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Phäochromozytom, Paragangliom, Neuroblastom

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Phäochromozytom, Paragangliom, Neuroblastom

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Phäochromozytom, Paragangliom, Neuroblastom

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Phäochromozytom, Paragangliom, Neuroblastom

  32 Phäochromozytom, Para­gangliom, Neuroblastom

Lothar Thomas

Phäochromozytom und Paragangliom sind neuroendokrine Tumoren mit der Differenzierung zu chromaffinen Zellen, die von der Neuralrohrleiste stammen.

Phäochromozytome sind Tumoren der chromaffinen Zellen des Nebennierenmarks. Paragangliome sind extraadrenale Tumoren des sympathischen oder parasympathischen Nervensystems und stammen von den Ganglien der sympathischen und parasympathischen Nervenstränge ab. Aufgrund der engen Beziehung des neuralen Gewebes beider ist eine Kombination häufig, egal ob der Tumor primär adrenal oder extraadrenal gelegen ist. Andere Ausdrucksformen der kombinierten Tumoren können sein: Neuroblastom, Ganglioneuroblastom, Ganglioneurom oder ein peripherer Tumor der Nervenscheiden /1/.

Sympathische Paragangliome (Neuroblastome) leiten sich von postganglionären Neuronen des sympathischen Nervensystems ab. Die Neurone produzieren Katecholamine wie Norepinephrin, Epinephrin und Dopamin. Die Mehrzahl der Neuroblastome bildet größere Mengen an Vanillinmandelsäure (VMA) und Homovanillinmandelsäure (HVA) /3/.

Parasympathische Paragangliome, befinden sich typischerweise am Kopf und im Nacken. Sie bilden keine Katecholamine und sind mit einer Prävalenz von 2 bis 8 auf 1 Million Einwohner und Jahr sehr selten.

Phäochromozytome und Paragangliome sezernieren erhebliche Mengen an Katecholaminen (Norepinephrin, Epinephrin und Dopamin). Die Katecholamine verursachen schwere und letale Komplikationen (kardiovaskulär und zerebrovaskulär), die aus der hohen Konzentration der Katecholamine und aus der Hypertonie resultieren /2/. Gewöhnlich sezernieren die Phäochromozytome Norepinephrine und Epinephrine.

32.1 Metanephrine

Die Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin) werden in den chromaffinen Zellen zu den O-methylierten Metaboliten (z.B. Adrenalin zu Metanephrin, Noradrenalin zu Normetanephrin und Dopamin zu Methoxytyramin) verstoffwechselt. Da Phäochromozytome (Phäo) und Paragangliome (PGLs) die Katecholamine nicht immer kontinuierlich sezernieren, führt die Bestimmung von Adrenalin und Noradrenalin im Plasma oder Urin nicht immer zuverlässig zur Diagnostik von Phäo und PGLs. Demgegenüber katabolisieren beide kontinuierlich die Katecholamine zu den O-methylierten Produkten, unabhängig von der Katecholamin Freisetzung /4/.

Die Bestimmung der freien Metanephrine und Normetanephrine im Plasma ist die sensitivste Methode zur Diagnostik der Freisetzung von Katecholaminen durch das Phäo und PGLs. Die Bestimmung der fraktionierten Metanephrine (Metanephrin und Normetanephrin werden getrennt bestimmt) im Plasma oder Urin ist empfindlicher als die direkte Bestimmung der Katecholamine /5/.

32.1.1 Indikation

Klinische Zeichen und Symptome /6/:

  • Bluthochdruck (stimuliert 50–60 %), paroxysmal (30 %), orthostatisch (10–50 %)
  • Kopfschmerz (60–90 %), Herzklopfen (50–70 %), Schwitzen (55–75 %), Blässe (40–45 %), Hyperglykämie (40 %).

Patienten mit adrenalem Inzidentalom in der Bildgebung.

Personen mit dem hereditäres Risiko ein Phäo oder PGL zu entwickeln.

32.1.2 Bestimmungsmethode

Die Bestimmung von freiem Normetanephrin und freiem Metanephrin im Plasma erfolgt entweder mittels Flüssigkeitschromatographie in Kombination mit elektrochemischer Detektion, vermittels Isotope dilution liquid chromatography (ID-LC-MS/MS) oder mit einem Immunoassay.

Normetanephrin und Metanephrin liegen im Plasma vorwiegend in freier Form vor, weshalb die Bestimmung überwiegend im diesem Untersuchungsmaterial erfolgt.

Zur Differenzierung von hereditären Formen ist die zusätzliche Bestimmung von 3-Methoxytyramin empfehlenswert /7/.

Ein ebenfalls effektiver aber wenig spezifischer Marker ist Chromogranin A im Plasma. Siehe Beitrag 14.5.2 – Chromogranin A).

Im Urin werden die fraktionierten Metanephrine bestimmt. Metanephrin und Normetanephrin liegen im Urin vorwiegend konjugiert und zu einem geringen Anteil in freier Form vor. Bestimmt wird entweder Total-Metanephrin und Total-Normetanephrin (Summe aus konjugierten und freien Formen) oder die konjugierten Formen werden nach Dekonjugation als freie Formen gemessen.

HPLC und elektrochemische Detektion

Prinzip: Die Metanephrine werden aus dem Plasma mit einer Kationenaustauscher Säule extrahiert und mit ammoniakalischem Methanol extrahiert. Das Eluat wird getrocknet und in der mobilen Phase der Reversed-Phase Säule gelöst und dann zur Trennung in die HPLC-Säule injeziert. Die Detektion von Normetanephrin und Metanephrin erfolgt vermittels eines elektrochemischen Detektors /7/.

LC-MS/MS

Prinzip: In einem ersten Schritt werden Plasmaproteine der Probe durch Isopropanolfällung, Kationenaustauscher-Cartridges oder andere kommerziell verfügbare Hilfen zur Extraktion entfernt. Im nächsten Schritt erfolgt die Trennung der Katecholamine mittels Flüssigkeitschromatographie. Die Detektion und quantitative Bestimmung erfolgt mittels Massenspektrometrie /89/.

Immunoassay

Für die Bestimmung der Metanephrine im Plasma werden die Proteine im Plasma durch Säurefällung entfernt und Metanephrin und Normetanephrin durch Acylierung in ihre entsprechenden Acylderivate überführt. Diese werden in einer Mikrotiterplatte inkubiert und konkurrieren mit dem an der festen Phase der Mikrotiterplatte gebundenen acetylierten Metanephrin und Normetanephrin um eine begrenzte Anzahl von N-acetyl-Metanephrin- und N-acetyl-Normetanephrin-Antikörper vom Kaninchen. Ist ein Gleichgewicht erreicht, werden durch Waschen die freien Antigen-Antikörperkomplexe entfernt. Die spezifischen Kaninchen-IgG-Antikörper, die als Immunkomplexe an die fixierten N-acetyl-Metanephrine gebunden haben, werden durch Tetramethylbenzidin markierte Antikörper, gerichtet gegen Kaninchen-IgG, markiert. Die Menge der Antikörper, die an die feste Phase bindet, ist umgekehrt proportional der Konzentration von Metanephrinen bzw. Normetanephrinen der Probe /10/.

32.1.3 Untersuchungsmaterial

Heparinplasma: 2 ml

24 h-Sammelurin bei Erwachsenen oder Spontanurin bei Kindern. Urin im Labor abgeben. Siehe auch Beitrag 32.1.6 – Hinweise und Störungen.

32.1.4 Referenzbereich

Siehe

32.1.5 Bewertung

Erhöhte Raten für Morbidität und Mortalität sind mit der Präsenz Phäo und PGLs verbunden. Sie beruhen auf den Effekten der Katecholamine auf verschiedene Organe und speziell das kardiovaskuläre System.

