe Beitrag 27.6.1.4 – Direkter Antihumanglobulintest).

Bei positivem direkten Antihumanglobulintest nach vorausgegangenen Erythrozytentransfusionen zum Nachweis niedrig konzentrierter Alloantikörper bzw. zur Erkennung verzögerter hämolytischer oder serologischer Transfusionsreaktionen (siehe Beitrag 27.5.1.1 – Akute hämolytische Transfusionsreaktionen).

Bei alleiniger Komplementbeladung im direkten Antihumanglobulintest zum Nachweis maskierter Antikörper.

Bei Coombs-negativer Immunhämolyse zum Nachweis niedrig konzentrierter Autoantikörper.

Zur Abklärung hämolytischer Transfusionsreaktionen.

Bei Schwierigkeiten mit der Antigenbestimmung infolge Antikörperbeladung der Erythrozyten (im allgemeinen Autoantikörper), um nach schonender Hämolyse die Antigene besser bestimmen zu können.

Zur anschließenden Adsorption von Autoantikörpern, um im Adsorbat Alloantikörper nachweisen bzw. ausschließen zu können.

Zur Differenzierung adsorbierter und anschließend eluierter Alloantikörper, insbesondere bei der Abklärung von Antikörpergemischen.

Zum Nachweis von schwachen Antigenen nach Adsorption spezifischer Testantikörper.

27.6.10.4 Nachweis von Kryptantigenen und Polyagglutination

Material: Erythrozyten 5 %ig in physiologischer NaCl, kommerzieller Lectin-Testkit.

Durchführung: Je 2 Tropfen der verschiedenen Lektine werden im Röhrchen zu einem Tropfen Erythrozytensuspension pipettiert, gemischt, 5 min bei Raumtemperatur inkubiert und abschließend 20–30 sec bei 200 × g zentrifugiert. Die Ablesung erfolgt über einem Lichtkasten. Bezüglich der Interpretation wird auf Tab. 27-3 – Lektine verwiesen.

27.6.11 Molekulargenetische Blutgruppenbestimmung

Mit Hilfe molekularbiologischer Methoden wurden die Gene der Blutgruppenmerkmale entschlüsselt. Im Rahmen der molekulargenetischen Blutgruppenbestimmung wird aufgrund spezifischer Nukleinsäurepolymorphismen ein bestimmter Phänotyp vorhergesagt. Grundlage hierfür sind Studien der Genotpy-Phänotyp Assoziation in größeren Kollektiven und bei ausgesuchten Proben mit seltenem Phänotyp.

In folgenden Situationen kommt die molekulargenetische Blutgruppenbestimmung zur Anwendung /471/:

  • Analyse fetaler Blutgruppenmerkmale bei immunisierten Schwangeren und drohendem Morbus haemolyticus neonatorum (MHN). Die Untersuchung erfolgt, wenn möglich aus fetaler DNA in mütterlichem Blut /7172/. Wenn aus anderen Gründen invasive Untersuchungen durchgeführt werden, kann bei Rh(D)-negativen Schwangeren das MHN-Risiko durch Anti-D auch anhand von Chorionbiopsien oder Fruchtwasserpunktat vorhergesagt werden.
  • Blutgruppenbestimmung bei vortransfundierten Patienten mit unbekannten Butgruppen-Antigenen, z.B. bei lückenhafter Transfusionsanamnese /73/.
  • Bestimmung von Blutgruppen-Antigenen bei Auto- und Alloimmunhämolysen, da bei immunhämolytischer Anämie durch Autoagglutinationen, einen positiven Antihumanglobulintest und ggf. aktuell vorausgegangene Transfusionen das Antigenmuster der Patienten häufig nicht sicher zu bestimmen ist.
  • Abklärung von Blutgruppen-Antigenen bei diskrepanten bzw. schwachen serologischen Reaktionen /74/. Die Untersuchung von RHD bei Blutspendern kann zur Erfassung von DEL, D-Chimärismus und sehr schwachen D-Varianten eingesetzt werden. Bei Schwangeren mit D-Varianten gibt die Weak-D-Genotypisierung einen Anhalt für das Immunisierungsrisiko und damit zur Indikation einer Rh-Prophylaxe. Patienten mit serologischer Fy(a–b–)-Typisierung können hinsichtlich FY*B-33 oder FY*X untersucht werden.
  • Bestimmung von Blutgruppenantigenen, für die keine oder nur sehr teure Antiseren zur Verfügung stehen.
  • Bestimmung der RHD-Zygotie bei Partnern von Frauen mit Anti-D-Alloimmunisierung und Schwangerschaft bzw. Kinderwunsch.
  • Charakterisierung von Testzellen, z.B. für die Identifizierung und Differenzierung von Antikörpern zur Überprüfung der serologischen Testergebnisse.
  • Bestimmung von seltenen Antigenen oder Kombinationen von Antigenen bei Blutspendern, wenn die Kosten der molekulargenetischen Bestimmung unter den Kosten der serologischen Verfahren liegen.
  • Zur Analyse fetaler Blutgruppenmerkmale von Amnionzellen bei drohendem MHN durch Rh(D)-Inkompatibilität.
  • Zur Paternitätsbestimmung sowie aus anderen forensischen Gründen.

27.7 Vorbereitung von Bluttransfusionen

Die labordiagnostische Vorbereitung von Bluttransfusionen muss folgenden Zielsetzungen dienen:

  • AB0-gleiche bzw. Major kompatible Transfusionen von Erythrozyten zu sichern.
  • Eine unnötige Immunisierung zu vermeiden, vor allem gegen den Rh-Faktor D.
  • Klinisch relevante und potentiell klinisch relevante erythrozytäre Antikörper empfindlich nachzuweisen.
  • Antigene, gegen die entsprechende Antikörper vorliegen, auf den Erythrozyten von Patienten und Blutspendern sicher zu bestimmen.

Ganz allgemein muss ein Blutgruppenlabor in angemessener Zeit eine kompatible Transfusion von Blutkomponenten ermöglichen (Abb. 27-9 – Blutversorgung bei elektiven Eingriffen mit der Möglichkeit von Blutungskomplikationen/75/. Hinsichtlich Kompatibilität von Blutkomponenten siehe Beitrag 27.2.4 – Transfusionsmedizinische Bedeutung von Blutgruppenantikörpern.

27.7.1 Regelfall

Im Regelfall muss vor allen invasiven und operativen Eingriffen, bei denen die Möglichkeit einer akut transfusionsbedürftigen Blutungskomplikation besteht, ein gültiger Blutgruppenbefund und ein aktuelles Ergebnis des Antikörpersuchtests des zuständigen Laboratoriums vorliegen. Die Untersuchung sollte möglichst bereits am Aufnahmetag veranlasst werden.

