01

Enzyme

01

Enzyme

01

Enzyme

01

Enzyme

1 Enzyme

1.1 Enzymdiagnostik

Lothar Thomas

1.1.1 Enzyme im Serum

Die zu diagnostischen Zwecken im Serum, Plasma, Sekreten und Gewebsflüssigkeiten gemessenen Enzyme sind biologische Katalysatoren. Schon geringe Mengen können die Gleichgewichtseinstellung einer chemischen Reaktion durch Herabsetzen der Aktivierungsenergie herbeiführen. Enzyme haben eine Reaktionsspezifität, das bedeutet, die Katalyse einer chemischen Reaktion kann nur durch ein speziell für diese Reaktion erforderliches Enzym erfolgen. Eine weitere Eigenschaft ist die Substratspezifität, nur eine bestimmte Substanz oder Substanzgruppe dient als Reaktionspartner und wird zum Produkt umgesetzt.

Faktoren mit Einfluss auf die Enzymaktivität

Die Enzyme im Serum kommen aus den Zellen der Gewebe oder resultieren aus dem Übertritt sekretorischer Enzyme in das Blut. Die Gewebeenzyme entstammen vorwiegend den Hauptstoffwechselketten der Zellen und liegen dort entweder im Zytoplasma gelöst oder gebunden an Zellstrukturen, z.B. die Mitochondrien, vor. Sekretorische Enzyme wie die Peptidasen und Hydrolasen werden gewöhnlich in inaktiver Form sezerniert, wenige wie die Cholinesterasen gelangen in aktiver Form ins Plasma. Bestimmend für die Enzymaktivität im Plasma sind Faktoren, die das Ausmaß der Freisetzung bestimmen. Bei zellständigen Enzymen bestimmt das Ausmaß der Schädigung die Freisetzung, bei den sekretorischen Enzymen ist die vermehrte Enzymproduktion der einzelnen Zelle oder eine Vermehrung von Gewebe, welches das Enzym bildet, maßgebend /1/.

Enzymfreisetzung: Die niedrige Aktivität zellständiger Enzyme im Blut Gesunder beruht auf der Dichtigkeit einer metabolisch aktiven Zellmembran. Jedes pathologische Geschehen, das die Energieversorgung der Zellmembran beeinträchtigt, z.B. eine mangelnde Versorgung mit ATP oder anderen energiereichen Substraten durch Ischämie oder Anoxie, kann zur Desintegration der Zellmembran und konsekutivem Austritt von Enzymen führen. Zuerst wird das Membranpotential gestört. K+ verlassen die Zelle und Na+ und Wasser treten ein, was eine Schwellung der Zelle bewirkt. Der nachfolgende Eintritt von Ca2+ aktiviert Hydrolasen und Peptidasen, was zur Zerstörung intrazellulärer Strukturen und einer Undichtigkeit der Zellmembran führt. Zuerst erscheinen zytoplasmatische Enzyme im Blut, dann mitochondriale und Membran-gebundene Enzyme. Ausmaß und Geschwindigkeit des Austritts von Enzymen sind von der Größe und dem Konzentrationsgradienten des jeweiligen Enzyms zwischen Zytoplasma zu Extrazellulärraum abhängig. Die intrazelluläre Enzymkonzentration beim Gesunden ist sehr viel höher als im Plasma. So sind die Aktivitäten in Leber, Niere, Herz und Skelettmuskel jeweils höher als im Plasma des Gesunden von:

  • AST 7.000-, 4.500-, 8.000 und 5.000 fach.
  • ALT 2.800-, 1.200-, 400- und 300 fach.

Der Enzymübertritt vom Interstitium in das Blut erfolgt entweder über einen direkten Transfer durch die Kapillarwand oder indirekt über die Lymphwege. Ersteres ist der Fall bei gut vaskularisierten Geweben wie dem Leberparenchym, letzteres in Geweben mit wenig permeabler Kapillarmembran wie der Muskulatur. Das Ausmaß des Enzymaustritts ist von der intrazellulären Lokalisation des Enzyms abhängig. Zytoplasmatisch gelöste Enzyme erscheinen relativ früh nach Zellschädigung in gut messbarer Aktivität im Blut. An subzelluläre Strukturen, z.B. die Mitochondrien, gebundene Enzyme benötigen länger. In der Regel tritt innerhalb von 24 h nach Zellschädigung mit Nekrose ein der intrazellulären Enzymverteilung entsprechendes Enzymmuster im Blut auf /1/.

Veränderte Enzymbildung: Veränderungen der Enzymbildung können als gegenüber dem Referenzbereich verminderte oder erhöhte Aktivitäten im Blut auftreten, ohne dass eine Zellschädigung vorliegt. Die verminderte Aktivität steht weniger im Mittelpunkt diagnostischen Interesses und beruht vorwiegend auf einer genetischen Störung bei den Gewebsenzymen wie z.B. der AP. Die Verminderung der Aktivität sekretorischer Enzyme beruht demgegenüber häufig auf einer Abnahme der dieses Enzym bildenden Gewebe, z.B. Verminderung der CHE bei Leberzirrhose. Der vermehrten Enzymabgabe in das Blut ohne Vorliegen einer Gewebsschädigung können folgende Ursachen zu Grunde liegen:

  • Die Erhöhung der Anzahl und/oder der biochemischen Aktivität von Gewebezellen. So bewirkt z.B. die Vermehrung und Aktivitätserhöhung der Osteoblasten bei Heranwachsenden eine Erhöhung der AP durch verstärkte Bildung des Knochenisoenzyms.
  • Eine Enzyminduktion. Gewebezellen bilden vermehrt Enzyme, z.B. durch einen chemischen Reiz der Hepatozyten durch Alkohol, Barbiturate oder Phenytoin bilden diese vermehrt GGT. Auch erfolgt z.B. durch eine Obstruktion der Gallenwege eine Stimulation der Synthese des Leberisoenzyms der AP.
  • Die Bildung neuer Gewebe. So synthetisiert die Plazenta im letzten Trimenon eine AP, die im Blut der Schwangeren als Plazenta Isoenzym nachgewiesen wird. Ein ähnliches Isoenzym können auch maligne Hodentumoren bilden.

Organschädigung und Enzymerhöhung

Die häufigsten Enzymerhöhungen beruhen auf einer Schädigung von Leber, Herz- und Skelettmuskel und der roten Blutzellen. Leber-bedingte Enzymerhöhungen sind entweder durch die direkte Schädigung der Zellmembran durch Viren, die toxische Wirkung von Pharmaka und Giften oder eine Gewebshypoxie bedingt. Letztere bewirkt meist eine zentrilobuläre Nekrose von Hepatozyten und kann aus einer akuten Rechtsherzinsuffizienz, einer portalen Hypertension oder einer arteriellen Hypoxie, z.B. bei Schock, resultieren. Infarkte der Leber sind demgegenüber selten, denn die Leber hat eine duale Blutversorgung aus den Leberarterien und dem Pfortadersystem.

Anders ist die Situation am Herzen. Hier ist auf Grund der segmentalen Versorgung des Herzmuskels durch Endarterien bei deren Verschluss die hypoxämische Nekrose von Myozyten die Regel. Innerhalb von 24 h tritt im Blut ein der Herzmuskelzelle entsprechendes Enzymmuster auf.

Die Schädigungen der Skelettmuskulatur mit Enzymaustritt sind vielfältig. Im Vordergrund stehen Verletzungen, hypoxische Nekrosen, Entzündungen, Infektionen, degenerative Erkrankungen, toxische Schädigungen (Alkohol), Urämie und neurogene Myopathien.

Die Lyse roter Blutzellen führt zur Freisetzung der LDH, dem Enzym mit der höchsten Aktivität in diesen Zellen. Unterschieden wird die in-vivo von der in-vitro Hämolyse. Erstere erfolgt intravaskulär und ist meist immun-bedingt, letztere beruht auf einer Zerstörung der Erythrozyten während der Blutentnahme oder der mehrtägigen Lagerung von Vollblut vor der Untersuchung.

Die in der klinisch-chemischen Routinediagnostik angewendeten kinetischen Verfahren zur Bestimmung der Enzymaktivität weisen Konzentrationen bis zu 10–10 mol/l nach. Auf Grund dieser hohen analytischen Sensitivität werden durch Enzym Bestimmungen auch geringe Organschäden angezeigt. So kommt es schon zu einem Anstieg der ALT über den oberen Referenzbereichswert, wenn nur 1 von etwa 750 Hepatozyten geschädigt ist.

Clearance von Serumenzymen

Zur Beurteilung der Enzymaktivität als diagnostischer Marker von Organerkrankungen ist es wichtig, Kenntnisse über die Clearance von Enzymen zu haben. Niedermolekulare Enzyme wie die α-Amylase werden teilweise renal eliminiert. Vorwiegend werden aber aus den Geweben in das Blut übertretende Enzyme in die Zellen des retikulo-endothelialen Systems über Rezeptor-vermittelte Endozytose aufgenommen. So gibt es z.B. auf der Zellmembran des Hepatozyten spezifische Rezeptoren, die mit den N-galactosyl-Resten des intestinalen Isoenzyms der AP reagieren. Es erfolgt dann eine intrazelluläre Degradation in Peptide, die für den Stoffwechsel bereit gestellt werden. Die Halbwertszeit vieler Enzyme liegt im Blut bei 4–24 h (Tab. 1.1-1 – Halbwertszeiten von Serumenzymen). Eine Verlängerung der Halbwertszeit kann resultieren aus einer Komplexierung des Enzyms mit Immunglobulinen oder einer verminderten Funktion der für die Clearance verantwortlichen Gewebe oder Organe. So ist bei Leberzirrhose die Clearance von Enzymen auf Grund einer Verminderung von Lebergewebe reduziert. Die Verlängerung der Halbwertszeit der α-Amylase kann die Folge einer renalen Insuffizienz oder der Komplexierung mit Immunglobulin sein, wie das z.B. der Fall bei Makro­amylasämie ist.

1.1.1.1 Bestimmung der Enzymaktivität

Die wesentliche Eigenschaft eines Enzyms (E) ist seine Fähigkeit, die Umwandlung einer Substanz, auch Substrat (S) genannt, in ein Produkt (P) zu katalysieren. Das geschieht nach folgendem Reaktionsablauf /2/:

E+S → ES → E+P

In einem ersten Reaktionsschritt bindet das Substrat an das Enzym unter Bildung des Enzym-Substrat-Komplexes, von diesem wird das Substrat in ein Produkt umgewandelt und das Produkt freigesetzt. Das frei gewordene Enzym bindet sofort ein weiteres Substratmolekül. Die Umsatzzahl der meisten Enzyme, auch Turnover number bezeichnet, beträgt mindestens 100 Substratmoleküle pro Enzymmolekül und Sekunde.

Die Bestimmung der Konversionsrate, gemessen als Änderung einer Substanz (Abnahme des Substrates oder Zunahme des Produktes) pro Zeiteinheit, ist die Basis der quantitativen Enzymbestimmung. Die Konversionsrate wird bei der Enzymanalytik auch als Reaktionsrate bezeichnet.

Die Bestimmung der Konzentration eines Enzyms erfolgt über die Messung seiner katalytischen Aktivität. Diese wird bevorzugt im kinetischen Test bestimmt.

Kinetischer Test /2/: Unter Bedingungen, bei denen die Enzymkonzentration im Testansatz sehr viel geringer ist als die seines Substrates folgen viele Enzyme dem Michaelis-Menten Modell, das die Geschwindigkeit einer enzymatischen Reaktion in Beziehung zur molaren Konzentration des Enzyms und seines Substrates setzt. So besteht zwischen der Reaktionsgeschwindigkeit V der Enzymreaktion, ihrer Maximalgeschwindigkeit (Vmax) und der Substratkonzentration [S] die folgende Beziehung:

V =Vmax· [S]Km+ [S]

Die Michaelis-Menten-Konstante (Km) beschreibt die Substratkonzentration, bei der die Hälfte von Vmax einer Enzym-katalysierten Reaktion erreicht wird. Sie beträgt in der Regel 10–2 bis 10–5 mol/l. Je kleiner der Km-Wert, desto höher ist die Affinität des Substrates zum Enzym. Unter definierten Bedingungen wie Temperatur, pH-Wert, Ionenstärke usw. und bei konstanter Enzymkonzentration beschreibt die Beziehung zwischen V und [S] eine Hyperbel, die asymptotisch dem Grenzwert Vmax zustrebt. Liegt [S] in hohem Überschuss gegenüber dem Km vor, ist V von [S] unabhängig. Man sagt dann, dass das Enzym mit Substrat gesättigt ist. In dieser Situation ist die vom Enzym umgesetzte Substratmenge proportional der Enzymmenge im Testansatz und der Reaktionsdauer.

Enzymatische Reaktionen, bei denen sich einzelne Untereinheiten kooperativ verhalten, Enzyme mit allosterischen Reaktionen und Mehrsubstrat-Reaktionen werden durch das Michaelis-Menten Modell nur unzureichend beschrieben.

Photometrische Messung der Enzymreaktion /3/: Bei der photometrischen Messung einer Enzymreaktion findet durch Abnahme der Substrat- oder Zunahme der Produktkonzentration eine Änderung der Lichtabsorption (ΔA) in einem Zeitintervall (Δt) statt. Die Änderung der Absorption (ΔA/Δt), wird in eine zeitliche Änderung der Substrat- oder Produktkonzentration umgewandelt. Das geschieht durch Multiplikation mit dem Faktor V/ε × l, wobei V das Volumen des Testansatzes, ε der molare Absorptionskoeffizient und l die Länge des Lichtweges durch die Kuvette ist. ΔA ist dimensionslos und die Dimensionen der anderen Größen sind jeweils T = Δt, L3 = Volumen V, L2 × N–1 = ε, N = Substratkonzentration und L= Liter. Die Reaktionsrate berechnet sich nach der Formel:

ΔA×Ventsprechend1×L3= N × T–1Δtε × lTL2× N–1× L

N × T–1 ist die pro Zeiteinheit umgesetzte Menge Substrat oder entstehende Menge Produkt und ein Maß der katalytischen Aktivität eines Enzyms. Die Dimension der katalytische Aktivität ist das Katal.

Die photometrische Messung der umgesetzten Menge Substrat oder entstehenden Menge Produkt beruht auf dem Prinzip der Absorption von Licht durch eine absorbierende Substanz in einem nicht absorbierenden Lösungsmittel nach dem Bouguer-Lambert-Beer-Gesetz:

A = ε × c × d

Dabei ist A die Absorption, c die Substrat- oder Produktkonzentration, d die Länge des Lichtweges durch die Küvette und ε der molare dekadische Absorptionskoeffizient von Substrat oder Produkt das gemessen wird. Die Dimension ε von ist:

ε = A/c × d = 1 × mol–1 × mm–1

Die physiologischen Substrate und Produkte der meisten Enzyme sind farblos. Deshalb werden entweder synthetische (chromogene) Substrate eingesetzt, bei denen ein farbiges Reaktionsprodukt entsteht, oder der eigentlichen Messreaktion wird eine Indikator-Reaktion nachgeschaltet. Bei einigen Enzymen, die direkt mit den Ko-Substraten (Koenzymen) NADH2 und NADPH2 reagieren und die oxidierten Koenzym-Formen NAD oder NADP entstehen, wird die Abnahme von NADH2 und NADPH2 bei 344 nm, 334 nm oder 365 nm als Indikator der enzymatischen Aktivität bestimmt (einfacher optischer Test). Das typische Beispiel eines einfachen optischen Tests ist die Bestimmungsreaktion für die LDH. Siehe Beitrag 1.11.2 – Bestimmungsmethode. Kann das in der Messreaktion anfallende Substrat nicht direkt photometrisch erfasst werden, so wird es in einer Reaktionsfolge vermittels einer Hilfsreaktion mit der Indikator-Reaktion unter Beteiligung der Koenzyme NADP/NADPH2, verknüpft. Ein Beispiel hierfür ist die Bestimmungsreaktion der CK. Siehe Beitrag 1.8.2 – Bestimmungsmethode.

Vergleichbare Ergebnisse können nur erhalten werden, wenn die Enzymaktivitäten unter gleichen Bedingungen gemessen werden. Deshalb wurde für die Messung der katalytischen Aktivität vieler Enzyme von der International Federation of Clinical Chemistry (IFCC) ein Referenzsystem etabliert /4/. Die Messtemperatur ist 37 °C. Das Referenzsystem besteht aus primären Referenzmethoden, zertifizierten Referenzpräparationen und einem weltweiten Netz von Referenzlaboratorien.

Da die Enzyme an Hand ihrer katalytischen Aktivität quantitativ bestimmt werden, erfolgt die Angabe der Aktivität in kinetischen Einheiten. Als Maßeinheiten sind definiert:

  • International unit (IU) von der Commission of Enzymes der International Union of Biochemistry (IUB). 1 IU ist diejenige Enzymmenge, die einen Substratumsatz von 1 μmol pro Minute katalysiert. Die katalytische Konzentration der Enzyme wird in U/l, kU/l oder mU/l angegeben.
  • Katal von der International Union of Pure and Applied Chemistry und der IUB. Ein Katal katalysiert den Substratumsatz von 1 mol pro Sekunde. Die Enzymaktivität wird in Katal/l oder μKatal/l angegeben. Das Katal steht im Einklang mit dem Systeme Internationale (SI), bei dem das Mol die Einheit des umgesetzten Substrates ist und die Sekunde die Zeiteinheit. Somit entsprechen 1 U = 1 μmol/60 s = 0,0167 μmol/s oder 1,0 μKatal/l = 60 U/l.

1.1.1.2 Isoenzyme und Isoformen

Isoenzyme: Nach Definition der IUPAC-IUB Kommission für Biochemische Nomenklatur sind Isoenzyme folgendermaßen definiert: Proteine mit ähnlicher enzymatischer Aktivität, die durch verschiedene Gene kodiert werden. Neben einer unterschiedlichen Aminosäuresequenz und abweichenden katalytischen Eigenschaften können sie in der Affinität zu Substraten, Aktivatoren und Inhibitoren, im pH- und Temperaturoptimum sowie der Hitzestabilität different sein.

Die folgenden Kategorien von Isoenzymen werden unterschieden /5/:

  • Genetisch unabhängige Enzyme, die von verschiedenen Genloci kodiert werden wie z.B. die mitochondriale und zytoplasmatische Form der Malat-Dehydrogenase und der AST.
  • Alloenzyme, es handelt sich um Enzymvarianten, die von allelen Genen eines singulären Genlocus kodiert werden. Beispielhaft sind die Alloenzyme der Glucose-6-Phosphatdehydrogenase.
  • Hetero-polymere Enzyme. Es handelt sich um nicht- kovalente Hybridmoleküle von zwei oder mehr Polypeptidketten, beispielhaft sind die intermediären Isoenzyme der Lactat-Dehydrogenase.

Isoformen: Enzymisoformen entstehen durch posttranslationale Modifikation eines Enzyms. Ein Beispiel ist die Gewebe-unspezifische AP, aus der posttranslational die Isoformen Leber-AP, Knochen-AP und Nieren-AP gebildet werden.

Analytik der Isoenzyme und Isoformen

Bestimmung der Aktivität: Die katalytische Aktivität einer Isoenzym-Familie kann ähnlich sein, ist aber nicht identisch. Meist liegen leichte Änderungen im pH-Optimum, der Affinitätskonstanten für das Substrat und der Empfindlichkeit gegenüber Inhibitoren oder denaturierenden Reagenzien vor. Alloenzyme können, müssen sich aber nicht in ihrer katalytischen Aktivität unterscheiden. Ist das mutante Allel dafür verantwortlich, dass kein oder kein aktivierbares Enzym gebildet wird und hat dies eine wichtige Funktion im Stoffwechsel, so kann eine schwere oder gar letale Erkrankung resultieren.

Zur Unterscheidung der Isoenzyme durch die Bestimmung ihrer enzymatischen Aktivität werden Unterschiede in ihrer katalytischen Aktivität gegenüber Substrat-Analogen oder in Anwesenheit von Inhibitoren gemessen. Auch verhält sich die katalytische Aktivität von Isoenzymen unterschiedlich in ihrer Stabilität gegenüber denaturierenden Reagenzien. Multiple Enzyme zeigen in der Regel keine Differenzen in der Stabilität gegenüber denaturierenden Reagenzien.

Separative Methoden: Die Veränderung weniger Aminosäurenreste verursacht keine oder nur sehr geringe Änderungen des Molekulargewichts der Isoenzyme. Deshalb sind chromatographische Methoden in der Differenzierung von Alloenzymen wenig erfolgreich, wohl aber in der Differenzierung von multiplen Enzymformen.

Bewirken strukturelle Veränderungen von Isoenzymen eine Veränderung der elektrischen Ladung, so können die Agarosegel-Elektrophorese oder die Isoelektrofokussierung geeignete Separationsmethoden sein. Bestehen Variationen in den Kohlenhydrat-Seitenketten, so kann die Lektin-Affinitätschromatographie hilfreich sein.

Immunologische Analytik: Isoenzyme oder multiple Enzymformen können Unterschiede in ihren antigenen Determinanten aufweisen und durch Bindung spezifischer Antikörper identifiziert werden.

Klinische Bedeutung von Isoenzymen und Isoformen

Die Präsenz von Isoenzymen und Isoformen im Serum erhöht die diagnostische Sensitivität und Spezifität zur Erkennung von Organerkrankungen. Die klinische Aussagekraft wird in den jeweiligen Enzymbeiträgen dieses Kapitels abgehandelt.

1.1.1.3 Makroenzyme

Abgegrenzt von den Isoenzymen und Isoformen werden Enzyme mit einer Multiplizität (multiple Enzyme) wie sie auf Grund posttranslationaler Veränderungen entstehen durch /6, 7/:

  • Konjugation mit weiteren Molekülen oder Bindung an andere Moleküle nach Degradation.
  • Polymerisation singulärer Untereinheiten zu einem größeren Komplex.
  • Komplexbildung, zwischen Enzym und Immunglobulin.
  • Allosterische Modifikationen von Enzymen.

Die häufigsten Makroenzyme sind Immunglobulin assoziiert (Typ 1-Makroenzyme), alle anderen werden als Typ 2-Makroenzyme bezeichnet.

Immunglobulin-assoziierte Enzyme: Sie sind die häufigste Form der Makroenzyme und beruhen auf der Bildung eines Immunkomplexes zwischen Enzym und einem Autoantikörper. Es handelt sich um eine normale Antigen-Antikörper-Reaktion. Die antigene Determinante des Enzyms bindet am Fab-Teilstück des Antikörpers unter Bildung eines großmolekularen Enzym-Immunglobulin-Komplexes. Auf Grund des höheren Molekulargewichtes mit konsekutiv verzögerter Clearance resultiert im Serum eine Akkumulation und ein höhere Enzymaktivität.

Einige Autoantikörper reagieren nur mit einer Isoform des Enzyms andere mit allen. Die Bindung des Enzyms an das Fab-Teilstück des Antikörpers stabilisiert die Aktivität des Enzyms gegenüber thermischen Einflüssen, beeinflusst die Eliminations Geschwindigkeit aus der Blutbahn und wirkt sich auch auf seine Enzym kinetischen Eigenschaften aus. Vielfach ist eine geringe Hemmung nachweisbar, selten finden sich stark inhibierende Antikörper.

An andere Moleküle gebundene Enzyme: Nicht nur mit Autoantikörpern, sondern auch mit Molekülen wie Hydroxyäthylstärke, Lipoproteinen und α2-Makroglobulin ist eine Komplexbildung möglich. Zusätzlich fallen unter diese Einteilung auch oligomere Formen wie die mitochondriale CK, die bei tiefen zellulären Nekrosen ins Plasma übertritt. Eine andere Form von Makroenzym ist die Gallengang-AP, eine alkalische Phosphatase, die an Membranfragmente gebunden ist und bei Cholestase im Serum nachweisbar sein kann.

Makroenzyme persistieren oft lange, können eine Erhöhung der Enzymaktivität verursachen und somit eine Krankheit vortäuschen.

Klinische Bedeutung der Makroenzyme

Makroenzyme haben ein höheres Molekulargewicht als die freien Enzyme und zirkulieren deshalb länger im Plasma. Makroenzyme sind keine spezifischen Krankheitsmarker. Bewirken sie eine Enzymerhöhung im Serum, so verursachen sie oft eine Konfusion von behandelndem Arzt und Labor mit der Folge einer Vielzahl weiterer kostenintensiver unnötiger Untersuchungen. Die Bedeutung klinisch wichtiger Makroenzyme ist aufgezeigt in Tab. 1.1-2 – Makroenzyme: Charakterisierung, klinische Bedeutung und Labordiagnostik.

Immunglobulin-gebundene Makroenzyme: Für folgende labordiagnostisch wichtigen Enzyme sind Makro-Formen beschrieben: ALT, AP, α-Amylase, AST, CK, GGT, LDH, Lipase. Makroenzyme sind beim Gesunden ein seltenes Ereignis, ist ein Enzymwert aber pathologisch erhöht, persistiert er lange. Die Persistenz der Aktivität kann dabei über Jahre hinweg nahezu unverändert sein. Zwar wurde vereinzelt das gemeinsame Auftreten von Makroenzymen und Autoimmunerkrankungen beschrieben, der Nachweis darf aber deswegen nicht als spezifischer und sensitiver Hinweis auf eine besondere, manifeste Erkrankung gewertet werden. Es gibt weder sichere Hinweise dafür, dass Immunglobulin-gebundene Makroenzyme Ausdruck einer Autoimmunerkrankung sind, noch dafür, dass diese zirkulierenden Enzym-Immunkomplexe selbst schädliche Auswirkungen haben. Im Allgemeinen nimmt die Prävalenz der Makroenzyme mit steigendem Lebensalter zu.

Eine weitere Besonderheit der Immunglobulin-gebundene Makroenzyme besteht darin, dass die Antikörper oft im Überschuss zum Enzym vorliegen. Zum einen können Enzymmoleküle, die durch eine akute Organschädigung freigesetzt werden, jetzt sofort an diese freien Bindungsplätze gebunden und in die Makroform umgewandelt werden. Sie werden dadurch möglicherweise einer elektrophoretischen Isoenzym-Bestimmung entgehen. Zum anderen führen die überschüssigen Antikörper zu einer Kompetition um das Enzymmolekül bei immunologischen Enzym- und Isoenzym-Bestimmungen; insbesondere bei kurzen Inkubationszeiten können fälschlich-erniedrigte Konzentrationen die Folge sein.

Die oft zufällig entdeckten Immunglobulin-gebundene Makroenzyme stellen nur die Spitze eines Eisbergs dar; man kann leicht eine deutlich höhere Prävalenz ermitteln, wenn man gezielt nach ihnen sucht. Je sensitiver das angewendete Nachweisverfahren ist, desto häufiger werden Makroenzyme im Blut von Patienten und auch von Normalpersonen nachweisbar. Ihre Enzymaktivitäten liegen dann allerdings im Referenzbereich. Aus diesem Grund sind die Literaturangaben zur Prävalenz oft unterschiedlich und müssen auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen.

An andere Moleküle gebundene Enzyme: Für folgende diagnostisch wichtige Enzyme sind Makroformen beschrieben worden: AP, Amylase, CK und GGT. Makroenzyme dieses Typs spiegeln mit ihrer Aktivitäts-Zeit-Kurve meist einen Krankheitsverlauf wieder oder können auch vorübergehend nach therapeutischen Eingriffen beobachtet werden. Deshalb können diese Formen bei Besserung oder Heilung nicht mehr nachweisbar sein. Die Ermittlung von Prävalenzen für Nicht-Immunglobulin-gebundene Makroenzyme hängt in noch stärkerem Maße vom angewendeten Untersuchungsverfahren und der Auswahl der untersuchten Patienten ab, als dies bei Immunglobulin-gebundenen Makroenzymen der Fall ist.

Unklare Enzym-Konstellation: Bei allen nicht zur Klinik passenden Enzym-Konstellationen ist es wichtig, das Vorliegen von Makroenzymen zu bestätigen oder auszuschließen. Da zu diesen Aktivitätserhöhungen kein entsprechendes klinisches Korrelat gefunden wird, werden sie oft vorschnell als Laborfehler klassifiziert. Die Kenntnis über das Vorliegen eines Makroenzyms kann den Patienten vor falschen diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen bewahren. Hier ist insbesondere die Makro-CK zu nennen, die relativ häufig die Bestimmung der CK-MB stört.

1.1.1.4 Antikörper gegen gewebeständige Enzyme

Es handelt sich um im Serum zirkulierende Autoantikörper, die gegen gewebeständige Enzyme oder Regulatoren bestimmter Enzymaktivitäten gerichtet sind /8/. Die Enzyme werden entweder nur in einem Gewebe exprimiert, wie gegen die Schilddrüsenperoxidase, oder in mehreren, wie gegen die Pyruvatdehydrogenase (Tab. 1.1-3 – Antikörper mit regulatorischer Wirkung auf die Aktivität gewebeständiger Enzyme). Während die Makroenzyme gehäuft bei älteren Menschen vorkommen und meist von keiner klinischen Signifikanz sind, haben Antikörper gegen gewebeständige Enzyme oder ihre Regulatoren eine signifikante Krankheitsassoziation.

1.1.2 Diagnostische Aussage von Enzymen

Indikationen der Enzymbestimmung im Serum oder Plasma sind:

  • Feststellung eines Gewebeschadens.
  • Organ-bezogene Lokalisierung der Schädigung.
  • Feststellung der Ausdehnung des Schadens.
  • Erkennung der Schwere der Einzelzellschädigung (reparabel oder irreparabel).
  • Diagnostik der zu Grunde liegenden Erkrankung.
  • Differentialdiagnose der Krankheit eines Organs (Lokalisation der Einzelzellschädigung im betroffenen Organ).

Informationen werden gewonnen auf Grund:

  • Der Höhe der Enzymaktivität im Serum.
  • Der Bestimmung von Enzymmustern (Gesamtheit eines Spektrums gleichzeitig im Serum ermittelter Enzymaktivitäten).
  • Der Bewertung von Enzymaktivitäten in Relation zueinander, z.B. Berechnung von Enzymquotienten.
  • Der Verlaufsbeurteilung von Enzymaktivitäten.
  • Der Bestimmung von Isoenzymen.

Die Höhe der Enzymaktivität ist die Resultante aus mehreren mit typischem Zeitverlauf einhergehenden Prozessen. Zur Interpretation eines erhöhten Enzymwerts müssen folgende Fragen gestellt werden:

  • Liegt die vermehrte Freisetzung des Enzyms aus einem Organ vor, z.B. Gewebeschaden?
  • Sind die üblichen Mechanismen der Elimination, die das Enzym üblicherweise aus der Zirkulation entfernen, gestört, liegt z.B. eine Niereninsuffizienz oder eine Leberzirrhose vor?
  • Kann sich das Enzym an einen Serumbestandteil angelagert haben, liegt z.B. ein Makroenzym vor?
  • Ist eine vermehrte Enzymbildung, z.B. Enzyminduktion die Ursache?

Sitz der Erkrankung (Organlokalisation)

Die Lokalisation des geschädigten Gewebes oder Organes kann erfolgen durch:

  • Bestimmung von Leitenzymen.
  • Isoenzym-Differenzierung.
  • Bewertung Symptom-orientierter Enzymmuster.

Leitenzyme: Es handelt sich um Enzyme, die ausschließlich in einem bestimmten Organ/Gewebe vorkommen oder aber dort in sehr hoher Aktivität im Vergleich zu anderen Organen/Geweben vorliegen. Eine vermehrte Präsenz im Serum weist auf die Herkunft hin (Tab. 1.1-4 – Leitenzyme wichtiger Organe).

Isoenzyme: Die Isoenzymausstattung der Gewebe ist genetisch determiniert. Durch die Differenzierung besteht die Möglichkeit der Erkennung des Herkunftsgewebes einer erhöhten Enzymaktivität, z.B. Pankreasamylase, Speicheldrüsenamylase, die Herzmuskel-spezifische CK-MB oder die erythrozytäre LDH-1.

Enzymmuster: Sie können auf Grund der Relation der Enzymaktivitäten zueinander organdiagnostische Auskunft geben. Basisenzyme eines jeden Enzymmusters sind die Aminotransferasen, richtungsweisendes Kriterium ist der Enzymquotient. Differentialdiagnostisch bedeutsame Gewebe, die über 90 % aller Enzymanstiege verursachen, sind Leber, Herzmuskel, Skelettmuskel und Erythrozyten. Die Abgrenzung des Schadens eines der drei Gewebe vom Leberschaden ist durch die Quotienten CK/AST und LDH/AST möglich (Tab. 1.1-5 – Abgrenzung einer Lebererkrankung von anderen Gewebeschäden).

Stadium des pathologischen Prozesses

Die eine Enzymfreisetzung in das Blut und eine Enzymelimination aus dem Blut bewirkenden Mechanismen zeigen jeweils typische Zeitverläufe, deren Zusammenwirken in charakteristischen Aktivitäts-Zeit-Kurven resultiert. Aus diesen Kurven kann ein diagnostisches Zeitfenster abgeleitet werden, in dem mit erhöhten Enzymaktivitäten bei Vorliegen der Erkrankung gerechnet werden und aus dem oft das Stadium der Erkrankung abgeschätzt werden kann.

Ist das Organ bekannt, so sind gewöhnlich bei akuten Prozessen die Enzymaktivitäten höher als bei chronischen. Bei akuten Organerkrankungen kann das Krankheitsstadium auch aus der Relation von Enzymen mit kurzer zu solchen mit langer Halbwertszeit ermittelt werden. Unterschiede in den Halbwertszeiten verzerren das Organ-spezifische Enzymprofil im Serum und liefern dadurch für den Krankheitsverlauf wichtige Informationen. So spricht z.B. bei akuter Hepatitis auf Grund der längeren Halbwertszeit der ALT gegenüber der AST ein abnehmender Quotient AST/ALT für das Abklingen der Hepatitis.

Schwere der Einzelzellschädigung

Sie wird an der Relation Struktur-gebundener zu zytoplasmatisch gelösten Enzymen erkannt (Tab. 1.1-6 – Enzymmuster bei akuter schwerer Organschädigung mit Zellnekrose). Bei leichteren Schäden werden Enzyme des Zytoplasmas freigesetzt, z.B. ALT, zytoplasmatische AST. Durch schwere Schädigung mit Zellnekrose gehen auch mitochondriale Enzyme wie AST und die GLDH ins Plasma über.

Bei Lebererkrankungen sind die Quotienten AST/ALT und (AST + ALT)/GLDH ein Maß der Einzelzellschädigung. Ein Wert von AST/ALT über 1 oder des Quotienten (AST + ALT)/GLDH unter 20 weisen jeweils auf eine akute schwere Leberzellschädigung hin. Das Enzymmuster im Serum gleicht bei akuter Zellschädigung dem des Herkunftsgewebes.

Ausdehnung des Zellschadens

Die Höhe der Enzymaktivität und das Integral unter der Aktivitäts-Zeit-Kurve, bestimmt durch 2–3-malige Messung in 24 Std. über mehrere Tage korrelieren mit der Menge des akut geschädigten Gewebes. Hohe Enzymanstiege sprechen für die Schädigung großer Organe, z.B. Leber, Skelettmuskulatur.

Diagnose der Erkrankung

Bei Patienten mit vieldeutiger akuter klinischer Symptomatik kann das Enzymmuster entscheidende Hinweise zur Diagnose der Erkrankung geben. Wird z.B. bei Schmerzen im Thorax und/oder Abdomen das Muster CK, AST, ALT, Lipase bestimmt, so schließt während des diagnostischen Zeitfensters von 3–12 h eine normal bleibende CK den Herzinfarkt, eine normale ALT die akute Lebererkrankung und eine normale Lipase die Pankreatitis mit hoher Wahrscheinlichkeit aus.

Differentialdiagnostik der Krankheit eines Organs

Beurteilt werden die Serumwerte von Enzymen, die nur in definierten Strukturen oder Geweben eines Organs lokalisiert sind, in Relation zu Enzymen, die in etwa gleicher Aktivität in allen Zellen des Organs vorkommen: Bei Lebererkrankungen, z.B. das Verhalten von GGT, AP oder GLDH in Bezug auf die Aminotransferasen. Durch Quotienten-Bildung können folgende akute Lebererkrankungen differenziert werden:

  • GGT/AST: Unterscheidung der akuten Alkohol-toxischen Hepatitis (> 6) von der akuten Virushepatitis (< 1).
  • AST/ALT: Differenzierung des frischen Verschlussikterus (< 1) von der chronisch aktiven Hepatitis (> 1).

1.1.3 Enzyme in der Differentialdiagnostik akuter Erkrankungen

In Akutsituationen gibt das Enzymmuster aus Aminotranferasen, CK, α-Amylase/Lipase, AP und GGT Auskunft über das Vorliegen wichtiger Organerkrankungen. Einige Beispiele sind nachfolgend aufgeführt.

1.1.3.1 Differentialdiagnostik bei akutem Thorax- und Abdominalschmerz

Enzymmuster bei akutem Schmerz in Thorax zur differentialdiagnostische Abklärung zeigt Tab. 1.1-7 – Enzymmuster bei akutem Schmerz im Thorax oder Abdomen.

1.1.3.2 Enzymmuster bei Lebererkrankungen

Die Enzymmuster bei akuten und chronischen Lebererkrankungen sind aufgeführt in Tab. 1.1-8 – Enzymmuster bei akuten Lebererkrankungen.

1.1.3.3 Enzymwerte bei Intensivpatienten

Multimorbide Kranke und solche mit Sepsis, Pneumonie, Peritonitis, akuter Pankreatitis, postoperativen oder posttraumatischen Zuständen, schwerwiegenden gastrointestinalen Komplikationen, kardialen Erkrankungen mit Pumpversagen des Herzens, anhaltenden Schockzuständen oder mit hämatologischen Erkrankungen, können trotz primärer Leber- und Pankreasgesundheit veränderte Enzymaktivitäten dieser Herkunftsorgane aufweisen. Ursache ist häufig eine mangelnde Perfusion dieser Organe (Tab. 1.1-9 – Median der Maximalwerte 100 kritisch Kranker ohne primäre Leberkrankheit, aber mit Bilirubinwerten > 3 mg/dl (51 μmol/l)).

Das Sterberisiko kritisch Kranker ist mit der Präsenz von erhöhten Leberwerten bei Aufnahme auf die Intensivstation korreliert. So haben Patienten, die bei Aufnahme eine Erhöhung von ALT, GGT oder AP bis zweifach des oberen Referenbereichwerts haben eine geringere Überlebenschance innerhalb von 30 Tagen (mittlere Odds ratios 2,7, 2,8, 3,9) als diejenigen ohne pathologische Werte. Episoden künstlicher Beatmung oder Hämofiltration führen nach drei Tagen zu einer pathologischen ALT (mittlere Odds ratio 2,7) /26/.

1.1.3.4 Enzymwerte bei operativen Eingriffen

Betroffen sind vorwiegend die Muskelenzyme, in zweiter Linie die Leberenzyme (Tab. 1.1-10 – Häufigkeit erhöhter Enzymwerte nach Abdominaloperation). Bei komplikationslosen Eingriffen wird die maximale Enzymaktivität nach 24–36 h erreicht. Die Höhe der Aktivität und die Dauer der Enzymerhöhung sind abhängig von Art und Ausmaß des Eingriffs.

Bei komplikationslosem Verlauf erfolgt die Normalisierung innerhalb 1 Woche. Bei abdominalen Eingriffen wurden in 76 % der Fälle Erhöhungen der CK und zu 50 % der AST gemessen. Bei der CK betrugen die Erhöhungen bis zum siebenfachen des oberen Referenzbereichswertes (Median 2,1 fach) bei der AST bis zum 3,5 fachen (Median 1,2 fach) /27/.

1.1.3.5 Enzyme bei zerebralen Krampfanfällen

Bei grand mal-Anfällen kommt es regelmäßig zur Erhöhung der CK. Die Aktivität beträgt bis zum 6 fachen des oberen Referenzbereichswertes beim idiopathischen grand mal-Anfall, deutlich höhere Werte werden beim grand mal Anfall nach Alkoholentzug beobachtet und um das 50–100 fache erhöhte Werte im Status epilepticus. Die Maximalwerte werden innerhalb von 1–3 Tagen erreicht, der Abfall in den Referenzbereich nach 4–10 Tagen. Nach Status epilepticus erfolgt der Aktivitätsverlauf von CK, LDH und AST dem Herzinfarkt-Muster, auch die ALT kann erhöht sein. Patienten mit idiopathischem grand mal Anfall haben kein einheitliches Enzymmuster /28/. Von den Isoenzymen der CK zeigen die CK-MB und die CK-BB keine pathologischen Werte.

1.1.3.6 Enzyme bei Krebserkrankungen

Erhöhte Enzymaktivitäten im Serum werden bei Tumorerkrankungen in Abhängigkeit vom Tumorstadium gemessen. Die Enzyme sind jedoch ungeeignet zum Screening für maligne Tumoren. Erhöht sein können Organ-spezifische Enzyme wie die GGT oder die sogenannten ubiquitären Enzyme /29/. Es handelt sich bei den Letzteren um die große Gruppe der glykolytischen Enzyme wie z.B. die LDH. Sie sind in den Metabolismus der Zelle involviert und ubiquitär in allen Organen. Bei Tumorerkrankungen auftretende Enzymerhöhungen können beruhen auf:

  • Vermehrter Synthese durch den Tumor wie z.B. AP bei osteogenen Tumoren.
  • Der Blockierung von Gangsystemen, z.B. Erhöhung der AP durch Regurgitation des Enzyms in das Blut, z.B. durch Verlegung der Gallenwege beim metastatischen Leberzellkarzinom.
  • Induktion des Enzyms durch den Tumor, z.B. AP und GGT beim metastatischen Leberzellkarzinom.
  • Änderung der Zellpermeabilität der Tumorzelle mit Leakage des Enzyms in die Zirkulation, z.B. der sauren Phosphatase beim Prostatakarzinom.

Das Verhalten von Enzymen bei Karzinompatienten ist dargestellt in Tab. 1.1-11 – Enzyme bei malignen Erkrankungen.

1.1.4 Einflussgrößen und Störfaktoren

Erhöhte oder erniedrigte Enzymaktivitäten können durch Einflussgrößen und Störfaktoren auf den jeweiligen Test bedingt sein /24/. Einflussgrößen führen in vivo, also schon vor der Blutentnahme, zu Veränderungen der Enzymaktivität im Serum, Störfaktoren ändern das Ergebnis in vitro (Tab. 1.1-12 – Einflussgrößen und Störfaktoren auf Enzyme im Serum).

1.1.4.1 Einflussgrößen

Wichtige Einflussgrößen, die zu Veränderungen der Enzymaktivität führen, sind diagnostische und therapeutische Maßnahmen, Nahrungsaufnahme, Alkohol, körperliche Belastung, Schwangerschaft, Körperlage und Technik der Stauung bei der Blutentnahme sowie posttranslationale Veränderungen des Enzyms, z.B. die Bildung von Makroenzymen.

Nahrungsaufnahme

Zwei Stunden nach einem reichlichen Mittagessen kann es gegenüber dem Ausgangswert zu einem Anstieg der ALT um 10 % und der AST um 20 % kommen, sowie zu einem stärkeren Anstieg der AP. Letzterer ist besonders ausgeprägt bei Personen der Blutgruppen 0 und B und Lewis positiv.

Blutentnahmebedingungen

Körperlage und Technik der Stauung sind von klinischer Bedeutung auf die Enzymwerte. Bei Blutentnahme in sitzender Körperhaltung nach vorherigem, mindestens 15-minütigen Sitzen (Praxisalltag), sind die Enzymwerte 5–10 % höher. Mehr als zweiminütiges Stauen hat den gleichen Effekt, so dass die Addition beider Einflussgrößen eine Aktivitätserhöhung um 10–20 % bewirken kann /32/. Eine sechs-minütige Blutstauung bewirkt den Anstieg von AP, ALT, CK, GGT und LDH um 8–10 % /33/.

Intraindividuelle Variation

Signifikante tageszeitliche Änderungen der Serumenzyme von klinischer Relevanz sind bisher nicht gefunden worden.

Für die intraindividuelle Varianz innerhalb von 6 Monaten wurden in einer Studie /34/ folgende VK-Werte ermittelt: CK 22,8 %, ALT 30 %, AST 12,2 %, LDH 10,3 %, GGT 12,9 %, AP 7,4 %.

Altersabhängigkeit

Folgende Altersabhängigkeiten sind für einzelne Enzyme beschrieben /35/:

  • Die AP ist bei Kindern und Jugendlichen etwa 3 fach höher als bei Erwachsenen und nimmt bei Frauen postmenopausal leicht zu.
  • Die ALT nimmt bei Männern im Alter ab, bei Frauen bleibt sie konstant.
  • Die AST nimmt im Alter zu, besonders bei Frauen.
  • Die CK fällt bei Männern im Alter deutlich ab.

Körperliche Belastung

Durch Muskelarbeit steigen bevorzugt die Aktivitäten von CK, AST und LDH an. Höhe, Dauer und Häufigkeit des Anstiegs sind abhängig vom Trainingszustand. Der Anstieg verläuft nach dem Muster CK > AST > LDH, die Normalisierung erfolgt gewöhnlich innerhalb von einer Woche /36/.

Bei Bodybuildern sind z.B. 5 fach erhöhte CK und 2 fach erhöhte AST-Werte beschrieben. Ein weiterer ALT-Anstieg tritt bei Anabolika Einnahme auf.

Während eines Ultra-Langstreckenlaufs von jeweils 50 km täglich über 20 Tage kommt es am 3. Tag bei Athleten zu einem mittleren Anstieg der CK auf das 20 fache, der CK-MB auf das 2 fache und der AST auf das 3 fache des oberen Referenzbereichswerts. Danach fallen bis zum Ende des Laufes die Werte der CK auf das 8 fache ab und CK-MB und AST kehren in den Referenzbereich zurück /37/.

Ernährung

Die Aminotransferasen können sowohl nach längerem Fasten als auch durch hohe Proteinzufuhr ansteigen. Die LDH kann nach fettreicher Kost zu- und nach fettarmer Kost abnehmen. Personen der Blutgruppen 0 und B und Lewis-Antigen positiv haben nach fettreichen Mahlzeiten einen deutlichen AP-Anstieg, bedingt durch die ausgeprägte Zunahme der intestinalen AP.

Schwangerschaft und Ovulationshemmer

Arbeitende Schwangere können einen Anstieg der CK, insbesondere der CK-BB haben. Orale Kontrazeptiva in den Dosierungen der Mikropille führen gewöhnlich nicht zu einem Enzymanstieg. Enzyminduktion wurde beschrieben für die AP und GGT, wenn die Mikropille Ethinylestradiol enthält /38/.

Alkohol

In Abhängigkeit von der konsumierten Menge und der Dauer führt Alkohol zur Erhöhung der GGT, und bei hinzukommender Leberschädigung auch von ALT, AST und GLDH. Der Anstieg kann erheblich sein, wenn der Alkoholgenuss bei oder nach körperlicher Anstrengung erfolgt. Die Enzymanstiege bei Alkoholismus verlaufen nach dem Muster GGT > AST, ALT > GLDH.

Medikamente

Medikamente können durch Enzyminduktion oder Ge­webeschädigung Erhöhungen bewirken (Tab. 1.1-13 – Pharmaka als Einflussgröße auf Enzymaktivitäten).

1.1.4.2 Störfaktoren

Wesentliche Störfaktoren, die eine Veränderung der Enzymaktivität verursachen können, sind Pharmaka, Hämolyse, Hyperbilirubinämie, Hyperlipidämie, Metaboliten der Probe und Antikoagulantien.

Metabolit-bedingte Störungen

Pyruvatkonzentrationen der Probe über 1.100 μmol/l hemmen den optischen Test durch Verbrauch von NADH2 im Vorinkubationsschritt /39/. Falsch-normale Aktivitäten von AST, ALT und GLDH werden gemessen. Das Pyruvat tritt aus den Erythrozyten in das Serum über, wenn die Abtrennung der Erythrozyten erst nach vielen Stunden erfolgt.

Pharmaka

Der Einfluss von Pharmaka in vitro auf kinetische Enzymbestimmungen ist gering. Eine detaillierte Literaturzusammenfassung ist bei Lit. /40, 41, 42/ gegeben.

Hyperbilirubinämie

Stört gewöhnlich kinetische Enzymbestimmungen nicht. In einer Studie /43/, in der Proben eine Konzentration an Bilirubin von 29,2 mg/dl (500 μmol/l) hatten, wurden AP, ALT, AST, α-Amylase, CK, GGT und LDH an 16 Analyse-Systemen bestimmt. An drei Analyse-Systemen war die Messung der AST gestört, an zwei die der ALT und an einem die LDH.

Hämolyse

Stört in Abhängigkeit von der Konzentration kinetische Enzymbestimmungen. In einer Studie /43/, in der Proben eine Konzentration an freiem Hämoglobin von 2,4 g/l (240 μmol/l) hatten, wurden an 16 klinisch-chemischen Analyse-Systemen bestimmt: AP, α-Amylase, CK, GGT. Gestört wurde die Messung der AP an 8, der CK an 9 und der GGT an 3 Analysensystemen.

Hypertriglyzeridämie

Stört kinetische Enzymbestimmungen an mechanisierten Analysesystemen bis zu einer Konzentration von 610 mg/dl (700 μmol/l) gewöhnlich nicht /43/.

Antikoagulantien in diagnostischen Proben

Alle Enzymbestimmungen können im Serum und im mit Heparin antikoagulierten Plasma erfolgen. Im EDTA-Plasma ist auch die Bestimmung von ALT, AST, CK, GLDH und LDH möglich. Citrat-Plasma sollte zur Enzymbestimmung nicht verwendet werden, da nur ungenügende Untersuchungen über Störfaktoren vorliegen /44/.

Enzymstabilität bei Lagerung /45/

In den vom Blutkuchen getrennten Seren sind AP, α-Amylase, ALT, AST, CK, CHE, GGT und LDH für mindestens 4 Tage bei 9 °C stabil, bei 20 °C sind es bis zu 3 Tage für AP, α-Amylase, ALT, AST und CHE.

Literatur

1. Schmidt E, Schmidt FW. Enzyme release. J Clin Chem Clin Biochem 1987; 25: 525–40.

2. Moss DW. Nomenclature and units in enzymology. In: Bergmeyer HU, ed. Methods in enzymology, vol 1. Weinheim, VCH 1981: 7–21.

3. Haar HP, Netheler H, Ziegenhorn J. Absorption photometry, nephelometry, turbidimetry. In: Bergmeyer HU, ed. Methods in enzymology, vol 1. Weinheim, VCH 1981: 280–305.

4. IFCC primary reference procedures for the measurement of catalytic activity concentrations of enzymes at 37 °C. Part 1–7. Clin Chem Lab Med 2002; 40: 631–745.

5. IUPAC-IUB Commission on Biochemical Nomenclature. Nomenclature of Multiple Forms of Enzymes. Recommendations 1976. J Biol Chem 1977; 252: 5939–41.

6. Remaley AT, Wilding P. Macroenzymes: Biochemical characterization, clinical significance, and laboratory detection. Clin Chem 1989; 35: 2261–70.

7. Sturk A, Sanders GTB. Macroenzymes: prevalence, composition, detection and clinical relevance. J Clin Chem Clin Biochem 1990; 28: 65–81.

8. Kiechle FL, Quattrociocci-Longe TM, Brinton D, Gordon S, Sykes E, Elkhalifa MY. Autoantibodies to specific enzymes: a review. Ann Clin Lab Sci 1996; 26: 195–207.

9. Wenham PR, Chapman B, Smith AF. Two macromolecular complexes between alkaline phosphatase and immunoglobulin A in a patient’s serum. Clin Chem 1983; 29: 1845–9.

10. Mifflin E, Bruns DE. University of Virginia Case Conference. Macroamylase, macro creatine kinase, and other macroenzymes. Clin Chem 1985; 31: 1743–8.

11. Zaman Z, van Orshoven A, Marien G, Fevery J, Blanckaert N. Simultaneous macroamylasemia and macrolipasemia. Clin Chem 1994; 40: 939–42.

12. Stasia MJ, Suria A, Renversez JC, Pene F, Morel-Fermiez A, Morel F. Aspartate aminotransferase macroenzyme complex in serum identified and characterized. Clin Chem 1994; 40: 1340–3.

13. Krishnamurthy S, Korenblat KM, Scott MG. Persistent increase in aspartate aminotransferase in an asymptomatic patient. Clin Chem 2009; 55: 1573–7.

14. Tameda M, Shiraki K, Ooi K, Takase K, Kosaka Y, Nobori T, et al. Aspartate aminotransferase-immunoglobulin complexes in patients with chronic liver disease. World J Gastroenterol 2005; 11: 1529–31.

15. Caropreso M, Fortunato G, Lenta S, Palmieri D, Esposito M, Vitale DF, et al. Prevalence and long-term course of macro-aspartate aminotransferase in children. J Pediatr 2009; 154: 744–8.

16. Laureys M, Sion JP, Slabbynck H, Steenssens L, Cobbaert C, Derde MB, et al. Macromolecular creatine kinase type 1: a serum marker associated with disease. Clin Chem 1991; 37: 430–4.

17. Davidson DF, Scott JG. Detection of creatine kinase isoenzymes. Ann Clin Biochem 2012; 49: 482–5.

18. Wenham PR, Horn DB, Smith AF. Multiple forms of γ-glutamyltransferase: a clinical study. Clin Chem 1985; 31: 569–73.

19. Nemesanszky E, Lott AJ. Gamma-glutamyltransferase and its isoenzymes: progress and problems. Clin Chem 1985; 31: 797–803.

20. Klonoff DC. Macroamylasemia and other immunoglobulin-complex disorders. West J Med 1980; 133: 392–407.

21. Weijers RNM, Mulder J, Kruijswijk H. Partial characterization, properties and clinical significance of a lactate dehydrogenase immunoglobulin A kappa complex in serum. Clin Chem 1983; 29: 272–8.

22. Bode C, Riederer J, Brauner B, Bode JC. Macrolipasemia: a rare case of persistently elevated serum lipase. Am J Gastroenterol 1990; 85: 412–6.

23. Frank B, Gottlieb K. Amylase normal, lipase elevated: is it pancreatitis? A case series and review of the literature. Am J Gastroenterol 1999; 94: 463–9.

24. Schmidt E, Schmidt FW. Enzym-Muster. Diagnostik 1975; 8: 427–32.

25. Kleinberger G. Leberfunktionsstörungen und Leberschäden bei kritisch kranken Intensivpatienten. Leber, Magen, Darm 1985; 15: 175–7.

26. Thomson SJ, Cowan ML, Johnston I, Musa S, Grounds M, Rahman TM. Liver function tests on the intensive care unit: a prospective, observational study. Intensive Care Med 2009; 35: 1406–11.

27. Krafft J, Fink R, Rosalki SB. Serum enzymes and isoenzymes after surgery. Ann Clin Biochem 1977; 14: 294–6.

28. Matz DR, Rolf LH, Brune GG. Serumenzymmuster bei cerebralen Krampfanfällen. Nervenarzt 1977; 48: 632–5.

29. Schwartz MK. Enzymes in cancer. Clin Chem 1973; 19: 10–22.

30. Kobayashi M, Suzuki F, Akuta N, Suzuki Y, Sezaki H, Yatsuji H, et al. Development of hepatocellular carcinoma in elderly patients with chronic hepatitis C with or without elevated aspartate and alanine aminotransferase levels. Scand J Gastroenterol 2009; 44: 975–83.

31. Adolph L. Ursachen unerwarteter Enzymaktivitäten. Diagnostik und Intensivmedizin 1985; 10: 4–14.

32. Röcker L, Schmidt HM, Junge B, Hoffmeister H. Orthostase-bedingte Fehler bei Laboratoriumsbefunden. Med Labor 1975; 28: 267–75.

33. Junge B, Hoffmeister H, Feddersen HM, Röcker L. Standardisierung der Blutentnahme. Dtsch Med Wschr 1978; 103: 260–5.

34. Costongs GMPJ, Jason PCW, Bas BM, Hermans J, van Wersch JWJ, Brombacher PJ. Short-term and long-term intra-individual variations and critical differences of clinical chemical laboratory parameters. J Clin Chem Clin Biochem 1985; 23: 7–16.

35. Rochman H. Clinical pathology in the elderly. Basel: Karger, 1988: 6–16.

36. Stansbie D, Begley JP. Biochemical consequences of exercise. JIFCC 1991; 3: 87–92.

37. Raschka C, Plath M, Groeneveld M. Das Serumenzymverhalten während der Extrembelastung eines Ultralangstreckenlaufs. Herz/Kreisl 1995; 27: 298–306.

38. Calic R, Straus B, Cepelak I. Changes of activities of some transferases, alkaline phosphatase and cholinesterase in the blood of women using oral contraceptives and in vitro influence of these agents on tissular enzyme levels in rat liver. Z Med Lab Diagn 1989; 30: 375–83.

39. Herbertz G. Störungen von Enzymaktivitätsbestimmungen im optischen Test durch völligen Verbrauch des NADH während Vorinkubation. Lab Med 1981; 5: 240–4.

40. Salway JG. Drug-test interactions handbook. London: Chapman and Hall, 1990.

41. Tryding N, Tufvesson C, Sonntag O, eds. Drug effects in clinical chemistry 1996. Stockholm: Swedish Society for Clinical Chemistry, 1996.

42. Young, DS. Effects of drugs on clinical laboratory tests, 3rd ed. Washington: AACC Press, 1990.

43. Grafmeyer D, Bondon M, Manchon M, Levillain P. The influence of bilirubin, haemolysis and turbidity on 20 analytical tests performed on automatic analyzers. Eur J Clin Chem Clin Biochem 1995; 33: 31–52.

44. Use of anticoagulants in diagnostic laboratory investigations. WHO/DIL/LAB/99.1 Rev 2; 2002

45. Heins M, Heil W, Withold W. Storage of serum or whole blood samples? Effects of time and temperature on 22 serum analytes. Eur J Clin Chem Clin Biochem 1995; 33: 231–8.

46. Tardon NG, Abbes AP, Gerrits A, Slingerland J, den Besten G. Laboratory parameters as predictors of mortality in COVID-19 patients on hospital admission. J Lab Med 2020; 44 (6): 357–9.

1.2 Diagnostik bei erhöhten Leberenzymen

Lothar Thomas

Erhöhte Leberenzyme können durch eine Vielzahl von Ursachen und Faktoren bedingt sein. Anamnese, klinische Untersuchungen mit Oberbauchsonographie und labordiagnostische Befunde ermöglichen in der Regel die Diagnostik der vorliegenden Erkrankung.

Die Laborbefunde erlauben neben der Diagnosestellung eine Beurteilung der Hepatopathie in akut und chronisch, die Schätzung des Schweregrades, Hilfestellung bei der Ätiologieabklärung, eine prognostische Aussage sowie das Monitoring der Therapie.

1.2.1 Leber-assoziierte Basisdiagnostik

Wichtige Basisuntersuchungen, deren Konstellation in Zusammenhang mit der Anamnese in viele Fällen schon primär eine Richtung anzeigen, sind /1/:

  • Die Aminotransferasen ALT und AST. Erhöhte Werte weisen etwa 8 % der Normalbevölkerung auf. Erhöhungen sprechen für eine Leberentzündung (z.B. Virushepatitis, autoimmune Hepatitis) oder weisen auf eine asymptomatische Lebererkrankung hin. Aufgrund der Zunahme von Fettlebererkrankungen hat die Häufigkeit erhöhter Aminotransferasen in den letzten Jahren zugenommen. Werte im Referenzbereich schließen eine Lebererkrankung nicht aus, insbesondere nicht bei Fettlebererkrankung oder chronischer Infektion mit Hepatitisviren. Die Aminotransferasen sind nicht nur ein Indikator für Lebererkrankungen, sondern auch ein Marker des allgemeinen Risikos von Morbidität und Mortalität.
  • Die γ-Glutamyl-Transferase (GGT). Sie ist ein cholestatischer und metabolischer Parameter und erhöht bei alkoholischer oder nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung. Patienten mit erhöhter GGT haben auch das Risiko einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität.
  • Die alkalische Phosphatase (AP), sie ist ein Marker der Cholestase, z.B. primäre biliäre Zirrhose, primär sklerosierende Cholangitis.
  • Bei Erhöhung der Aminotransferasen und Verdacht auf eine Virushepatitis ist die Hepatitis-Serologie (HBsAg und anti-HBc) ein Bestandteil der Basisdiagnostik.
  • Zur Abschätzung des Gewebeschadens bei akuten schweren Lebererkrankungen haben die Glutamat-Dehydrogenase (GLDH) und der Bilirubinwert eine Bedeutung. Der GLDH-Wert gibt aber nur eine begrenzte Auskunft über das Ausmaß der Gewebeschädigung und zur Prognose.

1.2.2 Erfassung extrahepatischer Faktoren

Die Enzyme der Basisdiagnostik können auch bei hepatischen Begleitreaktion im Rahmen von extrahepatischen und systemischen Erkrankungen erhöht sein. Das kann z.B. der Fall sein bei Pankreatitis, exogen-toxischen, exogen-allergischen, autoimmunen, vaskulären und metabolischen Erkrankungen.

Laboruntersuchungen: Blutbild, Albumin, Serumprotein-Elektrophorese, Cholesterin, Triglyceride, HbA1c, Ferritin /1/.

1.2.3 Ergänzende Differenzierung /1/

Ergeben Basisuntersuchungen den Hinweis auf eine Lebererkrankung, sind weiterführende Laboruntersuchungen zur Differenzierung erforderlich.

Laboruntersuchungen: HBsAg, anti-HCV, IgG, IgA, IgM, ANA, AMA, SMA, LKM-Ak, SLA, pANCA (siehe Tab. 25.2-1 – Immunfluoreszenzmuster an HEp2-Zellen; assoziierte Antigene und Krankheiten), Coeruloplasmin, Cu im 24 h-Urin, HFE-Mutation, α1-Antitrypsin-Genotyp.

1.2.4 Chronische Lebererkrankungen

Chronische Lebererkrankungen verlaufen in der Regel asymptomatisch. Die Erhöhung der ALT und der GGT sind moderat und betragen das 2–5 fache des oberen Referenzbereichswerts. Differentialdiagnostisch beachtet werden muss, dass die ALT-Erhöhung nach Untersuchungen in den USA 8 % in der Normalbevölkerung beträgt und zu 70 % primär unklar ist. Wesentliche Ursache scheint die Fettleber in Form der nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH) bei Adipositas und dem metabolischen Syndrom und nicht die Nicht-alkoholische Fettleber (NAFL) zu sein /2/.

Wesentliche Merkmale der chronischen Lebererkrankungen sind Inflammation und Fibrose. Die Stadieneinteilung basiert auf einer Beurteilung der progredienten Ablagerung von fibrotischer extrazellulärer Matrix (ECM), auch als Fibrogenese bezeichnet. Die qualitative Zusammensetzung der ECM (verschiedene Kollagentypen, Proteoglykane, strukturelle Glykoproteine, Hyaluronsäure) und ihre räumliche Verteilung in der Leber unterliegen einer erheblichen Variation.

Zusätzlich wird das Stadium durch kompensatorische regenerative Prozesse mit Veränderung der anatomischen Struktur bestimmt.

Die Leberbiopsie ist der Goldstandard zur Einschätzung der Fibrose. Hinweise auf den fibrotischen Umbau geben auch Laboruntersuchungen (Anstieg des De Ritis-Quotienen, Thrombozytopenie, Hypergammaglobulinämie, Cytokeratin-18-Fragmente). Da die Aussagekraft der Einzelparameter gering ist, wurden Scores für das Fibrose-Staging entwickelt (Tab. 1.2-1 – Bewertung des diagnostischen Vermögens von Scores bei akutem Nierenversagen und akutem Leberversagen).

Fettleber

Unterschieden von der alkoholischen Fettleber werden:

  • Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD).
  • Nicht-alkoholische Fettleber (NAFL) eine benigne Form der NAFLD.
  • Nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH). Die NASH ist charakterisiert durch eine mikrovaskuläre Steatose, die Vergrößerung der Hepatozyten mit Einlagerung von Fetttröpfchen und die lobuläre oder portale Inflammation mit oder ohne Fibrose.

Leberzirrhose

Die Leberzirrhose ist die über Jahre bis Jahrzehnte progredient verlaufende Endstrecke vieler chronischer Lebererkrankungen /3/. Es besteht ein knotiger Parenchymumbau mit fibröser Septierung eine Infiltration von Entzündungszellen und eine Veränderung des Gefäßbettes. Die Progression der Leberzirrhose wird von ihrer Ätiologie bestimmt. Wesentliche Ursachen sind die alkoholische und nicht-alkoholische Fettlebererkrankung, die Hepatitis B, die Hepatitis C und die Kombination von Hepatitis C und Alkoholabusus. Mit zunehmenden Strukturänderungen des Organs kommt es zum Verlust der Funktion und zum portalen Hypertonus. Auf Grund einer vaskulären Dysfunktion werden verstärkt vasokonstriktorische Hormone ausgeschüttet. Drohende Komplikationen sind: Intestinale Blutung, Ascites, Enzephalopathie und das hepatozelluläre Karzinom /5/.

Hepatozelluläres Karzinom (HCC)

Die Mehrzahl der hepatozellulären Karzinome entstehen auf dem Boden einer Zirrhose. Das Karzinomrisiko ist von der vorliegenden Lebererkrankung abhängig und beträgt /3/:

  • Bei chronischer Hepatitis B mit einer Viruslast > 107 Kopien/ml 19,8 % in 13 J.
  • Bei der Autoimmunhepatitis 2,9 % in 10 J.

Labordiagnostik

Befunde bei der alkoholischen Fettleber sind stärkere Erhöhungen der GGT als der ALT. Bei der NASH mit Enzymerhöhung sind die Verhältnisse umgekehrt. Die NAFL zeigt in der Regel keine Erhöhung der Leberenzyme. Befunde bei chronischer Lebererkrankung mit Übergang zur Leberzirrhose sind gering erhöhte Aminotransferasen, Hypoalbuminämie, Thromboplastinzeit-Verlängerung, Verminderung der Cholinesterase, Hyperbilirubinämie. Zeichen der fortgeschrittenen Lebererkrankung mit Übergang in die Zirrhose ist die Thrombozytopenie.

Die Cytokeratin-18-Fragmente (CK-18) sind ein im Serum bestimmbarer Fibrosemarker der NASH. So hatten in einer Studie /4/ Kontrollpersonen CK-18-Werte von im Mittel 145 U/l (25. bis 75. Perzentile 126–190) und Patienten mit NASH von 244 U/l (161–427). Das Risiko einer NASH, ausgedrückt als Odds-Ratio nahm mit jeder Erhöhung um 50 U/l um 30 % zu.

1.2.5 Scores: Leberversagen, Nicht-alkoholische Fettleber Erkrankung (NAFLD)

Das Leberversagen beruht auf einer irreversiblen chronischen Lebererkrankung oder dem akuten Leberversagen. Die Lebertransplantation ist die einzige kausale Therapie /6/.

Chronische Erkrankungen als Ursache des Leberversagens sind: Alkohol-toxische Leberzirrhose, virale und autoimmune Hepatitiden, cholestatische Lebererkrankungen, Malignome, Stoffwechselerkrankungen und genetische Erkrankungen (M. Wilson, Hämochromatose, α1-Antitrypsinmangel, Harnstoffzyklus-Störungen, Speicherkrankheiten).

Das akute Leberversagen ist potentiell reversibel. Die wesentlichen Ursachen sind die akute Paracetamol-Intoxikation und die akute Hepatitis B-Infektion. Zur prognostische Einschätzung und Selektion der Patienten mit irreversiblen Leberversagen ist die Lebertransplantation die Behandlungsoption. Zur Indikation gibt es Scoring-Systeme (Tab. 1.2-1 – Bewertung des diagnostischen Vermögens von Scores beim akuten Nierenversagen und akutem Leberversagen).

Zur Regelung der Organvergabe wurde in der Region von Eurotransplant der Model for Endstage Liver Disease (MELD)-Score etabliert. Er basiert auf der Bestimmung von Bilirubin und Creatinin im Serum und der International Ratio (INR) durch Bestimmung im Citratblut.

MELD/PELD-Score /7/

Der Model for Endstage Liver Disease (MELD) Score für Erwachsene und der Pediatric Endstage Liver Disease (PELD) Score für Kinder sind ein Maß für die Dringlichkeit einer Lebertransplantation. Die Schätzung der Dreimonatsmortalität im Endstadium einer chronischen Lebererkrankung ist möglich. Das multivariable Modell (MELD 3.0) zeichnet sich aus durch (1) zusätzliche Variable wie weibliches Geschlecht und die Konzentration von Albumin, (2) Interaktion von Bilirubin und Natrium und zwischen Albumin und Creatinin und (3) eine obere Grenze für Creatinin bei 3.0 mg/dl. MELD 3.0 hat eine verbesserte Diskrimination.

Der Pädiatrische End-stage Liver Disease (PELD) Score für Kinder ist ein Kriterium der Dringlichkeit für eine orthoptische Lebertransplantation, denn auch mit dem PELD wie mit dem MELD wird die Wahrscheinlichkeit des Versterbens innerhalb der folgenden 3 Monate bestimmt.

Berechnung des MELD Score und des MELD 3.0 Score

MELD = 10 × (0,957 Loge serum creatinine [mg/dL]) + 0,378 × Loge (total Bilirubin [mg/dL]) + 1,12 × Loge (INR) + 0,643

MELD 3.0 = 1,33 (wenn weibl.) + [4,56 × Loge [Total-Bilirubin [mg/dL) + (0,82 × (137-Na)] – [0,24 × (137-Na) × Loge (Total-Bilirubin)] Loge + [9,09 + Loge (INR)] + [11,14 × Loge (Creatinin) + [1,85 × (3,5-Albumin) – [1,83 × (3,5-Albumin) × Loge (Creatinin)] + 6

Berechnung des PELD Score

Score = [0,436 × Alter] – [0,687 Loge Albumin (g/dL)] + [0,48 × Loge Total-Bilirubin (mg/dL)] + [1,857 × Loge INR] + [0,667 × Wachstumsverzögerung (< 2 SD)]

Loge = Logarithmus naturalis, Bilirubin = mg/dL, Creatinin = mg/dL, Albumin= g/L, Natrium = mmol/L. Ist beim MELD score, Creatinin ≤ 1 mg/dL, wird der Wert von 1 eingesetzt.

Bewertung des MELD Score: Die Scores betragen 6 bis 40, je höher der Score, um so höher die Wahrscheinlichkeit ohne Transplantation in den nächsten 3 Monaten zu versterben.

Bewertung des MELD 3.0 Score: Die Scores betragen 13 bis 26, je höher der Score, um so höher die Wahrscheinlichkeit ohne Transplantation in den nächsten 3 Monaten zu versterben /56/.

Bewertung des MELD Score: Die Bewertung des Scores und die Prognose nach Transplantation zeigt Tab. 1.2-3 – Mortalitätsrate (%) innerhalb von 3 Monaten als eine Funktion des MELD Score. Zur Bewertung des PELD Score wird dieser in den MELD Score transformiert nach einer Gleichung /7/.

Prognose des Paracetamol-Leberschadens /8/

Tägliche Bestimmung von α-Fetoprotein (AFP) ab dem Zeitpunkt, an dem die ALT den Wert von 1.000 U/l überschritten hat, für 7 Tage. Überlebende zeigen einen AFP-Anstieg im Median am Tag 1, Nicht-Überlebende erst nach 4,1 Tagen. Überschreitet AFP am Tag 1 nicht 3,9 μg/l, so identifiziert dies Nicht-Überleben (diagnostische Sensitivität 100 %, bei einer Spezifität von 74 %, positiver prädiktiver Wert 45 %, negativer prädiktiver Wert 100 %).

Non-alcoholic fatty liver disease (NAFLD) fibrosis score

Die NAFLD und insbesondere die NASH sind klinisch relevante Krankheitsbilder, die einer strukturierten Diagnose, Kontrolle und einer effektiven Intervention bedürfen. Im Algorithmus der Leitlinie wird auf Basis des NAFLD Fibrosis Score und einer Leberelastographie die Entscheidung zur Leberbiopsie getroffen. Dies besonders unter dem Aspekt, dass die Leberenzyme nicht gut mit der Entzündung oder dem Verlauf der Erkrankung korrelieren und auch in der Verlaufskontrolle nur eingeschränkt zu verwerten sind. Der NAFLD Score umfasst Alter, BMI, die Werte von ALT, AST, Thrombozytenzahl, die Albuminkonzentration und das Vorliegen eines Diabetes/Prädiabetes (impaired fasting glucose). Online Kalkulatoren sind im Internet verfügbar /910/.

Die Schwere eines Leberzellschadens kann vermittels des Child-Turcotte-Pugh Scores kalkuliert werden (Tab. 1.2-4 – Modifizierter Child-Turcotte-Pugh Score zur Beurteilung der Schweregrades einer Lebererkrankung).

1.2.6 Hepatopathien und Laborbefunde

Die Klinik und Labordiagnostik bei akuten und chronischen Hepatopathien ist aufgeführt in

Literatur

1. Berg T. Diagnostik bei erhöhten Leberwerten. Gastroenterologe 2009; 4: 557–72.

2. Ioannou GN, Boyko EJ, Lee SP. The prevalence and predictors of elevated serum aminotransferase activity in the United States in 1999–2002. Am J Gastroenterol 2006; 101: 76–82.

3. Wiegand J, Berg T. The etiology, diagnosis and prevention of liver cirrhosis. Dtsch Arztebl Int 2013; 110: 85–91. doi: 10.3238/arztebl.2013.0085.

4. Feldstein AE, Wieckowska A, Lopez AR, Liu YC, Zein NZ, McCullough AJ. Cytokeratin-18 fragment levels as noninvasive biomarkers for nonalcoholic steatohepatitis: a multicenter validation study. Hepatology 2009; 50: 1072–8.

5. Sauerbruch T, Appenrodt B, Schmitz V, Spengler U. The conservative and interventional treatment of the complications of liver cirrhosis. Dtsch Arztebl Int 2013; 110: 126–32. doi: 10.3238/arztebl.2013.0126.

6. Pascher A, Nebrig M, Neuhaus P. Irreversible liver failure: treatment by transplantation. Part 3 of a series on liver cirrhosis. Dtsch Arztebl Int 2013; 110: 167–73. doi: 103238/arztebl.2013.0167.

7. Wiesner RH, McDiarmid SV, Kamath PS, Edwards EB, Malinchoc M, Kremers WK, et al. MELD and PELD: Application of survival models to liver allocation. Liver Transplant 2001; 7: 567–80.

8. Schmidt L, Dalhoff K. Alpha-fetoprotein is a predictor of outcome in acetaminophen-induced liver Injury. Hepatology 2005; 41: 26–31.