32.1.5.1 Inzidenz, Zeichen und Symptome von Phäochrozytom und Paragangliom

Phäo sind Tumoren und entwickeln sich aus den chromaffinen Zellen des Nebennierenmarks. Die adrenalen Phäo machen anteilig etwa 80–85 % der Tumoren aus und 5–7 % der adrenalen Phäo sind Inzidentalome. Etwa 10 % der Phäo sind maligner Natur.

PGLs sind die extra adrenalen Partner der Phäo, entstammen den Ganglien der sympathischen und parasympathischen Nervenketten und machen anteilig 15 % der adrenalen Tumoren aus. Etwa 30 % dieser Tumoren sind hereditär bedingt und 30–40 % sind maligner Natur. PGLs können in verschiedenen Regionen des Körpers gelegen sein. Die häufigste Läsion ist der gastrointestinale Stromatumor.

Die Häufigkeit von Phäo und PGLs beträgt etwa 1 auf 2.500 bis 6.500 Einwohner und der Anteil an den Hypertonien beträgt 0,3–0,5 %. Das mittlere Alter bei der Diagnose ist 43 Jahre. Etwa 10–20 % der Phäo und PGL werden bei Kindern diagnostiziert /11/.

Die Katecholamin Ausschüttung der Phäo und PGLs ist oft episodisch und kann Kopfschmerz, Schwitzen, Herzklopfen und Bluthochdruck verursachen. Unbehandelt können Schlaganfall, Arrhythmie, Herzinfarkt und auch der Tod die Folge sein.

Personen mit erhöhtem Risiko für Phäo und PGLs sind diejenigen mit Keimbahnmutationen. Mehr als 20 genetische Mutationen (meist Keimbahnmutationen, einige auch sporadisch) sind mit der Pathogenese von 35 % der Phäo/PGLs assoziiert. Zusätzlich beruhen noch 15 % der Tumoren auf somatischen Mutationen der selben Gene. Bei Kindern ist dieser Anteil höher /12/, und beträgt 69 % bei den pädiatrischen Phe/PGLs Fällen und 87,5 % bei den metastatischen Phäo/PGL Patienten, die ihren ersten Tumor entwickeln aufgrund von Keimbahnmutationen /13/. Die wesentlichen Mutationen bei Phäo/PGL betreffen folgende Gene /14/: NF1, RET, VHL, SDHC, SDHD, SDHB, EGLN1, KIF1B, SDHAF2, IDH, SDHA, TMEM 127, MAX, BAP1, EPAS1, FH, MDH2 und ATRX.

Die Präsenz und Charakteristika von hereditären Syndromen die mit Phäo und PGL einhergehen zeigen:

32.1.5.2 Biochemische Diagnostik

Phäo und PGLs bilden, speichern, metabolisieren und sezernieren Katecholamine. Epinephrin (Adrenalin) und sein Stoffechselprodukt Metanephrin stammen überwiegend aus dem Nebennierenmark, Norepinephrin (Noradrenalin) und sein Stoffwechselprodukt Normetanephrin überwiegend aus den PGLs.

32.1.5.2.1 Diagnostische biochemische Ergebnisse

Die Bestimmung von freiem Normetanephrin und freiem Metanephrin im Plasma hat die höchste diagnostische Sensitivität im Vergleich zu den anderen Katecholaminen. Konzentrationen von einem oder beiden freien Metanephrine (Normetanephrin oder Metanephrin) im Plasma über dem 4-fachen des jeweiligen oberen Referenzbereichswerts, Normetanephrin über 2,19 nmol/l (400 ng/l) und Metanephrin über 1,20 nmol/l (236 ng/l) haben eine 100 %ige diagnostische Sensitivität für das Phäo und PGLs. Normale Werte schließen diese Tumoren aus und weitere Untersuchungen sind nicht erforderlich, wenn klinisch und durch bildgebende Verfahren kein begründeter Verdacht besteht /5/. Gegenüber Urin ist Plasma das bevorzugte Untersuchungsgut, da die diagnostische Spezifität der freien Metanephrine im Plasma höher ist als im Urin.

Siehe auch:

32.1.5.2.2 Resultate im Graubereich

Etwa 20–30 % der Patienten mit Phäo und PGL, insbesondere diejenigen mit hereditären Syndromen und Inzidentalomen des Nebennierenmarks, haben Plasmawerte der Metanephrine nicht über dem 4 fachen des oberen Referenzbereichswertes. Die Patienten haben in der Regel keinen erhöhten Blutdruck und sind klinisch asymptomatisch /15/. Die Fragestellung ist dabei, ob es sich um falsch-positive Resultate handelt oder ein Phäo bzw. PGL vorliegt. Auch gibt es vereinzelt sporadische Fälle, bei denen klinische Symptome vorliegen, die Metanephrine aber normal sind. Es handelt sich meist um kleine Tumoren unter 1 cm Durchmesser, die nur detektiert werden, weil anamnestisch eine hereditäre Prädisposition vorliegt.

Da die Prävalenz der Phäo und PGLs niedrig ist, die Anzahl der angeforderten Untersuchungen aber häufig, überschreitet die Anzahl der falsch positiven Resultate deutlich die der richtig positiven. Die Folge ist, dass Resultate im Graubereich oft nicht weiter verfolgt werden. Untersuchungen zeigen aber, dass in bis zu 72 % der Fälle Resultate der Erstuntersuchung von freiem Normetanephrin und freiem Metanephrin, die im Graubereich liegen, von den Ärzten nicht durch eine Wiederholungsuntersuchung kontrolliert werden. So wurde bei 10 Patienten mit einem adrenalen Tumor und Markerbefund im Graubereich nur in drei Fällen eine Wiederholungsuntersuchung angefordert /16/.

Eine wesentliche Ursache von Werten im Graubereich sind die Medikation der Patienten mit trizyklischen Antidepressiva, Phenoxybenzamin und β-Rezeptorenblockern. In einer Studie /15/ waren diese Medikamente für 41 % der falsch-positiven Resultate von Normetanephrin im Plasma und zu 45 % von Noradrenalin im Urin verantwortlich. Eine weitere Ursache ist die sympatho-adrenale Aktivierung des Patienten, z.B. vor der Blutentnahme.

32.1.5.2.3 Clonidin-Test

Der Clonidin-Test ist bei Patienten mit leicht erhöhten Werten an Metanephrin und Normetanephrin indiziert.

Durch Aktivierung der α2-adrenergen Rezeptoren des Gehirns supprimiert Clonidin die Freisetzung von Noradrenalin an den sympathischen Nervenendigungen /15/. Ein Abfall von Normetanephrin im Plasma 3 h nach Clonidingabe spricht für eine verstärkte sympathische Aktivität, ein unveränderter Wert für die autonome Sekretion. Der Clonidin-Test kann nicht angewendet werden für Tumoren, die nur Metanephrin bilden, da nahezu 99 % des Metanephrins in der Nebenniere gebildet werden.

Befunde /15/:

  • Die normale Clonidinantwort ist ein Abfall des Normetanephrins innerhalb des Referenzbereichs oder auf weniger als 50 % des Ausgangswertes.
  • Kein oder nur ein geringer Abfall des erhöhten Plasmawerts von Normetanephrin bestätigen ein Phäo oder PGL.

In einer Studie /15/ betrugen die Normetanephrinwerte:

  • Bei Patienten mit falsch positivem Befund vor Clonidin 2,98 ± 1,69 nmol/l und nach Clonidin 1,03 ± 0,79 nmol/l.
  • Bei Patienten mit Phäo oder extraadrenalem PGL vor Clonidin 11,14 ± 9,85 nmol/l und nach Clonidin 10,71 ± 11,29 nmol/l.