Bei negativem Antikörpersuchtest sind für planbare Operationen bzw. Transfusionen so viele kompatible Erythrozytenkonzentrate (in Deutschland gekreuzt) bereitzustellen, dass der erwartbare Bedarf gedeckt werden kann.

Die Kreuzproben sollten möglichst am Vortag der Operation oder Transfusion mit einer zweiten Blutprobe durchgeführt werden. Zur Identitätssicherung sollte von jeder neuen Blutprobe die AB0-Kontrolle oder der ABD-Bestätigungstest durchgeführt werden.

27.7.2 Positiver Antikörpersuchtest

Ein positiver Antikörpersuchtest muss immer abgeklärt werden. Elektive Eingriffe, bei denen die Möglichkeit einer transfusionsbedürftigen Blutungskomplikation besteht, sind grundsätzlich bis zur Abklärung zurückzustellen.

Irreguläre Antikörper

Bei Vorliegen von klinisch relevanten irregulären Antikörpern sollen nicht nur die Erythrozytenpräparate zur Deckung des erwartbaren Bedarfs gekreuzt bereitgestellt werden, sondern es muss auch die Versorgung für eine Blutungskomplikation sichergestellt sein. Dies geschieht durch Bereitstellen von entsprechend Antigen-ausgetesteten (ungekreuzten) Präparaten im eigenen Depot oder der versorgenden transfusionsmedizinischen Einrichtung. Siehe Tab. 27-24 – Berücksichtigung irregulärer erythrozytärer Antikörper.

Unklare irreguläre Antikörper, inkompatible Transfusionen

Zunächst sollte geklärt werden, ob es sich um Wärme- oder Kälteantikörper handelt. Generell gilt:

  • Kälteantikörper werden wenn, bei planbaren Transfusionen bzw. elektiven Eingriffen berücksichtigt.
  • Kann die Spezifität von Wärmeantikörpern nicht geklärt werden, besteht eine besondere Indikation für autologe Hämotherapieverfahren.
  • Transfusionen von allogenen Erythrozytenpräparaten sind auf vitale Indikationen zu beschränken.
  • Bei ungeklärten Alloantikörpern versucht man durch Auskreuzen mit dem Patientenserum, kompatible Erythrozytenpräparate zu finden. Referenztest ist der indirekte Antihumanglobulintest in Albumintechnik (Röhrchenverfahren, 37 °C). Ist dieser negativ, besteht in der Regel keine akute Gefährdung durch die Transfusion.
  • Liegen nur Autoantikörper vor, ist dieses Auskreuzen sinnlos.
  • Muss ohne vorherige Abklärung der Antikörper oder aufgrund des Kreuzprobenergebnisses inkompatibel transfundiert werden, gilt die Transfusion als nicht sicher kompatibel, was auf den Konservenbegleitpapieren zu vermerken ist. Die Betreuung des Patienten erfolgt gemäß den Regeln einer Fehltransfusion.

27.7.3 Dringliche Transfusionen

Die Vorbereitung von dringlichen und Notfalltransfusionen richtet sich nach dem verfügbaren Zeitintervall und den bereits vorliegenden immunhämatologischen Befunden.

Blutungskomplikationen bei elektiven Eingriffen

In diesen Fällen liegen Blutgruppenbefund und Ergebnis des Antikörpersuchtests vor.

  • Bei negativem Antikörpersuchtest können bei Blutungskomplikationen die über den Regelbedarf hinaus gehenden Erythrozytenkonzentrate je nach Dringlichkeit bedenkenlos ungekreuzt oder mit Schnellkreuzprobe bereitgestellt werden. Das gilt auch für die Antigen-ausgetesteten Blutkonserven, die bei Vorliegen von Antikörpern in Reserve bereitgestellt werden sollen.
  • Kälteantikörper bzw. nur selten hämolytisch aktive Antikörper wie Anti-P1, -Lea, -Leb, -M sind im Notfall außer Acht zu lassen.
  • Sind kompatible Blutkonserven nicht in ausreichendem Maße vorhanden bzw. in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu beschaffen, gelten die Ausführungen wie bei Vorhandensein unklarer irregulärer Antikörper.

Notaufnahmen

Bei Patienten, die als Notfälle aufgenommen werden, ist die Blutversorgung gemäß Tab. 27-25 – Zeitplan für Notfall- und Massivtransfusionen bei Notaufnahmen sicherzustellen. Finden sich anhand der Kreuzproben und/oder des Antikörpersuchtests Hinweise auf mögliche Antikörper, gelten die Ausführungen wie bei Vorhandensein unklarer irregulärer Antikörper.

27.8 Abklärung von Transfusionsreaktionen

Da die Transfusionsreaktionen weder durch Art noch Schwere der Symptome Rückschlüsse auf ihre Ursache erlauben, sollte die Abklärung nach einem feststehenden Protokoll erfolgen (Tab. 27-26 – Abklärung von Transfusionsreaktionen). In erster Linie muss eine Hämolyse, vordringlich intravasale Hämolyse, ausgeschlossen werden. Insbesondere ist nach Verwechselungen bzw. Fehltransfusionen sowie prä-transfusionell nicht erfassten erythrozytären Inkompatibilitäten zu suchen. Auch bei Notfalltransfusionen sollten intravasale Hämolyse und AB0-Verwechselung vor weiteren Transfusionen ausgeschlossen sein. Darüber hinaus ist an die Möglichkeit einer bakteriellen Infektion zu denken. Bleibt die Ursache der Transfusionsreaktion unklar, sind weitere Untersuchungen zur Abklärung notwendig. Die Untersuchung auf leukozytäre Antikörper, vor allem HLA-Antikörper macht nur Sinn, wenn der Leukozytengehalt der transfundierten Erythrozytenkonzentrate > 108 beträgt oder Thrombozytenpräparate transfundiert wurden. Seit Einführung der universellen Leukozytendepletion von zellulären Blutkomponenten sind diese Reaktionen nach Transfusion selten geworden. Weiterhin sollten HLA- und Granulozyten-spezifische Antikörper bei Verdacht von Transfusions assoziierter akuter Lungeninsuffizienz (TRALI-Syndrom) vor allem nach Transfusion Plasma haltiger Präparate von Spenderinnen untersucht werden. Diese Untersuchungen sind Speziallabors vorbehalten.