9. Weiß J, Rau M, Geier A Non-alcoholic fatty liver disease. Dtsch Arztebl int 2014; 111: 447-52.

10. Wai CT, Greenson JK, Fontana RJ, Kalbfleisch JD, Marrero JA, Conjeevaram HS, et al. A simple noninvasive index can predict both significant fibrosis and cirrhosis in patients with chronic hepatitis C. Hepatology 2003; 38: 518–26.

11. Kleiner DE, Brunt EM, Van Natta M, Behling C, Contos MJ, Cummings OW, et al. Nonalcoholic Steatohepatitis Clinical Network. Design and validation of a histological scoring system for nonalcoholic liver disease. Hepatology 2005; 41: 1313–21.

12. Angulo P, Hui JM, Marchesi G, Bugianesi E, George J, Farrell GC, Enders F, et al. The NAFLD fibrosis score: a noninvasive systen that identifies liver fibrosis in patients with NAFLD. Hepatology 2007; 45: 846–54.

13. Lichtinghagen R, Pietsch D, Bantel H, Manns MP, Brand K, Bahr MJ. The enhanced liver fibrosis (ELF) score: normal values, influence factors and proposed cut-off values. J Hepatol 2013; 59: 236–42.

14. Rosenberg WM, Voelcker M, Thiel R, Becka M, Burt A, Schuppan D, et al. Serum markers detect the presence of liver fibrosis: a cohort study. Gastroenterology 2004; 127: 1704–13.

15. Forns X, Ampurdanes S, Llover JM; Aponte J, Quinto L, Martinez-Bauer E, et al. Identification of chronic hepatitis C in patients without hepatic fibrosis by a simple prediction model. Hepatology 2002; 36: 986–92.

16. Islam S, Antonsson L, Westin J, Lagging M. Cirrhosis in hepatitis C virus-infected patients can be excluded using an index of standard biochemical markers. Scand J Gastroenterol 2005; 40: 867–72.

17. Anand AC, Nightingale P, Neuberger JM. Early indicators of prognosis in fulminant hepatic failure: an assessment of King’s criteria. J Hepatol 1997; 26: 62–8.

18. Bernuau J, Goudeau A, Poynard T, Dubois F, Lesage G, Yvonett B, et al. Multivariate analysis of prognostic factors in fulminant hepatitis B. Hepatology 1986; 6: 648–51.

19. Freeman Jr RB, Wiesner RH, Roberts JP, McDiarmid S, Dykstra DM, Merion RM. Improving liver allocation: MELD and PELD. Amer J Transplant 2004; 4, suppl 9: 114–39.

20. Sorrell MF, Belongia EA, Costa J, Gareen IF, Grem JL, Inadomi JM, et al. National Institutes of Health Consensus Conference Statement: Management of Hepatitis B. Ann Intern Med 2009; 150: 104–10.

21. Chen CF, Lee WC, Yang HI, Chang HC, Jen CL, Iloeje UH, et al. Changes in serum levels of HBV DNA and alanine aminotransferase determine risk for hepatocellular carcinoma: Gastroenterology 2011; 141: 1240–8.

22. Ott JJ, Stevens GA, Groeger J, Wiersma ST. Global epidemiology of hepatitis B virus infection: new estimates of age-specific HBsAg serum prevalence and endemic. Vaccine 2012; 30: 2212–9.

23. Comber M, Protzer U, Petersen J, Wedemeyer H, Berg T, Jilg W, et al. Prophylaxis, diagnosis and therapy of hepatitis B virus infection. AWMF-Register-Nr: 021/11. Z Gastroenterol 2011: 49: 871–930.

24. EASL 2017 clinical practice guidelines on the management of hepatitis B virus infection. J Hepatol 2017; 67: 370–98.

25. Fettovich G. Natural history and prognosis of hepatitis B. Semin Liver Dis 2003; 23: 47–58.

26. Collin C, Lanoir D, Touzet S, Mayaud-Kraemer L, Bailly F, Trepo C and Hepatitis Group. Sensitivity and specificity of third generation hepatitis C virus assay: an analysis for the literature. J Viral Hepat 2001; 8 (2): 87–95.

27. Pawlotsky JM, Aghemo A, Back D, Dusheiko G, Forns X, Puoti M, Sarrazin C. EASL recommendations on treatment of hepatitis C. J Hepatol 2017; 66: 153–94.

28. Hofmann WP, Sarrazin C, Zeuzem S. Current standards in the treatment of chronic Hepatitis C. Dtsch Arztebl Int 2012; 109: 352–8. doi: 10.3238/arztebl.2012.0352.

29. Yang G, Vyas GH. Immunodiagnosis of viral hepatitides A to E and non-A to -E. Clin Lab Diagn Lab Immunol 1996; 3: 247–56.

30. Blümel J, Burger R, Drosten C, Gröner A, Gürtler L, Heiden M, et al. Hepatitis-E-Virus. Bundesgesundheitsblatt 2008; 51: 90–7.

31. Wirth S. Begleithepatitis bei Virusinfektionen. Dtsch Med Wschr 1995; 120: 461.

32. Krawitt EL. Autoimmune hepatitis. New Engl J Med 2006; 354: 54–66.

33. Hennes EM, Zeniya M, Czaja AJ, Pares A, Dalekos GN, Krawitt EL, et al. Simplified criteria for the diagnosis of autoimmune hepatitis. Hepatology 2008; 48: 169–76.

34. Strassburg CP. Diagnostik und Therapie: Autoimmunhepatitis, primär biliäre Zirrhose und primär sklerosierende Cholangitis. Dtsch Med Wschr 2005; 130: S202–S204.

35. Lindor KD, Gershwin EM, Poupon R, Kaplan M, Bergasa V, Heathcote EJ. AASLD Practice Guidelines. Primary biliary cirrhosis. Hepatology 2009; 49: 291–308.

36. Hirschfield GM, Liu X, Xu C, Lu Y, Walker EJ, Jing K, et al. Primary biliary cirrhosis associated with HLA, IL12A, and IL12RB2 variants. N Engl J Med 2009; 360: 2544–55.

37. Chapman R, Fevery J, Kalloo A, Nagorney DM, Boberg KM, Shneider B, et al. AASLD Practice Guidelines. Diagnosis and management of primary sclerosing cholangitis. Hepatology 2010; 51: 660–78.

38. Bergquist A, Ekbom A, Olsson R, et al. Hepatic and extrahepatic malignancies in primary sclerosing cholangitis. J Hepatol 2002; 36: 321–7.

39. Müller T, Berg T. Immunoglobulin G4-associated hepatobiliary diseases. Akt Rheumatol 2012; 37: 299–305.

40. O’Shea R, Dasarathy S, McCullough AJ, and the Practice Guideline Committee of the AASLD. Alcoholic liver disease. Hepatology 2010; 50: 307–28.

41. Fuster D, Samet JH. Alcohol use in patients with chronic liver disease. N Engl J Med 2018; 379: 1251–61.

42. Diehl AM, Day C. Cause, pathogenesis, and treatment of nonalcoholic steatohepatitis. N Engl J Med 2017; 377: 2063–72.

43. Liver forum. Baseline parameters in clinical trials for nonalcoholic steatohepatitis: Recommendations of the liver forum. Gastroenterology 2017; 153: 621–5.

44. Wiegand J, Berg T. The etiology, diagnosis and prevention of liver cirrhosis. Dtsch Arztebl Int 2013; 110: 85–91

45. Kubicka S, Manns MP. Leberzellkarzinom. Richtiges Vorgehen bei Diagnose und Therapie. Best Practice Onkologie 2008; 3: 6–19.

46. Tateishi R, Yoshida H, Matsuyama Y, Mine N, Kondo Y, Omata M. Diagnostic accuracy of tumor markers for hepatocellular carcinoma: a systematic review. Hepatol Int 2008; 2: 17–30.

47. Teschke R, Hennermann KH, Schwarzenböck A. Arzneimittel-bedingte Hepatotoxizität: Diagnostische Hilfe durch Bewertungsskala. Dtsch Ärztebl 2006; 103: B2002–B2008.

48. Hüttenroth TH. Medikamenten-induzierte und toxische Leberschäden. Dtsch Med Wschr 2005; 130: S226–S228.

49. Blich M, Edoute Y. Clinical manifestations of sarcoid liver disease. J Gastroent Hepatol 2004; 19: 732–7.

50. Rubio-Tapia A, Murray JA. The liver in celiac disease. Hepatology 2007; 46: 1650–8.

51. Sarin SK, Kumar A, Almeida JA, Chawla YK, Fan ST, Garg H, et al. Acute-on-chronic liver failure: consensus recommendations of the Asian Pacific Association for the Study of the Liver (APASL). Hepatol Int 2009; 3: 269–82.

52. Narkewicz MR, Olio DD, Karpen SJ, Murray KF, Schwarz K, Yazigi N, et al. Pattern of diagnostic evaluation for the causes of pediatric acute liver failure: an opportunity for quality improvement. J Pediatr 2009; 155: 801–6.

53. Gerbes AL, Gülberg V, Sauerbruch T, Wiest R, Appenrodt B, Bahr MJ, et al. Ascites, spontaneous bacterial pertonitis, hepatorenal syndrome. German S3 guideline. Z Gastroenterol 2011; 49: 749–79.

54. Cacoub P, Saadoun D. Extrahepatic manifestations of chronic HCV infection. N Engl J Med 2021; 384 (11): 1038–52.

55. Han J, Zhang Z. Complement component C3: a novel biomarker participating in the pathogenesis of non-alcoholic fatty liver disease. Frontiers in Medicine 2021. doi: 10.3389/fmed.2021.653293.

56. Ricci Z, Cruz D, Ronco C. The RIFLE criteria and mortality in acute kidney injury: a systematic review. Kidney Int 2008; 73: 538–46.

57. Hoste EAJ, Clermont G, Kersten A, Venkataraman R, Angus DC, De Bacquer D, Kellum JA. Crit Care 2006. doi: 10.1186/cc4915.

58. Uchino S, Kellum JA, Bellomo R, Doig GS, Morimatsu H, Morgera S, et al. Acute renal failure in critically ill patients: a multinational, multicenter study. JAMA 2005; 294: 813–8.

1.3 Alkalische Phosphatase (AP)

Lothar Thomas

Die alkalische Phosphatase ist ein Zellmembran-gebundenes Enzym, das in allen Geweben exprimiert wird. Die AP im Serum repräsentiert in der Methode der Isoelektrofokussierung die Aktivität von mehr als 17 Isoformen. Vier genetisch kodierte Varianten der AP sind identifiziert /1/:

  • Die drei Gewebe-spezifischen Isoenzyme Dünndarm-AP, Plazenta-AP, Keimzell-AP.
  • Die Gewebe-unspezifische AP.

Die Gene der Gewebe-spezifischen Isoenzyme kommen vorwiegend in den Geweben vor, von denen sie ihren Namen haben. Das Gewebe-unspezifische Gen wird von verschiedenen Geweben exprimiert. Die Produkte dieses Gens unterliegen der posttranslationalen Modifikation in der Glykosilierung, wodurch Isoformen wie die Leber-AP, Knochen-AP und Nieren-AP entstehen. Insgesamt sind mindestens 15 Isoformen der AP bekannt. Das Gen der Plazenta-AP liegt in zahlreichen allelen Modifikationen vor.

In jedem Gewebe zeigt die AP eine gewisse Mikroheterogenität bezugnehmend der molekularen Ladung und Größe, die von dem Muster der Glykierung abhängt. Ebenfalls kann die AP als Makroenzym oder als Particulate AP, gebunden an Membran-Fragmente, vorliegen.

Mit gängigen Labormethoden sind beim Gesunden die Leber-AP, Knochen-AP und Dünndarm-AP im Serum nachweisbar. Mit der Anionenaustauscher High performance liquid chromatography sind im Serum des Gesunden sechs AP-Isoformen bestimmbar, Knochen/Dünndarm-AP, zwei Knochen-AP und drei Leber-AP /2/. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen im Sialinsäuregehalt der Kohlenhydrat-Seitenketten.

Die Bestimmung der Gesamt-AP wird routinemäßig eingesetzt. Zur Erhöhung der diagnostischen Sensitivität und Spezifität wird bei bestimmten Fragestellungen, auch wenn die Gesamt-AP normal ist, die Bestimmung von AP-Isoenzymen durchgeführt. Die häufigste Fragestellung ist die Differenzierung der Isoformen Leber-AP und Knochen-AP bei erhöhter Gesamt-AP

Alkalische Phosphatase bei malignen Tumoren

Die Gewebe-spezifischen Isoenzyme Plazenta-AP und Keimzell-AP können bei malignen Tumoren verstärkt exprimiert werden. Sie werden auch als Regan-Typ-AP bezeichnet. Ihre Expression in Krebszellen lässt vermuten, dass es sich um onkofetale Proteine handelt, die in die Tumorgenese involviert sind. Tumoren, die diese Isoenzyme exprimieren, werden differenziert in solche mit:

  • Eutoper Expression; eine physiologisch vorkommende AP wird verstärkt synthetisiert.
  • Ektoper Expression; eine AP wird synthetisiert, die physiologisch nicht in dem Gewebe vorkommt, aber z.B. in malignen Tumoren.

Die von den Zellen des Synzytiotrophoblasten gebildete Plazenta-AP kann ektopisch in Karzinomen exprimiert werden. Da sie primär bei einem Bronchialkarzinom-Patienten mit dem Namen Regan nachgewiesen wurde, wird sie auch als Regan-Typ AP bezeichnet. Bis auf wenige Ausnahmen gleicht die Regan-AP im biochemischen Verhalten der Plazenta-AP. Sie wird bei Seminomen, Karzinomen von Ovar, Uterus, Lunge, in malignen Tumoren des Gastrointestinaltraktes, von Hypophyse und Thymus nachgewiesen.

1.3.1 Indikation

Gesamt-AP

  • Diagnose und Verlauf von Cholestasen bei hepatobiliären Erkrankungen wie Verschlussikterus, biliäre Zirrhose, Cholangitis, cholestatische Form der Virushepatitis, Medikamenten-bedingte und alkoholische Hepatitis, primäre Lebertumoren, Lebermetastasen.
  • Diagnose und Verlaufsbeurteilung von Skeletterkrankungen wie M. Paget, Rachitis, Osteomalazie, Vitamin D-Mangel-bedingte Knochenerkrankungen, renal-bedingte Osteopathien, primäre Knochentumoren, Knochenmetastasen, multiples Myelom, Hyperparathyreoidismus, Akromegalie, Hyperthyreose, ektope Ossifikation, Sarkoidose, Knochentuberkulose.
  • Familiäre Hypophosphatasämie, adyname Knochenerkrankung, Hypothyreose.

AP-Isoenzyme

Bei vielen klinischen Fragestellungen hat die Gesamt-AP genügend Aussagekraft. Bei einer Erhöhung kann die Bestimmung der Isoenzyme, insbesondere der Knochen-AP eine Feststellung des Ursprungsgewebes bzw. Ursprungsorgans ermöglichen.

Die Bestimmung der Knochen-AP ist indiziert /3/:

  • Bei Verdacht auf eine Osteopathie, z.B. Verlaufsbeurteilung der Niereninsuffizienz oder von Tumorpatienten.
  • Zur Verlaufs- und therapeutischen Beurteilung einer Osteopathie, denn die Knochen-AP reagiert sensitiver auf Veränderungen des Knochenstoffwechsels als die Gesamt-AP.
  • Differenzierung von Knochen-AP und Leber-AP.

1.3.2 Bestimmungsmethode

1.3.2.1 Gesamt-AP (Orthophosphorsäure-monoester phosphohydrolase, EC 3.1.3.1)

Methode der International Federation of Clinical Chemistry (IFCC) /4/

Prinzip: Die Bestimmung der katalytischen Aktivität der AP im Serum ist abhängig von den gewählten Reagenzien und ihrer Konzentration, insbesondere des Puffers. Bestimmt wird die Phosphomonoesterase-Aktivität der AP unter Verwendung von 4-Nitrophenylphosphat (NPP) und 2-Amino-2-methyl-1-propanol (AMP). In Gegenwart von AMP wirkt die AP als Transferase für Phosphor und überträgt eine Phosphatgruppe von NPP auf AMP, das seinerseits die Dephosphorylierung des Substrats beschleunigt. Die Menge des pro Zeiteinheit gebildeten farbigen Produktes (NP), gemessen als Absorptionszunahme bei 405 nm, ist ein Maß der katalytischen Aktivität der AP (Tab. 1.3-1 – Prinzip der AP-Bestimmung) Die Reaktionsführung erfolgt durch Substratstart.

1.3.2.2 Isoenzyme und Isoformen der AP

In den letzten 30 Jahren wurde eine Vielzahl von Methoden zur Bestimmung der Isoenzyme und Isoformen der AP beschrieben. Mittels unterschiedlicher Verfahren können über 15 Isoenzyme und Isoformen differenziert werden /2/. Die in der klinischen Routinediagnostik wichtige Differenzierung einer erhöhten Gesamt-AP in die Leber-AP und Knochen-AP kann elektrophoretisch erfolgen. Die quantitative Bestimmung der Knochen-AP erfolgt durch Immunoassays oder Lektinpräzipitation. Das Plazenta-Isoenzym wird im Immunoassay quantitativ bestimmt.

Elektrophoretische Differenzierung

Trennung nach Neuraminidase Behandlung: Serum wird vor der elektrophoretischen Trennung mit Neuraminidase inkubiert. Dieses Enzym entfernt negativ geladene Sialinsäurereste schneller von der Oberfläche der Knochen-AP als von der Leber-AP.

Bei Auftrennung der AP-Isoformen im alkalischen Puffermilieu Richtung Anode auf dem Trägermedium Polyacrylamid oder Agarose wird die elektrophoretische Beweglichkeit der Knochen-AP in Relation zur Leber-AP verlangsamt. Dadurch sind Leber- und Knochen-AP, die durch Elektrophorese von unbehandeltem Serum nur ungenügend zu trennen sind, abzugrenzen. Die semiquantitative Auswertung erfolgt densitometrisch nach Darstellung der Isoform-Aktivitäten auf dem Trägermedium.

Lektin-Affinitäts-Elektrophorese /5/: im alkalischen Puffer wird Serum in Richtung Anode auf Weizenkeimlektin haltigen Trägermedium (Zelluloseacetatfolie, Agarosegel) aufgetrennt. Weizenkeimlektin bindet die Knochen-AP, so dass diese weniger mobil ist, nahe der Auftragsstelle liegen bleibt und von den anderen AP-Isoformen, insbesondere der Leber-AP abgetrennt wird. Die semiquantitative Auswertung erfolgt reflektometrisch nach Darstellung der Aktivitäten der Isoformen auf dem Trägermedium.

Quantitative Bestimmung der Knochen-AP

Lektin-Präzipitation /6/: Zuerst erfolgt die Bestimmung der Gesamt-AP. Dann wird mit einem Fällungsreagenz, einem Lektin aus Weizenkeimen, die Knochen-AP ausgefällt und nachfolgend im Überstand die Restaktivität gemessen. Die Aktivität der Knochen-AP wird durch Differenzbildung berechnet.

ELISA zur Bestimmung der Knochen-AP /7/: Die Serumprobe wird mit Puffer in einer mit monoklonalen Antikörpern gegen Knochen-AP beschichteten Vertiefung einer Mikrotiterplatte inkubiert. Nach Entfernen des nicht gebundenen Materials wird das Substrat p-Nitrophenylphosphat hinzugegeben und die Antikörper-gebundene Enzymaktivität photometrisch bestimmt.

Immunometrischer Test zur Bestimmung der Knochen-AP /8/: Es handelt sich um einen Festphasen-Assay im Zweischrittverfahren. Eine spezifische Determinante der Knochen-AP der Probe reagiert mit dem monoklonalen Antikörper auf einer Kugel (Festphase). Gleichzeitig reagiert eine zweite spezifische Determinante der Knochen-AP mit einem zweiten radioaktiv oder Enzym-markierten monoklonalen Antikörper unter Bildung eines Sandwich aus Festphase, Knochen-AP und markiertem Antikörper. Nach Waschen der Kugel wird Festphase-gebundene Radio- oder Enzymaktivität gemessen. Untere Nachweisgrenze 2 μg/l.

Quantitative Bestimmung der Plazenta-AP

ELISA zur Bestimmung der Aktivität /9/: Die Serumprobe wird mit Puffer für 3 h bei 37 °C in einer mit monoklonalem Antikörper gegen humane Plazenta-AP beschichteten Vertiefung einer Mikrotiterplatte inkubiert. Nach Entfernen der nicht Antikörper-gebundenen Probenbestandteile durch einen Waschschritt wird mit Substratlösung (p-Nitrophenylphosphat) inkubiert und nachfolgend die Enzymaktivität durch photometrische Messung des gebildeten p-Nitrophenolat bei 405 nm bestimmt. Untere Nachweisgrenze 30 mU/l.

1.3.3 Untersuchungsmaterial

Serum oder Heparinplasma, kein EDTA-, Citrat- oder Oxalatplasma: 1 ml

1.3.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 1.3-2 – Referenzbereich der AP.

1.3.5 Bewertung

1.3.5.1 Erhöhung der Gesamt-AP Aktivität

Beim gesunden Erwachsenen besteht die im Serum oder Plasma messbare Gesamt-AP zu etwa gleichen Anteilen aus der Leber-AP und Knochen-AP. Bei Kindern bis zum 15. Lj. hat die Knochen-Isoform einen Anteil von bis zu 80 % an der Gesamt-AP Aktivität. Etwa 25 % der Gesunden haben auch Dünndarm-AP, die im Nüchternzustand etwa 10 % der Gesamt-AP Aktivität ausmacht. Andere Isoenzyme oder Isoformen der AP haben einen Anteil von unter 5 % an der Gesamt-AP Aktivität /14/.

Erhöhungen der Gesamt-AP können physiologisch bedingt sein oder beruhen auf einer Erkrankung der Leber oder des Skelettsystems. Auch die Leukozyten und die Nieren geben AP in die Zirkulation ab. Das erfolgt aber nicht in Mengen, die zu einer Erhöhung der Gesamt-AP über die obere Referenzbereichsgrenze führen.

Physiologisch sind Anstiege oder Erhöhungen der Gesamt-AP sowie ihrer Isoenzyme und Isoformen:

  • In der Schwangerschaft. Im 2. Trimenon nimmt die Gesamt-AP Aktivität signifikant zu und erreicht im letzten Trimenon ein Maximum mit dem 2–3 fachen des Wertes im ersten Trimenon. Die Aktivität der Gesamt-AP besteht in diesem Trimenon anteilig aus Plazenta-AP 51 %, Knochen-AP 37 %, Leber-AP 9 % und Dünndarm-AP 3 % /15/. Die Zunahme der Gesamt-AP Aktivität in der Schwangerschaft korreliert mit der Zunahme von Cholesterin und den Triglyceriden /16/. 4–6 Wochen post partum werden wieder die Ausgangswerte erreicht /16/.
  • Bei Kindern in der Wachstumsphase (Knochen-AP). So sind die medianen Werte der Gesamt-AP und der Knochen-AP relativ konstant bis zum 10. Lj, steigen dann bis zum 14. Lj. an (Faktor 2–3), um danach wieder abzufallen /17/.
  • Postprandial bei Personen der Blutgruppen 0 und B, Lewis positiv, die Sekretoren der H-Blutgruppensubstanz sind (Dünndarm-AP). Die Aktivität der Darm-AP nimmt nach der Nahrungsaufnahme, insbesondere nach fettreicher Mahlzeit zu, da das Enzym über den Ductus thoracicus lymphogen ins Blut gelangt. Erfolgt die Blutentnahme früher als 12 h nach Nahrungsaufnahme, kann die Dünndarm-AP erhöht sein /18/.
  • Bei Frauen in der Spätmenopause. Personen mit normaler prämenopausaler Gesamt-AP und Knochen-AP können postmenopausal Anstiege von 30–60 % aufweisen, obwohl die Werte oft noch im Referenzbereich liegen /19/. Bei Werten der Gesamt-AP im oberen Drittel des Referenzbereichs sollte eine Knochendichtemessung durchgeführt werden, die Knochen-AP und Parathormon bestimmt werden. Auch sollte ein Marker, der auf den verstärkten Abbau von Knochensubstanz hinweist, bestimmt werden wie N-terminales Propeptid (PINP) oder Carboxy-terminal verknüpfte Telopeptide (β-crosslaps). Siehe auch Beitrag 6.7 – Erhöhung der Gesamt-AP Aktivität.

Pathologische Erhöhung der Gesamt-AP und/oder von Isoenzymen oder Isoformen der AP können bedingt sein durch:

Die Bestimmung von Isoenzymen und Isoformen der AP kann bei Erhöhung der Gesamt-AP oder bei noch im Referenzbereich liegenden Aktivitäten Auskunft geben über:

  • Die Herkunft der AP; klinisch bedeutsam ist die Fragestellung, ob eine Erhöhung der Gesamt-AP Leber- oder Skelett-bedingt ist. Da eine gute Überstimmung zwischen den beiden kanalikulären Enzymen Leber-AP und GGT besteht, weist eine erhöhte GGT in der Regel auf die Leber als Ursprungsort hin. Das schließt jedoch nicht eine gleichzeitig bestehende Erhöhung der Knochen-AP aus, insbesondere bei Tumorpatienten. In diesen Fällen ist die semiquantitative elektrophoretische Isoenzym-Differenzierung ausreichend. Da die Tests zur quantitativen Bestimmung der Knochen-AP zu 5–16 % eine Kreuzreaktivität mit der Leber-AP haben, sind sie zur Diagnostik einer Knochen-AP Erhöhung ungeeignet, wenn bei einer 2–3 fach erhöhten Gesamt-AP die GGT ebenfalls um ein mehrfaches erhöht ist.
  • Die Stoffwechselaktivität des Skeletts. Die Knochen-AP ist bei osteoblastischen Knochenprozessen wie dem metastasierten Prostatakarzinom moderat bis stark erhöht, bei osteoklastischen wie dem metastasierten Mamakarzinom oder dem multiplen Myelom leicht bis moderat und bei der Osteoporose nicht oder nur leicht erhöht. Zur Beurteilung dieser Vorgänge hat die quantitative Bestimmung der Knochen-AP eine höhere diagnostische Sensitivität und Spezifität als die Gesamt-AP.
  • Das Wachstum malignen Gewebes. Die neoplastische AP, auch als Regan-Typ-AP bezeichnet, kann nachweisbar sein. Die Regan-Typ-AP, die ein elektrophoretisches Verhalten wie die Plazenta-AP zeigt und sich nur in wenigen biochemischen Eigenschaften von dieser unterscheidet, wird als Plazenta-AP nachgewiesen. Sie wird im Serum bestimmt bei Patienten mit Hoden-, Ovarial-, Lungen-, Blasen- und gastrointestinalen Tumoren /20/.

Erkrankungen der Leber und Gallenwege

Die häufigste Ursache erhöhter Gesamt-AP Werte sind Erkrankungen der Leber und Gallenwege. Die Gesamt-AP ist bei etwa 60 % der Leber- und Gallenwegs-Erkrankungen pathologisch. Differentialdiagnostische Bedeutungen hat sie im Muster mit der AST, ALT und GGT zur Erkennung einer Cholestase. In Relation zur Aktivität der Aminotransferasen ist die Gesamt-AP hoch bei Cholestase und normal oder nur gering erhöht bei fehlender cholestatischer Komponente. Die diagnostische Sensitivität der AP für cholestatische Lebererkrankungen beträgt 80–100 %, bei alkoholischen Leberschäden nur 25 % /21/. Die Höhe der Gesamt-AP ist deshalb ein gutes diagnostisches Kriterium bei Lebererkrankungen mit hoher GGT zur Unterscheidung des alkoholischen Schadens von der Cholestase. Kein oder ein relativ niedriger Anstieg der Gesamt-AP in Relation zur GGT spricht für den alkoholischen Schaden. Eine erhöhte Gesamt-AP wird auch bei metastatischen und infiltrativen Lebererkrankungen wie Leukämie, Lymphom und Sarkoidose gefunden.

Medikamenten-toxische Leberschädigungen können nahezu das gesamte Spektrum der Lebererkrankungen imitieren. Die akute Hepatitis ist jedoch mit etwa 90 % die häufigste Form. Vermittels der Bestimmung von ALT und Gesamt-AP wird die Medikamenten-toxische Hepatitis in drei Verlaufsformen eingeteilt /22/:

  • Akuter hepatozellulärer Verlauf. Die ALT ist höher als das 2 fache des oberen Referenzbereichswerts bei einem Quotienten ALT/Gesamt-AP über 5. Es handelt sich meist um eine immun-allergische Hepatitis, die von vielen Medikamenten ausgelöst werden kann und gewöhnlich innerhalb von 1–3 Monaten ausheilt.
  • Akuter cholestatischer Verlauf. Es besteht eine isolierte Erhöhung der Gesamt-AP mit Werten über 2 fach des oberen Referenzbereichswerts. Bei der reinen cholestatischen Form liegen Juckreiz und Ikterus vor, konjugiertes Bilirubin und die GGT sind erhöht, die Aminotransferasen normal. Meist sind Hormonpräparate die Ursache. Bei der akut cholestatisch-hepatitischen Form, die mit Fieber und Schüttelfrost einhergeht ist der Quotient ALT/Gesamt-AP unter 2.
  • Mixed pattern acute hepatitis. Der Quotient ALT/Gesamt-AP beträgt 2–5. Die klinisch-pathologischen Manifestationen ähneln einer Kombination aus hepatozellulärer und cholestatischer Hepatitis. Die Prognose ist besser als die der hepatozellulären Verlaufsform.

Erkrankungen des Skeletts

Die Gesamt-AP ist ein häufig eingesetzter Marker bei Verdacht auf Erkrankungen des Skeletts. Nachteilig ist jedoch eine mangelnde diagnostische Sensitivität und Spezifität. Deshalb ist die Gesamt-AP nur bei signifikantem Skelettbefall, wie das bei M. Paget, Vitamin D-Mangel-Rachitis, metastatischer Knochenbildung oder lytischen Läsionen und dem primären Hyperparathyreoidismus der Fall ist, erhöht. Bei den osteopenischen und osteoporotischen Osteophathien zeigt die Gesamt-AP nur gelegentlich eine Erhöhung. Hier hat die Bestimmung der Knochen-AP, insbesondere in der Verlaufsbeurteilung, eine diagnostische Bedeutung /23/. Denn die Knochen-AP reflektiert, wie das Osteocalcin, die Knochenbildung, während N-terminales Propeptid (PINP) und Carboxy-terminal verknüpfte Telopeptide (β-Crosslaps) Produkte der Knochenresorption sind. Da jedoch Knochenabbau und Knochenbildung miteinander gekoppelt sind, verhalten sich die Marker beider Vorgänge oft gleich und liegen nicht selten in der gleichen Größenordnung.

Ausnahmen von dieser Regel bestehen bei der Behandlung mit Glukokortikoiden, bei der die Knochenbildung akut inhibiert und die Knochenresorption verstärkt ist. Bei der Anabolikabehandlung ist die Knochenbildung verstärkt, die Resorption bleibt unbeeinflusst /2425/.

Maligne Tumoren

Deutliche Erhöhungen der Gesamt-AP können bei Patienten mit malignen Tumoren messbar sein. Oft belegt die Bestimmung der Isoenzyme oder Isoformen der AP die metastatische Verbreitung des Tumors in bestimmte Gewebe. So weist beim Prostatakarzinom die Erhöhung der Knochen-AP auf eine Skelett-Metastasierung hin, beim Kolonkarzinom die Erhöhung der Leber-AP auf eine hepatogene und die Erhöhung beider Isoformen beim Bronchialkarzinom auf eine Metastasierung in beide Organe.

AP-Isoenzyme, die wesentliche Kriterien eines Tumormarkers bei Patienten mit Hodentumoren erfüllen, sind die Plazenta-AP und die Regan-Typ-AP. Beide Isoenzyme besitzen eine Homologie zu 98 %und werden oft synonym bezeichnet. Die Regan-Typ-AP wird im Serum bei Hoden-, Ovarial-, Bronchial-, Blasen- und gastrointestinalen Tumoren nachgewiesen /20/. Bei der Kasahara-AP, die mit keinem kommerziellen Testkit bestimmt werden kann, handelt sich um eine multiple AP, die biochemisch ein Heterodimer aus Plazenta-AP und Dünndarm-AP ist. Sie wird beim hepatozellulären Karzinom und dem Nierenzellkarzinom gefunden. Bei Tumorpatienten treten gelegentlich auch unbekannte Varianten von AP-Isoformen auf, die nicht weiter abklärbar sind. Auch kommt es zu Erhöhungen der Gesamt-AP auf Grund von mit Immunglobulinen komplexierten Isoenzymen der AP (siehe auch Tab. 1.1-2 – Makroenzyme: Charakterisierung, klinische Bedeutung und Labordiagnostik/26/.

Kardio-metabolische Erkrankungen

Im United States National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) 2005–2006 korrelierte die Höhe der Gesamt-AP signifikant mit Alter, Hüftumfang, Body mass index, Blutdruck, körperlicher Tätigkeit, der ethnischen Abstammung und den Triglyceridwerten. Verglichen mit der niedrigsten Quartile der Gesamt-AP hatten diejenigen in der Höchsten vermehrt kardiovaskuläre Erkrankungen (Odds ratio 1,9) sowie Hypertonie, Hypercholesterinämie und Diabetes mellitus (Odds ratio 1,7). Es wird angenommen, dass die AP, vergleichbar dem CRP, ein kardio-metabolischer Marker ist und höhere Aktivitäten bei Arteriosklerose und peripherer Gefäßerkrankung zeigt /27/.

1.3.5.2 Erniedrigung der AP-Aktivität

Erniedrigungen der AP im Serum sind selten und haben im klinischen Krankengut eine Häufigkeit von etwa 0,2 % (Tab. 1.3-7 – Erkrankungen, die mit einer Verminderung der AP eingehen).

Bedeutsam ist die hereditäre Hypophosphatasie, die auf Grund einer mangelnden Expression der Gewebe-unspezifische AP mit einer Erniedrigung der Gesamt-AP und Erkrankungen des Skeletts einhergehen kann /28/.

1.3.6 Hinweise und Störungen

Komplexierende Substanzen wie Citrat, EDTA, Oxalat binden Kationen wie Zink und Magnesium, die wichtige Kofaktoren für die AP-Aktivität sind. In derart antikoagulierten Plasmaproben werden falsch-niedrige AP-Aktivitäten gemessen /73/. Das ist auch der Fall in Proben, die nach der Verabreichung von Bluttransfusionen entnommen werden, da infundiertes Citrat die Verminderung der Enzymaktivität bewirkt.

Eine 12 h-Nahrungskarenz vor der Blutentnahme ist erforderlich, da 2–4 h nach Nahrungsaufnahme durch einen Einstrom von Dünndarm-AP in die Zirkulation eine Erhöhung der Gesamt-AP von im Mittel 30 U/l auftreten kann. So betrug bei Diabetikern die Dünndarm-AP nüchtern 11–79 U/l und stieg postprandial auf 41–106 U/l an /74/. Die Aktivität der Dünndarm-AP ist nach fettreichen Mahlzeiten erhöht.

Hämolyse

Hämoglobin hemmt die Aktivität um etwa 3 % /73/.

Halbwertszeiten

  • Gesamt-AP: 3–7 Tage.
  • Leber-AP: 3 Tage.
  • Knochen-AP: 40 h.
  • Dünndarm-AP: Unter 1 h.
  • Plazenta-AP: 4–7 Tage.

Medikamente

Arzneimittel können die Aktivität der AP im Sinne einer Erhöhung oder Verminderung beeinflussen /75/.

Erhöhend wirken: Allopurinol, Amsacrin, Carbamazepin, Cotrimoxazol, Cyclophosphamid, Disopyramid, Erythromycin, Goldsalze, Isoniazid, Ketoconazol, Mercaptopurin, Methotrexat, Methoxyfluran, α-Methyldopa, Methyltestosteron, Oxacillin, Oxyphenisatin, Papaverin, Penicillamin, Perhexilin, Phenobarbital, Phenylbutazon, Phenytoin, Primidon, Propylthiouracil, Ranitidin, Trimethoprim/Sulfamethoxazol, Sulfasalazin, Valproat, Verapamil.

Vermindernd wirken: Clofibrat, orale Kontrazeptiva.

Stabilität im Serum

Bei 20 °C nach 3 Tagen um 3 % vermindert, bei 4 °C keine Aktivitätsabnahme innerhalb 1 Woche /76/.

Qualitätskontrolle

Die AP kann nach dem Auflösen lyophilisierter Kontrollseren über eine Zeitspanne von mehreren Stunden zunehmen in Abhängigkeit vom lyophilisierten AP-Isoenzym. Die von den Herstellern angegebenen Rekonstitutionszeiten müssen eingehalten werden.

Bestimmungsmethode AP-Isoenzyme

ELISA zur Aktivitätsbestimmung: Kreuzreaktivität 3–8 % bei pathologischem Wert der Gesamt-AP /855/.

Immunometrischer Assay: Die Kreuzreaktivität der Knochen-AP mit der Leber-AP beträgt bis zu 16 %. Wenn keine Skelett- sondern eine hepatobiliäre Erkrankung vorliegt, sollte nur die Leber-AP erhöht sein. Unter dieser Bedingung liefert der immunometrische Assay noch kein pathologisches Ergebnis der Knochen-AP bis zu einer Erhöhung der Gesamt-AP um das 2,6 fache /77/.

Elektrophoretische Trennung in Weizenkeimlektin-haltigem Trägermedium: Diese Methode zeigt die gleiche Präzision und Richtigkeit für die Knochen- und Leber-AP wie die Fällungsmethode. Bei hoher Knochen-AP tritt ein Schmieren von der Bande der Knochen-AP zur Anode hin auf.

Altersabhängigkeit

Die Gesamt-AP ist bis zum 10. Lj annähernd konstant, nimmt dann kontinuierlich zu und erreicht im Lj. 14– 16 den höchsten medianen Wert, bei Mädchen bis auf das 4 fache und bei Jungen bis auf das 5 fache des oberen Wertes des Referenzbereichs Erwachsener /17/. Ab dem Lj. 20–25 gleichen sich die Werte beider Geschlechter an und sind beim Mann konstant bis zum Lebensende /73/.

Bei Frauen kommt es postmenopausal zu einem Anstieg der Gesamt-AP um 30–60 % durch Zunahme der Knochen-AP, normalerweise wird die obere Referenzbereichsgrenze nicht überschritten /78/.

1.3.7 Pathophysiologie

Das Gen AP kodiert die Gesamt-AP. Diese besteht aus den Isoenzymen Leber-AP, Nieren-AP und der Gewebe-unspezifischen AP.

Leber-AP und Nieren-AP sind die Gewebe spezifischen Isoenzyme (Tissue-specific Isoenzymes; TSAP).

Das Gewebe-nicht-spezifische Isoenzym (Tissue-non-specific isoenzyme; TNSAP) wird aufgrund unterschiedlicher Glykosilierung in die Isoformen Knochen-AP, Darm-AP, Plazenta-AP und Keimzell-AP differenziert. Kodiert wird dies durch die TNSAP Gene.

Die TNSAP ist ein Membran-gebundenes Enzym, das in allen Geweben lokalisiert ist. Sie ist an die äußere Oberfläche der Zellmembranen gebunden und an diese vermittels eines carboxyterminalen Glykanphosphatidylinositol-Ankers geknüpft. Die Membran-gebundene Form ist ein Tetramer, die von den Phospholipasen C und D abgelöst wird und in den Blutkreislauf übertritt. Dort liegt die AP als Dimer vor mit zwei aktiven Zentren, von denen jedes zwei Zink- und ein Magnesiumatom enthält.

Das TNSAP-Gen wird in vielen Geweben exprimiert und die von diesen Geweben gebildeten AP sind Isoformen, die sich auf Grund posttranslationaler Modifikation unterscheiden /14/. Die Isoformen haben eine identische primäre Proteinstruktur, unterscheiden sich aber im Ausmaß ihrer Sialisierung. Das führt zur Änderung in der elektrophoretischen Beweglichkeit, der Stabilität gegenüber Hitze und gegenüber der hemmenden Wirkung bestimmter Chemikalien. So kann das Plazenta-Isoenzym von den Leber-, Knochen- und Nieren-Isoformen auf Grund einer Aktivitätshemmung durch L-Phenylalanin und der Hitzestabilität bei 65 °C für 10 min differenziert werden.

Die TNSAP besteht aus einer Gruppe von Isoenzymen, die von vier Genloci kodiert werden. Die Gene der TNSAP (Knochen-AP, Dünndarm-AP, Plazenta-AP und Keimzell-AP) sind auf dem langen Arm von Chromosom 2 gelegen.

Die spezifische Aktivität der AP, gemessen in U/g Gewebe, beträgt in der Plazenta 3214, im Dünndarm 2524, in der Niere 619, im Knochen 571 und 100 in der Leber.

Für die Bestimmung der AP werden künstliche Substrate in hoher Konzentration angewendet. Die natürlichen Substrate der AP sind jedoch Pyrophosphat, Phosphoäthanolamin und Pyridoxalphosphat. Die Konzentration von anorganischem Phosphat ist ein natürlicher Regulator der AP-Aktivität im Plasma. Bei normaler Phosphat-Konzentration ist die Aktivität der AP gegenüber Pyridoxalphosphat zu 50 % gehemmt, nimmt mit steigender Phosphat-Konzentration ab und mit fallender zu /79/.

Die wesentliche Funktion der TNSAP ist die Spaltung von Phosphorverbindungen wie anorganisches Pyrophosphat, Pyridoxal-5-phosphat und Phosphoäthanolamin. Mutationen mit funktionellen Defekten der TNSAP führen zur extrazellulären Anhäufung dieser Phosphatprodukte und verursachen Mineralisationsdefekte des Knochens und des Zahns. Die Anhäufung von Pyrophosphat hemmt die Synthese von Hydroxylapatit-Kristallen und das Wachstum. Das reduzierte Wachstum (verminderte Größe) ist ein wesentliches klinisches Merkmal der Hypophosphatasie.

Die TNSAP dephosphoryliert auch Pyridoxal-5-phosphat, die phosphorylierte Form von Pyridoxin (Vitamin B6). Das kann somit die Blut-Hirn-Schranke passieren und von den Neuronen aufgenommen werden. Intrazellulär wird Pyridoxal zu Pyridoxal-5-Phosphat phosphoryliert und ist ein Kofaktor der Synthese von Gamma-Aminobuttersäure. Bei der Hypophosphatasie und dem damit verbundenen Unvermögens Pyridoxal-5-Phosphat zu spalten und somit Viatamin B6 zu bilden kann es zu zentral bedingten Krämpfen kommen /28/.

Leber-AP

Die Leber-AP wird in allen Ebenen des Gallenwegsystems von den Gallenkanälchen in der Leber bis zur Mukosa der Gallenblase und den großen Gallengängen gebildet. Jede Behinderung des Gallenflusses, sei es auf der Ebene der Gallenkanälchen oder der Papilla Vateri, bewirkt in den Gallenwegen eine Induktion der Leber-AP. Der Mediator dieser Enzyminduktion ist unbekannt. Gewöhnlich verhalten sich AP und Bilirubin im Serum gleich, z.B. wenn eine Obstruktion des Gallengangs vorliegt, wie das bei einem Gallensteinverschluss oder Pankreaskopftumor der Fall ist. Wenn aber nur der rechte hepatische Gallengang verschlossen ist, verhalten sich Bilirubin und AP nicht gleichsinnig. Die AP ist erhöht, aber Bilirubin normal. Der Grund ist das Vorliegen intrahepatischer Anastomosen der Gallenwege, so dass Bilirubin über den linken Lebergallengang ausgeschieden werden kann. Eine isolierte Erhöhung der AP bei normalen Aminotransferasen kommt auch bei infiltrativen Lebererkrankungen wie Tumoren und Granulomen vor, auch muss an eine Makro-AP gedacht werden. Siehe Beitrag 1.1.2 – Diagnostische Aussage von Enzymen. Wird durch Metastasen, Tumore oder Granulome in der Leberpforte ein Gallengang komprimiert und der Gallenfluss behindert, tritt eine Erhöhung der AP auf.

Knochen-AP

Die Knochen-AP ist auf der Zellmembran des Osteoblasten lokalisiert. Eine erhöhte Osteoblastenaktivität verursacht den Anstieg des Enzyms. Die Knochen-AP ist direkt in die Mineralisation des Knochens involviert, was an Hand der Erkrankung der hereditären Hypophosphatasie gezeigt werden konnte. So hatten genetisch veränderte knock-out-Mäuse, denen das TNSALP-Gen fehlte, eine progressive Osteopathie, aber keinen sekundären Hyperparathreoidismus. Die genaue Funktion der Knochen-AP im Mineralisationsprozess ist nicht klar umrissen. Es wird angenommen, dass sie die lokale Konzentration von anorganischem Phosphat erhöht, lokale Inhibitoren der Mineralkristallbildung inhibiert oder als Calcium-bindendes Protein wirkt.

Patienten mit Prostata-, Mama- und Bronchialkarzinom entwickeln häufig im Verlaufe der Erkrankung Skelettmetastasen. Dabei wird Knochen von Osteoklasten resorbiert und von Osteoblasten neu gebildet. Eine Erhöhung der Knochen-AP ist dabei nur zu erwarten, wenn die Aktivität der Osteoblasten gegenüber den Osteoklasten nicht vermindert ist. Bei Tumorerkrankungen mit osteoblastischen Metastasen, wie dem Prostatakarzinom, ist deshalb eine AP-Erhöhung häufig, bei Erkrankungen mit osteolytischen Metastasen demgegenüber abhängig von der kompensatorischen Osteoblastenaktivität. Bei Vorliegen von Knochenmetastasen werden Bisphosphonate zur Hemmung der Knochenresorption und Reduzierung des Knochenschmerzes eingesetzt. Etwa einen Monat nach Therapiebeginn resultiert ein Anstieg der Knochen-AP, der auf einer verstärkten Rekrutierung von Osteoblasten beruhen soll. Nach 2–3 Monaten kommt es wieder zu einem Abfall, der das Zeichen einer wieder eingetretenen Kopplung von Knochenresorption und Knochenbildung sein soll.

Es ist generell akzeptiert, dass die Osteoporose einen verstärkten postmenopausalen Knochenverlust darstellt und auf einen vermehrten Knochenumbau zurückzuführen ist. Bei diesen Frauen ist die Knochenmasse negativ mit den Markern der Knochenbildung und Knochenresorption korreliert. Jedoch ist der Vorhersagewert des einzelnen Knochenmarkers gering. Die Kombination von Knochen-AP, Osteocalcin, N-terminalen Propeptid (PINP), Carboxy-terminal verknüpften Telopeptiden und die Calcium-Ausscheidung sollen einen Vorhersagewert von 60–70 % haben.

Dünndarm-AP

Die Dünndarm-AP wird von den Enterozyten exprimiert und ist im Blut gut messbar bei Sekretoren der Blutgruppensubstanz H (Blutgruppe 0 und B). Bei ihnen beträgt der Anteil der Dünndarm-AP an der Gesamt-AP etwa 10–20 %. Die Aktivität nimmt nach der Nahrungsaufnahme zu, insbesondere bei fettreichen Mahlzeiten.

Bei Patienten mit Leberzirrhose und anderen schweren Hepatopathien kann die Dünndarm-AP erhöht sein. Ursache ist eine absolute Verminderung der Asialoglykoprotein-Rezeptoren. Diese binden die Dünndarm-AP an die Oberfläche der Hepatozytenmembran, danach erfolgt deren Abbau. Auch können bei autoimmun bedingten Hepatitiden Antikörper gegen den Asialoglykoproteinrezeptor auftreten und diesen inhibieren. Bei Rechtsherzinsuffizienz kann es zu Stauungen im Dünndarmbereich kommen, wodurch eine vermehrte Synthese der Dünndarm-AP induziert wird.

Plazenta-AP

Die Plazenta-AP ist ein fetales Isoenzym der AP und hitzestabil. Es besteht eine Homologie mit der Regan-Typ-AP. Die Plazenta-AP wird ab der 12. Fetalwoche vom plazentaren Synzytiotrophoblasten gebildet und liegt im Serum als Tetramer mit einem Molekulargewicht von 300 kD vor. Signifikante Mengen der Regan-Typ-AP werden in Seminomen und Ovarialtumoren gefunden. Das Enzym ist jedoch nicht spezifisch für diese Tumoren, sondern wird auch in der Plasmamembran von Typ 1-Pneumozyten gefunden und auf der Basalmembran zwischen diesen Zellen. Bei Rauchern ist die Regan-Typ-AP, die normalerweise bei gesunden Personen nicht messbar ist, in einem hohen Prozentsatz nachweisbar. Es besteht eine lineare Beziehung zwischen Nikotin-Aufnahme und der Höhe der Regan-Typ-AP. Nach Abgewöhnen des Rauchens fällt die Konzentration nach 1–2 Monaten ab.

Literatur

1. Moss DW. Alkaline phosphatase isoenzymes. Clin Chem 1982; 28: 2007–16.

2. Magnusson P, Löfman O, Larsson L. Determination of alkaline phosphatase isoenzymes in serum by high performance liquid chromatography with post-column reaction detection. J Chromatogr 1992; 576: 79–86.

3. Woitge HW, Seibel M J, Ziegler R. Comparison of total and bone-specific alkaline phosphatase in patients with nonskeletal disorders or metabolic bone diseases. Clin Chem 1996; 42: 1796–804.

4. Schumann G, Klauke R, Canalias F, Bossert-Reuter S, Franck PFH, Gella FJ, et al. IFCC primary reference procedures for the measurement of catalytic activity concentrations of enzymes at 37 °C. Part 9: Reference procedure for the measurement of catalytic concentration of alkaline phosphatase. Clin Chem Lab Med 2011; 49: 1439–46.

5. Moss DW, Edwards RK. Improved electrophoretic resolution of bone and liver alkaline phosphatase resulting from partial digestion with neuraminidase. Clin Chim Acta 1984; 143: 177–82.

6. Rosalki SB, Foo AY, Burlina A, Prellwitz W, Stieber P, Neumeier D, et al. Multicenter evaluation of Iso-ALP test kit for measurement of bone alkaline phosphatase activity in serum and plasma. Clin Chem 1993; 39: 648–52.

7. Gomez B Jr, Ardakani S, Ju J, Jenkins D, Cerelli MJ Daniloff Y, et al. Monoclonal antibody assay for measuring bone-specific alkaline phosphatase. Clin Chem 1995; 41: 1560–6.

8. England TE, Samsoondar J, Maw G. Evaluation of the Hybritech Tandem-R Ostase immunoradiometric assay for skeletal alkaline phosphatase. Clin Biochem 1994; 27: 187–9.

9. de Broe ME, Pollet DE, for the hPlAP Study Group. Multicenter evaluation of human placental alkaline phosphatase as a tumor-associated antigen in serum. Clin Chem 1998; 34: 1995–99.

10. Thomas L, Müller M, Schumann G, Weidemann G, Klein G, Lunau S, Pick KH, Sonntag O. Consensus of DGKL and VDGH for interim reference intervals on enzymes in serum. J Lab Med 2005; 29: 301–8.

11. Heiduk M, Päge I, Kliem C, Abicht K, Klein G. Pediatric reference intervals determined in ambulatory and hospitalized children and juveniles. Clin Chim Acta 2009; 406: 156–61.

12. Withold W, Rick W. Evaluation of an immunoradiometric assay for bone alkaline mass concentration. J Clin Chem Clin Biochem 1994; 32: 91–5.

13. Hendrix PG, Hoylaerts MF, Nouwen EJ, de Broe ME. Enzyme immunoassay for human placental and germ-cell alkaline phosphatase. Clin Chem 1990; 36: 1793–9.

14. de Broe ME, Moss DW. Recent development in alkaline phosphatase research. Clin Chem 1992; 38: 2485–92.

15. Valenzuela GJ, Munson LA, Tarbaux NM Farley JR. Time-dependent changes in bone, placental, intestinal, and hepatic alkaline phosphatase activities in serum during human pregnancy. Clin Chem 1987; 33: 1801–6.

16. Weon Choi J, HwanPai S. Serum lipid concentrations change with serum alkaline phosphatase activity during pregnancy. Ann Clin Lab Sci 2000; 30: 422–8.

17. Rauch F, Middelmann B, Cagnoli M, Keller KM, Schönau E. Comparison of total alkaline phosphatase and three assays for bone-specific alkaline phosphatase in childhood and adolescence. Acta Paediatr 1997; 86: 583–7.

18. Kuwana T, Rosalki SB. Intestinal variant alkaline phosphatase in plasma in disease. Clin Chem 1990; 36: 1918–20.

19. Kushida K, Takahashi M, Kawana K, Ionue T. Comparison of markers of bone formation and resorption in premenopausal and postmenopausal subjects, and osteoporosis patients. J Endocrinol Metab 1995; 80: 2447–50.

20. Loose JH, Damjanov I, Harris H. Identity of the neoplastic alkaline phosphatase as revealed with monoclonal antibodies to the placental form of the enzyme. Am J Clin Pathol 1984; 82: 173–7.

21. Neef L, Nilius R, Haschen, RJ. Applications of electronic data processing in diagnosis of hepatobiliary diseases. In: Schmidt E, Schmidt FW, et al, eds. Advances in Clinical Enzymology. Basel: Karger, 1979.

22. Larrey D. Drug-induced liver diseases. J Hepatol 2000; 32, suppl 1: 77–81.

23. Gundberg CM. Biochemical markers of bone formation. Clin Lab Med 2000; 20: 489–501.

24. Rosen CJ. Osteoporosis and metabolic bone disease. Clin Lab Med 2000; 20: 439–43.

25. Millan JL, Fishman WH. Biology of human alkaline phosphatases with special reference to cancer. Crit Rev Clin Lab Sci 1995; 32: 1–39.

26. Jenkins MA, Steer CB, Cheng LWH, Ratnaike S. An unusual alkaline phosphatase isoenzyme associated with gastric carcinoma. Ann Clin Biochem 1999; 36: 743–8.

27. Webber M, Krishnan A, Cheung BM. Association between serum alkaline phosphatase and C-reactive protein in the United States National Health and Nutrition Examination Survey 2005–2006. Clin Chem Lab Med 2010; 48: 167–73.

28. Araci MB, Akgun B, Atik T, Isik E, Ak G, Barutcuoglu B, Ozkinay F. Clinical and molecular findings in children and young adults with persistent low alkaline phosphatase concentration. Clin Biochem & Laboratory Medicine 2021; 58 (4): 335–41.

29. Schmidt E, Schmidt FW: Clinical pathology of viral hepatitis. In: Deinhardt F, Deinhardt J, eds. Viral hepatitis: laboratory and clinical science. New York; Marcel Dekker 1983: 411–87.

30. Schmidt E, Schmidt FW: Klinisch-chemische Untersuchungsmethoden. In: Schmidt E, Schmidt FW, Chemnitz G, eds. Krankheiten der Leber. Klinik der Gegenwart. München; Urban und Schwarzenberg 1984: E381–E421.

31. Sherlock S. Diseases of the liver and biliary system. Oxford; Blackwell 1989.

32. Schmidt E, Schmidt FW: Strategieprobleme bei der Diagnostik von Lebererkrankheiten. In: Lang H, Rick W, Büttner H, eds. Strategien für den Einsatz klinisch-chemischer Untersuchungen. Heidelberg; Springer 1981: 84–91.

33. Berg PA, Klein R. Klinik und Immunologie der primär biliären Zirrhose. Dt Ärztebl 1989; 86: B-2472–7.

34. Lee YM, Kaplan MM. Primary sclerosing cholangitis. N Engl J Med 1995; 332: 924–33.

35. George GO, Spiegelman GA, Barkin JS. Normal serum alkaline phosphatase: an unusual finding in early suppurative biliary obstruction. Am J Gastroenterol 1993; 88: 771–3.

36. Lammert F, Marschall HU, Glantz A, Matern S. Intrahepatic cholestasis of pregnancy: molecular pathgenesis, diagnosis and management. J Hepatol 2000; 33: 1012–21.

37. Hickman PE, Potter JM, Pesce AJ. Clinical chemistry and post-liver-transplant monitoring. Clin Chem 1997; 43: 1546–54.

38. Woolley S, Burger HR, Zellweger U. Phenprocoumon-induzierte cholestatische Hepatitis. Dtsch Med Wschr 1995; 120: 1507–10.

39. Steinke B, Waller HD. Zur Klinischen Relevanz von Laborparametern bei Non-Hodgkin-Lymphomen. Lab Med 1987; 11: 69–74.

40. Bowles SA, Kurdy N, Davis AM, France MW, Marsh DR. Serum osteocalcin, total and bone-specific alkaline phosphatase following isolated tibial shaft fracture. Ann Clin Biochem 1996; 33: 196–200.

41. Ralston SH. Paget’s disease of bone. N Engl J Med 2013; 368: 644–50.

42. Couttenye MM, Haese PCD, van Hoof VO, et al. Low serum levels of alkaline phosphatase of bone origin: a good marker of adynamic bone disease in haemodialysis patients. Nephrol Dial Transplant 1996; 11: 339–42.

43. Bang UC, Semb S, Nordgaard-Lassen I, Jensen JE. A descriptive cross-sectional study of the prevalence of 25-hydroxyvitamin D-deficiency and association with bone markers in a hospitalized population. Nutr Res 2009; 29: 671–5.

44. Okesina AB, Donaldson D, Lascelles PT. Isoenzymes of alkaline phosphatase in epileptic patients receiving carbamazepine monotherapy. J Clin Pathol 1991; 44: 480–2.

45. Sjöden G, Rosenquist M, Kriegholm E, et al. Verapamil increases serum alkaline phosphatase in hypertensive patients. J Int Med 1990; 228: 339–42.

46. Renal osteodystrophy symposium: calcium metabolism in health and uremia. Amer J Med Sci 1999; 317: 355–435.

47. Schwarz C, Sulzbacher I, Oberbauer R. Diagnosis of renal osteodystrophy. Eur J Clin Invest 2006; 36, Suppl 2: 13–22.

48. Withold W, Friedrich W, Degenhardt S. Serum bone alkaline phosphatase is superior to plasma levels of bone matrix proteins for assessment of bone metabolism in patients receiving renal transplants. Clin Chim Acta 1997; 261: 105–15.

49. WHO Study Group. Assessment of fracture risk and its application to screening of osteoporosis. Geneva; 1994: World Health Organisation.

50. Crofton PM, Stirling HF, Schönhaut E, Kelmar CJH. Bone alkaline phosphatase and collagen markers as early predictors of height velocity response to growth-promoting treatments in short normal children. Clin Endocrinol 1996; 44: 385–94.

51. Nanke J, Kotake S, Akama H, Kamatani N. Alkaline phosphatase in rheumatoid arthritis patients: possible contribution of bone-type ALP to the raised activities of ALP in rheumatoid arthritis patients. Clin Rheumatol 2002; 21: 198–202.

52. Chybowsky FM, Keller JJ, Bergstrahl EJ, Oesterling JE. Predicting radionuclide bone scan findings in patients with newly diagnosed, untreated prostate cancer: prostate specific antigen is superior to all other parameters. J Urol 1991; 154: 313–8.

53. Wolff JM, Ittel T, Boeckmann W, et al. Skeletal alkaline phosphatase in the metastatic workup of patients with prostate cancer. Eur Urol 1996; 30: 302–6.

54. Lorente JA, Morote J, Raventos C, Enbaco G, Valenzuela H. Clinical efficacy of bone alkaline phosphatase and prostate specific antigen in the diagnosis of bone metastasis in prostate cancer. J Urol 1996; 155: 1348–51.

55. Withold W, Schulte U, Reinauer H. Method for determination of bone alkaline phosphatase activity: analytical performance and clinical usefulness in patients with metabolic and malignant bone disease. Clin Chem 1996; 42: 210–7.

56. Walsh PN, Kissane JM. Nonmetastatic hypernephroma with reversible hepatic dysfunction. Arch Intern Med 1986; 122: 214–22.

57. Neumann A, Keller T, Jocham D, Doehn C. Die humane plazentare alkalische Phosphatase (hPLAP) ist der am häufigsten erhöhte Serummarker beim Hodentumor. Aktuel Urol 2011; 42: 311–5.

58. Albrecht W, Jeschke K, Stoiber F, et al. PLAP: Improving the management of seminomas. Abstract 18. Meeting of the International Society for Oncodevelopmental Biology and Medicine. Munich 2000.

59. Weissbach l, Bussar-Maatz R, Mann K. The value of tumor markers in testicular carcinoma. Eur Urol 1997; 32: 16–22.

60. Koshida K, Uchibayashi T, Yamamoto H, Hirano K. Significance of placental alkaline phosphatase (PLAP) in the monitoring of patients with seminoma. Br J Urol 1996; 77: 138–42.

61. Tonik SE, Ortmeyer AE, Shindelman JE, Sussman HH. Elevation of placental alkaline phosphatase levels in cigarette smokers. Int J Cancer 1983; 31–5.

62. Beyeler C, Banks R, Thompson D, Forbes RA, Cooper EH, Bird HA. Bone alkaline phosphatase in rheumatoid arthritis: a longitudinal study. J Rheumatol 1996; 23: 241–4.

63. Vogelsang H, Hamwi A, Ferenci P. Elevated liver enzymes of alkaline phosphatase and disease activity in patients with Crohn’s disease. Digestion 1996; 57: 11–5.

64. Engler H, Öttli RE, Riesen WF. Biochemical markers in bone turnover in patients with thyroid dysfunctions and in euthyroid controls: a cross-sectional study. Clin Chim Acta 1999; 289: 159–72.

65. Wolf PL. The significance of transient hyperphosphatasemia of infancy and childhood to the clinician and clinical pathologist. Arch Pathol Lab Med 1995; 119: 774–5.

66. Wong T, Wood F, Sherwood RA. Transient hyperphosphatasaemia in an adult with preexisting disease. Ann Clin Biochem 1999; 36: 516–8.

67. Ranganath L, Taylor W, John L, Alfirevic Z. Biochemical diagnosis of placental infarction/damage: acutely rising alkaline phosphatase. Ann Clin Biochem 2008; 45: 335–8.

68. Lum G. Significance of low serum alkaline phosphatase activity in predominantly adult male population. Clin Chem 1995; 41: 515–8.

69. Hoshino T, Kamasaka K, Kawano K, et al. Low serum alkaline phosphatase activity associated with severe Wilson’s disease. Is the breakdown of alkaline phosphatase molecules caused by reactive oxygen species? Clin Chim Acta 1995; 238: 91–100.

70. Rockman-Greenberg C. Hypophosphatasia. Pediatr Endocrinol Rev 2013; suppl 2: 380–8.

71. Jandl NM, Schmidt TI, Rolvien T, Stürznickel J, Chrysostomou K, von Vopelius E, Volk AE, et al. Genotype-phenotype associations in 72 adults with suspected ALPL- associated hypophosphatasia. Calcified Tissue International 2020. doi: 10.1007/s00223-020-00771-7.

72. Adachi J. Corticosteroid-induced osteoporosis. Am J Med Sci 1997; 313: 41–9.

73. Dufour DR, Lott JA, Nolte FS, Gretch DR, Koff RS, Seeff LB. Diagnosis and monitoring of hepatic injury.I. Performance characteristics of laboratory tests. Clin Chem 2000; 46: 2027–49.

74. Tibi L, Collier A, Patrick AW, Clarke BF, Smith AF. Plasma alkaline phosphatase isoenzymes in diabetes mellitus. Clin Chim Acta 1988; 177: 147–56.

75. Salway JG. Drug test interactions handbook. London: Chapman and Hill, 1990.

76. Heins M, Heil W, Withold W. Storage of serum or whole blood samples? Effects of time and temperature on 22 serum analytes. Eur J Clin Chem Clin Biochem 1995; 33: 231–8.

77. Garnero P, Delmas PD. Assessment of the serum levels of bone alkaline phosphatase with a new immunometric assay in patients with metabolic bone disease. J Clin Endocrinol Metab 1993; 77: 1046–53.

78. Koshida K, Takahashi M, Kawana K, Inoue T. Comparison of markers for bone formation and resorption in premenopausal and postmenopausal subjects, and osteoporosis. J Clin Endocrinol Metab 1995; 80: 2447–50.

79. Coburn SP, Mahuren JD, Jain M, Zubovic I, Wortsman J. Alkaline phosphatase (EC 3.1.3.1) in serum is inhibited by physiological concentrations of inorganic phosphate. J Endocrinol Metab 1998; 83: 3951–7.

1.4 α-Amylase

Klaus Lorentz

Humane α-Amylasen (1,4-α-D-Glucan­glu­ca­no­hydro­lasen, EC 3.2.1.1) sind monomere Proteine, deren Aminosäuresequenzen beim Pankreasenzym (P-Amylase) und Speicheldrüsenenzym (S-Amylase) zu 97 % homolog sind. Im Serum und Urin gesunder Personen weisen die Isoenzyme aus Pankreas und Speicheldrüsen bei Gesunden etwa gleiche katalytische Aktivitäten auf. Bei Verdacht auf akute Pankreatitis steht neben der α-Amylase auch die Bestimmung der Lipase zur Verfügung, der von vielen Klinikern der Vorzug gegeben wird (siehe Beitrag 1.1.2 – Diagnostische Aussage von Enzymen).

1.4.1 Indikation

  • Nachweis und Ausschluss der akuten Pankreatitis (bei akutem Oberbauchschmerz).
  • Nachweis der chronischen Pankreatitis (im Rezidiv).
  • Ausschluss einer Pankreasbeteiligung bei abdominellen Erkrankungen und chirurgischen Eingriffen.
  • Verlaufskontrolle nach endoskopisch-retrograder Choledochopankreatographie.
  • Parotitis (epidemisch, marantisch, postoperativ, Alkohol-induziert).

1.4.2 Bestimmungsmethode

Prinzip: Die Enzymaktivität wird kontinuierlich durch Abbau definierter Oligosaccharide, die einen aromatischen Rest an der reduzierenden Gruppe des ersten Glucosemoleküls (G1) tragen, gemessen. Der aromatische Rest wird beim Angriff von α-Amylase auf 2-Chlor-4-nitrophenyl-α-D-maltotriosid direkt freigesetzt und gemessen. Bei der IFCC-Methode mit einem Substrat höherer Kettenlänge (EPS) wird der aromatische Rest 4-Nitrophenyl-G (7 – x) durch die α-Glucosidase abgespalten und als gelber Chromophor gemessen. Substitution am Kohlenstoffatom 6 der Glucose (G7) des nicht-reduzierenden Endes schützt die Oligosaccharide gegen einen Angriff der Hilfsenzyme.

Methode der International Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine (IFCC) /1/

EPS + H2Oα-Amylase4,6-Ethylidene-G x +4-Nitrophenyl-G (7–x)4-Nitrophenyl-G (7–x) + (7–x) H2Oα-Glucosidase(7–x) Glucose + 4-Nitrophenoxide

Abkürzungen: EPS, 4,6-ethylidene(G1)-4-nitrophenyl(G7)-α-(1–4)-maltoheptaoside; G, α-(1–4)-D-glucopyranosyl

1.4.3 Untersuchungsmaterial

  • Serum, Heparinplasma, Ergussflüssigkeit: 1 ml
  • Harn (12 h-Sammelharn oder Spontanharn): 1 ml

1.4.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 1.4-1 – Referenzbereich der α-Amylase.

1.4.5 Bewertung

Diagnostisch unstrittig ist nur eine Zunahme der Enzymkonzentration im Serum zur Erkennung einer Erkrankung des Pankreas. Sie ist bei akuten und rezidivierenden Entzündungen am sichersten nachzuweisen im optimalen diagnostischen Intervall von 5–10 h nach dem Einsetzen von Schmerzen im Oberbauch. Neben dem Stadium der Erkrankung bestimmt die Obergrenze des Referenzintervalls (OGR), die Qualität der diagnostischen Aussage. Die Pankreasamylase gilt gegenüber der α-Amylase (total) als überlegen /6/, doch ist der Zeitpunkt der Untersuchung wichtiger als die Wahl des Enzyms. Regelhaft zeigen α-Amylase und Lipase ein paralleles Verhalten mit verzögertem Abfall der Lipase zur Norm. Die Höhe der Aktivitäten im Serum reflektiert keineswegs die Schwere der Erkrankung, da auch α-Amylase- und Lipaseaktivitäten unter 3 × oberer Referenzbereichswert (ORF) bei ernsten Verläufen gemessen werden /7/.

Werte im Referenzbereich, besonders bei α-Amylase, treten gelegentlich auch bei akuter, vorzugsweise Alkohol-induzierter Pankreatitis auf /7/. Umgekehrt beobachtet man bei 8 % der hospitalisierten Patienten eine Erhöhung der α-Amylase ohne Vorliegen einer Pankreaserkrankung, so dass die Bestimmung nicht indiziert ist wenn kein Verdacht auf eine Pankreaserkrankung besteht /8/.

Erhöhte Werte weisen auf folgende Krankheiten hin:

  • Akute Pankreatitis: Am Erkrankungstag bleibt die α-Amylase mit 80 % diagnostischer Sensitivität unter der von Lipase und Pankreasamylase (Tab. 1.4-2 – Ursachen pankreatogener Hyperamylasämien), der Abstand vergrößert sich bis zum 5. Tag, dann fällt die diagnostische Sensitivität unter 70 % /9/.
  • Rezidiv einer chronischen Pankreatitis: Zeitprofil und Verhältnis beider Enzyme in einem akuten Schub entsprechen denen bei akuter Entzündung. Sie erreichen aber nur gelegentlich deren Sensitivität bei einer diagnostischen Spezifität über 90 %. Niedrige α-Amylase/Lipase-Quotienten werden als typisch für fortgeschrittene Stadien angesehen /10/.
  • Pankreatitis nach endoskopisch-retrograder Choledochopankreatographie (ERCP). Die Lipaseaktivität steigt nach dem Eingriff höher an als die von α-Amylase, erreicht wie diese einen Gipfel nach 6 h, bleibt aber länger als 3 Tage erhöht /11/. Bei einer akuten Pankreatitis dauern die Höchstwerte bis zu 24 h an /12/, ihr Ausbleiben kann nach 2 h bei unter 2,4 × ORF für α-Amylase und unter 4,2 × ORF für Lipase mit einem negativen Vorhersagewert von 0,98 erwartet werden /13/.

Chronische asymptomatische Hyperamylasämien beruhen in etwa der Hälfte der Fälle auf pankreatischen oder extra pankreatischen Erkrankungen, zu jeweils etwa 5 % wird eine Makroamylasämie oder familiäre Hyperamylasämie diagnostiziert, in 40 % der Fälle wird keine Ursache gefunden /14/. Die Existenz der ubiquitären Isoform X-Amylase resultiert aus intestinaler Herkunft und P- und S-Amylase können aus Neoplasien und Lebergeweben stammen /15/. So kann man α-Amylase- und Lipaseerhöhungen bei Leberkrankheiten erwarten /16/, aber auch in Folge Kreislaufinsuffizienz mit Leberstauung /17/, die generell eine Hyperamylasämie hervorruft. Daneben ist auch an eine aufsteigende Parotitis bei postoperativer Stomatitis zu denken.

α-Amylase- und Lipaseerhöhungen um 10–15 % sind bei Fructose Malabsorption /18/ und antiepileptischer Behandlung /19/ beschrieben. Pankreaskarzinome verursachen bei Verschluss des Ductus pancreaticus eine Hyperenzymämie. Bei Bulimie und Anorexie erreichen Amylasämien gelegentlich bis zu 2 × ORF /20/, meist durch Parotitis als Folge einer Stomatitis. Weitere Ursachen extra pankreatischer Hyperamylasämien sind aufgezeigt in Tab. 1.4-3 – Ursachen extrapankreatischer Hyperamylasämien.

Niedrige Werte bei Adipösen haben eine geringe Bedeutung. Hypoamylasämie als Symptom einer Pankreasinsuffizienz, auch als fehlende Antwort auf einen Sekretionsreiz (negativer Evokationstest), wird, abgesehen von terminalen Stadien, vermisst.

α-Amylase im Urin

Die Untersuchung ist angezeigt bei Hyperamylasämie, wenn der Verdacht auf eine Makroamylasämie oder eine Niereninsuffizienz besteht. Siehe auch Tab. 1.1-2 – Makroenzyme: Charakterisierung, klinische Bedeutung und Labordiagnostik.

α-Amylase in anderen Flüssigkeiten

Die postoperative Untersuchung in Drainagesekreten dient zum Nachweis einer Pankreasfistel. Hohe Konzentrationen in Pleuraergüssen (bei basaler Pleuritis und Verletzung des D. thoracicus) deuten auf eine Pankreatitis. Bei Leukämien, Bronchialkarzinom und Lungenmetastasen soll S-Amylase erhöht sein /21/.

1.4.6 Hinweise und Störungen

Makroamylasämie

Makroamylasen sind uneinheitliche Komplexe (Molekulargewicht über 400 kDa), in denen α-Amylase an der Fab-Region von Immunglobulinen (zumeist IgA, unter 30 % IgG, unter 5 % andere Ig) gebunden wird. Gelegentlich findet man außerdem Albumin und α1-Antitrypsin. Sie entgehen wegen ihrer Größe der glomerulären Filtration und verursachen durch Verbleib im Serum eine höchstens 4 fache Erhöhung der Aktivität. Mehrheitlich ist S-Amylase beteiligt, doch lässt sie sich, wegen der durch Ig abgedeckten Epitope des Enzyms, oft nicht erkennen. Merkmale sind chronische Hyperamylasämie ohne klinisches Korrelat, normale oder niedrige Amylase im Urin sowie eine unauffällige Lipaseaktivität. Diese harmlose Anomalie findet man in 0,1 % der Bevölkerung. Man sollte aber bei einer Makroamylasämie nach monoklonalen Gammopathien suchen.

Häufiger sind Makroformen nach Infusion von Hydroxyethylstärke (HAES), die mit Amylase hochmolekulare Komplexe bildet. Die Zufuhr von 500 ml 6 %iger HAES bewirkt für 3–5 Tage eine erhöhte α-Amylase, da das Enzym erst nach dem Abbau von HAES glomerulär filtriert wird. Diese Hyperamylasämie kann als postoperative Pankreatitis missdeutet werden. Die Lipase ist normal.

Siehe Tab. 1.1-2 – Makroenzyme: Charakterisierung, klinische Bedeutung und Labordiagnostik.

Bestimmungsmethode

Alle Verfahren messen bis 10 fach des oberen Referenzbereichswerts proportional zur Konzentration, und ihre Substrate sind in Lösung gut haltbar. Glucose über 10 g/l mindert das gemessene Signal kaum, Pyruvat und Lactat interferieren nicht.