Die diagnostische Sensitivität des Clonidin-Tests beträgt 97 % bei einer diagnostischen Spezifität von 100 % /17/. Zur Durchführung des Clonidin-Tests siehe Tab. 32.1-8 – Clonidin-Test.

32.1.5.3 Diagnostik hereditärer Katecholamin sezernierender Tumoren

Genmutationen sind in etwa 35 % der Fälle für das hereditäre Phäo und PGLs verantwortlich. Neben biochemischen Tests sind genetische Untersuchungen maßgebend zur Unterscheidung der verschiedenen Formen.

32.1.5.3.1 Biochemische Untersuchungen

Unterschiedliche Muster von Katecholaminen sind mit verschiedenen Mutationen assoziiert. In einer Studie wurden /7/:

  • Alle Patienten mit MEN-2 und Neurofibromatose Typ 1 von denjenigen mit Mutationen in VHL, SDHB und SDHD abgegrenzt werden durch eine erhöhte Konzentration von Metanephrinen (Indikator einer erhöhten Adrenalinproduktion).
  • Patienten mit VHL-Mutation zeigten konstante Erhöhungen von Normetanephrin (Indikator einer erhöhten Bildung von Noradrenalin). Die zusätzliche Erhöhung von 3-Methoxytyramin (Indikator einer erhöhten Bildung von Dopamin-Produktion) charakterisierte 70 % der Patienten mit Mutationen im den Genen SDHB und SDHD.
  • Patienten mit NF1 und MEN-2 konnten von denen mit VHL-, SDHB- und SDHD-Genmutationen in 99 % der Fälle unterschieden werden durch die Kombination von Normetanephrin und Metanephrin
  • Die Erhöhung von 3-Methoxytyramin ermöglichte in 78 % der Fälle die Abgrenzung der Mutationen in SDHB und SDHD von denjenigen in VHL.

Bei Patienten, die keine klaren klinischen Anzeichen eines hereditären Phäo und PGLs zeigen, ist durch die Bestimmung von Normetanephrin, Metanephrin und 3-Methoxytyramin im Plasma und Urin eine hilfreiche Differenzierung möglich, die Grundlage für die weitere molekulargenetische Differenzierungen sein kann. So ist eine Differenzierung auf das RET-Onkogen nur für Tumoren die vorwiegend Metanephrin produzieren erforderlich. Auf Mutationen in den Genen VHL, SDHS und SDHB hinweisend ist das Muster der Werte von freiem Metanephrin, freiem Normetanephrin und von 3-Methoxytyramin.

Patienten mit einem malignen Phäo oder PGLs haben zu 50 % SDHB Mutationen und zwei Drittel der Patienten mit einem SDHB assoziiertem Tumoren entwickeln eine metastatische Erkrankung. Zu 70–80 % sprechen die Patienten auf eine Chemotherapie mit Vincristin, Cyclophosphamid und Dacarbazine an /18/.

Assoziation mit anderen Erkrankungen

Etwa 50 % der Patienten mit MEN-2B entwickeln ein Phäo und 100 % ein medulläres Schilddrüsenkarzinom (MTC). Siehe auch Beitrag 28.12 – Calcitonin. Patienten mit familiärem MTC können ein Phäo entwickeln, das allgemein später auftritt als das MTC. Bei MEN-2A ist das MTC multifokal und bilateral und etwa 50 % der Patienten entwickeln ein Phäo. Außerdem haben 20–35 % der MEN-2A-Patienten einen Hyperpara­thyreoidismus.

32.1.5.3.2 Molekulargenetische Untersuchungen

Etwa 30 % der Katecholamin bildenden Tumoren haben einen genetischen Hintergrund und sind vorwiegend durch Keimzellmutationen bedingt.

Eine molekulargenetische Untersuchung sollte in Betracht gezogen werden, wenn vorliegt /17/:

  • PGLs
  • Bilaterales Phäo
  • Unilaterales Phäo und eine Familienanamnese auf einen Katecholamin bildenden Tumor
  • Andere klinische Befunde, die auf PGLs oder Phäo hinweisen.

Eine asymptomatische Person mit der Familienanamnese eines Katecholamin bildenden Tumors sollte nur dann eine genetische Untersuchung haben, wenn das betroffene Familienmitglied eine nachgewiesene Mutation hat.

Zur Auswahl des genetischen Tests sollten bekannt sein: Das biochemische Profil der Metanephrine, Alter des Patienten, Lokalisation des Tumors. Die Familienangaben sollten sorgfältig beurteilt werden und besonders die molekulargenetischen Befunde /19/.

Familienmitglieder mit bekannter Mutation sollten periodisch auf einen Katecholamin bildenden Tumor untersucht werden. Da nicht alle genetischen Ursachen dieser Tumoren bekannt sind, sollten die Verwandten ersten Grades zuerst ein biochemisches Screening (Bestimmung von Metanephrin und Normetanephrin im Plasma) durchlaufen. Asymptomatische Personen mit bekanntem Risiko eines Katecholamin bildenden Tumors sollten nur einer genetischen Untersuchung zugeführt werden, wenn das betroffene Familienmitgied mit Phäo oder PGL eine genetische Mutation hat /19/.

32.1.6 Hinweise und Störungen

Vorbereitung des Patienten zur Blutentnahme

Die häufigste Ursache falsch positiver Befunde ist eine inadäquate Vorbereitung des Patienten (Tab. 32.1-5 – Häufigkeit von Phäochromozytom assoziierten Syndromen/9/. Etwa 12–14 h vor der Probennahme kein Kaffee trinken oder Coffein-haltige Speisen zu sich nehmen, nicht Rauchen, keine schwere körperliche Arbeit. Medikamente wie trizyklische Antidepressiva, Acetaminophen, Phenoxybenzamin, β-Rezeptorenblocker und Diuretika 5 Tage vorher absetzen.

Blutentnahme

Legen eines Venenkatheders und den Patienten 30 min in liegender Position ruhen lassen. Entnahme von 5–10 ml Blut mit Heparin haltigem Entnahmeröhrchen. Nach Entnahme die Probe sofort in das Labor transportieren und dort gleich zentrifugieren. Alternativ Blut maximal bis zu 6 h vor der Zentrifugation bei 4 °C lagern /20/.

Urinsammlung oder Spontanurinproben

Eine Stabilisierung durch Ansäuern ist nicht erforderlich, wenn die Proben innerhalb einer Woche analysiert werden /20/.

Bestimmungsmethode

HPLC mit elektrochemischer Detektion und LC-MS/MS ergeben vergleichbare Werte für freie Metanephrine (Normetanephrin und Metanephrin). Das ist bei den Immunoassays auch für Normetanephrin der Fall, während die Werte für Metanephrin niedriger sind. Immunoassays sind nicht die erste Wahl zur Bestimmung der freien Metanephrine im Plasma /21/.

Umrechnungsfaktoren

Zur Umrechnung von nmol/l in ng/l multipliziere bei:

  • Normetanephrin mit 183.
  • Noradrenalin mit 169.
  • Metanephrin mit 197.
  • Adrenalin mit 183.

Stabilität

Freies Normetanephrin und freies Metanephrin im Plasma, bestimmt mit HPLC und elektrochemischer Detektion bei 4 °C 3 Tage, längerfristig bei –20 °C /21/.

Angabe für Bestimmung mit LC-MS/MS: Bei Raumtemperatur 24 h und bei 10 °C oder 4 °C bis zu 7 Tage /22/.

Fraktionierte Metanephrine im Urin: Die Stabilisierung des Urins durch Zusatz von Säure auf PH 2–3 ist nicht erforderlich, wenn der Urin tiefgefroren und innerhalb einer Woche analysiert wird /20/.