Bei der immunhämatologischen Nachuntersuchung sollte das Untersuchungsspektrum gegenüber der prä-transfusionellen Diagnostik erweitert und methodisch optimiert werden. Zur Abklärung von Transfusionsreaktionen sollten unbedingt sensitive Methoden wie Säulenagglutination oder Festphasentechnik genutzt werden. Zur methodischen Optimierung zählen z.B. die Verwendung von Serum anstelle von Plasma, gründlich gewaschener Spendererythrozyten, Verlängerung der Inkubationszeiten, Zwischenablesung nach der Wärmeinkubation. Die Untersuchungen sind aus prä- und post-transfusionellem Patientenblut durchzuführen. Einerseits könnte die prä-transfusionelle Probe von einem anderen Patienten stammen (Verwechslung), andererseits können prä-transfusionell übersehene Antikörper post-transfusionell durch Bindung an die transfundierten Erythrozyten nicht mehr nachweisbar sein.

Bestehen anhand klinisch-chemischer Hämolyseparameter Hinweise auf eine Hämolyse, ohne dass sich diese durch eine Hämolyse der transfundierten Blutkomponenten oder immunhämatologisch auf Grund der aufgeführten Tests erklären lässt, sind weitergehende Untersuchungen, z.B. Antikörperdifferenzierungen, Antikörperelution angezeigt. Darüber hinaus empfiehlt sich die Nachuntersuchung der Patienten nach einer Woche, da dann mit einer Boosterung evtl. vorhandener Antikörper zu rechnen ist.

Bei Reaktionen im Zusammenhang mit der Transfusion Plasma haltiger Blutkonserven sind auch Minor-Inkompatibilitäten auszuschließen.

Bakteriologische Untersuchungen von Blutkonserven haben wegen der Sekundärkontamination der Blutkonserve nur Aussagekraft, wenn die Beimpfung der Kulturflaschen möglichst bald nach Unterbrechung der Transfusion unter sterilen Bedingungen erfolgt, vorrangig eine einzelne Bakterienspezies innerhalb von Std. nachweisbar ist und wenn die gleichen Keime auch aus dem post-transfusionellen Blut des Patienten gezüchtet werden können.

27.9 Qualitätssicherung

Jedes Laboratorium, das Blutgruppen serologische Untersuchungen durchführt, muss regelmäßig Maßnahmen der Qualitätssicherung durchführen, interne und externe Qualitätsproben untersuchen und die Ergebnisse dokumentieren /37/.

Gründe

Die Gründe für eine interne und externe Qualitätssicherung in der Immunhämatologie sind:

  • Keine klinische Validierung der Befunde möglich.
  • Immunhämatologische Methoden stellen keine quantitativen Messmethoden dar.
  • Verwendung biologischer Reagenzien mit großer Variabilität und Lagerungsinstabilität.
  • Nur begrenzte Reagenzienkontrolle durch Zulassungsbehörden.
  • Abstimmung von Reagenzien und Methodik erforderlich.
  • Es bestehen zahlreiche methodische Fehlermöglichkeiten und Patienten spezifische Störfaktoren.

Ziele

Die Ziele der Qualitätssicherung in der Immunhämatologie sind:

  • Nachweis der ausreichenden analytischen Sensitivität der angewandten Methoden durch externe Qualitätskontrolle, z.B. Ringversuche.
  • Regelmäßige Überprüfung der Qualität der verwendeten Reagenzien durch interne Qualitätskontrolle als Reagenzienkontrolle.
  • Regelmäßige Überprüfung der eingesetzten Geräte als interne Qualitätskontrolle.
  • Ständige Sicherung der korrekten Testdurchführung, Testempfindlichkeit und Testspezifität durch interne Qualitätskontrolle (Inprozesskontrolle).
  • Erkennung und Abgrenzung Patienten spezifischer Störfaktoren durch interne Qualitätskontrolle.

27.9.1 Interne Qualitätskontrolle

Die internen Qualitätskontrollen schließen Inprozess-, Reagenzien- und Gerätekontrollen ein.

Inprozesskontrollen

Die Inprozesskontrollen bzw. Testkontrollen bei den einzelnen Methoden sind in Beitrag 27.5 – Immunhämatologische Untersuchungs­methoden beschrieben. Sie umfassen positive und negative Kontrollen sowie Eigenkontrollen. Bei Röhrchentests zum Nachweis von Antikörpern sind diese immer (auch im Rahmen der Notfalluntersuchungen) mitzuführen. Bei Säulenagglutinationstests sowie generell bei automatisierten Verfahren gilt dies nur für die Eigenkontrolle. Bei Säulenagglutinationstests sind positive und negative Kontrollen einmal täglich ausreichend.

Reagenzienkontrollen

Generell sollten Patientenproben, Testkarten, Testzellen und alle weiteren Reagenzien unmittelbar vor ihrer Verwendung auf korrekte Identität, und einwandfreien Zustand (Hämolyse, Trübung, Ausfällung) visuell geprüft werden:

  • Testkarten und Reagenzien zum Nachweis von Antikörpern (Antikörpersuchtest, Kreuzprobe) sind arbeitstäglich einmal anhand von positiven und negativen Kontrollen in den verwendeten Verfahren zu kontrollieren. Bei Anwendung von Automaten sind die entsprechenden Kontrollen im Hinblick auf die Qualität der Testzellen wenigstens einmal pro Schicht erforderlich.
  • Vor jedem Chargenwechsel ist eine Chargenkontrolle durchzuführen.
  • Von ungepufferten, angebrochenen Waschlösungen sollte täglich der pH-Wert gemessen werden (Sollwert ≥ 6,5).

Alle übrigen täglich verwendeten Reagenzien sollten mindestens einmal in der Woche unter identischen Bedingungen (Qualitätskontrollplatz) nach einem Standardprotokoll, möglichst in den verwendeten Verfahren untersucht und die Ergebnisse mit einem Sollwertprotokoll verglichen werden. Bei Auffälligkeiten ist der Test zu wiederholen, bei Bestätigung des auffälligen Ergebnisses noch einmal mit einer neuen Probe derselben Charge.

In Abhängigkeit davon, ob sich die Qualitätsminderung für eine einzelne Probe oder die gesamte Charge ergibt, sind die entsprechenden Reagenzien aus dem Verkehr zu ziehen. Für Reagenzien, die nur sporadisch verwendet werden, z.B. Testantikörper für die Bestimmung seltener Antigene, erfolgt die Reagenzienkontrolle im Rahmen der Tests anhand positiver und negativer Kontrollen.

Überprüfung der Reaktivität von Reagenzien: Die wöchentlichen Reagenzienkontrollen dienen dem Nachweis der analytischen Sensitivität und Spezifität. Bei der Überprüfung der Testzellen empfiehlt es sich wegen der Lagerungsinstabilität verschiedener Blutgruppenmerkmale Testantikörper zu verwenden, die gegen solche Antigene gerichtet sind.

Gerätekontrollen: Die Anforderungen an die Gerätekontrollen in der Immunhämatologie unterscheiden sich nicht von den sonst im Labor üblichen Geräte spezifischen Überprüfungen, die z. T. auch von den Herstellern vorgegeben sind. Daher wird an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen.