Tests, die 4-Nitrophenol- oder 2-Chlor-4-nitrophenol als Chromophor freisetzen, tolerieren höhere Konzentrationen von Bilirubin, Triglyceriden und Hämoglobin, doch wird bei frischer Hämolyse (durch Abnahme der Hämoglobinabsorption) eine zu geringe Enzymaktivität vorgetäuscht /22/. Lipoproteine können niedrige Werte in lipämischen Seren hervorrufen.

Amylase im Harn

Während Ausscheidung und Clearance der α-Amylase gewisse diagnostische Aussagen bei Verdacht auf eine Makroamylasämie und Niereninsuffizienz erlauben, besitzt die Bestimmung im Urin und der Clearance-Quotient zur Erkennung der akuten Pankreatitis keine Bedeutung.

Antikoagulantien

EDTA und Oxalat dürfen wegen der Bindung von Ca2+ nicht verwendet werden, Heparin stört nicht. Einige Tests enthalten Magnesium im Reagenz, um Amylase in EDTA-Plasmen zu reaktivieren.

Referenzbereich

Die α-Amylase weist ein typisches Altersprofil auf mit hohen individuellen Schwankungen. Schwangerschaft hat keinen Einfluss. Neugeborene besitzen nur Speichelenzym mit 25–50 % der endgültigen Konzentration, die nach 12 Monaten erreicht wird. Pankreasamylase erscheint erst nach 1–2 Lebensmonaten und steigt kontinuierlich bis zum 10. Lj. an, dann gilt der Referenzbereich für Erwachsene.

Stabilität

Serum 1 Woche bei 4 °C oder 25 °C oder mindestens 1 Jahr bei –28 °C (auch zum Nachweis einer Makroamylasämie). Im Urin bei 4 °C zumindest einen Tag unverändert aktiv, bei steriler Aufbewahrung sogar bis zu einem Monat, nicht einfrieren.

1.4.7 Pathophysiologie

Humane α-Amylasen [1,4-α-D-Glucanglucanohydro­lasen, EC 3.2.1.1] repräsentieren drei nahezu identische monomere Proteine, die nach Abspaltung eines Signalpeptids von 15 Aminosäuren aus dem endoplasmatischen Retikulum als aktive Enzyme mit einheitlich 496 Aminosäuren in das Zytoplasma übertreten /23/.

Ihre Genorte in der chromosomalen Bande 1p21 kodieren für drei Isozyme mit Molekulargewichten um 54 kD: AMY2A für das Pankreas-, AMY2B für das ubiquitäre und AMY1 für das Speichelenzym. Es ist zu 97 % bei 15 abweichenden Aminosäuren mit der Pankreasamylase homolog, das ubiquitäre Isozym sogar zu 98 % durch Austausch von nur 5 Aminosäuren. Speichelamylase kann deshalb durch den gleichzeitigen Einsatz von zwei monoklonalen Antikörpern mit unter 3 % Restaktivität gehemmt werden, das ubiquitäre Isoenzym jedoch nicht. Von beiden existieren glykosylierte Formen mit MG von 57–62 kD, deren Glykanreste ohne Aktivitätsverlust in vivo enzymatisch abgespalten werden.

Amylasen sind aus drei Domänen aufgebaut. Domäne A enthält das aktive Zentrum mit einem aktivierenden Cl, das durch Anionen ähnlicher Größe ersetzt werden kann. Ein protektives Ca2+ in Domäne B richtet sich gegen das katalytische Zentrum aus und stabilisiert das Enzymmolekül, das daher durch Calcium-komplexierende Antikoagulantien und Schwermetalle inaktiviert wird. Domäne C trägt bei glykosylierten Formen den Glykanrest und variiert stark mit der Spezies. Alle Isoenzyme bauen polymere Kohlenhydrate durch zufällige Hydrolyse 1,4-α-glucosidischer Bindungen bis zum Disaccharid ab. Oligosaccharide werden an bevorzugten Bindungen gespalten. Dabei können Glucose und Maltose auf das Substrat übertragen werden.

α-Amylase wird im sekretorischen Epithel von Mundspeicheldrüsen und Pankreas, in geringer Konzentration auch in Leber- und Karzinomgewebe synthetisiert /15/. Wie bei Lipase ist im Acinusepithel ein Proenzym nachweisbar, das jedoch nicht extrazellulär erscheint. Bei Gesunden werden > 99 % des Enzyms in den Gastrointestinaltrakt abgegeben, während Abflussstörungen und Entzündungen des Organs zu einem erhöhten Übertritt in den Kreislauf führen. Eine erhebliche Zerstörung des sekretorischen Parenchyms beeinflusst kaum die Aktivität im Serum.

Im übrigen verhält sich das Enzym wie Lipase, doch ist seine Halbwertszeit mit 9,3–17,7 h länger. Als Ursache dieser Differenz ist eine 50 %ige tubuläre Rückresorption der glomerulär vollständig filtrierten α-Amylase anzunehmen. Die Rückresorption wird durch tubuläre Schädigungen (Verbrennung, Ketoazidose, akute Pankreatitis) und Proteinurie eingeschränkt /24/, so dass die Amylase-Clearance (normal 2,8–4,6 ml/min) zunimmt. Hierdurch steigt auch der Clearance Quotient [(Amylase Clearance/Creatinin Clearance) × 100] von 1,8–3,2 % bei Gesunden auf > 10 % an. Glomeruläre Schäden vergrößern den Quotienten durch einen stärkeren Rückgang der Creatinin Filtration gering bis 9 %. Die Pankreasfraktion nimmt relativ zu, die Ausscheidung von α-Amylase stark ab.

Literatur

1. Schumann G, Aoki R, Ferrero CA, Ehlers G, Ferard G, Gella FJ, et al. IFCC primary reference procedures for the measurement of catalytic activity concentrations of enzymes at 37 °C. Reference procedure for the measurement of catalytic concentration of α-amylase. Clin Chem Lab Med 2006; 44: 1146–55.

2. Lorentz K, Gütschow B, Renner F. Evaluation of a direct α-amylase assay using 2-chloro-4-nitrophenyl-α-D-maltotrioside. Clin Chem Lab Med 1999; 37: 1053–62.

3. Genzyme Diagnostics. Amylase dual reagent (instructions for use) 1994.

4. Junge W, Wortmann W, Wilke B, Waldenström J, Kurr­le-Weittenhiller A, Finke J, Klein G. Development and evaluation of assays for the determination of total and pancreatic amylase at 37°C according to the principle recommended by the IFCC. Clin Biochem 2001; 34: 607–15.

5. Abicht K, Heiduk M, Körn S, Klein G. Lipae, p-amylase, CRP-hs and creatinine: reference intervals from infancy to childhood. Abstract 15th IFCC-FESC, Barcelona 2003.

6. Melzi d’Eril GV, Bosoni T, Lesi C. Pancreatic amylase in serum for differential diagnosis of acute pancreatitis and acute abdominal diseases. Clin Chem 1989; 35: 2142–3.

7. Lankisch PG, Burchard-Reckert S, Lehnick D. Underestimation of acute pancreatitis: patients with only a small increase in amylase/lipase levels can also have or develop severe acute pancreatits. Gut 1999; 44: 542–4.

8. Lankisch PG, Doobe C, Finger T, Lübbers H, Mahlke R, Brinkmann G, et al. Hyperamylasemia and/or hyperlipasemia: incidence and underlying cause in hospitlized patients with non-pancreatic diseases. Scand J Gastroenterol 2009; 44: 237–41.

9. Gwozdz GP, Steinberg WM, Werner W, Henry JP, Pauley C. Comparative evaluation of the diagnosis of acute pancreatitis based on serum and urine assays. Clin Chim Acta 1990; 187: 243–54.

10. Dominguez-Muñoz JE, Pieramico O, Büchler M, Malfertheiner P. Ratios of different serum pancreatic enzymes in the diagnosis and staging of chronic pancreatitis. Digestion 1993; 54: 231–6.

11. Müller-Hansen J, Müller-Plathe O, Pröpper H. Untersuchungen zur diagnostischen Sensitivität von Lipase- und Amylase-Bestimmungen. Einfluß der ERCP auf die Aktivität von Serum-Lipase und Amylase. Ärztl Lab 1986; 32: 17–23.

12. Conn M, Goldenberg A, Concepcion L, Mandeli J. The effect of ERCP on circulating pancreatic enzymes and pancreatic protease inhibitors. Am J Gastroenterol 1991; 86: 1011–4.

13. Gottlieb K, Sherman S, Pezzi J, Esber E, Lehman GA. Early recognition of post-ERCP pancreatitis by clinical assessment and serum pancreatic enzymes. Am J Gastroenterol 1996; 91: 1553–7.

14. Pezzilli R, Morselli-Labate M, Casadei R, Campana D, Rega D, Santini D, et al. Chronic asymptomatic pancreatic heperenzymemia is a benign condition in only half of the cases: a prospective study. Scand J Gastroenterol 2009; 44: 888–93.

15. Nakamura Y, Tomita N, Nishide T, Emi M, Horii A, Ogawa M, Mori T, Kosaki G, Okabe T, Fujisawa M, Ohsawa N, Kameya T, Matsubara K. Production of salivary type α-amylase in human lung cancer. Gene 1989; 77: 107–12.

16. Tsuzuki T, Shimizu S, Takahashi S, Iio H. Hyperamylasemia after hepatic resection. Am J Gastroent 1993; 88: 734–6.

17. Góth L, Mészáros I, Scheller G. Hyperamylasemia and α-amylase isoenzymes in acute liver congestion due to cardiac circulatory failure. Clin Chem 1989; 35: 1793–4.

18. Ledochowski M, Murr C, Lass-Flörl C, Fuchs D. Increased serum amylase and lipase in fructose malabsorbers. Clin Chim Acta 2001; 311: 119–23.

19. Hermida J, Tutor JC. Serum amylase and lipase activities in epileptic patients treated with enzyme-inducing anticonvulsant drugs. Clin Chim Acta 2001; 303: 181–3.

20. Hempen I, Lehnert P, Fichter M, Teufel J. Hyperamylasämie bei Anorexia nervosa und bulimia nervosa. Dtsch Med Wschr 1989; 114: 1913–6.

21. Joseph J, Viney S, Beck P, Strange C, Sahn SA, Basran GS. A prospective study of amylase-rich pleural effusions with special reference to amylase isoenzyme analysis. Chest 1992; 102: 1455–9.

22. Gosling P, Zareian M. Fresh haemolysis interferes with blocked p-nitrophenyl-maltoheptaoside amylase methods. Ann Clin Biochem 1994; 31: 371–3.

23. Nishide T, Emi M, Nakamura Y, Matsubara K. Corrected sequences of cDNAs for human salivary and pancreatic α-amylases. Gene 1986; 50: 371–2.

24. Andreulli A, Bergia R, Masoero G, Biardi P, Pellegrino S, Tondolo M. Amylase to creatinine clearance ratio in renal diseases. Gastrenterology 1979; 77: 86–90.

1.5 Angiotensin-Converting Enzyme (ACE)

Lothar Thomas

Angiotensin-I-Converting Enzyme, auch als Peptidyl-Dipeptidase A; EC 3.4.15.1 bezeichnet, wurde ursprünglich als Dipeptidylcarboxypeptidase beschrieben /1/. ACE ist vorwiegend auf der luminalen Oberfläche vaskulärer Endothelzellen lokalisiert, entstammt aber auch den Zellen des Monozyten- und Makrophagen-Systems. Physiologisch ist ACE der Gewebe involviert (Abb. 1.5-1 – Biochemische Wirkungen von ACE):

  • Als Schlüsselenzym im Renin-Angiotensin-System: ACE wandelt Angiotensin I in den potenten Vasosuppressor Angiotensin II um, durch Abspaltung des carboxyterminalen Dipeptids.
  • In die Inaktivierung des Vasodilatators Bradykinin, in dem es sequentiell zwei carboxyterminale Dipeptide entfernt.

Serum ACE (SACE) ist nicht in diese Reaktionen involviert und seine pathologische Bedeutung ist ungeklärt. Erhöhte SACE-Aktivitäten sind bei einer Reihe von Krankheiten beschrieben, insbesondere der Sarkoidose (Besnier-Boeck-Schaumann-Erkrankung).

1.5.1 Indikation

  • Verdacht auf Sarkoidose.
  • Beurteilung der Granulomlast bei der Sarkoidose und deren Therapieverlauf.

1.5.2 Bestimmungsmethode

Viele synthetische Substrate sind zur ACE-Bestimmung entwickelt worden. Sie haben die gleichen Eigenschaften wie Angiotensin I und Bradykinin, nämlich eine freie Carboxylgruppe am C-terminalen Ende und eine Aminosäure, die nicht Prolin ist, in vorletzter Position.

Es handelt sich um Arylpolypeptide, gewöhnlich Tripeptide mit einem blockierten N-terminalen Ende, vorwiegend Hippuryl-glycyl-glycin (Hippuryl als Benzoylglycyl), Hippuryl-histidyl-leucin (HHL) und Furylacryloyl-Phenylalanyl-glycyl-glycin (FAPGG). Die Substrate werden zur photometrischen, fluorometrischen, radiometrischen und chromatographischen Bestimmung von SACE eingesetzt /1/.

Methode nach Lieberman /2/

Prinzip: Die Rate der Freisetzung von Hippursäure aus HHL wird nach Extraktion mit Äthyläther spektralphotometrisch bei 228 nm gemessen.

Methode nach Neels et al. /3/

Prinzip: Die Rate der Freisetzung von Glycyl-glycin aus Hippuryl-glycyl-glycin (Hippuryl- als Benzoylglycyl) wird in einer chromogenen Reaktion bestimmt. Photometrische Messung bei 420 nm.

Methode nach Ryan et al. /4/

Prinzip: 3H-Hippuryl-glycyl-glycin wird als Substrat eingesetzt und die Rate der Freisetzung von 3H-Hippursäure gemessen.

Methode nach Friedland und Silverstein /5/

Prinzip: Als Substrat wird HHL eingesetzt. Spektralfluorometrisch wird die Rate der Freisetzung von Histidyl-leucin nach Bildung eines Fluoreszenzadductes mit Orthophenylendiamin bestimmt.

Methode nach Holmquist et al. /6/

Prinzip: ACE katalysiert die Hydrolyse von FAPGG zu Furylacryloylphenylalanin und Glycyl-glycin. Durch die Hydrolyse kommt es zu einer Blauverschiebung der Absorption des Messansatzes. Die Abnahme der Absorption wird bei 340 nm gemessen. Sie ist direkt proportional der ACE-Aktivität der Probe.

1.5.3 Untersuchungsmaterial

Serum, Heparinplasma (kein EDTA-Plasma): 1 ml

1.5.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 1.5-1 – Referenzbereich von ACE in Abhängigkeit von der Bestimmungsmethode.

1.5.5 Bewertung

Bei der Aktivität von Serum ACE (SACE) Gesunder handelt es sich wahrscheinlich um freigesetztes Enzym, das als Ektoenzym in Makrophagen der dem Lumen zugewandten Seite der Gefäßwand verankert ist /1/. Erhöhte SACE-Aktivitäten entstammen Granulomen. Diese sind das immunpathogene Merkmal vieler chronisch interstitieller Lungenerkrankungen wie Sarkoidose, interstitielle Pneumonitis, Berylliose, Histiozytose X und Erkrankungen mit strukturierten Massen aus aktivierten Makrophagen, Epitheloidzellen und Riesenzellen /8/. Auch gibt es Krankheiten, bei denen in etwa 25 % der Fälle SACE erhöht ist wie M. Gaucher, Hyperthyreose, Diabetes mellitus mit Retinopathie, Leberzirrhose, Silikose, Asbestose, Lymphangiomyomatose, chronisches Fatique-Syndrom /9/.

Die erniedrigte SACE soll ein Marker der endothelialen Dysfunktion des vaskulären Bettes sein, z.B. bei der Lungenschädigung toxischer Ursache, tiefen Venenthrombose, Hypothyreose oder nach Chemo- und Radiotherapie maligner Tumoren /1/. Die Wertigkeit einer niedrigen SACE ist nicht bekannt.

1.5.5.1 Sarkoidose

Klinik /810/

Die Sarkoidose ist eine granulomatöse multi-systemische Erkrankung unbekannter Ätiologie. Sie betrifft vorwiegend die Lungen und die intrathorakalen Lymphknoten unter Bildung nicht verkäsender Granulome. In den betroffenen Organen liegen epitheloidzellige, granulomatöse, nicht-verkäsende Entzündungen vor.

Es erkranken vorwiegend junge Erwachsene, Altersgipfel 30–40 Jahre, mit Befall folgender Organe:

  • Lunge über 95 % der Fälle; bihiläre Lymphadenopathie, interstitielles Lungeninfiltrat.
  • Leber, Milz zu 25–70 %.
  • Hautbeteiligung 10–60 %, Augenbeteiligung 10–25 %.
  • Periphere Lymphknoten und Skelettmuskulatur 30 %.
  • Speicheldrüsen, Zentralnervensystem, Herzmuskel 5 %.

Unterschieden werden folgende Verlaufsformen:

  • Akute Form. Sie entwickelt sich abrupt in wenigen Wochen und macht 20–40 % aller Sarkoidosefälle aus. Es kommt zu respiratorischen Symptomen, retrosternaler Brustschmerzen, Fieber, Arthralgie, Erythema nodosum, Hilusadenopathie sowie Uveitis (Löfgren-Syndrom) und einem schweren Krankheitsgefühl. Auch oligosymptomatische Formen kommen vor.
  • Chronische Form. Sie ist symptomfrei, etwa ein Drittel der Patienten haben Husten, Dyspnoe und selten Hämoptysen. In Diskrepanz zu den Befunden erscheinen diese Patienten auffällig gesund. Extra pulmonale Manifestationen sind häufig das Leitsymptom der Erkrankung, pulmonale Symptome können fehlen.

Prävalenz: Deutschland 40–50/100.000 Einwohner, Spanien, Italien unter 10/100.000, hohe Prävalenz bei Schwarzen und Puertorikanern.

Serum ACE (SACE)

Die Rate der fasch positiven Ergebnisse der SACE liegt, abhängig von der Literaturangabe, bei 50 %, trotzdem wird die SACE-Bestimmung als Suchreaktion bei Verdacht auf Sarkoidose eingesetzt /27/.

Diagnose und Management

Kein spezifischer und genügend akkurater Biomarker wurde bisher identifiziert zur Diagnostik und dem Management der Sarkoidose. Bei den diagnostischen Serummarkern spielt das Serum Angiotensin Converting Enzyme (SACE) eine zweifelhafte Rolle, denn es ist nicht empfindlich genug um den Beginn einer Sarkoidose anzuzeigen und die frühzeitige Behandlung zu beginnen. Deshalb wird bei Verdacht auf eine Sarkoidose die Bildgebung der Lunge in Kombination mit der Bestimmung von SACE empfohlen. Eine wesentliche Komplikation der hepatischen Sarkoidose ist die portale Hypertension /27/.

Prognose

Der natürliche Verlauf der Sarkoidose ist nicht vorhersehbar. So können Patienten mit fortgeschrittenen pulmonalen Infiltraten und Splenomegalie eine spontane Remission haben, während andere mit asymptomatischer hilärer Adenopathie ein schweres Krankheitsbild entwickeln können. Patienten mit bihilärer Lymphadenopathie (Typ I) haben zu 70 % eine spontane Remission, diejenigen mit Lungeninfiltraten und bihilärer Lymphadenopathie (Typ II) und Lungeninfiltraten ohne bihiläre Lymphadenopathie (Typ III) zu jeweils 50 %. Die Mortalität beträgt 40 % bei denjenigen mit Lungenfibrose (Typ IV). Generell ist die Prognose schlechter, je schwerer die klinische Symptomatik zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ist und je mehr Organe in die Erkrankung mit einbezogen sind /8/.

Neurosarkoidose /11, 12/

Neurologische Symptome auf Grund einer Mitbeteiligung des Zentralnervensystems (ZNS) haben etwa 5 % der Patienten mit systemischer Sarkoidose, 10–30 % zeigen initiale neurologische Symptome bei der ersten Vorstellung, die Inzidenz der isolierten Sarkoidose des ZNS soll unter 0,2 bezogen auf 100.000 Kaukasier sein. Die Neurosarkoidose kann die Meningen, das Hirnparenchym, das Rückenmark und die peripheren Nerven betreffen. Die Abgrenzung der intrakranialen Sarkoidose von anderen neurologischen Störungen kann schwierig sein, insbesondere, wenn die Symptome extrakranialer Manifestation fehlen.

Verhalten von SACE bei Sarkoidose

Der ACE-Wert im Serum ist wertvoll zur:

  • Bestätigung der Vermutung einer Sarkoidose.
  • Abschätzung der Granulomlast des Organismus.
  • Beurteilung des Krankheitsverlaufs.
  • Beurteilung des Verlaufs unter Kortikosteroiden.

Diagnostik

Der positive prädiktive Wert der SACE Bestimmung beträgt bei akuter pulmonaler Sarkoidose 75–90 %, der negative 70–80 % /13/. Die diagnostische Sensitivität einer erhöhten SACE-Aktivität in Kombination mit einem radiographischen Typ II- oder Typ III-Befund im 67Ga-Scan soll 100 % betragen. Ein normaler SACE-Wert schließt in Kombination mit einem negativen 67Ga-Scan eine pulmonale Sarkoidose aus. Die chronische Sarkoidose geht häufig mit normalen SACE-Werten einher und erhöhte Aktivitäten treten auch bei anderen granulomatösen Erkrankungen auf.

Ein normaler SACE-Wert allein schließt die akute Sarkoidose nicht immer aus, denn der Referenzbereich von SACE ist vom genetischen Polymorphismus abhängig und die Referenzwerte wurden ohne Beachtung des Polymorphismus erstellt /14/. So kann eine akute Sarkoidose mit Erythema nodosum mit Werten im Referenzbereich einhergehen /13/. Bei einer Sarkoidose der Leber, die sich als sklerosierende Cholangitis, extrahepatische Cholestase oder als Budd-Chiari-Syndrom manifestiert, ist SACE in etwa 15 % der Fälle erhöht, die Gesamt-AP fast immer 2–5 fach /15/.

Abschätzung der Granulomlast /13/

Die Höhe des ACE-Wertes reflektiert die Granulomlast des Gesamtorganismus, unabhängig welches Organ betroffen ist. Das gilt besonders für die systemische Sarkoidose. Isolierte Sarkoidosen wie z.B. die Sarkoidose des ZNS oder die kardiale Sarkoidose bewirken keine ACE-Erhöhung. Das kann auch der Fall sein bei wenig vaskularisierten, mitunter großen mediastinalen Lymphomen.

Klinischer Verlauf /13/

Eine initial niedrige SACE-Aktivität weist auf eine gute Prognose hin, die 2–3 fache Erhöhung ist prognostisch ungünstiger. Mit Progression der Erkrankung steigt die SACE-Aktivität an und erreicht die höchsten Werte bei chronisch aktiver Erkrankung mit hoher Granulomlast.

Kortikosteroid Therapie /16/

Für die Entscheidung zu dieser Therapie ist der SACE-Wert zwar generell nicht das Kriterium, es können aber Aktivitäten, die den oberen Referenzbereichswert stärker überschreiten, als Zeichen der Behandlungsbedürftigkeit gewertet und mit einer guten Ansprechbarkeit gerechnet werden. Je höher der Ausgangswert, desto länger muss eine Kortikosteroid Therapie erfolgen, damit es zu einer SACE Normalisierung und Besserung der klinischen Beschwerden kommt. Gewöhnlich resultiert aus einer wirksamen Dosierung schon nach 1–2 Wochen ein SACE Abfall, er geht der radiologischen Besserung bei Lungensarkoidose voraus. Ausbleiben eines Abfalls spricht für ungenügende Dosierung oder mangelnde Compliance.

Nach Beendigung der Therapie und Normalisierung des SACE-Wertes kann es zum Wiederanstieg der SACE kommen. Es handelt sich um das früheste Zeichen eines Rezidivs, ohne dass schon klinische Anzeichen vorliegen müssen. Eine erneute Therapie ist erst bei klinisch-röntgenologischen Veränderungen indiziert.

Bei einigen Patienten mit Heilung kann es zu einem SACE-Wiederanstieg kommen, ohne dass klinisch ein Rezidiv auftritt. Die Enzymaktivitäten sind aber gewöhnlich niedriger als der Wert vor Therapiebeginn.

Spontanremissionen der Sarkoidose gehen mit einem allmählichen Abfall der SACE einher und fallen nicht so abrupt ab wie unter Kortikosteroid Therapie.

ACE bei Neurosarkoidose

Erhöhte Aktivitäten des SACE und des ACE im Liquor cerebrospinalis sind nicht spezifisch für eine Neurosarkoidose und auch bei anderen neurologischen Erkrankungen wie Infektionen des ZNS, Hirntumoren und dem Guillain-Barré-Syndrom messbar /11/. Erhöhte ACE-Werte im Liquor cerebrospinalis werden zu 55 % bei Neurosarkoidose, zu 5 % bei Sarkoidose ohne ZNS-Beteiligung und zu 13 % bei anderen neurologischen Erkrankungen gefunden /17/. Andere Autoren sehen nur eine Bedeutung des ACE-Wertes im Liquor cerebrospinalis für die Beurteilung der Neurosarkoidose unter Therapie mit Kortikosteroiden /18/.

Weitere Laborbefunde bei Sarkoidose /8/

  • Die Konzentration des löslichen Tumornekrosefaktor-Rezeptors II (sTNF-R II) ist im Serum erhöht. Seine Konzentration ist ein Indikator der inflammatorischen Aktivität der Sarkoidose /19/.
  • Der sIL-2R ist ein Marker der Lymphozytenaktivierung und unabhängig von der alveolären Immunzellaktivierung. Erhöhte sIL-2R-Werte zeigen den Aktivierungszustand der T-Zellen an und sind ein guter Verlaufsparameter der Sarkoidose. Bei Patienten ohne klinische Indikation für eine Therapie, aber mit Anstieg der sIL-2R-Werte im Verlauf, wird eine Progression der Sarkoidose angezeigt mit nachfolgender Indikation zur Kortikosteroid Therapie. Die Höhe des sIL-2R-Werts korreliert mit der Schwere der Sarkoidose /8, 19/.
  • Die Immunglobuline sind erhöht, insbesondere IgG und IgA.
  • Zirkulierende Immunkomplexe sind nachweisbar.
  • Häufig besteht eine Lymphozytopenie.
  • In einem Teil der Fälle ist ionisiertes Calcium im Blut und dessen Ausscheidung im Urin erhöht, da von den Epitheloidzellen 1,25(OH)2D gebildet wird, wodurch die intestinale Calcium-Absorption zunimmt (siehe auch Beitrag 6.6 – Vitamin D).
  • HLA-Merkmale: Bei chronischer Sarkoidose wird vermehrt HLA-B13; bei sarkoidöser Arthritis und Erythema nodosum HLA-B8, A1, Cw 7, DR 3 nachgewiesen.
  • Bronchoalveoläre Lavage (BAL): Lymphozytenanteil von normalerweise unter 20 %, kann auf über 50 % erhöht sein; Erhöhung von CD4+T-Zellen und ein Anstieg des Quotienten CD4+/CD8+ von normalerweise 1–3 auf über 5, teilweise über 12, insbesondere bei akuter Sarkoidose und Löfgren-Syndrom (siehe auch Tab. 48-5 – Pathognomonische Befunde bei nicht-infektiösen Erkrankungen). Der Anteil der Lymphozyten in der BAL und der Quotient CD4+/CD8+ korrelieren im gewissen Ausmaß mit dem Spontanverlauf der Sarkoidose. Patienten mit akuter Erkrankung und guter Prognose haben einen hohen Lymphozytenanteil und eine deutlich erhöhte CD4+/CD8+-Ratio. Diejenigen mit chronischer Erkrankung und dem Risiko der Verschlechterung haben nur moderat erhöhte Werte /8/.

1.5.5.2 Differentialdiagnostik der pulmonalen Sarkoidose

Pathologische Eigenschaften alternativer Erkrankungen sind aufgeführt in Tab. 1.5-2 – Alternative Erkrankungen in der Diagnostik der pulmonalen Sarcoidose.

1.5.6 Hinweise und Störungen

Probennahme

Als Probenmaterial sollte Serum oder Heparinplasma verwendet werden. Metallchelatoren wie EDTA sind als Antikoagulanz ungeeignet, da sie die SACE-Aktivität vermindern. ACE ist eine Metallopeptidase mit einem Zinkatom im aktiven Zentrum, durch Bindung des Zinkatoms durch den Chelatbildner wird die Enzymaktivität stark vermindert.

ACE-Hemmer wie z.B. Captopril, Enalapril müssen 4 Wochen vorher abgesetzt sein, da zu niedrige Werte auf Grund der Hemmung von ACE gemessen werden /23/.

Bestimmungsmethode

Etwa 25 % der Patientenseren, insbesondere aber diejenigen von Sarkoidose-Patienten, enthalten einen internen ACE-Hemmer, der die Aktivität von SACE stark erniedrigt. Der hemmende Effekt wird aufgehoben, wenn das Serum 1 : 10 verdünnt wird /23/.

Tests, die Hippuryl-glycyl-glycin als Substrat anwenden, sind besser geeignet als diejenigen mit HHL, da sie weniger anfällig sind für eine Hydrolyse durch Carboxypeptidasen /13/. Vorteile haben diejenigen Tests, die FAPGG als Substrat verwenden, da die Hydrolyserate um den Faktor 3 größer ist. Dadurch ist auch der Referenzbereich höher. Fernerhin ist eine kinetische Messung bei 340–345 nm möglich, was die Messung an mechanisierten Analysensystemen ermöglicht /7/. Beide Substrate, HHL und FAPGG, sind in ihrer Wirkung von Cl abhängig. Im Bestimmungsansatz muss deshalb eine NaCl-Konzentration von 250–350 mmol/l vorliegen /1/.

Referenzbereich

Die intraindividuelle Variation von SACE ist gering, die interindividuelle jedoch hoch. So ist der Faktor 6 zwischen dem unteren und oberen Grenzwert bei Erwachsenen. Kleinkinder und Jungen in der Pubertät haben höhere SACE-Aktivitäten als Erwachsene.

Unter Anwendung des Substrates FAPPG wurden für Kinder folgende Referenzbereiche ermittelt /24/:

0,5–2 J.

109 ± 33

2–4 J.

100 ± 30

4–9 J.

124 ± 42

9–13 J.

138 ± 47

13–18 J.

126 ± 34 (Jungen)

102 ± 30 (Mädchen)

Erwachsene

100 ± 35

Angabe von x ± s und in U/l.

Medikamente /23/

Captopril hemmt die ACE-Aktivität bei einem Teil Patienten mit einer Halbwertszeit von 1–4 Tagen, bei einem anderen Teil mit 10–17 Tagen. Der Effekt von Captopril auf die SACE-Aktivität ist variabel:

  • Er nimmt mit der Lagerungszeit ab: 10-tägiges Einfrieren bei –70 °C erhöht jedoch die Aktivität um 15–50 %.
  • Er ist abhängig von der individuellen Rate der Metabolisierung des Patienten.
  • Unter Dialysetherapie geht die inhibitorische Wirkung verloren.
  • Er ist von der Serumverdünnung im Reaktionsansatz unabhängig.

Enalapril hemmt nahezu komplett die SACE-Aktivität, die Wirkung ist nicht reversibel durch Lagerung, Serumverdünnung oder Dialyse. Bei sehr niedrigen SACE-Werten sollte deshalb die Einnahme von Enalapril in Betracht gezogen werden.

Stabilität

SACE ist für mindestens 1 Woche bei +4 °C stabil und bei –20 °C für 3 Monate /7/.

1.5.7 Pathophysiologie

ACE ist ein ubiquitäres Enzym, das von Zellen des vaskulären Endothels, von Makrophagen, proximalen Tubuluszellen der Niere, Leydig Zellen und Zellen des Chorioidplexus exprimiert wird. Es ist deshalb in vielen Organen vorhanden, besonders reich sind Lungen und Nieren. Es handelt sich um ein Ektoenzym, das an die Außenseite der Zellmembran vermittels eines hydrophoben Peptidrestes gebunden ist. Die SACE wird durch enzymatische Abspaltung freigesetzt, besonders aus dem vaskulären Lungenendothel /1/.

ACE ist eine Zink-Metalloprotease mit einem MG von 150–170 kD. Der Unterschied im MG beruht auf einer verschiedenen Glykosilierung in den einzelnen Geweben, so beträgt der Kohlenhydratanteil des ACE der Lunge 30 % und enthält Fucose, Mannose, N-acetylglucosamin, Glucose und Sialinsäure /25/. ACE spaltet die letzten beiden Aminosäuren von Peptidsubstraten und jedes Peptid dient als Substrat, vorausgesetzt, dass die vorletzte Aminosäure nicht Prolin ist.

ACE ist auf Grund folgender Reaktionen ein Schlüsselenzym des Renin-Angiotensin Systems (RAS) und des Kallikrein Systems:

  • Im RAS (Abb. 1.5-2 – Wirkung von ACE auf das Renin-Angiotensin-System und das Kinin-Kallikrein-System) spaltet ACE das C-terminale His-Leu-Dipeptid vom Angiotensin I ab und bildet das vasoaktive Oktapeptid Angiotensin II. In einem weiteren möglichen Schritt kann vom Angiotensin II die Asparaginsäure in Position 1 abgespalten werden unter Bildung von Angiotensin III. Letzteres ist ein schwächerer Vasokonstriktor als Angiotensin II /1/.
  • Im Kallikrein System spaltet ACE das C-terminale Dipeptid Phe-Arg vom Bradykinin ab. Dadurch wird der Vasodilatator inaktiviert.

Auf Grund dieser Reaktionen hat ACE folgende effektorische Wirkungen:

  • Aktivierung einer Vasokonstriktion vermittelt durch Angiotensin II.
  • Inaktivierung von vasodilatatorischer Wirkung durch Spaltung von Bradykinin.
  • Stimulierung der adrenalen Bildung von Aldosteron durch Angiotensin III mit der Folge einer Na+- und Wasser-Retention und K+-Elimination.

Die duale Rolle des ACE in der Aufrechterhaltung des Blutdrucks sowie in der Homöostase des Elektrolyt- und Wasserhaushaltes haben es zu einem idealen Angriffspunkt zur medikamentösen Behandlung (ACE-Hemmer) des Bluthochdrucks und der Stauungsinsuffizienz des Herzens gemacht. Siehe Abb. 1.5-2 – Wirkung von ACE auf das Renin-Angiotensin System und das Kinin-Kallikrein System.

Verschiedene Polymorphismen des ACE-Gens und mögliche Krankheitsassoziationen sind bekannt /26/. Sie betreffen sowohl die ACE-Aktivität der Gewebe als auch die SACE. Es werden die Genotypen II, ID und DD unterschieden. Personen vom Genotyp DD haben etwa die doppelte SACE-Aktivität wie diejenigen des Typs II. Es bestehen jedoch keine Unterschiede in der Kinetik des ACE, in den Angiotensin II-Werten oder der Konzentration von Aldosteron, noch signifikante Differenzen im Blutdruck.

Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Erkrankung unbekannter Genese und charakterisiert durch eine Anhäufung von aktivierten T-Zellen und Makrophagen in dem befallenen Organ, meist handelt es sich um die Lunge. Diese setzen Interferon-γ, Tumornekrosefaktor-α und weitere pro-inflammatorische Zytokine als Mediatoren einer Entzündung und zellulären Immunreaktion frei, mit der Folge einer Ausbildung von nicht verkäsenden Epitheloidzellgranulomen. In den entzündeten Regionen besteht außerdem eine Anreicherung von CD4+T-Zellen. Der inflammatorische Prozess ist in allen betroffenen Organen gleich, auch dem ZNS. Die Persistenz der Entzündung induziert fibrotische Veränderungen mit irreversibler Organschädigung.

Die Granulome bei der Sarkoidose bestehen aus Lymphozyten, Makrophagen, Epitheloidzellen, Mastzellen, eosinophilen Granulozyten und Fibroblasten. Es herrscht ein hoher Influx von Immunzellen und eine starke Ver-mehrung und Apoptose von Zellen im Granulom. Bei der Umwandlung von Makrophagen in Epitheloidzellen wird ACE freigesetzt. Auch durch T-Lymphozyten stimulierte Alveolarmakrophagen geben ACE in die Zirkulation ab. Die Aktivität des SACE ist deshalb ein Indikator der Granulomlast des Organismus, während die Konzentration von sIL-2R und von Neopterin und sTNF-R II ein Gradmesser für die Aktivierung der Immunzellen bei Sarkoidose sind /813/.

Literatur

1. Baudin B. New aspects of angiotensin-converting enzyme: from gene to disease. Clin Chem Lab Med 2002; 40: 256–65.

2. Lieberman J. Elevation of serum angiotensin converting enzyme (ACE) level in sarcoidosis. Am J Med 1975; 59: 36–72.

3. Neels HM, van Sande ME, Sharpé SL. Sensitive colorimetric assay for angiotensin converting enzyme in serum. Clin Chem 1983; 29: 1399–403.

4. Ryan J W, Chung A, Ammons C, Carlton ML. A simple radioassay for angiotensin-converting enzyme. Biochem J 1977; 167: 501–5.

5. Friedland J, Silverstein E. A sensitive fluorometric assay for serum angiotensin-converting enzyme. Am J Clin Pathol 1976; 60: 416–20.

6. Holmquist B, Bunning B, Riordan JF. A continuous spectrophotometric assay for angiotensin-converting enzyme. Anal Biochem 1979; 95: 540–3.

7. Bénéteau B, Baudin B, Morgant G, Giboudeau J, Baumann F CH. Automated kinetic assay of angiotensin converting enzyme in serum. Clin Chem 1986; 32: 884–6.

8. Müller-Quernheim J. Sarcoidosis: clinical manifestations, staging and therapy (part II). Respiratory Medicine 1998; 92: 140–9.

9. Lieberman J. Angiotensin-converting enzyme in nonpulmonary sarcoidosis. Sem Resp Med 1992, 13: 399–401.

10. Schmidt M. Sarkoidose. Allergologie 1996; 19: 212–5.

11. Nowak DA, Widenka DC. Neurosarcoidosis: a review of its intracranial manifestation. J Neurol 2001; 248: 363–72.

12. Gullapalli D, Phillips LH. Neurologic manifestations of sarcoidosis. Neurologic Clinics 2002; 20: 59–81.

13. Bénéteau -Burnat B, Baudin B. Angiotensin-converting enzyme: clinical applications and laboratory investigations on serum and other biological fluids. CRC Rev Clin Lab Sci 1991; 28: 337–56.

14. Muller BR. Analysis of serum angiotensin-converting enzyme. Ann Clin Biochem 2002; 39: 456–43.

15. Blich M, Edoute Y. Clinical manifestation of sarcoid liver disease. J Gastroenterol Hepatol 2004; 19: 732–7.

16. Wurm K. Die Bedeutung des ACE-Tests bei Sarkoidose. Z Allgemeinmed 1987; 63: 1004–6.

17. Oksanen V. New cerebrospinal fluid, neurophysiological and neuroradiological examinations in the follow-up of neurosarcoidosis. Sarcoidosis 1987; 4: 105–10.

18. Dale JC, O’Brien JF. Determination of angiotensin-converting enzyme levels in cerebrospinal fluid is not a useful test for the diagnosis of neurosarcoidosis. Mayo Clin Proc 1999; 74: 535–9.

19. Rothkranz-Kos S, v Dieijen-Visser MP, Mulder PGH, Drent M. Potential usefulness of inflammatory markers to monitor respiratoy functional impairement in sarcoidosis. Clin Chem 2003; 49: 1510–7.

20. Valeure D, Brauner M, Benaudin JF, Carbonelle E, Duchemann B, Rotenberg C, et al. Differential diagnosis of pulmonary sarcoidosis. Front Med 2023. doi: 10.3389/fmed.2023.1150751.

21. Ozawa T, Ninomiya J, Honma T, et al. Increased serum angiotensin-converting enzyme activity in patients with mixed connective tissue disease and pulmonary hypertension. Scand J Rheumatol 1995; 24: 38–43.

22. Quellete DR, Kelly JW, Anders GT. Serum angiotensin-converting enzyme level is elevated in patients with human immunodeficiency virus infection. Arch Intern Med 1992; 152: 321–4.

23. Lieberman J, Zakria F. Effect of captopril and enalapril medication on the serum ACE test for sarcoidosis. Sarcoidosis 1989; 6: 118–23.

24. Bénéteau-Burnat B, Baudin B, Morgant G, Baumann F Ch, Giboudeau J. Serum angiotensin converting enzyme in healthy and sarcoidotic children: comparison with the reference range for adults. Clin Chem 1990; 36: 344–6.

25. Das M, Soffer RL. Pulmonary angiotensin-converting enzyme: structural and catalytic properties. J Biol Chem 1975; 250: 6762–8.

26. Crisan D, Carr J. Angiotensin I-converting enzyme. Genotype and disease associations. J Molecular Diagn 2000; 2: 105–15.

27. D’Alessandro M. Editorial: sarcoidosis and autoimmunity: From bench to bedside. Frontiers in Medicine 2023. doi: 10.3389/fmed2023.1147529.

1.6 Alanin-Aminotransferase (ALT), Aspartat-Aminotransferase (AST)

Lothar Thomas

Die Aminotransferasen, auch als Transaminasen bezeichnet, sind eine Gruppe von Enzymen, die eine reversible Umwandlung von α-Ketosäuren in Aminosäuren durch Übertragung einer Aminogruppe katalysieren. Die ALT ist im Zytosol der Zellen lokalisiert, wird hauptsächlich in der Leber und den Nieren gefunden und zum geringen Anteil auch im Herz- und Skelettmuskel. Die Hauptmenge der ALT befindet sich in der Leber und ein Aktivitätsanstieg im Serum ist ein spezifischer Marker für Lebererkrankung. Die AST ist im Zytosol und den Mitochondrien gelegen. Sie ist ein ubiquitäres Enzym und wird vorwiegend in der Leber, den Nieren, dem Herz- und Skelettmuskel gefunden. Erhöhungen der AST treten bei Lebererkrankungen, Herzinfarkt und Schäden der Skelettmuskeln auf.

1.6.1 Indikation

ALT

Als Kenngröße einer Leberzellschädigung und zur Verlaufs- und Therapiebeurteilung:

  • Abklärung eines Ikterus und Subikterus.
  • Lebererkrankung durch hepatotrope Viren.
  • Miterkrankung der Leber bei systemischen Viruserkrankungen, bakteriellen und parasitären Infektionen.
  • Zur Diagnostik chronischer Lebererkrankungen.
  • Bei autoimmuner Leberkrankung.
  • Zur Erkennung von Leberschäden durch Alkohol, Arzneimittel, Hepatotoxine, Rauschmittel, toxische Chemikalien am Arbeitsplatz und in der Umwelt, sowie durch Überernährung (Nicht-alkoholische Steatosis der Leber) und durch parenterale Ernährung.
  • Bei Verdacht auf Raumforderung in der Leber.
  • Bei Lebererkrankung in der Schwangerschaft.
  • Verdacht auf hereditäre Stoffwechselstörung (Hämochromatose, M. Wilson, α1-Antitrypsin-Mangel, zystische Fibrose).
  • Indikation einer anti-viralen Therapie bei chronischer Hepatitis und therapeutische Beurteilung.

AST

In Ergänzung zur ALT bei Lebererkrankung:

  • Zur differentialdiagnostischen Abklärung.
  • In der Ätiologieabklärung und zur Beurteilung der Schwere und des Stadiums der Erkrankung.
  • Zur prognostischen Beurteilung des Muskelschadens beim Herzinfarkt.

1.6.2 Bestimmungsmethode

AST (EC 2.6.1.1)
IFCC Primary Reference Procedure for the Measurement of Catalytic Activity Concentration of Aspartate Aminotransferase at 37 °C /1/

Prinzip: Die AST katalysiert die Übertragung der 2-Aminogruppe von Aspartat auf 2-Oxoglutarat unter Bildung von Glutamat und Oxalacetat. Letzteres wird im optischen Test mit der Malatdehydrogenase (MDH)-Reaktion bestimmt. Die Hersteller vertreiben Reagenz mit oder ohne 0,1 mmol/l Pyridoxalphosphat. Reagenzien ohne Pyridoxlalphosphat ergeben differente Werte im Vergleich zum Ansatz mit Pyridoxalphosphat. Messgröße ist NADH2, die Geschwindigkeit der NADH2-Abnahme wird gemessen. Sie verhält sich proportional zur AST-Aktivität. Siehe Abb. 1.6-1 – Prinzip der Bestimmung von AST und ALT nach IFCC.

ALT (EC 2.6.1.2)
IFCC Primary Reference Procedure for the Measurement of Catalytic Activity Concentration of Alanine Aminotransferase at 37 °C /2/

Prinzip: Die ALT katalysiert die Übertragung der 2-Aminogruppe von Alanin auf 2-Oxoglutarat unter Bildung von Glutamat und Pyruvat. Letzteres wird im optischen Test mit der LDH Reaktion bestimmt. Die Hersteller vertreiben Reagenz mit oder ohne 0,1 mmol/l Pyridoxalphosphat. Reagenzien ohne Pyridoxlalphosphat ergeben unterschiedliche Werte im Vergleich zum Ansatz mit Pyridoxalphosphat. Messgröße ist NADH2, die Geschwindigkeit der NADH2-Abnahme verhält sich proportional zur ALT-Aktivität. Siehe Abb. 1.6-1 – Prinzip der Bestimmung von AST und ALT nach IFCC.

1.6.3 Untersuchungsmaterial

Serum, Plasma (Heparin, EDTA, Citrat, Oxalat): 1 ml

1.6.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 1.6-1 – Referenzbereiche von AST und ALT.

1.6.5 Bewertung

Die Erhöhung der Aminotransferasen spricht für das Vorliegen einer Lebererkrankung, normale Werte schließen diese aber nicht aus, insbesondere bei chronischer Hepatitis, z.B. der Steatohepatitis . Die Prävalenz der Aminotransferasen-Erhöhung in den USA beträgt 7,9 % und steht in Zusammenhang mit den Fettlebererkrankungen. Die Aminotransferasen sind auch ein Prädiktor des allgemeinen Morbiditäts- und Mortalitätsrisikos. So besteht nach der Framingham Offspring Heart Study /6/ eine Beziehung zwischen der Höhe der ALT und der Ausbildung eines metabolischen Syndroms oder Diabetes mellitus innerhalb der folgenden 20 J. Mit jeder Erhöhung des logarithmischen ALT-Wertes bei der Basisuntersuchung um eine Standardabweichung resultierte ein signifikanter Anstieg von metabolischen Syndroms und Diabetes mellitus.

In Kinderkliniken /7/ beruhen etwa 12 % der isolierten Aminotransferasen-Erhöhungen auf einer genetischen Erkrankung. Insbesondere Fälle von muskulärer Dystrophie, die sich als Lebererkrankung darstellen, die falsche Diagnose einer Hepatopathie bei Kindern mit zystischer Fibrose, Coeliakie, Glykogenose und anderen angeborenen Stoffwechselerkrankungen sind zu nennen.

In der Diagnostik des Herzinfarktes hat die AST keine Bedeutung mehr und zur Diagnostik von Skelettmuskel-Erkrankungen ist sie deutlich unempfindlicher als die CK. Das Verhalten der AST bei Herzinfarkt und Muskelerkrankungen wird deshalb nur aus differentialdiagnostischen Gründen abgehandelt.

1.6.5.1 Lebererkrankungen

Die ALT ist die Kenngröße für eine inflammatorische Schädigung des Leberparenchyms. Sie ist der Basisparameter in der labordiagnostischen Stufendiagnostik von Lebererkrankungen und wird angefordert:

  • Als Screening-Untersuchung auf Lebererkrankung, wenn keine hinweisenden Symptome oder klinische Beschwerden bestehen.
  • Gezielt, wenn klinische Symptome wie Oberbauchschmerz, Ikterus, Lebervergrößerung oder Koma auf eine Lebererkrankung hinweisen. Oft werden dann aus differentialdiagnostischen Erwägungen zusätzlich die AST, GGT, GLDH, LDH und AP angefordert. Zur Differentialdiagnostik siehe auch Beitrag 1.2.1 – Leber-assoziierte Basisdiagnostik.
  • Bei bekannter Lebererkrankung zur Charakterisierung der Schwere des Stadiums, zur Abklärung der Ätiologie und zur prognostischen Beurteilung. In Kombination mit der ALT geben die AST, GGT, AP, CHE und die GLDH aussagekräftige Muster.

Die prozentuale Häufigkeit der ALT-Erhöhung bei Lebererkrankungen zeigt Tab. 1.6-2 – ALT-Aktivitäten im Serum und ihre prozentuale Häufigkeit bei Erkrankungen der Leber und Gallenwege.

Das Verhalten der Aminotransferasen bei Lebererkrankungen ist aufgezeigt in Tab. 1.6-3 – Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien.

Screening auf Lebererkrankungen

Als Suchmuster auf Lebererkrankungen werden die Aminotransferasen, GGT, AP und CHE empfohlen. Dabei dient die Erhöhung der Aminotransferasen als Marker eines Parenchymschadens, die Erhöhung der GGT als Indikator eines metabolisch-toxischen Schadens, die AP als Marker der Cholestase und die Verminderung der CHE als Hinweis auf eine Reduktion der funktionstüchtigen Leberzellmasse. Bis zu 90 % der Patienten mit Leberschaden werden mit diesem Enzymmuster erkannt. Der Diagnostik entgehen funktionelle Hyperbilirubinämien, Fälle mit nicht-alkoholischer Fettleber, von chronischer Hepatitis C und Restzustände anderer Hepatitiden ohne inflammatorische Aktivität des Leberparenchyms. In einer Studie /8/ an 1.154 Patienten mit Leber- und Gallenwegs-Erkrankungen zeigten 15 % keine Erhöhung der ALT. Es handelte sich vorwiegend um Patienten mit Lebermetastasen, extrahepatischen Gallengangsverschluss, Leberzirrhose und Medikamenten-bedingtem Leberschaden. Die Zirrhose-Patienten zeigten eine Verminderung der CHE, die anderen überwiegend eine Erhöhung der GGT. Da es keinen Hinweis gibt, dass die ALT bei einer Leberschädigung vermehrt in den Hepatozyten gebildet wird, ist primär jeder Wert oberhalb des Referenzbereichs ein Hinweis auf einen Leberschaden. Eine unerwartete Erhöhung von ALT oder AST sollte durch die Bestimmung in einer neuen Probe kontrolliert werden. Denn die intraindividuelle Variation der Aminotransferasen von Tag zu Tag liegt bei 10–30 %, auch können nach starker körperlicher Anstrengung erhöhte Aktivitäten gemessen werden.

Untersuchungsablauf bei symptomatischen Patienten

Akuter Abdominalschmerz: Das Enzymmuster soll so ausgerichtet sein, dass neben einem akuten Leberschaden, bedingt durch eine akute Hepatitis, akuten Gallenwegsverschluss, akute Cholecystitis und Durchblutungsstörung, auch andere Erkrankungen wie Pankreatitis, Ileus, Tubargravidität oder Herzinfarkt erkannt werden. Neben ALT, AST, GGT sollten deshalb GLDH, Lipase oder α-Amylase, kardiales Troponin und hCG sowie das Blutbild und das C-reaktive Protein die ergänzenden Parameter des Untersuchungsmusters sein. Ist die ALT im Referenzbereich, scheidet eine akute Lebererkrankung oder Lebermitbeteiligung aus. Dies gilt ebenfalls für den frischen Verschlussikterus, der auch ausscheidet, wenn die ALT über 20 fach des oberen Referenzbereichswerts ist. Bei der akuten Alkoholhepatitis, die neben dem Reye-Syndrom einige der wenigen akuten Lebererkrankungen ist, bei der initial die AST stärker erhöht ist als die ALT, betragen die Aktivitäten der Aminotransferasen das 10–20 fache des oberen Referenzbereichswerts.

Die Erhöhung der Aminotransferasen über 20 fach des oberen Referenzbereichswerts, ergibt differential diagnostisch die Fragestellung akute Virushepatitis, akute Durchblutungsstörung oder akuter toxischer Leberschaden. Bei der Durchblutungsstörung ist die GLDH etwa gleich erhöht wie die Aminotransferasen, beim toxischen Schaden etwa nur halb so hoch und bei der Virushepatitis nicht höher als 10 % der Aktivität der Aminotransferasen. Eine Abgrenzung der akuten Intoxikation von der akuten Durchblutungsstörung ermöglicht die Bestimmung der CHE. Diese ist bei der Intoxikation um mehr als 50 % unter die untere Referenzbereichsgrenze abgefallen, bei der Durchblutungsstörung ist das jedoch nicht der Fall /7/.

Ikterus und Subikterus: Bei ikterischen Patienten oder Vorliegen einer Hyperbilirubinämie muss die Frage hepatischer oder hämolytische Ikterus abgeklärt werden. Neben der Bestimmung des gesamten und des direkt reagierenden Bilirubins ist der Quotient LDH/AST bedeutsam; ein Wert > 5 weist auf die hämolytische Genese des Ikterus hin. Siehe auch Tab. 5.2-2 – Hyperbilirubinämie.

Koma: Bei Vorliegen eines komatösen Zustandes ist es wichtig das Leberkoma zu erkennen. Liegt ein hepatogenes Koma vor, muss eine Differenzierung des fulminanten Leberversagens von der hepatischen Enzephalopathie erfolgen. Während bei der Letzteren die Werte der Aminotransferasen denen bei der Leberzirrhose gleichen, also leicht bis mäßig erhöht sind, zeigen sie beim fulminanten Leberversagen durch z.B. Paracetamol oder bei Knollenblätterpilz-Vergiftung sowie beim Halothan-Typ ein charakteristisches Nekrosemuster. Die ALT und AST sind mehr als 20 fach erhöht, die AST stärker als die ALT und die GLDH hat Werte in der gleichen Größenordnung. Die CHE ist bei portosystemischer Enzephalopathie meist schon erniedrigt bei Aufnahme des Patienten, während sie beim fulminanten Leberversagen, auf Grund ihrer langen Halbwertszeit erst nach den Gerinnungsfaktoren, gemeinsam mit dem Albumin, abfällt.

Abgrenzung und Differenzierung der Cholestase: Schon das Muster beim Screening gibt den Hinweis auf eine Cholestase. Eine hohe GGT und AP bei nur gering bis mäßig erhöhter ALT weisen auf die Cholestase, eine im Vergleich zur GGT und AP deutlich höhere ALT spricht für die Hepatitis. Eine Unterscheidung, ob die Cholestase die großen Gallengänge betrifft, also extrahepatischer Genese ist oder eine intrahepatische Obstruktion der kleinen Gallengänge bzw. eine toxische Begleitcholestase vorliegt, kann labordiagnostisch erst erfolgen, wenn durch bildgebende Verfahren eine extrahepatische Cholestase ausgeschlossen wurde.

Beurteilung der Schwere einer Lebererkrankung

Die Aktivität der Aminotransferasen im Serum korreliert sowohl mit der Anzahl der geschädigten Hepatozyten, als auch mit der Schwere des Einzelzellschadens und damit der Akuität der Lebererkrankung. So kommt es zu einer Erhöhung der ALT über den oberen Referenzbereichswert, wenn etwa 1 von 750 Hepatozyten geschädigt wird. Auskunft zur Schwere der Einzelzellschädigung gibt die Höhe der AST in Relation zur ALT in Form des De-Ritis-Quotienten AST/ALT. Die AST-Aktivität der Leberzelle ist zu etwa 70 % in den Mitochondrien und zu 30 % im Zytoplasma lokalisiert. Quotienten unter 1,0 zeigen an, dass der Leberschaden eher leichteren Grades ist, es handelt sich besonders um akute, reversible, entzündliche Lebererkrankungen wie die akute Virushepatitis B. Quotienten > 1,0 kennzeichnen den Leberschaden als schwer und zum Nekrosetyp gehörig /10/.

Akuter Leberzellschaden: Akute Lebererkrankungen können auf einer Virushepatitis, alkoholischen Hepatitis, Gallengangverschluss, toxischen Schädigung oder einer akuten Durchblutungsstörung beruhen. Erhöhungen der ALT oder AST über 10 fach des oberen Referenzbereichswerts sind fast immer ein Hinweis auf diese Erkrankungen.

Chronischer Leberzellschaden /10/: Chronische Erkrankungen der Leber sind als eine kontinuierliche hepatozelluläre Nekrose und Entzündung der Leber, meist mit einer Fibrose einhergehend, definiert. Chronische Lebererkrankungen können in eine Leberzirrhose übergehen und die Vorbedingung zur Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms sein. Sie sind häufig die Folge einer Infektion mit hepatotropen Viren, machen minimale Symptome und bergen längerfristig die Gefahr einer erhöhten Morbidität und Mortalität. Eine Persistenz der ALT für über 6 Monate nach einer akuten Hepatitis oder eine mehrmalig gemessene ALT-Erhöhung innerhalb von 6 Monaten ohne plausible Erklärung weisen auf die chronische Lebererkrankung hin.

Bei den chronischen Lebererkrankungen besteht eine Beziehung zwischen Progredienz und Aktivität der Aminotransferasen. Entwickelt sich rasch eine Zirrhose, sind die Aktivitäten hoch. Normalerweise ist die ALT bei den chronischen Lebererkrankungen höher als die AST oder die AST ist sogar normal. Mit fortschreitender Verminderung des Leberparenchyms nimmt die ALT stärker ab als die AST und der De-Ritis-Quotient erreicht Werte über 1. Eine Ausnahme ist die chronische Alkoholhepatitis, mit einem De-Ritis-Quotienten schon zu Beginn von über 1, häufig sogar über 2. Bei Patienten mit negativen Virusmarkern sind Medikamente und chronischer Alkoholkonsum die wesentlichen Ursachen chronischer Lebererkrankungen. Nicht vergessen werden sollten andere mit einer Erhöhung der ALT einhergehende Lebererkrankungen wie z.B. autoimmune Hepatitis, cholestatische Lebererkrankung, α1-Antitrypsin-Mangel und M. Wilson.

Leberzirrhose /10/: Die Leberzirrhose ist durch eine Fibrose und den Umbau der normalen Leberstruktur in abnorme Knoten charakterisiert. Sie ist die Folge einer chronischen Lebererkrankung mit progressivem Untergang von Leberparenchym. Die sich bildenden regenerativen Knoten sind kein vollwertiger Ersatz für das untergegangene Parenchym. Es resultiert eine Einschränkung der Leberfunktion auf Grund einer verminderten Stoffwechselleistung und reduzierten Ausstattung der Hepatozyten mit Enzymen. Die fortschreitende Reduzierung von intaktem Leberparenchym spiegelt sich in geringer Erhöhung von ALT und AST sowie dem Anstieg des De-Ritis-Quotienten wider. Zur Erkennung der Leberzirrhose beträgt die diagnostische Sensitivität eines Quotienten > 1 etwa 32–83 % bei einer diagnostischen Spezifität von etwa 75–100 % /11, 12/.

Die zunehmende Einschränkung der Leberfunktion wird durch die Veränderung von Markern angezeigt. Wichtige Hinweise einer Progression sind die Verlängerung der Thromboplastinzeit und die Abnahme von CHE, Albumin und der Thrombozytenzahl. In der Beurteilung des Verlaufs der Leberzirrhose sollten diese Parameter alle 3–6 Monate bestimmt werden.

Beurteilung des Stadiums der Lebererkrankung

Das Stadium einer akuten Lebererkrankung kann an den zeitlichen Veränderungen der Aminotransferasen und ihrem Verhalten zur Bilirubin Konzentration abgeschätzt werden. Auf Grund der etwa dreimal längeren Halbwertszeit der ALT (47 h) gegenüber der AST (17 h) erlaubt der im Verlauf der Heilung abfallende AST/ALT-Quotient eine Abschätzung des Krankheitsstadiums. So beträgt dieser 0,6–0,8 bei akuter Hepatitis B, wenn die ALT und AST Gipfelwerte erreichen, fällt dann langsam ab und liegt in der vierten Erkrankungswoche bei 0,2–0,4. In der Abgrenzung der abklingenden ikterischen Hepatitis von der Frühform einer leichten akuten Hepatitis mit niedrigem AST/ALT-Quotienten kann die LDH hilfreich sein. Sie ist bei der abklingenden Form auf Grund einer Halbwertszeit von nur 10 h schon wieder normal, während sie bei der akuten leichten Form einen Wert hat, der zwischen dem von AST und ALT liegt /6/.

Aminotransferasen in Relation zum Bilirubin /10/: ALT und AST zeigen bei der akuten Virushepatitis B Gipfelwerte mit dem Auftreten des Ikterus in der ersten Krankheitswoche. Die Maximalwerte des Bilirubins werden erst bis zu 1 Woche später erreicht. Mit Auftreten des Ikterus fallen die Aminotransferasen kontinuierlich, täglich um etwa 10 % ab. Die ALT bleibt 27 ± 16 Tage, die AST 22 ± 16 Tage erhöht. Bei der akuten toxischen Hepatitis und der akuten Durchblutungsstörung werden die Gipfelwerte der Aminotransferasen schon innerhalb von 24 h nach Klinikaufnahme erreicht, wobei die AST höher als die ALT ist. Innerhalb der nächsten 24 h fallen die Aminotransferasen wieder ab. Die AST kann um bis zu 50 % abnehmen und fällt auf Grund der kürzeren Halbwertszeit stärker ab als die ALT. Schon 7 Tage nach der akuten Schädigung kann die AST wieder im Referenzbereich sein.

Abklärung der Ätiologie von Lebererkrankungen /911/

Die Abklärung der Ätiologie von Lebererkrankungen ist ein Teil der Differentialdiagnose und die Voraussetzung für eine kausale Therapie. Die Aminotransferasen haben dabei nur eine geringe Aussagekraft. Das gilt besonders für Lebererkrankungen mit geringen Schädigung bedingten oder annähernd gleichen Enzym Veränderungen wie das z.B. bei den akuten und chronischen Virushepatitiden und der Leberzirrhose der Fall ist. Auch können chronisch aktive Hepatitiden durch hepatotrope Viren Enzym Veränderungen in der gleiche Größenordnung verursachen wie akute Hepatitiden durch nicht hepatotrope Viren. Ein weiteres Problem sind Medikamenten-toxische Leberschäden, die als hepatitische oder cholestatische Verlaufsform, als Fettleber oder variable Kombinationen auftreten.

Untersuchungen zur Abklärung der Ätiologie und mit pathogener Beweisqualität sind (siehe auch Beitrag 1.2.4 – Chronische Lebererkrankungen):

  • Die serologisch und molekularbiologisch nachweisbaren Marker zur Abgrenzung der verschiedene Typen der Virushepatitis.
  • Der Nachweis von Autoantikörpern bei den autoimmunen Lebererkrankungen.
  • Eine das primäre Leberzellkarzinom nachweisende Konzentration an α-Fetoprotein.
  • Eine auf chronischen Alkoholabusus weisende Erhöhung des Carbohydrate Deficient Transferrin (CDT).

Eine gewisse Abklärung der Ätiologie ist bei der chronischen Hepatitis und der Leberzirrhose vermittels der Enzymdiagnostik in Kombination mit der Serumprotein-Elektrophorese bzw. der Immunglobulinbestimmung möglich. So können autoimmune Lebererkrankungen und Zirrhosen mit einer Hyperproteinämie und/oder hohen γ-Globulinfraktion in der Serumprotein-Elektrophorese einhergehen, oder auf Grund einer Vermehrung von IgA eine Verschmelzung der β- und γ-Globulinfraktion bei Alkohol-toxischer Ätiologie haben. Die posthepatitische Zirrhose zeigt eine relative Vermehrung von IgG und die primäre biliäre von IgM gegenüber den anderen Immunglobulinklassen.

Prognostische Beurteilung der Hepatitis

Die prognostische Beurteilung konzentriert sich auf folgende Fragestellungen /8/:

  • Heilt die akute Hepatitis aus oder geht sie in eine chronische Verlaufsform über?
  • Entwickelt sich die nekrotisierende Form und kommt es zum Leberversagen?
  • Ist ein therapeutischer Erfolg erkennbar?

Ausheilung der Hepatitis: Die akute Virushepatitis A und B sind gewöhnlich selbstlimitierend, nahezu alle Fälle von Hepatitis A und 95 % von Hepatitis B heilen aus. Etwa 85 % der akuten Hepatitis C-Infektionen gehen in eine chronische Verlaufsform über. Während der akuten Phase einer Hepatitis erlauben die Aminotransferasen im Einzelfall keine Aussage, ob die Hepatitis ausheilt oder in eine chronische Verlaufsform übergeht. Da die ALT und die GGT die zuletzt normalisierenden Enzyme sind, wird ein Monitoring mit Messungen alle 2 Wochen empfohlen. Normalisieren die Enzymwerte nicht innerhalb von 6 Monaten oder kommt es zu rezidivierenden Anstiegen, muss mit einer chronischen Verlaufsform gerechnet werden. Das ist auch immer der Fall, wenn bei der Hepatitis B keine Antikörper gegen HBsAg und HBeAg gebildet werden oder eine Viruspersistenz festgestellt wird.

Übergang in eine schwere Verlaufsform: Untersuchungen der Enzyme sollten Patienten mit erhöhtem Risiko für Leberversagen erkennen. Dies erfolgt bei den nekrotisierenden Verlaufsformen, und zwar zu 0,1 % bei Hepatitis A und C, zu etwa 1 % bei Hepatitis B, bis zu 20 % bei der Hepatitis D und bis zu 4 % bei der Hepatitis E (Schwangere bis 20 %). Da sich die Höhe der Aminotransferasen mehr nach der Ätiologie des akuten Leberschadens als dem Schweregrad orientiert, ist die absolute Höhe ihrer Aktivität prognostisch nicht verwertbar. Eine schlechte Prognose kündigt sich jedoch bei Ausbildung eines Nekrosemusters an, das im Abfall aller Enzyme des Hepatozyten besteht oder nur in einem Abfall der ALT bei gleichzeitigem Anstieg von AST, GLDH und LDH.

Antivirale Hepatitis-Behandlung /1314/: Bei der virustatischen Behandlung der chronischen Hepatitis B und C wird die ALT zur Beurteilung des Therapieerfolgs bestimmt. Denn die ALT ist ein Marker zur Beurteilung der entzündlichen Aktivität der Leber, obwohl sie nur beschränkt Aussagen zum Ausmaß der Entzündung zulässt und wenig zur Schwere der Fibrosierung aussagt. Siehe weiterführend Tab. 1.2-5 – Laboruntersuchungen bei Hepatopathien.

1.6.5.2 Muskelerkrankungen

Bei der Vermutung eines frischen Myokardinfarkts beträgt die diagnostische Sensitivität der AST 96 % bei einer diagnostischen Spezifität von 86 % 12 h nach dem akuten Ereignis /15/. Die ALT ist nur im Verlauf bedeutsam, und zwar, wenn eine Rechtsherzinsuffizienz beim Infarkt vermutet wird. Zur Diagnostik von Erkrankungen des Skelettmuskels ist die AST gegenüber der CK weniger sensitiv und spezifisch. Die Erhöhungen von AST und CK weisen auf einen Muskelschaden hin. Das Verhalten der Aminotransferasen bei Herzerkrankungen ist in Tab. 1.6-4 gezeigt und bei Skelettmuskelerkrankungen in Tab. 1.6-5.

1.6.6 Hinweise und Störungen

Bestimmungsmethode

Die IFCC-Methode ist für 37 °C optimiert und enthält Pyridoxalphosphat im Reagenz. Vor Start der spezifischen Reaktion durch Zugabe von α-Ketoglutarat werden die ALT bzw. AST durch Sättigung mit Pyridoxalphosphat in einer Vorinkubation aktiviert. Zusätzlich wird in der Probe vorhandenes Pyruvat in Lactat in der Gegenwart von NADH umgewandelt /12/. Der Vorteil des Pyridoxalphosphat-Zusatzes ist eine Stabilisierung der enzymatischen Aktivität der Aminotransferasen. In Proben mit ungenügend endogenem Pyridoxalphosphat, z.B. bei Patienten mit Herzinfarkt, Lebererkrankungen oder bei Intensivpatienten, können ohne Pyridoxalphosphat-Zusatz falsch-niedrige Aktivitäten gemessen werden.

Eine Verarmung von NADH würde im AST-Ansatz erfolgen, wenn in der Vorinkubation das Pyruvat nicht entfernt würde /16/.

Die Höhe der ALT und auch der obere Referenzbereichswert sind vom Analysesystem abhängig. So betrugen bei einem Ringversuch die interlaboratoriellen Schwankungen 69–83 U/l (Schwankung 14 U/l), aber nur 4–8 U/l, wenn in den verschiedenen Laboratorien mit dem Analysesystem des gleichen Herstellers gemessen wurde /17/.

Untersuchungsmaterial

Empfohlen wird Serum; Heparinplasma kann eine Trübung des Ansatzes verursachen /1/.

Referenzbereich

Die für die IFCC-Methode angegebenen Bereiche beziehen sich auf Erwachsene im Alter von 20–60 Jahren /12/. Amerikaner afrikanischen Ursprungs haben 15 % höhere Werte als Kaukasier. Das American College of Gastroenterology empfiehlt für die ALT als oberen Referenzbereichswert für Männer 33 U/L und 25 U/L für Frauen. Für Kinder empfiehlt die North American Society of Pediatric Gastroenterology folgende obere Referenzbereichswerte: 26 U/L für Jungens und 22 U/L für Mädchen. Die Empfehlungen finden keine ungeteilte Zustimmung /18/.

Makro-AST

Siehe Tab. 1.1-2 – Makroenzyme: Charakterisierung, klinische Bedeutung und Labordiagnostik.

Hämolyse

Führt bei ALT-Werten im Referenzbereich ab einer Hb-Konzentration von 2,5 g/l zu einer Erhöhung von etwa 10 %. Die AST steigt ab einem Hb-Wert von 1,5 g/l mit zunehmender Hämolyse an. Die Aktivität der ALT in den Erythrozyten ist 7 fach, die der AST 15 fach höher als im Serum /19/. Hämolytische Anämien machen eine leichte Erhöhung der AST bei starker Erhöhung der LDH, bei in-vivo Hämolyse ist das Kalium normal, bei in-vitro Hämolyse erhöht.

Halbwertszeit /20/

AST 17 ± 5 Stunden mitochondriale AST 87, ALT 47 ± 10 Stunden.

Variation

Die Variation der Aminotransferasen im Serum innerhalb eines Tages beträgt 45 %, mit den höchsten Werten am Abend und den tiefsten in der Nacht. Die Variation von Tag zu Tag ist 5–10 % /20/.

Körpergewicht

Personen mit hohem Body Mass Index haben um 40 % höhere Aminotransferasen als Normalgewichtige /20/.

Hämodialyse-Patienten

Diese Patienten können niedrige AST- und ALT-Werte auf Grund von Pyridoxalphosphat-Mangel haben /16/.

Stabilität im Serum

ALT und AST sind bei 9 °C 1 Woche stabil, die AST nimmt bei 20 °C leicht kontinuierlich ab /21/.

1.6.7 Pathophysiologie /6, 7, 8, 9/

Die Veränderung der Aktivität von Enzymen im Serum von normalerweise Struktur gebundenen Enzymen der Leber ist ein Indikator zur Diagnostik von Störungen der Architektur und Funktion des Organs. Die Leber besteht zu 79,9 % aus Parenchymzellen, zu 16,6 % aus Uferzellen und zu 3,6 % aus anderen Zellen. Unter Uferzellen werden die Endothel- und Kupfferzellen verstanden.

Die Gesamtzellzahl von 1 mg Lebergewebe beträgt 202.000, davon sind 171.000 Parenchymzellen und 31.000 Uferzellen. Die 300 Milliarden Parenchymzellen der Leber haben über die Sinusoide einen engen Kontakt mit dem zirkulierenden Blut. Die Uferzellen sind in den Sinusoiden den Parenchymzellen vorgelagert und wirken als Filtermechanismus. So säubern die Kupffer’schen Sternzellen, es handelt sich um Makrophagen des retikulo-endothelialen Systems, das Blut von Zelltrümmern, Mikroorganismen und kolloidalen Substanzen durch Phagozytose.

Die Parenchymzellen sind keine einheitliche Zellpopulation. Entsprechend ihrer Lage im Leberläppchen sind sie dem unterschiedlichen Angebot an Sauerstoff und Substraten angepasst. Dieses nimmt auf dem Weg von der Portal- zur Zentralvene ab, was eine unterschiedliche Ausstattung mit Zellorganellen und Enzymen zur Folge hat. Das wird diagnostisch genutzt, denn Zellschädigungen führen zum Austritt löslicher Enzyme und aus dem im Serum gemessenen Enzymmuster kann geschlossen werden, welche Region im Leberläppchen besonders geschädigt wurde. So kommt es bei einer peripheren Schädigung zu einem stärkeren Austritt der ALT aus der Zelle als bei einer zentralen, da die ALT-Aktivität in der Peripherie des Leberläppchens höher ist als zentral.

Der Name Aminotransferase beschreibt die Funktion der Enzyme AST und ALT, nämlich die Übertragung der NH2-Gruppe von Aminosäuren auf Ketosäuren, bevorzugt α-Ketoglutarat. Auf diese Weise werden beim Katabolismus der Aminosäuren die Aminogruppen der verschiedenen Aminosäuren in einer einzigen Aminosäure, bevorzugt Glutamat, gesammelt. In einer nachfolgenden Reihe von Reaktionen, z.B. der oxidativen Desaminierung, wird der Stickstoff dem Glutamat entzogen und in Exkretions fähige Stickstoff enthaltende Verbindungen überführt. Siehe Abb. 5.1-2 – Stoffwechselwege des Glutamats.

Leber, Herz- und Skelettmuskel haben im Vergleich zu den anderen Organen eine relativ hohe spezifische Aktivität an AST. Sie sind deshalb nahezu immer die Herkunftsorgane einer gesteigerten AST-Aktivität.

Die ALT hat in der Leber eine etwa 10 fach höhere spezifische Aktivität als im Herz- und Skelettmuskel und kann somit als Leber spezifisches Enzym betrachtet werden. Sie ist geeignet als Suchenzym zur Erkennung von Lebererkrankungen.

AST und ALT sind in der Leber in Parenchym- und Nicht-Parenchymzellen lokalisiert. Die ALT ist nur im Zytoplasma gelöst, hat ein MG von etwa 110 kD und ihre Aktivität ist in der Leberzelle 2.800 fach höher als im Serum. Die AST ist ein dimeres Molekül, das MG der gelösten Form ist 93 kD, das der mitochondrialen 91 kD. Diese ist zu 30 % im Zytoplasma gelöst und zu 70 % an mitochondriale Strukturen gebunden. Die AST-Aktivität ist in der Leber 7.000 fach höher als im Serum. Aus Leberzellen freigesetzte Enzyme gelangen leicht und schnell in die Zirkulation, da die Sinusoide keine Basalmembran besitzen.