32.1.7 Pathophysiologie

Phäo und PGL produzieren Katecholamine. Unter dieser Gruppenbezeichnung werden in der medizinischen Diagnostik folgende biogene Amine verstanden:

  • Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin
  • Die Metabolisierungsprodukte 3-Methoxytyramin, Normetanephrin, Metanephrin, Homovanillinsäure und Vanillinmandelsäure.

Bildung der Katecholamine

Die Katecholamine werden im Nebennierenmark, dem Gehirn und den sympathischen Nervenendigungen gebildet. Adrenalin wird überwiegend im Nebennierenmark und Noradrenalin überwiegend von den sympathischen Nervenendigungen produziert /1523/. Aber, die bei der Metabolisierung von Noradrenalin zu Normetanephrin und von Adrenalin zu Metanephrin in das Plasma abgegebenen Mengen von Metanephrin stammen zu 91 % und die von Normetanephrin zu 23 % aus dem Nebennierenmark /23/.

Metabolismus der Katecholamine

Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin werden auf folgenden Wegen metabolisiert (Abb. 32.1-2 – Metabolismus der Katecholamine):

  • Katalysiert durch die Katecholamin-O-Methyltransferase (COMT) wird die OH-Gruppe in C3-Position des Benzolrings methyliert, es entstehen 3-Methoxytyramin aus Dopamin, Normetanephrin aus Noradrenalin und Metanephrin aus Adrenalin.
  • Deamidierung durch die mitochondriale Monoaminoxidase. Aus 3-Methoxytyramin wird Homovanillinsäure und aus Normetanephrin und Metanephrin entsteht Vanillinmandelsäure.

Normetanephrin, Metanephrin und 3-Methoxytyramin werden nach Abgabe in die Zirkulation glucuronidiert oder sulfatiert, so dass im Blut und Urin die konjugierten und die freien Formen vorliegen. Bei Normetanephrin und Metanephrin liegen im Urin bei Gesunden nur etwa 3 % in freier Form vor, der Rest ist konjugiert. Bei den Phäo und PGL ist jedoch der freie Anteil höher mit einem disproportionalen Anstieg von Normetanephrin.

Katecholamine und klinische Interpretation

Bei der Beurteilung von Befunden ist zu beachten /10/:

  • Patienten mit Phäo haben in der Regel relativ stärkere Anstiege von Metanephrinen als von Katecholaminen. Patienten mit falsch-positiven Metanephrinbefunden durch eine sympatho-adrenale Aktivierung haben in der Regel stärkere Anstiege von Katecholaminen als von Metanephrinen. Die Unterschiede beruhen teilweise auf den vom Phäo und PGL kontinuierlich in die Zirkulation abgegebenes Metanephrine und Normetanephrin.
  • Ein weiterer Faktor ist die starke Sekretion von Metanephrinen und Normetanephrinen des Marks der Nebennieren, die unabhängig von der Freisetzung der Katecholamine ist. Deshalb sind bei sympathoadrenaler Aktivierung die Anstiege von freiem Metanephrin im Plasma vernachlässigbar und Erhöhungen von Normetanephrinen geringer als die von Katecholaminen. Das erklärt, warum ein Patient mit erhöhtem Metanephrin oder Normetanephrin aber nur leicht erhöhtem Adrenalin und Noradrenalin im Plasma wahrscheinlich eher ein Pheo und PGLs hat als ein Patient mit deutlich erhöhtem Adrenalin und Noradrenalin aber nur gering erhöhtem Metanephrin und Normetanephrin.

Der größte Teil des abgegebenen Noradrenalins wird vor Erreichen der Effektorzellen in die Nervenendigungen und die Granula in nativer Form wieder aufgenommen. Die hohe Rate falsch positiver Befunde von freiem Normetanephrin durch die chronische Einnahme trizyklischen Antidepressiva soll auf einer Hemmung der Rücknahme beruhen /15/.

Phenoxybenzamin, ein Blutdrucksenker ist ein unspezifischer adrenerger α-Rezeptorenblocker. Er soll eine Hemmung der Rückkopplung für Noradrenalin und Adrenalin reduzieren, so dass als Folge eine vemehrte Katecholaminausschüttung resultiert /15/.

Die wesentlichen Katecholamine, die von den Phäo und extraadrenalen PGLs gebildet werden, sind Adrenalin und Noradrenalin, obwohl manche Tumoren auch große Mengen Dopamin produzieren. Adrenalin und Noradrenalin werden episodisch ausgeschüttet und haben eine kurze Halbwertszeit. Ihre Konzentration im Plasma und Spontanurin zeigt deshalb eine erhebliche Variabilität.

Der diagnostischen Vorteile Der Bestimmung von freiem Metanephrin und Normetanephrin im Plasma sind /24/:

  • Die Tumorzellen von Phäo und PGLs haben eine hohe Aktivität an Catechol-O-methytransferase (COMT), wodurch es sofort zur Metabolisierung von Adrenalin und Noradrenalin kommt. Somit ist ein kontinuierlicher Einstrom von Metanephrin, Normetanephrin und 3-Methoxytyramin in die Zirkulation gegeben. Das ist nicht der Fall für Adrenalin und Noradrenalin, die intermittierend aus Vesikeln abgegeben werden.
  • Die Halbwertszeit von Metanephrin, Normetanephrin und 3-Methoxytyramin ist länger als die von Adrenalin und Noradrenalin.

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32.2 Neuroblastom

Das Neuroblastom ist der häufigste extrakraniale solide Tumor in der Kindheit und die dritthäufigste Malignität in dieser Altersgruppe. Das Neuroblastom ist ein embryonaler Tumor, der sich von embryonalen Zellen, die das primitive Neuralrohr bilden, ableitet. Die embryonalen Zellen haben zwar eine Weiterentwicklung erfahren, sind aber nicht zu einer ausgereiften Zelle der Neuralrohrleiste geworden.

Das Neuroblastom macht etwa 15 % aller Krebserkrankungen der Kindheit aus und repräsentiert 97 % der neuroblastischen Tumoren. Etwa 46 % der Neuroblastome haben ihren Ursprung in den Nebennieren, 18 % entstammen anderen Lokalisationen im Bauchraum, 14 % entstammen dem hinteren Mediastinum oder Thorax, und der Rest hat seinen Ursprung im Nacken, dem Becken und anderen Lokalisationen /12/.

Die Manifestation des Neuroblastoms ist variabel und von seiner Lokalisation und der Präsenz paraneoplastischer Syndrome abhängig. Klinische Beschwerden resultieren aus der Raumforderung, aus Atembeschwerden, von Knochenschmerz, von Hypertonie und neurologischen Symptomen, bedingt durch Kompression des Rückenmarks.

Paraneoplastische Syndrome können sein /1/:

  • Wässriger Durchfall (Verner-Morrison Syndrom)
  • Miosis, Ptosis und Anhydrosis (Horner Syndrom)
  • Ruckelnde Gliedmaßen und rasche Bewegung der Augen (Opsoklonus myoklonus ataktisches Syndrom)
  • Phox2B Mutation-assoziierte Störungen wie die kongenitale zentral bedingte Hypoventilation
  • Hirschsprung Erkrankung, eine Störung die das Kolon betrifft und Beschwerden beim Stuhlgang macht.

Das Neuroblastom ist von aggressiver Natur und die Wahrscheinlichkeit der Metastasierung ist hoch. Die Prognose des Neuroblastoms ist abhängig vom Alter des Patienten. Kinder, die bei Diagnosestellung jünger als 1 Jahr sind haben eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit als diejenigen, bei denen die Diagnosestellung später erfolgt.