27.9.2 Externe Qualitätskontrolle

Die externe Qualitätskontrolle wird in erster Linie durch regelmäßige Teilnahme (mindestens zweimal, besser viermal pro Jahr) an Ringversuchen gewährleistet. Im Rahmen der Ringversuche sollten alle Parameter bzw. Zielgrößen geprüft werden, die im jeweiligen Labor untersucht bzw. nachgewiesen werden sollen.

Dies sind im immunhämatologischen Labor AB0-, Rh-Blutgruppen einschließlich Untergruppen und schwachen Varianten, Antikörpersuche, Antikörperidentifizierung und Antikörperquantifizierung sowie die Charakterisierung von Autoantikörpern. Werden für Antikörpersuchtest und Kreuzproben unterschiedliche Methoden eingesetzt, sind diese unabhängig von einander zu prüfen.

Die Analysen im Rahmen der Ringversuche sind unter Routinebedingungen mit kodiertem Material durchzuführen.

Darüber hinaus sollten alle unklaren immunhämatologischen Problemfälle zur Abklärung an Referenzlaboratorien geschickt werden.

Wir danken Frau Karin Schmidt, ehemals leitende TA, Institut für Transfusionsmedizin und Hämostaseologie, Universitätsklinikum Marburg, und Frau Dr. med. Monika Weippert-Kretschmer für die Durchsicht des Manuskripts und wertvolle Beratung in methodischen Details. Frau Dr. med. Adam sei Dank gesagt für die Unterstützung bei der Anfertigung der Abbildungen.

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72. Bettelheim D, Panzer S, Reesink HW, Csapo B, Pessoa C, Guerra F, Wendel S, Calda P, Sprogøe U, Dziegiel M, Aitokallio-Tallberg A, Koskinen S, Kuosmanen M, Legler TJ, Stein W, Villa S, Villa MA, Trespidi L, Acaia B, Vandenbussche FP, Brand A, de Haas M, Kanhai HH, Gounder D, Flanagan P, Donegan R, Parry E, Sefonte C, Skulstad SM, Hervig T, Flesland Ø, Zupańska B, Uhrynowska M, Lapaire O, Zhong XY, Holzgreve W. Monitoring and treatment of anti-D in pregnancy. Vox Sang. 2010; 99: 177–92.

73. Legler TJ, Eber SW, Lakomek M, Lynen R, Maas JH, Pekrun A, Repas-Humpe M, Schröter W, Köhler M. Application of RHD and RHCE genotyping for correct blood group determination in chronically transfused patients. Transfusion. 1999; 39: 852–5.

74. Legler TJ, Maas JH, Köhler M, Wagner T, Daniels GL, Perco P, Panzer S. RHD sequencing: a new tool for decision making on transfusion therapy and provision of Rh prophylaxis. Transfus Med 2001; 11: 383–8.

75. Kretschmer v, Gombotz H, Rump G. Transfusionsmedizin – Klinische Hämotherapie. Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 2008.

Tabelle 27-1 Ausprägung verschiedener Blutgruppenantigene auf Neugeborenen-Erythrozyten

Abgeschwächt

Verstärkt

A, B, H, I

Lea, Leb

Lua, Lub

Yta

Vel

i

M, N, S, s

LW

Tabelle 27-2 Vorkommen und biologische Funktion der wichtigsten Blutgruppenantigene auf Erythrozyten, modifiziert nach Lit /4/

System

Wichtigste Antigene, Frequenz (%)

Gesamtzahl der möglichen Blutgruppen*

Funktion der Antigen-tragenden Moleküle

AB0

A (42), A1 (27),

B (11), H (67)

> 20

I

I (> 99,9), i (> 99,9)

i (> 99,9)

> 2

Lewis

Lea (22), Leb (72)

5

Bindung von H. pylori

P

P1 (80), P (> 99,9),

p (< 0,1), Pk (0,1)

4

Bindung E. coli, Parvovirus B19

Rh

D (85), C (70), E (30),

c (80), e (98)

> 50

Struktur, Ammoniumtransport

Kell

K (9), k (99,8), Kpa (2),

Kpb (> 99,9), Jsa (< 1),

Jsb (> 99,9)

> 20

Endopeptidase

Duffy

Fya (67), Fyb (80,5),

Fy3 (> 99,9),

Fy4 (< 0,1)

6

Bindung IL-8, Malaria-Rezeptoren (Fya/Fyb)

Kidd

Jka (76,9), Jkb (72,5),

Jk3 (> 99,9)

3

Harnstofftransport

MNS

M (78), N (72), S (55),

s (89), U (> 99,9),

Ena (99,9)

38

Struktur, Malaria-Rezeptoren

Lutheran

Lua (7,7), Lub (92,3)

18

Rezeptor (Adhäsionsmoleküle)

Xg

Xga* (Männer 67,

Frauen 89)

1

Diego

Dia (< 0,01), Dib (> 99,9), Wra (0,08), Wrb (> 99,9)

4

Struktur (Bande 3), Chlorid-, Bicarbonattransport

Cartwright

Yta (99,7), Ytb (8,1)

2

Acetylcholinesterase

Dombrock

Doa (66,7), Dob (82,8)

5

ADP-Ribosyltransferase

Colton

Coa (99,8), Cob (8,5)

3

H2O-Transport

Vel

Vel (> 9,9)

1

Bg

Bga (2), Bgb (2), Bgc (1)

> 3

HLA

* Einschließlich Varianten

Tabelle 27-3 Lektine

Reaktion wie

Herkunft aus

Reaktion mit

Anti-A1

Dolichos biflorus

A1 (Tn, Cad)

Anti-A/N

Molucella laevis

A und N

Anti-N/T

Vicia graminea

N und T*

Anti-T

Arachis hypogaea

T*

Anti-Tn

Salvia sclarea

Tn*

Anti-Cad/Sd

Leonurus cardiaca

Cad und Sd

Anti-H

Lotus tetragonolobus

A2, A2B, A3 etc., 0, B

Anti-H

Ulex europaeus

A2, A2B, A3 etc., 0, B

Anti-A

Helix pomatia

A

* Siehe Beitrag 27.4.15 – Kryptantigene

Tabelle 27-4 Einfluss von Enzymen auf Blutgruppenantigene

Abschwächung

Verstärkung

Fya, Fyb; K, k; Xga

MN(S)