Das bei Lebererkrankungen im Plasma erscheinende Enzymmuster und die Höhe der Enzymaktivitäten sind abhängig von der Art der Schädigung.

Bei der akuten Virushepatitis sind nahezu alle Zellen eines Leberläppchens befallen. Es liegt eine leichte Entzündung der Leberzellen mit Störung der Permeabilität der Zellmembran vor und zytoplasmatische ALT und AST gelangen in das Plasma. Da weniger AST als ALT freigesetzt wird ist der Quotient AST/ALT gewöhnlich unter 1,0. Zur Pathogenese der Virushepatitis B wird angenommen, dass das Virus selbst die Parenchymzellen nur wenig schädigt. Zirkulierende virale Antigene sollen nach Erkennung durch T-Lymphozyten die Proliferation sessiler T-Lymphozyten bewirken, die sich gegen Leberzellen richten. Die T-Lymphozyten erkennen virogene Proteine in der Plasmamembran der Leberzelle und verursachen deren Schädigung. Die Ionendurchlässigkeit der Plasmamembran wird somit erhöht und es kommt zu einer kolloidosmotischen Schwellung oder gar Zelllyse.

Bei der akuten Virushepatitis korreliert die Höhe der in das Plasma übertretenden Aminotransferasen mit der Menge des befallenen Parenchyms. Sind die Schädigungen der Leberzellen reversibel, resultiert eine Restitutio ad integrum. Stärkere Schädigung verursacht einen vermehrten Übertritt der Aminotransferasen, insbesondere der mitochondrialen AST in das Plasma. Ein AST/ALT-Quotient über 1,0 ist Indikator eines solchen Geschehens und zeigt den Untergang von Leberzellen an.

Chronische Entzündungen der Leber verlaufen herdförmig. Die von den periportalen Feldern ausgehenden Nekrosen von Einzelzellen führen bei der chronisch aktiven Hepatitis nur zu einem mäßigen bis mittleren Aminotransferasen-Anstieg und Erhöhung der LDH. Der AST/ALT-Quotient ist über 1. Es besteht keine direkte Korrelation zwischen der Höhe der Aminotransferasen und der Entzündungsaktivität.

Das Abwehrsystem der Uferzellen kann bei chronischen Lebererkrankungen, insbesondere der Leberzirrhose, insuffizient werden. Es kommt dann zu einem Übertritt von Antigenen in die Zirkulation. Das tritt besonders auf, wenn bei eingeschränkter Leberdurchblutung ein spontaner oder chirurgischer Shunt das Blut an der Leber vorbeiführt. Die Immunreaktion auf von der Leber nicht abgefangene Antigene verursacht eine polyklonale Vermehrung der Gammaglobuline in der Serumprotein-Elektrophorese.

Bei der alkoholischen Hepatitis ist die AST höher als die ALT. Während alle anderen Hepatitiden eine zelluläre Verminderung der zytosolischen und mitochondrialen AST verursachen, kommt es bei der alkoholischen Form nur zu einem zytosolischen Verlust.

Der Verschlussikterus und akute hypoxische Hepatopathien auf Grund einer Durchblutungsstörung sowie toxische Substanzen bewirken den Untergang zentroazinärer Parenchymzellen. Es resultiert ein überproportionaler Anstieg der GLDH in Relation zur ALT.

Bei akuten, toxischen Leberschäden mit massiver Zellnekrose entspricht das Muster der Enzyme im Serum dem der Parenchymzellen: LDH > AST > ALT > GLDH.

Literatur

1. IFCC Primary Reference Procedures for the Measurement of Catalytic Activity Concentrations of Enzymes at 37 °C. Schumann G, Bonora R, Ceriotti F, et al. Part 5. Reference procedure for the measurement of catalytic concentration of aspartate aminotransferase. Clin Chem Lab Med 2002; 40: 725–33.

2. IFCC Primary Reference Procedures for the Measurement of Catalytic Activity Concentrations of Enzymes at 37 °C. Schumann G, Bonora R, Ceriotti F, et al. Part 5. Reference procedure for the measurement of catalytic concentration of alanine aminotransferase. Clin Chem Lab Med 2002; 40: 718–24.

3. Schumann G, Klauke R. New IFCC reference procedures for the determination of catalytic activity concentrations of five enzymes in serum: preliminary upper reference limits obtained in hospitalized patients. Clin Chim Acta 2003; 327; 69–79.

4. Thomas L, Müller M, Schumann G, Weidemann G, Klein G, Lunau S, Pick KH, Sonntag O. Consensus of DGKL and VDGH for interim reference intervals on enzymes in serum. J Lab Med 2005; 29: 301–8.

5. Heiduk M, Päge I, Kliem C, Abicht K, Klein G. Pediatric reference intervals determined in ambulatory and hospitalized children and juveniles. Clin Chim Acta 2009; 406:156–61.

6. Goessling W, Massaro JM, Vasan RS, D’Agostino Sr RB, Ellison RC, Fox CS. Aminotransferase levels and 20-year risk of metabolic syndrome, diabetes, and cardiovascular disease. Gastroenterol 2008; 135: 1935–44.

7. Iorio R, Sepe A, Giannatasio A, Cirillo F, Vegnente A. Hypertransaminasemia in childhood as a marker of genetic liver disorder. J Gastroenterol 2005; 40: 820–6.

8. Schmidt E, Schmidt FW. Klinisch-chemische Untersuchungsmethoden. In: Schmidt E, Schmidt FW, Chemnitz G, eds. Krankheiten der Leber. Klinik der Gegenwart. München 1994; Springer, E381–E421.

9. Schmidt E, Schmidt FW. Diagnostik des Ikterus. Dtsch Med Wschr 1984; 109: 139–46.

10. Dufour RD, Lott JA, Nolte FS, Gretch DR, Koff RS, Seeff LB. Diagnosis and monitoring of hepatic injury. II. Recommendations for use of laboratory tests in screening, diagnosis and monitoring. Clin Chem 2000; 46: 2050–68.

11. Marcellin P, Boyer N. Chronic viral hepatitis. Best Practice and Research Clin Gastroenterol 2003; 17: 259–75.

12. McCormick SE, Goodman ZD, Maydonovitch CL, Sjogren MH. Evaluation in liver histology, ALT elevation, and HCV RNA titer in patients with chronic hepatitis C. Am J Gastroenterol 1996; 91: 516–22.

13. Sorrell MF, Belongia EA, Costa J, Gareen IF, Grem JL, Inadomi JM, et al. National Institutes of Health Consensus Conference Statement: Management of Hepatitis B. Ann Intern Med 2009; 150: 104–10.

14. Ghany MG, Strader DB, Thomas DL, Seeff LB. Diagnosis, management, and treatment of hepatitis C: an update. Hepatology 2009; 49: 1335–74.

15. Grande P, Christiansen C, Pedersen A, Christensen MS. Optimal diagnosis in acute myocardial infarction. Circulation 1980; 61: 723–8.

16. Gressner AM, Sittel D. Plasma pyridoxal 5’phosphate concentrations in relation to apo-aminotransferase levels in normal, uremic and post-myocardial infarct sera. J Clin Chem Clin Biochem 1985; 23: 631–6.

17. Dutta A, Saha C, Johnson JS, Chalasani N. Variability in the upper limit of normal for serum alanine aminotransferase levels: a statewide study: Hepatology 2009; 50: 1957–62.

18. Panthegini M, Adeli K, Ceriotti F, Sandberg S, Horvath AR. American liver guidelines and cutoffs for normal ALT. A potential for overdiagnosis. Clin Chem 2017; 63: 1196–8.

19. Sonntag O. Hemolysis as interference factor in clinical chemistry. J Clin Chem Clin Biochem 1986; 24: 127–39.

20. Dufour DR, Lott JA, Nolte FS, Gretch DR, Koff RS, Seeff LB. Diagnosis and monitoring of hepatic injury. I. Performance characteristics of laboratory tests. Clin Chem 2000; 12: 2027–49.

21. Heins M, Heil W, Withold W. Storage of serum or whole blood samples? Effects of time and temperature on 22 serum analytes. Eur J Clin Chem Clin Biochem 1995; 33: 231–8.

22. Schmidt E, Schmidt FW. Clinical pathology of viral hepatitis. In: Deinhardt F, Deinhardt J, eds. Viral hepatitis: Laboratory and clinical science. New York: Marcel Dekker 1983: 411–87.

23. Boyer N, Marcellin P. Pathogenesis, diagnosis and management of hepatitis C. J Hepatol 2000; 32, suppl. 1: 98–112.

24. Gerlach JT, Diepolder HM, Jung MC, et al. Akute Hepatitis C. Dtsch Ärztebl 1999; 96: A-1303–6.

25. Holt DA, Baran DA, Oehler RL, Sinnott JT. Delta Hepatitis: a diagnostic algorithm. Infect Med 1993; 10: 23–8.

26. Manns MP, Schmidt E, Schmidt FW. Virushepatitis D (Delta-Hepatitis). In: Schmidt E, Schmidt FW, Manns MP, eds. Lebererkrankungen. Stuttgart; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2000; 591–612.

27. Mushahwar IK, Dawson GJ, Reyes GR. Hepatitis E virus: molecular biology and diagnosis. Eur J Gastroenterol Hepatol 1996; 8: 312–8.

28. Heni N, Heissmeyer HH, Baumgartner M. Klinik der Zytomegalie-Infektion der Erwachsenen. Dtsch Med Wschr 1986; 111: 499–503.

29. Markin RS. Manifestations of Epstein-Barr virus-associated disorders in liver. Liver 1994; 14: 1–13.

30. Benador N, Mannhardt W, Schranz D, Braegger C, Fanconi S, Hassam S, et al. Three cases of neonatal herpes simplex virus infection presenting as fulminant hepatitis. Eur J Pediatr 1990; 149: 555–9.

31. Ey JL, Smith SM, Fulginiti VA. Varicella hepatitis without neurological symptoms or findings. Pediatrics 1981; 67: 631–3.

32. Arai M, Wada N, Maruyama K, Nomiyama T, Tanaka S, Okazaki I. Acute hepatitis in an adult with acquired rubella infection. J Gastroenterol 1995; 30: 539–42.

33. Kuhlhanjian J. Fever, hepatitis and coagulopathy in a newborn infant. Pediatr Infect Dis 1992; 11: 1069, 1072.

34. Cames B, Rahier J, Burtomboy G, de Ville de Goyet J, Reding R, Lamy M,et al. Acute adenovirus hepatitis in liver transplant recipients. J Pediatr 1992; 120: 33–7.

35. Edwards CN, Nicholson DM, Hassel TA, Everard COR, Callender J. Leptospirosis in Barbados. A clinical study. West Indian Med J 1990; 39: 27–34.

36. Staszkiewicz J, Lewis CM, Colville J, Zervos M, Band J. Outbreak of Brucella melitensis among microbiology laboratory workers in a community hospital. J Clin Microbiol 1991; 29: 297–90.

37. Schneider T, Jahn HU, Steinhoff D, et al. Q-Fieber-Epidemie in Berlin. Epidemiologische und klinische Aspekte. Dtsch Med Wschr 1993; 118: 689–95.

38. Foulon W, Naessens A, Mahler T, de Waehle M, de Catte L, de Meuter F. Prenatal diagnosis of congenital toxoplasmosis. Obstet Gynecol 1990; 76: 769–72.

39. Mordeja M. Zur Frage der Leberbeteiligung bei 14 verschiedenen Infektionskrankheiten. Dissertation 1988; Medizinische Hochschule Hannover, Germany.

40. Gundling F, Secknus R, Abele-Horn M, Mössner J. Pyogener Leberabszess. Dtsch Med Wschr 2004; 129: 1685–8.

41. Branum GD, Tyson GS, Branum MA, Meyers WC. Hepatic abscess. Changes in etiology, diagnosis and management. Ann Surg 1990; 212: 655–62.

42. Maltz G, Knauer CM. Amebic liver abscess: a 15 year experience. Am J Gastroenterol 1991; 86: 704–10.

43. Marcellin P, Boyer N. Chronic viral hepatitis. BestPractice & Research Clin Gastroenterol 2003; 17: 259–72.

44. Dusheiko G, Agarwal K, Maini MK. New approaches to chronic hepatitis B. N Engl J Med 2023; 388: 55–69.

45. Mehta SH, Netski D, Sulkowski MS, Strathdee SA, Vlahov D, Thomas DL. Liver enzyme values in injection drug users with chronic hepatitis C. Digestive and Liver Disease 2005; 37: 674–80.

46. Pradat P, Alberti A, Poynard T, et al. Predictive value of ALT levels for histologic findings in chronic hepatitis C: a European collaborative study. Hepatology 2002; 36: 973–7.

47. Vuppalanchi R, Chalasani N. Nonalcoholic fatty liver disease und nonalcoholic steatohepatitis: selected practical issues in their evaluation and management. Hepatology 2009; 49: 306–17.

48. Loomba R, Sirlin CB, Schwimmer JB, Lavine JE. Advances in pediatric nonalcoholic fatty liver disease. Hepatology 2009; 50: 1282–93.

49. Gastaldelli A, Kozakowa M, Hojlund K, Flyvberg A, Favuzzi A, Mitrakou A, et al. Fatty liver is associated with insulin resistance, risk of coronary heart disease, and early atherosclerosis in a large European population. Hepatology 2009; 49: 1357–44.

50. Levitsky J, Mailliard ME. Diagnosis and therapy of alcoholic liver disease. Semin Liver Dis 2004; 24: 233–46.

51. O’Shea R, Dasarathy S, McCullough AJ, and the Practice Guideline Committee of the AASLD. Alcoholic liver disease. Hepatology 2010; 50: 307–28.

52. Mistry P, Seymour CA. Primary biliary cirrhosis – from Thomas Addison to the 1990s. Quarterly Journal of Medicine 1992; 82: 185–96.

53. Lindor KD, Gershwin ME, Poupon R, Kaplan M, Bergasa V, Heathcote J. AASLD Practice Guidelines: Primary biliary cirrhosis. Hepatology 2009; 50: 291–308.

54. McGlynn KA, London WT. Epidemiology and natural history of hepatocellular carcinoma. Best Practice & Research Clin Gastroenterol 2005; 19: 3–23.

55. Miyakawa K, Tarao K, Oshige K, Morinaga S, Ohkawa S, Okamoto N, et al. High serum alanine aminotransferase levels for the first three succesive years can predict very high incidence of hepatocellular carcinoma in patients with Child stage A HCV-associated liver cirrhosis. Scand J Gastroenterol 2009; 44: 1340–8.

56. Trauner M, Meier PJ, Boyer JL. Molecular pathogenesis of cholestasis. N Engl J Med 1998; 339: 1217–27.

57. Kommerell B. Differentialdiagnose des Verschlußikterus. Therapiewoche 1973; 23: 4617–21.

58. Trauner M, Ficker P, Stauber RE. Inflammation-induced cholestasis. J Gastroenterol Hepatol 1999; 14: 946–59.

59. Mohacsi P, Meier B. Hypoxic hepatitis in patients with cardiac failure. J Hepatology 1994; 21: 693–7.

60. Sass DA, Shakil AO. Fulminant hepatic failure. Gastroenterol Clin N Am 2003; 32: 1195–1211.

61. Benjaminov FS, Heathcote J. Liver disease in pregnancy. Am J Gastroenterol 2004; 99: 2479–88.

62. Teschke R, Hennermann KH, Schwarzenböck A. Arzneimittel-bedingte Hepatotoxizität: Diagnostische Hilfe durch Bewertungsskala. Dtsch Ärztebl 2006; 103: B2002–6.

63. Chitturi S, George J. Hepatotoxicity of commonly used drugs: nonsteroidal antiinflammatory drugs, antihypertensives, antidiabetic agents, anticonvulsants, lipid-lowering agents, psychotropic drugs. Semin Liv Dis 2002; 22: 169–83.

64. Vale JA, Proudfoot AT. Paracetamol (acetaminophen) poisoning. Lancet 1995; 346: 547–52.

65. Tsai SJ. Valproic acid-induced Stevens-Johnson syndrome. J Clin Psychopharmacol 1998;18: 420.

66. Minar E, Ehringer H, et al. Transaminaseanstieg: Eine weitgehend unbekannte Nebenwirkung der Heparintherapie. Dtsch Med Wschr 1980; 105: 1713–7.

67. O’Dell JR. Methotrexat use in rheumatoid arthritis. Rheumatic Dis Clin North Am 1997; 23: 779–80.

68. Ingiliz P, Valantin MC, Duvivier C, Medja F, Dominguez S, Charlotte F, et al. Liver damage underlying unexplained transaminase elevation in human immunodeficiency virus-1 monoinfected patients on antiviral therapy. Hepatology 2009; 49: 436–42.

69. Kalant H. The pharmacology and toxicology of ectasy (MDMA) and related drugs. CMAJ 2001; 165: 917–28.

70. Homann J. Knollenblätterpilzvergiftung. Med Welt 1989; 1171–4.

71. Stedman C. Herbal hepatotoxicity. Semin Liv Dis 2002; 22: 195–206.

72. Krawitt EL. Autoimmune hepatitis. N Engl J Med 2006; 354: 54–66.

73. Lee YM, Kaplan MM. Primary sclerosing cholangitis. N Engl J Med 1995; 332: 924–33.

74. Yeoman AD, Westbrook RH, Al-Chalabi T, Carey I, Heaton ND, Portmann BC, et al. Diagnostic value and utilty of the simplified International Autoimmune Hepatitis Group (IAIHG) criteria in acute and chronic liver disease. Hepatology 2009; 50: 538–45.

75. Cullen S, Chapman R. Aetiopathogenesis of primary sclerosing cholangitis. Best Practice & Research Clin Gastroenterol 2001; 15: 577–89.

76. Lilly L, Berg CA, Gollan JL. Primary biliary cirrhosis. Immunopathogenesis and optimum management. Clin Immunther 1996; 6: 420–37.

77. Schmidt E, Schmidt FW. Klinische Diagnostik von Lebertumoren. Verhandlungen Dtsch Krebsges 1984; 5: 459–70.

78. Ozawa Y, Shimizu T, Shishiba Y. Elevation of serum aminotransferase as a sign of multiorgan-disorders in severely emaciated anorexia nervosa. Internal Med 1998; 37: 32–7.

79. Alzeer H, El-Hazmi MAF, Warsy AS, Ansari ZA, Yrkendi MS. Serum enzymes in heat stroke: prognostic implication. Clin Chem 1997; 43: 1182–7.

80. Iorio R, D’Àmbrosi M, Marcellini M, Barbera C, Maggiore G, Zancan L, et al. Serum transaminases in children with Wilson’s disease. JPGN 2004; 39: 331–6.

81. Koch CD. Kritische Beurteilung von Serum-Enzymaktivitätsbestimmungen zur Diagnose des Herzinfarktes. Dtsch Med Wschr 1974; 99: 127–31.

82. Schwartzkopff B, Klein RM, Strauer BE. Diagnostik und Therapie der Myokarditis. Internist 1995; 36: 469–83.

83. Willems GM, van de Veen FH, et al. Enzymatic assessment of myocardial necrosis after cardiac surgery: differentiation from skeletal muscle damage, hemolysis, and liver injury. Am Heart J 1985; 109: 1243–52.

84. Mortier W. Muskelerkrankungen bei Kindern. Dtsch Ärztebl 1977; 74: 1081–4.

85. Schneider S. Maligne Hyperthermie. Dtsch Ärztebl 1983; 80: 41–4.

86. Berg A. Körperbelastung und Serumenzyme. Dtsch Zschr Sportmed 1979; 30: 128–30.

1.7 Cholinesterasen (ChE)

Lothar Thomas

Cholinesterasen hydrolysieren Acetylcholin. Zwei verwandte Enzyme werden unterschieden /1/:

  • Acetylcholin-acetylhydrolase (EC 3.1.1.7), auch als Acetylcholinesterase (AChE) bezeichnet. Sie kommt in Erythrozyten, der grauen Substanz des Zentralnervensystems, den sympathischen Ganglien der motorischen Endplatte der Muskelzelle, in Lunge und Milz, aber nicht im Plasma vor. Nur Cholinester werden hydrolysiert, nicht aber Arylester und Alkylester. Die AChE spaltet an Nervenendigungen freigesetztes Acetylcholin und vermittelt so den Nervenimpuls über die Synapse zum Endorgan. Die AChE wird mit einem anderen Substrat bestimmt als die nachfolgend beschriebene Acylcholin-acylhydrolase.
  • Acylcholin-acylhydrolase (EC 3.1.1.8), auch als Cholinesterase (ChE) bezeichnet. Sie kommt im Plasma, der Leber, Darmschleimhaut, Pankreas, Milz und der weißen Substanz des Zentralnervensystems vor. Die ChE spaltet neben Cholinestern auch Benzoylcholin und Butyrylthiocholin sowie Arylester und Alkylester. Die Funktion des im Serum vorkommenden Enzyms ist unbekannt. AChE und ChE werden durch die Alkaloide Prostigmin und Physostigmin kompetitiv gehemmt. Nachfolgend wird nur die ChE, also die im Plasma messbare Enzymaktivität abgehandelt.

1.7.1 Indikation

  • Verdacht auf eingeschränkte Funktionsleistung der Leber.
  • Vor Gabe von Muskelrelaxantien vom Succinylcholin-Typ, wenn der Hinweis auf eine Cholinesterasevariante besteht.
  • Bei verlängerter Apnoe nach operativen Eingriffen.
  • Vergiftung mit Pestiziden.
  • Kontrolle Pestizid-exponierter Arbeiter.
  • Intensiv-pflichtige Patienten mit pathologischen Globaltests der Blutgerinnung oder nicht erklärbarer Hypoalbuminämie.

1.7.2 Bestimmungsmethode

Bestimmung der Acetylcholinesterase (EC 3.1.1.7) /2/

Prinzip: Acetylthiocholin wird durch AChE in die Reaktionsprodukte Essigsäure und Thiocholin hydrolysiert. Die katalytische Aktivität der AChE wird bestimmt durch Messung der Absorptionszunahme des gelben Farbstoffes 5-Thio-2-nitrobenzoat, der entsteht, wenn Thiocholin mit gepufferter 5.5‘dithio-bis-2-nitrobenzoesäure (DTNB, 10 mmol/l; NaHCO3 17,85 mmol/l = gepuffertes Ellman’s Reagenz) reagiert.

Benzoylcholin-Methode /3/

Prinzip: Benzoylcholin wird durch AChE in die Produkte Benzoesäure und Cholin hydrolysiert. Die Abnahme der Absorption von Benzoylcholin wird bei 240 nm gemessen.

Bestimmung der Acylcholin acylhydrolase (EC 3.1.1.8) bei 37 °C /4/

Prinzip: Substrate wie Butyrylthiocholin, Acetylthiocholin oder Propionylthiocholin werden vergleichbar hydrolysiert (Tab. 1.7-1 – Prinzip der CHE-Bestimmung und Berechnung der Dibucainzahl). Das gebildete Thiocholin wird in einer chromogenen Reaktion erfasst. Siehe Tab. 1.7-2 – Chromogene Reaktionen zur Messung des gebildeten Thiocholins.

1.7.2.1 Phänotypisierung genetischer Varianten

Die Synthese der ChE im Plasma wird von einem Genlocus auf dem langen Arm des 3. Chromosoms kontrolliert.

Bekannt sind die Allele U, A, S, F, H, J, K, die für die Synthese von potenziell 28 Phänotypen verantwortlich sind /15/.

Bei einigen Personen kommt mehr als eine Mutation im gleichen Gen vor, so dass ein Phänotyp nicht immer mit einem Genotyp identisch ist. So kann z.B. der UA-Phänotyp den zwei Genotypen UA und UAK entsprechen.

Bis zu 45 verschiedene diploide Genotypen sind möglich, aber nur 11 verschiedene Phänotypen /6/. Ein Teil der ChE-Varianten bewirkt eine Erniedrigung der ChE im Plasma, hydrolysiert nicht Succinylcholin und bewirkt eine verlängerte Apnoe nach operativen Eingriffen, bei denen Muskelrelaxantien vom Succinylcholin-Typ verabreicht werden. Siehe Tab. 1.7-8 – Biochemische Eigenschaften der Cholinesterase-Varianten.

Die klassische Methode zur biochemischen Genotypisierung der ChE im Plasma sind Untersuchungen zur Hemmung der ChE mit Dibucain und Fluorid.

Dibucain-Hemmung

Prinzip: In Anwesenheit des Lokalanästhetikums Dibucain wird die Aktivität normaler ChE stärker gehemmt als atypische ChE-Varianten.

Bezugnehmend auf das Ausmaß der Hemmung werden Personen folgenden drei Gruppen zugeordnet /7/:

  • Hemmung über 70 %; die Person ist homozygot in beiden Genen für eine normale ChE.
  • Hemmung 40–70 %; die Person ist heterozygot und besitzt ein Gen für die normale ChE und eines für eine atypische ChE.
  • Hemmung unter 30 %; die Person ist homozygot in beiden Genen für eine atypische Variante.

Bestimmt wird die ChE in An- und Abwesenheit von 1 × 10–5 mol/l Dibucain mit der Benzoylcholin-Methode /7/, seltener unter Anwendung von Acetylthiocholinestern als Substrat /8/.

Berechnet wird die Dibucainzahl anhand der in Tab. 1.7-1 – Prinzip der ChE-Bestimmung (oben) und Berechnung der Dibucainzahl aufgeführten Formel.

Fluorid-Hemmung

Wird angewendet zur Bestimmung der Fluorid-resistenten ChE-Varianten (Tab. 1.7-8 – Biochemische Eigenschaften der Cholinesterase-Varianten). Die Bestimmung erfolgt entsprechend der Dibucainzahl, die Fluoridkonzentration im Bestimmungsansatz ist 5 × 10–5 mol/l /9/.

Ro 2-0683-Hemmung

Ro 2-0683 ist ein spezifischerer Inhibitor der ChE als Dibucain. Die normale ChE (E1U) wird zu nahezu 100 % gehemmt, die atypische Variante (E1a) nahezu nicht /5/.

1.7.3 Untersuchungsmaterial

Serum, Heparinplasma: 1 ml

1.7.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 1.7-3 – Referenzbereich der ChE.

1.7.5 Bewertung

Verminderungen der ChE sind häufig bei Lebererkrankungen, Medikamenten-bedingt und bei Vergiftung mit Insektiziden, seltener sind sie hereditär bedingt.

1.7.5.1 ChE bei Lebererkrankungen

Die ChE wird in vom Parenchym derLeber synthetisiert und in das Plasma exportiert. Die Aktivität im Serum ist von der adäquaten Funktion des Enzyms und der Anzahl der Parenchymzellen der Leber abhängig. Deshalb ist die ChE eine Messgröße der globalen Leberfunktion. Nur schwere Leberschäden, die mit einer Reduzierung der Proteinsynthese der Parenchymzellen einhergehen oder die auf einer starken Verminderung der Masse an Parenchymzellen beruhen, führen zu einem Absinken der ChE unter den unteren Referenzbereichswert /12/.

Generell trägt die isolierte Bestimmung der ChE wenig zur Diagnostik von Lebererkrankungen bei. So beträgt bei einer Prävalenz von 8 % der Patienten mit Lebererkrankungen im Krankengut der positive Vorhersagewert eines pathologischen Befundes nur 21 % und der negative Vorhersagewert des normalen Befundes, der diese ausschließt, 97 % /13/. Trotz des niedrigen positiven Vorhersagewerts hat die ChE eine diagnostische Bedeutung (Tab. 1.7-4 – Lebererkrankungen, die mit einer verminderten ChE einhergehen können):

  • Screening auf Lebererkrankung im Muster mit der GGT und ALT. Obwohl die diagnostische Sensitivität der ChE zur Erkennung von Lebererkrankungen geringer ist als die von GGT und ALT ist sie in der Kombination wichtig für das Screening. Denn bei fortgeschrittener chronischer Lebererkrankung können GGT und ALT im Referenzbereich sein und nur die verminderte ChE auf eine Lebererkrankung hinweisen /12/.
  • Indikator für eine Mitreaktion der Leber bei systemischen Erkrankungen. Als Ursache der nicht auf einer primären Lebererkrankung beruhenden Erniedrigung der ChE kommen schwere Krankheitsbilder mit kataboler Stoffwechsellage in Frage, z.B. maligne Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen, intensivmedizinische Behandlung, Proteinmangelernährung /14/.
  • Als prognostischer Parameter, insbesondere in der Beurteilung des Verlaufs bei Leberzirrhose, beim fulminanten Leberversagen oder nach Lebertransplantation. Abfallende oder deutlich erniedrigte Werte weisen auf eine schlechte Prognose hin /12/.

Die Synthese von Albumin und ChE in der Leber erfolgt gekoppelt. Veränderungen der ChE, die nicht Leber-bedingt sind, zeigen deshalb kein gleichartiges Verhalten zum Albumin. Aus dem Verhalten von Albumin und ChE im Serum kann diagnostische Information gewonnen werden. Siehe Tab. 1.7-5 – Differentialdiagnostische Bedeutung der kombinierten Bestimmung von ChE und Albumin.

Patienten mit alkoholischer Verfettung der Leber haben in über 50 % der Fälle eine ChE im oberen Referenzbereich oder eine leichte Erhöhung /15/. Weitere Erkrankungen sind aufgeführt in Tab. 1.7-6 – Weitere Erkrankungen, die mit verminderter ChE einhergehen können.

1.7.5.2 ChE Verminderung durch Medikamente

Die ChE wird durch die Alkaloide Prostigmin und Physostigmin reversibel gehemmt. Beide Alkaloide konkurrieren mit dem Cholinrest des Acetylcholins um dessen Bindungsstelle am Enzym. Andere Medikamente und Substanzen hemmen die ChE irreversibel. Eine Liste von Medikamenten zeigt Tab. 1.7-7 – Hemmung der ChE durch Medikamente.

1.7.5.3 ChE bei Vergiftung mit Insektiziden

Organophosphate und Carbamate werden weltweit in der Landwirtschaft als Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung von Insekten eingesetzt und deshalb auch als Pestizide bezeichnet. Die Vergiftung durch diese Substanzen ist ein Problem, insbesondere Landarbeiter und Kinder sind betroffen. Weltweit wird jährlich mit drei Millionen Vergiftungen und etwa 200 Tausend Todesfällen gerechnet /22/. Pestizide sind auch für den Menschen von hoher Toxizität und können zur beabsichtigten und unbeabsichtigten Vergiftung führen /23/.

Organophosphate: Es handelt sich um organische Phosphorsäureester, auch als Alkylphosphate bezeichnet, wie z.B. Ethylparathion, Methylparathion, Demeton-S-methylsulfoxid, Carbophention, Mevinphos, Chlorpyrifos, Dimethoat, Naled, EPBP, Phosalone. Die hemmende Wirkung der Organophosphate ist irreversibel und kann in vitro und in vivo unterschiedlich sein. So entsteht Malaoxon, die hochtoxische Form des Malathion erst nach Aufnahme in den Organismus durch Oxidation /24/.

Carbamate: Formetanat-HCl, Methomyl, Carbaryl. Die hemmende Wirkung der Carbamate ist reversibel. Sie bilden mit der Acetylcholinesterase ein Acetylcholinesterase-Carbamat Intermediat, das rasch der Hydrolyse unterliegt, somit steht das aktive Enzym relativ schnell wieder zur Verfügung.

Wirkungsmechanismus der Organophosphate und Carbamate: Organophosphate und Carbamate hemmen die Acetylcholinesterase in den Nervengeweben und Erythrozyten und die Butyrylcholinesterase im Plasma. Als Resultat der Hemmung kumuliert das Substrat Acetylcholin. Es werden Konzentrationen im Plasma von 20–30 μg/l gemessen. Die klinischen Symptome der Vergiftung mit Organophosphaten beruht auf einer Stimulation der Muscarin- und Nikotin-sensitiven Acetylcholin-Rezeptoren der Muskulatur und der Synapsen des Zentralnervensystems. Die Hemmung der ChE im Serum ist aus toxikologischer Sicht unbedeutend, das Absinken ihrer Aktivität bei einer Vergiftungen mit Organophosphat erlaubt aber Analogieschlüsse auf die verbliebene Aktivität der Acetylcholinesterase.

Die gängige Therapie der cholinergen Vergiftung besteht in der Gabe von:

  • Atropin, der kompetitive Acetylcholin-Antagonist, beseitigt die Muskarinwirkung am Muskel.
  • Nukleophilen Antidots wie Pralidoxim oder Obidoxim zur Regeneration der Acetylcholinesterase. Die Nikotin-sensitiven Wirkungen dieser Substanzen an den Ganglienzellen werden aufgehoben. Die Wirkung beruht auf einer Entfernung der Phosphatgruppe von der phosphorylierten AChE wodurch das Enzym wieder aktiviert wird.

Akute Intoxikation

Die Aufnahme der Pestizide erfolgt gastrointestinal, respiratorisch, okulär und über die Haut, am schnellsten aber durch Inhalation. Die Pestizide verteilen sich rasch im Organismus und kumulieren in Fettgewebe, Leber und Nieren. Die klinischen Symptome treten innerhalb von 12 h auf, wenn das Organophosphat nicht Fett löslich ist (Fenthion) oder keiner metabolischen Aktivierung unterliegt (Parathion). Bei Fett löslichen Phosphorsäureestern tritt die klinische Symptomatik später auf und die Elimination dauert Tage. Klinische Symptome der Organophosphat- und Carbamat-Vergiftung sind Miosis, Hypersalivation, Übelkeit, Erbrechen, verstärktes Muskelzittern und Schwitzen. Bei Kindern sind die sechs häufigsten Symptome Durchfall, Erbrechen, Miosis, Hypersekretion des Bronchialepithels, Schwitzen und Hypothermie /25/. Die klinischen Symptome treten auf, wenn nach Inkorporation des Insektizids die ChE auf ≤ 60 % des unteren Referenzbereichswerts absinkt.

Auf Grund des prozentualen Abfalls der ChE-Aktivität werden Organophosphat Intoxikationen eingeteilt in /26/:

  • Leichte Form (ChE 60–40 %) klinisch im Vordergrund steht die oben genannte Symptomatik.
  • Mittelschwere Form (ChE 40–20 %), zusätzlich zur oben genannten Symptomatik besteht ein Gefühl der Enge in der Brust und Muskelschmerzen.
  • Schwere Form (ChE unter 20 %), klinisch im Vordergrund steht das Atemnotsyndrom.

Nach vollständiger Hemmung erreicht die ChE bei unbehandelten Fällen nach 30–40 Tagen wieder Werte im Referenzbereich. Das zeigte eine Studie /25/ an Kindern die bei Krankenhauseinweisung ChE-Werte von 10–30 % des unteren Referenzbereichswerts hatten.

Die akute Carbamat-Vergiftung ist weniger schwer als die mit Organophosphaten. Sie ist häufig selbstlimitierend, da durch spontane Lyse des Acetylcholinesterase-Carbamat Intermediates eine aktive AChE schnell wieder zur Verfügung steht.

Chronische Pestizidbelastung: Diese kann asymptomatisch sein oder es treten unspezifische Symptome wie Diarrhoe, Gewichtsverlust, Muskelschwäche und psychische Symptome auf.

Überwachung exponierter Personen

Die Kontrolle von Landarbeitern, die Pestizide versprühen, kann durch Bestimmung der ChE im Serum oder den Erythrozyten nach folgender Empfehlung durchgeführt werden /27/: Vor Beginn der Tätigkeit werden zwei Basalwerte im Abstand von 3, aber nicht länger als 14 Tagen bestimmt, wenn die Sprühtätigkeit mehr als 6 Tage pro Monat ausgeübt wird. Danach drei Bestimmungen in monatlichen Abständen. Ein relatives Risiko einer Pestizid Vergiftung besteht, wenn die ChE in den Bereich auf 60–80 % des individuellen Basalwerts vor Beginn der Sprühsaison abfällt. Personen, die auf Werte unter 60 % absinken, dürfen die Tätigkeit nicht mehr ausüben.

1.7.5.4 ChE-Verminderung durch atypische Varianten

Die Biosynthese der Cholinesterase wird durch 4 allele Gene am Locus E1 kontrolliert sowie durch seltene genetische Varianten. Siehe Tab. 1.7-8 – Biochemische Eigenschaften der Cholinesterase-Varianten.

Es kontrollieren /5/:

  • Der normale (usual) Genotyp E1UE1U die Synthese einer normalen Cholinesterase im Serum, die mit Dibucain zu fast 80 % und mit Ro 2-0683 zu nahezu 100 % hemmbar ist.
  • Der atypische Genotyp E1aE1a eine Variante der ChE, die eine erniedrigte ChE im Serum bewirkt, die zu weniger als 30 % durch Dibucain und fast nicht von Ro 2-0683 gehemmt wird.
  • Der Fluorid-sensible Genotyp E1FE1F eine Variante, die nur wenig von Dibucain, aber stark durch Fluorid gehemmt wird.
  • Der Silent Genotyp E1SE1S eine Variante der ChE, der die nötige Struktur fehlt Cholinester Bindungen zu hydrolysieren und die keine Enzymaktivität besitzt.

Die vier allelen Gene können neben den genannten wichtigen Genotypen weitere bilden, die dargestellt sind in Tab. 1.7-7 – Hemmung der Cholinesterase durch Medikamente.

Es gibt weiterhin noch das J-, K- und H-Gen. Diese drei Gene kodieren eine normale katalytische Aktivität der ChE, aber auf Grund einer gestörten Synthese oder Instabilität der ChE sind weniger Moleküle im Plasma. So ist die K-Variante mit einer Verminderung der ChE um 33 %, die J-Variante mit einer 66 % Reduktion und H-Variante mit einer 90 % Verminderung assoziiert.

Verminderte Aktivitäten der ChE haben eine klinische Bedeutung bei Patienten, die bei chirurgischen Eingriffen mit dem neuromuskulären Blocker Succinylcholin behandelt werden. Bei Gabe von 1–1,5 mg Succinylcholin/kg Körpergewicht und normaler ChE im Serum wird diese Dosis innerhalb von 15 min durch die AChE hydrolysiert. Ist diese stark vermindert oder liegt eine atypische ChE vor, besteht eine erhebliche relative Überdosierung von Succinylcholin und die Rückkehr zur normalen neuromuskulären Funktion ist verlängert. In einer Studie /28/, die 1.247 Patienten mit abnormaler Antwort auf Succinylcholin umfasste, konnte in 61,1 % der Fälle eine Erklärung gefunden werden. Von diesen Fällen waren 28,5 % genotypisch normal, 46,5 % hatten einen abnormalen Genotyp und bei 24,9 % konnte der Genotyp nicht bestimmt werden.

Die Zeiten bis zum Einsetzen der neuromuskulären Funktion dauerten:

  • 15–30 min bei Patienten die heterozygot für ein abnormales Gen waren.
  • 35–45 min bei Patienten mit Heterozygotie für zwei abnormale Gene.
  • 90–180 min bei Patienten mit dem Genotyp E1aE1a.
  • 20 min bei dem Genotyp E1aE1k.
  • 90 min bei dem Genotyp E1aE1h (1 Patient).

Die Anwesenheit eines einzelnen genetisch varianten Allels führt nicht selbstverständlich zu einem verlängerten neuromuskulären Ausfall nach Gabe von Succinylcholin.

Das ist der Fall, wenn in heterozygoter Kombination /6/:

  • Ein Gen vorliegt, das für eine niedrige Aktivität der ChE kodiert (Genotypen E1UE1h, E1UE1J, E1UE1k, E1UE1S).
  • Medikamente eingenommen werden, die zu einer Verminderung der Aktivität von ChE führen oder wenn eine Lebererkrankung, z.B. Zirrhose, besteht.

Anstatt des Dibucain-, Fluorid- oder Ro 2-0683-Tests zur Feststellung einer Varianten ChE wird empfohlen, eine molekulargenetische DNA-Analyse zur exakten Identifikation der Mutation, die der atypischen ChE zu Grunde liegt, durchzuführen /29/.

1.7.5.5 Erhöhung der ChE-Aktivität

Erhöhungen der Aktivität der ChE sind diagnostisch nicht bedeutsam. Erkrankungen, die mit einer erhöhten Aktivität der ChE assoziiert sein können. Siehe Tab. 1.7-9 – Erkrankungen, die mit einer Erhöhung der ChE einhergehen können.

1.7.6 Hinweise und Störungen

Bestimmungsmethode

Zur Beurteilung der Leberfunktion wird bei Bestimmung der ChE am häufigsten das Substrat Butyrylthiocholin verwendet. Zur Bestimmung der Dibucain- und Fluoridzahl wird der Benzoylcholin-Methode der Vorzug gegeben. Auch die Bestimmung der Konzentration von ChE mit immunologischen Methoden ist möglich.

Referenzbereich

In der Neugeborenperiode und den darauf folgenden Wochen hat die ChE nur etwa 50 % des Serumwerts Erwachsener. Sie steigt dann langsam an und erreicht im 6. Lj. Erwachsenenwerte, stabilisiert sich zur Pubertät und bleibt während des weiteren Lebens konstant. Beschriebene Altersabhängigkeiten bewegen sich in Änderungen, die klinisch nicht bedeutsam sind. Der interindividuelle Wert im Serum ist abhängig von Körpergewicht, Körpergröße und Geschlecht.

Der Serumwert postmenopausaler Frauen soll etwa 15 % höher sein als prämenopausal.

In der Schwangerschaft kommt es im ersten Trimenon zu einem Abfall der ChE um 20–30 %, der über die gesamte Schwangerschaft erhalten bleibt und wenige Wochen nach Entbindung wieder normalisiert.

Die Einnahme oraler Kontrazeptiva, die Ethinylestradiol enthalten, kann zur Senkung der ChE um 20 % führen.

Halbwertszeit

Sie beträgt 10 (3,4–12) Tage in der Zirkulation /30/. Veränderungen der Leberfunktion werden erst mit einer erheblichen Verzögerung angezeigt, deshalb ist die ChE kein Akutparameter.

Interferenzen

Hämolyse: Täuscht eine erhöhte ChE vor, wenn das Substrat Acetylthiocholin verwendet wird, da die AChE aus Erythrozyten mit gemessen wird. Bei Bestimmung der ChE unter Anwendung der vorgeschlagenen Standardmethode mit Butyrylthiocholin stört auf Grund des geringen Probenvolumens eine Hämolyse nicht /10/.

Lipämie: Stört nicht (geringes Probenvolumen) /10/.

Hyperbilirubinämie: Konzentrationen bis 10 mg/dl (170 μmol/l) stören nicht, bei höheren Konzentrationen muss die Probe verdünnt werden /10/.

Stabilität

Die ChE ist sehr stabil. Bei Raumtemperatur (20 °C) oder tiefgefroren im Serum bis 1 Jahr stabil /31/.

1.7.7 Pathophysiologie

Die ChE im Plasma ist ein tetrameres Glykoprotein, das aus vier identischen Untereinheiten besteht. Jede Untereinheit hat 574 Aminosäuren, 9 Zuckerketten und ein aktives Zentrum. Die vier Untereinheiten werden von Disulfidbrücken und hydrophoben, nicht kovalenten Kräften zusammengehalten /6/.

Vertebraten besitzen zwei Gene, die jeweils für die Synthese der Enzyme AChE und CHE verantwortlich sind. Sie differieren in ihrer Substratspezifität, letzteres Enzym hydrolysiert Acetylcholin und Butyrylthiolcholin, ersteres nur Acetylcholin. Die Ursache liegt in der Größe der Acyltasche im aktiven Zentrum der beiden Enzyme. Die beiden sperrigen Phenylalanin-Seitenketten des Butyrylthiocholins passen nicht in die Acyltasche der AChE.

Die AChE besitzt zwei wesentliche Merkmale, die sie befähigen, Acetylcholin rasch nach Freisetzung von den cholinergen Synapsen zu hydrolysieren:

  • Eine hohe katalytische Turnoverrate.
  • Zwei Haupttypen an Untereinheiten, AChEH und AChET, die einen Einbau des Enzyms in die synaptischen Strukturen ermöglichen. Beide Haupttypen haben die gleiche katalytische Aktivität. Die Bildung der verschiedenen AChE-Formen erfolgt Gewebe spezifisch und ist davon abhängig, ob es sich um einen langsam oder schnell reagierenden Muskel handelt /32/.

Medikamente wie Ecothiopat, das zur Behandlung des Glaukoms eingesetzt wird und zytotoxische Medikamente wie Cyclophosphamid hemmen die AChE irreversibel durch Bindung an eine OH-Gruppe des Serins im aktiven Zentrum des Enzyms. Der Effekt dieser Substanzen hält während der ganzen Lebenszeit des Enzyms an, was mehrere Wochen sind, und wird erst aufgehoben durch die Synthese von neuem Enzym in der Leber.

Eine reversible Hemmung verursachen Medikamente, die über eine ionische oder Wasserstoffbrückenbildung an das aktive Zentrum binden. Es handelt sich hierbei um Substanzen, die ein quartärnäres Stickstoffatom besitzen wie z.B. Hexafluoronium.

Organophosphate und Carbamate sind eine weitere Gruppe von Inhibitoren der ChE. Sie werden auch als Anti-Cholinesterasen bezeichnet. Diese Substanzen finden als Pestizide Anwendung. Bei den Organophosphaten wirken nur solche als potente Inhibitoren der ChE, die eine P = O Bindung haben. Sie werden als direkte Inhibitoren bezeichnet. Organophosphate mit einer P = S Bindung, z.B. Malathion /23/, müssen erst metabolisch in P = O umgewandelt werden. Deshalb werden sie als indirekte Inhibitoren bezeichnet. Bei Vergiftung mit direkten Inhibitoren treten die klinischen Symptome rasch auf, bei Vergiftung mit den indirekten treten sie verzögert auf und dauern länger. Bei den klinischen Symptomen werden folgende Wirkungen der ChE Inhibitoren unterschieden /21/:

  • Muscarin ähnliche, z.B. Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen, Hypersalivation, Bronchokonstriktion.
  • Nikotin-ähnliche wie z.B. Muskelfaszillation, Tachykardie.
  • Zentralnervöse wie Kopfschmerzen, Benommenheit.

Gestört wird von den Inhibitoren der ChE die physiologische Funktion der AChE. Diese besteht in der Beendigung der Wirkung von Acetylcholin in der Übertragung von Nervenimpulsen von cholinergen Nerven auf die postsynaptische Seite des Erfolgsorgans. ChE Inhibitoren bewirken die pathologische Erhöhung von Acetylcholin an der motorischen Endplatte und an parasympathischen und präganglionären sympathischen Nervenenden. Es kommt deshalb auch im sympathischen Nervensystem zur übermäßigen Erregung durch die Freisetzung von Adrenalin und Noradrenalin. Da die ChE des Serums sich gegenüber Inhibitoren der ChE vergleichbar der AChE der cholinergen Nervenenden verhält, spiegelt die Hemmung der Aktivität des Enzyms im Serum das Ausmaß der Hemmung an den Synapsen wider.

Literatur

1. Mosca A, Bonora R, Ceriotti F, Franzini C, Lando G, Patrosso MC, et al. Assay using succhinyldithiocholine as substrate: the method of choice for the measurement of cholinesterase catalytic activity in serum to diagnose succhinydicholine sensitivity. Clin Chem Lab Med 2003; 41: 317–22.

2. Whittaker M. Cholinesterases. In: Bergmeyer HU, ed. Methods of enzymatic analysis, vol IV. Weinheim; VCH 1984: 52–83.

3. Kalow W, Lindsay HA. A comparison of optical and manometric methods for the assay of human serum ChE. Can J Biochem Physiol 1955; 33: 568–75.

4. Proposal of standard methods for the determination of catalytic concentrations in serum and plasma at 37 °C. II. Cholinesterase (acylcholine acylhydrolase, EC 3.1.1.8). Eur J Clin Chem Clin Biochem 1992; 30: 163–70.

5. Pantuck EJ. Plasma cholinesterase: gene and variations. Anesth Analg 1993; 77: 380–6.

6. Jensen FS, Schwartz M, Viby-Mogensen J. Identification of human plasma cholinesterase variants using molecular biological techniques. Acta Anaesthesiol Scand 1995; 39: 142–9.

7. Kalow W, Staron N. On distribution and inheritance of atypical forms of human serum cholinesterase, as indicated by dibucaine numbers. Can J Biochem Physiol 1957; 35: 1305–17.

8. Holowina P, Newman DJ, Bruno C, La Gamba P, et al. Automated dibucaine number measurement with Du Pont Dimension ES and AR analyzers. Clin Chem 1995; 41: 644–7.

9. Harris H, Whittaker M. Differential inhibition of human serum cholinesterase with fluoride: recognition of two new phenotypes. Nature 1961; 191: 496–7.

10. German Society for Clinical Chemistry. Proposal of standard methods for the determination of enzyme catalytic concentrations in serum and plasma at 37 °C. II. Cholinesterase. Eur J Clin Chem Clin Biochem 1992; 30: 163–70.

11. Jensen FS, Skovgaard LT, Viby-Mogensen J. Identification of human plasma cholinesterase variants in 6688 individuals using biochemical analysis. Acta Anaesthesiol Scand 1995; 39: 157–62.

12. Schmidt E, Schmidt FW. Klinisch-chemische Untersuchungsmethoden. In: Schmidt E, Schmidt FW, Manns MP, eds. Lebererkrankungen. Stuttgart; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2000: 8–60.

13. Schmidt E, Schmidt FW. Klinik der Lebererkrankungen. In: Lang H, Rick W, Büttner H, eds. Validität klinisch chemischer Untersuchungen. Heidelberg: Springer, 1980: 92–112.

14. Guder WG. Modell Lebererkrankungen. In: Lang H, Rick W, Büttner H, eds. Validität klinisch-chemischer Untersuchungen. Heidelberg: Springer, 1980: 84–91.

15. Schenker S, Halff GA. Nutritional therapy in alcoholic liver disease. Semin Liver Dis 1993; 13: 196–209.

16. Toro FI, Deibis L, Machado IV, Colmenares C, Bianco NE, de Sanctis JB. Serum cholinesterase activity in viral hepatitis. Med Sci Res 1997; 25: 441–2.

17. Schmidt E, Schmidt FW. Klinische Diagnostik von Lebertumoren. Verh dt Krebs-Ges 1984; 5: 459–70.17.

18. Al-Kassab AS, Vijayakumar E. Profile of serum cholinesterase in systemic sepsis syndrome (septic shock) in intensive care units. Eur J Clin Chem Clin Biochem 1995; 33: 11–4.

19. Tromm A, Hüppe D, Than I, Schwegler U, Kuntz HD, Krieg M, May B. Die Serumcholinesterase als Aktivitätsparameter bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Z Gastroenterol 1992; 30: 449–53.

20. Goedde HW, Benkmann HG, Das PK, Agarwal DP, Lang H, Würzburg U, Beckmann R. Activity of creatine kinase isoenzyme MB in serum and red cell acetylcholinesterase variants in patients with Duchenne muscular dytrophy. Klin Wschr 1977; 55: 215–7.

21. Jokanovic M, Maksimovic M. Abnormal cholinesterase activity: understanding and interpretation. Eur J Clin Chem Clin Biochem 1997; 35: 11–6.

22. O’Malley M. Clinical evaluation of pesticide exposure and poisoning. Lancet 1997; 349: 1161–6.

23. Stalikas CD, Konidari CN. Analytical methods to determine phosphonic and aminoacid group-containing pesticides. J Chromatogr A 2001; 907: 1–19.

24. Rodriguez OP, Muth GW, Berkman CE, Kim K, Thompson CM. Inhibition of various cholinesterases with the enantiomers of malaoxon. Bull Envir Contam Toxicol 1997; 58: 171–6.

25. El-Naggar AR, Abdalla MS, El-Sebaey AS, Badawy SM. Clinical findings and cholinesterase levels in children of organophosphates and carbamates poisoning. Eur J Pediatr 2009; 168: 951–6.

26. Okonek S. Aktuelle Gesichtspunkte zur Intoxikation durch Alkylphosphate. Internist 1975; 16: 123–30.

27. Fillmore CM, Lessenger JE. A cholinesterase testing program for pesticide applicators. JOM 1993; 35: 61–70.

28. Jensen FS, Viby-Mogensen J. Plasma cholinesterase and abnormal reaction to succinylcholine: twenty years experience with the Danish Cholinesterase Research Unit. Acta Anaesthesiol Scand 1995; 39: 150–5.

29. La Du BN. Butyrylcholinesterase variants and the new methods of molecular biology. Acta Anaesthesiol Scand 1995; 39: 139–41.

30. Huizenga JR, van de Belt K, Gips CH. The effect of storage at different temperatures on cholinesterase activity in human serum. J Clin Chem Clin Biochem 1985; 23: 283–5.

31. Ostergaard D, Viby-Mogensen J, Hanel HK, Skovgaard LT. Half-life of plasma cholinesterase. Acta Anaesth Scand 1988; 32: 266–9.

32. Massoulie J, Anselmet A, Bon S, Krejci E, Legay C, Morel N, Simon S. Acetylcholinesterase: C-terminal domains, molecular forms and functional localisation. J Physiol (Paris) 1998; 92: 183–90.

1.8 Creatinkinase (CK)

Lothar Thomas

Die CK ist ein dimeres Molekül und wird durch Gene synthetisiert, deren Genprodukte CK-M, CK-B und CK-Mi sind. Die CK-Mi ist nur in den Mitochondrien lokalisiert. Die Aktivität der CK im Serum besteht aus den Anteilen der zytoplasmatischen Isoenzyme CK-MM, CK-MB, CK-BB. Bei Gesunden besteht die Aktivität der CK überwiegend aus CK-MM, die CK-MB und CK-BB sind nur in Spuren vorhanden oder nicht nachweisbar. Ist die Aktivität der CK oder die eines Isoenzyms erhöht, ermöglicht das Isoenzym Muster Rückschlüsse auf die zu Grunde liegende Organschädigung.

1.8.1 Indikation

Als Zweitmarker, wenn Troponin nicht verfügbar ist, bei Patienten /1/:

  • Mit Infarkt typischen klinischen und EKG-Zeichen (indizierte Untersuchungen: CK-MB Konzentration).
  • Verlaufsbeurteilung des Myokardinfarkts.
  • Myokarditis.
  • Verdacht auf Skelettmuskelerkrankung, neurogene Myopathie oder Medikamenten bedingte Myopathie.
  • Therapiekontrolle einzelner Tumorpatienten.

1.8.2 Bestimmungsmethode

IFCC Primary Reference Procedure for the Measurement of Catalytic Activity Concentrations of Creatine Kinase (CK) at 37 °C /2/

Prinzip: Die CK (EC 2.7.3.2) katalysiert die reversible Übertragung der Phosphatgruppe von Creatinphosphat auf Mg-ADP. Das entstehende Mg-ATP wird im kombinierten optischen Test mit Hexokinase (HK) (EC 2.7.1.1) als Hilfsenzym und Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G-6-PDH) (EC 1.1.1.49) als Indikatorenzym bestimmt. Messgröße ist die Zunahme von NADPH2, die der Aktivität der CK proportional ist (Tab. 1.8-1 – Prinzip der CK-Bestimmung).

Bestimmung der CK-MB-Konzentration /3/

Die CK-MB wird mit einer Kombination von CK-B- und CK-M-spezifischen oder mit CK-MB spezifischen Antikörpern in Immunoassays bestimmt.

Prinzip: Bei den Assays werden nahezu ausschließlich CK-MB spezifische monoklonale Antikörper, teilweise in Kombination mit einem CK-M- oder CK-B spezifischen Antikörper, eingesetzt.

Die Immunoassays sind als Enzym-, Fluoreszenz-, Lumineszenz- oder Elektrochemilumineszenz Assays konfiguriert. Ergebnisse werden innerhalb 15–30 min erhalten.

1.8.3 Untersuchungsmaterial

  • Serum oder Heparinplasma: 1 ml
  • Antikoaguliertes Vollblut: 0,02–0,05 ml

1.8.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 1.8-2 – Referenzbereiche der CK.

1.8.5 Bewertung

CK bei Muskelschaden

Die CK im Serum des Gesunden entspricht überwiegend der Aktivität des Muskel spezifischen Isoenzyms CK-MM und dient daher als Leitenzym für die Erkennung von Schäden der Muskulatur. Trotzdem schließen innerhalb des Referenzbereichs liegende Aktivitäten eine Muskelerkrankung nicht aus und erhöhte Aktivitäten können physiologische Ursachen haben. Untersuchungen des Verlaufs und bei unklaren Bildern die Bestimmung der CK-Isoenzyme erleichtern die Interpretation, ob der Herz- oder der Skelettmuskel betroffen ist. Bei angeborenen Muskelerkrankungen beträgt die Aktivität der CK gewöhnlich über 1.000 U/l, bei der neuropathischen Myopathie liegen die Werte darunter.

CK beim Myokardinfarkt

Nach einer akuten Schädigung der Muskulatur, z.B. Eintritt eines Infarkts, steigt die CK im Blut an und erreicht im Mittel bei 50 % der Patienten nach 4–5 h pathologische Werte /9/. Im diagnostischen Zeitfenster von der Stunde 8–24 nach dem Myokardinfarkt sind die Werte regelmäßig erhöht, bevor sie dann mit großen interindividuellen Schwankungen in den Referenzbereich abfallen. Die maximale CK überschreitet beim Myokardinfarkt selten 7.500 U/l. Höhere Werte der CK machen eine gleichzeitige Erkrankung des Skelettmuskels wahrscheinlich. Ein Zweittrauma oder ein Re-Infarkt werden durch den Wiederanstieg von CK und CK-MB erkannt.

CK-MB-Konzentration beim Myokardinfarkt

Beim Myokardinfarkt zeigt die CK-MB ähnliche Verläufe wie die CK. Sie erreicht bei 50 % der Patienten nach 3–4 h pathologische Werte /910/, fällt aber etwas früher wieder ab. Ein Myokardinfarkt ist enzymatisch auszuschließen, wenn während des diagnostischen Zeitfensters die CK-MB nicht ansteigt. Die Halbwertszeiten der Isoenzyme der CK zeigt Tab. 1.8-3 – Halbwertszeiten und Zeitpunkt der maximalen Aktivität in Stunden nach Infarkt.

Eine frühzeitige Rekanalisation (Erfolg spontan oder therapeutisch) wird durch einen schnellen Anstieg und frühen Gipfel der CK-MB, der innerhalb von 16 h erfolgt, erkannt (Tab. 1.8-2 – Referenzbereiche der CK). Werden Proben analysiert, die außerhalb des schmalen diagnostischen Zeitfensters entnommen wurden, so kann die CK-MB entweder noch oder schon wieder im Referenzbereich sein.

Ein Nachteil der Konzentrationsbestimmung der CK-MB in der Diagnostik des Myokardinfarktes ist, dass die CK-MB vereinzelt auch aus nicht kardialer Muskulatur stammen kann.

CK bei Myopathien

Myopathien sind Erkrankungen des Skelettmuskels. Sie können angeboren oder erworben sein und schon bei der Geburt oder erst im späteren Alter auftreten. Die klinischen Symptome sind Überempfindlichkeit, Muskelschmerz, Muskelschwäche, die CK ist normal oder erhöht /11/.

Unterschieden werden:

  • Myalgie; es handelt sich um Muskelschmerzen und Muskelschwäche ohne messbare zelluläre Schädigung von Muskelgewebe. Es besteht keine Erhöhung der CK.
  • Myositis; es liegen Beschwerden wie bei der Myopathie oder stärker vor, Muskelzellen sind geschädigt, und die CK ist 3–10 fach erhöht.
  • Rhabdomyolyse; es besteht eine starke Muskel schädigende Wirkung, die CK ist mehr als 10 fach über den oberen Referenzbereichswert erhöht, oft liegt eine Einschränkung der Nierenfunktion vor (Creatinin erhöht), der Urin ist braun und Myoglobin nachweisbar.

Das Verhalten von CK und den Isoenzymen ist aufgeführt bei:

1.8.6 Hinweise und Störungen

Bestimmung der CK-Aktivität

Der Zusatz von N-Acetylcystein zum Reaktionsgemisch reaktiviert die CK und schützt sie vor Oxidation. Dazu wird eine gewisse Zeit benötigt (Lag-phase Zeit). Das Reaktionsgemisch enthält auch AMP und Diadenosinpentaphosphat, wodurch die Interferenz durch Adenylatkinase (EC 2.7.4.3) aus Erythrozyten, Muskel, Leber und Thrombozyten unterdrückt wird. EDTA stabilisiert die CK und verhindert eine mögliche Inhibition durch Ca2+ der Probe. Kritische Größen der Bestimmung sind die Reaktivierungszeit, das Probenvolumenverhältnis und die Lag-phase Zeit /25/. Eine Aktivierungszeit von 180 Sekunden reicht aus, um frische Proben exakt zu messen. Bei älteren Proben und manchen Qualitätskontrollmaterialien kann eine Aktivierungszeit von 300 Sekunden notwendig werden. Ein Substratstart der Reaktion wird empfohlen, ein Start mit Serum ist möglich /25/.

CK-MB-Konzentration

Interferenzen: Neben typischen Störungen des Immunoassays, z.B. durch humane Anti-Maus-Antikörper oder hohe Biotin Dosen können Störungen durch CK-B bindende Autoantikörper auftreten /12/. Die Bestimmung wird nicht durch die Präsenz von Makro-CK gestört.

Referenzbereich

Die Ermittlung des Referenzbereichs für Erwachsene /245/ wurde an Klinikpatienten vorgenommen, was die niedrigeren Werte im Vergleich zu einem ambulanten Kollektiv erklärt. Die Referenzbereiche für Kinder wurden mit einem an die IFCC-Methode adaptierten Verfahren ermittelt /7/. Die stärksten Abweichungen dieser Methode betreffen die Thiolverbindungen des Reagenz. Deshalb sind die Werte für jüngere Kinder (höherer CK-B-Anteil) nicht uneingeschränkt auf die IFCC-Methode übertragbar.

Makro-CK

Die Prävalenz der Makro-CK an Erhöhungen der CK-Aktivität beträgt etwa 2 % /13/. Meist liegt eine Makro-CK Typ 1 vor, ein Komplex aus Immunglobulin und CK. Ein exakter Nachweis kann nur durch Verfahren erfolgen, mit denen das Molekulargewicht bestimmt wird, z.B. der Ausschluss Chromatographie oder der Elektrophorese im Gradientengel. Erste Hinweise liefert die Behandlung des Serums mit Polyäthylenglykol. Siehe auch Tab. 1.1-2 – Makroenzyme: Charakterisierung, klinische Bedeutung und Labordiagnostik.

Stabilität

Serum und Kontrollmaterialien, die nicht innerhalb von 12 h bearbeitet werden, sollten gut verschlossen und dunkel gelagert werden. Dann ändert sich die Aktivität bei 4 °C während 3 Tagen und bei –20 °C während 4 Wochen nicht /14/.

1.8.7 Pathophysiologie

Die Enzyme CK und Adenylatkinase sind zur Synthese von ATP, der unmittelbaren Energiequelle aller Gewebe, von entscheidender Bedeutung.

Bei der Energieversorgung des Muskels ist die CK in zweierlei Weise beteiligt (Abb. 1.8-1 – Beteiligung von CK und Adenylatkinase an der Energiegewinnung im Muskel). In den Mitochondrien, dem Ort der Energieproduktion, katalysiert die mitochondriale CK die Synthese von Creatinphosphat (CrP) aus ATP. Das energiereiche CrP wird dann im CrP-Shuttle aus den Mitochondrien in das Zytoplasma transportiert, wo es an den Stellen des Energieverbrauchs (Kontraktion, Ionenkanäle der Membranen, Synthesen), wieder durch CK in ATP zurückverwandelt wird /1516/. Intrazellulär liegt die CK teils in freier Form, teils an entsprechende Zellstrukturen gebunden vor.

Aus humanen Geweben lassen sich drei zytoplasmatische CK-Isoenzyme als Dimere, die aus den Untereinheiten M (M, muscle) und B (B, brain) bestehen können, isolieren. Ihre Genorte liegen auf dem Chromosom 14 (B-Untereinheit) und auf dem langen Arm des Chromosoms 19 (M-Untereinheit) /17/. Die beiden mitochondrialen Isoenzyme der CK werden als S-MTCK (Muskelsarkomer-spezifisch) und U-MTCK (ubiquitär) bezeichnet. Zusätzlich wird die dimere Form noch uneinheitlich als CK-MiMi, mCK, CK-MT oder CKmito abgekürzt. Die Monomere der CK mit einem MG von 40 kD sind aus etwa 360 Aminosäuren aufgebaut und enthalten SH-Gruppen. Während die Hybridisierung zwischen den bereits als Monomeren aktiven M- und B-Untereinheiten zur CK-MB führt, gibt es keine Hybridisierungen mit der Mi-Untereinheit /18/.

Auf Grund ihrer Organverteilung wird die CK-MM als Muskeltyp, die CK-MB als Myokardtyp, die CK-BB als Gehirntyp und die CK-MiMi als Mitochondrientyp bezeichnet. Trotz dieser Bezeichnungen haben diese Isoenzyme keine zu hohen Organspezifitäten. CK-BB kommt in hoher Aktivität nur im Gehirn vor, in geringerer ist dieses Isoenzym ubiquitär vorhanden. Genauso findet sich die überwiegende Menge der CK-MB im Skelettmuskel, nur ihre höchste Konzentration ist im Myokard lokalisiert. Quantitative Angaben zur Organverteilung der CK-Isotypen sind sehr unterschiedlich /19/. Tab. 1.8-8 – Organverteilung der CK-Isoenzyme gibt die ungefähre Verteilung wieder.

Bei Organschädigung tritt die CK in das Blut über, so dass das Isoenzym-Muster des Bluts das des geschädigten Organs widerspiegelt. Diese Feststellung wird durch folgende Fakten relativiert:

  • Die CK darf am Eintritt in das Blut nicht gehindert werden (Blut-Liquor-Schranke, Lymphwege).
  • Ein Organ muss soviel CK freisetzen können, dass seine Schädigung zu einem messbaren Aktivitätsanstieg führt; ein Anstieg bleibt aus bei akuten Schädigungen von Gallenblase, Lunge, Leber, Prostata, nicht gravidem Uterus und der Venen.
  • Ein Aktivitätsanstieg wird nicht erfasst, wenn die CK zu schnell inaktiviert oder aus der Zirkulation entfernt wird. Dies trifft für die Freisetzung der CK-BB bei einer akuten Schädigung meist zu.
  • Chronische Muskelerkrankungen können die Isoenzym- Ausstattung der Muskelzelle ändern; neben der Muskel spezifischen M-Untereinheit wird dann zusätzlich, wie in der Fetalzeit, wieder die B-Untereinheit synthetisiert. Ein höherer Anteil an CK-MB und eventuell CK-BB ist die Folge.

Nach der Freisetzung der CK in das Blut unterliegt das Enzym post synthetischen Modifikationen, die zu den Isoformen der CK führen. Isoformen mit einem normalen MG von etwa 80 kD entstehen, wenn Carboxypeptidase das C-terminale Lysin beider M-Ketten sukzessive entfernt.

Isoformen mit erhöhtem MG über 200 kD entstehen, wenn CK durch spezifische Immunglobuline gebunden wird (Makro-CK Typ 1) oder wenn die CK-mito in der bevorzugten Form des Oligomers auftritt (Makro-CK Typ 2).

Literatur

1. Thygesen K, Alpert JS, White HD, Joint ESC/ACCF/AHA/WHF Task Force for the Redifinition of Myocardial Infarction. J Am Coll Cardiol 2007; 50: 2173–95.

2. IFCC Primary Reference Procedures for the Measurement of Catalytic Activity Concentrations of enzymes at 37°C. Part 2. Reference procedure for the measurement of catalytic concentration of creatine kinase. Clin Chem Lab Med 2002: 40: 635–42.

3. Christenson RH, Vaidya H, Landt Y, Bauer RS, Green SF, Apple FA, et al. Standardization of creatine kinase-MB (CK-MB) mass assay: the use of recombinant CK-MB as a reference material. Clin Chem 1999; 45: 1414–23.

4. Thomas L, Müller M, Schumann G, Weidemann G, Klein G, Lunau S, Pick KH, Sonntag O. Consensus of DGKL and VDGH for interim reference intervals on enzymes in serum. J Lab Med 2005; 29: 301–8.

5. Schumann G, Klauke R. New IFCC reference procedures for the determination of catalytic activity concentrations of five enzymes in serum: preliminary upper reference limits obtained in hospitalized subjects. Clin Chim Acta 2003; 327: 69–79.

6. Stein W. Laboratory diagnosis of acute myocardial infarction. Darmstadt: GIT-Verlag, 1988.

7. Ghoshal AK, Soldin SJ. Evaluation of the Dade Behring Dimension RxL: integrated chemistry system-pediatric reference ranges. Clin Chim Acta 2003; 331: 135–45.

8. Apple FS, Quist HE, Doyle P, Otto AP, Murakami MM. Plasma 99th percentile reference limits for cardiac troponin and creatine kinase MB mass for use with European Society of Cardiology/American College of Cardiology consensus recommendations. Clin Chem 2003; 49: 1331–6.

9. Mair J, Smidt J, Lechleitner P, Dienst F, Puschendorf B. Equivalently early sensitivity of myoglobin, creatine kinase MB mass, creatine kinase and creatine kinase MB mass, creatine kinase isoform ratios, and cardiac troponins I and T for acute myocardial infarction. Clin Chem 1995; 41: 1266–72.

10. Zaninotto M, Altiner S, Lachin M, Carraro P, Plebani M. Fluoroenzymometric method to measure cardiac troponin I in sera of patients with myocardial infarction. Clin Chem 1996; 42: 1460–6.

11. Pasternak RC, Smith SC, Jr, Bairey-Merz CN, Grundy SM, Cleeman JI, Lenfant C. ACC/AHA/NHLBI clinical advisory on the use and safety of statins. J AM Coll Cardiol 2002; 40: 567–62.

12. Stein W, Bohner J. Influence of autoantibodies to creatine kinase-BB on assays for MB isoenzyme. Clin Chem 1985; 31: 1189–92.

13. Fahie-Wilson MN, Burrows S, Lawson GJ, Gordon T, Wong W, Dasgupta B. Prevalence of increased serum creatine kinase activity due to macro-creatine kinase and experience of screening programmes in district general hospitals. Ann Clin Biochem 2007; 44: 377–83.

14. ECCLS European Committee for Clinical Laboratory Standards. Standards for enzyme determination. Creatine kinase, aspartate aminotransferase, alanine aminotransferase, gamma-glutamyltransferase. Lund: ECCLS Central Office, document number 3–4, 1988.

15. Wallimann T. Bioenergetics: dissecting the role of creatine kinase. Curr Biol 1994; 4: 42–6.

16. Wallimann T, Hemmer W. Creatine kinase in non-muscle tissues and cells. Mol Cell Biochem 1994; 133–4: 193–220.

17. Stallings RL, Olson E, Strauss AW, Thompson LH, Badinski LL, Siciliano LJ. Human creatine kinase genes on chromosomes 15 and 19, and proximity of the gene for the muscle form to the genes for apolipoprotein C2 and excision repair. Am J Hum Genet 1988; 43: 144–51.

18. Payne RM, Strauss AW. Expression of the mitochondrial creatine kinase genes. Mol Cell Biochem 1994; 133–4: 235–43.

19. Lang H. Creatine kinase isoenzymes. Heidelberg: Springer, 1981.

20. Ravkilde J, Nissen H, Hørder M, Thygesen K. Independent prognostic value of serum creatine kinase isoenzyme MB mass, cardiac troponin T, and myosin light chain levels in suspected acute myocardial infarction. Analysis of 28 months of follow-up in 196 patients. J Am Coll Cardiol 1995; 25: 574–81.

21. Farah SY, Moss DW, Ribeiro P, Oakley CM, Sapsford RN. Interpretation of changes in the activity of creatine kinase MB isoenzyme in serum after coronary artery bypass grafting. Clin Chim Acta 1984; 141: 219–25.

22. Eltze C, Hildebrandt G, Johanson M. Über das Verhalten der Creatin-Kinase im Serum bei Muskelkater. Klin Wochenschr 1983; 61: 1147–51.

23. Manfredi TG, Fielding RA, O’Reilly KP, Meredith CN, Lee HY, Evans WJ. Plasma creatine kinase activity and exercise-induced muscle damage in older men. Med Sci Sports Exerc 1991; 23: 1028–34.

24. Lippi G, Schena F, Montagnana M, Salvagno GL, Guidi GC. Influence of acute physical exercise on emerging muscular biomarkers. Clin Chem Lab Med 2008; 46: 1314–8.

25. McMahon GM, Zeng X, Waikar SS. A risk prediction score for kidney failure or mortality in rhabdomyolysis. JAMA Internal Medicine 2013; 173: 1821–7.

26. Mohassel P, Mammen AL. The spectrum of statin myopathy. Curr Opin Rheumatol 2013; 25: 747–52.

27. Hackl W, Mauritz W, Schemper M, Winkler M, Sporn P, Steinbereithner K. Prediction of malignant hyperthermia susceptibility: statistical evaluation of clinical signs. Br J Anaesth 1990; 64: 425–9.

28. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Akute Rhabdomyolyse unter Olanzapin. Dtsch Ärztebl 2005; 102: B1974–5.

29. Pearson CM, Rimer DG, Mommaerts WFHM. A metabolic myopathy due to absence of muscle phosphorylase. Am J Med 1961; 30: 502–17.

30. Stein W, Bohner J, Bahlinger M. Creatine kinases. In: Blaton V, van Steirteghem A. Plasma isoenzymes: the current status. Basel: Karger, 1986; 95–104.

31. Stein W, Bohner J, Schüch K. Creatine kinase-BB in blood cells: a marker of myeloproliferative disorders (MPD). Clin Chem 1986; 32: 1138.

32. Nordby HK, Urdal P. Creatine kinase BB in blood as index of prognosis and effect to treatment after severe head injury. Acta Neurochirurgica 1985; 76: 131–6.

33. Chemnitz G, Bartner J. Zur Bedeutung erhöhter Kreatinkinase-Aktivität im Serum nach apoplektischem Insult. Klinisches Labor 1994; 40: 529–33.

34. Stein W. Creatinkinase. In: Thomas L, ed. Labor und Diagnose. Frankfurt; TH-Books 2008: 89–97.

35. Maloney B, Park S, Sowizral M, Brackett I, Moslehi R, Chung WK, et al. Factors influencing creatine kinase-MM concentrations in newborns and implications for newborn screening for Duchenne muscular dystrophy. Clin Biochem 2023; 118: 110614.