Die Diagnose des Neuroblastoms erfolgt auf der Basis von bildgebenden Verfahren, immunhistochemischen Untersuchungen und der Labordiagnostik. Die Diagnose wird gesichert nach Punktion des Tumors durch:

  • Immunhistochemische Untersuchungen biologischer Marker, gerichtet gegen die Neuron-spezifische Enolase (NSE), S-100 Protein und Chromogranin.
  • Laboruntersuchungen: Die überwiegende Zahl der Neuroblastome bildet abnormal hohe Mengen von Katecholaminen. Hohe Konzentrationen von 3-Methoxy-4-Hydroxymandelsäure (Vanillinmandelsäure, VMA) und 3-Methoxy-4-Hydroxyphenylglycol (Homovanillinsäure, HVA), wesentliche Metabolite von Adrenalin und Noradrenalin, werden gemessen. HVA entstammt vorwiegend dem zentralen Nervensystem, VMA vorwiegend dem Nebennierenmark. Die Ausscheidung dieser Metabolite in erhöhter Menge und die zuvor genannten Untersuchungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit der Diagnostik eines neuroblastischen Tumors /3/.

32.3 Vanillinmandelsäure und Homovanillinsäure

32.3.1 Indikation

Verdacht auf embryonalen Tumor des peripheren sympathischen Nervensystems.

32.3.2 Bestimmungsmethode

Hochdruckflüssigkeits-Chromatographie mit elektrochemischer Detektion /4/. Diese Methode ist der Goldstandard zur Bestimmung der Katecholamine, von VMA und HVA.

Ultra performance liquid chromatography-tandem mass spectrometry (UPLC-MS/MS) /5/.

32.3.3 Untersuchungsmaterial

24 Std. Sammelurin. Der Urin wird durch Zugabe von 6 normaler HCl auf den pH 1–3 stabilisiert /6/.

Spontanurin auf pH 1–3 stabilisiert mit HCl /7/ (mit vorheriger Bestimmung von Creatinin /8/).

32.3.4 Referenzbereich

Siehe Lit. 7, 8, 9, 10 und Tab. 32.2-1 – Referenzbereiche von VMA, HVA und Dopamin.

32.3.5 Bewertung

Das Neuroblastom ist ein embryonaler Tumor des autonomen Nervensystems und der zelluläre Ursprung dieses Tumors beruht auf einer unvollständig committed (begrenzten) Vorläuferzelle der Neuralrohrleiste.

Diagnostik

Von Bedeutung sind:

  • Die aktivierenden Mutationen in der Tyrosinkinasedomäne des Onkogens anaplastische Lymphomkinase (ALK), denn sie sind für die meisten hereditären Formen verantwortlich.
  • Die Loss-of-function Mutationen der Homeobox gene (PHOX2B). Sie sind mit der Hirschsprung-Erkrankung und der kongenitalen zentralen Hypoventilation oder beiden assoziiert /1112/.

Screening

Die Signifikanz der chemischen Bestimmung der VMA im Spontanurin bei Kindern im Alter über 6 Monate ist beim Neuroblastom gering, da eine zu niedrige diagnostische Sensitivität und Spezifität besteht. Empfohlen wird die Verwendung von Sammelurin und Anwendung der High-Performace Liquid Chromatography und die Bestimmung von HVA und VMA. Die falsch positive Rate beträgt dann nur 2,4 %.

Bei der Mehrzahl der Tumoren, die beim Screening von Kindern auf ein Neuroblastom erkannt werden, sind für den Patienten günstig (MYCN non-amplified und günstige Histologie). Die MYCN Amplifikation ist ein sehr wichtiges genomisches Merkmal des Neuroblastoms. MYCN non-amplified Neuroblastom bedeutet, dass ein Neuroblastom von niedrigem oder intermediärem Risiko vorliegt.

Ein genetisches Testen der Gene ALK und PHOXB2 sollte in Betracht gezogen werden, wenn immer ein Patient eine Familienanamnese auf ein Neuroblastom hat oder klinische Bedingungen vorliegen, die auf eine hoch transmissible Mutation hinweisen, z.B. bilaterale Tumoren der Neben­nieren /1314/.

Die biochemische Diagnostik des Neuroblastoms erfolgt durch die Bestimmung von Vanillinmandelsäure (VMA), Homovanillinsäure (HVA) und Dopamin im Urin, weniger von Noradrenalin, Adrenalin, Normetanephrin und Metanephrin. Es wird empfohlen, den Grenzwert für Katecholamine und ihre Metaboliten im Urin zur Diagnostik eines Neuroblastoms auf den Mittelwert und die dreifache Standardabweichung festzulegen, wenn bei Bestimmung im Urin auf die Konzentration auf Creatinin bezogen wird.

Die Rate der Neuroblastom-Patienten mit positiven VMA- und HVA-Werten zum Zeitpunkt der Diagnose ist vom Stadium der Erkrankung abhängig. Ferritin und LDH im Serum werden als nützliche prognostische Marker des Neuroblastoms zum Zeitpunkt der Diagnose angesehen, haben aber nur eine geringe diagnostische Sensitivität und Spezifität. Spezifischer sind zwar NSE und Chromogranin A, aber die diagnostische Sensitivität ist gering /9/. Die Serumuntersuchungen VMA, HVA, Ferritin und NSE sind in der Diagnostik des Neuroblastoms nicht bedeutsam, denn sie haben bei einer diagnostischen Spezifität von 99 % in etwa die gleich niedrige diagnostische Sensitivität /1617/.

Die diagnostische Sensitivität von VMA und HVA ist vom Stadium der Erkrankung abhängig. VMA und HVA haben eine gute diagnostische Sensitivität ab dem Stadium III, somit werden frühere Stadien und kleine Tumoren übersehen. Erst wenn das Tumorvolumen über 5 g beträgt besteht eine erhöhte Konzentration von VMA und HVA.

Die VMA-Bestimmung ist besser zur Diagnostik des Neuroblastoms geeignet als die von Dopamin wenn die Ausscheidung auf die Creatininausscheidung bezogen wird. In einer Studie /15/ bei 249 Kindern mit 20 bestätigten Neuroblastomen wurde die Ausscheidung von VMA und Dopamin auf Creatinin bezogen. Die Receiver operator calculation curves (ROC-Kurven) ergaben für die VMA/Creatinin-Ratio eine Area under curve von 0,96, für die Ratio Dopamin/Creatinin aber nur von 0,72. Die diagnostische Sensitivität der VMA/Creatinin-Ratio betrug 95 % bei einer Spezifität von 86 %.

Neben dem Stadium der Erkrankung ist das Alter des Kindes wichtig. So ist z.B. die Anzahl der Kinder mit erhöhter Ausscheidung im Stadium I/II des Neuroblastoms höher, wenn sie im jüngeren Alter zum Screening kommen. Für die in Tab. 32.2-2 – Diagnostische Sensitivität von VMA, HVA, Ferritin und NSE in der Neuroblastomdiagnostik angegebenen diagnostischen Sensitivitäten beträgt die Spezifität 99 % /12/. Die Anzahl kontrollbedürftiger, erhöhter Werte beim Screening beträgt 2,36 % /17/.

Ein kleiner Prozentsatz der Patienten mit Neuroblastom bildet nicht VMA und HVA oder scheidet nur HVA aus. Aber die biochemischen Marker sind nur ein Teil der Untersuchungen zum Ein- oder Ausschluss eines Neuroblastoms und sie müssen im Kontext mit der Klinik und bildgebenden Verfahren gesehen werden /3/.

Neuroblastome sind heterogen, was den Genotyp und ihre Klinik betrifft /15/. Die genetischen Veränderungen, wie sie bei bestimmten Neuroblastomen gefunden werden, sind im Wesentlichen:

  • Hyperdiploidie oder nahezu Triploidie; die Mehrzahl der Neuroblastome zeigt einen modalen diploiden Karyotyp.
  • Verlust der Heterozygotie (Loss of Heterozygosity, LOH) für das distale Ende auf dem kurzen Arm des Chromosoms 1 (von 1p36.1 bis 1p36.3) und auf dem langen Arm des Chromosoms 14 (14q).
  • Amplifikation des MYCN-Protoonkogens.
  • Expression des Tyrosinkinase-Rezeptors (TRK).