Pr, Ina, Inb

Rh (v. a. E); Jka, Jkb; Kna, Kpb, LKE, Lua, Lea, P1, Coa, Cob, LW

I, i; Gd; T, Tn, Tk; EL, Ena

Tabelle 27-5 Ursachen für Pseudoagglutinationen

  • Plasmaexpander (Dextran, HÄS*)
  • Gerinnungsstörungen, mangelhafte Ausgerinnung der Blutprobe
  • Hyperfibrinogenämie, Fibrinspaltprodukte, Fibrinolytika
  • Dysproteinämie, Paraproteinämie, Kryoglobulinämie
  • Vermehrung der Akute-Phase Proteine, α1-Glykoprotein, α2-Makroglobulin, α1-Antitrypsin, Coeruloplasmin, IgM
  • Medikamente, z.B. hochdosiert Heparin, Protaminsulfat
  • Vermehrung von freiem Hämoglobin, Cholesterin, Bilirubin
  • Rheumafaktoren
  • Leukozytose, Leukozytenenzyme
  • Wharton’sche Sulze (Hyaluronidase)

* HÄS, Hydroxyäthylstärke

Tabelle 27-6 Häufigkeit irregulärer erythrozytärer Antikörper /13/*

Gruppenspezifität

Seren

Einzelspezifität/Anzahl absolut

Rhesus**

32

D 11; E 7; C 1; Cw 1; C,D 5; c,E 2; c,Cw 1; D,E 1; C,D,E 3

Kell

6

K 4; K,Jka 2

Kidd

5

Jka 2; Jkb 1, Jka,K 2

Duffy

3

Fya 2, Fya,C,D,E 1

MNSs

2

S 2

Lewis

23

Lea 19, Leb 3, Leab 1

P

12

P1 12

AAK***

5

Wärme-AAK 5

* Untersuchung von 3.000 Patienten im Säulenagglutinationstest mittels Enzym- und indirekten Antiglobulintest

** Ein Serum zusätzlich Anti-Fya

*** AAK= Autoantikörper

Tabelle 27-7 Dichte der AB0-Antigene bzw. AB0-Moleküle pro Erythrozyt

Antigen

Zellen

Anzahl Antigene

A

A1

800.000–1.200.000

A2

160.000–440.000

A3

40.000–118.000

Ax

1.400–10.300

Aend

1.100–4.400

Am

200–1.900

A1cord

250.000–370.000

A1B

420.000–850.000

A2B

120.000

B

B

610.000–830.000

A1B

310.000–560.000

H

0 cord

290.000–350.000

0

1.600.000–1.900.000

Tabelle 27-8 Wichtigste ABH-Varianten

Phänotyp

Erythrozytenreaktion mit

Serum

Speichel-Sekretoren

Häufigkeit des Phänotyps bei Kaukasiern**

Anti-A

Anti-B

Anti-AB

Anti-H

Normal

Irregulär

A1

++++

++++

Anti-B

A,H

A1 34 %, A1B 3 %

A2

+++

+++

+++

Anti-B

Anti-A1

A,H

A2 10 %, A2B 1 %

A3

++MF

++MF

+++

Anti-B

Anti-A1.

A,H

1–2 von 200 A

Aend

± MF

± MF

++++

Anti-B

Anti-A1

H

2 von 150.000 A

Afinn

± MF

± MF

++++

Anti-B

1 von 6.000 A

Abantu

± MF

± MF

++++

Anti-B

Anti-A1

H

4 % der A in Südafrika

Ax

±/–

++

++++

Anti-B

Anti-A1

(Ax),H

1 von 40–80.000 A

Am (Ay)

– (±)

++++

Anti-B

Anti-A1.

A,H

1 von 150.000 A

Ael

Elution

++++

Anti-B

Anti-A1

H

Sehr selten

B

++++

++++

+

Anti-A

B,H

9–12 %

B3

MF

MF

+

Anti-A

B,H

3 von 350.000 B

Bx

±

±

+

Anti-A

(Anti-B)

(B),H

Selten

Bm

±

±

+

Anti-A

B,H

Selten

Bel

Elution

+

Anti-A

Anti-B.

H

Selten

Bw

+

Anti-A

Sehr selten

Bv

+

Anti-A

Sehr selten

(B-like)

–*

+

Anti-A

(Anti-B)

46 von 500.000 Chinesen

* Wenn Anti-B mit Kaninchenerythrozyten adsorbiert; ** Europäer, wenn nicht anders angegeben; MF, Mischfeldagglutination

Tabelle 27-9 AB0-Blutgruppen: Verteilung und Nachweisbarkeit regulärer und irregulärer Antikörper

Blutgruppe

Frequenz* (%)

Antikörper

Regulär

Irregulär

Frequenz

A1

32,5

Anti-B

Keine

A2

9,4

Anti-B

Anti-A1

1–2 %

A3

0,1

Anti-B

Anti-A1

15–20 %

A1B

3,1

keine

keine

A2B

1,1

keine

Anti-A1

22–26 %

B

11,0

Anti-A

Keine

0

42,8

Anti-A, -B, -AB

Keine

* Deutsche Bevölkerung

Tabelle 27-10 Lewis-System – Gene und Phänotypen

Gene

Phänotyp

Substanz im Speichel

Lewis

Hh

Sekretor

Erythrozyten

Frequenz

LeLe/Lele

HH/Hh

SeSe/Sese

Le(a–b+)

70–72 %

Leb (Lea)*

LeLe/Lele

HH/Hh

sese

Le(a+b–)

19–22 %

Lea

lele

HH/Hh

SeSe/Sese

Le(a–b–)

4–11 %

–*

lele

HH/Hh

sese

Le(a–b–)

Lele/Lele

hh

SeSe/Sese

Le(a+b–)

Sehr selten

Lea

LeLe/Lele

hh

sese

Le(a+b–)

Sehr selten

Lea

lele

hh

SeSe/Sese

Le(a–b–)

Sehr selten

lele

hh

sese

Le(a–b–)

Sehr selten

* ABH-Substanz nach AB0-Blutgruppe

Tabelle 27-11 P-System

Phänotyp

Frequenz %

Reaktion mit Anti-

Antikörper

-P1

-P

-Pk

-PP1Pk

Spezifität

Bedeutung

P1

70–80

+

+

+

P2

20–25

+

+

P1

Selten HTR

p

*

Tja = P,P1,Pk

HTR/MHN

P1k

*

+

+

+

P

HTR/PKH

P2k

*

+

+

P

HTR/PKH

* Extrem selten; HTR, hämolytische Transfusionsreaktionen; MHN, Morbus haemolyticus neonatorum; PKH, paroxysmale Kältehämoglobinurie

Tabelle 27-12 Antigene des Rh-Systems in der Schreibweise von Rosenfield, Fisher und Race sowie Wiener mit Häufigkeiten für Europäische Bevölkerung

Rosenfield

Fisher, Race

Wiener

Frequenz

RH 1

D

Rho

85

RH 2

C

rh’

70

RH 3

E

rh“

30

RH 4

c

hr’