1.9 Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT)

Lothar Thomas

Die GGT ist eine Peptidase, die den Transfer von Aminosäuren von einem Peptid zum anderen durchführt und somit als Aminosäuren Transferase wirkt. Die im Blut messbare GGT entstammt primär dem hepatobiliären System und das Enzym ist im Serum bei vielen Erkrankungen der Leber und der Gallenwege erhöht. GGT-Erhöhungen sind primär eine Kenngröße für hepatobiliäre Erkrankungen und den chronischen Alkoholkonsum. Die GGT ist aber ebenfalls ein Prädiktor vaskulärer Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch ist die GGT mit dem metabolischen Syndrom, dem Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck und dem Langzeitüberleben assoziiert.

1.9.1 Indikation

  • Screening auf Erkrankungen der Leber und der Gallenwege im Muster mit der ALT und der CHE.
  • Differentialdiagnose und Verlaufsbeurteilung von Erkrankungen der Leber und der Gallenwege.
  • Kontrolle des chronischen Alkoholismus in Kombination mit anderen Laboruntersuchungen.
  • Risikomarker für eine Vielzahl chronischer Erkrankungen.

1.9.2 Bestimmungsmethode

IFCC Primary Reference Procedure for the Measurement of Catalytic Activity Concentration of γ-Glutamyltransferase at 37 °C /1/

Prinzip: Die GGT (EC 2.3.2.2) katalysiert die Übertragung des Glutamylrests von γ-Glutamyl-3-carboxy-4-nitroanilid auf Glycylglycin unter Freisetzung von 5-Amino-2-nitrobenzoat. Die Konzentrationszunahme dieser Substanz, gemessen als Absorptionsänderung bei 405 nm, ist proportional der Enzymaktivität im Ansatz. Siehe Tab. 1.9-1 – Prinzip der GGT-Bestimmung.

1.9.3 Untersuchungsmaterial

Serum, Plasma (Heparin, EDTA): 1 ml

1.9.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 1.9-2 – Referenzbereiche der GGT.

1.9.5 Bewertung

Die GGT ist ein Leber- und Gallengang-spezifisches Enzym. Obwohl andere Organe ebenfalls GGT enthalten, sind stärkere GGT-Erhöhungen, die nicht Leber- bzw. Gallenwegs-bedingt sind, selten.

Die GGT ist aber nicht nur ein Biomarker für hepatobiliäre Erkrankungen und den exzessiven Alkoholkonsum, sondern auch ein metabolisch-toxischer Marker und ein Marker und ein Indikator für die Präsenz chronischer Erkrankungen bei asymptomatischen Patienten.

Das Verhalten der GGT bei Erkrankungen ist angegeben in:

1.9.5.0.1 GGT-Erhöhungen /4/

Arzneimittel und Alkohol: Bei beiden Ursachen liegt eine Induktion der GGT-Synthese vor. Beachtet werden muss, dass die interindividuelle Variation der Enzyminduktion groß ist.

Arzneimittel, insbesondere Antikonvulsiva (Phenobarbital, Phenytoin), Psychopharmaka, Steroidhormonen, Antikoagulantien, Streptomycin, Xenobiotika und Karzinogene (Nitrosamine) bewirken einen 1,5–3 fachen Anstieg über den oberen Referenzbereichswert. Erhöhungen durch andere Pharmaka wie Streptokinase und orale Kontrazeptiva sind geringer.

Alkohol kann schon in Dosen von 0,75 g/kg KG innerhalb eines Tages einen Anstieg der GGT bewirken, nach 2,5 Tagen beträgt die GGT etwa 25 % des Ausgangswerts und nach 4 Tagen wird dieser wieder erreicht. Jedoch spielen sich diese Erhöhungen vorwiegend innerhalb des Referenzbereichs ab.

Cholestasesyndrom: Bei Cholestasen liegen strukturelle Veränderungen der Zellmembran vor, die zur Ablösung der oberflächlich gelegenen GGT führen. Zusätzlich wird durch Induktion vermehrt gebildete GGT nicht mehr an die Zellmembran angeheftet und gelangt somit gleich in die Zirkulation. Cholestasen können bei akuter und chronischer Hepatitis und chronischen Lebererkrankungen anderer Ursachen auftreten. Während bei den Cholestasen der GGT-Anstieg das 5 fache des oberen Referenzbereichswerts oft überschreitet, werden bei den akuten und chronischen Hepatitiden viraler Genese GGT-Anstiege um nicht mehr als das 3–5 fache des oberen Referenzbereichswerts gefunden.

Prädiktor für ein Erkrankungsrisiko: Die GGT zeigt eine Assoziation zu Gefäß- und Stoffwechselerkrankungen sowie allgemein zur Morbidität und Mortalität. Diese Assoziation ist unabhängig von einer etwa gleichzeitig vorliegenden Erkrankung der Leber oder einem Alkoholabusus.

Es besteht eine positive Assoziation der GGT /5/:

  • Zu kardiovaskulären Risikofaktoren wie Rauchen.
  • Zu Merkmalen des metabolischen Syndroms wie Übergewicht, Bluthochdruck, Störungen des Fettstoffwechsels und Diabetes Typ 2.

Die Assoziationen machen die GGT zu einem Prädiktor für kardiovaskuläre Erkrankungen und erhöhte Mortalität. Auch ist der GGT Wert mit der chronischen Nierenerkrankung assoziiert, unabhängig vom Alkoholkonsum. Die GGT Werte sind moderat erhöht oder liegen im oberen Drittel des Referenzbereichs. So waren in einer Studie /6/ GGT Werte über 24 U/l mit einer erhöhten Mortalität für Herzinfarkt verknüpft. In einer anderen Studie /7/ hatten Personen mit einer GGT von 36–50 U/l 3 fach häufiger einen Diabetes mellitus Typ 2 und 4 fach häufiger ein metabolisches Syndrom.

1.9.5.02 Diagnostische Sensitivität und Spezifität für Lebererkrankungen

Da eine Erhöhung der GGT durch eine Vielzahl chronischer Erkrankungen als auch durch eine primäre Schädigung der Leber ausgelöst wird, hat sie bei guter Organspezifität und hoher diagnostischer Sensitivität für Erkrankungen von Leber und Gallenwegen nur eine geringe diagnostische Spezifität. So beträgt die diagnostische Sensitivität für Erkrankungen von Leber und Gallenwegen 95 % bei einer diagnostische Spezifität von 96 % gegenüber Gesunden und 74 % gegenüber nicht hepatobiliär Erkrankten. Die GGT ist mit 14 % (6–20 %) das am häufigsten allein erhöhte Enzym bei Erkrankungen von Leber und Gallenwegen, noch höher ist der Anteil der Personen (22–30 %) mit isolierter GGT-Erhöhung, bei denen klinisch primär keine Erkrankung der Leber oder Gallenwege vorliegt /8/. Allein erhöht hat die GGT nur eine geringe Spezifität für Lebererkrankungen. Diese sowie eine differentialdiagnostische Signifikanz gewinnt sie erst, wenn andere Enzyme wie die ALT und AP ebenfalls bestimmt werden.

Erhöhte Aminotransferasen bei normaler GGT werden bei chronischen Lebererkrankungen gefunden.

1.9.5.0.3 Isolierte Erhöhung der GGT

Ursachen der isolierten Erhöhung können sein /8/:

  • Therapie-bedingte Induktion der GGT-Synthese, z.B. bei der Medikation von Antikonvulsiva. Isolierte GGT-Erhöhungen über das 3 fache des oberen Referenzbereichswerts sind nicht mehr Therapie-bedingt.
  • Fettleber, subklinische Behinderung des Gallenflusses, Raum fordernde Leberprozesse, chronische Leberstauung bei Herzerkrankung.
  • Alkoholische Genese, Adipositas, Diabetes mellitus.
1.9.5.0.4 Differentialdiagnostische Wertigkeit der GGT

Die GGT ist bedeutsam bei folgenden Fragestellungen:

  • Abgrenzung der cholestatischen von der parenchymatösen Lebererkrankung.
  • Differenzierung der alkoholischen Genese von der entzündlichen Lebererkrankung.
  • Hinweis auf eine hepatische Steatose (Fettleber).

Beurteilungskriterien sind:

  • Verhalten der GGT im Muster mit den Aminotransferasen, bewertet wird die Höhe des Quotienten GGT/ALT bzw. GGT/AST. Bei Patienten mit Ikterus ist er ein Maßstab für das Ausmaß der Cholestase in Bezug auf den Zellmembranschaden /9/.
  • Höhe der GGT-Aktivität.
  • Verhalten der GGT zum Cholestaseenzym AP.

1.9.5.1 Abgrenzung der Cholestase von entzündlichen Lebererkrankungen /9/

Bei Vorliegen eines Ikterus und der Fragestellung hepatitische oder cholestatische Ursache kann aus der Höhe der ALT-Aktivität und dem Quotienten GGT/ALT eine grobe Differenzierung erfolgen. So wird bei keinem Patienten mit Verschlussikterus ein ALT-Anstieg über 25 fach des oberen Referenzbereichswerts gefunden und der Wert des Quotienten von GGT/ALT liegt immer über 1, oft sogar über 6. Siehe Tab. 1.9-3 – Quotient GGT/ALT; Höhe und prozentuale Häufigkeit bei Leber- und Gallenwegserkrankungen /9/.

Ein weiteres Kriterium für ein cholestatisches Syndrom, ist ein stärkerer relativer Anstieg der GGT im Vergleich zur AP. Bei intrahepatischer Cholestase können neben der GGT und AP die Aminotransferasen in etwa parallel erhöht sein, so dass der Quotient GGT/ALT nur knapp größer 1 ist.

Die Höhe der GGT hat bei intrahepatischer Cholestase eine gewisse Aussagekraft. So haben /9/:

  • Metastasenleber, Cholangitis und primäre biliäre Zirrhose zu über 98 % GGT-Werte über 3 fach des oberen Referenzbereichswerts.
  • Toxische Leberschäden zu einem gleichen Anteil darunter oder darüber.
  • Die chronische Hepatitis zu 85 % und die alkoholische Fettleber zu 99 % GGT-Werte unter 3 fach des oberen Referenzbereichswerts.

Ist bei Vorliegen eines Ikterus die GGT normal und sind weitere Leberenzyme und die LDH normal, muss an eine Stoffwechselstörung des Bilirubins gedacht werden.

In der pädiatrischen Praxis hat die GGT erhebliche Vorteile gegenüber der AP zur Erkennung eines cholestatischen Syndroms. Bei Kindern ist die AP schwer zu interpretieren auf Grund Alters-bedingter Variation oder eines eventuellen Vitamin D-Mangels /10/.

1.9.5.2 Alkoholverbrauch der Bevölkerung

Die Wirkung von Alkohol auf die Gesundheit der Bevölkerung hat positive und negative Wirkungen. So kann moderates Trinken von Alkohol positive physische, mentale und soziale Effekte haben, während klinisch signifikantes Trinken zu einer Schädigung von Organen, insbesondere der Leber, führt. Häufig ist klinisch primär die Leber betroffen und es werden verschiedene alkoholische Lebererkrankungen unterschieden.

  • Das National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism der USA definiert den klinisch signifikanten Alkoholgenuss als den Verbrauch von mehr als 14 Standard-Drinks bei Männern und mehr als 7 bei Frauen. Ein Standard-Drink entspricht 14 g Alkohol. Die European Association for the Study of the Liver und die Koreanische Gesellschaft for the Study of the Liver definieren einen wöchentlichen Verbrauch von 210 g Alkohol bei Männern und 140 g bei Frauen als klinisch signifikantes Trinken.
  • Moderates Trinken (safe consumption). Das National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism der USA, die European Association for the Study of the Liver und die Koreanische Gesellschaft for the Study of the Liver publizierten keine Alkoholwerte für moderates Trinken. Eine Studie /12/ zeigte, dass mehr als 11,5 ± 3,3 Drinks von 80 g Alkohol, entsprechend 92 ± 26,4 g Alkohol/Woche signifikant das Risiko der Ausbildung einer Lebererkrankung erhöhte.

Siehe auch:

1.9.5.2.1 GGT als Marker des Alkoholismus

GGT-Werte über dem oberen Referenzbereichswert werden bei etwa 75 % der Alkoholabhängigen gemessen /11/. Jedoch besteht keine Korrelation zwischen der über einen Zeitraum aufgenommenen Gesamtmenge, der täglichen Trinkmenge oder der Dauer der Alkoholzufuhr. Personen, die täglich große Mengen Alkohol trinken, aber nicht abhängig sind, zeigen nur zu 20–50 % GGT-Erhöhungen. Die GGT ist ein Marker des chronischen Trinkens größerer Mengen Alkohol und ist nicht erhöht bei Gelegenheitstrinkern nach einem Saufabend, es sei denn, sie haben eine Lebererkrankung /11/.

Der Genuss von täglich über 40 g Alkohol bei Gewohnheitstrinkern und von mindestens 60 g täglich über mindestens 5 Wochen bei Nicht-Gewohnheitstrinkern ist erforderlich, bevor es zum Anstieg der GGT in den pathologischen Bereich kommt /13/. Zur Diagnostik des chronischen Alkoholismus hat die GGT eine diagnostische Sensitivität von 55–100 % bei einer Spezifität von 50–72 % /14/. Selten ist die GGT bei Personen unterhalb des Alters von 30 Jahren Alkohol-bedingt erhöht. Bei Frauen ist sie weniger sensitiv als bei Männern /15/.

Die GGT ist zur Kontrolle der Alkoholabstinenz geeignet. In Abhängigkeit von einer schon bestehenden Lebererkrankung sinkt die GGT mit einer Halbwertszeit von 14–26 Tagen und erreicht nach einer Alkoholabstinenz von 4–5 Wochen den Referenzbereich. Ein guter Marker zur Kontrolle des Alkoholentzugs ist die GLDH. Siehe Beitrag 1.10.5 – Indikator der Alkoholabhängigkeit.

1.9.6 Hinweise und Störungen

Blutentnahme

In Citrat-, Oxalat- oder Fluorid-haltigem Blut ist die GGT niedriger als im Serum.

Bestimmungsmethode

Im Heparinplasma wird mit der IFCC-Methode (Substrat γ-Glutamyl-3-carboxy-4-nitroanilid) eine zu niedrige GGT gemessen /45/.

Referenzbereich

Die oberen Referenzbereichswerte Erwachsener sind zu hoch, da sie durch normalen Alkoholkonsum verursacht sind. Mit zunehmendem Alter kommt es, wahrscheinlich Alkohol bedingt, zu einem interindividuellen, aber nicht generell intraindividuellen Anstieg der GGT /48/.

Hämolyse

Führt ab Konzentration des freien Hb von 2 g/l zu erniedrigten Werten /46/.

Halbwertszeit

Ist 7–10 Tage und bei Alkoholikern bis zu 28 Tage/8/.

Makroenzyme

GGT-Makroenzyme treten nur bei hepatobiliären Erkrankungen auf, haben aber diagnostisch und differentialdiagnostisch keine Bedeutung.

Siehe weiterführend Tab. 1.1-2 – Makroenzyme: Charakterisierung, klinische Bedeutung und Labordiagnostik.

Kontrazeptiva

Erhöhungen der GGT treten bei oralen Kontrazeptiva die Norgestrel oder Levonorgestrel als Progestagen enthalten auf /47/.

Stabilität im Serum

1 Woche bei Raumtemperatur (20 °C) /49/.

1.9.7 Pathophysiologie

Die GGT ist ein heterodimeres Protein aus jeweils einer singulären Polypeptidkette. Es ist auf der Zytoplasmamembran vieler Körperzellen lokalisiert, das aktive Zentrum des Enzyms ist nach außen gerichtet. Besonders reich an GGT sind die luminalen Oberflächen von Zellen mit sekretorischer oder absorptiver Funktion, aber auch basolaterale Oberflächen renaler Tubuluszellen enthalten GGT.

Die GGT ist das einzige Enzym, das Glutathion (GSH) und GSH Konjugate in nennenswerten Mengen spaltet. So spaltet es im γ-Glutamatzyklus intrazellulär gebildetes GSH (γ-Glutamylcysteinylglycin), das nach extrazellulär auf die luminale Seite der Zellmembran gelangt, in Cysteinylglycin und den γ-Glutamylrest. Der Transport von GSH in den Extrazellulärraum, die Spaltung in seine Komponenten durch die GGT und deren Resynthese zu GSH wird als γ-Glutamatzyklus bezeichnet (Abb. 1.9-1 – GGT und der Glutamatzyklus). Auf diesem Wege begünstigt die GGT die Versorgung der Gewebe mit GSH, dem wichtigsten Nicht-Protein-Antioxidanz. Der Grund, warum große Mengen an GSH von den Hepatozyten in die Galle, von den proximalen Tubuluszellen in den Urin, von den Typ II-Pneumozyten in die Alveolen und von den Microvilli des Bürstensaums in den Darm sezerniert werden, ist der Schutz von Zellmembranen vor oxidativer Zerstörung. Außerdem ist GSH das Reservoir der relativ toxischen Aminosäure Cystein und deren Transportform im Organismus, die Konzentration von Cystein wird somit niedrig gehalten /50/.

Die GGT spielt ebenfalls eine wichtige Rolle /50/:

  • Im Metabolismus von Mediatoren der Entzündung, z.B. von Leukotrienen (LT). So wird das stark pro-inflammatorische und vasokonstriktorische LTC4 durch Konjugation von GSH mit LTA4 gebildet.
  • In der Metabolisierung von Karzinogen und toxischen Xenobiotika.

Die Degradation von GSH spielt aber unter bestimmten Bedingungen eine Rolle als Prooxidanz. So wird angenommen, dass die Oxidation von Low density lipoprotein (LDL) durch die GSG/GGT abhängige Reduktion von Eisen ein Mechanismus in der Ausbildung der Atherosklerose ist. Die GGT ist in Schaumzellen von atherosklerotischen Läsionen der Gefäßintima nachweisbar. Dort wird von der GGT Cysteinylglycin gebildet. Dieses reduziert Fe (III) und fördert somit die Fe (II)-katalysierte Oxidation von LDL. Durch die vermehrte Synthese von oxidiertem LDL wird die Progression der Atherosklerose begünstigt. Die GGT der atherosklerotisches Plaques soll aus dem Plasma oder aus Makrophagen stammen, deren GGT-Synthese hoch reguliert wurde /51/.

Die Serum-GGT entstammt der Leber und liegt in heterogener Form vor. Der größte Teil ist an Lipoproteine gebunden, insbesondere an HDL, aber auch an LDL. Ein kleinerer Teil ist wasserlöslich, hat ein MG von 84 kD und gleicht der GGT, die durch Proteasen von der Leberzellmembran freigesetzt wird /52/.

Die HDL gebundene GGT dominiert bei nicht ikterischen Lebererkrankungen. Die an Lipoproteine niedriger Dichte gebundene GGT ist erhöht bei Cholestase und die wasserlösliche Form bei den verschiedensten Leberleiden. Letztere überschreitet nie einen Anteil von 20 % an der Gesamtaktivität. Es wird angenommen, dass die an HDL und LDL gebundene GGT auf Grund einer Solubilisierung von Leberzellmembranen durch Galle freigesetzt wird oder als Teil eines Membranfragments nach Zellruptur. Die wasserlösliche Form soll direkt durch Proteasen von der Zellmembran freigesetzt werden. Die Proteasen spalten den hydrophilen, enzymatisch aktiven Teil von der hydrophoben, Membran gebundenen Domäne des Enzyms /53/.

Die Klärung der GGT aus dem Plasma erfolgt überwiegend durch die Leber, die Ausscheidung über die Galle. Die Aktivität ist dort etwa 10 fach höher als im Plasma. Ein kleiner Teil wird von den Nieren katabolisiert, ein Teil mit dem Harn ausgeschieden.

In der fetalen Leber ist die GGT gleichmäßig in den Lobuli verteilt, sie kommt dort im Hepatozyten gelöst und an die Zellmembran gebunden vor. In der Leber des Erwachsenen ist die GGT in der Peripherie der Lobuli gelegen und nur geringe Aktivitäten sind im Hepatozyten gelöst. Der Hauptanteil liegt auf der kanalikulären und sinusoidalen Membran des Hepatozyten sowie der Epithelmembran größerer Gallengänge /54/.

Die Synthese der GGT wird in der Leber durch Cholestase, Alkohol und Pharmaka in therapeutischer Dosierung, z.B. Phenytoin, induziert. Es kommt zu einer Vermehrung der Membran gebundenen GGT. Vorwiegend periportal breitet sich das Enzym von den Kanalikularmembranen auf die weiteren, dem Dissé-Raum zugewandten Anteile der Zellmembran aus.

Die nach Enzyminduktion im Serum erhöht messbare GGT ist von Art und Ausmaß der Noxe abhängig. Bei Anstiegen über 2 fach des oberen Referenzbereichswerts, oder wenn eine Erhöhung mit der Zunahme anderer Leberenzyme gekoppelt ist, muss immer eine Schädigung des Parenchyms in Erwägung gezogen werden.

Der Anstieg der GGT bei Störungen der Galle Ausscheidung kann sowohl auf einer Solubilisierung der GGT durch die Gallensäuren beruhen, als auch auf einer Zunahme der GGT-Bildung des Hepatozyten. Letzteres soll insbesondere die Ursache sein für den GGT-Anstieg in Hepatomzellen, in Zellen, die durch einen Lebertumor komprimiert sind und in regenerierenden Arealen der zirrhotischen Leber /55/. Zur molekularen Pathogenese der Cholestase siehe Tab. 5.2-3 – Extrahepatische Cholestase.

Literatur

1. IFCC Primary Reference Procedures for the Measurement of Catalytic Activity Concentrations of Enzymes at 37 °C. Part 6. Reference procedure for the measurement of catalytic concentration of γ-Glutamyltransferase. Clin Chem Lab Med 2002; 40: 734–8.

2. Abicht K, El-Samalouti V, Junge W, Kroll M, Luthe H, Treskes M, Klein G. Multicenter evaluation of new liquid GGT and ALP reagents with new reference standardization and determination of reference intervals (abstract). Clin Chem Lab Med 2001; 39: S346.

3. Ghoshal AK, Soldin SJ. Evaluation of the Dade Behring Dimension RxL: integrated chemistry system-pediatric reference ranges. Clin Chim Acta 2003; 331: 135–46.

4. von Herbay A, Strohmeyer G. Die erhöhte γ-GT (γ-Glutamyltransferase). Dtsch Med Wschr 1994; 119: 1041–4.

5. Haring R, Wallaschofski H, Nauck M, Dörr M, Baumeister SE, Völzke H. Ultrasonic hepatic steatosis increases prediction of mortality risk from elevated serum gamma-glutamyl transpeptidase levels. Hepatology 2009; 50: 1403–11.

6. Wannamethee G, Ebrahim S, Shaper AG. γ-glutamyl- transferase: determinants and association with mortality from ischemic heart disease and all causes. Am J Epidemiol 1995; 142: 699–708.

7. Kim DJ, Noh JH, Cho NH, Lee BW, Choi JH, Jung JH et al. Serum γ-glutamyltransferase within its normal concentration range is related to the presence of diabetes and cardiovascular risk factors. Diabetic Medicine 2005; 22: 1134–40.

8. Schmidt E, Schmidt FW. Diagnostik des Ikterus. Dtsch Med Wschr 1984; 109: 139–44.

9. Schmidt E, Schmidt FW. γ-Glutamyl-Transpeptidase. Dtsch Med Wschr 1973; 98: 1572–8.

10. Cabrera-Abreu JC, Green A. Gamma-glutamyltransferase: value of its measurement in paediatrics. Ann Clin Biochem 2002; 39: 22–5.

11. Sharpe PC. Biochemical detection and monitoring of alcohol abuse and abstinence. Ann Clin Biochem 2001; 38: 652–64.

12. Moon SY, Son M, Kang YW, Koh M, Lee JY, Baek YH. Alcohol consumption and the risk of liver disease: a nationwide, population-based study. Frontiers in Medicine 2023; doi: 10.3389/fmed2023.1290266.

13. Congrave KM, Saunders JB, Whitefield JB. Diagnostic tests for alcohol consumption. Alcohol Alcohol 1995; 30: 13–26.

14. Kristenson H, Trell E, Fex G, Hood B. Serum gamma glutamyl transferase: statistical distribution in a middle aged male population and evaluation of alcohol habits in individuals with elevated levels. Prev Med 1980; 9: 108–19.

15. Whitfield JB, Hensley WJ, Bryden D, Gallagher H. Effects of age and sex on biochemical responses to drinking habits. Med J Aust 1978; 2: 629–32.

16. Schmidt E. Normale γ-Glutamyltranspeptidase bei Hepatitis? Dtsch Med Wschr 1974; 99: 1696.

17. Berg PA, Klein R. Diagnose der primär biliären Zirrhose. Dtsch Med Wschr 1988; 113: 143–5.

18. Schmidt E, Schmidt FW. Klinisch-chemische Untersuchungsmethoden. In: Schmidt E, Schmidt FW, Chemnitz G, eds. Klinik der Gegenwart. München; Urban und Schwarzenberg 1984: E 381–421.

19. Saadeh S. The spectrum of nonalcoholic fatty liver disease: from steatosis to nonalcoholic steatohepatitis. Clev Clin J Med 2000; 67: 96–104.

20. Gastaldelli A, Kozakowa M, Hojlund K, Flyvberg A, Favuzzi A, Mitrakou A, et al. Fatty liver is associated with insulin resistance, risk of coronary heart disease, and early atherosclerosis in a large European population. Hepatology 2009; 49: 1357–44.

21. Loomba R, Sirlin CB, Schwimmer JB, Lavine JE. Advances in pedriatric nonalcoholic fatty liver disease. Hepatology 2009; 50: 1282–93.

22. Börsch G, Baier J, Glocke M, Nathusius W, Gerhardt W. Graphical analysis of laboratory data in the differential diagnosis of cholestasis: a computer-assisted prospective study. J Clin Chem Clin Biochem 1988; 26: 509–19.

23. Hunt CM, Sharara AI. Liver disease in pregnancy. Amer Fam Physic 1999; 59: 829–36.

24. Lammert F, Marschall HU, Glantz A, Matern S. Intrahepatic cholestasis in pregnancy: molecular pathogenesis, diagnosis and management. J Hepatol 2000; 33: 1012–21.

25. Kelly DA. Chronic hepatitis. In: Kelly DA, ed. Disease of the liver and biliary system of children. Oxford; Blackwell 1999: 97–123.

26. Jacquemin E. Progressive familial intrahepatic cholestasis and anomalies of hepatocellular metabolism of bile acids. Arch Pediatr 1998; 5: 59–61.

27. Penn R, Worthington DJ. Is serum γ-glutamyltransferase a misleading test? Brit Med J 1983; 286: 531–5.

28. Külling D, Sauter Chr. Die Bedeutung der γ-Glutamyl- transferase zur Erfolgsbeurteilung einer Chemotherapie von Lebermetastasen. Schweiz Med Wschr 1990; 120: 1435–8.

29. Lewis JH. Drug-induced liver disease. Med Clin North Am 2000; 84: 1275–1311.

30. Farrell GF. Drugs and steatohepatitis. Sem Liver Dis 2002; 22: 185–94.

31. Chitturi S, George J. Hepatotoxicity of commonly used drugs: nonsteroidal antiinflammatory drugs, antihypertensives, antidiabetic agents, anticonvulsants, lipid-lowering agents, psychotropic drugs. Sem Liver Dis 2002; 22: 169–83.

32. Stedman C. Herbal hepatotoxicity. Sem Liver Dis 2002; 22: 195–206.

33. Strohm WD. Toxische Leberschädigung und Umwelt. Krankenhausarzt 1990; 63: 411–8.

34. Sillanaukee P, Olsson U. Improved diagnostic classification of alcohol abusers by combining carbohydrate-deficient transferrin and gamma glutamyltransferase. Clin Chem 2001; 47: 681–5.

35. Naveau S, Poynard T, Zourabichvili O, Hilpert G, Naveau S, Poitrine A, et al. Prognostic value of total serum bilirubin/gamma-glutamyltranspeptidase ratio in cirrhotic patients. Hepatology 1984; 4: 324–7.

36. Meeham JJ, Geogeson KE. Prevention of liver failure in parenteral nutrition-dependent children with short bowel syndrome. J Pediatr Surg 1997; 32: 473–5.

37. Sandock DS, Seftel AD, Resnick MI. The role of gamma-glutamyl transpeptidase in the preoperative metastatic evaluation of renal cell carcinoma. J Urol 1997; 157: 798–9.

38. Sealy CH, Vonbank A, Rein P, Woess M, Beer S, Aczel S, et al. Alanine aminotransferase and gamma-glutamyl transferase are associated with the metabolic syndrome but not with angiographically determined coronary atherosclerosis. Clin Chim Acta 2008; 397: 82–6.

39. Breitling LP, Raum E, Müller H, Rothenbacher D, Brenner H. Synergism between smoking and alcohol consumption with respect to serum gamma-glutamyltransferase. Hepatology 2009; 49: 802–8.

40. Meisinger C, Döring A, Schneider A, Löwel H. Serum γ-glutamyltransferase is a predictor of incident coronary events in apparently healthy men from general population. Atherosclerosis 2006; 189: 297–302.

41. Ruttmann E, Brant LJ, Concin H, Diem G, Rapp K, Ulmer H, et al. γ-Glutamyltransferase as a risk factor for cardiovascular disease mortality. Circulation 2005; 112: 2130–7.

42. Claessen H, Brenner H, Drath C, Arndt V. Gamma-Glutamyltransferase and disability pension: a cohort study of construction workers in Germany. Hepatology 2010; 51: 482–90.

43. Kazemi-Shirazi L, Endler G, Winkler S, Schickbauer T, Wagner O, Marsik C. Gamma glutamyltransferase and long-term survival: is it just the liver? Clin Chem 2007: 53: 940–6.

44. Claessen H, Brenner H, Frath C, Arndt V. Gamma-glutamyltransferase and disability pension: a cohort study of construction workers in Germany. Hepatology 2010; 51: 482–90

45. Stromme HJ, Theodorsen L. Heparin interference in the measurement of γ-GT with the Scandinavian and the IFCC recommended method. Scand J Clin Lab Invest 1985; 45: 437–42.

46. van der Meulen EA, van Sittert NJ, Koningh AGJ, Lugtenburg D, van Strick R. General approach to correction for bias in analytical performance in longitudinal studies illustrated by estimating the effect of age on γ-glutamyltransferase activity. Clin Chem 1993; 39: 1375–81.

47. Müller-Wiegand B. Bestimmung der γ-GT mit einem gut löslichen Substrat. Lab Med 1984; 8: 158–61.

48. Schiele F, Vincent-Viry M, Fournier B, Starck M, Siest G. Biological effects of eleven combined oral contraceptives on serum triglycerides, gamma glutamyltransferase, alkaline phosphatase, bilirubin and other biochemical variables. Clin Chem Lab Med 1998; 36: 871–8.

49. Heins M, Heil W, Withold W. Storage of serum or whole blood samples? Effects of time and temperature on 22 serum analytes. Eur J Clin Chem Clin Biochem 1995; 33: 231–8.

50. Lieberman MW, Barrios R, Carter BZ, Habib GM, et al. γ-glutamyl transpeptidase. What does the organization and expression of a multipromoter gene tell us about its functions? Am J Pathol 1995; 147: 1175–85.

51. Pompella A, Emdin M, Passino C, Paolicchi A. The significance of serum γ-glutamyltransferase in cardiovascular disease. Clin Chem Lab Med 2004; 42: 1085–91.

52. Wenham PR, Horn DB, Smith AF. Multiple forms of γ-GT: a clinical study. Clin Chem 1985; 31: 569–73.

53. Grostad M, Huseby NE. Clearance of different multiple forms of human γ-glutamyltransferase. Clin Chem 1990; 36: 1654–6.

54. Köttgen E, Reutter W, Gerok W. Two different γ-GT during development of liver and small intestine: a fetal (sialo-) and an adult (asialo) glycoprotein. Biochem Biophys Res Comm 1976; 72: 61–4.

55. Tsuchida S, Hoshino K, Sato T, et al. Purification of γ-GT from rat hepatomas and hyperplastic hepatic nodules, and comparison with the enzyme from rat kidney. Cancer Res 1979; 39: 4200–4.

1.10 Glutamat-Dehydrogenase (GLDH)

Lothar Thomas

Die GLDH ist ein Leitenzym der Mitochondrien und in allen Geweben vorhanden. Die Aktivität ist in der Leber 10 fach höher als in anderen Geweben, deshalb sind erhöhte Aktivitäten im Serum ausschließlich Leber bedingt. Die GLDH spielt beim Menschen eine überwiegend katabole Rolle, in dem sie über die Freisetzung von Ammoniak aus Glutamat die Entfernung von Stickstoff aus dem Organismus katalysiert. Die Erhöhung von GLDH ist eine Kenngröße für Lebererkrankungen mit Zellnekrose.

1.10.1 Indikation

  • Beurteilung von Schwere (Nekrose) und Ausmaß einer akuten Leberparenchym-Schädigung, insbesonders der akuten Stauungsleber.
  • Differentialdiagnose der Lebererkrankungen.
  • Marker des Alkoholentzugs.

1.10.2 Bestimmungsmethode

Proposal of Standard Method for the Determination of Enzyme Catalytic Concentration of Glutamate Dehydrogenase at 37 °C. German Society for Clinical Chemistry /1/

Prinzip: Die GLDH (EC 1.4.1.3) katalysiert die NADH abhängige Übertragung von Ammoniak auf 2-Oxoglutarat unter Bildung von Glutamat und NAD. Messgröße ist NADH, dessen Absorptionsabnahme pro Zeiteinheit photometrisch registriert wird. Die Absorptionsänderung, gemessen bei 334, 340 oder 366 nm, verhält sich proportional zur GLDH-Aktivität.

Siehe Tab. 1.10-1 – Prinzip der GLDH Bestimmung.

1.10.3 Untersuchungsmaterial

Serum, Plasma (Heparin, EDTA, Oxalat, Citrat): 1 ml

1.10.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 1.10-2 – Referenzbereiche der GLDH.

1.10.5 Bewertung

Die GLDH ist ein Leber-spezifisches Enzym. Als Suchtest auf Erkrankungen der Leber und Gallenwege ist sie jedoch ungeeignet, da die diagnostische Sensitivität nur 47 % beträgt /2/.

Der praktische Wert der GLDH Bestimmung liegt in der Differentialdiagnostik von Lebererkrankungen. Denn die Erhöhung der GLDH im Serum ist der Indikator einer schweren Zellschädigung des Parenchyms der Leber und die Aktivität in Relation zu den leichter freigesetzten zytosolischen Aminotransferasen ein Maßstab für die Schwere des akuten Leberschadens.

Im Vergleich zur ALT, die nur im Zytoplasma vorkommt und der AST, die im Zytoplasma und den Mitochondrien lokalisiert ist, wird die GLDH:

  • Kaum freigesetzt bei generalisierten entzündlichen Erkrankungen der Leber, z.B. der Virushepatitis.
  • Vermehrt freigesetzt bei Lebererkrankungen, bei denen die Nekrose des Hepatozyten um die Zentralvene des Leberläppchens das vorherrschende Ereignis ist, wie bei der akuten Stauungsleber, der hypoxischen Hepatopathie oder der toxischen Leberschädigung, z.B. durch Alkohol.

Ein differentialdiagnostisches Kriterium ist der Quotient (ALT + AST)/GLDH. Er ist nützlich in den in Tab. 1.10-3 – Differentialdiagnostischer Wert des Quotienten (ALT + AST)/GLDH aufgeführten Situationen.

Differentialdiagnose des Ikterus

Die GLDH hat eine Bedeutung in der Differentialdiagnose des Ikterus, insbesondere beim akuten Abdomen, bei dem die Leber, in Form einer Cholecystitis oder eines akuten Verschlusses der Gallenwege, beteiligt sein kann. Je niedriger der Quotient (ALT + AST)/GLDH, desto wahrscheinlicher ist eine intra- oder extrahepatische Cholestase, je höher, umso mehr ist eine akute Hepatitis zu vermuten. So ist ein extrahepatischer Verschluss des Gallengangs ausgeschlossen bei:

Bei einem Quotienten unter 50, insbesondere aber unter 20, bleibt die Differentialdiagnose offen.

Differentialdiagnostik schwerer Leberschäden /34/

Die GLDH ist hilfreich in der Abgrenzung toxischer von hypoxischen Leberschäden und der schweren Verlaufsform der akuten Hepatitis. So hat bei der akuten Durchblutungsstörung der Leber die GLDH vergleichbar hohe Enzymaktivitäten wie die Aminotransferasen.

Bei der akuten endogenen oder exogenen Intoxikation sind die Gipfelwerte der GLDH nur etwa halb so hoch wie die der Amiontransferasen und bei der schweren Verlaufsformen der akuten Virushepatitis geringer als 5 %. Dies ist auch der Fall bei der nekrotisierenden akuten Virushepatitis, die zum akuten Leberversagen führen kann. Nach einer Studie /4/ sind die häufigsten Ursachen der GLDH über 25 fach des oberen Referenzbereichswerts akutes Rechtsherzversagen, die akute Stauungsleber, protrahiert septisch-toxisches Kreislaufversagen und schwere respiratorische Insuffizienz. Die höchste durchschnittliche Aktivität wurde bei Patienten mit Cor pulmonale nach Lungenembolie gefunden. Die Abgrenzung der toxischen und hypoxischen Genese von der hepatitischen ist möglich, da toxische Substanzen, Hypoxie und die akute Stauung die Zentralregion des Leberläppchens schädigen und die GLDH bevorzugt perivenös lokalisiert ist.

Die Differentialdiagnostik der erhöhten GLDH ist aufgezeigt in Tab. 1.10-4 – Verhalten der GLDH im Serum bei Erkrankungen der Leber und Gallenwege.

Indikator der Alkoholabhängigkeit

Alkohol-abhängige Personen haben deutliche eine höhere GLDH als Nicht-Alkoholabhängige. So hatten in einer Studie /5/ gesunde Frauen und Männer jeweils Werte von 0,3 U/l (20 μkatal/l) und 0,6 U/l (40 μkatal/l) im Vergleich zu Alkoholikern mit jeweils 4,9 U/l (296 μkatal/l) und 7,3 U/l (439 μkatal/l). Zur Kontrolle, ob eine Abstinenz bei der Alkoholentzugs-Behandlung besteht, ist die GLDH besser geeignet als andere Parameter. Die GLDH fällt in den ersten 7 Tagen der Abstinenz schneller ab als die AST und GGT, und auch nach 24 h ohne Alkoholkonsum ist schon ein deutlicher Abfall messbar.

1.10.6 Hinweise und Störungen

Bestimmungsmethode

Da die Absorptionsänderung pro Minute für 1 U nur wenige Hundertstel Extinktionseinheiten beträgt, sollten isolierte oder klinisch unklare, leichte Erhöhungen der GLDH kontrolliert werden. Die für 37 °C optimierte Methode ist robuster als die bisherige für 25 °C. Sie kann ohne Vorinkubation mit längerer Zeit linearer Reaktion gemessen werden. Leerwerte entfallen und ein unkontrollierter Verbrauch von NADH wird vermieden /1/.

Hemmung

In Gegenwart von Natriumfluorid werden erniedrigte Werte gemessen.

Stabilität

Bei Raumtemperatur (20 °C) in 24 h Abnahme um 10 %, bei 4 °C innerhalb von 3 Tagen Abnahme von etwa 5 %.

Halbwertszeit

14–18 h.

1.10.7 Pathophysiologie

In Pflanzen und Mikroorganismen wird der vorwiegend nach Aufnahme aus N2, NO3 oder NO2 gewonnene oder direkt aufgenommene Ammoniak vorwiegend durch reduktive Aminierung von 2-Oxoglutarat in L-Glutamat eingeschleust. Die GLDH, ein Schlüsselenzym des Stoffwechsels der Aminosäuren, katalysiert diese Reaktion. Koenzyme sind NADPH und NADH. Beim Menschen spielt die GLDH bevorzugt eine katabole Rolle, indem sie über die Freisetzung von NH3 aus Glutamat die Ausschleusung von Stickstoff, der nicht für die Neusynthese von Aminosäuren benötigt wird, aus dem Organismus katalysiert. Reduziertes NAD und NADP werden durch die Atmungskette regeneriert. Oxalacetat, das als Akzeptor dient, wird katalysiert durch die AST, zu Aspartat transaminiert, dessen Stickstoff in die Harnstoffsynthese eingeschleust wird /6/.

Die GLDH ist in der mitochondrialen Matrix lokalisiert. Die spezifische Aktivität ist in der Leber etwa 10 fach höher als in Niere, Gehirn und Lunge und etwa 80 fach höher als im Skelettmuskel. In den Leberläppchen ist die GLDH in der zentrilobulären Zone etwa doppelt so hoch wie in der periportalen. Deshalb führen toxische Schädigungen durch Alkohol oder akute Durchblutungsstörung in Relation zur akuten Hepatitis zu einem starken Anstieg der GLDH im Vergleich zu den Aminotransferasen. Aktivitätsanstiege im Plasma entstammen ausschließlich der Leber.

Das Molekulargewicht der GLDH im Serum beträgt 336 kD. Sie besteht aus sechs Untereinheiten. Es werden jedoch auch Polymere mit einer molaren Masse bis 1.000 kD bei Patienten mit Leberschäden gefunden.

Die Bedeutung der GLDH in der Differentialdiagnostik der Lebererkrankungen beruht darauf, dass sie in der zentrilobulären Zone des Leberläppchens in 1,8 fach höherer Konzentration vorhanden ist als peripher /7/. Diese Zone befindet sich am Ende des sinusoidalen Versorgungswegs, ist deshalb am stärksten durch Hypoxie gefährdet und erfährt zuerst eine Zellschädigung bei Durchblutungsstörungen.

Als Ursache des Anstiegs der GLDH beim Verschlussikterus wird der behinderte Abfluss von Gallensäuren vermutet. Er soll über einen Effekt der Detergenzien der Gallensäuren besonders in den Läppchenzentren liegende Mitochondrien schädigen /8/.

Literatur

1. German Society for Clinical Chemistry. Proposal of standard methods for the determination of enzyme catalytic concentrations in serum and plasma at 37 °C. III. Glutamate dehydrogenase. Eur J Clin Chem Clin Biochem 1992; 30: 493–502.

2. Schmidt E, Schmidt FW. Enzyme diagnosis in diseases of the liver and the biliary system. In: Advances in clinical enzymology. Basel: Karger, 1979: 239.

3. Schmidt E, Schmidt FW. Diagnostik des Ikterus. Dtsch Med Wschr 1984; 109: 139–46.

4. Chemnitz G, Schmidt E, Schmidt FW, Lobers J. Diagnostische und prognostische Bedeutung massiv erhöhter Glutamat-Dehydrogenase-Aktivität im Serum. Dtsch Med Wschr 1984; 109: 1789–93.

5. Kravos M, Malesic I. Glutamate dehydrogenase as a marker of alcoholism. Alcohol & Alcoholism 2010; 45:39–45

6. Schmidt E, Schmidt FW. Enzymdiagnostik von Lebererkrankungen in der Praxis. Diagnostik 1977; 10: 348–52.

7. Schmidt E, Schmidt FW. Alkoholschäden. In: Schmidt E, Schmidt FW, Manns MP, eds. Lebererkrankungen. Stuttgart; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2000: 214–404.

8. Assel H, Fedderke J, Schmidt E, Voges S. Correlations and factor analysis of enzymes in serum of patients with hepatic metastases. In: Goldberg DM, Werner M, eds. Selected topics in clinical enzymology. Berlin: de Gruyter, 1983.

9. Lamerz P, Stieber P, Borlinghaus P, Fateh-Moghadam A. Tumor markers in cancer of the liver. Diagn Oncol 1991; 1: 363–72.

10. Kommerell B. Hepatomegalie. Diagnostik 1980; 13: 78–93.

11. Groß W, Ring K, Lodemann E, eds. Physiologische Chemie. Weinheim; VCH-Verlagsgesellschaft 1989: 214–23.

12. Guder W, Habicht GA, Kleißl J, Schmidt U, Wieland OH. The diagnostic significance of liver cell inhomogeneity: serum enzymes in patients with central liver necrosis and the distribution of GLDH in normal human liver. Z Klin Chem Klin Biochem 1975; 13: 311–8.

13. Schmidt FW. Enzymes in cholestasis. In: Bianci L, Gerok W, Sickinger K, eds. Liver and bile. Lancaster: MTP-Press, 1977: 216.

1.11 Lactat-Dehydrogenase (LDH)

Lothar Thomas

Die LDH ist eine NAD+-Oxidoreduktase und katalysiert die Oxidation von Lactat zu Pyruvat unter Verwendung von NAD+ als H+-Akzeptor. Die Reaktion ist reversibel und bei physiologischem pH wird die Umsetzung von Pyruvat in Lactat begünstigt.

Die im Serum messbare LDH (EC 1.1.1.27) besteht aus den Aktivitätsanteilen der fünf Isoenzyme LDH 1–5 (Tab. 1.11-1 – Isoenzyme der LDH). Das Isoenzym LDH-1 setzt gegenüber den anderen Isoenzymen das Substrat 2-Oxobutyrat mit hoher Geschwindigkeit zu Hydroxybutyrat um und kann getrennt als Hydroxybutyrat-Dehydrogenase bestimmt werden.

Die LDH ist in unterschiedlicher Aktivität im Zytoplasma der Gewebe vorhanden. Erhöhungen werden deshalb bei vielen Gewebeschäden diagnostiziert, haben aber auf Grund mangelnder Organspezifität eine nur mäßige differentialdiagnostische Aussagekraft. Die weiterführende quantitative Differenzierung der Isoenzyme bei erhöhter LDH erlaubt eine bessere Organ bezogene Diagnostik.

1.11.1 Indikation

  • Differenzierung des Ikterus.
  • Beurteilung des Ausmaßes der Hämolyse bei hämolytischer und megaloblastärer Anämie.
  • Im Muster mit den Aminotransferasen bei Verdacht auf hypoxischen oder toxischen Leberschaden.
  • Differenzierung von Organschäden durch Isoenzym-Bestimmung bei erhöhter LDH.
  • Monitoring der Krankheitsaktivität bei Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphomen und Leukämien.
  • Verlaufs- und Therapiekontrolle beim Dysgerminom des Ovars und Keimzelltumor des Hodens.
  • Spätdiagnostik eines Herzinfarktes (über 36–48 h nach dem akuten Ereignis).

1.11.2 Bestimmungsmethode

IFCC Primary Reference Procedure for the Measurement of Catalytic Activity Concentration of Lactate Dehydrogenase at 37 °C /1/

Prinzip: Die LDH katalysiert in einer Vorwärtsreaktion die Umsetzung von Lactat zu Pyruvat bei einem pH von 9,4. Die Zunahme der Absorption des entstehenden NADH wird bei 334 nm, 336 nm oder 366 nm gemessen.

Siehe Tab. 1.11-2 – Prinzip der LDH-Bestimmung.

Selektive Bestimmung von LDH-1

Chemische Hemmung der M-Untereinheit:

Prinzip: 1, 6-Hexandiol oder Natriumperchlorat werden als selektive Inhibitoren der Isoenzyme der LDH mit M-Untereinheit dem Reaktionsansatz beigegeben und somit nur die LDH-1, die vier H-Untereinheiten besitzt, bestimmt /2/.

Immunologische Hemmung der M-Untereinheit:

Prinzip: Antikörper gegen die M-Untereinheit werden zur Probe gegeben und bilden Immunkomplexe mit Isoenzymen, die diese Einheit besitzen. Die Immunkomplexe werden abzentrifugiert, die LDH-1 bleibt im Überstand und wird dort bestimmt /3/.

Elektrophoretische Isoenzymdifferenzierung

Prinzip: Elektrophoretische Auftrennung des Serums im Agarosegel oder auf Zelluloseazetatfolie bei alkalischem pH-Wert. Die Wanderungsgeschwindigkeit zur Anode ist abhängig vom Anteil der Isomeren des Isoenzyms. Schnell wandern Isoenzyme mit dem Anteil der Isomeren H, langsam diejenigen mit dem Anteil der Isomeren M, die LDH-1 hat deshalb die größte, die LDH-5 die geringste Wanderungsgeschwindigkeit zur Anode. Die LDH-5 wandert zur Kathode.

Die Darstellung der Isoenzymfraktionen erfolgt in der Zelluloseazetatfolien-Elektrophorese durch Koppelung des enzymatisch gebildeten Pyruvats mit einem Tetrazoliumsalz /4/.

In der Agarosegel-Elektrophorese wird die Trennspur mit einer Lactat- und NAD+-haltigen Folie überdeckt und nach Inkubation bei 37 °C die Fluoreszenz des NADH bei 410 nm gemessen, unter Anregung bei 365 nm /2/.

1.11.3 Untersuchungsmaterial

Serum, Plasma, Ergussflüssigkeit: 1 ml

1.11.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 1.11-3 – Referenzbereiche der LDH.

1.11.5 Bewertung

Die LDH ist ein zytoplasmatisches Enzym und Bestandteil aller Gewebe. Bei bereits geringen Organschäden tritt sie vermehrt ins Plasma über und ist bei vielen pathologischen Zuständen erhöht. Erkrankungen, die eine LDH-Erhöhung im Serum verursachen, zeigt Tab. 1.11-4 – Erkrankungen, die eine Erhöhung der LDH bewirken können. Diagnostisch ist die LDH vergleichbar unspezifisch wie die Blutsenkungsreaktion, somit von begrenzter Bedeutung und sollte vorwiegend eingesetzt werden /8/:

  • In der Kardiologie zur Spätdiagnostik des Herzinfarktes. So beträgt 24 h nach dem akuten Ereignis die diagnostische Sensitivität 95 % bei einer Spezifität unter 90 %. Die Aussagekraft des Quotienten LDH-1/LDH-2 ist besser, die diagnostische Effizienz beträgt 93–98 %. Die Troponinbestimmung hat die LDH und ihre Isoenzyme in der Kardiologie abgelöst.
  • In der Hepatologie zur Abgrenzung des schweren toxischen Leberschadens und der akuten Durchblutungsstörung von der akuten Virushepatitis. Bei Auftreten von klinischen Beschwerden ist bei der akuten Durchblutungsstörung oder einer toxischen Störung, z.B. durch Azetaminophen, die LDH oft höher als die Aminotransferasen. Das ist bei der Virushepatitis nicht der Fall /9/. Generell ist in der Leberdiagnostik die LDH das am wenigsten spezifische Enzym /10/.
  • Im Monitoring onkologischer Erkrankungen wie malignen Lymphomen, Leukämien und einiger solider Tumoren wie den Keimzelltumoren.
  • In der Differentialdiagnostik des Ikterus, insbesondere zur Abgrenzung der hämolytischen von der hepatischen Genese.

Wichtige diagnostische Indikatoren zur Organ-spezifischen Differenzierung einer Erhöhung der LDH sind:

Quotient LDH/AST

Der Quotient wird zur Abgrenzung des prähepatischen, durch Hämolyse- oder Dyserythropoese bedingten, vom hepatischen Ikterus bestimmt. Quotienten über 5 sprechen für die hämolytische Genese, Werte darunter für die hepatische. Bei Metastasenleber und infektiöser Mononukleose können ebenfalls Quotienten über 5 auftreten. Das Bilirubin ist beim prähepatischen Ikterus, außer bei starken hämolytischen Krisen (Sichelzellanämie), unter 6 mg/dl (100 μmol/l) /10/.

Siehe Abb. 1.11-1 – Abgrenzung des prähepatischen vom hepatischen Ikterus.

LDH-Isoenzyme quantitativ

Das LDH Molekül besteht aus vier Polypeptidketten der zwei Typen M und H, die beide unter getrennter genetischer Kontrolle sind. Auf Grund der Zusammensetzung der Untereinheiten werden fünf Isoenzyme unterschieden. Siehe Tab. 1.11-1 – Isoenzyme der LDH.

Drei Muster der LDH werden bei der elektrophoretischen Auswertung differenziert. Siehe Tab. 1.11-5 – Aussage elektrophoretischer LDH-Muster /4/:

  • Anodisches Muster; LDH 1 + 2.
  • Kathodisches Muster; LDH 4 + 5.
  • Intermediäre Gruppe; LDH-3 dominiert.

1.11.6 Hinweise und Störungen

Probenvorbereitung

Plasma sollte hochtourig zentrifugiert werden (10 min bei 3.000 × g) da es sonst noch Thrombozyten enthält; diese haben eine hohe Konzentration an LDH.

Referenzbereich

Erfolgt die Blutentnahme nach körperlicher Belastung (Muskelaktivität), so können die LDH über dem oberen Referenzbereichswert liegen. Kapillar entnommenes Serum und Plasma hat höhere Werte der LDH. Auf Grund der Hämolyse während des Gerinnungsvorganges sind die Werte im Serum höher als im Plasma.

Hämolyse

Verursacht erhöhte Werte, da die LDH im Erythrozyten 360 fach höher ist als im Plasma. Bei einer mittleren Aktivität von 165 U/l verursacht eine Hämolyse von 0,8 g Hb/l einen Anstieg der LDH von 58 % /38/. Das Serum muss innerhalb von 2 h vom Blutkuchen getrennt sein.

Thrombozyten-Interferenz

Serum und Thrombozyten-freies Plasma haben die gleiche LDH Aktivität. Die Störung der LDH einer Plasmaprobe durch Kontamination mit Thrombozyten ist bei der Bestimmung von den Reaktionsbedingungen abhängig. Wird die Probe in ein relativ großes Volumen an hypotonem Reagenz pipettiert, resultiert durch Lyse eine LDH Erhöhung. Erfolgt die Zugabe in isotones Reagenz, kommt es nicht zur Lyse, es resultiert aber eine optische Interferenz. Es werden falsch-niedrige LDH-Werte gemessen, da der NADH bedingte Extinktionsabfall während der Bestimmung maskiert wird durch eine Extinktionszunahme in der Reaktionszeit, bedingt durch die Lichtabsorption der Thrombozyten /39/.

Eine stärkere Kontamination von Thrombozyten im Heparinplasma durch unzureichende Zentrifugation führt bei der IFCC-Methode nur zu einer geringen Erhöhung der Impräzision /40/.

Stabilität

Im Serum bei Raumtemperatur (20 °C) bis zu 7 Tage stabil /2/. Die Lagerung des Serums zur Routineanalytik sollte bei Raumtemperatur erfolgen, auf Grund der Kältelabilität von LDH-4 und LDH-5.

Medikamente

Eine in vivo-Erhöhung der LDH kann erfolgen durch Allopurinol, Amiodaron, Androgene/anabole Steroide, Aspirin/Salizylate, Captopril, Carbamazepin, Chlorpromazin, Cisplatin, Clozapin, Cumarine, Dacarbazin, Diltiazem, Erythromycin, Fluphenazin, Goldsalze, α-Methyldopa, Naproxen, Paracetamol, Papaverin, Penicillamin, Perhexillin, Phenytoin, Phenylbutazon, Propylthiouracil, Ranitidin, Sulfasalazin, Tienilinsäure, Valproinsäure, Verapamil /41/.

Halbwertszeit

LDH-1, 4–5 Tage, LDH-5, 10 h.

Makro-LDH

Siehe weiterführend Tab. 1.1-2 – Makroenzyme: Charakterisierung, klinische Bedeutung und Labordiagnostik.

1.11.7 Pathophysiologie

Die LDH ist ein Wasserstoff übertragendes Enzym, das die Oxidation von L-Lactat zu Pyruvat katalysiert unter Inanspruchnahme des Hilfsenzyms NAD+ als Wasserstoffakzeptor. Die Reaktion ist reversibel und bei physiologischem pH wird die Reduktion von Pyruvat zu Lactat stark begünstigt.

Jedes Molekül LDH besteht aus 4 Untereinheiten vom MG 34 kD. Es gibt zwei Typen von Untereinheiten, den Herz (H)- und den Muskel (M)-Typ, sie werden von unterschiedlichen Genloci determiniert. H- und M-Typ sind in den Geweben zu fünf Isoenzymen (LDH 1–5) kombiniert. Der H-Typ herrscht in Geweben mit hohem O2-Verbrauch vor, der M-Typ in Geweben mit starker glykolytischer Aktivität.

Die LDH ist in allen Körperzellen vorhanden. Sie liegt dort zytoplasmatisch gelöst vor und wird bei Zellschädigung freigesetzt. Die Enzymaktivität der einzelnen Gewebe ist unterschiedlich und beträgt im Skelettmuskel 147 U/g, im Herzmuskel 124 U/g, in der Leber 145 U/g und in der Niere 106 U/g. Die Erythrozyten enthalten 31 U/g Hämoglobin. Die Aktivität in den Geweben ist im Mittel 500 fach höher als im Serum und schon kleine Gewebeschäden können zur Erhöhung der LDH führen. Zusätzlich haben viele Gewebe eine unterschiedliche Ausstattung mit Isoenzymen. Im Herzmuskel und den Erythrozyten dominieren LDH-1 und LDH-2, in der Leber LDH-5. Die LDH-3 und LDH-4 kommen in Lunge, lymphatischen System, Milz, in endokrinen Drüsen und den Thrombozyten vor.

Die Aktivität der LDH im Serum ist bei Krankheiten abhängig von den Isoenzymen, die aus den Geweben in das Plasma übertreten, der Geschwindigkeit der Elimination der Isoenzyme und ihren Untereinheiten. So beträgt die Halbwertszeit der Leber-spezifischen LDH-5 (M4) mit 8–12 h nur etwa 1/10 der Herz- und Erythrozyten-spezifischen LDH-1 (H4). Ein Leber-typisches LDH Muster wird deshalb häufig nur kurzfristig, ein durch Herzmuskelschaden oder Hämolyse bedingtes demgegenüber längerzeitig gemessen /11/.

Die bei progressiver Muskeldystrophie Typ Duchenne im Serum nachweisbare LDH entspricht vorwiegend den Isoenzymen LDH-1–3 und nicht der LDH-4 des gesunden Skelettmuskels. Da diese Abnormität auch bei den Konduktorinnen gefunden wird, dürfte bei diesen eine genetisch bedingte Unfähigkeit bestehen, die M-Untereinheit ausreichend zu bilden /19/.

Die Begleithepatitis bei infektiöser Mononukleose (IM) ist von den anderen Virushepatitiden auf Grund der hohen Aktivität der LDH in Relation zu den Aminotransferasen abgrenzbar. Pathologisch erhöht ist nicht das Leberisoenzym (LDH-5), sondern die LDH-3 und LDH-4, deren Ursprungsort bei der IM das lymphatische System ist.

Die Erhöhung derLDH bei megaloblastärer Anämie beruht auf einer ineffektiven Erythropoese, da auf Grund eines Vitamin B12- oder Folsäure-Mangels erythroide Vorläuferzellen im Mark nicht ausreifen und der Apoptose anheim fallen.

Literatur

1. IFCC Primary Reference Procedures for the Measurement of Catalytic Activity Concentrations of Enzymes at 37 °C. Part 3. Reference Procedure for the Measurement of Catalytic Concentration of Lactate Dehydrogenase. Clin Chem Lab Med 2002; 40: 643–8.

2. Henderson AR. Isoenzymes of lactate dehydrogenase. In: Bergmeyer HU, ed. Methods of enzymatic analysis, 3rd edition, vol 3. Weinheim; Verlag Chemie 1983: 138–55.

3. Usategui-Gomez M, Wicks RW, Warshaw M. Immunochemical determination of the heart isoenzyme of lactate dehydrogenase (LDH1) in human serum. Clin Chem 1979; 25: 729–34.S

4. di Giorgio J. Determination of serum lactic dehydrogenase isoenzymes by the use of diagnostic test cellulose acetate electrophoresis system. Clin Chem 1971; 17: 326–31.

5. Schumann G, Klauke R. New IFCC reference procedures for the determination of catalytic activity concentrations of five enzymes in serum: preliminary upper reference limits obtained in hospitalized patients. Clin Chim Acta 2003; 327; 69–79.

6. Thomas L, Müller M, Schumann G, Weidemann G, Klein G, Lunau S, Pick KH, Sonntag O. Consensus of DGKL and VDGH for interim reference intervals on enzymes in serum. J Lab Med 2005; 29: 301–8.

7. Heiduk M, Päge I, Kliem C, Abicht K, Klein G. Pediatric reference intervals determined in ambulatory and hospitalized children and juveniles. Clin Chim Acta 2009; 406:156–61.

8. Huijgen H, Sanders GTB, Koster RW, Vreeken J, Bossuyt PMM. The clinical value of lactate dehydrogenase in serum: a quantitative review. Eur J Clin Chem Clin Biochem 1997; 35: 569–79.

9. Zimmerman HJ, Maddrey WC. Acetaminophen (paracetamol) hepatotoxicity with regular intake of alcohol: analysis and instances of therapeutic misadventure. Hepatology 1995; 22: 767–73.

10. Helzberg JH, Spiro HM. “LFTs” test more than liver. J Am Med Assoc 1986; 256: 3006–7.

11. Schmidt E, Schmidt FW. Diagnostik des Ikterus. Dtsch Med Wschr 1984; 109: 139–46.

12. Werner M, Brooks SH, Mohrbacher RJ, Wasserman AG. Diagnostic performance of enzymes in the determination of myocardial infarction. Clin Chem 1982; 28:1297–302.

13. Shahangian S, Ash KO, Wahlstrom NO, et al. Creatinkinase and LDH-isoenzymes in serum of patients suffering burns, blunt trauma, or myocardial infarction. Clin Chem 1984; 30: 1332–8.

14. Carstens V, Büscher J, Niehues B, Behrenbeck DW. Die intravasale Hämolyse bei neueren Herzklappenprothesen. Herz-Kreislauf 1981; 6: 261–5.

15. Meissner E, Fabel H. Akute Lungenembolie. Arzneimitteltherapie 1990; 8: 177–92.

16. Schmidt E, Schmidt FW. Enzyme diagnosis of diseases of the liver and the biliary system. In: Schmidt E, Schmidt FW, Trautschold I, Friedel R, eds. Advances in clinical enzymology. Basel; Karger 1979: 239–92.

17. Rotenberg DH, Weinberger I, Davidson E, et al. Total lactate dehydrogenase and its isoenzymes in serum of patients with infectious mononucleosis. Clin Chem 1991; 37: 116–7.

18. Castaldo G, Oriani G, Cimino L, Topa M, Budillon G, Salvatore F, et al. Serum lactate dehydrogenase isoenzyme 4/5 ratio discriminates between hepatocarcinoma and secondary liver neoplasia. Clin Chem 1991; 37: 1419–23.

19. Laudahn G, Heyck H, Feustel F. Enzyme im Serum bei Muskelkrankheiten. In: Praktische Enzymologie. Bern: Huber, 1968: 249.

20. Kazmierczak SC, Castellani WJ, von Lente F, Hodges ED, Udis B. Effect of reticulocytosis on LDH isoenzyme distribution in serum: in vivo and in vitro studies. Clin Chem 1990; 36: 1638–41.

21. Vilpo JA, Talvensaari KK, Mortensen E. Hemolysis: which laboratory investigation and when? Scand J Clin Lab Invest 1990; 50: 10–9.

22. Winston RM, Warburton FG, Stott A. Enzymatic diagnosis of megaloblastic anemia. Br J Hematol 1970; 19: 587–92.

23. Patton JF, Manning KR, Case D, Owen J. Serum lactate dehydrogenase and platelet count predict survival in thrombotic thrombocytopenic purpura. Am J Hematol 1994; 47: 94–9.

24. Carcamo C, Pallares E, Rubi J, et al. Lactate dehydrogenase isoenzymes in patients with essential thrombocythemia. Thrombos Res 1993; 70: 111–6.

25. Domanovits H, Paulis M, Nikfardjam M, Meron G, Kürkciyan I, Bankier AA, Laggner A. Acute renal infarction. Medicine 1999; 78: 386–94.

26. Kang SK, Ha CY, Cho KH, Park SK, Kim UH. Changes of lactate dehydrogenase and its isoenzyme activity in renal diseases. Nephron 1991; 57: 55–9.

27. Maiche AG, Muhonen T, Porkka K. Lactate dehydrogenase changes during granulocyte colony-stimulating factor treatment. Lancet 1992; 340: 853.

28. Krafft J, Fink R, Rosalski SB. Serum enzymes and isoenzymes after surgery. Ann Clin Biochem 1977; 14: 294–6.

29. Shuster J, Williams NB, Castleberg R, et al. Serum lactate dehydrogenase in childhood neuroblastoma. Am J Clin Oncol 1992; 15: 295–303.

30. Dimopoulos MA, Barlogie B, Smith TL, Alexanian R. High serum lactate dehydrogenase level as a marker for drug resistance and short survival in multiple myeloma. Ann Int Med 1991; 115: 931–5.

31. Bien E, Balcerska A. Serum soluble interleukin-2 receptor, beta2-microglobulin, lactate dehydrogenase and erythrocyte sedimentation rate in children with Hodgkin’s lymphoma. Clin Immunol 2009; 70: 490–500.

32. van Eyben FE, Blaabjerg O, Hyltoft-Petersen P, Lindegaard Madsen E, Amato R, Liu F, Fritsche H. Lactate dehydrogenase isoenzyme 1 and prediction of death in patients with metastatic germ cell tumors. Clin Chem Lab Med 2001; 39: 38–41.

33. Bolwell B, Pohlmann B, Kakaycio M, Wise K, Goormastic M, Andresen S. LDH elevation after autologous stem cell transplantation. Bone Marrow Transplantation 1999; 24: 53–5.

34. Montesinos P, Lorenzo I, Martin G, Sanz J, Perezirvent M, Martinez D, et al. Tumor lysis syndrome in patients with acute myeloid leukemia: identification of risk factors and development of a predictive model. Haematologica 2008; 93: 67–74.

35. van Krugten MV, Cobben NAM, Lamers RJS, van Dieijen-Visser MP, Wagenaar SJ, Wouters EFM, Drent M. Serum LDH: a marker of disease activity and its response to therapy in idiopathic pulmonary fibrosis. Netherlands J Med 1996; 48: 220–3.

36. Lassen U, Osterlind K, Hansen M, Dombernovsky P, Bergner B, Hansen HH. Long-term survival in small-cell lung cancer posttreatment characteristics in patients surviving 5–10 years – an analysis of 1.714 consecutive patients. J Clin Oncol 1995; 13: 1215–20.

37. Sattler FR, Walzer PD. Pneumocystis carinii. Baillière’s Infectious Diseases 1995; 2: 471–85.

38. Sonntag O. Haemolysis as an interference factor in clinical chemistry. Clin Chem Clin Biochem 1986; 24: 127–39.

39. Paeke MJ, Pejakovic M, Alderman MJ, Penberthy LA, Walmsley RN. Mechanism of platelet interference with measurement of lactate dehydrogenase activity in plasma. Clin Chem 1984; 30: 518–20.

40. Herzum I, Bünder R, Renz H, Wahl HG. Reliability of IFCC method for lactate dehydogenase measurement in lithium-heparin plasma. Clin Chem 2003; 49: 2094–6.

41. Salway JG. Drug interaction handbook. London: Chapman and Hall Medical, 1990.

42. Dzsudzak E, Sütö R, Posci M, Fagyas M, Szentkereszry Z, NagyJr B. Profiling of lactate dehydrogenase isoenzymes in COVID-19 disease. eJIFCC 2021; 32 (4): 432–41.

1.12 Lipase

Klaus Lorentz

Im Serum messbare Lipase wird in den azinären Zellen des Pankreas synthetisiert, in deren Granula gespeichert und zu über 99 % über den apikalen Pol der Zellen in das Gangsystem des Pankreas sezerniert. Bei akuter Pankreatitis gelangt das Enzym durch erhöhte Permeabilität am basalen Zellpol vermehrt in das Blut.

1.12.1 Indikation

  • Nachweis und Ausschluss der akuten Pankreatitis (bei akutem Oberbauchschmerz).
  • Nachweis der chronischen Pankreatitis (im Rezidiv).
  • Ausschluss einer Pankreas Beteiligung bei abdominalen Erkrankungen und chirurgischen Eingriffen.
  • Verlaufskontrolle nach endoskopisch retrograder Choledochopankreatographie (ERCP).

1.12.2 Bestimmungsmethode

Grundlage aller Bestimmungen ist die Hydrolyse von Triglyceriden, Diglyceriden oder Monoglyceriden. Die Lipase ist nur aktiv, wenn das Substrat in emulgierter Form in der Zwischenphase vorliegt. Die Anwesenheit von Gallensalzen und einem Protein (Colipase) ist notwendig. Nur folgende Methoden sind, da mechanisierbar kommerziell verfügbar /1/:

  • Der kinetisch enzymatische Diglycerid-Test, der eine Folge von Indikator und Hilfsenzymen anwendet
  • Der 1,2-Dilauryl-rac-glycero-3-glutarsäure-(6-methylresorufin)-ester (DGMRE)-Test.

Titrimetrische Tests

Es wird die Freisetzung von Fettsäure am C-Atom 1 oder 3 von Glycerin gemessen. Mehrstufige photometrische Methoden beruhen auf der Bestimmung von Glycerin nach enzymatischer Abspaltung restlicher Acylreste. Ein einstufiges photometrisches Verfahren benutzt ein Triglycerid Analog als Substrat /1/. Die analytische Spezifität aller Verfahren ist begrenzt, da selbst in Gegenwart von Gallensäuren lösliche oder durch Detergenz gelöste Substrate einen Abbau durch Esterasen zulassen.

Autotitration /2/: Sie ist die Methode höchster analytischer Spezifität. Man titriert die aus einer Emulsion von Triolein oder Olivenöl freigesetzte Ölsäure mit Lauge während der enzymatischen Hydrolyse kontinuierlich auf pH 9,0 (pH-Stat). Da pro gespaltene Esterbindung ein Proton neutralisiert wird, handelt es sich um ein direkt messendes Verfahren, das sich wegen seiner technischen Ansprüche nicht zur Routineanalytik eignet. Es ist gut standardisiert, alle photometrischen Methoden werden auf die Autotitration bezogen /23/.

Turbidimetrischer Test /4/: Die Bedingungen ähneln denen der Autotitration, zeigen mit Anstieg von Lipase nach Gabe von Heparin aber bereits eine Mitreaktion von Lipoproteinlipase an. Gemessen wird photometrisch nahe 550 nm mit Bezug auf titrimetrisch kalibrierte Standards. Dabei werden Beginn und Dauer der Messintervalle von Analysatoren so gewählt, dass zeit lineare Reaktionsraten anzunehmen sind und Messbereiche vom 5–10 fachen des oberen des Referenzbereichswerts erreicht werden. Eine analytische Schwäche ist die positive Interferenz durch Esterasen, obwohl alle Methoden im Ansatz Esterasen enthalten.

DGMRE-Methode /1/: Es handelt sich um ein einstufiges Verfahren, das als Triglycerid Analog das Substrat 1,2-Dilauryl-rac-glycero-3-glutarsäure-(6-methylresorufin)-ester (DGMRE) benutzt. In diesem Triglycerid Analog sind zwei Ester durch Hydrolyse-resistente Äther ersetzt. Lipase spaltet daher nur am C-Atom 1 einen farblosen Acylrest ab, der spontan in Glutarsäure und rotes Methylresorufin zerfällt.

Diglycerid-Methode /4/: Bei diesem Farbtest setzt Lipase aus einem 1,2-Diglycerid ein 2-Monoglycerid frei, das durch Monoglyceridlipase zu Glycerin abgebaut wird. Dies wird nach drei weiteren Reaktionen (Phosphorylierung, Oxidation, oxidative Kupplung) als Benzochinondiimin Farbstoff gemessen. Neben Lipoproteinlipase und Cholesterinesterase reagieren wahrscheinlich auch intestinale Lipase und Carboxyl­esterase.

Reagenzträger-Test (Vitros-Methode) /5/: Das Verfahren benutzt 1-Oleoyl-2,3-diacetylglycerin als Substrat. Lipase spaltet es in Ölsäure und 2,3-Diacetylglycerin, aus dem Diacetinase Glycerin freisetzt, das als Farbstoff nach obiger Reaktionskette gemessen wird. Da Dodecylbenzolsulfonat dabei Gallensäuren als Lösungsvermittler ersetzt, stören neben Glycerin /6/ alle genannten Enzyme /7/, so dass dem Verfahren eine bevorzugte Messung von gastrointestinalen Lipasen zugeschrieben wird /8/.

1.12.3 Untersuchungsmaterial

  • Serum, Heparinplasma: 1 ml
  • Pleuraerguss, Aszites, Drainagesekret, Peritonealspülflüssigkeit: 1 ml

1.12.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 1.12-1 – Referenzbereiche der Lipase.

1.12.5 Bewertung

Die diagnostische Beurteilung der Lipase im Serum hängt von der gewählten Methode und der klinischen Fragestellung ab. Für Verlaufskontrollen einer akuten oder einer chronisch rezidivierenden Pankreatitis ohne Beteiligung anderer Organe im Abdomen eignen sich alle Methoden, für den Ausschluss dieser Erkrankungen nur Bestimmungen, die eine Emulsion von Triglyceriden einsetzen.

Beachtet man diese Voraussetzungen, so gilt:

  • Lipase ist sensitiver für die Erkennung einer Pankreatitis als die α-Amylase, da ihr synchron verlaufender Anstieg nicht früher, aber höher und länger den Referenzbereich verlässt. Siehe Beitrag 1.4.5 – Bewertung.
  • Je niedriger die Trennschwelle zwischen unauffälligem und pathologischem Wert gesetzt wird, desto häufiger werden extra pankreatische Erkrankungen bei erhöhter Lipase diagnostiziert.
  • Wird die Obergrenze des Referenzbereichs zur Entscheidungsgrenze, so haben alle Methoden bei akuter Pankreatitis oder Exazerbation einer chronischen Entzündung eine diagnostische Sensitivität von 90–100 % bei einer Spezifität von 60–97 %.
  • Keine der unter Bestimmungsmethode genannten Verfahren erreicht unter Routinebedingungen die biochemische Selektivität und analytische Güte der Messung der Pankreasamylase.
  • Siehe Tab. 1.12-2 – Diagnostische Sensitivität und Spezifität einer Erhöhung der Lipase in Abhängigkeit von der Trennschwelle bei akuter Pankreatitis am Tag der Erkrankung.

Im Unterschied zur Bestimmung der α-Amylase können mit dem immunologischen Test /2/ bei exkretorischer Pankreasinsuffizienz vereinzelt subnormale Lipasewerte gemessen werden /15/. Im Zeitprofil von Entzündungen des Pan­kreas­ und nach endoskopisch retrograder Choledochopankreatographie (ERCP) verhält sich Lipase wie α-Amylase und deren nicht saliväre Fraktion. Die ursprüngliche Annahme unterschiedlicher Lipase/α-Amylase Quotienten bei Alkohol-induzierten und biliär bedingten Pankreatitiden hielt einer kritischen Prüfung nicht stand. Auch der Nachweis von Isolipasen mit dem Reagenzträger-Test hat keinen Eingang in die klinische Diagnostik gefunden, da die Bedeutung dieser (möglichen) Isoenzyme im Vergleich zu Isoamylasen weitgehend unbekannt ist.