Auf der Basis der zytogenetischen und molekularen Befunde (Karyotyp, MYCN-Amplifikation, TRK-Expression) und des DNA-Gehalts der Neuroblastomzellen werden drei genetische Neuroblastom-Subtypen mit unterschiedlicher Prognose postuliert (Tab. 32.2-3 – Biologische und klinische Neuroblastomtypen).

Die Neuroblastomtypen orientieren sich an dem unterschiedlichen Ansprechen auf Therapie und die Prognose der Neuroblastome. Das Alter der Patienten des Typs 2 und 3 ist über 1 Jahr. Tumore des Typs 2 sprechen zunächst auf die eingeleitete Therapie gut an. Bei der Hälfte der Patienten kommt es aber innerhalb von 6–12 Monaten zu einer rapiden Progression, so dass die 5-Jahres-Überlebensrate nur bei 40–50 % liegt. Patienten mit einem Neuroblastom Typ 3 (MYCN-Protoonkogen-Amplifikation, Stadium 3/4, Alter 1–5 Jahre) haben die schlechteste Prognose.

Einteilung der Neuroblastome

Auf Basis genetischer und histopathologischer Untersuchungen erfolgt die Einteilung der Neuroblastome aufgrund der drei häufigsten und bezüglich der Prognose aussagekräftigsten genetischen Veränderungen (MYCN-Amplifikation, 1p-Deletion und 17q-Gain) modifiziert in 3 Typen /18/:

  • Typ 1; keine der drei genetischen Veränderungen nachweisbar. Die Prognose ist gut.
  • Typ 2; 17q-Gain allein oder zusammen mit einer 1p-Deletion nachweisbar. Dies sind Tumoren mit progressivem Wachstum und schlechter Prognose.
  • Typ 3; alle drei genetischen Veränderungen nachweisbar. Dieser Typ zeigt ein rasch progredientes Wachstum. Im Vergleich zum Typ 2 handelt es sich um jüngere Kinder mit einer kürzeren Überlebenszeit /15/.

Auch Tumorzellfaktoren und labordiagnostische Untersuchungen geben einen Hinweis zur Prognose des Neuroblastoms (Tab. 32.2-4 – Prognostische Faktoren beim Neuroblastom) /16/.

32.2.6 Hinweise und Störungen

Die Sammlung von 24 Std.-Urin ist bei Kindern problematisch, da häufig inkomplett. Aus diesem Grund werden Spontanurinproben gewählt und, wenn bezogen auf die Crearininkonzentration, besteht eine gute Vergleich­bar­keit /20/.

Die Ausscheidung von VMA und HVA nimmt linear mit mit dem Alter zu, das Creatinin aber mit der Muskelmasse. Das muss bei der Beurteilung von Normalbereichen für VMA und HVA beachtet werden. Es besteht kein Unterschied in der Ausscheidung und den Grenzwerten bei den Geschlechtern.

3-methoxy-4-hydroxyphenylglycol und Homogentisinsäure (2,5-dihydroxyphenyl essigsäure) sollen bei der Flüssigkeits-Chromatographie mit elektrochemischer Detektion stören /3/.

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Tabelle 32.1-1 Referenzbereich der Katecholamine im Plasma /25/

Katecholamin

Referenzbereich (nmol/l)

Freies Metanephrin

0,06–0,31

Freies Normetanephrin

0,10–0,61

Freies Methoxytyramin

0,006–0,090

Freies Adrenalin

0,02–0,45

Freies Noradrenalin

0,47–2.95

Freies Dopamin

0,013–0,379

Angabe der Perzentilen 2,5 und 97,5. Bestimmungsmethode: Liquid chromatography mit elektrochemischer Detektion.

Tabelle 32.1-2 Referenzbereich der Katecholamine im 24 h-Urin /25/

Katecholamin

Referenzbereich (μmol/24 h)

Totales Metanephrin

0,22–1,32

Totales Normetanephrin

0,70–2,64

Freies Adrenalin

Bis 0,11

Freies Noradrenalin

0,09–0,47

Freies Dopamin

0,39–2,63

Angabe der Perzentilen 2,5 und 97,5. Bestimmungsmethode: Liquid chromatography mit elektrochemischer Detektion oder HPLC und tandem mass spectrometry.

Tabelle 32.1-3 Referenzbereich der Meta- und Normetanephrine im Spontanurin bei Kindern /26/

Totale Normetanephrine

Totale Metanephrine

Alter

Bereich

Alter

Bereich

Bis 3 Mon.

0,590–1,520

Bis 6 Mon.

0,050–0.400

4–6 Mon.

0,270–1,270

7–9 Mon.

0,060–0,240

7–12 Mon.

0,190–0,870

10–12 Mon.

0,050–0,410

1–3 J.

0,010–0,480

1–3 J.

0,010–0,240

3–5 J.

0,010–0,460

3–5 J.

0,010–0.360

5–11 J.

0,0–0,330

5–8 J.

0,0–0,300

Über 11 J.

0,020–0,190

Über 8 J.

0,0–0,190

Angaben in mmol/mol Creatinin; die Perzentilen 2,5 und 97,5 sind angegeben

Tabelle 32.1-4 Hereditäre Syndrome mit Phäochromocytom (Phäo) und Paragangliom (PGL) /111/

Klassische hereditäre Syndrome mit Pheo und PGL: Klassische hereditäre Syndrome mit Phäo und PGL sind die multiple neuroendokrine Neoplasie (MEN), die Neurofibromatose (NF) und die von Hippel-Lindau (vHL) Erkrankung.

Bei diesen Syndromen ist die vermehrte adrenal bedingte Ausschüttung von Adrenalin der wesentliche biochemische Krankheitsindikator, die verstärkte Sekretion von Noradrenalin ist der Indikator des PGL. Gemessen werden die Stoffwechselprodukte Metanephrin und Normetanephrin im Plasma.

Multiple endokrine Neoplasie Typ 2 (MEN2): MEN2 beruht auf Mutationen im rearranged transfection (RET) Protoonkogen. Phäo und PGL treten oft gemeinsam mit dem medullären Schilddrüsenkarzinom und einer Hyperplasie der Nebenschilddrüsen auf. MEN-Patienten stellen sich mit Tumoren der Nebennieren vor, die Hälfte hat bilaterale Tumoren. Viele der Patienten haben eine entsprechende Familienanamnese. Etwa 50 % der Patienten haben neue Mutationen.

Labordiagnostik: Erhöhung von Metanephrin und Normetanephrin im Plasma oder Urin.

Von Hippel-Lindau (VHL): Die VHL Gene verursachen das VHL Syndrom. Das VHL Protein reguliert die Aktivität des Hypoxia-inducible factor alpha und reguliert zelluläre Vorgänge und auch die Angiogenese. Zwei HVL-Typen werden unterschieden: Typ 1 geht mit Angiomen der Retina, Hemangioblastomen des zentralen Nervensystems und Nierenzellkarzinom einher; Patienten mit Typ 2 haben das erhöhte Risiko der Ausbildung von Phäo und PGL.

Labordiagnostik: Erhöhung von Metanephrin und Normetanephrin im Plasma oder Urin.

Neurofibromatose Typ 1 (NF1): Die NF1 umfasst multiple Manifestationen, die auch Phäo und PGL einschließen. Die Diagnostik beruht gewöhnlich auf klinischen Kriterien. Die Symptome treten oft in der frühen Jugend auf, häufig dignostiziert werden cafe au lait Flecken schon nach der Geburt.

Labordiagnostik: Erhöhung von Metanephrin und Normetanephrin im Plasma oder Urin.