80

RH 5

e

hr“

98

RH 6

ce(f) f

hr

64

RH 7

Ce

rhi

70

RH 8

Cw

rhw1

1

RH 9

Cx

rhx

< 1

RH 10

C(ces) ces

rhv hrv

< 1

RH 11

Ew

rhw2 rh2w

< 1

RH 12

G

rhG

85

RH 17

Hro

> 99

RH 18

Hr(Hrs)

> 99

RH 19

hrs

98

RH 20

VS(es) es,VS

VS,es

< 1

RH 21

CG

70

RH 22

CE

< 1

RH 23

Dw

< 1

RH 26

c-like

80

RH 27

cE

30

RH 28

hrH

< 1

RH 29

RH(total Rh’)

rhm

> 99

RH 30

DCor (Goa)

< 1

RH 31

hrB

98

RH 32

RN

< 1

RH 33

Har

< 1

RH 34

Bas

HrB

> 99

RH 35

< 1

RH 36

Bea

< 1

RH 37

Evans

< 1

RH 39

C-like

> 99

RH 40

Tar

< 1

RH 41

Ce-like

70

RH 42

Ces Cces

< 1

RH 43

Crawford

< 1

RH 44

Non

> 99,9

RH 45

Riv

< 1

RH 46

Sec

> 99,9

RH 47

Dav

> 99,9

RH 48

JAL

< 1

RH 49

STEM

RH 50

FPTT

RH 51

MAR

Tabelle 27-13 Häufigkeit der verschiedenen Rh-Formeln (Phänotypen) und der zu Grunde liegenden Genotypen in der Schreibweise nach Fisher, Race und Wiener

Phänotyp

Genotyp

Rh-Formel

%

Fisher, Race

Wiener

%

CcDee

35

CDe/cde

R1/r

32,7

CDe/cDe

R1/Ro

2,2

cDe/Cde

Ro/r’

0,05

CCDee

18,5

CDe/CDe

R1/R1

17,7

CDe/Cde

R1/r’

0,8

CcDEe

13,4

CDe/cDE

R1/R2

11,9

CDe/cdE

R1/r“

1,0

cDE/Cde

R2/r’

0,3

CDE/cde

Rz/r

0,2

CDE/cDe

Rz/Ro

0,01

ccDEe

11,7

cDE/cde

R2/r

11,0

cDE/cDe

R2/Ro

0,7

cDe/cdE

Ro/r“

0,06

ccDEE

2,3

cDE/cDE

R2/R2

2,0

cDE/cdE

R2/r“

0,3

ccddee

15,1

cde/cde

r/r

15,1

ccddEe

0,9

cdE/cde

r“/r

0,9

Ccddee

0,8

Cde/cde

r’/r

0,8

Tabelle 27-14 D-Epitope auf D-varianten Zellen /33/

Epitop

II

III

IVa

IVb

Va

VI

VII

DFR

HMi

HMii

DBT

RoHar

1

+

+

+

+

+

2

+

+

+

+

+/–

+/–

+

3

+

+

+

+

+

+

+/–

+

4

+

+

+

+

+

+

+

+

5

+

+

+

+

+

+/–

+/–

+/–

+/–

6/7

+

+

+

+

+

+

+/–

+

+/–

+/–

+/–

8

+

+

+

+

+

+/–

+

+

9

+

+

+

+

+

*/–

+

Tabelle 27-15 Die wichtigsten Antigene des Kell-Systems

Name

Abkür-zung

ISBT*

Schreib-weise**

Frequenz (%)

Kell

K

KEL1

K pos.

9

Cellano

k

KEL2

k pos.

99,8

Penny

Kpa

KEL3

Kpa pos.

2,0

Rautenberg

Kpb

KEL4

Kpb pos.

> 99,9

Levay

Kpc

KEL5

Kpc pos.

< 0,1

Sutter

Jsa

KEL6

Jsa pos.

< 1,0

Matthews

Jsb

KEL7

Jsb pos.

> 99,9

* Numerische Nomenklatur der ISBT /3/, ** nach Richtlinien der Bundesärztekammer /37/

Tabelle 27-16 Frequenz der wichtigsten Duffy-Merkmale bei Weißen

Antigene

Frequenz (%)

Genotyp*

Frequenz (%)

Fy(a+)

67

Fya/Fya

19,5

Fy(b+)

80,5

Fya/Fyb

47,5

Fyb/Fyb

27

* Identisch mit Phänotyp

Tabelle 27-17 Kidd-Antigene

Antigene

Frequenz

Genotyp*

Frequenz

Jk(a+)

76,9

Jka/Jka

27,5

Jk(b+)

72,5

Jka/Jkb

49,4

Jkb/Jkb

23,1

* Identisch mit Phänotyp

Tabelle 27-18 Antigene und Phänotypen im MNS-System

Antigene

Phänotyp* Kaukasier

Frequenz %

M

N

S

s

U

+

M+N–

28

+

+

M+N+

50

+

M–N+

22

+

+

S+s–U+

11

+

+

+

S+s+U+

44

+

+

S–s+U+

45

S–s–U–

0**

(+)

S–s–U+

0**

* Identisch mit Genotyp, ** selten bei Schwarzen

Tabelle 27-19 Wichtigste Lutheran-Antigene

Antigen

Frequenz (%)

Genotyp*

Frequenz (%)

Lu(a+)

7,7

Lua/Lua

1,5

Lu(b+)

92,3

Lua/Lub

6,2

Lub/Lub

92,3

* Identisch mit Phänotyp

Tabelle 27-20 Bestimmung der Spezifität von Kälteautoantikörpern anhand von Beispielen /49/*

Spezifität

Adulte Erythrozyten

Nabelschnur-Erythrozyten unbehandelt

nicht

behandelt

Protease-behandelt

Sialidase-behandelt

Anti-I

1.000

4.000

4.000

128**

Anti-i

128

8.000

4.000

16.000**

Anti-Pr

1.000

< 8

< 8

1.000**

Anti-Gd

1.000

1.000

< 8

1.000**

* Angaben als Titer, ** Fermentierte Nabelschnurzellen reagieren analog zu adulten Erythrozyten

Tabelle 27-21 Auswahl von Medikamenten, die eine Immunhämolyse hervorrufen können*