Hyperlipasämien verursachen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen diagnostische Probleme. Erhöhungen von α-Amylase oder Lipase bezeichnen nicht obligat eine Beteiligung des Pankreas oder seine Schädigung durch Azathioprin und Salazosulfapyridin /16/.

Bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa werden zu 14–21 % eine erhöhte Lipase gefunden, wobei auch ohne Vorliegen einer Pankreatitis dieLipase den Referenzbereich etwas häufiger verlässt als die α-Amylase /17/.

Während Karzinome des Pankreas nur selten (durch Verschluss des Ductus pancreaticus) eine Erhöhung der Lipase verursachen, werden normale α-Amylase-, aber deutlich erhöhte Lipasewerte im Serum beim undiffenzierten Malignom sowie hepatozellulären und Adenokarzinomen ohne autoptisch erkennbare Pankreasbeteiligung beobachtet /18/. Sicher pankreatogener Herkunft sind immunologisch gemessene Lipasewerte bis zum 20 fachen oberen Referenzbereichswert bei diabetischer Ketoazidose, die bei 50 % der Patienten auftreten mit Anstieg von Trypsin und α-Amylase aber ohne klinische Zeichen einer Pankreatitis /19/. Die Ursachen der Lipaseerhöhung zeigt Tab. 1.12-3 – Ursachen einer Erhöhung der Lipase im Serum.

1.12.6 Hinweise und Störungen

Antikoagulantien

Die Probe darf wegen der Komplexierung von Ca2+ kein EDTA, Oxalat, Fluorid oder Citrat enthalten.

Bestimmungsmethode

Vom Reagenzträger Test abgesehen, sollten Seren mit Triglyceridämie über 870 mg/dl (10 mmol/l) verdünnt werden. Hämoglobin über 5 g/l und Bilirubin über 47 mg dl (800 μmol/l) erniedrigen die Messwerte. Medikamente haben in üblicher Dosierung keinen Einfluss.

Bei Einsatz des Tests mit 1,2-Diglycerid darf in Analysen- systemen keine Esterase aus der Bestimmung von Cholesterin in die Ansätze gelangen. Glycerin stört im Reagenzträger Test.

Der enzymatische Diglycerid-Test und der DGMRE-Test haben eine vergleichbare analytisch Spezifität /1/.

Makrolipasämie

Siehe Tab. 1.1-1 – Halbwertszeiten von Serumenzymen.

Stabilität

Im Serum mindestens 1 Woche bei 4 °C oder 25 °C, 1 Jahr bei –28 °C.

1.12.7 Pathophysiologie

Humane Pankreaslipase (Triacylglycerol Acylhydrolase, EC 3.1.1.3) ist ein monomeres Glykoprotein aus 449 Aminosäuren in zwei Domänen mit einem MG von 47 kD. Typischerweise hydrolysiert sie unlösliche Triglyceridester langkettiger Fettsäuren an der Grenzfläche Wasser-Substrat bei pH 8,8–9,2 nur, wenn das Substrat mit Gallensäuren in mizellaren Komplexen vorliegt. Kolipase (MG 9,9 kD) aktiviert das katalytische Zentrum durch Öffnen eines darüber liegenden Deckels aus 12 Aminosäuren, verankert es an der hydrophoben Grenzfläche und schützt das Enzym gegen eine Inaktivierung durch Gallensäuren.

Lipase wird in den Acinuszellen des Pankreas produziert und zu über 99 % über den apikalen Zellpol in das Gangsystem der Drüse abgegeben. Weniger als 1 % treten am basalen Pol in Lymph- und Blutkapillaren über (exogen-endogene Partition), so dass ein Konzentrationsgradient von 1 : 500 bis 1 : 800 zwischen Serum und Duodenalsekret besteht.

Bei der akuten Pankreatitis liegt eine abnorme Permeabilität des basalen Zellpols mit gesteigertem Übertritt des Enzyms in den Kreislauf vor. Bei der hämorrhagischen Form treten Zellnekrosen hinzu. Wird der normale Abfluss, durch narbige Strikturen bei chronischer Entzündung, Sialolithiasis, Obstruktion durch Papillentumor oder -ödem gestört, kommt es durch den Sekretdruck zu Dehiszenzen der Isthmen mit Abfluss in perikapilläre Räume.

Bei chronischer Pankreatitis ist dieser Prozess mit weiterem Schwund des Parenchyms verbunden, der wegen der geringen endogenen Enzym Fraktion nicht durch einen Abfall der Aktivität im Serum zu erkennen ist. Vielmehr steigt beim Rezidiv, wie bei akuter Entzündung einer chronischen Pankreatitis, mit Schmerz verbunden durch die Abflussstörung des gestauten Organs, die Konzentration im Serum an. Eine funktionelle Insuffizienz ist daher nicht durch Bestimmung im Serum, auch nicht nach Sekretin-Pankreozymin Stimulation, zu erkennen, sondern nur durch Messung der Lipasewirkung intraduodenal.

Lipase steigt mit zunehmendem Alter an. Im Serum der Nabelschnur werden nur 12 % der Konzentration gemessen, die zwischen den Lj. 3–50 vorliegt und dann bis zum 70. Lj. auf 112 % zunimmt /2/. Das Enzym besitzt eine Halbwertzeit von 6,9–13,7 Stunden und wird mit einer Clearance von 6 ml/min glomerulär filtriert, vollständig tubulär reabsorbiert und abgebaut, so dass Lipase im Urin nur bei ausgeprägter Proteinurie nachzuweisen ist.

Literatur

1. Pasqualetti S, Borrillo F, Rovegno L, Panthegini M. Pancreatic lipase: why laboratory community does not take enough care of this clinically important test? Clin Chem Lab Med 2021; 59 (12): 1914–20.

2. Tietz NW, Astles JR, Shuey DF. Lipase activity measured in serum by a continuous-monitoring pH-stat technique – an update. Clin Chem 1989; 35: 1688–93.

3. Ziegenhorn J, Neumann U, Knitsch KW, Zwez W. Determination of serum lipase. Clin Chem 1979: 25: 1067.

4. Imamura S, Misaki H. An enzymatic method using 1,2-diglyceride for pancreatic lipase test in serum. Clin Chem 1989; 35: 1126.

5. Mauck JC, Weaver MS, Stanton C. Development of a Kodak Ektachem clinical chemistry slide for serum lipase. Clin Chem 1984; 30: 1058–9.

6. Bilodeau L, Grotte DA, Preese LM, Apple FS. Glycerol interference in the serum lipase assay falsely indicates pancreas injury. Gastroenterology 1992; 103: 1066–7.

7. Demanet C, Goedhuys W. Haentjens M, Huyghens L, Blaton V, Gorus F. Two automated fully enzymatic assays for lipase activity in serum compared: positive interference from post-heparin lipase activity. Clin Chem 1992; 38: 288–92.

8. Kazmierczak SC, van Lente F. Effect of gastric lipase on turbidimetric and dry-film methods for measuring pancreatic lipase. Clin Chem 1992; 38: 2555–6.

9. Amodeo B, Schindler A, Schacht U, Wahl HG. Calculation of indirect reference intervals of plasma lipase activity of adults from existing laboratory data based on the reference limit estimator integrated in the OPUS: L information system. J Lab Med 2021; 45, 2: 131–4.

10. Fossati P, Ponti M, Paris P, Berti G, Tarenghi G. Kinetic colorimetric assay of lipase in serum. Clin Chem 1992; 38: 211–5.

11. Panteghini M, Pagani F, Bonora R. Clinical and analytical evaluation of a continuous enzymatic method for measuring pancreatic lipase activity. Clin Chem 1993; 39: 304–8.

12. Abicht K, Heiduk M, Körn S, Klein G. Lipase, p-amylase, CRP-hs, and creatinine: Reference intervals from infancy to childhood. Abstract European Congress of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine. Barcelona 2003.

13. Tietz NW, Shuey DF. Lipase in serum–an elusive enzyme: an overview. Clin Chem 1993; 39: 746–56.

14. Soldin SJ, Brugnara C, Wong EC. Pediatric reference ranges. Washington DC; AACC Press 2003: 135.

15. Weiß T, Lorentz K. Vergleichende Lipasebestimmung mit turbidimetrischer Technik und Enzymimmunoassay. Lab Med 1984; 8: 63–7.

16. Katz S, Bank S, Greenberg RE, Lendvai S, Lesser M, Napolitano B. Hyperamylasemia in inflammatory bowel disease. J Clin Gastroenterol 1988; 10: 627–30.

17. Bokemeyer B. Asymptomatic elevation of serum lipase and amylase in conjunction with Crohn’s disease and ulcerative colitis. Z Gastroenterol 2002; 40: 5–10.

18. Møller-Petersen J, Andersen PT, Hjorne N, Ditzel J. Hyperamylasemia, specific pancreatic enzymes, and hypoxanthine during recovery from diabetic ketoacidosis. Clin Chem 1985; 31: 2001–4.

19. Müller-Hansen J, Müller-Plathe O, Pröpper H. Untersuchungen zur diagnostischen Sensitivität von Lipase- und Amylase-Bestimmungen. Einfluss der ERCP auf die Aktivität von Serum-Lipase und Amylase. Ärztl Lab 1986; 32: 17–23.

1.13 Saure Phosphatase (SP)

Lothar Thomas

1.13.1 Indikation

  • Verdacht auf Knochentumoren bzw. Knochenmetastasen.
  • Morbus Gaucher.

1.13.2 Bestimmungsmethode

Prinzip: Die SP setzt im pH-Bereich 4,5–6,0 Substrate wie α-Naphthylphosphat oder p-Nitrophenylphosphat unter Abspaltung von anorganischem Phosphat um. Gemessen wird entweder freigesetztes α-Naphthol nach Kupplung mit farbigem Azoreagenz, z.B. Fast-Red TR-Salz oder das freigesetzte Nitrophenol nach Alkalisierung des Ansatzes /1/.

1.13.3 Untersuchungsmaterial

Serum, Plasma (kein Heparin und Oxalat): 1 ml

1.13.4 Referenzbereich

Siehe Tab. 1.13-1 – Referenzbereich der sauren Phosphatase

1.13.5 Bewertung

Unter dem Begriff saure Phosphatase werden alle Phosphatasen zusammen gefasst, die ihre maximale enzymatische Aktivität bei einem pH unter 7,0 haben. Die im Serum messbare SP (EC 3.1.3.2) ist deshalb ein Gemisch vieler Enzyme, die vorwiegend aus Thrombozyten, Erythrozyten, Knochen, Zellen des retikulo-endothelialen Systems und der Prostata stammen. Durch Tartrat hemmbar sind besonders die Aktivitäten aus der Prostata und den Thrombozyten. Erhöhte Werte der SP können Indikatoren des Prostatakarzinoms, von Erkrankungen des Skelett­s und des retikulo-endothelialen Systems sein.

Siehe Tab. 1.13-2 – Erkrankungen, die mit einer Erhöhung der SP im Serum einhergehen können.

Literatur

1. Hillmann G. Fortlaufende photometrische Messung der sauren Prostataphosphataseaktivität. Z Klin Chem Klin Biochem 1971; 9: 273–4.

2. Andersch MA, Srzcypinski AJ. Use of p-nitrophenyl­phosphate as the substrate in the determination of serum acid phosphatase. J Clin Pathol 1947; 17: 571–4.

3. Kraus E, Sitzmann FC. Die saure Phosphatase im Serum bei Kindern. Pädiatr Prax 1973; 12: 321–6.

4. Seiler D, Nagel D, Tritschler W, Looser S. Saure Phosphatase im Serum (Substrat: α-Naphthylphosphat): Referenzwerte und diagnostische Aussage. J Clin Chem Clin Biochem 1983; 21: 519–25.

5. Pearson JC, Dombrovskis S, Dreyer J, et al. Radioimmunoassay of serum prostatic acid phosphatase after prostatic massage. Urology 1983; 21: 37–40.

6. Van Lente F. Alkaline and acid phosphatase determinations in bone disease. Orthoped Clin North Am 1979; 10: 437–50.

7. Mercer DW, Peters SP, Glew RH, Lee RE, Wenger DM. Acid phosphatase iso­enzyme in Gaucher’s disease. Clin Chem 1977; 23: 631–5.

Tabelle 1.1-1 Halbwertszeiten von Serumenzymen

Enzym

Halbwertszeit

AP

3–7

Tage

α-Amylase

9–18

Stunden

ALT (GPT)

50

Stunden

AST (GOT)

12–14

Stunden

CHE

10

Tage

CK

12

Stunden

CK-MM

20

Stunden

CK-MB

10

Stunden

CK-BB

3

Stunden

GLDH

14–18

Stunden

GGT

3–4

Tage

LDH-1

4–5

Tage

LDH-5

10

Stunden

Lipase

7–14

Stunden

GGT, Gamma-Glutamyl-Transferase

Tabelle 1.1-2 Makroenzyme: Charakterisierung, klinische Bedeutung und Labordiagnostik /6, 10/

Alkalische Phosphatase (AP) /9/: Die Makro-AP kann als Immunglobulin-gebundenes oder an andere Moleküle gebundenes Makroenzym im Serum nachweisbar sein.

Immunglobulin-gebundene Form: Sie ist mit einer der drei Immunglobulin-Klassen, meist aber mit IgG komplexiert. Die Autoantikörper reagieren nur mit spezifischen Isoenzymen, entweder mit antigenen Determinanten der Plazenta-Dünndarm-Gruppe oder der Leber-Knochen-Gruppe. Die Autoantikörper können mit zwei Isoenzymen der gleichen antigenen Gruppe reagieren, nicht aber mit zwei Isoenzymen unterschiedlicher antigener Gruppen. Meist enthalten die Komplexe Leber-, Knochen- oder Dünndarm-AP. Elektrophoretisch wandert die Makro-AP sehr langsam und kann in der Immunelektrophorese unter Anwendung von Anti-Humanserum nachgewiesen werden. Der Nachweis von Immunglobulin-gebundener Makro-AP hat keine klinische Bedeutung.

An andere Moleküle gebundene Makro-AP: Sie wird auch als „particulate AP“ bezeichnet. Das Molekulargewicht beträgt etwa 1 Million und die AP ist an Membran-Fragmente oder Lipoprotein X gebunden. Diese Makro-AP wird häufig bei Lebererkrankungen nachgewiesen.

α-Amylase /11/: Die Makroamylase ist eines der am häufigsten nachgewiesenen Makroenzyme. Die Inzidenz beträgt 0,98 % bei Patienten mit normaler α-Amylaseaktivität und 2,56 % bei denjenigen mit erhöhter. Die α-Amylase ist als Immunglobulin-gebundenes oder an andere Moleküle gebundenes Makroenzym im Serum nachweisbar.

Immunglobulin-gebundene Form: Sie ist mit IgG oder IgA komplexiert, die pankreatische als auch die Speicheldrüsenamylase können betroffen sein. Während die normale α-Amylase ein Molekulargewicht von 55 kD hat, beträgt das der Makroamylase etwa 210 kD, wodurch diese nicht glomerulär filtriert wird, was ein Grund für die Akkumulation im Plasma ist. In der Agarosegel-Elektrophorese stellt sich die Immunglobulin-gebundene Form meist als verschmierte Fraktion dar, die die kathodisch der Pankreasamylase positionierte Speicheldrüsen-Amylase überlagert. Besser ist der Nachweis mittels Gelfiltration unter Anwendung von Biogel 100. Im normalen Enzymnachweis kann Makroamylase nicht von normaler α-Amylase unterschieden werden. Der Nachweis von Immunglobulin-gebundener Makroamylase ist klinisch bedeutungslos.

An andere Moleküle gebundene Makroamylase: Sie ist iatrogen bedingt, beruhend auf der Infusion von hochmolekularen Glykoproteinen wie Hydroxyäthylstärke (HAES), die einen hochmolekularen Komplex mit der α-Amylase bildet. Diese Form der Makroamylasämie ist transienter Natur und dauert nach der Infusion von HAES 3–5 Tage, da die α-Amylase erst nach dem Abbau der HAES glomerulär filtriert wird.

Hinweise auf Makroamylasämie: Erhöhte Serum-Amylase bei unauffälliger Lipase. Eine Makroamylasämie ist wahrscheinlich, wenn die Lipase im Serum im Referenzbereich ist. Ein Quotient der Clearance α-Amylase/Creatinin im Urin unter 1 % ist ebenfalls hinweisend.

Aminotransferasen (AST, ALT) /12, 13/: Makrokomplexe aus AST und Immunglobulin, insbesondere IgG, sind weitaus häufiger als Immunkomplexe aus ALT und IgG. Insgesamt sind aber Makroenzyme der Aminotransferasen seltener als Makroamylase und Makro-CK. Die Makroformen der Aminotransferasen sind bei Kindern und Jugendlichen seltener als bei Erwachsenen. Die AST kommt in zwei Formen vor, der zytosolischen (cAST) und der mitochondrialen AST (mAST). Die cAST liegt häufiger Komplex-gebunden vor als die mAST. Beschrieben sind auch Patienten mit cAST gebunden an IgG und mAST gebunden an IgA. AST IgA-Komplexe sind bei Patienten mit Lebererkrankung beschrieben. In einer Studie /14/ an Patienten mit AST IgA-Komplexen wurden diese nachgewiesen zu 41,8 % bei Vorliegen einer chronischen Hepatitis, zu 62,2 % bei Leberzirrhose, zu 90 % bei hepatozellulärem Karzinom und zu 66,7 % bei alkoholischer Lebererkrankung.

Labordiagnostik: Der Nachweis von Makro-AST und Makro-ALT kann durch Differentialfällung mit Polyäthylenglykol, elektrophoretisch, mittels Gelfiltration oder der Entfernung von Immunglobulin aus dem Serum mit Protein A oder Protein G erfolgen. In einer Studie /15/ an 44 klinisch unauffälligen Kindern hatten 17 eine Makro-AST und AST-Aktivitäten von 50–1.150 U/l. Der Nachweis erfolgte durch Fällung mit 24 % Polyäthylenglykol 6000 und Bestimmung der AST im Überstand. Der Prozentanteil AST im Präzipitat wurde ermittelt. Bei einer Prozentanteil größer als 75 %, betrug die diagnostische Sensitivität für Makro-AST 82,4 % bei einer diagnostischen Spezifität von 88,9 %.

Creatinkinase (CK) /16/: Die Makro-CK kommt im Serum in zwei Formen vor, Immunglobulin-assoziiert (Typ 1)und in anderen Formen, z.B. oligomer (Typ 2). Die Prävalenz beträgt 0,3 bis 1 %.

Makro-CK Typ 1: Sie besteht aus einem Komplex aus einem Immunglobulin (gewöhnlich IgG oder IgA), das an zwei Moleküle der CK gebunden ist. Bei diesen handelt es sich gewöhnlich um das CK-BB-Isoenzym. Die Persistenz beträgt Monate bis Jahre. Die Makro-CK Typ 1 verursacht häufig eine Erhöhung der CK-Gesamtaktivität und wird bei verschiedenen Erkrankungen, aber auch bei scheinbar Gesunden nachgewiesen. Meist wird die Makro-CK Typ 1 bei Personen über 50 Jahre gefunden, bei Frauen häufiger als bei Männern. Gehäuft liegen Autoimmunerkrankungen, kardiovaskuläre Beschwerden und lebensbedrohende Zustände vor. Bei enzymatischer Bestimmung der CK-MB-Aktivität im Immuninhibitions-Test werden nicht erklärbare disproportionale Erhöhungen gemessen, denn im Falle von Makro-CK, die ja keine CKM-Untereinheit enthält, kann eine Immuninhibition nicht stattfinden. Nach Multiplikation mit zwei erhält man deshalb ein Ergebnis, bei dem die CKMB Aktivität höher erscheint als die der Gesamt-CK. Der Nachweis der Makro-CK Typ 1 erfolgt im Immuninhibitions-Test, gelchromatographisch oder anhand des Prozentsatzes der mit Polyethylenglycol präzipitierbaren Aktivität, oberer Referenzwert 45 % /17/.

Makro-CK Typ 2: Es handelt sich um ein Polymer der mitochondrialen CK. Sie wird in bis zu 3,7 % der hospitalisierten Patienten gefunden. Die mitochondriale CK hat strukturell keine Verwandtschaft mit der M- und B-Untereinheit der CK und wird von einem separaten Gen kodiert. Das Molekulargewicht der Makro-CK Typ 2 beträgt über 300 kD. Sie entstammt der Leber und wird beim Zelltod und bei kritisch Kranken freigesetzt. In diesen Fällen kann sie auch im Serum erhöht sein. Die Gesamt-CK ist in der Regel normal oder nur leicht erhöht.

Labordiagnostik /17/: In einer Studie waren von 255 Anforderungen auf Makro-CK 30 positiv (28 Typ 1 und 2 Typ 2). Die CK-Erhöhungen betrugen im Median bei Frauen 731 (249–1238) U/l und bei Männern 356 (241–462) U/l. Mehr als 80 % derjenigen mit Makro-CK Typ 1 waren Frauen.

Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT) /18, 19/: Die GGT kommt im Serum in drei molekularen Formen mit Molekulargewichten von jeweils > 1 Mio. kD, 250 bis 500 kD und 120 kD vor. Letztere ist die freie hydrophile Form des Enzyms, die nach Abspaltung der hydrophoben Komponente durch Proteasen entsteht. Die hochmolekulare GGT besteht aus einem Komplex von Lipoprotein X und der GGT, die mittelmolekulare aus einem HDL-GGT-Komplex. Auch kann die GGT mit den Lipoproteinen A und B und Immunglobulin (IgA) komplexieren. Die GGT ist bei den meisten Lebererkrankungen erhöht. Der Anteil der hochmolekularen GGT ist höher bei obstruktiven Leberschäden als den nicht obstruktiven und höher bei der extrahepatischen als der intrahepatischen Obstruktion. So kann mit einer diagnostischen Sensitivität von 88 % bei einer Spezifität von 96 % durch Messung der intermediären GGT die intra- von der extrahepatischen Obstruktion abgegrenzt werden /18/. Die Bestimmung der molekularen Formen der GGT kann mit der Polyacrylamid-Gradienten-Gelelektrophorese erfolgen.

Lactat-Dehydrogenase (LDH): Nach den Makroformen von α-Amylase und CK ist die Makro-LDH das dritthäufigste Makroenzym. Bei Präsenz verursacht sie in 89 % der Fälle eine Erhöhung der LDH /20/. Unterschieden werden drei Makroformen: Selbstassoziation eines LDH-Isoenzyms, Assoziation mit β-Lipoprotein und Assoziation mit einem Immunglobulin. Die letztere Form ist die Häufigste. Die Autoantikörper reagieren (a) mit der M-, seltener der H-Untereinheit und binden entweder LDH 2–5 oder LDH 1–4, (b) reagieren mit der H- oder M- Untereinheit und binden LDH 1–5 oder sie reagieren nur mit dem Isoenzym das sowohl H- als auch M- Untereinheiten enthält. Zur Gruppe gehören IgA-Kappa-Antikörper, die bevorzugt mit der LDH-3 und weniger mit LDH-2 und LDH-4 reagieren. In diesen Fällen ist die Immunreaktion gegen die LDH monoklonaler Natur, weshalb diese Form der Makro-LDH vermehrt bei lymphoproliferativen Erkrankungen vorkommt /21/. Die Makro-LDH tritt vermehrt bei entzündlichen abdominalen Erkrankungen, Medikamenten-induzierten hämolytischen Anämien und Autoimmunerkrankungen auf. Der Nachweis von Makro-LDH wird durch Gelfiltration an Sephadex G-200 geführt.

Lipase /22, 23/: Die Makrolipasämie ist selten und beruht auf der Bindung von Lipase an IgG- oder IgA-Autoantikörper. Das MG beträgt etwa 200 kD. Längerzeitig persistierende Makrolipase wird beim Non-Hodgkin-Lymphom, Leberzirrhose, inflammatorischer Abdominalerkrankung und auch in Verbindung mit einer Makroamylasämie nachgewiesen, ohne dass eine akute oder chronisch aktive Pankreatitis vorliegt. Die Makrolipasämie führt nur in einem Teil der Fälle zur Erhöhung der Lipaseaktivität im Serum. Der Nachweis erfolgt durch Fällung mit Polyethylenglykol oder mittels Gelfiltration.

Tabelle 1.1-3 Antikörper mit regulatorischer Wirkung auf die Aktivität Gewebe-ständiger Enzyme /8/

Enzym/Inhibitor

Lokalisation

Krankheitsassoziation

Pyruvatdecarboxylase

Mikrosomen

Primär biliäre Zirrhose

Schilddrüsenperoxidase

Mikrosomen

Autoimmune Schilddrüsenerkrankung

21-Hydroxylase

Mikrosomen

Morbus Addison

Acetylcholinesterase

Plasmamembran

Myasthenia gravis

H+-K+-ATPase

Plasmamembran

Autoimmungastritis

Glutamatdecarboxylase (GAD 65)

Zytosol

Insulin-abhängiger Diabetes

Glutamatdecarboxylase (GAD 67)

Zytosol

Stiff-person syndrome, polyendokrine Syndrome, Typ II mit Insulin-abhängigem Diabetes

Carboanhydrase II

Zytosol

Autoimmune Cholangitis, Endometriose

Triosephosphatisomerase

Zytosol

Hämolyse bei Epstein-Barr-Virus-Infektion oder Hepatitis A-Infektion

Mangan-Superoxiddismutase

Zytosol

Epstein-Barr-Virus-Infektion

Prostata-spezifisches Antigen

Zytosol

Benigne Prostatahyperplasie

Tissue plasminogen activator

Zytosol, Blut

Systemischer Lupus erythematodes

DNA-Helicase II (Ku-Antigen)

Zellkern

Sklerodermie, systemischer Lupus erythematodes

Topoisomerase (Scl 70)

Zellkern

Sklerodemie

Histidyl-tRNA Synthase (Jo-1)

Zellkern

Polymyositis, Dermatomyositis

Alanyl-tRNA Synthase (PL-12)

Zellkern

Polymyositis

Threonyl-tRNA Synthase (PL-7)

Zellkern

Polymyositis

RNA-Polymerase I/II

Zellkern

Sklerodemie

Plasminogenaktivator-Inhibitor

Blut

Systemischer Lupus erythematodes

Calpastin

Blut

Rheumatoide Arthritis

Tabelle 1.1-4 Leitenzyme wichtiger Organe

Leitenzym

Organ

Indikation

α-Amylase

Pankreas, Speicheldrüsen

Akute Pankreatitis

ALT (GPT)

Leber

Parenchymschaden

AST (GOT)

Leber, Muskel

Herzinfarkt, Parenchymerkrankung der Leber, Skelettmuskelerkrankung

AP

Leber, Knochen, Darm, Niere

Skelettschaden, hepatobiliäre Erkrankung

CK

Skelettmuskel, Herz, glatter Muskel

Herzinfarkt, Muskelerkrankung

Cholinesterase

Leber

Vergiftung mit Organophosphaten, Leberschaden

GLDH

Leber

Schwerer Leberparenchymschaden

GGT

Leber

Cholestatische Erkrankung, Alkoholismus

LDH

Leber, Herz, Skelettmuskel, Erythrozyten, Thrombozyten, Lymphknoten

Leberparenchymschaden, Herzinfarkt, Hämolyse, ineffektive Erythropoese, Lymphome

Lipase

Pankreas

Akute Pankreatitis

Tabelle 1.1-5 Abgrenzung einer Lebererkrankung von anderen Gewebeschäden

Quotient*

Hinweis

CK/AST

< 10

Herzmuskel

> 10

Skelettmuskel

LDH/AST

> 12

Erythrozyten

* Gilt für Enzymmessung bei 37 °C

Tabelle 1.1-6 Enzymmuster bei akuter schwerer Organschädigung mit Zellnekrose

Gewebe

Enzymaktivität im Serum/Plasma

Leberparenchym

LDH > AST > ALT

Herzmuskel

CK > LDH > AST >> ALT

Skelettmuskel

CK >> LDH > AST >> ALT

Erythrozyten

LDH >> AST > ALT

Zeichenerklärung: > höher als nachfolgend, >> sehr viel höher als nachfolgend.

Tabelle 1.1-7 Enzymmuster* bei akutem Schmerz im Thorax oder Abdomen /8/

Vermutungsdiagnose

Enzymmuster

Herzinfarkt

Mäßiger Aminotransferasen-Anstieg: CK > AST > ALT >> α-Amylase >> GLDH

Akute Rechtsherz-Insuffizienz

Hoher Aminotransferasen-Anstieg: AST ~ ALT ~ GLDH >> CK >> (α-Amylase)

Lungenembolie

Kein oder leichter Aminotransferasen-Anstieg: ALT > AST > GLDH > CK > (α-Amylase)

Pleuritis

Meist kein Enzymanstieg

Gefäßverschluss im Abdomen

Mittlerer bis hoher Aminotransferasen-Anstieg: AST ~ ALT > α-Amylase > GLDH > CK

Akute Pankreatitis

Leichter Aminotransferasen-Anstieg: Lipase > α-Amylase >> ALT > AST ~ GLDH >> CK

Gallenkolik

Mäßiger Aminotransferasen-Anstieg: ALT > AST > GLDH > α-Amylase >> CK

Nierenkolik

Meist kein Enzymanstieg

Schock

Mäßiger bis hoher Aminotransferasen-Anstieg: CK >> AST > ALT > GLDH > α-Amylase

* Zweckmäßig ist die Bestimmung des Enzymmusters CK, α-Amylase oder Lipase, ALT (GPT), AST (GOT).

Transaminasen-Anstieg: Leicht = bis etwa 3 fach, mäßig 4–10 fach, mittel 11–20fach, stark über 20 fach höher als der obere Referenzbereichswert.

Zeichenerklärung: ~ Anstieg um etwa den gleichen Faktor, > stärkerer Anstieg als das nachfolgend genannte Enzym, >> sehr viel stärkerer Anstieg als das nachfolgend genannte Enzym.

Tabelle 1.1-8 Enzymmuster bei Lebererkrankungen /24/

Vermutungsdiagnose

Enzymmuster

Akute Virushepatitis

Starker Aminotransferasen-Anstieg: ALT > AST ~ LDH >> GGT ~ AP; AST/ALT ≤ 1,0

Akute Lebernekrose (CCl4-Vergiftung, Zirkulationsstörung)

Starker Aminotransferasen-Anstieg: LDH > AST > ALT ~ GLDH; AST/ALT > 2,0

Alkohol-toxische Hepatitis

Mäßig bis mittlerer Aminotransferasen-Anstieg: GGT > AST > ALT > AP; AST/ALT > 1,0

Gallenwegverschluss

Mittlerer Aminotransferasen-Anstieg: AST > ALT ~ LDH ~ GGT > AP; AST/ALT > 1,0

Leberzirrhose

Leichter Aminotransferasen-Anstieg: AST > ALT ~ GGT (posthepatitische Zirrhose);
GGT >> AST (Alkohol-toxische Zirrhose, biliäre Zirrhose); AST/ALT > 2,0

Metastasenleber

Leicht bis mäßiger Aminotransferasen-Anstieg: AP ~ GGT > AST > ALT; AST/ALT > 2,0

COVID-19 Infektion

Bei SARS-COVID-19, der schweren Erkrankung oder bei Patienten, die nicht überlebten, waren bei Klinikaufnahme neben den Leberenzymen (ALT, AST, LDH) auch CK, Creatinin, CRP, Ferritin und die neutrophilen Granulozyten erhöht, aber die Zahl der Lymphozyten und Thrombozyten vermindert. Bei Patienten die überlebten oder eine leichte COVID-19 Infektion hatten waren die Leber­enzyme nicht erhöht, aber das CRP /46/.

Tabelle 1.1-9 Median der Maximalwerte kritisch Kranker ohne primäre Lebererkrankung, aber mit Bilirubinwerten > 3 mg/dl (51 μmol/l) /25/

Enzym

CHE

LDH

ALT

AP

GGT

U/l*

1.500

1.300

130

200

200

* Werte für 37 °C

Tabelle 1.1-10 Häufigkeit erhöhter Enzymwerte nach Abdominaloperation /27/

Enzym

Häufigkeit (%)

CK

76

AST

50

LDH

44

LDH-1

28

CK-MB

26

Tabelle 1.1-11 Enzyme bei malignen Erkrankungen /29/

Enzym

Beurteilung

Alkalische Phosphatase (AP)

Die Erhöhung der AP wird bei malignen Tumoren diagnostiziert, bei denen die Leber oder der Knochen in das Geschehen mit einbezogen werden.

Knochenbeteiligung: AP-Werte bis zum 6 fachen des oberen Referenzbereichswerts werden im Mittel gemessen beim osteogenen Sarkom, dem parathyreoiden Karzinom und dem metastasierten Prostatakarzinom, beim multiplen Myelom nur bis zum 2 fachen. Nur ein Drittel der Mammakarzinom-Patientinnen mit Metastasen hat eine Erhöhung der AP, gewöhnlich bis zum 2 fachen. Die stärksten Erhöhungen werden bei osteoblastischen Metastasen gefunden, geringe nur bei osteolytischen Herden wie dem multiplen Myelom.

Leberbeteiligung: Bei infiltrativen Prozessen der Leber wie beim M. Hodgkin, Leukämie, Retikulumzellsarkom oder multiplen Lebermetastasen ist die Höhe der AP-Aktivität vom Ausmaß des Befalls abhängig.

Tumorphosphatase: Die als Regan-Isoenzym bezeichnete Phosphatase tritt bei etwa 3 % der Tumorpatienten auf, insbesondere denjenigen mit Bronchialkarzinom und Karzinomen von Ovar und Hoden. Aber nur knapp die Hälfte der Patienten mit Regan-AP hat eine Erhöhung der Gesamt-AP. Siehe auch weiterführend den Beitrag alkalische Phosphatase und Tab. 1.3-5 – AP als Marker bei malignen Tumoren und Knochenmetastasen.

α-Amylase

Die Prävalenz der α-Amylase Erhöhung beim Pankreaskarzinom wird mit bis zu 40 % angegeben. Die Erhöhung der α-Amylase wird zwar häufig bei Tumorpatienten gefunden, sie ist aber dann nicht Pankreas-bezogen, sondern resultiert z.B. aus einem perforierten Ulkus, einer intestinalen Obstruktion oder einer verminderten Clearance bei Niereninsuffizienz.

Aminotransferasen

Die Aminotransferasen sind unspezifische Marker maligner Tumoren. Patienten über 65 J. mit RNA Hepatitis C-Virus haben eine höhere Prävalenz des primären Leberzellkarzinoms als diejenigen mit normalen Aminotransferasen /30/.

γ-Glutamyl-Transferase (GGT)

Erhöhungen der GGT werden bei Patienten mit Lebermetastasen gemessen und liegen im Mittel unter dem 6 fachen des oberen Referenzbereichswerts. Die GGT ist beim hepatozellulären Karzinom selten erhöht, aber häufiger beim cholangionären Karzinom.

Lactat-Dehydrogenase (LDH)

Die LDH kann als ubiquitäres Enzym, abhängig von der Größe des Tumors und dem Ausmaß der Metastasierung erhöht sein. Sie ist ein guter Marker in der Verlaufs- und Therapiebeurteilung von malignen Lymphomen. Siehe Tab. 1.11-3 – Differentialdiagnostische Aussage elektrophoretischer LDH-Muster.

Tabelle 1.1-12 Einflussgrößen und Störfaktoren auf Enzyme im Serum /31/

AP

Amylase

CHE

CK

GLDH

AST

ALT

GGT

LAP

LDH

Lipase

SP

Alkohol

(+)

(+)

+

+

+

+

++

(+)

Diät

(+)

+

(+)

(+)

(+)

+

(+)

(+)

(+)

Entfettung der Probe

+

(+)

+

+

++

++

Hämolyse

(+)

(+)

+

++

+

Medikamente

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

Metabolite

+

+

+

+

Muskelarbeit

(+)

++

(++)

+

+

Physiologische Schwankungen

+

+

+

+

Schwangerschaft, Geburt

+

(+)

+

(+)

+

(+)

++ Diagnostisch bedeutsame Störung erwiesen, + Einfluss bzw. Störung nachgewiesen, (+) Einfluss bzw. Störung nicht regelmäßig oder indirekt nachgewiesen, z.B. Entfettung lipämischer Seren, – Störung bzw. Einfluss nicht nachgewiesen.

Tabelle 1.1-13 Pharmaka als Einflussgröße auf Enzymaktivitäten /39, 40, 41/

Enzym

Arzneimittelwirkung

AP

Erhöhend: Allopurinol, Amsacrin, Cotrimoxazol, Cyclophosphamid, Disopyramid, Erythromycin, Goldsalze, Isoniazid, Ketoconazol, Mercaptopurin, Methotrexat, Methoxyfluran, α-Methyldopa, Methyltestosteron, Oxacillin, Oxyphenisatin, Papaverin, Penicillamin, Perhexilin, Phenobarbital, Phenylbutazon, Phenytoin, Primidon, Propylthiouracil, Ranitidin, Trimethoprim/Sulfamethoxazol, Sulfasalazin, Valproinsäure

Vermindernd: Clofibrat, orale Kontrazeptiva

ALT, AST

Erhöhend: Acetaminophen, Amiodaron, Carbamazepin, Disopyramid, Heparin, Oxacillin, Oxyphenacetin, Papaverin, Paracetamol, Penicillamin, Perhexilin, Phenylbutazon, Phenytoin, Ranitidin, Rifampicin, Salicylsäure, Statine, Streptokinase, Trimethoprim/Sulfamethoxazol, Valproinsäure

CK

Erhöhend: Amoxapin, Carbenoxolon, Clofibrat, Digoxin, Halofenat, Lidocain, Phenothiazin, Suc- chinylcholin, Statine, Suxamethonium, Theophyllin

GGT

Erhöhend: Carbamazepin, Erythromycin, Heparin, orale Kontrazeptiva (nicht die Mikropille), Oxacillin, Phenytoin

Vermindernd: Clofibrat

LDH

Erhöhend: Acetaminophen, anabole Steroide, Aspirin/Salicylate, Chlorpromazin, Erythromycin, Goldsalze, Heparin, Ketokonazol, Naproxen, Paracetamol, Penicillamin, Phenytoin, Propylthiouracil, Ranitidin, Valproinsäure

Tabelle 1.2-1 Bewertung des diagnostischen Vermögens von Scores bei akutem Nierenversagen und akutem Leberversagen

Risk, Injury, Failure, Loss, and endstage (rifle): Der RIFLE score ist ein vielgestaltiges System der Klassifikation renaler Dysfunktion und es wird vermutet, dass er das gesamte Spektrum der akuten renalen Fehlfunktion inklusive der akuten Nierenschädigung abdecken kann. Die RIFLE-Klassifikation basiert auf der Bestimmung von Creatinin im Serum (SCr) und dem Urinvolumen (urinary output; UO). RIFLE enthält drei Klassen an Schweregraden (Risiko, Schädigung, Versagen) der akuten kidney injury (AKI) gemäß des Verhaltens von SCr und UO (Urinausscheidung). Zu AKI siehe auch Kapitel 12. Der Patient wird klassifiziert anhand der Werte von SCr und UO, die bis zur schlechtesten Klassifizierung führen (maximum RIFLE), z.B. wenn der Patient auf Grund der Befunde von UO in die schwere Risikoklasse gehört, anhand von SCr aber variabel ist. In einem solchen Fall soll die schwerste Klasse der AKI angenommen werden. Laborbefunde für injury sind: SCr erhöht um den Faktor 1,2 und UO < 0,5 ml/kg über 6 h. Laborbefunde für risk sind: SCr erhöht um den Faktor 3 und UO < 0,5 ml/kg über 12 h. Laborbefunde für failure sind: Anstieg von SCr > 20 mg/dL (44,2 μmol/)l und UO < 0,3 ml/kg über 24 h oder Anurie über 12 h. Für weitere Information siehe Lit. /5657/.

Sequential ORgan Failure Assessment (SOFA) ist ein Score zur Bestimmung des Status eines Patienten während seines Aufenthaltes auf der Intensivstation. Laboruntersuchungen des Scores bei AKI sind Blutdruck, Glasgow coma scale, Sauerstoffpartialdruck (PO2) Anteil der Fraktion von O2 (FIO2). Thrombozytenzahl, Bilirubin und Creatinin im Serum und das Urinvolumen. Für weitere Information siehe Lit. /58/.

Aspartate aminotransferase-to-platelet ratio index (APRI) /10/: Der APRI dient als Screening-Index einer fortgeschrittenen Fibrose und Zirrhose der Leber (Ishak Score ≥ 3) durch Kombination der Werte von AST (U/l) und Thrombozytenzahl (nl). Gebildet wird die Ratio AST zum oberen Referenzbereichswert und dann der Quotient aus Ratio und Thrombozytenzahl.

APRI = AST-Ratio × 100/Thrombozytenzahl (nl).

Fibrose: Bestätigt APRI über 1,50; Ausschluss APRI ≤ 0,50. Bei einem APRI über 1,50 hatten 88 % der Patienten eine Fibrose und bei einem APRI ≤ 0,50 hatten 85 % keine.

Zirrhose: Bestätigt APRI über 2,00, Ausschluss ≤ 1,00. Bei einem APRI über 2,00 hatten 57 % der Patienten eine Zirrhose und bei einem APRI ≤ 1,00 hatten 93 % keine.

BARD Score /11/: Dieser Score wird angewendet, um eine fortgeschrittene Fibrose bei nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung (NAFLD) festzustellen. Folgende drei Variable werden addiert: Body mass index (BMI) ≥ 28 kg/m2 = 1 Punkt, AST/ALT-Ratio ≥ 0,80 = 2 Punkte, Diabetes mellitus = 1 Punkt.

Ein Score von 2–4 ist mit einer Odds-Ratio von 17 (Vertrauensbereich 9,2–31,9) mit einer fortgeschrittenen Fibrose assoziiert. Zur Diagnostik einer Stadium 3–4 Fibrose betrug der positive prädiktive Wert 43 % und der Negative 96 %.

NAFLD fibrosis Score /12/: Der Score wird angewendet, um eine fortgeschrittene Fibrose bei NAFLD festzustellen. Er ist eine Summation folgender sechs Variablen: Alter (Jahre); BMI (kg/m2); Präsenz von Diabetes mellitus oder Impaired fasting glucose (IFG), ja = 1, nein = 0; AST/ALT-Ratio, Thrombozytenzahl (nl) und Serumalbumin (g/dl). Die Gleichung für den Fibrosescore ist:

Score = –1,675 + 0,037 × Alter + 0,094 × BMI + 1,13 × Diabetes/IFG + 0,99 × AST/ALT – 0,013 × Thrombozytenzahl – 0,66 × Albumin

Ein Wert kleiner –1,455 ist nicht mit fortgeschrittener Fibrose (Klassifikation nach Lit. /10/) assoziiert (negativer prädiktiver Wert 93 %), ein Wert > 0,676 mit der Präsenz (positiver prädiktiver Wert 90 %).

Enhanced Liver Fibrosis (ELF) score /13/: Der ELF-score ist ein Fibrose-spezifischer Algorithmus, der sich aus drei Parametern des hepatischen Matrixmetabolismus zusammensetzt. Es handelt sich um die im Serum messbaren Potein Tissue inhibitor of Metalloproteinases-1 (TIMP-1), Hyaluronsäure (HA) und N-terminales peptid des Prokollagen Typ III (PIIINP) /14/. Die Blutentnahme sollte morgens nüchtern erfolgen. Alle drei Proteine sind mit Immunoassays an einem kommerziell verfügbaren Immunoassay-Analysator messbar. Der ELF-score wird direkt vom Analysensystem berechnet nach der Gleichung:

ELF-score = 2,494 + 0,846 ln(CHA) + 0,735 ln(CPIIINP) + 0,391 ln(CTIMP-1)

Ein Grenzwert von ≥ 7,7 weist auf einen fibrotischen Gewebeumbau mit einer diagnostischen Sensitivität von 93 % bei einer Spezifität von 33 % hin. Bei einem Grenzwert ≥ 9,8 erfolgt mit einer Sensitivität von 41 % bei einer Spezifität von 98 % der Nachweis eines leichten bis mittleren fibrotischen Umbaus. Für den bereits zirrhotischen Umbau beträgt die diagnostische Sensitivität 97 %. Auch gelingt es zwischen fibrotischen und zirrhotischen Stadien der Lebererkrankung zu unterscheiden. Bei einem Grenzwert von ≥ 11,3 können bei einer diagnostischen Spezifität von 97 % zu 83 % die Zirrhosen von den fibrotischen Stadien differenziert werden. Eine valide Diagnosesicherung ist nur bei Werten < 7,7 und > 11,3 zu erwarten. In der Regel ist bei solchen Werten keine Indikation zur Leberbiopsie gegeben, da bei < 7,7 eine Erkrankung wahrscheinlich nicht gegeben ist und bei > 11,3 eine Zirrhose mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegt. ELF-score Werte zwischen 9,8 und 11,3 können nicht eindeutig einem bestimmten Fibrosestadium zugeordnet werden. Eine Zirrhose ist sicherlich unwahrscheinlich, aber aktive Entzündungen der Leber können Werte in diesem Bereich verursachen. Die klinische Interpretation des ELF-Scores kann durch Einflussgrößen, insbesondere Alter, Geschlecht und Inflammation der Leber erschwert werden. Der ELF-Score nimmt mit dem Alter zu, Frauen haben niedrigere Werte als Männer. Werte < 7,7 haben vorwiegend junge Frauen, solche Werte sind aber selten bei Personen > 60 J.

Forns Score /15/: Der Forns Score wurde als Predictor einer Fibrose bei Patienten mit Hepatitis C evaluiert und ist das Ergebnis einer logistischen Regressionsanalyse, die folgende Parameter vereint: Alter (Jahre), GGT (U/l), Cholesterin (mg/dl) und Thrombozytenzahl (nl). Berechnet wird der Score nach der Formel:

Score = 7,811 – [3,131 LN Thrombozytenzahl] + [0,781 LN GGT] + [3,467 LN Alter] – [0,014 Cholesterin]. LN = Logarithmus naturalis.

Bei einem Score von unter 4,2 kann eine signifikante Fibrose (Scheuer Klassifikation 2, 3, 4) mit einem negativen prädiktiven Wert von 96 % ausgeschlossen werden.

Göteborg University Cirrhosis Index (GUCI) wird zur Differenzierung von Hepatitis C-Patienten mit und ohne Leberzirrhose eingesetzt. Bestimmt werden die AST (U/l), die INR und die Thrombozytenzahl (nl). Gebildet wird die Ratio AST durch ihren oberen Referenzbereichswert.

Gucci-Index = AST-Ratio × INR × 100/Thrombozytenzahl.

Ein Grenzwert ≥ 1,0 spricht mit einer Sensitivität von 80 % bei einer Spezifität von 78 % für eine Leberzirrhose (Ishak Fibrose 5). Der positive prädiktive Wert ist 31 %, der negative 97 %.

Tabelle 1.2-2 Indikationskriterien zur Lebertransplantation bei akutem Leberversagen

Kriterien

Indikationen

King’s College-Kriterien /17/

PTZ > 100 sec. (< 7 % bzw. INR > 6,7) oder mindestens 3 der Folgenden:

  • Ungünstige Ätiologie (kryptogene Hepatitis,
  • Halothan-Hepatitis, Medikamenten-toxischer Schaden).
  • Ikterus mehr als 7 Tage vor Encephalopathie.
  • Alter < 10 J. oder > 40 J.
  • PTZ > 50 sec. (> 15 % bzw. INR > 6,7).
  • Bilirubin > 17,5 mg/dl (300 μmol/l).

Kriterien bei Parcetamol-Intoxikation

Arterieller pH < 7,3 oder alle 3 der Folgenden:

  • PTZ > 100 sec. (< 7 % bzw. INR > 6,7)
  • Creatinin > 4 mg/dl (300 μmol/l)
  • Encephalopathie Grad 3 oder 4

Clichy-Kriterien bei potentiellen Empfängern mit viraler Hepatitis /18/

Encephalopathie Grad 3 oder 4 und:

  • Faktor V < 20 % bei Alter < 30 J.
  • Faktor V < 30 % bei Alter > 30 J.

Tabelle 1.2-3 Mortalitätsrate (%) nach 3 Monaten in Abhängigkeit vom MELD Score /7, 19/

Score

Leberzirrhose(1

Transplantatversagen(2

< 10

4 % (148)

5 % (392)

10–19

27 % (103)

6 % (527)

20–29

76 % (21)

10 % (164)

30–39

83 % (6)

10 % (63)

> 40

100 % (4)

26 % (39)

1) Es handelt sich um die Mortalitätsrate von hospitalisierten Zirrhotikern. 2) Mortalitätsrate von Patienten mit unterschiedlicher Ätiologie eines Leberversagens. ( ) Probandenzahl.

Tabelle 1.2-4 Modifizierter Child-Turcotte-Pugh Score zur Beurteilung des Schweregrades einer Lebererkrankung 

Variable

Score 1

Score 2

Score 3

Bilirubin (mg/dl)

< 2,0

2,0–3,0

> 3,0

Albumin (g/dl)

> 3,5

2,8–3,5

< 2,8

TPZ (INR)

< 1,7

1,7–2,3

> 2,3

Ascites (kontrollierbar)

Keiner

Leicht

Schwer

Enzephalopathie

Keine

Minimal

Fortgeschritten

Die Summe der Score aller 5 Kriterien wird addiert. Die Klasse A ist definiert mit einem Gesamtscore von 5–6, die Klasse B mit 7–9 und die Klasse C mit 10–15.

Tabelle 1.2-5 Laboruntersuchungen bei Hepatopathien

Virusinfektionen: Virale Infektionen der Leberzellen werden durch die hepatotropen Viren A bis E und nicht-hepatotrope Viren verursacht. Sie werden auf oraler oder parenteraler Route übertragen. Während die klinischen, epidemiologischen, pathologischen und immunologischen Aspekte der viralen Hepatitiden vieles gemeinsam haben, kann deren Ätiologie nicht durch klinische Symptome und Befunde und die Bestimmung von Leberenzymen erkannt werden. Nach der Diagnostik einer hepatozellulären Schädigung durch Bestimmung der Aminotransferasen sind weiterführend die Bestimmung viraler und immunologischer Marker erforderlich. Die direkte Bestimmung des viralen Genoms spielt dabei eine wichtige Rolle.

Hepatitis A: Wird gewöhnlich durch kontaminierte Nahrungsmittel übertragen, Inkubationszeit 3–6 Wochen. Keine chronische Infektion, Mortalitätsrate der akuten Infektion etwa 0,2 %.

Labordiagnostik: Virusnachweis im letzten Drittel der Inkubationsperiode im Stuhl. Anti-HAV-IgM und anti-HAV-IgG sind zum Zeitpunkt der akuten Symptome nachweisbar und anti-HAV-IgM persistiert 3–6 Monate. Der alleinige Nachweis von Anti-HAV-IgG spricht für eine früher durchgemachte Hepatitis oder Impfschutz.

Hepatitis B (HBV) /20/: Weltweit wird von 300–400 Mio. HBV-Infizierten ausgegangen. Die Rate der Chronifizierung beträgt unter 5 % bei Infektion im Erwachsenenalter. Bei perinataler Infektion gehen 90 % der Infizierten in einen asymptomatischen HBV-Trägerstatus über. Jährlich sterben weltweit 500 Tausend Menschen an Leberzirrhose und hepatozellulärem Karzinom, bedingt durch eine chronische HBV-Infektion und 40 Tausend sterben an einer akuten HBV-Infektion.

Akute HBV-Infektion: Die akute HBV-Infektion verläuft asymptomatisch bei Neugeborenen und Kleinkindern und symptomatisch bei Erwachsenen. Die typische Inkubationszeit bis Symptome auftreten beträgt 3 Monate, kann aber bis 6 Monate dauern. Der Nachweis des HBsAg im Serum erfolgt 4–10 Wochen nach Infektion. Die meisten Infektionen bei Erwachsenen sind selbstlimitierend und die Patienten gesunden völlig, wenn HBsAg aus dem Blut eliminiert und Anti-HBs nachweisbar ist. Das Risiko einer schweren HBV-Hepatitis ist erhöht bei Patienten, die eine Koinfektion mit dem Hepatitis C- oder Hepatitis D-Virus haben. HBV kommt in 8 Genotypen A-H vor.

Labordiagnostik: Aminotransferasen, HBsAg, anti-HBc (gesamt und IgM), HBeAg und Anti-HBe. Bei etwa 5 % der akuten HBV-Infektionen ist HBsAg negativ aber anti-HBc positiv, dann anti-HBc-IgM oder HBV-DNA bestimmen. Die ausgeheilte HBV-Infektion ist HBsAg negativ, anti-HBc positiv und anti-HBs-positiv. Bei der quantitativen Bestimmung der HBV-DNA entspricht 1 IU etwa 5 Viruskopien/ml.

Chronische HBV-Infektion /21/: Die chronische HBV-Infektion betrifft weltweit mehr als 350 Millionen Menschen und jährlich kommen global etwa 50 Millionen neue Fälle hinzu. Die meisten Infizierten stammen aus der Asiatisch-Pazifischen Region. Die Infektion erfolgt meist schon perinatal und oder in der frühen Kindheit. Die Progression der chronischen Hepatitis B ist ein multifaktorieller, mehrstufiger Progress, resultierend aus der Interaktionen zwischen dem Organismus, der Umwelt und viralen Faktoren. Die mit der HBV-Infektion einhergehende chronische Inflammation in Verbindung mit der humanen Immunantwort auf die HBV-Infektion verstärkt die Schädigung und die Proliferation der Hepatozyten.

Einteilung der Patienten mit chronischer HBV-Infektion (Tabelle 1.2-7 – Beurteilung von Patienten mit chronischer Hepatitis B (CHB) in Abhängigkeit von HBe)

HBV-Marker: HbsAg, HBeAg/anti-HBe, HBV DNA.

Marker der Lebererkrankung: ALT,nicht-invasive Fibrosemarker (Elastographie oder Biomarkers), Leberbiopsie in speziellen Fällen.

Klassifizierung der chronischen HBV Infektion in 5 Phasen /22/

  • Phase 1: HBeAg-positive chronische HBV Infektion, zuvor auch als immuntolerante Phase bezeichnet. Sie ist charakterisiert durch HBeAg-Positivität im Serum, hohe Konzentration von HBV DNA und persistierende normale ALT-Werte.In der Leber besteht nur eine milde oder keine Nekroinflammation, aber ein hoher HBV DNA Gehalt und eine klonale Expansion der Hepatozyten, die vermuten lässt, dass sich ein hepatozelluläres Karzinom in dieser frühen Phase der Infektion entwickelt. In dieser Phase ist die Rate der spontanen HBeAg Elimination sehr gering. Die immuntolerante Phase ist häufiger und dauert länger bei Personen, die perinatal infiziert wurden und ist assoziiert mit einer erhaltenen spezifischen T-Zellfunktion bis in das junge Erwachsenenalter. Aufgrund der hohen Virämie sind diese Patienten hoch kontagiös.
  • Phase 2: HBeAg-positive chronische HBV Infektion. Sie ist wie folgt charakterisiert: HBeAg Positivität, hohe Serum HBV DNA Konzentration und erhöhte ALT. In der Leber läuft eine moderate oder schwere Nekroinflammation und schnelle Progression zur Fibrose ab. Die Phase 2 kann nach mehreren Jahren der Phase 1 auftreten und wird häufiger und schneller erreicht bei Patienten, die als Erwachsene infiziert wurden. Der Ausgang in dieser Phase ist variabel. Die meisten Patienten können eine Serokonversion von HBeAg und Suppression von HBV DNA erreichen und in die HBeAg negative Infektionsphase übertreten. Andere Patienten erreichen die Ziele des HBV DNA monitoring nicht und treten für viele Jahre in die HBeAg negative Phase der chronischen Hepatitis B über.
  • Phase 3: HBeAg negative chronische HBV-Infektion, zuvor als inaktive Carrier-Phase bezeichnet. Diese Phase ist durch die Präsenz von anti-HBe, niedrige oder nicht nachweisbare HBV DNA (< 2.000 IU/ml) und eine normale ALT charakterisiert. Einige Patienten haben eine HBV DNA > 2.000 IU/ml (gewöhnlich aber < 20.000 IU/ml) bei persistierender normaler ALT und nur geringer hepatischer Nekroinflammation und niedriger Fibrose. Diese Patienten haben ein geringes Risiko für eine Zirrhose oder ein Karzinom der Leber wenn sie in dieser Phase bleiben, eine Progression zur chronischen Hepatitis B ist aber möglich, gewöhnlich bei HBeAg Negativität. Die Elimination von HBsAg kann spontan bei 1–3 % der Patienten jährlich erfolgen. Typischerweise haben diese eine niedrige HBsAg Konzentration (< 1.000 IU/ml.)
  • Phase 4: Die HBeAg negative chronische Hepatitis B ist durch das Fehlen von HBeAg im Serum, gewöhnlich bei Präsenz von anti-HBe und persistierenden oder fluktuierenden moderaten bis hohen Konzentrationen von HBV DNA in Serum (oft niedriger als bei HBeAg positiven Patienten) und fluktuierenden oder persistent erhöhten ALT-Werten charakterisiert. Meist haben diese Patienten HBV Varianten, bedingt durch Mutationen in der Precore und/oder der basalen Core Promoterregion, die eine Expression von HbeAg abschwächen oder verhindern. Diese Phase ist mit einer niedrigen Spontanremission assoziiert.
  • Phase 5: Die HBsAg negative Phase ist durch HBsAg Negativität des Serums und Positivität von HBcAg bei positivem oder negativem anti-HBs charakterisiert. Diese Phase wird auch als okkulte HBV Infektion bezeichnet. In seltenen Fällen ist ein negatives HBsAg auf eine mangelnde Sensitivität des Assays zurückzuführen. Patienten der Phase 5 haben eine normale ALT und gewöhnlich, aber nicht immer, eine nicht nachweisbare HBV DNA im Serum. Häufig kann aber HBV DNA in der Leber nachgewiesen werden. Die Elimination von HBsAg vor dem Auftreten einer Zirrhose, Dekompensation der Leber oder der Ausbildung eines HCC geht mit einer erhöhten Überlebenswahrscheinlichkeit einher.

Behandlung der chronischen Hepatitis B (CHB)

Die Indikationen zur Behandlung sind generell die gleichen für die HBeAg positive and HBeAg negative CHB und beruht auf der Kombination folgender drei Kriterien /24/:

  • Serum HBV DNA Konzentration
  • Serum ALT Wert
  • Schwere der Lebererkrankung

Empfehlungen zur Behandlung /24/:

  • Alle Patienten mit HBeAg positiver und negativer CHB und folgenden Befunden: HBV DNA > 2.000 IU/ml, ALT oberhalb des oberen Referenzbereichswerts und/oder mindestens eine moderate Nekroinflammation oder Fibrose der Leber.
  • Patienten mit kompensierter oder dekompensierter Leberzirrhose und jeglicher HBV DNA Konzentration unabhängig vom ALT Wert.
  • Patienten mit einer HBV DNA > 20.000 IU/ml und einer ALT höher als das 2 fache des oberen Referenzbereichswertes, unabhängig vom Grad der Leberfibrose.
  • Patienten im Alter über 30 Jahre mit HBeAg positiver HBV Infektion, definiert durch eine persistierende normale ALT und hohe HBV DNA Konzentration unabhängig von der Schwere der histologischen Läsionen der Leber.
  • Patienten mit HBeAg-positiver or negativer HBV Infektion und einer Familienanamnese mit hepatozellulärem Karzinom oder Leberzirrhose und extrahepatischen Manifestationen, auch wenn die typischen Indikationen zur Behandlung nicht zutreffen.

Behandlungsoptionen

Zwei Behandlungsoptionen für Patienten mit CHB sind möglich: Behandlung mit Nukleosidanalogen (NA), z.B. Lamivudin, Adefovir dipivoxil, Entecavir, Telbivudin tenovofir disoproxil fumarat, Tenofovir alafenamide) oder mit pegylated interferon alpha (PegIFNα).

Virologische Antworten auf die Therapie mit NA /24/

  • Definiert ist die virologische Antwort als nicht mehr nachweisbare HBV DNA durch einen sensitiven PCR Assay mit einer Nachweisempfindlichkeit von 10 IU/ml.
  • Bei Patienten mit Abbruch der NA Therapie liegt eine virologische Antwort vor bei einer HBV DNA Konzentration < 2,000 IU/ml in einem Zeitraum von mindestens 12 Monaten nach Therapieende.
  • Eine primäre nicht virologische Antwort liegt vor, wenn kein log10 IU/ml Abfall der HBV DNA Konzentration nach dreimonatiger Therapie erfolgt.
  • Eine partielle virologische Antwort liegt bei guter Compliance vor, wenn ein Abfall der HBV DNA Konzentration von mehr als 1 log10 IU/ml mindestens 12 Monate nach Therapie erfolgt.
  • Der virologische Durchbruch ist definiert als eine sichere Zunahme der HBV DNA Konzentration von mehr als 1 log10 IU/ml im Vergleich zum Nadir (niedrigste Konzentration) der HBV DNA während der Therapie; der virologische Durchbruch kann dem biochemischen Durchbruch vorangehen (charakterisiert durch einen Anstieg der ALT).

Virologische Antworten auf die Therapie mit PegIFNα /24/

  • Definiert ist die virologische Antwort als eine Serum HBV DNA Konzentration < 2,000 IU/ml. Sie wird normalerweise 6 Monate nach Beendigung der Therapie gemessen.
  • Bei Patienten mit Therapieabbruch liegt eine virologische Antwort vor bei einer HBV DNA Konzentration < 2,000 IU/ml in einem Zeitraum von mindestens 12 Monaten nach Therapieende.
  • Eine serologische Antwort liegt vor bei Elimination von HBeAg und einer HBeAg Seroconversion, z.B. HBeAg nicht nachweisbar und Nachweis von anti-HBe.
  • Eine serologische Antwort liegt vor bei Elimination von HBsAg und einer HBsAg Seroconversion, z.B. HBsAg nicht nachweisbar und Nachweis von anti-HBs.
  • Die biochemische Antwort ist definiert als Normalisierung der ALT. Da die ALT oft zeitlich fluktuiert, ist eine Verlaufsbeurteilung für mindestens 1 Jahr nach Beendigung der Therapie erforderlich um eine biochemische Antwort zu sicherzustellen.

Leberzirrhose, HCC: Die chronische HBV-Infektion ist ein Risikofaktor der Leberzirrhose und des hepatozellulären Karzinoms (HCC). Bei Patienten, die eine HBV-Infektion in der Perinatalperiode erworben haben, beträgt der Inzidenzanstieg 5 % alle 10 J. Für Personen in der immuntoleranten Phase und der inaktiven Trägerphase ist das Risiko einer Leberzirrhose und des HCC gering.

Labordiagnostik: Patienten, die in der immunaktiven Phase längerfristig bei einer Viruslast < 104 Kopien verharren haben ein HCC-Risiko von 2,1 %, bei einer Viruslast von 107 Kopien/ml aber von 19,8 % nach 13 J. Auch der ALT-Wert ist mit dem HCC-Risiko assoziiert. Die Zunahme des Risikos beginnt bei hochnormalen Werten (30–45 U/l); oberer Referenzbereichswert 45 U/l /25/.

Hepatitis C Virus (HCV) Infektion /26/: Die HCV-Infektion ist ein weltweites Problem und die wesentliche Ursache der chronischen Lebererkrankung. Etwa 180 Mio. Menschen sind weltweit infiziert und etwa 80 % virämisch. Die HCV-Infektion ist die wichtigste Todesursache bei Lebererkrankungen und in den USA die häufigste Indikation für eine Lebertransplantation. Sechs Genotypen des HCV (Genotypen 1–6) werden unterschieden. Der Genotyp 1 wird in die Subtypen 1a und 1b unterteilt. In den USA und Deutschland sind die Typen 1, 2, 3 am häufigsten. In Deutschland hat der Subtyp 1a einen Anteil von 28 % und der Subtyp 1b von 50 % aller HCV-Infektionen. Die HCV-Übertragung erfolgt parenteral, wesentliche Ursachen sind Injektionen bei Drogenabhängigen, Infusion von Blut- und Blutkomponenten vor 1992, sexuelle Übertragung durch einen infizierten Partner, Nadelstichverletzungen, Piercing, transplazentare Übertragung. Die Inkubationszeit beträgt 2–6 Monate.

Klinik: Die Differenzierung der akuten von der chronischen Infektion ist von der klinischen Präsentation abhängig, insbesondere, ob ein Ikterus oder die Erhöhung der ALT bestehen oder anamnestisch bestanden haben. Die Symptome der akuten Hepatitis C gleichen in der Prodromalphase denen der Hepatitis B, sind aber wesentlich geringer. Der Krankheitsverlauf ist meist asymptomatisch oder durch unspezifische klinische Symptome gekennzeichnet. 30–70 % der Patienten haben einen anikterischen Verlauf. 55–80 % der Personen, die eine akute Hepatitis entwickeln, bleiben HCV-infiziert. Eine Spontanheilung ist häufiger bei infizierten Kindern und jungen Frauen als bei älteren Menschen die eine akute Hepatitis durchmachen.

Labordiagnostik: Immunoassays zur serologischen Diagnostik spezifischer Antikörper gegen HCV (anti-HCV) und die Bestimmung der HCV-RNA sind die wesentlichen Nachweismethoden einer Infektion. Die Seronegativität bei Patienten mit chronischer Lebererkrankung beträgt 2,8 %, wenn die Bestimmung der HCV-RNA der Standard ist. Falsch negative Tests kommen bei immunsupprimierten Patienten (Organtransplantation, Niereninsuffizienz, Hämodialyse, HIV-Patienten) vor. Falsch positive Ergebnisse treten dann auf, wenn die Prävalenz von HCV in einer Bevölkerung sehr gering ist. Falsch negative Ergebnisse können bei Immunsupprimierten (HIV-Infizierte), Hypo- oder Agammaglobulinämie, Organtransplantierten und Hämodialysepatienten vorkommen. Die molekularbiologischen Tests zum Nachweis der HCV-RNA haben eine Nachweisempfindlichkeit, die serologisch 10–50 IU/ml entspricht, wobei der Konversionsfaktor in Kopien/ml von der jeweiligen Methode abhängig ist. Nach einer Infektion ist der serologische Test frühestens nach 8–12 Wochen nachweisbar, HCV-RNA schon frühestens nach 2 Wochen. Die Resultate von ALT, anti-HCV und HCV-RNA ergeben folgende Befundmuster und Bewertungen

  • Anti-HCV und HCV-RNA positiv, ALT erhöht oder kürzlich erhöht; akute HCV-Infektion oder akute Hepatitis anderer Ätiologie bei Vorliegen einer chronischen HCV-Infektion.
  • Anti-HCV positiv, HCV-RNA negativ; akute HCV-Infektion mit transienter Clearance der HCV-RNA oder eine falsch positive oder negative Laborbestimmung oder die Rekonvaleszenzphase einer akuten HCV-Infektion. Eine Wiederholung der Bestimmung von anti-HCV und HCV-RNA nach 4–6 Monaten ist zur Abklärung erforderlich.
  • Anti-HCV negativ, HCV-RNA positiv; frühes Stadium einer akuten Infektion, bei der es noch nicht zur Antikörperbildung gekommen ist oder Vorliegen einer chronischen Infektion bei einem immunsupprimierten Patienten oder eine falsche Laborbestimmung der HCV-RNA. Eine Wiederholung der Bestimmung von anti-HCV und HCV-RNA nach 4–6 Monaten ist zur Abklärung erforderlich.

Chronische HCV-Infektion: Etwa 70–80 % der mit HCV Infizierten entwickeln eine chronische Hepatitis C. Die chronische Progression ist charakterisiert durch eine progressive Leberschädigung. Diese kann nach 20–25 Jahren bei 2–35 % der Betroffenen zur Leberzirrhose führen. Die Progression verläuft schneller bei älteren Menschen, bei Übergewichtigen, bei Immunsupprimierten und bei Alkoholikern. Infektionen in der Kindheit und bei jungen Frauen haben das Risiko einer Zirrhose zu nur 1–3 % in dem Zeitraum von 20–30 Jahren. Das kumulative 5-Jahresrisiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms bei Patienten mit Leberzirrhose beträgt 17 %. Extrahepatische Manifestationen der chronischen HCV-Infektion sind die gemischte kryoglobinämische Vaskulitis, Lymphome, kardiovaskuläre Erkrankung, Insulinresistenz und Diabetes Typ 2. Die wesentlichen Risikofaktoren für einen schlechten Verlauf der gemischten kryoglobulinämischen Vaskulitis sind das Alter und eine Beteiligung der Nieren /54/.

European Association for the Study of the Liver (EASL) Empfehlungen zur Behandlung der chronischen Hepatitis C /27/

Screening auf chronische Hepatitis C

Das Screening basiert auf dem Nachweis von anti-HCV Antikörpern. Werden diese nachgewiesen, erfolgt zum Nachweis einer bestehenden Infektion die Bestimmung von HCV RNA oder alternativ HCV core antigen, wenn kein HCV RNA assays verfügbar sind. Der Nachweis und die Quantifizierung von HCV RNA sollte mit einem empfindlichen Test erfolgen. Die Nachweisempfindlichkeit sollte 15 IU/ml betragen. Von den weltweiten Genotypes 1 bis 6 werden in Deutschland die Genotypen 1 (70–80 %) und 2 und 3 nachgewiesen. Der Genotyp 4 tritt vorwiegend im Mittleren Osten, der Genotype 5 in Südafrika, und der Genotyp 6 in Südostasien auf.

Pretherapeutisches Vorgehen

  • Eine kausative Beziehung zwischen HCV Infektion und Lebererkrankung sollte vorliegen.
  • Vor der Therapie sollte die Schwere der Lebererkrankung bekannt sein.
  • Der Nachweis und die Quantifizierung von HCV RNA sollte mit einem empfindlichen Test erfolgen. Die Nachweisempfindlichkeit sollte 15 IU/ml betragen.
  • Der HCV Genotype und die Subtypen des Typs 1 (1a or 1b) müssen vor der Therapie bekannt sein, denn sie bestimmen neben anderen Parametern die Wahl der Therapie.

Ziele und Endpunkte der HCV Therapie

  • Ziel der Therapie ist die HCV Infektion zu heilen, denn dadurch werden die Leberzirrhose, die dekompensierte Leberzirrhose, das hepatozelluläre Karzinom (HCC), schwere extrahepatische Manifestationen und der vorzeitige Tod verhindert.
  • Endpunkt der Therapie sind eine nicht nachweisbare HCV RNA im Blut durch einen sensitiven Assay (Nachweisbarkeitsgrenze 15 IU/ml) 12 Wochen und/oder 24 Wochen nach Therapieende.
  • Nicht nachweisbares HCV core antigen 12 Wochen und/oder 24 Wochen nach Therapieende ist eine alternative Endpunkttherapie bei Patienten mit nachweisbarem HCV core antigen vor Therapie falls ein HCV RNA Assay nicht verfügbar oder nicht erschwinglich ist.
  • Bei Patienten mit fortgeschrittener Fibrose oder einer Zirrhose reduziert die HCV Eradikation die Häufigkeit von Dekompensationen und vermindert das Risiko eines HCC. Bei diesen Patienten sollte aber die Überwachung auf ein HCC fortgesetzt werden.

Peginterferon- und Ribavirin-Therapie

Die Behandlung erfolgt mit Peginterferon und Ribavirin. Patienten, mit Infektion des HCV Genotyps 1 sind aus noch nicht vollständig geklärten Gründen schwieriger behandelbar als die anderen Genotypen. Kriterien des Behandlungserfolgs sind die Early virologic response (EVR; kein Hinweis auf HCV RNA nach Woche 12 der Behandlung), die Rapid virologic response (RVR; kein Hinweis auf HCV RNA nach Woche 4 der Behandlung bei dualer Therapie) und die Sustained virologic response (SVR; kein Hinweis auf HCV RNA nach Woche 24 der Behandlung, ein Surrogatmarker für Heilung). Das wichtigste Kriterium einer wirksamen Therapie ist die SVR,die generell als die virologische Heilung angesehen wird, obwohl es noch nach Jahren zum HCC kommen kann, besonders bei Patienten mit Leberzirrhose. Zwei wichtige Voraussetzungen zum Erreichen einer hohen SVR-Rate sind die Viruslast vor Behandlungsbeginn und der virale Genotyp. Mehr Patienten erreichen den Status der SVR, wenn sie eine Viruslast unter 600.000 IU/ml haben und nicht den Genotyp 1.

Beurteilungskriterium EVR: Das Unvermögen bis zur 12. Behandlungswoche eine Reduzierung der HCV-RNA-Last um 2 log10 IU/ml zu erreichen weist bei Patienten des Genotyps 1 auf ein Nichtansprechen hin, 97–100 % dieser Patienten erreichen keine SVR. Eine Nicht-Nachweisbarkeit von HCV-RNA nach 12 Wochen (komplette EVR) weist mit einem Vorhersagewert von 83 % auf das Erreichen einer SVR hin. Der Vorhersagewert der 2 log10-Reduktion ist demgegenüber nur 21 %.

Beurteilungskriterium RVR: Das Erreichen einer Response unter 12 Wochen hat einen hohen Vor-hersagewert für das Erreichen einer SVR unabhängig vom Genotyp oder des Behandlungsregimes. Patienten mit einer Genotyp 2- oder -3-Infektion erreichen zu 66 % eine RVR, diejenigen mit Genotyp-1-Infektion nur zu 15–20 %.

In Deutschland betragen die Ansprechraten auf die Zweifachtherapie mit Peginterferon und Ribavirin 40–50 % bei Genotyp 1 und 70–80 % bei den Genotypen 2 und 3 /28/. Die Zweifachtherapie wird individualisiert in Abhängigkeit vom Genotyp, der Höhe der Viruslast zu Therapiebeginn und deren Abfall in den ersten Therapiewochen durchgeführt. Die Kombination von Peginterferon und Ribavirin mit den Proteinaseinhibitoren Boceprevir oder Telaprevir (Dreifachtherapie) zeigt in der Therapie der HCV-Genotyp 1-Infektion dauerhafte Ansprechraten von 67–75 %. Von der Dreifachtherapie profitieren auch Patienten, die zuvor nicht auf die Zweifachtherapie angesprochen haben.

Nebenwirkungen der Peginterferon α2- und Ribavirin-Therapie sind Grippe-ähnliche Beschwerden, Depression, Neutropenie unter 1,5 × 109/l in 18–20 % der Fälle und Anämie mit einem Nadir in Behandlungswoche 6–8 bei einem Drittel der Patienten.