Succinat dehydrogenase (SDH) bezogene Syndrome: Mutationen des SDH Gens führen zur Ausbildung von hereditären PGL-Syndromen und treten als PGL von Kopf and Nacken in Erscheinung. PGL1, PGL2, PGL3, PGL4 und PGL5 sind assoziiert jeweils mit den Genen PGL4, SDHAF2, SDHC, SDHB, SDHA.

Labordiagnostik: Das geeignete Verfahren ist zur Diagnostik der SDH Mutationen ist eine Mutationsanalyse.

Seltene Genmutationen: Seltene Genmutationen bei Phäo und PGL sind:

  • Das Gen des mxc-associated factor X (MAX), das einenTranskriptionsfaktor kodiert, der ein Teil des MYC/MAX/MXD1 Netzwerkes ist, der das myc Onkoprotein reguliert.
  • Das Gen TMEM127, welches das transmembrane Protein 127 kodiert.
  • Das Gen HIF2A des Hypoxia inducible factor 2-alpha.

Adrenales inzidentalom: Es handelt sich um einen klinisch unscheinbaren adrenalen Tumor, der zufällig mittels Bildgebung erkannt wird, bei Verdacht auf eine Erkrankung, die nicht die Nebennieren betrifft. Ab einem Durchmesser von 1 cm sollten jedoch zur Abklärung weitere Untersuchungen erfolgen. Die Prävalenz des adrenalen Inzidentaloms beträgt 1–6 % und 1,5–14 % der Inzidentalome sind Phäochromozytome. Sie haben klinisch die klasischen Symptome und labordiagnostisch die Befunde eines Phäochromozytoms. Die Therapie ist die Adrenalektomie nach einer alpha-Blockade /21/.

Tabelle 32.1-5 Häufigkeit Phäochromozytom assoziierter Syndrome, modifiziert nach Lit. /28/

Gen

Syn­drom

Tumor nicht chrom-affin

Trans­mission

NNR-Tumor (%)

Kopf-Nacken (%)

Extra­adrenal (%)

Multiple Tumoren (%)

Metastat. Tumoren (%)

Familien­amnese (%)

VHL

VHL

Siehe 1

AD

> 50

<1

10–24

>50

1–9

25-50

NF1

NF1

Siehe 2

AD

> 50

<1

1–9

25–50

1–9

10-24

RET

MEN-2

Siehe 3

AD

> 50

< 1

< 1

> 50

< 1

25-50

SDHA

PGL5

Siehe 4

AD

25–50

25–50

25–50

1–9

1–9

1-9

SDHB

PGL4

Siehe 4

AD

25–50

25–50

25–50

10–24

25–50

10-24

SDHC

PGL3

Siehe 4

AD

1–9

> 50

< 1

10–24

K

10-24

SDHD

PGL1

Siehe 4

AD*

10–24

> 50

10–24

> 50

1–9

25-50

SDHAF2

PGL2

Siehe 4

AD*

1–9

> 50

K

> 50

K

>50

MAX

KN

Siehe 5

AD*

> 50

< 1

1–9

> 50

1–9

25-50

TMEM

KN

AD*

> 50

1–9

<1

25–50

10–24

1-9

Nicht chromaffine Tumoren:(1) VHL, retinale und ZNS Hämangioblastome; (2)NF1, kutane Neurofibromatose, periphere Nervenscheidentumoren; (3) MEN-2, medulläres Schilddrüsenkarzinom, Hyperparathyreoidismus; (4) PGLs, Hypophysenadenome, gastrointestinale Stromatumoren oder Nierenzellkarzinom; (5) Nierenzellkarzinom; K, keine Daten; KN, kein Name; AD, autosomal dominant; AD*, autosomal dominant, maternal imprinting

Tabelle 32.1-6 Diagnostik des Phäochromozytoms und assoziierter Syndrome, modifiziert nach Lit. /28/

Klinik bei Vorstellung

Bildgebung

Labordiagnostik

Verlaufsbeurteilung

Hypertonie resistent oder paroxysmal, Kopfschmerzen, Perspiration, Palpitationen

Kontrast verstärktes CT oder MRI, abdomial evtl. auch Schädel Nacken, Brust und Becken oder 68Ga-Dotatate-PET-CT

Metanephrine oder Katecholamine

Bestimmung der Metanephrine postoperativ und danach jährlich. Wurden bilaterale Pheochromozytome Cortisol schonend entfernt, muss die Sekretionleistung für Glucokortikoide im ACTH-Test erfolgen.

Inzidentalom

Kontrast verstärktes CT oder MRI, wenn Durchmesser über 10 cm. Suche nach Paragangliomen oder Metastasen (125J MIBG Szitigraphie oder 68Ga-Dotatate-PET-CT)

Wenn Metanephrine deutlich erhöht, dann Bildgebung

Hat sich ein Phäochromozytom oder Paragangliom bestätigt, postoperativ Metanephrine messen und dann jährlich

Patient mit einer Mutation

  • RET Mutation

Kontrast verstärktes CT oder MRI des Abdomens, Konsultation des endokrinologischen Chirurgen, falls die Schilddrüse nicht zuvor entfernt wurde

Metanephrine und Calcitonin

Metanephrine, Calcitonin und Calcium postoperativ und dann jährlich messen

  • SDHA-, SDHB-, SDHD- Mutation

MRI von Schädelbasis, Nacken, Throrax Retroperitoneum und Becken oder 68Ga-Dotatate-PET-CT

Metanephrine

Metanephrine und MRI der operativen Region jährlich für 1-3 Jahre, wenn ein Pheo oder Para entfernt wurde, andere Regionen alle 3 Jahre

  • VHL

MRI von Gehirn, Rückemark und Abdomen, Ophthalmoskopie durchführen

Metanephrine

Metanephrine jährlich, MRI von Gehirn, Rückenmark und Abdomen. Wurde kein Tumor gefunden, dann alle 2-3 Jahre

  • SDHC oder SDHAF2

MRI von Schädelbasis und Nacken oder 68Ga-Dotatate-PET-CT

Metanephrine

Metanephrine jährlich für 1-3 Jahre. Wurde ein Pheo oder Para operativ entfernt MRI der operativen Region jährlich und für 3-5 Jahre

  • MAX oder THEM 27

MRI des Abdomens oder 68Ga-Dotatate-PET-CT

Metanephrine

Metanephrine und MRI der operativen Region jährlich für 1-3 Jahre wenn ein Pheo oder Para entfernt wurde, andere Regionen alle 3 Jahre

  • Neurofibromatose Typ 1

Metanephrine

Entwickeln sich Hypertonie oder klinische Symptome, dann Metanephrine zur Kontrolle

Tabelle 32.1-7 Sensitivitäten und Spezifitäten von Laboruntersuchungen zur Diagnostik von Phäochromozytom und Paragangliom /127/

Test

Sensitivität (%)

Spezifität (%)

Kinder

Erwachsene

Kinder

Erwachsene

Freies Normetanephrin und Metanephrin im Plasma

100

99

94

89

Noradrenalin und Adrenalin im Plasma

92

84

91

81

Freies Normetanephrin und freies Metanephrin im Urin

100

97

95

69

Noradrenalin und Adrenalin im Urin

100

86

83

88

Totales Normetanephrin und Metanephrin im Plasma

74

93

Vanillinmandelsäure im Urin

64

95

Tabelle 32.1-8 Clonidin-Test /15/

Durchführung: Übernacht Fasten, am nächsten Morgen in liegender Position, legen eines Venenkatheders, Entnahme von 10 ml Heparinblut nach 20 min Ruhe.

Gabe von 0,3 mg Clonidin oral bei einem Körpergewicht von 60–80 kg.