Wirkstoff

Mechanismus

Wirkstoff

Mechanismus

4-Amino-Salizylsäure

IK

Isoniazid

MA/IK

Amphotericin

IK

Interferon

AI

Ampicillin

IK/MA

Ketoconazol

AI

Captopril

AI

Levodopa

AI

Carbimazol

IK/MA/AI

Mefloquin

IK/MA

Carboplatin

MA/IK/AI

Melphalan

IK

Cephalosporine

Mercaptopurin

MA

  • 1. Generation

UA/MA

Methotrexat

IK

  • 2. Generation

IK/MA/AI

α-Methyldopa

AI

  • 3. Generation

IK/MA/AI

Paracetamol

IK

Chlorpromazin

AI/IK

Penicilline

MA

Cimetidin

AI

Piperacillin

MA/IK/AI

Cladribine

AI

Procainamid

AI

Cyclosporine

AI/IK

Ranitine

MA/IK

Diclofenac

AI/IK/MA

Rifampicin

IK

Erythromycin

MA

Streptomycin

AI/MA/IK

Fludarabin

AI

Sulfonamide

IK

Fluorouracil

IK

Sulfonylharnstoff

IK

Hydralazin

MA

Tacrolimus

AI

Hydrochlorothiazid

IK/MA/AI

Tetracycline

MA/IK

Ibuprofen

AI

Thiazide

IK

Insulin

MA

Thiopental

IK

Triamteren

IK

* Modifiziert nach /51/

Abkürzungen: AI, autoimmun; MA, Medikamentenadsorption; IK, Immunkomplex

Tabelle 27-22 Probleme bei der Blutgruppenbestimmung (* weniger mit monoklonalen Testantikörpern)

Schwache Antigene

  • Neu- und Frühgeborene*
  • Hämoblastosen*
  • Schwache AB0-Untergruppen, weak D, partial D*
  • Hoher Serumgehalt an löslichen A-Antigenen bei Malignomen

Accessorische Antigene*

Chimerismus

Nach Knochenmarktransplantation

Bombay- und Para-Bombay-Blutgruppen

Blutgruppen-ungleiche Vortransfusionen

Polyagglutination* (siehe Beitrag 27.4.15 – Kryptantigene)

Fehlen oder Verminderung der Isoagglutinine

  • Neu-, Frühgeborene
  • Angeborenes/erworbenes Antikörpermangel-Syndrom
  • Hohes Alter
  • Großer Blutverlust

Irreguläre AB0-Antikörper (schwache Untergruppen)

Irreguläre Allo- oder Autoantikörper (vor allem Kälteanti-körper)

Pseudoagglutinationen (siehe Beitrag 27.2.3 – Serologische Reaktivität)

Tabelle 27-23 Sicherheitsmaßnahmen bei Einsatz von Automaten für die Blutgruppenserologie

  • Error-Protokolle
  • Ausführliche Error-Journale mit Lösungsanweisungen
  • Ausdruck von Zwischenprotokollen und -befunden, automatische Datensicherung
  • Memory-System zur Fortsetzung nach Unterbrechung
  • Fernwartung per Modem (Hotline)
  • Back-up-Geräte
  • Manuelle Fortsetzung bei Abbruch möglich
  • Verwendung derselben Verfahren als manuelle Methoden
  • Besonders geschulte Supervisoren im Team (Trouble shooter, Minimalreparaturen)
  • Firmenservice innerhalb von 12–24 h vor Ort

Tabelle 27-24 Berücksichtigung irregulärer erythrozytärer Antikörper /19/

System

Antikörper

Berücksichtigung bei Transfusion

ABH

Anti-A1, Anti-HI bei A1 and A1B

Negative Kreuzprobe bei 37 °C

Rh

Anti-D, -C, -c, -E, -e

Antigen-negativ*

Anti-Cw

Negative Kreuzprobe

Kell

Anti-K, -k

Antigen-negativ*

Anti-Kpa

Negative Kreuzprobe

Kidd

Anti-Jka, -Jkb

Antigen-negativ*

MNS

Anti-M, aktiv bei 37 °C; Anti-S,-s,-U

Antigen-negativ*

Anti-M, nicht aktiv bei 37 °C; Anti-N

Negative Kreuzprobe bei 37 °C

Duffy

Anti-Fya, -Fyb

Antigen-negativ*

P

Anti-P1

Negative Kreuzprobe bei 37 °C

Lewis

Anti-Lea, -Leb

Negative Kreuzprobe bei 37 °C

Lutheran

Anti-Lua

Negative Kreuzprobe bei 37 °C

Diego

Anti-Wra

Negative Kreuzprobe

* Antigen- und Kreuzprobennegativ

Tabelle 27-25 Zeitplan für Notfall- und Massivtransfusionen bei Notaufnahmen

Unverzügliche Transfusion erforderlich

  • Probenentnahme für Blutbild, Gerinnung, Elektrolyte, Creatinin, AB0-Rh-Bestimmung, Antikörpersuchtest, Kreuzprobe.
  • 4–6 Erythrozytenkonzentrate der Blutgruppe 0, möglichst Rh-negativ, ungekreuzt, GFP der Blutgruppe AB.
  • AB0-Bedside-Test von Patientenblut.

Transfusion in etwa 10 min erforderlich

  • Reguläre AB0-/Rh-Bestimmung.
  • 4–6 Erythrozytenkonzentrate AB0-Rh-gleich bzw. -kompatibel, ungekreuzt.
  • GFP AB0-gleich.
  • AB0-Bedside-Test von Patientenblut.

Transfusion in etwa 30 min erforderlich

  • ≤ 10 Erythrozytenkonzentrate AB0-Rh-gleich bzw. -kompatibel, gekreuzt mit Schnellkreuzprobe: Majortest im indirekten Antiglobulintest Säulenagglutinationstest einschließlich Eigenkontrollen, Inkubation je nach Dringlichkeit 5–10 min bei 37 °C
  • GFP AB0-gleich.
  • AB0-Bedside-Test vom Patientenblut.

Transfusion in etwa 45 min erforderlich

  • ≤ 10 Erythrozytenkonzentrate AB0-Rh-gleich bzw. -kompatibel, gekreuzt mit Standardkreuzprobe (Säulenagglutinationstest)
  • GFP AB0-gleich.
  • AB0-Bedside-Test vom Patientenblut.

Transfusion erst in etwa 1 h erforderlich

  • Antikörpersuchtest vom Empfänger in Standardmethode, möglichst mit Serum/Plasma der ersten Blutprobe.
  • Weiteres Vorgehen wie unter Transfusion nach 45 min.

GFP, Gefrierplasma

Tabelle 27-26 Abklärung von Transfusionsreaktionen

1. Sicherstellen der Blutkonserven, Pilotröhrchen und prä-transfusionellen Patientenblutproben.

2. Bakteriologische Kontrollen von Patienten- und Konservenblut (aerobe und anaerobe Kulturen).

3. Bereitstellung von posttransfusionellem Patientenblut für die Untersuchung der Hämolyseparameter (EDTA-Blut, Citrat- und Nativblut) sowie zur immunhämatologischen Abklärung (Nativ- und EDTA- oder Citratblut).