Messung der Clearancerate der HCV-RNA: Sie ist hilfreich zur Vorhersage einer wahrscheinlichen Response und der optimalen Therapiedauer. Zur Bestimmung der Clearance ist die Messung der viralen Kinetik erforderlich, deren Beurteilungskriterien die EVR und die RVR sind.

Beurteilungskriterium EVR: Das Unvermögen bis zur 12. Behandlungswoche eine Reduzierung der HCV-RNA-Last um 2 log10 IU/ml zu erreichen weist bei Patienten des Genotyps 1 auf ein Nichtansprechen hin, 97–100 % dieser Patienten erreichen keine SVR. Eine Nicht-Nachweisbarkeit von HCV-RNA nach 12 Wochen (komplette EVR) weist mit einem Vorhersagewert von 83 % auf das Erreichen einer SVR hin. Der Vorhersagewert der 2 log10-Reduktion ist demgegenüber nur 21 %.

Beurteilungskriterium RVR: Das Erreichen einer Response unter 12 Wochen hat einen hohen Vorhersagewert für das Erreichen einer SVR unabhängig vom Genotyp oder des Behandlungsregimes. Patienten mit einer Genotyp 2- oder -3-Infektion erreichen zu 66 % eine RVR, diejenigen mit Genotyp-1-Infektion nur zu 15–20 %.

In Deutschland betragen die Ansprechraten auf die Zweifachtherapie mit Peginterferon und Ribavirin 40–50 % bei Genotyp 1 und 70–80 % bei den Genotypen 2 und 3 /28/. Die Zweifach- therapie wird individualisiert in Abhängigkeit vom Genotyp, der Höhe der Viruslast zu Therapiebeginn und deren Abfall in den ersten Therapiewochen durchgeführt. Die Kombination von Peginterferon und Ribavirin mit den Proteinaseinhibitoren Boceprevir oder Telaprevir (Dreifachtherapie) zeigt in der Therapie der HCV-Genotyp 1-Infektion dauerhafte Ansprechraten von 67–75 %. Von der Dreifachtherapie profitieren auch Patienten, die zuvor nicht auf die Zweifachtherapie angesprochen haben.

Hepatitis D (HDV) /29/: Das HD-Virus ist ein Einzelstrang-RNA-Genom von 1,7 kb. Es handelt sich um ein RNA-Viroid, dass die Helferfunktion der Hüllenproteine des HBV für seine virale Replikation und Pathogenität benötigt. Die Übertragung verläuft ähnlich wie beim HBV, vor allem parenteral über Blut, körperliche Kontakte, Injektion bei Drogenabhängigen, sexuelle Kontakte und perinatal.

Bei der Übertragung werden unterschieden:

  • HDV-Koinfektion, d. h. die simultane Übertragung von HDV und HBV. Dabei sind der Markerverlauf und der klinische Verlauf ähnlich der HBV- Infektion, die durch das Auftreten von HBsAg im Serum und HBcAg in den Hepatozyten 6–12 Wochen nach der Infektion gekennzeichnet ist. Bei der Koinfektion tritt 3–4 Wochen später auch das HDAg auf. Etwas später sind auch Antikörper gegen HDAg nachweisbar. Die Koinfektion ist in 90 % der Fälle selbstlimitierend und heilt aus. In einigen Fällen kann es durch die Koinfektion und die Kombination der damit verbundenen Wirkungen zu einer schweren bis fulminanten Hepatitis kommen.
  • HDV-Superinfektion, d. h. die Infektion von chronischen HBsAg-Trägern mit HDV. Klinisch ist an eine Superinfektion zu denken, wenn chronische HBsAg-Träger eine schwere bis fulminante Hepatitis erleiden. Wenn die Patienten diesen Verlauf überleben, kommt es häufig zu einer rasch fortschreitenden chronischen Hepatitis, Leberzirrhose und Tod durch Leberversagen.

Labordiagnostik: Generell wird bei Verdacht auf eine HDV-Infektion die Bestimmung von anti-HDV (IgG+IgM) durchgeführt und bei Positivität die Bestimmung der HDV-RNA.

HDV-Koinfektion: Bei dieser sind 2–4 Wochen nach HBsAg-Positivität anti-HDV-IgM und zirkulierende HDV-RNA transient nachweisbar, einige Wochen später nicht mehr. Zu denken ist an eine Koinfektion, wenn bei schwerer Hepatitis folgende Konstellation besteht: HBsAg positiv, anti-HBc positiv, anti-HBc-IgM negativ, denn bei einem fulminanten Verlauf würde man einen hohen Ant-HBc-IgM-Titer erwarten. Häufig wird auch ein biphasischer Verlauf der Aminotransferasen gesehen, der zweite Anstieg (3–4 Wochen später) ist durch HDV bedingt.

HDV-Superinfektion: Die Konzentration von HBV-DNA und der Titer von HBsAg fallen 2–6 Wochen nach der Superinfektion vorübergehend ab und HDV-RNA ist eine Woche nach Infektion nachweisbar. Anti-HDV-IgG und anti-HDV-IgM werden positiv, gefolgt von bleibendem positiven anti-HDV-IgG und nachweisbarer HDV-RNA. Anti-HDV-IgM kann über Jahre persistieren. Die Superinfektion mit HDV verursacht einen Schub der Aminotransferasen.

Hepatitis E /30/: Das HE Virus (HEV) ist ein kleines, nicht umhülltes Virus mit einem einsträngigen Genom von 7,2 kb. Es werden 4 Genotypen unterschieden, Genotyp 1 (Burma-Isolat), Genotyp 2 (Mexiko-Isolat), Genotyp 3 (USA-Isolat), Genoty 4 (China-Isolat). Die Infektion verläuft vergleichbar der Hepatitis A und ist in der Regel selbstlimitierend. Die Übertragung erfolgt in der Regel fäkal-oral. Die Hepatitis E ist eine Zoonose, in den Industrieländern wird vorwiegend der Typ 3 von Schweinen und Wildschweinen übertragen. Möglicherweise sind nicht ausreichend gegarte Innereien oder Wildschweinfleisch die Infektionsquelle. Außer bei Schweinen wurde HEV auch in anderen Spezies wie Vögeln, Hunden und Ratten nachgewiesen. Die Inkubationszeit beträgt 2–8 Wochen.

Klinik: Die Erkrankung beginnt typischerweise mit Fieber, Müdigkeit und Ikterus. Viele Infektionen gehen wahrscheinlich nur mit einer milden Symptomatik einher und werden deshalb nicht diagnostiziert. Das Virus wird im Stuhl während der Inkubationsphase und bis zur späten Krankheitsphase ausgeschieden. Während die Mortalität bei Kindern und Männern bei 0,5–4 % liegt, kann sie bei Schwangeren im letzten Trimenon auf Grund der Ausbildung einer fulminanten Hepatitis bis zu 20 % betragen. Auch kann es zur Ausbildung einer disseminierten intravasalen Gerinnung und einer Enzephalopathie kommen. HEV-Infektionen bei Patienten mit Alkohol-toxischer Hepatitis oder chronischer Lebererkrankung können zu einer fulminanten Hepatitis führen. Chronische HEV-Infektionen sind auch bei Organtransplantierten beschrieben.

Labordiagnostik: Generell wird bei Verdacht auf eine HEV-Infektion die Bestimmung von anti-HEV-IgM und anti-HEV-IgG im Serum empfohlen. Erst beim Nachweis von Antikörpern und dem Vorliegen einer klinischen Symptomatik ist die HEV-Infektion wahrscheinlich. Zu etwa 90 % können bei der HEV-Infektion 1–4 Wochen nach Auftreten der klinischen Symptomatik anti-HEV-IgM und anti-HEV-IgG nachgewiesen werden. Anti-HEV-IgM persistiert für etwa 3 Monate, anti-HEV-IgG sehr lang. Die Prävalenz von anti-HEV-IgG beträgt in einigen Regionen Europas 20 %, was für viele Infektionen mit milder Symptomatik spricht. Etwa 8–10 Tage nach der ersten Probennahme sollte eine weitere erfolgen, um einen Antikörperanstieg zu belegen. Eine sichere Diagnose der Hepatitis E erfolgt durch den Nachweis von HEV-RNA im Stuhl oder Blut während der akuten Infektion, ist aber auch schon eine Woche vor Ausbruch der klinischen Symptomatik möglich. Der maximale Anstieg der Aminotransferasen erfolgt mit dem Auftreten von anti-HEV-Antikörpern, also 1–4 Wochen nach Auftreten der klinischen Symptomatik.

Hepatitis durch andere Erreger /31/: Nicht-hepatotrope Viren und Bakterien können im Rahmen einer grippalen Symptomatik mit einer Begleithepatitis und erhöhten Aminotransferasen einhergehen. Sprechen die serologischen Befun- de nicht für hepatotrope Viren, so ist zu untersuchen auf: Adenoviren, Viren der Herpesgruppe (z.B. Epstein-Barr-Virus, Cytomegalievirus), bei Säuglingen auch Herpes simplex- und Enteroviren (Coxsackie der Gruppen A und B, Echoviren). Auch bei Masern- und Rötelninfektionen werden vereinzelt erhöhte Aminotransferasen gemessen. Auch bakterielle Pneumonien können mit einer Leberbeteiligung einhergehen. Durchfallerkrankungen durch Salmonellen und Rotaviren, aber auch seltene Infektionen (Listeriose, Leptospirose, Toxoplasmose) können ein hepatitisches Bild mit moderat erhöhten Aminotransferasen bewirken, die sich bei Abklingen der Erkrankung normalisieren.

Autoimmune Lebererkrankungen: Die autoimmunen Lebererkrankungen werden in die Krankheitsbilder Autoimmunhepatitis (AIH) primäre biliäre Zirrhose (PBC) und primär sklerosierende Cholangitis unterteilt. Bei persistierendem oder schubartigem Verlauf und hepatitischem Enzymmuster sollte an eine AIH gedacht werden.

Autoimmune Hepatitis (AIH) /32, 33/: Die AIH ist zu 90 % eine Erkrankung der Frauen. Die diagnostischen Kriterien umfassen folgende Bedingungen: Nachweis assoziierter Autoantikörper, erhöhtes Serum-IgG, entsprechende Leberhistologie, Abwesenheit einer viralen Hepatitis. Die AIH ist serologisch heterogen und wird in drei Untergruppen eingeteilt, der AIH-Typ 1 ist am Häufigsten /34/:

  • AIH-Typ 1 mit antinukleären Antikörpern (ANA) und gegen glatte Muskulatur (anti-SMA).
  • AIH-Typ 2 mit Antikörpern gegen Leber-Kidney Mikrosomen (anti-LKM-1).
  • AIH-Typ 3 mit Antikörpern gegen lösliches Leberantigen/Pankreasantigen (anti-SLA/LP).

– Primäre biliäre Zirrhose (PBC) /35/: Die PBC ist eine chronisch granulomatöse Cholangitis, die mit der Präsenz von anti-mitochondrialen Antikörpern (AMA) assoziiert ist. Umweltfaktoren sollen eine Rolle spielen, aber auch genetische Faktoren. So lässt die Assoziation mit Varianten der HLA-Klasse II, insbesondere IL12A und IL12RB2, vermuten, dass die Interleukin-12 immunregulatorische Signalachse für die Pathophysiologie relevant ist /36/. Betroffen sind vorwiegend Frauen im Alter von 40–60 J., es besteht eine Assoziation mit der Hashimoto-Thyreoiditis und dem Sicca-Syndrom. Im Verlaufe der Erkrankung kommt es zur progressiven Destruktion kleiner Gallengänge und der Ausbildung einer Leberzirrhose.

Labordiagnostik: Die meisten Patienten haben einen milden Anstieg der Aminotransferasen eine Erhöhung der AP und eine IgM-Erhöhung. AMA sind bei 95 % der Patienten erhöht, ANA und anti-SMA zu etwa 50 %. AMA-negative Patienten haben alle Merkmale der AMA-positiven PBC-Patienten auch die Präsenz von ANA und anti-SMA. Bei Patienten ohne Leberzirrhose ist:

  • Das Ausmaß der AP-Erhöhung assoziiert mit dem Grad der Ductopenie und der Inflammation.
  • Die Höhe der Aminotransferasen und der IgG-Konzentration korreliert mit der periportalen und lobulären Nekrose und Inflammation.
  • Die Höhe der Hyperbilirubinämie ein Indikator der Ductopenie und Piecemeal necrosis.

Der zunehmende Anstieg von Bilirubin und Immunglobulinen, der Abfall des Albumins und der Thrombozytenzahl sind Indikatoren der Entwicklung von Leberzirrhose und portaler Hypertension.

– Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) /37/: Die PSC ist eine chronische cholestatische Leberekrankung, die durch eine Entzündung und Fibrose der intra- und extrahepatischen Gallengänge charakterisiert ist und zur Bildung multifokaler Gallenwegsstrikturen führt.

Die PSC ist eine immunvermittelte progressive Erkrankung, die bei vielen Patienten in eine Leberzirrhose mit portaler Hypertension und Leberinsuffizienz übergehen kann.

Die PSC ist zu etwa 70 % mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung assoziiert und betrifft zu zwei Drittel Männer von 25–45 J. Die Inzidenz beträgt 1–6 auf 100 Tausend und Jahr. Klinisch wird die PSC durch Oberbauchbeschwerden, Pruritus, Anorexie und Fieber auffällig. Die PSC der kleinen Gallengänge nimmt einen benignen Verlauf und die Lebenserwartung dieser Patienten ist nicht verkürzt. Jedoch hat die PSC der großen Gallengänge ein hohes kanzerogenes Potential. So ist das Risiko eines cholangiozellulären Karzinoms 141 fach, das des Pankreaskarzinoms 14 fach und das des kolorektalen Karzinoms 10 fach höher als normal. In 44 % der Fälle ist bei diesen Patienten ein Karzinom die Todesursache /38/.

Labordiagnostik: Die Erhöhung der AP ist der häufigste Befund, eine normale AP schließt die PSC aber nicht aus. Die Aminotransferasen können 2–3 fach erhöht sein. Bei der Diagnosestellung ist Bilirubin meist normal, aber IgG in 60 % der Fälle leicht erhöht.

IgG4-assoziierte Cholangitis (IAC) /39/: Die IAC ist durch multifokale inflammatorische und fibrosierende Stenosierungen der intra- und extrahepatischen Gallengänge charakterisiert. Im Gegensatz zur PSC weisen die Strikturen eine charakteristische Infiltration IgG4-exprimierender Plasmazellen auf. Im Serum kann die Konzentration von IgG4 erhöht sein.

Alkoholische Lebererkrankungen /40/: Der chronische Alkoholkonsum kann unterschiedliche Typen der Leberschädigung bewirken. Denn alkoholische Lebererkrankungen umfassen ein Krankheitsspektrum, das von der Steatosis hepatis (Fettleber) über die alkoholische Hepatitis bis zur chronischen Hepatitis mit Fibrose oder Zirrhose reicht. Alkohol wirkt lebertoxisch, und Frauen sind doppelt so sensitiv für die Alkoholtoxizität als Männer.

Die Diagnostik der alkoholischen Lebererkrankungen beruht auf einer Kombination von Merkmalen, die umfassen: Alkoholanamnese, klinischer Nachweis einer Lebererkrankung und Laborbefunden. Es wird angenommen, dass sich eine alkoholische Lebererkrankung entwickelt, wenn eine Frau mehr als zwei und ein Mann mehr als drei Drinks täglich zu sich nimmt. Ein Drink entspricht im Mittel in Europa 9,8 g, in den USA 12 g und in Japan 23,5 g Alkohol.

– Steatosis hepatis: Die alkoholische Fettleber entwickelt sich bei etwa 90 % der Personen, die täglich mehr als 60 g Alkohol trinken. Die Hepatozyten enthalten macrovesikuläre Tropfen von Triglyceriden, die bei Abstinenz nach 4–6 Wochen wieder verschwinden. Die Steatose ist jedoch eine Prädisposition zur Fibrose und Zirrhose bei Personen die weiter trinken (über 40 g/Tag). Auch bei Abstinenz soll in 5–15 % der Fälle eine Progression erfolgen. Die unkomplizierte Fettleber ist klinisch unauffällig, ein kleiner Teil der Patienten klagt über Völlegefühl im Oberbauch auf Grund einer Lebervergrößerung.

– Leberfibrose/-Zirrhose: Eine perivenuläre Fibrose und Ablagerung von Fibronectin erfolgt bei 40–60 % der Patienten die mehr als 40–80 g Alkohol täglich im Mittel über 25 Jahre trinken. Das Risiko einer Leberzirrhose bei diesen Trinkern beträgt 6–41 %.

– Alkoholische Hepatitis /41/: Die alkoholische Hepatitis ist ein klinisches Syndrom mit Ikterus und Leberversagen, das nach Jahrzehnten des schweren Alkoholabusus (> 100 g/Tag) auftritt. Das typische Alter der Patienten ist etwa 40 Jahre.

Labordiagnostik: Die alkoholische Fettleber kann mit einer leichten Erhöhung von GGT und ALT einhergehen, das mittlere korpuskuläre Volumen der Erythrozyten und das Carbohydrate deficient transferrin können erhöht sein. Bei alkoholischer Hepatitis sind die Aminotransferasen bis 300 U/l erhöht, ebenfalls die GGT und Bilirubin über 5 mg/dl (86 μmol/l). Die Ratio AST/ALT ist über 2.

NAFLD und NASH /4243/: Die nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH), die progessive Form der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) ist die häufigste Form der chronischen Lebererkrankung, betrifft etwa 25 % der erwachsenen Bevölkerung, ist die häufigste Form der Zirrhose und auch die häufigste Ursache einer Lebertransplantation. Die NAFLD ist definiert als eine hepatische Steatose bei Personen, die keinen oder nur wenig Alkohol trinken und repräsentiert ein Spektrum, das von der blanden Steatose bis zur nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH) reicht. Bei diesen Patienten ist die Entwicklung einer Fibrose eine therapeutische Herausforderung. Die NASH ist eine metabolische komplexe, multifaktorielle Erkrankung und Teil einer systemischen Erkrankung mit starker Assoziation zu visceraler Adipositas und Insulinresistenz. Ein Allel in PNPLA3 (rs738409[G], das I148M kodiert) zeigt eine starke Assoziation mit hohem hepatischen Fettgehalt und hepatischer Inflammation. Die NASH ist eine Lebererkrankung, die progredient zur Fibrose, Zirrhose und dem Leberzellkarzinom fortschreiten kann. Die NAFLD ist die häufigste Ursache der chronischen Lebererkrankung bei Kindern und Erwachsenen. Die Inzidenz nimmt zu auf Grund dessen, dass immer mehr Menschen übergewichtig sind und einen Diabetes Typ 2 entwickeln. Die NAFLD-Patienten haben klinisch signifikante Komorbiditäten wie erhöhten Body mass index, vergrößerten Hüftumfang und Stammfettsucht, Glucoseintoleranz, Diabetes Typ 2, Hyperlipidämie, metabolisches Syndrom und Hypothyreose. Die Prävalenz der NASH bei Heranwachsenden beträgt etwa 3 % und bei Erwachsenen bis zu 10–15 %. Nicht-Diabetiker im mittleren Alter mit einem Fettleber-Index über 60 zeigen eine Assoziation mit erhöhter Intimadicke der Karotiden, erhöhtem kardiovaskulären Risiko und verminderter Insulinsensitivität. Histologisch unterscheidet sich die NASH von der simplen Steatose durch ihren makrovesikulären Charakter (die Fettkugeln variiieren von klein bis zur kompletten Ausfüllung des Hepatozyten), die ballonartige Degeneration der Hepatozyten mit oder ohne Mallory-Körperchen, eine lobuläre Inflammation und eine Zone-3 perizelluläre Fibrose.

Klinisch sind die meisten Patienten unauffällig oder haben ein Druckgefühl im Oberbauch, bedingt durch eine weiche Hepatomegalie. Die Diagnose beruht auf dem Ausschluss anderer Lebererkrankungen (chronische Hepatitis B oder C, alkoholische Lebererkrankung) und der Suche nach Komorbiditäten.

Labordiagnostik: Konventionelle Marker (ALT, GGT, Quotient AST/ALT) und das mittlere Volumen der Erythrozyten (MCV-Wert), die bei der alkoholische Lebererkrankung eine gewissen Stellenwert haben, bringen wenig zur Diagnostik der NAFLD. Anfangs zeigt sich eine leichte Erhöhung der ALT die höher ist als die AST, beim Übergang in die NASH kehrt sich das Verhältnis um. Die Höhe der Aminotransferasen hat aber nur eine begrenzte Bedeutung zur Vorhersage der Leberhistologie. Eine Bedeutung zur Diagnostik der NAFLD hat der Alkoholische Lebererkrankung/NAFLD index score. Wichtige Untersuchungen zur Diagnostik von Komorbiditäten sind: Nüchtern-Blutglucose HbA1C, Insulin, HOMA-IR oder QUICKI, Cholesterin, Triglyceride, C-reaktives Protein, der NAFLD fibrosis Score und der BARD score (Tab. 1.2-1 – Bewertung des diagnostischen Vermögens von Scores bei akutem Nierenversagen und akutem Leberversagen). Vielversprechende Tests sind das Cytokeratin-18-Fragment und der Fibrotest (Tab. 1.2-1 – Bewertung des diagnostischen Vermögens von Scores bei akutem Nierenversagen und akutem Leberversagen) und die Komplementkomponente C3, die erhöht ist /55/. Als ein Epiphänomen werden folgende Autoantikörperbefunde angesehen, die bei bis zu einem Drittel der Patienten mit NAFLD auftreten: ANA im Titer unter 1 : 320, anti-SMA und AMA unter 1 : 40. Ein Anstieg von AST, GGT und anti-SMA sind Indikatoren der zunehmenden Fibrosierung bei der NASH.

Leberzirrhose /44/: Die Leberzirrhose kann aufgrund eines infektiösen, exogen-toxischen, toxisch-allergischen autoimmunen, vaskulären oder endogen-metabolischen Prozess entstehen. Die häufigsten Ursachen in den westlichen Industrienationen sind die alkoholische und die nicht-alkoholische Steatohepatitis. Pathologisch-anatomisch ist die Leberzirrhose durch fibröse Septen zwischen den Portalfeldern charakterisiert. Unterschieden wird die klein- von der grobknotigen Form. Die Prävention der Leberzirrhose beruht auf dem Screening einer chronischen Lebererkrankung.

Labordiagnostik: Die Diagnose der chronischen Lebererkrankung beruht auf der Bestimmung des Leberentzündungsparameters ALT und dem cholestatisch-metabolischen Parameter GGT. Zeichen der fortgeschrittenen chronischen Lebererkrankung mit Übergang in die Zirrhose ist die Thrombozytopenie. Zu diesem Zeitpunkt sind auch Einschränkungen der Leberfunktion häufig (Verminderung von Albumin, CHE, Erhöhung von INR und Bilirubin). ALT und AST sind oft nur geringfügig erhöht. Zur Erkennung der Leberfibrose und deren Progression wird der Aminotransferase (AST)-to-platelet ratio index (APRI) bestimmt. Zusätzlich sagt bei Leberzirrhose der Model for end­stage liver disease (MELD) Score die kurzzeitige Mortalität voraus und wird zur Priorisierung von Patienten für die Lebertransplantation angewendet. Der Bereich des MELD Score geht von 6–40, mit höheren Scores ist das Mortalitätsrisiko innerhalb von 3 Monaten höher. Siehe auch:

Hepatozelluläres Karzinom (HCC) /45/: Das HCC entsteht in der Regel auf der Basis einer bestehenden Lebererkrankung, insbesondere der Leberzirrhose. Weltweit zählt das HCC zu den 10 häufigsten malignen Tumoren und ist in südostasiatischen Ländern sogar der häufigste maligne Tumor. In 80 % der Fälle ist das HCC eine Komplikation der Leberzirrhose und jährlich wird bei 2,5–7 % der Leberzirrhotiker ein HCC diagnostiziert. Wesentlich ist die Ursache der Leberzirrhose. So haben Patienten mit einer Leberzirrhose auf dem Boden einer Hepatitis B und C, der Hämochromatose und Tyrosinämie ein besonders hohes Risiko, während das Risiko einer PBC-, PSC- und M. Wilson bedingten Zirrhose gering ist. Bei Patienten mit Hepatitis B kann auch ohne Vorliegen einer Zirrhose ein HCC entstehen, das ist bei der Hepatitis C selten. Ein nicht unerheblicher Teil der Leberzirrhosen ist auf eine NASH zurückzuführen, so dass auch bei diesen Patienten, es handelt sich im Wesentlichen um diejenigen mit einem Body mass index von über 35 kg/m2 mit einer erhöhten Rate an HCC zu rechnen ist.

Klinische Symptome des HCC sind Leistungsminderung, Gewichtsverlust, Fieber, Nachtschweiß, Spannungsschmerz der Leberkapsel. Paraneoplastische Syndrome sind: Polyglobulie, Dysfibrinogenämie, Hypercholesterinämie, Hyperkalziämie, Hypoglykämie, Gynäkomastie, Hodenatrophie und Porphyria cutanea tarda. Die häufigsten Todesursachen bei HCC sind das akute Leberversagen und gastrointestinale Blutungen.

Labordiagnostik: Bei Patienten mit den Child-Pugh-Stadien A und B (siehe auch Tab. 1.6-3 – Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien) mit einer Zirrhose durch hepatotrope Viren, Alkoholabusus oder Hämochromatose sollte vorsorglich alle 3 bis 6 Monate die Konzentration von α-Fetoprotein (AFP) bestimmt werden. Ein Tumornachweis durch zwei bildgebende Verfahren und AFP-Werte über 400 μg/l sind ein deutlicher Hinweis auf ein HCC. Ansteigende Werte sind bestätigend, schwankende können auch bei einer Leberregeneration im Verlauf einer Hepatitis entstehen. Bei kleinen HCC unter 3 cm Durchmesser ist AFP den bildgebenden Verfahren unterlegen und die diagnostische Sensitivität von Des-gamma-carboxyprothrombin (DCP) und der Lens reticularis agglutinin-reaktiven Fraktion von AFP (AFP-L3) ist höher /46/. Vor Therapie sollte ein Laborstatus erhoben werden (Blutbild, TPZ, PTT, Bilirubin, Aminotransferasen, GGT, Creatinin). Indikationskriterien zur Lebertransplantation sind in Tab. 1.2-1 – Bewertung des diagnostischen Vermögens von Scores bei akutem Nierenversagen und akutem Leberversagen aufgeführt.

Arzneimittelschäden /47/: Bei bis zu 1 % der Arzneimittel exponierten Patienten treten in der Leber unerwünschte Arzneimittelwirkungen auf. Hepatotoxizität ist aber zu unter 5 % die Ursache einer akuten und zu einem noch geringeren Anteil der chronischen Hepatitis. Schwere Medikamentenschäden treten besonders bei alten Menschen auf und beim akuten Leberversagen sind Medikamente zu 20–75 % die Ursache. Unterschieden werden obligate Hepatotoxine, bei denen die Leberschädigung vorhersehbar ist, von fakultativen Hepatotoxinen, bei denen die Leberschädigung nicht vorhersehbar ist. Erstere sind z.B. Paracetamol, Methotrexat und Isoniazid. Oft verursachen die Stoffwechselprodukte der Medikamente die hepatotoxische Wirkung. So sind bei der nicht vorhersehbaren Hepatotoxizität metabolische und toxisch-allergische Mechanismen unter Bildung von Neoantigenen die Ursache. Ein Zusammenhang zwischen Medikament und Hepatotoxizität wird gesehen, wenn die Leberschädigung zwischen 5 und 90 Tagen nach der Medikamenteneinnahme auftritt. Folgendes Spektrum an Lebererkrankungen kann durch die beispielhaft angegebenen Medikamente verursacht werden /48/:

  • Fettleber: Aspirin, HAART, Tetrazyklin, Tamoxifen.
  • Akute/fulminante Hepatitis: Halothan, INH, Paracetamol, Sulfonamide, Troglitazon.
  • Chronische Hepatitis: Diclofenac, Minozyklin, α-Methyldopa, Nitrofurantoin.
  • Granulomatöse Hepatitis: Allopurinol, Carbamazepin, Hydralazin.
  • Cholestase: Androgene, orale Kontrazeptiva.
  • Cholestatische Hepatitis: Chlorpromazin, Clavulansäure, Makrolide.
  • Chronische Cholestase: Chlorpromazin, Flucloxacillin.
  • Steatohepatitis: Amiodaron, Tamoxifen.
  • Veno-okklusive Schädigung: Zytostatika.
  • Adenom: Orale Kontrazeptiva.
  • Hepatozelluläres Karzinom: Anabole Steroide.

Labordiagnostik: Die Erhöhung der Aminotransferasen (siehe Beitrag 1.6 – Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase), der AP (siehe Beitrag 1.3 – Alkalische Phosphatase) und der GGT (siehe Tab. 1.6-3 – Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien) erlaubt eine grobe Differenzierung der Medikamenten-bedingten Leberschäden in die hepatitischen und cholestatischen Verlaufsformen.

Sarkoidose /49/: Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Erkrankung und bezieht viele Organe mit ein, auch die Leber. Das ist aber bei der akuten Sarkoidose selten der Fall. Bei der chronischen Sarkoidose ist zu etwa 75 % die Leber befallen, ohne dass es zu einer Funktionseinschränkung kommt. Die Granulome sind in der Regel klein und in den portalen Räumen lokalisiert. In seltenen Fällen kommt es zur klinischen Manifestationen mit Cholestase und portaler Hypertension. Die intrahepatische Sarkoidose kann eine PBC oder PSC vortäuschen.

Labordiagnostik: Angiotensin converting enzyme (siehe Beitrag 1.5.5.1 – Sarkoidose), Kveim-Test, ALT, AP.

Schwangerschaft: In der Schwangerschaft führen die Präeklampsie/Eklampsie das HELLP-Syndrom, die akute Schwangerschaftsfettleber und die intrahepatische Cholestase zu Leberschäden (siehe Tab. 1.6-3 – Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien)

Genetische Hepatopathien: Wesentliche angeborene Lebererkrankungen sind die Hämochromatose, der M. Wilson, der α1-Antitrypsinmangel, die familiären Cholestasen, die Hyperbilirubin-Syndrome, die primären Porphyrien und Störungen des Stoffwechsels z.B. der Fettsäureoxidation.

Coeliakie /50/: Die Coeliakie geht bei Leberbeteiligung mit erhöhten Aminotransferasen einher

Akutes Leberversagen /51/: Definition: Beim akuten Leberversagen handelt es sich um eine hepatische Schädigung, die sich als Ikterus und Gerinnungsstörung manifestiert und bei der innerhalb der folgenden 4 Wochen die Komplikationen Ascites und Enzephalopathie hinzutreten. Das Leberversagen tritt auf:

  • Als akutes Versagen ohne präexistende Lebererkrankung.
  • Als akutes Ereignis einer bekannten oder unbekannten chronischen Lebererkrankung.

Die chronische Lebererkrankung kann von der blanden Steatose über die Hepatitis bis zur kompensierten oder dekompensierten Zirrhose reichen. Auslösende Ursachen des akuten Ereignisses können sein: Hepatotrope Viren, Toxine, Sepsis, Medikamente, Ösaphagus-Varizenblutung.

Bezugnehmend des zeitlichen Verlaufes und Auftretens der Enzephalopathie werden differenziert:

  • Fulminantes Leberversagen: Manifestation innerhalb einer Woche.
  • Akutes Leberversagen: Manifestation zwischen 1–4 Wochen.
  • Subakutes Leberversagen: Manifestation später als 4 Wochen.

Die Pathophysiologie des akuten Leberversagens ähnelt der eines Systemic inflammatory response syndrome (SIRS). Die Patienten haben eine immunologische Dysfunktion. Auf Toxine kann nicht mehr adäquat geantwortet werden.

Die Ursachen des akuten Leberversagens in den westlichen Ländern sind die alkoholische Leberzirrhose (50–70 %), die Hepatitis durch hepatotrope Viren (15 %) und Medikamente (Paracetamol), während es in den asiatischen Ländern Hepatitisinfektionen (70 %) und weniger der Alkohol sind. Dort ist die Reaktivierung einer Hepatitis B-Infektion durch eine Chemotherapie, immunsuppressive Therapie, HIV-Therapie oder Rituximab (anti-CD20) bedingt. Auch die Reaktivierung einer chronischen Hepatitis C durch Chemotherapie ist beschrieben. Auf dem indischen Subkontinent ist die Superinfektion mit dem Hepatitis E-Virus eine wichtige Ursache. Neben den Infektionen, dem Alkoholismus und Medikamenten sind die Sepsis, große Operationen und die Blutung aus Ösophagusvarizen wichtige Auslöser. Bei Erwachsenen wird zu 17 % keine Ursache des akuten Leberversagens gefunden, bei Kindern zu etwa 45 %. In einer Studie /52/ bei Kindern waren folgende Diagnosen die Ursache des akuten Leberversagens: Medikamente 15,8 %, autoimmune Hepatitis 6,8 %, metabolische Erkrankungen (z.B. Störungen der Fettsäureoxidation, Tyrosinämie, M. Wilson) 9,7 %, hepatotrope und nicht-hepatotrope Viren 6,4 %, andere Diagnosen 14,5 %, keine Diagnose 46,8 %.

Zur prognostischen Abschätzung der Schwere der Erkrankung werden verschiedene Scores angewendet, einige sind in Tab. 1.2-1 – Bewertung des diagnostischen Vermögens von Scores bei akutem Nierenversagen und akutem Leberversagen aufgeführt.

Labordiagnostik: Bestimmung von Bilirubin, Aminotransferasen, Cholinesterase, GLDH, Albumin, TPZ, INR und Ammoniak. Ein Bilirubinwert > 5 mg/dl (85 μmol/l) und eine INR über 1,5 oder eine TPZ unter 40 % sind neben dem klinischen Bild wichtige Kriterien des akuten Leberversagens /53/.

Hepatorenales Syndrom (HRS) /52/: Das HRS ist eine funktionelle Fehlfunktion der Nieren, die potenziell reversibel ist. Das Typ I-HRS ist eine akute prognostisch ungünstige Form und geht mit einer raschen Verschlechterung der Leberfunktion einher. Diagnostische Kriterien für Typ I/II sind:

  • Leberzirrhose und Ascites.
  • Creatinin im Serum > 1,5 mg/dl (133 μmol/l) und bei Typ I > 2,5 mg/dl (221 μmol/l).
  • Kein Abfall des Creatinins nach mindestens 2 Tagen ohne Diuretikatherapie.
  • Keine Therapie mit nephrotoxischen Substanzen.
  • Keine Zeichen eines Schocks.
  • Keine renal-parechymatösen Veränderungen (normale sonographische Nierendarstellung, Proteinurie ≤ 500 mg/24 h, keine Mikrohämaturie > 50 Erythrozyten/μl.

Tabelle 1.2-6 Hepatitis B Status

Status

Laborbefunde

Akute Hepatitis B 

  • HBV DNA positiv
  • Anti-HBc IgM positiv
  • Anti-HBc IgG negativ
  • Anti-HBs IgG negativ
  • Anti-HBe IgG negativ

Chronische Hepatitis B

  • HBV DNA 3+, bis +/–, bis negativ
  • HBsAg positiv
  • Anti-HBs negativ
  • Anti-HBc positiv
  • HBe +/–
  • Anti-HBe +/-
  • GPT hoch/normal

Ausgeheilte Hepatitis B

  • HBV DNA negativ
  • Anti-HBc positiv
  • Anti-HBs positiv
  • HBsAg negativ
  • GPT normal

Impfung

  • Anti-HBs positiv, Schutz wenn Konzentration einmalig > 100 IU/ml

Tabelle 1.2-7 Beurteilung von Patienten mit chronischer Hepatitis B (CHB) in Abhängigkeit von HBe /24/

Marker

HBeAg positive Infektion

HBeAg positive Hepatitis

HBeAg negative Infektion

HBeAg negative Hepatitis

HBsAg

Hoch

Hoch/intermediär

Niedrig

Intermediär

HBeAg

Positiv

Positiv

Negativ

Negativ

HBV DNA

> 107 IU/ml

104–107 IU/ml

< 2,000 IU/ml

> 2,000 IU/ml*

ALT

Normal

Erhöht

Normal

Erhöht

Lebererkrankung

Keine/minimal

HBeAg positiv

Keine

Moderat/schwer

*Die HBV DNA kann zwischen 2,000 und 20,000 IU/ml bei einigen Patienten ohne klinische Zeichen einer CHB betragen.

Tabelle 1.3-1 Prinzip der AP-Bestimmung

4-NPP + X-OH AP 4-NP + X-OPO 3 H 2

Tabelle 1.3-2 Referenzbereich der AP

Gesamt-AP im Serum, Plasma; Angaben in U/l (μkatal/l)

(18–49 Jahre) 33–98 U/L (0,55–1,64) /4/

(≥ 20 Jahre) 43–115 U/L (0,72–1,92) /4/

Konsensus DGKL + VDGH:

Erwachsene 55–105 (0,92–1,75), 40–130 (0,67–2,17)

Kinder /11/

  • 0–1 J.

89–370

(1,49–6,3)

89–370

(1,49–6,3)

  • 1–3 J.

91–334

(1,52–5,6)

91–334

(1,52–5,6)

  • 4–6 J.

97–316

(1,61–5,3)

97–316

(1,61–5,3)

  • 7–11 J.

120–340

(2,00–5,7)

110–316

(1,83–5,3)

  • 13–17 J.

49–328

(0,82–5,5)

75–363

(1,25–6,1)

Angegeben sind die 2,5- und 97,5-Perzentilen

Umrechnung: 1 U/l = 0,0167 μkatal/l

DGKL, Dt. Ges Klin Chem Lab Med; VDGH, Verb. Diagnostika- und Gerätehersteller

Knochen-AP im Serum, Plasma

Lektin-Präzipitation (37 °C; U/l) /6/

  • Oberer Grenzwert

50

60

  • ELISA (U/l) /7/

12–31

15–41

Immunometrischer Assay (μg/l) /12/

3,4–15,0

3,8–21,3

Humane Plazenta-AP (hPLAP) im Serum, Plasma

  • ELISA

bis 100 mU/l /13/

Regan-Typ-AP im Serum, Plasma

  • ELISA

bis 100 mU/l /13/

Tabelle 1.3-3 Erkrankungen der Leber und Gallenwege, die mit erhöhter Gesamt-AP einhergehen können

Akute Hepatitiden durch primär hepatotrope Viren /29/: Die vier Verlaufsformen der akuten Virushepatitis gehen der Schwere nach ansteigend im Mittel mit folgenden Erhöhungen der Gesamt-AP Aktivität einher: Anikterische 1,5 fach, typisch ikterische 2 fach, cholestatische 4 fach, nekrotisierende 2 fach. Beim spätcholestatischen Verlauf (2. bis 3. Woche nach Auftreten des Ikterus) steigt die Gesamt-AP an und die Aminotransferasen fallen nicht wie bei der unkomplizierten Form ab, sondern bilden ein Plateau.

Akute Hepatitis durch nicht hepatotrope Viren: 80 % der Patienten haben eine Erhöhung der Aminotransferasen, 50 % eine Bilirubinerhöhung und 30 % einen Gesamt-AP Anstieg.

Alkoholische Hepatitis: Die akute Form tritt in Folge einer akuten Alkoholbelastung beim chronischen Alkoholismus auf und ist Ausdruck einer schweren Parenchymschädigung. Die Aminotransferasen und die GGT können bis zum 20 fachen erhöht sein, die Gesamt-AP etwa bis zu 5 fach.

Chronische Virushepatitis: Bei der chronisch aktiven Hepatitis treten im Mittel 2 fache Erhöhungen der Gesamt-AP auf, die klinisch persistierende Verlaufsform zeigt Werte im Referenzbereich /29/.

Leberzirrhose: Der Anstieg der Gesamt-AP ist bei den Leberzirrhosen unterschiedlicher Ätiologie wie folgt: Viral und kryptogen im Referenzbereich, Alkohol-toxische etwa 1,5 fach und primär biliär etwa 5 fach. Erhöht sind die Leber- und insbesondere die Dünndarm-AP, wenn eine portale Hypertension vorliegt oder eine akute Rechtsherzinsuffizienz /30/.

Fettleber: Bei der alkoholischen Verfettung und der nicht-alkoholischen Steatohepatitis ist die Gesamt-AP gewöhnlich im Referenzbereich. Bei ausgeprägter Fettleber mit toxisch degenerativer Verfettung können jedoch die Gesamt-AP und GGT stark und die Aminotransferasen nur gering erhöht sein /31/.

Amyloidose der Leber: Mitbeteiligung der Leber bei Kollagenosen, Morbus Gaucher. Die Gesamt-AP kann leicht erhöht sein. Weniger häufig erhöht sind die Aminotransferasen /31/.

Verschlussikterus: Beim akuten Verschluss durch Gallensteine steigen die Aminotransferasen innerhalb von 24 h steil an (etwa um das 5–20 fache der Norm), um dann innerhalb einer Woche abzufallen. Die Gesamt-AP zeigt erst nach 24 h einen deutlichen Anstieg und steigt bei mehrere Tage bestehender Stauung auf hohe Werte (3–10 fach) an. Bei länger bestehender Stauung kommt es zum Wiederanstieg der Aminotransferasen. Tumor bedingte langsame Verschlüsse der extrahepatischen Gallenwege (Pankreaskopf-Tumor) haben bei Diagnosestellung hohe Werte der AP. Nach operativer Korrektur des Verschlussikterus normalisiert die AP innerhalb von 10 Tagen. Wird der akute Verschlussikterus durch eine eitrige Cholangitis kompliziert, kann der Anstieg der Gesamt-AP ausbleiben /32/.

PBC: Die primäre biliäre Zirrhose (PBC) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der kleinen und mittleren Gallengänge und betrifft im Alter von 40–60 J. Frauen 6–10 mal häufiger als Männer. Im Einzugsgebiet einer großen Klinik betrug die Inzidenz etwa 20 und die Prävalenz etwa 120 pro 1 Mio. Einwohner /33/. Die PBC wird nicht selten im Rahmen von Routineuntersuchungen auf Grund einer Erhöhung von AP, GGT und IgM erkannt. Sie kann auch mit einer autoimmunen oder HBsAg-positiven chronisch aktiven Hepatitis (CAH), der alkoholtoxischen Hepatitis oder einer Kollagenerkrankung assoziiert sein. Bei der alkoholtoxischen Hepatitis ist IgM primär jedoch nicht erhöht. Auch kann die PBC sich erstmals wie eine akute, cholestatisch verlaufende Lebererkrankung manifestieren und hat dann Ähnlichkeit mit einer CAH. Im Immunfluoreszenztest sind 85 % der PBC-Patienten AMA positiv, mit zusätzlichen Techniken (ELISA, Western-Blot) haben 95 % der Fälle Antikörper gegen die E2-Untereinheit des Pyruvatdehydrogenase-Komplexes (AMA-M2) /33/. Die Gesamt-AP ist schon vor Auftreten der klinischen Symptomatik erhöht und steigt mit zunehmender Krankheitsdauer gemeinsam mit dem Bilirubin an.

PSC: Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine chronische, cholestatische Lebererkrankung unbekannter Genese. Sie ist durch eine progressive Entzündung mit Fibrosierung und Zerstörung der intra- und extrahepatischen Gallenwege charakterisiert. In den USA und Westeuropa sind ein erheblicher Teil der entzündlichen Darmerkrankungen mit einer PSC assoziiert. Die Prävalenz ist 1–4/100.000 Personen. Etwa 70 % sind Männer, das mittlere Alter ist 40 J. Gewöhnlich treten die klinischen Symptome 1–2 Jahre vor der Diagnosestellung auf. Graduell zunehmende Müdigkeit und Juckreiz, gefolgt von Ikterus, sind häufige Beschwerden. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung haben 50–66 % der Patienten eine Hyperbilirubinämie, die Aminotransferasen sind leicht erhöht und die Gesamt-AP 2–5 fach /34/.

Ein häufiger Infektionsweg ist die aszendierende Infektion vom Duodenum aus. Typische Cholangitis (PSC)-Symptome sind Fieber, rechtsseitiger Oberbauchschmerz, Ikterus, Blutsenkungsreaktion (BSR)-Erhöhung und Leukozytose. Die Gesamt-AP, GGT und CRP sind stark, die Aminotransferasen leicht erhöht /35/.

ICP: Die intrahepatische Schwangerschafts-Cholestase (ICP) tritt im letzten Drittel der Schwangerschaft auf. Bilirubin ist stärker, die Gesamt-AP ist 3–5 fach erhöht, die Aminotransferasen (siehe Tab. 1.6-3 – Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien) können unterschiedlich erhöht sein. 2 Wochen nach Entbindung Normalisierung der Werte /36/.

Eitriger Leberabszess: Patienten mit eitrigen Leberabszessen können eine erhöhte Gesamt-AP und LDH sowie Fieber, Leukozytose, eine BSR-Erhöhung und Hypalbuminämie haben. Blutkulturen sind zu etwa 50 % positiv. Bei chronischen Amöbenabszessen kann die Gesamt-AP bis 2 fach erhöht sein /31/.

Monitoring nach Lebertransplantation /37/: Die nach Lebertransplantation auftretenden Probleme des Patienten sind die Folgen aus der vorbestehenden Erkrankung, aus dem operativen Geschehen und der Immunreaktion gegen das fremde Organ. Etwa 50 % der Transplantierten zeigen Symptome einer Abstoßungsreaktion. Bei einer Abstoßungsepisode ist die primäre Attacke gegen das Gallenwegsystem gerichtet. Die Anstiege von Bilirubin, Gesamt-AP und GGT sind deshalb hinweisende Marker. Die diagnostische Sensitivität der Gesamt-AP beträgt 69 %, der GGT 91 % und die positiven prädiktiven Werte sind jeweils 71 % und 68 %.

Phenprocoumon-induzierte Hepatitis /38/: In der Literatur ist über mehrere Fälle Phenprocoumon-induzierter Hepatitis berichtet worden. Die Latenzzeit der ersten unter Phenprocoumon entstehenden Hepatitis beträgt gewöhnlich mehrere Wochen, bei erneuter Einnahme ist sie kürzer und die Symptome sind schwerer.

Labordiagnostik: Es bestehen eine deutliche Erhöhung von Bilirubin, der Aminotransferasen sowie eine Erhöhung der Gesamt-AP (etwa 3 fach) und der GGT (etwa 10 fach).

Primäres Leberzellkarzinom: Frühester Marker ist die Erhöhung des α-Fetoproteins. Die Gesamt-AP ist gewöhnlich stärker erhöht als die Aminotransferasen /31/.

Andere Lebertumoren: Erst stärkere Nekrosen des Lebergewebes verursachen den Anstieg von Aminotransferasen, Gesamt-AP und GGT /31/.

Lebermetastasen: Sind Bilirubin, Aminotransferasen, Gesamt-AP und LDH normal, können Metastasen mit 98 % Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden /30/. Bei Präsenz von Metastasen sind einige oder alle der genannten Parameter erhöht, oft auch CEA, das α-Fetoprotein ist normal oder unter 100 μg/l.

Arzneimittel-bedingte Leberschäden: Arzneimittel können Leberschäden bewirken, die klinisch und labordiagnostisch dem Krankheitsbild der intrahepatischen Cholestase, dem hepatitischen Typ oder einer Mischform beider entsprechen. Beim cholestatischen Typ ist die Gesamt-AP mehr als 2 fach erhöht und die Aminotransferasen sind normal. Beim hepatitischen Typ sind besonders die Aminotransferasen und gelegentlich die GLDH erhöht, aber die Gesamt-AP ist normal. Beim cholestatisch-hepatitischen Typ sind die Aminotransferasen über 2 fach erhöht und die Gesamt-AP nur leicht /22/. Siehe auch Tab. 1.6-3 – Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien.

Hodgkin-Lymphome, maligne Non-Hodgkin-Lymphome: Es besteht eine Korrelation zwischen einer Erhöhung der Gesamt-AP und dem Leberbefall. Beim malignen Non-Hodgkin Lymphom haben etwa 40 % der Patienten mit Leberbeteiligung eine erhöhte Gesamt-AP. Es werden jedoch auch Gesamt-AP-Erhöhungen ohne Leberbeteiligung gefunden /39/.

Tabelle 1.3-4 Erkrankungen des Skelettsystems, die mit erhöhter Gesamt-AP einhergehen

Knochenfraktur /40/: Bei einer Tibiaschaftfraktur kommt es in den nächsten 20 Wochen zu folgendem Verlauf der Gesamt-AP: Sie steigt kontinuierlich während des Heilungsprozesses an, aber bei nur etwa 20 % der Patienten wird der obere Referenzbereich überschritten. Die Knochen-AP fällt in der ersten Woche ab, erreicht einen Nadir am 8. Tag, steigt dann kontinuierlich an und spiegelt den Verlauf der Gesamt-AP wider. Osteocalcin zeigt in den ersten 4 Tagen einen Anstieg gefolgt von einem kontinuierlichen Abfall mit einem Nadir in der 5. Woche, um dann kontinuierlich anzusteigen.

Morbus Paget /41/: Der M. Paget ist eine Erkrankung, die mit herdförmigen Arealen eines verstärkten aber disorganisierten Remodeling eines oder mehrerer Knochen einhergeht. Er ist selten vor dem Lj. 55, danach nimmt die Prävalenz deutlich zu und betrifft in manchen Ländern 5 % der Frauen und 8 % der Männer in der 8. Lebensdekade. Die Erkrankung wird durch pathologische Riesen-Osteoklasten mit stark erhöhter Resorptionsaktivität ausgelöst. Bevorzugt betroffen ist das axiale Skelett und betrifft in 70 % der Fälle das Becken, zu 55 % den Femur, zu 53 % die Lendenwirbelsäule, zu 42 % den Schädel und zu 32 % die Tibia. Das als Folge des raschen Knochenabbaus überstürzt gebildete Knochengewebe ist mechanisch minderwertig. Es besteht das Risiko von Verformungen, Frakturen, Schmerzen sowie artikulären und neurologischen Komplikationen. Die Pathogenese soll auf der Spätfolge einer Virusinfektion beruhen, möglicherweise Paramyxoviren, z.B. Masern, Respiratory syncytial virus.

Labordiagnostik: Bestimmung von Gesamt-AP, Ca, 25-Hydroxy-Vitamin D [25 (OH)D], Albumin und Creatinin. Oft ist die Gesamt-AP isoliert erhöht, aber normale Werte schließen einen M. Paget nicht aus, wenn nur wenige begrenzte Knochenareale befallen sind. 25 (OH)D ist bei vielen alten Menschen erniedrigt und niedrige Werte führen zur Erhöhung der AP. Die ALT sollte bestimmt werden zum Ausschluss einer hepatischen Erhöhung der Gesamt-AP. Die Bestimmung der Knochen-AP oder von N-terminalem Propeptid kann erforderlich sein, wenn eine Lebererkrankung vorliegt. Bisphosphonate reduzieren die Krankheitsaktivität und eine Suppression der Gesamt-AP in den Referenzbereich geht mit einer längeren Remissionsdauer einher. Die Minimalwerte der Gesamt-AP werden nach 3–6 Monaten erreicht. Die Verlaufsbeurteilung der Gesamt-AP sollte alle 3–6 Monate erfolgen und erneute Therapiezyklen durchgeführt werden, wenn die Beschwerden nach vorübergehender Besserung sich verstärken. Die Komplikationsrate bei Patienten mit sich normalisierender und nicht-normalisierender AP ist in etwa gleich.

Osteomalazie /42/: Nach ätiologischen und klinischen Aspekten wird die Osteomalazie in drei Gruppen eingeteilt:

  • Vitamin D-Mangel.
  • 25-Hydroxyvitamin D [25(OH)D], 1,25-Dihydroxyvitamin D [1,25 (OH)2 D] Stoffwechselstörung.
  • Renal-tubulär bedingt.

Während die Gesamt-AP und Knochen-AP immer erhöht sind, zeigen Calcium und Phosphat im Serum und Urin ein Verhalten, das von der Ursache der Erkrankung abhängig ist.

Labordiagnostisch kann die Osteomalazie gemäß dem primären Ereignis in eine hypokalziämische und eine hypophosphatämische Form unterteilt werden.

Vitamin D-Mangel – Ungenügende Sonnenlichtexposition, Malabsorptions-Syndrom, z.B. Glutenenteropathie, M. Crohn – Personen mit dunkler Hautfarbe: Eine Hypokalziämie bei normalem Phosphat charakterisiert das Initialstadium des Vitamin D-Mangels. Im 2. Stadium kommt es auf Grund des sich entwickelnden sekundären Hyperparathyreoidismus zur Normalisierung von Calcium im Serum, zur Hypophosphatämie und zum Anstieg der Gesamt-AP. Im 3. Stadium mit Ausbildung der floriden Osteomalazie/Rachitis steigt die Gesamt-AP weiter an und Hypokalziämie und eine Hypophosphatämie sowie eine Hypokalziurie liegen vor. Bei Vitamin D-Mangel ist 25(OH)D erniedrigt und 1,25 (OH)2D leicht erhöht oder leicht erniedrigt. Die Osteomalazie intestinalen Ursprungs ist oft kombiniert mit einer Osteitis fibrosa und Osteopororose.

Bei Personen mit dunkler Hautfarbe kann es zur Osteomalazie kommen, da diese unter nordeuropäischen Verhältnissen zu wenig Vitamin D bilden.

Chronisch Kranke /43/: Bei Patienten mit Leberzirrhose und Alkoholismus besteht eine lineare Beziehung zwischen dem Abfall von 25(OH)D und dem Anstieg der Gesamt-AP. Diejenigen mit einem schweren 25(OH)D-Mangel (unter 12,5 nmol/l) zeigen eine Verdopplung der Gesamt-AP (150 versus 76 U/l) gegenüber denjenigen ohne Vitamin D-Mangel. Im Vergleich zu Personen mit normalen 25(OH)D haben diese Patienten eine Parathormon-Erhöhung (median 5,1 pmol/l) im Vergleich zu 2,8 pmol/l.

Vitamin D-Stoffwechsel-Störung: Die Bestimmung der Knochen-AP ist sensitiver als die Gesamt-AP. Auch wenn letztere noch normal ist, kann die Knochen-AP schon erhöht sein.

Antiepileptika, Phenytoin, Phenobarbital, Primidon, Carbamazepin: Längere Behandlung mit Antiepileptika kann eine Osteomalazie und eine Erhöhung der Gesamt-AP auf das 1,5 fache bewirken. Die Konzentration von 25(OH)D ist vermindert auf Grund der Induktion mikrosomaler Enzyme, die zur Bildung nicht physiologischer Vitamin D-Metaboliten führt und die Hydroxylierung von Vitamin D in Position 25 zu 1,25 (OH)2D hemmen /44/. Es resultiert eine verminderte intestinale Ca-Absorption, die über die Tendenz zur Hypokalziämie einen sekundären Hyperparathyreoidismus bewirkt. Weiterhin hemmen Antikonvulsiva die Calcitoninsekretion, wodurch die Knochenresorption verstärkt wird, ebenfalls wird die renale Calcium- und Phosphat-Ausscheidung gehemmt, was zur Verbesserung von deren Bilanz führt.

Antihypertensiva, z.B. Verapamil: Die mehrwöchige Behandlung mit Verapamil kann eine AP-Erhöhung von 15 % bewirken. Es wird, Parathormon induziert, der Knochenstoffwechsel aktiviert /45/.

Pseudo-Vitamin D-Mangel-Rachitis Typ I + II: Unterschieden werden zwei Typen, beide sind hereditär bedingt und gehen mit erhöhter Gesamt-AP einher. Typ I wird im 1. Lebensjahr klinisch auffällig, es liegt ein Defekt des renalen Enzyms 25-Hydroxycholecalciferol-1α-Hydroxylase vor; 1,25 (OH)2D ist stark vermindert. Typ II tritt im Kindesalter oder sporadisch auf, die Endorgane sprechen nicht auf 1,25 (OH)2D an. Labordiagnostisch auffällig ist die Pseudo-Vitamin D-Mangel-Rachitis durch Hypokalziämie, Hypophosphatämie und Aminoazidurie.

Renal tubuläre Defekte: Diese Gruppe von Defekten, die Rachitis/Osteomalazie verursachen, enthält eine Vielfalt von Syndromen. Sie sind häufig hereditär bedingt, ein Teil tritt auch sporadisch im Erwachsenenalter auf. Labordiagnostisch im Vordergrund steht eine Hypophosphatämie mit Erhöhung der AP bei normalem Calcium, Parathormon und 25(OH)D.

X-gebundener Phosphatdiabetes: Neben der Osteomalazie haben die Patienten Verkalkungen der Sehnen, Ligamente und Gelenkkapseln. Die Hypophosphatämie ist schon kurz nach der Geburt nachweisbar, klinische Erscheinungen treten in den ersten zwei Lebensjahren auf.

Phosphatdiabetes: Der autosomal bedingte Phosphatdiabetes verursacht eine milde Rachitis und gering ausgeprägte Osteomalazie.

Phosphatdiabetes mit Neurofibromatose oder mesenchymalen Tumoren: Bei onkogenen Osteomalazien stimuliert der Tumor eine Phosphaturie und hemmt die renale 25-Hydroxycholecalciferol-1α-Hydroxylase. Nach Entfernung des Tumors verschwindet der Phosphatdiabetes und die AP normalisiert.

Renal tubuläre Azidose Typ I + II: Hereditäre Störung des distalen Tubulus. Bei Typ I ist die H+-Sekretion gestört, bei Typ II die Bicarbonat-Rückresorption. Der Harn ist alkalisch, es entwickelt sich eine progressive Nephrokalzinose und Niereninsuffizienz.

de Toni-Debré Fanconi-Syndrom: Autosomal rezessive Störung des proximalen und distalen Nephrons. Kann sich in Kindheit oder Erwachsenenalter entwickeln. Neben einer Rachitis haben ausgeprägte Formen in der Kindheit schon Polydipsie, Polyurie und Anorexie.

Renale Osteodystrophie /46/: Zur renalen Osteodystrophie (ROD) siehe auch Tab. 6.1-6 – Erkrankungen mit Störungen der Knochenmineralisation. Die Gesamt-AP ist unzureichend zur Bestimmung der Osteoblastenaktivität während die Knochen-AP gut mit der Knochenbildungsrate und der Osteoblastenoberfläche korreliert. Beim Typ 1 der ROD (Patienten mit hohem Knochenturnover) ist die Knochen-AP signifikant höher als bei denjenigen mit normalem oder niedrigem Turnover (Typ 2, bzw. Adynamic bone disease). Eine normale oder Low turnover ROD kann oft ausgeschlossen werden, wenn die Knochen-AP einen Wert über 40 μg/l hat. Niedrige Werte der Knochen-AP und erhöhte Werte von intaktem Parathormon (iPTH) schließen einen High turnover weitgehend aus. Eine niedrige Knochen-AP lässt eine Low Turnover ROD vermuten /47/. Erhöhte Werte der Knochen-AP bei normalem iPTH weisen auf eine PTH unabhängige Ursache hin.

Die Messung der Knochen-AP ist auch in der Therapiebeurteilung wichtig unter Behandlung mit Calcitriol [1,25 (OH)2D3]. Eine Abnahme der Knochen-AP zeigt besser eine adäquate Antwort an als Änderungen des iPTH. Ein potentielles Problem der langfristigen Calcitriol Behandlung ist die Induktion einer adynamen Knochenerkrankung mit normalen Werten von iPTH. Erreicht die Knochen-AP den Referenzbereich (unter 20 μg/l) sollte die Calcitriol-Therapie eingestellt werden. Problematisch sind Patienten, bei denen unter Calcitriol-Therapie die Knochen-AP normalisiert, iPTH aber im Bereich von 150–300 ng/l ist.

Nierentransplantation: Empfohlen wird die Bestimmung der Knochen-AP zur Beurteilung des Knochenstoffwechsels. Eine Woche nach der Transplantation kommt es zu einem Abfall der Knochen-AP, die dann wieder ansteigt und nach 1 Monat die Werte vor Transplantation erreicht. Dieser Verlauf wird mit der Wirkung der verabreichten Glukokortikoide und von Cyclosporin auf die Osteoblastentätigkeit erklärt. Glukokortikoide hemmen die intestinale Calciumabsorption, Cyclosporin kann über die Hemmung der renalen 25-Hydroxycholecalciferol-1α-Hydroxylase zur verminderten 1,25 (OH)2 D-Konzentration beitragen /48/.

Primärer Hyperparathyreoidismus: Die Gesamt-AP ist leicht erhöht oder normal. Die Knochen-AP ist deutlicher erhöht und spiegelt die Veränderungen am Skelett besser wider /3/.

Osteoporose: Die Osteoporose ist eine systemische Erkrankung und durch eine Verminderung der Knochenmasse, Zerstörung der Mikroarchitektur des Knochens und ein erhöhtes Knochenfrakturrisiko charakterisiert. Für kaukasische Frauen wurde von der WHO definiert /49/: Eine Verminderung des T-Score unter –2,5 wird als Osteoporose klassifiziert, ein T-Score zwischen –1 und –2,5 als Osteopenie. Als Vergleich diente die Knochendichte junger, gesunder Personen. Der beschleunigte Knochenverlust in den ersten Jahren der Menopause ist im Vergleich zu prämenopausal durch eine erhöhten Knochenturnover gekennzeichnet, mit einer Imbalance zwischen Knochenbildung und Knochenresorption. Die Gesamt-AP ist nicht und die Knochen-AP nur sehr eingeschränkt als Indikator einer Osteoporose geeignet. So haben zwar postmenopausale Frauen deutlich höhere Werte der Knochen-AP als prämenopausale, es besteht jedoch keine Korrelation zum Z-Score der Knochendichte.

Wachstumshormon-Behandlung kleinwüchsiger Kinder: Die Wachtumshormon Behandlung kleinwüchsiger Kinder ist teuer. Es ist deshalb wichtig, prädiktive Marker zu haben, die frühzeitig den Erfolg der Hormonbehandlung anzeigen. In einer Studie /50/ erwiesen sich die Knochen-AP und das Prokollagen-III-Peptid als gute prädiktive Marker. Die Knochen-AP war aber nicht besser als die Gesamt-AP. Gemessen wurde vor und 3 Monate nach Beginn der Behandlung. Eine Therapie wurde als erfolglos angesehen, wenn die Knochen-AP in diesem Zeitraum nicht um mehr als 50 U/l anstieg.

Akromegalie: Akromegalie bewirkt eine Erhöhung der Gesamt-AP. Ursache ist eine erhöhte Konzentration von Somatomedin C. Sie stimuliert die Osteoblastentätigkeit, wodurch es zur vermehrten Bildung von Knochen-AP kommt. Die Normalisierung der Konzentration von Somatomedin C ist das sicherste Kriterium zur Beurteilung einer Aktivitätsverminderung der Akromegalie. Die alleinige Messung der Knochen-AP hat mit einer diagnostischen Sensitivität von nahezu 100 % bei einer Spezifität von 88 % ähnliche Wertigkeit (siehe auch Beitrag 35.4.5.2.2 – Akromegalie).

Rheumatoide Arthritis: Erhöhungen der Gesamt-AP um 30–50 % über den oberen Referenzbereichswert und eine erhöhte Knochen-AP können im Serum und der Synovialflüssigkeit auftreten. Es wird angenommen, dass ätiologisch eine Freisetzung von Knochen-AP aus Synovialgewebe vorliegt /51/.

Tabelle 1.3-5 AP als Marker bei malignen Tumoren und Knochenmetastasen

Prostatakarzinom: Es wird generell angenommen, dass 75 % der Patienten mit Prostatakarzinom und einem PSA-Wert über 100 μg/l Knochenmetastasen haben, während diese bei PSA-Werten unter 20 μg/l selten sind. Patienten mit einem positiven Knochenscan hatten einen medianen PSA-Wert von 158 μg/l und solche mit negativem eine mediane PSA-Konzentration von 11 μg/l /52/. 27 % der Patienten mit Prostatakarzinom im Stadium M0 sollen PSA-Werte über 100 μg/l haben /53/. Insgesamt soll die Zuverlässigkeit des PSA als Marker zum Staging geringer sein als die der Knochen-AP. So betrug, bezugnehmend auf szintigraphisch diagnostizierte Knochenmetastasen, unter Anwendung eines Grenzwertes über 100 μg/l für die PSA und über 19 μg/l für die Knochen-AP die Richtigkeit der PSA nur 69,2 %, die der Knochen-AP jedoch 84,6 % /54/.

Mammakarzinom: Knochenmetastasen sind beim Mammakarzinom vorwiegend osteolytischer Natur. Die Erhöhung der AP ist deshalb gewöhnlich nicht so stark wie bei einem im gleichen Ausmaß metastasierten Prostatakarzinom. Die Knochen-AP ist ein empfindlicherer Indikator der Metastasierung als die Gesamt-AP. Bei szintigraphisch weniger ausgedehntem Knochenbefall kann aber auch die Knochen-AP normal sein /55/.

Osteosarkom, Ewing-Sarkom: Leicht bis extrem erhöhte Werte der Gesamt-AP werden gefunden. Betroffen sind Heranwachsende, Knaben häufiger als Mädchen. Beide Tumoren metastasieren bevorzugt in die Lunge. Der AP-Abfall dient beim Osteosarkom als Kriterium des Therapieerfolgs.

Multiples Myelom: Patienten mit multiplem Myelom haben wenn, nur eine leichte Erhöhung der Gesamt-AP. Die Knochen-AP ist eher erniedrigt, da Knochen abbauende Prozesse überwiegen /55/.

Paraneoplastisches Syndrom: Paraneoplastisch auftretende Erhöhungen der Gesamt-AP sind beim Hypernephrom beschrieben. Sie sollen gemeinsam mit einer Hypercholesterinämie und Hypergammaglobulinämie auftreten. Auch eine Hepatosplenomegalie gehört zu diesem Syndrom /56/.

Hodenkarzinom: Die humane Plazenta-AP (hPLAP) ein der Regan-AP synonymes Isoenzym, wird bei Hodenkarzinomen (Seminom und nicht-seminomatösen Hodenkarzinom) exprimiert und hat die Bedeutung eines Tumormarkers. Ihre Konzentration der hPLAP im Serum nimmt mit der Tumorgröße zu.

In einer Studie /57/ (72 Seminome, 33 Nicht-Seminome, 40 Mischtumoren) waren zum Diagnosezeitpunkt 69 % im Stadium I, 19 % im Stadium II und 11 % im Stadium III nach Lugano. Die diagnostischen Sensitivitäten der hPLAP waren 58,8 % für die Seminome, 44,4 % für Nichtseminome und 41,7 % für Mischtumoren bei einer Spezifität von 84 %. Der kombinierte Einsatz von hPLAP, hCG und LDH erhöhte die diagnostisch Sensitivität. Sie war bei 361 Seminompatienten unter Anwendung der Grenzwerte hPLAP ≥ 100 mU/l, hCG ≥ 5 IU/l und LDH über dem oberen Referenzbereich 74 % im Stadium I und 86 % bei höheren Stadien, im Vergleich zu Patienten mit nicht-seminomatösen Tumoren. In 27 % der Fälle war die hPLAP der einzige positive Tumormarker. Die Kombination von hCG und LDH zeigte eine diagnostisch Sensitivität von 38 % im Stadium I und von 67 % bei höheren Stadien /58/. Nach anderen Untersuchern betrug die Sensitivität der hPLAP präoperativ beim Seminom 56 % und die Sensitivität zur postoperativen Erkennung von Metastasen 51 % /59/. Eine Halbwertszeit der hPLAP über 2,8 Tage bei Nichtrauchern korrelierte zu 67 % mit einem Stadium höher als I. In der Verlaufsbeurteilung wird ein Rezidiv durch den Nachweis der hPLAP mit einer diagnostischen Sensitivität von nahezu 100 % angezeigt bei einer Spezifität von etwa 50 % /60/. Unter oder nach Therapie bestehende Markerpersistenz weist auf nicht entdeckte Metastasen hin. Zur Beurteilung des Therapieerfolgs unter Chemotherapie ist die hPLAP ein guter Marker. Ein Nachteil der hPLAP ist ihre Positivität bei 34–60 % der Raucher, sowie die bei diesen vorliegende hohe intraindividuelle Variation /61/. Die hPLAP ist deshalb bei diesen Personen diagnostisch nicht anwendbar.

Tabelle 1.3-6 Erhöhung der AP ohne erkennbare hepatobiliäre Erkrankung oder Knochenerkrankung

Rheumatische Erkrankungen /62/: Erhöhungen der Gesamt-AP werden in einer Häufigkeit von 8–50 % bei rheumatoider Arthritis (RA) und ankylosierender Spondylitis (AS) gefunden, seltener bei Osteoarthritis. Ein Teil der Patienten zeigt eine erhöhte Knochen-AP, einige Patienten haben bei normaler Gesamt-AP nur eine erhöhte Knochen-AP. Die erhöhte Gesamt-AP bei RA und AS korreliert mit der Entzündungsaktivität der Erkrankung und ebenfalls mit der GGT, nicht aber mit der Knochen-AP. Dies unterstützt die Hypothese, dass die Entzündungsreaktion bei RA und AS für die vermehrte Bildung der Membran-gebundenen hepatobiliären Enzyme AP und GGT verantwortlich ist.

Morbus Crohn /63/: Etwa 20 % der Patienten mit M. Crohn haben eine erhöhte Gesamt-AP. Vorwiegend ist die Leber-AP (84 %) betroffen, auch kann eine Makro-AP vorliegen. Die AP-Erhöhung soll wie bei den rheumatischen Erkrankungen auf einer verstärkten Entzündungsaktivität beruhen.

Diabetes mellitus: Ein Teil der Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und Osteopenie haben eine erhöhte Knochen-AP.

Hyperthyreose /64/: Die Hyperthyreose geht mit einem erhöhten Knochenturnover einher, bedingt durch eine vermehrte Knochenresorption. Histomorphometrische und labordiagnostische Untersuchungen zeigen ein vermindertes trabekuläres Knochenvolumen und eine negative Calciumbalance. Bei älteren Frauen mit Schenkelhalsfraktur wird eine Hyperthyreose 2,5 mal häufiger gefunden als bei Kontrollpersonen. Die Knochen-AP kann erhöht sein und korreliert schwach mit der FT4-Konzentration.

Transiente Hyperphosphatasämie: Es handelt sich um ein benignes, familiäres Phänomen, das Kinder und Erwachsene betrifft. Bei Kindern kommt die transiente Hyperphosphatasämie bevorzugt im Alter von wenigen Monaten bis zu 5 Jahren vor. Die Aktivität der Gesamt-AP kann über 5 fach des oberen Referenzbereichs Erwachsener liegen. Die Erhöhungen dauern gewöhnlich um die 3 Monate, können aber auch bis zu 20 Monate bestehen. Anstiege um das 20–70 fache des oberen Referenzbereichs Erwachsener sind beschrieben. Die Erhöhung betrifft die Leber- und Knochen-AP, die Kinder haben jedoch keine Leber- oder Skeletterkrankung. Es liegt eine genetische Veranlagung zur verstärkten Expression der Gewebe-unspezifischen AP vor /65/.

Die Pathogenese der transienten Hyperphosphatasämie Erwachsener ist unbekannt. Der primäre Weg der Clearance der AP aus der Zirkulation erfolgt durch die Hepatozyten über spezifische Rezeptoren. Es wird angenommen, dass eine verstärkte Sialisierung der AP bei diesen Patienten die Aufnahme über die Rezeptoren erschwert, was zu einer reduzierten Clearance führt. Bei einem Patienten mit chronischer Lebererkrankung normalisierte sich der Gesamt-AP-Wert innerhalb von 3–6 Monaten /66/.

Schwangerschaft /67/: In der Schwangerschaft wird Plazenta-AP in das mütterliche Blut abgegeben. Der Referenzbereich der Gesamt-AP beträgt im letzten Trimester 133–418 U/l. Hohe Werte sind während und nach der Entbindung typisch und sind wahrscheinlich durch eine plazentare Schädigung bedingt. Die Halbwertszeit des Abfalls der Plazenta-AP nach Entbindung beträgt 4–7 Tage, mit einer Normalisierung der Gesamt-AP ist nach sechs Halbwertszeiten, also 4–6 Wochen nach der Entbindung zu rechnen. Bei einer Schädigung der Plazenta, z.B. durch einen Plazentainfarkt, kommt es schon vor der Entbindung innerhalb eines Tages zu einem steilen Anstieg der Gesamt-AP und von α-Fetoprotein während hCG stark abfällt.

Tabelle 1.3-7 Erkrankungen, die mit einer Verminderung der Gesamt-AP eingehen

Verschiedene Erkrankungen: Die Hypophosphatasämie ist eine seltene Erkrankung und kommt nach einer Studie /68/ bei etwa 0,2 % der älteren Menschen vor. Häufigste Ursachen sind: Zustand nach kardiopulmonaler Bypass-Operation, Protein-Mangelernährung, Magnesiummangel, Hypothyreose und schwere Anämie.

M. Wilson /70/: Die Hypophosphatasämie bei M. Wilson, insbesondere bei fulminanter Hepatopathie und hämolytischer Anämie, soll auf einer Verminderung der Knochen-AP beruhen. Nach einer Untersuchung /69/ hat die Knochen-AP im Plasma eine verminderte Stabilität, die auf der Vermehrung von reaktivem Sauerstoff, bedingt durch den Mangel an Coeruloplasmin, beruhen soll. Die Halbwertszeit ist von 22–66 h auf etwa 6 h verkürzt.

Hypophosphatasie (HPP)

Die Hypophosphatasie (OMIM 146300, 241500, 241510) ist eine seltene, ererbte Erkrankung, die aus Loss-of-function Mutationen im Gen AP resultiert, welches das Tissue-specific AP-Isoenzyme (TSAP) und die Tissue-non-specific isoformen (TNSAP) kodiert /7071/. Die Aktivität der Gesamt-AP ist unter 40 U/l. Es sind über 400 genetische Mutationen des Gens AP bekannt. Etwa 70 % sind Missense-Mutationen. Bei Mutationen der TNSAP resultiert eine HPP. Es sind sind Leber-, Knochen-, Darm-, Plazenta und Keimzell-AP inaktiv oder gering aktiv. Die Inzidenz der HPP beträgt 1 auf 100,000 bis 1 auf 300.000 Lebendgeburten.

Klinik: Die klinischen Symptome der HPP sind sehr variabel und reichen von letalen perinatalen skeletalen Formen bis zur ododentalen Hypophosphatasie. Viele Patienten werden erst im Erwachsenenalter durch Stressfrakturen, verzögerte Frakturheilung, Osteomalazie und Kristallarthropathie auffällig, manche gar nicht. Häufige Befunde sind: Früher Verlust der Milchzähne, verminderte Mineralisation der Zähne, Muskel- und Gelenkschmerzen, Muskelschwäche, Sehnenverkalkung, Knochenveränderungen (Skoliose der Wirbelsäule), Migräne, Depression, Epilepsie, auffällige Familienanamnese auf Hypophosphatämie.