Verweilen in liegender Position bis 3 h nach Clonidin-Einnahme, dann Blutentnahme aus Venenkatheder

Interpretation: Ein Kriterium der normalen Response ist der Abfall von Normetanephrin in den Referenzbereich oder ein Abfall um ≤ 50 % des Basiswerts.

Tab. 32.2-1 Referenzbereiche für VMA, HVA und Dopamin in Urinproben

Kinder im Alter von 7 Monaten bis 16 Jahren.

Bereiche für 24 Std.-Urinausscheidung /21/:

  • VMA: 2,9–20,3 ug/l (95 % zentrales Intervall), Grenzwert > 20 ug/l
  • HVA: 2,6–29,7 ug/l (95 % zentrales Intervall), Grenzwert > 30 ug/l

Referenzintervalle der Ausscheidung von Katecholaminen im Urin in Form des Katecholamin/Creatinin Verhältnisses /22/:

Alter

VMA (ug/g Creatinin)

HVA (ug/g Creatinin)

Dopamin (ug/g Creatinin)

0–3 Monate

3,8–18,9

6,4–35

193–2675

> 3–6 Monate

2,9–21,8

12,5–31

458–2453

> 6–12 Monate

4,9–16,9

9,0–31,4

463–1933

> 1–2 Jahre

2,5–15,5

5,7–27,3

220–1654

> 2–5 Jahre

2,1–10,3

2,7–23,5

168–1156

> 5–10 Jahre

1,1–7,6

1,1–16,5

72–847

> 10–15 Jahre

1,0–5,6

1,1–9,7

69–582

> 15–20 Jahre

0,7–4,3

1,4–5,8

65–413

> 20–25 Jahre

0,4–4,6

0,6–5,2

47–391

VMA, Vanillinmandelsäure; HVA, Homovanillinsäure.

Tabelle 32.2-2 Diagnostische Sensitivität (%) von VMA, HVA im Urin, Ferritin und Neuron-spezifischer Enolase (NSE) im Serum in der Neuroblastomdiagnostik

Diagnostische Sensitivität (%)

Stadium nach Evans

VMA + HVA im Harn /23/

Ferritin im Serum /24/

NSE im Serum /25/

I

66

20

20

II

63

12

11

III

78

48

17

IV

90

60

100

IV S

98

25

Die angegebenen diagnostischen Sensitivitäten für die Messgrößen bei der Neuro­blastomdiagnostik beziehen sich auf Ergebnisse von Screeninguntersuchungen bei Kindern.

Tabelle 32.2-3 Biologische und klinische Neuroblastomtypen /27/

Merkmale

Typ 1

Typ 2

Typ 3

MYCN-Vermehrung

Normal

Normal

Verstärkt (> 10 Kopien)

DNA ploidy

Hyperdiploid, nahezu triploid

Nahezu diploid, nahezu tetraploid

Nahezu diploid, nahezu tetraploid

Chromosom 17q gain

Selten

Regulär

Regulär

Chromosom 1p LOH

Selten

± Vorhanden

Regulär

Chromosom 11q LOH

Selten

Regulär

Selten

TRKA-Expression

Verstärkt

Abwesend/ niedrige Expression

Abwesend/ niedrige Expression

TRKB-Expression

Verstümmelt

Abwesend/ niedrige Expression

Hoch (volle Länge)

TRKC-Expression

Hoch

Abwesend/ niedrige Expression

Abwesend/ niedrige Expression

Alter

In der Regel < 1 Jahr

In der Regel ≥ 1 Jahr

In der Regel 1–5 Jahre

Stadium

In der Regel 1, 2, 4

In der Regel 3, 4

In der Regel 3, 4

3-Jahres-Überlebensrate

95 %

40–50 %

25 %

LOH, Loss of function heterozygosity; TRK, Tyrosinkinase-Rezeptor

Tabelle 32.2-4 Prognostische Faktoren beim Neuroblastom /20/

Indikator

Prognostisch ungünstig

Tumorzellmerkmale

  • MYCN-Onkogen

Über 10 Kopien

  • Chromosom 17q

Gain (Zunahme an DNA-Kopien)

  • Chromosom 1p36

Verlust an Heterozygosität

  • Chromosom 11q14-22

Verlust an Heterozygosität

  • TRKA

Abwesend/niedrige Expression

  • TRKB

Hohe Expression

  • TRKC

Abwesend/niedrige Expression

  • Telomerase

Erhöhte Aktivität/Expression

  • CD44

Niedrige Expression

  • Shimada Histologie

Ungünstig nach Shimada-Kriterien

Biochemische Marker

  • LDH im Serum

> 1.500 U/l

  • NSE im Serum

> 100 μg/l

  • Ferritin im Serum

> 142 μg/l

  • VMA/HVA Ratio im Urin

< 1,0

Verdacht auf PhäochromozytomFreies Normetanephrin (NMN) und Metanephrin (MN) im Plasma NMN und MN normal (1 Tumor höchst unwahrscheinlich NMN, MN oder beide erhöht NMN, MN normalTumor unwahrscheinlich Hohe Ratio Meta- nephrine/Katechol- amine im PlasmaTumorhochwahrscheinlich Falls Verdacht bleibt, Testwiederholung zu späterem Zeitpunkt Keine Suppression von NMN, MNTumor höchst wahrscheinlich Stark erhöht (2 Tumor höchst wahrscheinlich Lokalisiere den Tumor(CT, MRI, MIBG) Leichte Erhöhung (3 Tumor möglich Eliminiere Medikamente oder andere Ursachen eines falsch-positiven Resultats Weitere Untersuchungen (4 NMN, MN bleiben positiv Tumor möglich Clonidin-Test Suppression von NMN, MNTumor unwahrscheinlich

Abbildung 32.1-1 Algorithmus zur Labordiagnostik von Phäochromozytom und extraadrenalem PGL, modifiziert nach Lit. /15/. 1) Konzentration von Normetanephrin (NMN) im Plasma unter 0,61 nmol/l (112 ng/l) und von Metanephrin (MN) unter 0,31 nmol/l (61 ng/l). 2) Konzentration von NMN im Plasma über 2,19 nmol/l (400 ng/l) und von MN über 1,20 nmol/l (236 ng/l). 3) Konzentrationen von NMN und MN zwischen 1 und 2 (Graubereich). 4) Wiederholung der Bestimmung von NMN und MN im Plasma und/oder Urin. CT, Computertomographie, MRI, Magnetic resonance imaging; MIBG, 131J-Metajodbenzylguanidin-Szintigraphie.

HO CH 2 CH CO 2 H NH 2 CH 2 CH CO 2 H CH 2 CH 2 NH 2 NH 2 HO HO HO HO HO HO CH(OH) –CH 2 –NH 3 CH 3 CH(OH) –CH 2 –NH 2 HO HO HO H 3 CO CH 2 –CH 2 –NH 2 HO HO CH 2 –CO 2 H CH(OH)–CH 2 –NHCH 3 HO H 2 CO CH(OH)–CO 2 H HO HO HO H 3 CO CH(OH)–CH 2 –NH 2 CH 2 –CO 2 H HO H 3 CO HO H 3 CO CH(OH)–CO 2 H MAO COMT MAO MAO COMT COMT COMT COMT MAO MAO Tyrosin DOPA Dopamin Noradrenalin Adrenalin Vanillinmandelsäure Homovanillinsäure 3-Methoxytyramin 3,4 Dihydroxyphenylessigsäure Normetanephrin 3,4 Dihydroxymandelsäure Metanephrin THL L-ADC

Abbildung 32.1-2 Metabolismus der Katecholamine. COMT, Katecholamin-o-methyltransferase; MAO, Monoaminoxidase; THL, Tyrosinhydrolase; DOPA, Dopacarboxylase; DBH, Dopamin-β-Hydrolase; PNMT, Phenyläthanolamin-N-Methyltransferase. Modifiziert nach Lit. /15/.

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