4. Nachweis von Hämolyse in Blutkonserven und post-transfusionellem Patientenblut (EDTA- oder Citratblut) durch Beurteilung des Überstandes nach Zentrifugation der Blutproben (freies Hb)**.

5. Überprüfung der AB0-, Rh-Blutgruppen von Blutkonserven (falls nicht mehr vorhanden des Pilotröhrchens) und Patient (prae- und posttransfusionelle Probe)**; bei Plasma und Thrombozytenpräparaten durch Bestimmung der Isoagglutinine.

6. Kreuzproben mit prae- und posttransfusionellem Patientenblut möglichst gegen Erythrozyten aus den Blutpräparaten (Schlauchsegment) mit erweiterter und optimierter Methodik*, bei plasmahaltigen Präparaten auch als Minortests.

7. Direkter Antihumanglobulintest mit mehreren polyspezifischen Coombs-Seren mit posttransfusionellem Blut (Citrat- oder EDTA-Blut) mit Hilfe empfindlicher Methodik (Gelzentrifugation)*.

8. Antikörpersuchtest mit prae- und posttransfusionellem Patientenblut (Nativblut) mit erweiterter und optimierter Methodik*, gegebenenfalls auch mit Spenderplasma; bei Hämolysezeichen Wiederholung nach einer Woche.

9. Bei Vorliegen von irregulären Antikörpern Bestimmung der korrespondierenden Antigene von prätransfusionellem Patientenblut und Blutkonserven.

10. Weitere Diagnostik zum Nachweis von Antikörpern gegen Erythrozyten bei Vorliegen von Hämolysezeichen oder bei Auffälligkeit eines der Tests unter 1.–8.

11. HLA-Antikörper-Screening bei Negativität der Untersuchungen unter 2.–8., eventuell im Spenderplasma.

12. HLA- und Granulozyten-spezifische Antikörper bei Verdacht auf TRALI-Syndrom.

13. IgA-Bestimmung bei Negativität der Untersuchungen 2.–8. und 11.

* Generell vor weiteren Bluttransfusionen, ** auch im Notfall

Gluc Gal Fuc Gal GalG luc Fuc Gal GalG luc Fuc AcNH R (R-Rest) AcNH B AcNH A R UDP UDP-GalNac A-Gen α-3-N-acetyl-galactosaminyl-transferase UDP UDP-Gal B-Gen α-3-D-galactosyl-transferase H (0) R AcNH

Abbildung 27-1 Biosynthese der A- und B-Blutgruppenantigene.

Csy (C ) Tr p (c) Ile (C ) Leu (c) Ser (C ) Pro (c) Pro (C ) Ala (c ) Ser (C ) Asn (c) Rh-Trans-membranprotein Außen Innen Erythrozyten-Membran COOH 417 Aminosäurerester NH 2 1 112 162 33 53 117 284 103 152 226 98 60 68 12 16 81 132 139 186 207 212 259 273 285 369 358 291 384 389 309 332 313 408 49 = Cysteinreste = Unterschiede in der Aminosäuresequenz zwischen RhD und RhCE Protein. * Sehr ähnlich und ebenfalls aus 10 Exons bestehend ist das RHCE Gen aufgebaut. Die Zahlen bedeuten Aminosäurepositionen im Protein. RHD Gen* Exon s 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Abbildung 27-2 Rh-Transmembranprotein und Zuordnung zu den Exons der RH-Gene.

1 Tr. Test-erythro-zyten 2 Tr. Patienten-serum Mischen 2 Tr.Supplement mischen,inkubieren 3 × waschen/dekantieren 2 Tr.Coombs-serum mischen zentrifu-gieren undablesen + + + + + +

Abbildung 27-3 Durchführung des indirekten Antihumanglobulintests zum Nachweis von Serumantikörpern (Röhrchentest)

Antikörper Erythrozyten ++++ Gelkugeln

Abbildung 27-4 Prinzip des Mikrosäulen-Agglutinationstests. Die linke Mikrosäule zeigt die mit Testantikörpern getränkte Gelsäule und die zu testenden Erythrozyten vor der Zentrifugation. Die mittlere Mikrosäule zeigt eine positive, die rechte eine negative Reaktion nach Zentrifugation.

Antiseren Negativ Positiv Inkubation und Zentrifugation Serum + A1-+ Probanden-Serum + Erythrozyten+ Anti-A + Anti-B B- O-Ery Negativ Negativ Positiv

Abbildung 27-5 Bestimmung der AB0-Blutgruppenantigene (links) und AB0-Antikörper (rechts) auf unbeschichteten Mikrotiterplatten.

Serum Negativ Negativ Positiv Positiv Anti-A Anti-B A1-Ag + Probanden-Ery + Probanden-Serum + fermentierte Testzellen A B B-Ag Platte beschichtet mit: Inkubationwaschen Zentrifugation

Abbildung 27-6 Bestimmung der AB0-Blutgruppenantigene (links) sowie der AB0-Antikörper (rechts) auf Antikörper- bzw. Antigen-beschichteten Mikrotiterplatten (Festphasentechnik).

AG-beschichtete Platten + Serum/Inkubation + Coombs-beladeneIndikatorzellen Serum AK im Serum waschen Positiv Negativ nachZentrifugation + Coombs-beladeneIndikatorzellen

Abbildung 27-7 Bestimmung von irregulären erythrozytären Antikörpern mittels Erythrozyten/Erythrozytenmembran-beladener Miktotiterplatten (Festphasentechnik).

Serum Protein A-beschichtetePlatte Testery +SerumInkubation Mischen Positiv Negativ Positiv Negativ nachZentrifugation Waschen + + + Ak Coombsserum

Abbildung 27-8 Bestimmung von irregulären erythrozytären Antikörpern mittels Protein A-beschichteter Testplatten.

Negativ VorbereitungAB0/Rh + aktueller Antikörpersuchtest Auffällig Immer abklären a. Kälteantikörper(Anti-x) b. Transfusions-relevanteAK (Anti-x) Regelbedarf bereitstellen,AB0/Rh-gleich, -kompatibel,Antigen x-negativ, gekreuzt Reservebedarf sicherstellen,AB0/Rh-kompatibel ungekreuzt Reservebedarf sicherstellen,AB0/Rh-kompatibelAntigen x-negativ, ungekreuzt Blutsparende Maßnahmen,autologe Hämotherapieverfahren Blutsparende Maßnahmen,autologe Hämotherapieverfahren Bei Komplikationen je nach Dringlichkeit ungekreuzte/abgekürzt gekreuzte Transfusionen + + + + a. b. Regelbedarf bereitstellen,AB0/Rh-gleich, gekreuzt

Abbildung 27-9 Blutversorgung bei elektiven Eingriffen mit der Möglichkeit von Blutungskomplikationen.

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