Abhängig vom Zeitpunkt der Diagnosestellung wird die HPP in folgende Typen unterteilt: perinataler, infantiler, jugendlicher und erwachsener Typ, sowie in die Odontohypophosphatasie (nur dentale Manifestationen und verminderte AP) und die Pseudohypophosphatasie. Klinisch ist letztere nicht von der infantilen HPP abzugrenzen, aber die Gesamt-AP im Serum ist normal. Die HPP ist in ihrer Erscheinungsform höchst variabel. Die schwersten Formen der Erkrankung haben einen autosomal rezessiven Modus der Vererbung. Die Compound Heterozygosität und die autosomale Mutationen im Gen TNSAP können zu einer HPP in der Kindheit und beim Erwachsenen führen. Die perinatale HPP verläuft nach der Geburt fatal. Durch schwere Skelettdeformationen kann es zum Absterben im Mutterleib kommen. In der mildesten, der Erwachsenenform, können Knochenfrakturen auftreten oder sie bleibt ohne Symptome. Der perinatale und der infantile Typ werden autosomal rezessiv vererbt, während der jugendliche und der erwachsenen Typ jeweils autosomal dominant und autosomal rezessiv vererbt werden. Heterozygote Träger der schweren Form sind klinisch unauffällig oder haben nur geringe oder keine Skelettveränderungen und nur eine moderate Verminderung der Gesamt-AP. Der perinatale und der infantile Typ werden autosomal rezessiv vererbt, während der jugendliche und der erwachsenen Typ jeweils autosomal dominant und autosomal rezessiv vererbt werden können.

Labordiagnostik: Verminderung der Gesamt-AP und der Knochen-AP, Calcium und Phosphat erhöht, besonders bei der infantilen und der jugendlichen Form. Im Serum wird Phosphoäthanolamin erhöht gemessen. Erhöhte Konzentrationen von Substraten der AP wie Phosphoäthanolamin und Pyridoxal-5-phosphat, ein Produkt von Vitamin B6 sollten 2 Wochen vor Bestimmung von Phosphoäthanolamin abgesetzt werden. Jedoch ist eine verminderte AP allein nicht pathognomonisch und kann mit unterschiedlichen Erkrankungen assoziiert sein. Ein pränatales Screening sollte angeboten werden, bei Familien mit einer hohe Wahrscheinlichkeit für eine schwere HPP /71/. In Europa, beträgt die Frequenz eines defekten Gens etwa 1 : 300, aber nur 4 % der heterozygoten Träger einer TNSAP-Mutation bilden eine HPP aus, und wenn, dann eine milde Form.

Tabelle 1.4-1 Referenzbereich der α-Amylase

Messverfahren bei 37 °C

Serum

Urin*

IFCC-Methode; Personen > 17 J.

31–107 /1/ (0,42–1,71)

≤ 460 (≤ 7,7)

G3-CNP-Methode; Erwachsene /2/ [2-Chlor-4-nitrophenyl-α-D-maltotriosid und Kaliumthiocyanat] /3/

30–90 (0,50–1,5)

25–98 (0,42–1,0)

Vitros-Methode; Erwachsene [Amylopektin-Reaktonrot 2B]

30–110 (0,50–1,83)

≤ 640 (≤ 0,7)

Pankreasamylase (EPS-G7-NP-Methode mit 2 Antikörpern gegen Speichelamylase)

Erwachsene /4/

13–53 (0,2–0,9)

≤ 640 (≤ 9,8)

Kinder /5/:

< 1 Jahr
1–9 Jahre
10–18 Jahre

0–8 (0–0,13)
5–31 (0,09–0,52)
7–38 (0,11–0,65)

Angabe in U/l (μkatal/l); Angabe der 2,5. und 97,5. Perzentilen; * Spontanurin

Tabelle 1.4-2 Ursachen pankreatogener Hyperamylasämien

Akute Pankreatitis: Hyperenzymämie meist über 3 × oberer Referenzbereichswert (ORF) ab 5–6 h nach Auftreten der Beschwerden, Dauer 2–6 Tage. Höchste Werte (bis 20 × ORF) werden, ohne prognostische Bedeutung, bei seröser Entzündung beobachtet.

Chronische Pankreatitis (rezidivierend, obstruktiv): Rezidiv chronischer Entzündung: Hyperamylasämie am Erkrankungstag, Dauer 4–6 Tage bis Wochen (bei obstruktiver Form und Rezidiven bei Alkoholismus), Wiederanstieg bei Abszedierung und Pseudozysten. Im beschwerdefreien Intervall unauffällige Konzentrationen von α-Amylase und Pankreas-Amylase. Hyperenzymämie bei Alkohol-induzierten Formen nur bei etwa 60 % der Kranken, häufig mit gleichzeitigem Anstieg von Speicheldrüsen-Amylase.

Akutes Abdomen: Anstieg von α-Amylase 5–6 h nach Einsetzen der Symptome bei Beteiligung der Bauchspeicheldrüse (Cholecystitis, Ulcus duodeni penetrans unter 3,5 × ORF) mit 2–4 Tagen Dauer (verschieden nach Ursache und Therapie), Pankreas-Amylase relativ stärker erhöht. Geringe (unter 2 × ORF) und inkonstant erhöhte Konzentration bei Tubarruptur, Torsion eines Ovarialtumors (Speicheldrüsen-Amylase erhöht), Peritonitis durch Ulcusperforation, Ileus, Mesenterialinfarkt, Milzvenenthrombose.

ERCP: Maximum nach 6 h (2–4 des ORF) mit Abfall der Hyperenzymämie in 2–4 Tagen bei unkompliziertem Eingriff.

Tabelle 1.4-3 Ursachen extrapankreatischer Hyperamylasämien

Niereninsuffizienz: α-Amylase (Pankrease-Amylase > Speicheldrüsen-Amylase) bei glomerulären und tubulären Schäden erhöht ab Creatininclearance unter 50 [ml × min–1 × (1,73 m2)–1], um 3 × ORF bei Dialysepatienten.

Maligner Tumor: Alle Isozyme werden nachgewiesen. Speicheldrüsen-Amylase soll gut differenzierte, X-Amy entdifferenzierte Neoplasien charakterisieren: Bronchien (Adenokarzinome), Kolon, Thyreoidea, Ovar, Prostata, Zervix und Myelom.

Alkoholismus: Bei akuter Ethylalkohol-Vergiftung in 10 % Speicheldrüsen-Amylase erhöht; nach 5 Jahren Abusus: α-Amylase unauffällig, aber Quotient Speicheldrüsen-Amylase/Pankrease-Amylase 1,8 (bei Gesunden 1,0), bei Leberzirrhose oder chronischer Hepatitis dazu geringe (unter 2 × ORF) Erhöhung von α-Amylase (total).

Hepatopathien: Inkonstante Erhöhung von 1,5–8 des ORF bei akuter Leberstauung, Virushepatitis, Leberzirrhose, hepatozellulärem Karzinom, Lebermetastasen und Leberresektion.

Parotitis: Anstieg von α-Amylase bis 3 × ORF (postoperativ) oder bis 5 × ORF (Virusinfektion, Mumps; bei Sialolithiasis postprandial) ausschließlich durch Speicheldrüsen-Amylase; nur bei Pankreasbeteiligung (Parotitis epidemica) Pankrease-Amylase und Lipase erhöht.

Makroamylasämien: Anomalie in 2 % stationärer Patienten mit permanenter Erhöhung von α-Amylase. Ausschluss von AIDS, Lymphomen und Myelomen erforderlich.

Pseudoform durch Hydroxyethylstärke (HAES), die (häufig postoperativ) eine Pankreatitis vortäuscht.

Seltene Ursachen: Gelegentlich Anstieg von α-Amylase 2–3 des ORF bei Enteritis regionalis und Colitis ulcerosa, Salpingitis, AIDS und diabetischer Ketoazidose: Bei Pankreasbeteiligung synchroner Verlauf von α-Amylase, Pankrease-Amylase und Lipase.

Tabelle 1.5-1 Referenzbereich von ACE in Abhängigkeit von der Bestimmungsmethode

Bestimmungsmethode

Bereich

Lieberman /2/

10–135

Neels et al. /3/

115–420

Ryan et al. /4/

44–138

Silverstein et al. /5/

12–152

Holmquist et al. /6/

8–52

30–170 /7/

Angabe in U/l. 1 U ist definiert als die Enzymmenge, die 1 μmol Substrat pro Sekunde hydrolysiert. Die angegebenen Bereiche umfassen x ± 2 s.

Tabelle 1.5-2 Alternative Erkrankungen zur Sarkoidose

Chronische Berylliose: Die chronische Berylliose ist eine wichtige Differentialdiagnose zur Sarkoidose. Die klinischen Manifestationen beider Erkrankungen sind nahezu identisch /8/. Leicht erhöhte SACE-Werte sind möglich. Abgrenzung gegenüber der Sarkoidose durch den Beryllium-Lymphozyten-Transformations-Test oder einen Hauttest.

Tuberkulose: Im Frühstadium der Tuberkulose enthalten nekrotisierende Granulome Mykobakterien. Im chronischen Stadium liegen Palisaden von epitheloiden Histiozyten vor, die Nekrosen und Kavernen abgrenzen. Selten werden neutrophile Granulozyten gefunden. ACE normal oder grenzwertig.

M. Gaucher: Es werden im Mittel 3 fach erhöhte SACE-Werte gemessen. Quelle der SACE-Aktivität ist die Gaucher-Zelle /9/. Diese entstammt wie die Epitheloidzellen bei der Sarkoidose von zirkulierenden Monozyten, die sich von phagozytierenden Zellen in stationäre nun speichernde und sezernierende Zellen umgewandelt haben.

Hypersensitivitäts Pneumonitis (subakute): Schmale aund gering strukturierte nicht nekrotisierende Granulome (Schaumann Körperchen). Fibrosierung in der Peripherie der Granulome. ACE normal oder grenzwertig.

Diabetes mellitus: In einer Studie /20/ hatten Diabetiker mit proliferativer Retinopathie im Mittel um 50 % höhere SACE-Werte als gesunde Kontrollpersonen.

Mixed connective tissue disease (MCTD): Die MCTD ist eine Krankheitsentität mit hohem Antikörpertiter gegen nukleäres Ribonukleoprotein und einer Kombination der klinischen Merkmale der progressiven, systemischen Sklerose, der Polymyositis und des systemischen Lupus erythematodes. Ein großes klinisches Problem dieser Erkrankung ist die Entwicklung einer pulmonalen Hypertension. Nach einer Studie /21/ sollen MCTD-Patienten, die eine pulmonale Hypertension entwickeln, einen Anstieg der SACE-Werte aufweisen.

HIV-Infektion: Die SACE-Werte von Patienten mit AIDS und Patienten in einem Zwischenstadium der HIV-Infektion sind im Mittel 60 % höher als bei gesunden Kontrollpersonen /22/.

Chronisches Müdigkeitssyndrom: Nach einer Studie /9/ hatten 18 von 20 Patienten mit chronischem Müdigkeitssyndrom SACE-Werte über 35 U/l, gemessen mit der Methode nach Lieberman.

Schwangerschaft: Die SACE-Werte steigen ab dem 7. Schwangerschaftsmonat an, fallen nach der Entbindung ab und sind 6 Wochen post partum wieder normal.

Sarkoid-ähnliche Reaktion nach Krebstherapie: Eine pulmonale Sarkoidose ist beschrieben nach Therapie mit CTLA-4 Inhibitoren und nach Therapie mit den Inhibitoren PD-1 und PD- L1.

Tabelle 1.6-1 Referenzbereiche von AST und ALT

Serum, Plasma

U/l (μkatal/l)

AST

ALT

IFCC-Methode

Erwachsene (ohne PYP) /3/

< 31 (0,52)

< 34 (0,56)

< 35 (0,58)

< 45 (0,74)

Konsensus für obere Grenzwerte (mit PYP) /4/

< 35 (0,60)

< 35 (0,60)

< 50 (0,85)

< 50 (0,85)

Kinder /5/

Alter

AST ohne PyP

AST mit PyP

  • 0–1 J.

16–58 (0,27–0,96)

14–77 (0,24–1,29)

  • 1–3 J.

16–60 (0,27–1,0)

19–71 (0,32–1,19)

  • 4–6 J.

14–49 (0,24–0,81)

15–53 (0,25–0,89)

  • 7–12 J.

16–42 (0,27–0,70)

19–48 (0,31–0,80)

  • 13–17 J.

13–38 (0,22–0,64)

15–41 (0,25–0,69)

ALT ohne PyP

ALT mit PyP

  • 0–1 J.

5–41 (0,09–0,68)

4–49 (0,07–0,82)

  • 1–3 J.

8–28 (0,14–0,47)

7–29 (0,11–0,49)

  • 4–6 J.

6–29 (0,10–0,49)

5–39 (0,08–0,65)

  • 7–12 J.

8–36 (0,13–0,60)

7–44 (0,12–0,73)

  • 13–17 J.

7–37 (0,12–0,62)

8–45 (0,13–0,75)

Angegeben sind die 2,5. und 97,5. Perzentilen und die Bereiche der Aminotransferasen mit und ohne Pyridoxalphosphat (PYP).

Tabelle 1.6-2 ALT-Werte im Serum bei Klinikaufnahme und ihr Anteil (%) bei Erkrankungen von Leber und Gallenwegen Lit. /9/

ALT-Werte

< 50

50–200

200–400

400–1.000

1.000–2.000

> 2.000

Anteil (%) der Patienten mit ALT-Werten

Fettleber verschiedener Ätiologie

25

72

3

0

0

0

Metastasenleber

35

55

8

2

0

0

Gallenwegsverschluss

14

61

14

11

0

0

Zirrhosen, außer primär biliärer Zirrhose

14

70

10

5

0

0

Toxischer Leberschaden*

19

42

17

19

3

0

Chronische Hepatitis

1

42

40

13

4

0

Cholangitis und primär biliäre Zirrhose

0

64

20

8

8

0

Akute Virushepatitis

0

0

0

9

34

57

Akute Durchblutungsstörung

0

0

0

0

19

81

* Nur medikamentös induziert

Tabelle 1.6-3 Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien (siehe auch Tab. 1.2-5 – Laboruntersuchungen bei Hepatopathien)

Akute Virushepatitiden durch hepatotrope Viren: Viele Viren können bei systemischer Infektion auch die Leber schädigen. Bei der Infektion mit hepatotropen Viren wird jedoch das Krankheitsbild durch die Lebererkrankung dominiert. Die Differenzierung der Hepatitisformen in die Typen A–E erfolgt immunologisch und molekularbiologisch. In der Inkubationszeit liegen normale Aminotransferasen vor, jedoch im Prodromalstadium steiler Anstieg, der dem Bilirubinanstieg eine Woche vorausgeht. Bei Auftreten des Ikterus und in der 1. Krankheitswoche werden Maximalwerte der ALT von 20–30 fach und der AST von 10–20 fach des oberen Referenzbereichswerts erreicht. In der differentialdiagnostischen Abgrenzung der akuten Virushepatitis von Lebererkrankungen mit intra- und extrahepatischer Cholestase beträgt bei einer ALT über 20 fach und einer AST über 10 fach der oberen Referenzbereichswerte der positive Vorhersagewert für eine akute Virushepatitis 78 %, der negative, der diese ausschließt, 99 % /11/. Die unterschiedlichen Verlaufsformen der akuten Hepatitis, die nach ihren Schweregraden von anikterisch über typisch ikterisch und cholestatisch bis zu nekrotisierend eingeteilt werden, zeigen bezogen auf die Maximalwerte der Aminotransferasen, ansteigende Werte. Die cholestatische Verlaufsform kann durch eine mehrfache Erhöhung von GGT und AP abgegrenzt werden, die nekrotisierende auf Grund eines De-Ritis-Quotienten über 1 und hohe GLDH-Werte. Kinder haben häufiger anikterische Hepatitiden als Erwachsene. Ikterische Krankheitsverläufe heilen besser aus als anikterische.

Hepatitis A /22/: Verläuft bei 20–30 % der Erwachsenen und 90 % der Kinder unter 5 Jahren anikterisch. Symptomatischer Verlauf von 3–6 Wochen, gutartig, selbstlimitierend, nicht chronifizierend, deshalb keine chronischen Virusträger. ALT-Anstieg 20–30 fach, De-Ritis-Quotient um 0,5; Abfall in der Regel innerhalb 6 Wochen. Bei 5–10 % der Patienten protrahierte oder schubweise Verläufe, besonders bei Erwachsenen mit Aminotransferasen-Erhöhung und HAV-IgM-Persistenz bis zu einem Jahr. Schwere Verläufe mit massivem Enzymanstieg und cholestatische Formen mit hohen Aminotransferasen sowie Anstieg von AP, GGT und Bilirubinerhöhung über 12 mg/dl (205 μmol/l), teils über Monate, sind mit steigendem Alter zu verzeichnen. Mortalitätsrate bei Patienten über 40 Jahre 1,1 %, unter 14 Jahren 0,1 %. Infizierte Kontaktpersonen können schon 1–2 Wochen vor dem Anstieg der Aminotransferasen durch Untersuchungen des Stuhls auf Hepatitis A-Antigen erkannt werden.

Hepatitis B /13, 22/: Die akute Hepatitis B-Infektion wird von etwa zwei Drittel der Patienten nicht bemerkt, da bei diesen ein Ikterus ausbleibt. Mild verlaufende Formen werden deshalb häufig als grippale Infekte, Polyarthritis oder gastrointestinale Beschwerden fehlgedeutet. Leichte ikterische Formen gehen mit Bilirubinwerten bis 5 mg/dl (85 μmol/l) einher, schwere können Werte über 30 mg/dl (510 μmol/l) haben. Die Aminotransferasen sind bei Auftreten des Ikterus schon erhöht, erreichen jedoch das Maximum (ALT etwa 40 fach, AST etwa 30 fach) erst eine Woche nach Auftreten des Ikterus. Der Quotient AST/ALT liegt anfangs um 0,7 und nimmt mit zunehmender Heilung und Abfall der Aminotransferasen ab. Die Normalisierung der Aminotransferasen erfolgt nach 6–12 Wochen, die ALT und die GGT sind die zuletzt sich normalisierenden Enzyme.

Frühe cholestatische Verlaufsformen entwickeln etwa 5 % der Patienten. Sie haben schon zu Beginn der Erkrankung einen hohen Bilirubinwert, Plateau artig stark erhöhte Aminotransferasen für 4–6 Wochen und die Aktivitäten von AP und GGT steigen um das 5–7 fache an, mit Maximalwerten 4–6 Wochen nach Auftreten des Ikterus. Klinisch auffällig ist ein starker Juckreiz, der bei der späten cholestatischen Form nicht vorkommt. Diese zeigt bei fallenden Aminotransferasen Anstiege von AP, GGT und Bilirubin.

Fulminante Verlaufsformen haben hohe Aminotransferasen, einen AST/ALT-Quotienten weit über 1 und einen starken Anstieg der GLDH. Ein prognostisch schlechtes Zeichen ist ein rascher Abfall der Aminotransferasen bei weiterem Anstieg von Bilirubin, GLDH und LDH.

Zur prognostischen Beurteilung der akuten Hepatitis B liefert die Höhe der Aminotransferasen keine Aussage. Eine chronische Infektion erfolgt bei allen Kindern, die in der perinatalen Periode infiziert wurden, bei 20–50 % derjenigen mit Infektion im Alter von 1–5 Jahren und bei 5 % der Erwachsenen.

Hepatitis C /23, 24/: Die Symptome der akuten Hepatitis C gleichen in der Prodromalphase denen der Hepatitis B, sind aber wesentlich geringer. Der Krankheitsverlauf ist meist asymptomatisch oder durch unspezifische klinische Symptome gekennzeichnet. 30–70 % der Patienten haben einen anikterischen Verlauf. Der symptomatische Verlauf zeigt einen Anstieg der ALT bis etwa 15 fach des oberen Referenzbereichswerts. Die Aminotransferasen fallen rasch ab und normalisieren nach 5–12 Wochen. Die Höhe der Aminotransferasen ist jedoch kein prognostisches Kriterium für eine Elimination des Virus. Patienten mit Heilung zeigen häufig anfangs hohe ALT-Werte, die aber rasch abfallen. Fluktuierende Anstiege oder eine Plateau Bildung der ALT sind häufiger mit dem Übergang in den chronischen Verlauf assoziiert. Die Prävalenz fulminanter Verläufe liegt bei unter 1 %. Bis zu 85 % der Patienten entwickeln eine chronische Hepatitis, 5–25 % eine Leberzirrhose.

Hepatitis D /25, 26/: Die Hepatitis D ist keine eigenständige Erkrankung und kommt in Assoziation mit einer Hepatitis B vor, und zwar:

  • Als Superinfektion eines HBsAg-Trägers mit dem Delta-Virus. So ist bei asymptomatischen HBsAg-Trägern eine Aktivierung der Infektion möglich oder bei aktiver Hepatitis B-Infektion die Superinfektion mit dem Delta-Virus. Der Krankheitsverlauf ist meist schwer, die Aminotransferasen sind etwa 20 fach und mehr erhöht und der Übergang in eine fulminante Hepatitis ist möglich. Zu 70–90 % wird das Virus nicht eliminiert und es verbleibt eine progredient verlaufende schwere chronische Hepatitis mit raschem Übergang in eine Leberzirrhose.
  • Als Koinfektion von Hepatitis B- und Delta-Virus. Die Hepatitis D folgt der Hepatitis B im Abstand von 2–4 Wochen. Das klinische Bild und der Aminotransferasen-Verlauf entsprechen dem einer akuten Hepatitis B. Bei einem Teil der Patienten kommt es zu einem biphasischen Verlauf mit einem zweigipfeligen ALT-Anstieg innerhalb von Wochen. Für die Pathogenität der Delta-Virusinfektion ist die Virulenz des Hepatitis B-Virus entscheidend. Ist diese gering, kann das Delta-Virus eliminiert werden. Bei Koinfektion heilen etwa 95 % der Fälle aus, weniger als 5 % gehen in einen Trägerstatus über und weniger als 1 % entwickeln eine fulminante Hepatitis.

Hepatitis E /27/: In Entwicklungsländern Asiens, Afrikas, Süd- und Mittelamerikas ist die Hepatitis E eine häufige Form der akuten Hepatitis. Das Virus wird mit dem Stuhl ausgeschieden, der Übertragungsweg ist fäkal-oral. In Industrienationen haben Hepatitis E-Kranke eine Reiseanamnese. Es handelt sich um eine selbstlimitierende Erkrankung mit einer Inkubationszeit von 2–9 Wochen. Der klinische Verlauf ist durch Ikterus, Hepatomegalie und Aminotransferasen-Erhöhung mit Gipfelwerten wie bei der Hepatitis A und der B gekennzeichnet. Anti-HEV-IgM wird schon vor den Gipfelwerten der Aminotransferasen nachweisbar. Die ALT und AST normalisieren innerhalb von 6 Wochen. Ein Teil der Fälle zeigt eine cholestatische Verlaufsform mit stärkeren Anstiegen von GGT und AP. Die Mortalität beträgt 0,5–4 %, Schwangere können eine fulminante Verlaufsform entwickeln, die Letalitätsrate kann deshalb bei Schwangeren 20 % erreichen.

Hepatitiden durch nicht hepatotrope Viren: Miterkrankungen der Leber können bei systemischen Virusinfektionen auftreten. Das ist z.B. der Fall bei der Infektion mit Viren der Herpesgruppe (Herpes simplex Virus, Varizella zoster Virus, Epstein-Barr Virus und Cytomegalie Virus, Entero Viren (Coxsackie- und ECHO Viren), Adeno Virus, Röteln Virus und durch für unsere Breiten exotische Viren wie das Gelbfieber Virus und das Dengue Virus.

Cytomegalie-Virus (CMV): Bis zum Erreichen des Erwachsenenalters sind etwa 60 % der Bevölkerung CMV-seropositiv. Die akute Infektion beginnt mit uncharakteristischen Prodromi und kann klinisch auffällig werden durch z.B. Hepatitis, Myokarditis, Polyradikulitis, Bronchopneumonie. Ein Teil der Jugendlichen und Erwachsenen entwickeln eine Hepatitis. Die AST und ALT können Gipfelwerte in der ersten Krankheitswoche bis zum 15 fachen des oberen Referenzbereichswerts erreichen, der Bilirubinanstieg kann bis 7 mg/dl (120 μmol/l) betragen /28/.

Cholestastische Verlaufsformen mit 10 facher Erhöhung der AP und 30 facher Erhöhung der GGT kommen vor. Nach Organtransplantation treten CMV Infektionen in 20–60 % der Fälle auf und meist in den ersten 3 Monaten. Neben Leukopenie und Thrombozytopenie wird ein Anstieg von Bilirubin und den Aminotransferasen gefunden. Die CMV Hepatitis ist die häufigste nicht durch hepatotrope Viren verursachte Hepatitis (etwa 1 % der Hepatitiden).

Epstein-Barr-Virus (EBV): Die EBV Infektion ist eine endemische Erkrankung, etwa 60–70 % der Bevölkerung sind bis zum 20. Lj. davon betroffen. Regelmäßig verursacht das EBV eine Hepatitis mit Erhöhung der Aminotransferasen bis zum 5 fachen des oberen Referenzbereichswerts in der 2. bis 4. Krankheitswoche. Hyperbilirubinämie tritt in etwa 5 % der Fälle auf /29/. Die LDH zeigt bei der EBV Hepatitis im Unterschied zu den Hepatitiden mit hepatotropen Viren einen relativ hohen Anstieg in Relation zur ALT. In 1 von 3.000 Fällen kommt es zu einer fulminanten Hepatitis mit starkem Bilirubin- und Aminotransferasen-Anstieg sowie disseminierter intravasaler Gerinnung.

Herpes simplex Virus (HSV): Bei immunsupprimierten Kindern und Erwachsenen, bei Schwangeren und Neugeborenen kann es im Rahmen einer generalisierten Infektion zu einer Hepatitis mit Erhöhung der Aminotransferasen wie bei der Infektion mit hepatotropen Viren kommen /30/. Es kann eine starke Hyperbilirubinämie auftreten sowie eine massive Einschränkung der Leberfunktion mit einer starken Verlängerung der Thromboplastinzeit. Der Herpes neonatorum hat eine hohe Letalität.

Varizella zoster Virus (VZV): Bei der Varizellen Infektion von Kindern kann in 15–75 % der Fälle eine Begleithepatitis mit Erhöhung der ALT um etwa den Faktor zwei vorkommen /31/. Gehäuft bei immunsupprimierten Patienten können fulminante Verläufe mit hohen Aminotransferasen auftreten.

Röteln Virus: Rötelninfektionen können im Erwachsenenalter eine anikterische Hepatitis mit Gipfelwerten der Aminotransferasen um den Faktor 10 des oberen Referenzbereichswerts bewirken /32/. Wie bei der EBV Infektion liegt ebenfalls eine relativ starke Erhöhung der LDH vor.

Entero Viren: Coxsackie- und ECHO-Viren können bei Neugeborenen ein schweres septisches Krankheitsbild mit Hepatitis, Leberzellnekrosen und hohen Aminotransferasen bewirken. Sporadische Hepatitiden mit hohen Aminotransferasen können auch im Rahmen generalisierter Coxsackie Virus Infektionen bei Erwachsenen vorkommen /33/. Meist ist die AST höher als die ALT.

Adeno Viren: Bei Neugeborenen, immunsupprimierten Kindern und Erwachsenen können fieberhafte Erkrankungen im Rahmen einer generalisierten Hepatitis, Enteritis oder Pneumonie auftreten. Die Aminotransferasen sind erhöht wie bei der Infektion mit hepatotropen Viren /34/, die LDH ist in Relation zu der ALT relativ stark erhöht und der De-Ritis-Quotient ist über 1. Es besteht fernerhin oft ein Ikterus, der primär an eine Infektion mit hepatotropen Viren denken lässt.

Akute Mitreaktion der Leber bei Infektionen: Bei bakteriellen und parasitären Erkrankungen kann es zu einer akut-entzündlichen Mitreaktion der Leber kommen. Es resultiert meist eine unspezifische reaktive Hepatitis, teilweise mit Cholestase oder aber nur eine fokale Schädigung wie z.B. ein Leberabszess.

Leptospirose: Die leptospirämische Phase (Stadium 1 der Erkrankung) ist durch Fieber mit Temperaturen bis 39 °C, Übelkeit, Erbrechen, Kopf- und Nackenschmerzen geprägt. Im Stadium 2, der Organmanifestation, und dem serologischen Nachweis von spezifischen IgM-Antikörpern, kommt es zum Anstieg der Aminotransferasen mit Gipfelwerten um das 5 fache des oberen Referenzbereichswerts. Ebenfalls erhöht ist die AP und in Relation zu den Aminotransferasen liegt eine starke Hyperbilirubinämie mit Werten bis etwa 30 mg/dl (513 μmol/l) vor /35/. Die Aminotransferasen normalisieren gewöhnlich nach 4 Wochen, das Bilirubin nach 6 Wochen. Auf Grund einer Myositis ist die CK erhöht und die Nekrose der Nierentubuli bedingt eine Hämaturie, Proteinurie und Ausscheidung von Zylindern.

Brucellose: Bei den klinisch apparenten Verläufen (90 % der Brucellosen verlaufen inapparent) mit über Wochen anhaltend wellenförmigem Fieber bis 40 °C kommt es im Stadium der Generalisation zur Hepatomegalie. Die Aminotransferasen und die AP sind bis zum 2 fachen erhöht, eine Hyperbilirubinämie liegt selten vor /36/. In Einzelfällen werden hohe Anstiege von Aminotransferasen und AP beobachtet.

Q-Fieber: Es handelt sich um eine Rickettsiose, die auch in Europa auftreten kann. Die Erreger sind Coxiellen. Sie werden vom Tier auf den Menschen übertragen. Beim akuten Q-Fieber kann es zur Hepatitis kommen. Die maximalen Erhöhungen der Aminotransferasen betragen etwa das 10 fache des oberen Referenzbereichswerts und werden um den 10. Tag nach dem Fieberanstieg erreicht /37/. Der De-Ritis-Quotient ist unter 1, ebenfalls erhöht ist die AP. Wenn eine Hyperbilirubinämie auftritt, ist sie leichteren Grades mit Werten unter 5 mg/dl (85 μmol/l).

Toxoplasmose: Die Toxoplasmose ist eine Protozoonose und wird durch Toxoplasma gondii hervorgerufen. Endwirt ist die Katze, Zwischenwirt der Mensch. Dieser wird durch die orale Aufnahme von Oozysten aus Katzenkot über Schmierinfektion, durch die orale Aufnahme von Bradyzoiten aus rohem oder ungenügend erhitztem Fleisch oder aber schon intrauterin infiziert. Unterschieden wird die konnatale von der postnatalen und der reaktiven Form. Letztere kommt bei immunsupprimierten Patienten vor. Bei konnataler Toxoplasmose haben etwa die Hälfte der Kinder eine Hepatomegalie sowie Erhöhungen von ALT, GGT und der LDH um etwa das 5 fache des oberen Referenzbereichswerts /38/. Das kann schon im Nabelschnurblut der Fall sein. Die Angaben über eine Lebermitbeteiligung bei postnataler Toxoplasmose sind uneinheitlich. Entzündliche Reaktionen im Sinne einer Hepatitis oder Cholangitis bestehen gewöhnlich nicht, deshalb sind Erhöhungen der ALT und anderer Leberenzyme eher die Ausnahme. Das gilt auch für die reaktive Toxoplasmose bei AIDS-Patienten, bei denen jedoch vereinzelt von schweren Hepatitiden mit Erhöhungen der Aminotransferasen um das 50 fache des oberen Referenzbereichswerts berichtet wird.

Echinokokkose: Von der Gattung Taenia echinococcus sind E. granulosus und E. multilocularis menschenpathogen. Ersterer ist der dreigliedrige Hundebandwurm und verursacht die zystische Echinokokkose, letzterer ist der fünfgliedrige Fuchsbandwurm und für die alveoläre Echinokokkose verantwortlich. Der Mensch ist Zwischenwirt und infiziert sich durch die orale Aufnahme von Wurmeiern bei direktem Tierkontakt, bei Aufnahme von kontaminierten Nahrungsmitteln oder Wasser. Die Prävalenz der Echinokokkose in Deutschland ist 1,6 auf 100.000 Einwohner; zwei Drittel sind Migranten. Bei der zystischen Echinokokkose liegt der Leberbefall bei 65 %, bei der alveolären ist fast nur die Leber befallen. Meist sind die Echinokoccus Zysten, die oft jahrelang symptomlos wachsen, im rechten Leberlappen gelegen.

Bei der zystischen Echinokokkose hatte nach einer Studie /39/ folgender Prozentsatz von Patienten Erhöhungen von: Bilirubin 50 %, GGT 50 %, AP 26 %, ALT 30 %, AST 18 % . Die meisten Patienten mit alveolärer Echinokokkose sollen eine Erhöhung von AP und GGT haben sowie eine polyklonale Gammopathie. Die Angaben zur Eosinophilie bei Echinokokkose betragen 20–50 %.

Leberabszess /40/ (pyogen, Amöben): Leberabszesse haben eine Inzidenz von etwa 10 pro 100.000 Krankenhauseinweisungen. In den industrialisierten westlichen Ländern sind 80 % der Leberabszesse pyogen bedingt, häufige Erreger sind Staphylokokken, Streptokokken, Enterokokken, koliforme Bakterien und andere gramnegative Stäbchen. Die Erregerinvasion erfolgt dabei auf folgenden Wegen: Kanalikulär bei einer Cholecystitis, hämatogen über die Pfortader oder die A. hepatica, sowie Keimeinstrom aus Abszessen, Tumoren oder Perforationen von Nachbarorganen.

Etwa 10 % der Leberabszesse sind durch die Magnaform von Entamoeba hystolytica bedingt. Bei Amöbenruhr kann die Amöbe die Darmwand durchwandern und über die Pfortader in die Leber gelangen. Es kommt zu einer zytolytischen Nekrose von Hepatozyten. Im Randbereich des Abszesses sind die Erreger lokalisiert; der zytolytische, gelblich bis braune Inhalt der Zyste ist gewöhnlich frei von Parasiten. Beim Rest der Leberabszesse kann keine Ursache gefunden werden; sie werden als kryptogene Leberabszesse bezeichnet.

Klinik: Verlauf klinisch unauffällig oder Symptomatik mit Bauchschmerzen, Fieber und Ikterus.

Labordiagnostik: Es stehen beim Leberabszess die Marker der Entzündung im Vordergrund. Es besteht eine neutrophile Leukozytose, erhöht sind CRP und die BSR. Erhöht sind vorwiegend die cholestatischen Enzyme GGT und AP, die ALT zeigt in etwa der Hälfte der Fälle pathologische Aktivitäten /41/. Beim Amöbenabszess sind die Aminotransferasen gewöhnlich normal /42/. Es werden in den beiden ersten Krankheitswochen signifikant erhöhte Antikörpertiter gegen Amöben gemessen. Die Gipfelwerte werden im zweiten bis dritten Monat nach Krankheitsausbruch erreicht, erhöhte Titer können bis zu einem Jahr und länger bestehen bleiben.

Chronische Virushepatitis (CVH) durch hepatotrope Viren /43/: Die chronische virale Hepatitis ist eine inflammatorische Erkrankung von mehr als 6-monatiger Dauer. Weltweit sind über 500 Millionen Menschen betroffen. Die CVH beruht auf der Infektion mit dem Hepatitis B Virus, Hepatitis C Virus oder Hepatitis D Virus. Die Folge können schwere Komplikationen wie Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom sein. Die Prognose der CVH ist von der Progression der Fibrose abhängig die bei den einzelnen Patienten sich unterschiedlich ausbildet. Die Fibrosierung wird durch Faktoren beeinflusst wie Geschlecht, Alter, Alkoholkonsum und Immunstatus. Die Beurteilung der Schwere der Lebererkrankung ist wichtig zur Identifizierung von behandlungsbedürftigen Patienten und zur Überwachung von Patienten die ein hepatozelluläres Karzinom entwickeln könnten. Die Überwachung erfolgt durch die körperliche Untersuchung und Laboruntersuchungen.

Laboruntersuchungen: Empfohlen wird die Bestimmung von ALT, AST, GGT, AP, Bilirubin, Albumin und Immunglobulinen im Serum, sowie die Prothrombinzeit und das Blutbild. Die schwere Inflammation der Leber ist mit hohen ALT Werten assoziiert. Liefern die biochemischen Untersuchungen oder die Hepatitismarker unplausible Resultate sollten nicht-invasive Untersuchungen (z.B. Ultraschall) oder eine Leberbiopsie durchgeführt werden um die Krankheitsaktivität zu ermitteln.

Chronische Hepatitis B (HBV) Infektion /43, 44/: Weltweit leiden 350 Millionen Menschen an einer HBV Infektion. Die Prävalenz ist hoch in Südost-Asien und der Subsahara Region. In diesen Regionen sind über 8 % der Bevölkerung chronische HBsAg Träger. Die Infektion wird perinatal oder in der frühen Kindheit übertragen. In den westlichen Industrienationen beträgt die Prävalenz unter 1 % und infiziert sind vorwiegend Menschen von Hochrisikogruppen wie Drogensüchtige und Personen mit vielen heterosexuellen Partnern. Die chronische HBV Infektion ist ein dynamischer Prozess mit den Phasen der Immuntoleranz und einer Eliminationsphase, gefolgt von einer inaktiven Trägerphase wenn die Hepatitisinfektion sich in der Remission befindet. Siehe auch Tab. 1.2-5 – Laboruntersuchungen bei Hepatopathien.

Perinatale Infektion

Die perinatale Infektion ist charakterisiert durch eine minimale Leberschädigung, eine ausgedehnte Immuntoleranzphase mit HBeAg Positivität, hoher HBV DNA Konzentration und niedriger HBeAg Elimination. Die ALT ist normal.

Chronische HBV Infektion in der Kindheit und im Erwachsenenalter

Die initiale Untersuchung des Patienten mit chronischer HBV Infektion sollte die Krankengeschichte, körperliche Untersuchung, Laboruntersuchungen zur Feststellung der Aktivität der Lebererkrankung und Marker zur Beurteilung der Schwere umfassen /44/. Siehe auch Tab. 1.2-5 – Laboruntersuchungen bei Hepatopathien.

Beurteilung der Schwere der HBV Infektion

  • Der Nachweis von HBeAg und anti-HBe sind wichtig zur Beurteilung der verschiedenen Phasen der chronischen HBV Infektion.
  • Die Bestimmung der HBV DNA Konzentration im Serum ist wichtig zur Diagnosestellung, zur Beurteilung der Infektionsphase und zur Entscheidung einer Behandlung und Feststellung des Behandlungserfolgs.
  • Die quantitative HBsAg Bestimmung kann nützlich sein, insbesondere bei HBeAg negativer chronischer HBV Infektion und bei Patienten, die mit Interferon-alpha behandelt werden sollen. Siehe auch Tab. 1.2-7 – Beurteilung der chronischen Hepatitis B in Abhängigkeit vom HBe Status.
  • Der HBV Genotyp ist nicht zur initialen Evaluation notwendig, obwohl er nützlich sein kann bei der Selektion von Patienten, die mit Interferon-alpha behandelt werden sollen, denn er bietet prognostische Information zur Wahrscheinlichkeit der Antwort auf eine Interferon-alpha Therapie sowie zum Risiko eines hepatozellulären Karzinoms.
  • Komorbiditäten wie alkoholische, autoimmune oder metabolische Lebererkrankung mit Steatose oder Steatohepatitis und andere Ursachen einer chronischen Erkrankung sollten ausgeschlossen werden, inklusive Koinfektionen mit Hepatitis D Virus, Hepatitis C Virus und Hi Virus.
  • Auf Antikörper gegen das Hepatitis A Virus (anti-HAV) sollte getestet werden, und Patienten mit negativem anti-HAV sollte empfohlen werden sich gegen HAV impfen zu lassen.
  • Unterschieden werden die Formen: Gering aktiv (keine oder nur geringe Symptome), progressive hepatische Fibrose, fortgeschrittene Zirrhose und das hepatozelluläre Karzinom. Bei der gering aktiven Form zeigen die Aminotransferasen (AT) einen 2–4-fachen Anstieg, einen De Ritis-Quotient < 1,0 bei gering erhöhter GGT. Bei der progressiven hepatischen Fibrose liegen die AT in der gleichen Höhe wie bei der gering aktiven Form, jedoch ist die GGT höher und die Cholinesterase ist am unteren Referenzbereich. Die fortgeschrittene Zirrhose zeigt AT, die das 5–10-fache des oberen Referenzbereichs betragen. Anfangs ist die ALT noch höher als die AST, mit zunehmendem Untergang von Zellen nimmt die Aktivität der AT ab, der de Ritis-Quotient ist > 1,0 und steigt kontinuierlich an. Die GGT ist um das 5–10-fache erhöht, Cholinesterase und Albumin sind erniedrigt, die Thromboplastinzeit ist < 70 % und die IgG-Konzentration im Serum steigt an. Das Serumbilirubin kann auf bis zu 20 mg/dl (340 μmol/l) ansteigen. Auch treten rezidivierend erhöhte nekrotische AT-Schübe mit hoher GLDH auf.
  • Niedrige Werte der HBVDNA (< 2000 IU/ml) und HBsAg (< 1000 IU/ml) bei normalen AT weisen auf einen guten Ausgang der Infektion hin. Höhere HBVDNA-Werte erhöhen das Risiko eines hepatozellulären Karzinoms, auch bei niedriger HBV-Konzentration. Erhöhte Werte von HBVRNA werden bei HBeAg positiver Infektion gemessen. Bei HBeAg Negativität korreliert HBVRNA schlecht mit HBsAg. HBVcore related Antigen (HBcrAg) misst eine Kombination von HBeAg, HBcAg und p22cr (22 LkDa verstümmeltes Core-Protein). Erhöhte Werte von HBcrAg weisen auf einen progressiven Verlauf hin.

Aktivitätsformen der chronischen Hepatitis B

Unterschieden werden die gering aktive, die mäßig aktive und die hoch aktive Form. Bei der gering aktiven Form zeigen die Aminotransferasen einen 2–4 fachen Anstieg bei einem De-Ritis-Quotienten unter 1 und gering erhöhter GGT. Bei dem mäßig aktiven Krankheitsverlauf liegen die Aminotransferasen in der gleichen Höhe wie bei der gering aktiven, jedoch ist die GGT höher und die CHE bewegt sich am unteren Referenzbereichswert. Die hoch aktive Form zeigt Aminotransferasen, die das 5–10 fache des oberen Referenzbereichswerts betragen. Anfangs ist die ALT noch höher als die AST, mit zunehmendem Zelluntergang nimmt die Aktivität beider Enzyme jedoch ab, der De-Ritis-Quotient ist über 1 und steigt zunehmend an. Die GGT ist auf das 5–10 fache erhöht, die CHE und Albumin sind erniedrigt, die Thromboplastinzeit fällt unter 70 % und die IgG-Konzentration im Serum steigt an. In einigen Fällen kann das Bilirubin auf bis zu 20 mg/dl (340 μmol/l) ansteigen. Auch können rezidivierend nekrotische Schübe mit hoher GLDH auftreten.

Hepatitis C /14, 43/: Die Prävalenz der chronischen Hepatitis C (HCV)-Infektion beträgt 3 % mit einer Schwankungsbreite von 0,1–5 %. Weltweit gibt es 150 Mio. HCV-Träger, wovon 5 Mio. in Westeuropa und 4 Mio. in den USA leben. In den Industrieländern verursacht HCV 20 % der akuten Hepatitiden, 60 % der chronischen, 40 % der Leberzirrhosen im Endstadium, 60 % der hepatozellulären Karzinome und 30 % der Lebertransplantationen. Die Inzidenz neuer symptomatischer Infektionen ist 3/100.000 Personen jährlich.

Von den Patienten mit chronischer HCV-Infektion haben:

  • Etwa 25 % trotz nachweisbarer HCV-RNA im Blut keine Erhöhung der ALT. Die histologischen Leberveränderungen sind gering und der Übergang in eine Zirrhose ist selten.
  • Etwa 50 % eine milde Lebererkrankung mit nachweisbarer HCV-RNA im Blut und leicht erhöhter fluktuierender ALT. Diese fluktuiert nicht selten zwischen normal und dem 5 fachen des oberen Referenzbereichswerts. Die Histologie zeigt leichte nekrotische und inflammatorische Veränderungen und keine oder nur eine leichte Fibrose. Die Progression zur Zirrhose ist langsam, viele Patienten entwickeln keine.
  • Etwa 25 % haben eine moderate bis schwere chronische Hepatitis. Die Werte der ALT sind generell höher als bei der milden Form der chronischen Hepatitis. Auf individueller Ebene ist aber die Höhe der ALT kein guter prognostischer Faktor. In Fällen mit ALT-Werten über 10 fach des oberen Referenzbereichswerts sollte ein Drogenabusus in Erwägung gezogen werden /45/. Zur Beziehung zwischen prädiktivem Wert der ALT und histologischem Befund zeigt eine Studie /46/ folgende Daten: Patienten mit serieller Bestimmung und normalen ALT-Werten über 6 Monate haben zu 65 % im METAVIR Score-System einen F1-Score und 26 % einen Score A1F1, d. h. 26 % haben eine moderate chronische Hepatitis. Von den Patienten mit erhöhter ALT haben 99 % einen Score von mindestens F1 und 88 % einen Score von mindestens A1F1. Letztere Fälle können nicht als milde oder nicht-progressive Hepatitis eingestuft werden /46/.

15–25 % der Patienten mit anti-HCV haben keine HCV-RNA. Sie sollten bei erhöhter ALT sorgfältig untersucht werden, um ein mögliches fehlerhaftes Laborresultat auszuschließen (siehe Beitrag 1.2 – Diagnostik bei erhöhten Leberenzymen).

Therapie /14/: Siehe Tab. 1.2-5 – Laboruntersuchungen bei Hepatopathien, hier: Hepatitis C.

NAFLD und NASH /4748/: Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) ist die häufigste Ursache von Lebererkrankungen bei Kindern und Heranwachsenden und hat eine Prävalenz von etwa 3 % im Alter von 2–19 J. Bei normalgewichtigen Erwachsenen ist die Prävalenz 10–15 % und bei Übergewichtigen 70–80 %. Die NAFLD umfasst ein Spektrum, dass von der einfachen und reversiblen Steatose bis zur nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH) reicht. Die NAFLD ist mit Insulinresistenz, Diabetes Typ 2 und dem Risiko einer Atherosklerose behaftet.

Labordiagnostik: Generell sind die Leberenzyme keine guten Marker zur Diagnostik der NAFLD. Anfangs zeigt sich eine leichte Erhöhung der ALT, die höher ist als die AST, beim Übergang in die NASH kehrt sich das Verhältnis um. Die ALT zeigt, abhängig vom Fettleberindex, eine 1,5–2 fache Erhöhung. Die Höhe der Aminotransferasen hat aber nur eine begrenzte Bedeutung zur Vorhersage der Leberhistologie. In einer Studie /49/ hatten Patienten mit einem Fettleberindex unter 20 normale ALT-Werte und diejenigen mit einem Fettleberindex über 60 zeigten doppelt so hohe Werte. Eine Bedeutung zur Diagnostik der NAFLD haben der Alkoholische Lebererkrankung/NAFLD index Score, der Fibrose-Score und der BARD-Score (Tab. 1.2-4 – Modifizierter Child-Turcotte-Pugh Score zur Beurteilung des Schweregrades einer Lebererkrankung). Wichtig sind Untersuchungen zur Diagnostik von Komorbiditäten (siehe Tab. 1.2-5 – Laboruntersuchungen bei Hepatopathien, hier: NAFLD).

Alkoholische Hepatopathien /50, 51/: Alkoholabusus führt zu einem Spektrum von Hepatopathien, das von der metabolischen Verfettung über die Fettleber mit toxisch-degenerativer Zellschädigung und der alkoholischen Hepatitis bis zur Leberzirrhose und schließlich zum Leberzellkarzinom führen kann.

Alkoholische Fettleber: Die alkoholische Fettleber ist klinisch meist stumm oder uncharakteristisch. Die GGT ist in etwa 80 % der Fälle erhöht, die ALT grenzwertig oder leicht erhöht, der De-Ritis-Quotient gewöhnlich über 2. Bei stärkerer Verfettung deutlicherer Enzymanstieg, insbesondere der GGT auf 2 fach, die CHE zeigt Aktivitäten an der oberen Referenzbereichsgrenze, das MCV ist erhöht.

Fettleber mit toxisch panacinärer Verfettung: Liegt eine starke Lebervergrößerung mit toxisch panacinärer Verfettung vor, kann sich eine Cholestase entwickeln. Bei leicht bis mäßig erhöhten Aminotransferasen sind die GGT und AP stärker erhöht. Bei der toxischen Alkoholschädigung mit mikrovaskulärer Verfettung, bei der die Patienten ein schweres Krankheitsbild zeigen, sind die Aminotransferasen stark erhöht und der De-Ritis-Quotient ist 3–5, da die AST etwa 10 fach und die ALT 2–3 fach erhöht ist.

Alkoholische Hepatitis: Das klinische Spektrum der alkoholischen Hepatitis reicht von der asymptomatischen über die chronisch persistierende und die chronisch progrediente Verlaufsform bis zur fulminanten alkoholischen Hepatitis. Die asymptomatische alkoholische Hepatitis zeigt Werte der Aminotransferasen und der GGT vergleichbar der Fettleber. Bei der chronisch persistierenden Form sind die Aminotransferasen bis zu 2 fach erhöht, der De-Ritis-Quotient unter 1 und die GGT zeigt einen 3–5 fachen Anstieg. Die chronisch progrediente Form zeigt einen 2–6 fachen Anstieg der AST, einen bis 4 fachen Anstieg der ALT, der De-Ritis-Quotient ist über 2 und die GGT auf das 10–15 fache erhöht. Die akute alkoholische Hepatitis ist ein mit akutem Abdomen und Leukozytose einhergehendes Krankheitsbild, das zwar selten ist, aber bei Frauen die häufigere Form der alkoholischen Hepatitis darstellt. Auf Grund einer akuten Alkoholbelastung wird Leberparenchym toxisch geschädigt. Als Folge können AST und ALT mehr als 20 fach erhöht sein bei einem De-Ritis-Quotienten von über 1. Etwa gleich den Aminotransferasen ist die GGT erhöht, die AP zeigt einen mehrfachen Anstieg über den oberen Referenzbereichswert und eine Hyperbilirubinämie über 10 mg/dl (170 μmol/l) ist möglich.

Leberzirrhose /5253/: Die chronisch-entzündliche Schädigung des Leberparenchyms kann zur Ausbildung einer Leberzirrhose führen. Die Entwicklung der Leberzirrhose ist gekennzeichet durch die Nekrotisierung von Leberparenchym mit konsekutiver Parenchymregeneration und Bindegewebsneubildung. Es resultiert ein knotiger bzw. pseudolobulärer Umbau des Lebergewebes mit septenbildender Fibrose. Das Spektrum klinischer Symptome reicht von der Symptomfreiheit bis zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie portaler Hypertension mit Varizenbildung und Aszites, spontaner Peritonitis, hepatischer Enzephalopathie und einem von den Hepatozyten oder Gallenwegsepithelien ausgehendem Karzinom. Die Inzidenz der Neuerkrankungen wird für die USA und Europa mit 250 pro 100.000 Einwohner und Jahr angegeben. Verschiedenste Vorerkrankungen können eine Leberzirrhose verursachen. Die Alkohol-toxische Ätiologie steht in Europa und den USA im Vordergrund, gefolgt von der hepatotrop-viralen, der kryptogenen und der primären biliären Leberzirrhose. Weitere Ätiologien sind z.B. Autoimmunkrankheit, Morbus Wilson, α1-Antitrypsinmangel, Hämochromatose, Pharmaka, Xenobiotika, chronisch cholestatische Lebererkrankungen, Typ IV-Glykogenose, Galaktosämie, Tyrosinämie.

Labordiagnostik: Die Aminotransferasen sind bei der viralen, kryptogenen, Alkohol-toxischen und der primären biliären Zirrhose im Mittel 2–5 fach über dem oberen Referenzbereichswert. Mit fortschreitendem Zelluntergang nimmt die Enzymaktivität ab und liegt nur noch knapp oberhalb oder sogar innerhalb des Referenzbereichs; der De-Ritis-Quotient nimmt demgegenüber zu. Für die ätiologische Zuordnung können die AP, GGT und die Immunglobuline hilfreich sein. Bei der Alkohol-toxischen Zirrhose ist die GGT 5–10 fach über dem oberen Referenzbereichswert und IgA in Relation zu IgG und IgM erhöht. In der Serumprotein-Elektrophorese kommt es auf Grund der IgA-Vermehrung zu einer Schulterbildung von β- und γ-Globulinfraktion. Die primäre biliäre Zirrhose zeigt eine 2–5 fache Erhöhung von AP und GGT, einen in Relation zu den anderen Ig-Klassen deutlichen Anstieg von IgM sowie die Präsenz von anti-mitochondrialen Antikörpern. Ein Maß der Verminderung von funktioneller Lebermasse ist die Abnahme von CHE und von Albumin sowie die Verlängerung der Thromboplastinzeit.

Leberzellkarzinom /54/: Das primäre Leberzellkarzinom ist weltweit der fünft-häufigste Krebs und die dritt-häufigste Ursache der Krebsmortalität. Jährlich werden etwa 560 Tausend Fälle diagnostiziert und 550 Tausend sterben daran. 75–90 % der Leberkarzinome sind hepatozelluläre Karzinome (HCC). Die Mehrzahl der Leberkrebsfälle kommt in der Subsahara Zone in Afrika sowie in Ostasien und in China vor. In diesen Regionen, ausgenommen Japan, ist die HBV Infektion in Kombination mit einer Leberzirrhose die Ursache (80 %) des HCC. In Regionen mit niedrigem Risiko wie das nördliche Europa und Nordamerika beträgt die Prävalenz des HCC 1,5 bis 4 pro 100.000 Einwohner. Wesentliche Ursachen sind die Leberzirrhose auf Grund einer HCV Infektion oder exzessiver Alkoholkonsum.

Labordiagnostik: Die Leberenzyme zeigen kein typisches Verhalten beim HCC. Jedoch ist die Prävalenz eines HCC bei Patienten mit HCV assoziierter Leberzirrhose etwa 3 fach höher, wenn die ALT-Werte über 3 Jahre höher als 80 U/l sind /55/. Ein Anstieg von LDH und GGT bei relativ unveränderter AP kann ebenfalls hinweisend sein. Als Tumormarker des HCC wird α-Fetoprotein (AFP) empfohlen. AFP ist aber zum Screening ungeeignet. Ein Wert von 20 μg/l repräsentiert zwar die optimale Balance von diagnostischer Sensitivität und Spezifität, jedoch beträgt die Sensitivität nur 60 %. Bei einem Grenzwert von 200 μg/l beträgt die Sensitivität nur 21 %. Die Diagnose eines HCC besteht nach den Kriterien der 2000 EASL-Konferenz, wenn zwei bildgebende Verfahren einen arteriell hypervaskularisierten Knoten von über 2 cm Durchmesser erkennen oder wenn ein bildgebendes Verfahren einen solchen Knoten erkennt und zusätzlich der AFP-Wert über 400 μg/l ist.

Cholestatische Syndrome /56/: Cholestasen werden anatomisch in extra- und intrahepatische unterteilt und die intrahepatischen in obstruktive und nicht-obstruktive Formen. Ursachen der extrahepatischen Cholestasen sind z.B. die Obstruktion des Gallengangs durch einen Gallenstein, einen Pankreaskopf Tumor oder den Verschluss der Papilla vateri. Intrahepatische Cholestasen können bei Erwachsenen beruhen: Auf einer funktionellen Störung der Gallebildung des Hepatozyten (hepatozelluläre Cholestase), einer Verminderung der Gallesekretion durch die Cholangiozyten der Gallekanälchen (duktuläre Cholestase), einer intrahepatischen Obstruktion (HCC, Metastasen, Granulome, Amyloidose, Sarkoidose). Ursachen der hepatozellulären und der duktulären Cholestasen können molekulare Veränderungen der Transportsysteme auf Grund fehlender Expression von Transportproteinen sein, die Störung der Transportsysteme durch z.B. Enterotoxine (Sepsis), Pharmaka (orale Kontrazeptiva, Metamizol, Cyclosporin A, Chlorpromazin, Erythromycin, Amoxicillin, Clavulansäure), Schwangerschaft, Hepatitis (viral, Alkohol) oder eine totale parenterale Ernährung.

Labordiagnostik: Zur Erkennung, ob die Cholestase das Leitsymptom der Lebererkrankung ist, gibt das Screeningmuster von ALT, AP, GGT und CHE Auskunft. Eine stärkere Erhöhung der AP oder GGT gegenüber der ALT ist hinweisend. Das Ausmaß der CHE-Verminderung zeigt ein fortgeschrittenes Stadium bzw. die Schwere der cholestatischen Lebererkrankung an. Liegt demgegenüber nur eine begleitende Cholestase bei einer Hepatitis vor, so ist die ALT stärker erhöht als die GGT.

Extrahepatischer Verschlussikterus: Beim akuten Steinverschluss nach Gallenkolik Anstieg der ALT mit Gipfelwert nach 24 h bis zum 10 fachen des oberen Referenzbereichswerts, dann Abfall. Anstieg von GGT und AP mit Gipfelwerten um den 4. Tag bei der GGT etwa 10 fach und der AP etwa 5 fach. Anstieg von Bilirubin auf über 15 mg/dl (257 μmol/l). Bei Gallenwegsverschluss durch einen Tumor langsam progredienter Anstieg des Bilirubins bei normaler bis leicht erhöhter ALT /57/.

Akute Hepatitis, cholestatischer Verlauf: Die cholestatische Verlaufsform kann bei viraler, alkoholischer oder Medikamenten-bedingter Hepatitis auftreten. Bei der akuten Hepatitis A verlaufen 1–2 % der Fälle cholestatisch, seltener bei der akuten B-Hepatitis, jedoch in 58 % der Fälle bei der akuten Hepatitis E. Die cholestatischen Verlaufsformen zeigen gegenüber den typischen ikterischen Verläufen einen stärkeren Anstieg von GGT und AP in Relation zu den Aminotransferasen und einen etwa doppelt so hohen Bilirubinwert von etwa 20 mg/dl (342 μmol/l). Im Verlauf der fulminanten alkoholischen Hepatitis kann in bis zu zwei Drittel der Fälle auch eine Cholestase vorliegen. Die Medikamenten-induzierte Cholestase tritt 1–6 Wochen nach Einnahme des Medikamentes mit den Beschwerden Fieber, Arthralgie, Myalgie und allgemeines Krankheitsgefühl klinisch in Erscheinung. Die ALT ist bis maximal 5 fach erhöht, die AP 2–3 fach, in 20–50 % der Fälle liegt eine Eosinophilie vor. Nach Absetzen des Medikaments Normalisierung der Werte innerhalb von 4 Wochen /58/.

Bakterielle Infektionen: Bakterielle Infektionen von Organsystemen oder die Sepsis können zu einer Cholestase führen, ohne dass eine Infektion der Leber vorliegt. Bei Neugeborenen und Kleinkindern kann das z.B. der Fall sein im Verlaufe einer urogenitale Infektion mit E. coli, bei Erwachsenen im Rahmen einer Sepsis oder bei intraabdominellen Komplikationen durch gram negative Bakterien nach Bauchchirurgie /58/. Erhöhungen von ALT, AP und GGT um das 2–5 fache sowie ein sprunghafter Anstieg von Bilirubin mit Gipfelwerten von 5–10 mg/dl (85–171 μmol/l) können auftreten.

Idiopathische post­-operative Cholestase: Ischämie bzw. Hypoxie der Leber sind die häufigsten Ursachen dieser Cholestase. Sie tritt z.B. 1–2 Wochen nach koronarer Bypass-Operation auf, hat einen benignen Verlauf und verschwindet wieder. Die ALT ist normal oder grenzwertig erhöht, die GGT und AP zeigen einen 2–5 fachen Anstieg, Bilirubin kann auf bis zu 5 mg/dl (85 μmol/l) erhöht sein /58/.

Parenterale Ernährung: Etwa 25 % der Frühgeburten und zwei Drittel der Erwachsenen mit entzündlicher abdomineller Erkrankung entwickeln bei totaler parenteraler Ernährung eine Cholestase. Sie bildet sich 2–3 Wochen nach Beginn der parenteralen Ernährung aus und hört nach deren Beendigung auf. Leicht erhöht sind ALT, GGT und Bilirubin /58/.

Hypoxische Hepatopathie /59/: Die hypoxische Hepatopathie, auch Schockleber-Syndrom genannt, geht mit einem raschen Anstieg der Aminotransferasen bis auf das 100 fache des oberen Referenzbereichswerts einher und tritt auf im Gefolge eines kardiogenen Schocks, von starken Blutverlusten, Sepsis, postoperativer Hypotonie, Lungenembolie. Auf Grund der Leberzellnekrosen ist auch die GLDH stark erhöht und kann den Aminotransferasen vergleichbare Aktivitätswerte erreichen. In einer Studie /59/ hatten von Patienten mit AST-Werten über 100 fach des oberen Referenzbereichswerts (29 von 56) eine hypoxische Hepatopathie. Die Mortalität, bezogen auf alle 56 Patienten, betrug 55 %. Chronische Herzinsuffizienz mit Stauungshepatomegalie verursachte Bilirubinwerte bis 20 mg/dl (342 μmol/l), eine erhöhte AP und Aminotransferasen-Erhöhungen bis 15 fach.

Fulminantes Leberversagen /60/: Es handelt sich um eine schwere Schädigung des Leberparenchyms bei ansonsten gesunden Personen, die zuvor nicht leberkrank waren. Die Symptomatik erfolgt kurzfristig und nach Auftreten des Ikterus kommt es beim akuten Leberversagen innerhalb von 2 Wochen und beim subakuten im Zeitraum von 2 Wochen bis 3 Monaten zur hepatischen Enzephalopathie. Ursachen sind: Infektion mit hepatotropen Viren, insbesondere die fulminante Virushepatitis B, Arzneimittel wie Acetaminophen (Paracetamol), nicht-steroidale Antiphlogistika, Sulfonamide, Tetrazykline, Vergiftung mit Tetrachlorkohlenstoff, gelbem Phosphor, Amanita phalloides, Bacillus cereus Toxin, Ecstasy, akute Schwangerschaftsfettleber, Budd-Chiari Syndrom. Typische Komplikationen sind Enzephalopathie mit Hirnödem, kardiovaskuläre und respiratorische Probleme, Niereninsuffizienz, Koagulopathie und Sepsis.

Labordiagnostik: Aminotransferasen über 1.000 U/l, Thromboplastinzeit (TPZ) stark verlängert, Creatinin erhöht.

Kombinationen, die für eine Lebertransplantation sprechen sind:

  • Bei Paracetamol-Intoxikation pH unter 7,3 oder die drei folgenden Kriterien: TPZ unter 10 %, Creatinin über 3,5 mg/dl (309 μmol/l), Enzephalopathie Grad III.
  • Bei den anderen Ursachen: TPZ unter 20 %, Bilirubin über 17,5 mg/dl (300 μmol/l), Alter unter 10 oder über 40 Jahre, Dauer des Ikterus vor Beginn der Enzephalopathie über 7 Tage.

Hepatopathien in der Schwangerschaft /61/: In der Schwangerschaft bleiben ALT, AST und die GGT im Referenzbereich, die AP kann 1,5–4 fach erhöht sein. Lebererkrankungen treten neu in weniger als 0,1 % der Schwangerschaften auf. Ikterus und/oder erhöhte ALT erfordern eine rasche differentialdiagnostische Abklärung. Unter der Geburt kann es zur Erhöhung der Aminotransferasen durch Kontraktion der Uterusmuskulatur kommen.

Hyperemesis gravidarum: Sie tritt im ersten Trimester bei 1–20 von 1.000 Schwangeren auf. Die Aminotransferasen können bis zum 5 fachen des oberen Referenzbereichswerts ansteigen, die AP bis zum 2 fachen und Bilirubin bis 4 mg/dl (68 μmol/l).

Präeklampsie, Eklampsie: Die Präeklampsie tritt im zweiten und dritten Trimester auf und betrifft 5–7 % der Schwangeren. Sie ist durch die Triade Hypertension, Proteinurie und periphere Ödeme charakterisiert. Bei der Eklampsie kommen Krämpfe und Koma hinzu. Der Anstieg der Aminotransferasen, gewöhnlich unter 10 fach, ist das Zeichen der Leberbeteiligung. Auch die AP ist erhöht. Symptome der Präeklampsie, die schon Wochen vor den klinischen Zeichen auftreten, sind Thrombozytopenie und der Anstieg von Cystatin C. Siehe auch Beitrag 38.9 – Präeklampsie, HELLP-Syndrom.

HELLP-Syndrom: Das Hämolyse (H), erhöhte Leberenzyme (EL) und Low Platelets (LP) Syndrom betrifft 0,1–0,6 % der Schwangerschaften und tritt zu 70 % vor und zu 30 % nach der Entbindung auf. Wie bei der Präeklampsie kommt es zur Aktivierung der Komplement- und der Gerinnungskaskade. Daraus resultiert eine generalisierte endotheliale und mikrovaskuläre Schädigung, die zu einer mikrovaskulären angiopathischen hämolytischen Anämie führt.

Labordiagnostik: Erhöhung der Aminotransferasen bis 80 fach, niedriges Haptoglobin sowie Burr-Zellen und Schistozyten im Blutausstrich, Thrombozytopenie bis 6 × 109/l.

Schwangerschaftsfettleber: Die Acute Fatty Liver of Pregnancy (AFLP) tritt im letzten Trimester auf. Die Inzidenz beträgt 1 auf 10–15 Tausend Schwangerschaften. Die mütterliche Mortalität beträgt 18 %. Es liegt ein Defekt des Enzyms Langkettige 3-Hydroxyacyl-CoA Dehydrogenase (LCHA) vor. Der Mangel beruht auf den Mutationen G1528C in 60 % der Fälle und E474Q zu 19 % im Gen der LCHA. Ein Mangel der LCHA führt zu einer Anhäufung langkettiger Fettsäuren in der Leber. Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerz, Anorexie.

Labordiagnostik: Hyperbilirubinämie, Leukozytose und Hypoglykämie sind die labordiagnostischen Prodromi einer AFLP. In der klinischen Phase sind die Aminotransferasen bis zu 10 fach erhöht, das Bilirubin kann Werte bis 10 mg/dl (171 μmol/l) erreichen. Differentialdiagnostisch grenzen Hypoglykämie, die Verlängerung der TPZ und der aPTT sowie das Fehlen einer Thrombozytopenie die AFLP vom HELLP-Syndrom ab.

Intrahepatische Schwangerschaftscholestase: Die Intrahepatic Cholestasis of Pregnancy (ICP) tritt nicht vor der SSW 26 auf. Die Inzidenz beträgt 1 auf 1–10 Tausend Schwangerschaften und betrifft Schwangere im fortgeschrittenen Alter, Multipara und tritt familiär gehäuft auf. Frauen mit Cholestase unter oralen Kontrazeptiva und den HLA-Merkmalen B 8 und B 16 sind gehäuft betroffen. Pruritus ist ein häufiges Symptom und beginnt 1–4 Wochen vor dem Auftreten eines Ikterus.

Labordiagnostik: Die Aminotransferasen sind 2–10 fach erhöht und die AP kann normal oder bis 4 fach erhöht sein. Bilirubin übersteigt selten 5 mg/dl (85 μmol/l), die direkte Form ist erhöht. Die Gallensäuren im Serum sind immer erhöht (10–25 fach).

Unspezifische Mitreaktion der Leber: Bei rheumatischen Erkrankungen, Lungen- und Nierenerkrankungen, Erkrankungen im Oberbauch, Pankreatitis, Narkose, Sepsis kann es zu einer unspezifischen Mitreaktion der Leber kommen. Nur eine von drei ALT-Erhöhungen beruht auf einer primären Lebererkrankung, viel häufiger liegt die Ursache in einer unspezifischen Mitreaktion der Leber begründet.

Arzneimittel bedingte Hepatotoxizität /62, 63/: Bei bis zu 1 % der Arzneimittel exponierten Patienten treten unerwünschte Nebenwirkungen der Leber auf, bei Amiodaron, Isoniazid und Valproinsäure in bis zu 4 %. Das akute Leberversagen wird zu 55 % durch Arzneimittel hervorgerufen, davon zu 22,5 % durch verschreibungspflichtige Arzneimittel und pflanzliche Mittel und zu 77,5 % durch das nicht verschreibungspflichtige Paracetamol. Arzneimittel können vielfältige Verläufe von Lebererkrankungen verursachen, grob labordiagnostisch differenziert werden anhand der Aktivität von ALT und AP ein hepatitischer, ein cholestatischer und ein cholestatisch-hepatitischer Schädigungstyp. Die letztere Variante gleicht im klinischen Verlauf der cholestatischen Schädigung. Eine strukturierte Kausalitätsevaluierung ist in Lit. /62/ dargestellt.

Labordiagnostik: Die Erhöhung der ALT ohne Anstieg der AP spricht für eine hepatitische Schädigung (ALT über 2 fach erhöht, bzw. Ratio ALT/AP-Erhöhung über 5). Eine Erhöhung der AP ohne Anstieg der ALT (AP über 2 fach erhöht, bzw. Ratio AP/ALT-Erhöhung über 5) weist auf einen cholestatischen Typ hin. Der Anstieg beider Enzyme (ALT über 2 fach erhöht, kombiniert mit einem Anstieg der AP und einer Ratio des Anstiegs ALT/AP 2–5) spricht für eine cholestatisch-hepatitischen Typ. Ein Zusammenhang zwischen einem durch Leberschädigung bedingtem Enzymanstieg und der Arzneimitteleinnahme ist anzunehmen, wenn dieser 5–90 Tage nach Einnahme des Medikamentes auftritt. Da die meisten Schäden nach Absetzen des Medikamentes reversibel sind, stützt ein Abfall der Enzymaktivität den kausalen Zusammenhang eines Arzneimittel-bedingten Leberschadens.

Paracetamol /64/, INH, Troglitazone, Halothan, Sulfonamide: Diese Pharmaka sind dosisabhängig hepatotoxisch und können ein fulminantes Leberversagen bewirken. Unter Paracetamol ist eine Hepatotoxizität bei Erwachsenen wenig wahrscheinlich, wenn eine Dosis von weniger als 150 mg/kg Körpergewicht eingenommen wird. Da zwischen den einzelnen Personen die Metabolisierung von Paracetamol um den Faktor 60 schwanken kann, ist die potentiell toxische Dosis sehr unterschiedlich. Bei Erwachsenen können längerfristige Einnahmen von 6 g täglich Leberzellschäden bewirken und Alkohol sowie Enzyminduktoren wie Phenytoin und Rifampicin erhöhen die Hepatotoxizität von Paracetamol. Bei Verdacht auf fulminantes Leberversagen ist die Bestimmung der Plasmahalbwertszeit von Paracetamol prognostisch wertvoll (siehe auch Beitrag 48.1 – Indikation). Bei Werten der Aminotransferasen bis 1.000 U/l sind keine schweren Konsequenzen zu erwarten.

Nicht Steroidale Antinflammatorische Drugs (NSAID) sind die mit am häufigsten verschriebenen Arzneimittel. Die Inzidenz der durch NSAID verursachten Leberschädigungen wird auf 5 pro 100.000 Personen geschätzt.

Cyclooxygenase 2 (COX-2)-Inhibitoren: Sie werden nach ihrer COX-2/COX-1 Selektivität in selektive (Celecoxib, Refocoxib), preferentielle (Nimesulid, Meloxicam) und nicht-selektive (Aspirin, Diclofenac, Ibuprofen, Indometacin) COX-Inhibitoren eingeteilt.

  • Selektive (COX-2)-Inhibitoren: Sie können eine hepatitische oder cholestatisch-hepatitische Schädigung verursachen. Dabei tritt ein Enzymanstieg 4 Tage bis 4 Wochen nach Therapiebeginn auf. Nach Absetzen der Therapie resultiert der Enzymabfall nach 1–4 Wochen. Einige dieser Patienten entwickeln eine Eosinophilie.
  • Preferentielle (COX-2)-Inhibitoren: Nimesulid kann eine hepatitische Schädigung verursachen mit einem Anstieg der ALT 1–15 Wochen nach Therapiebeginn. Nach Absetzen der Therapie Normalisierung der ALT nach 2–17 Monaten. Auch sind eine akute Hepatitis (Meloxicam) und das fulminante Leberversagen (Etodolac) beschrieben.

NSAID /63/:

  • Nicht-selektive (COX-2)-Inhibitoren: Ibuprofen macht äußerst selten eine Leberschädigung. Sulindac verursacht Leberschädigungen vom cholestatischen Typ (43 %), hepatitischen (25 %) und nicht definierbaren Typ. 66 % der symptomatischen Patienten zeigen eine Hypersensitivitätsreaktion (Eosinophilie, Fieber, Hautausschlag). Diclofenac verursacht eine Leberschädigung bei 1–5 auf 100.000 Personen. Die Leberschädigung tritt als akute Hepatitis, cholestatische Hepatitis oder als chronische Hepatitis auf. Nach Absetzen von Diclofenac normalisieren die Enzyme und die Prognose ist gut.

Neuere antiinflammatorische Arzneimittel: Leflunomid wirkt immunmodulatorisch und wird bei rheumatoider Arthritis eingesetzt. Ein 2 facher Anstieg der ALT wird in 6,6 % der Fälle gesehen, ein 3 facher zu 4,4 %. Empfohlen wird die Bestimmung der ALT vor Einnahme sowie ein monatliches Monitoring in den ersten 6 Monaten und nachfolgend zweimonatlich. Eine Dosis Reduzierung wird empfohlen wenn die ALT über 2 fach des oberen Referenzbereichswerts ist und ein Absetzen der Therapie bei einer 3 fachen Erhöhung. Für Infliximab, einem monoklonalen Antikörper gegen Tumornekrosefaktor, der bei M. Crohn eingesetzt wird, sind nur wenige Fälle von Leberschädigung beschrieben. Unter Zafirlukast, einem Leukotrien-Rezeptorantagonist, der bei milden asthmatischen Beschwerden verordnet wird, kommt es bei 3,3 % der Patienten innerhalb von 3 Monaten nach Therapiebeginn zu einem Anstieg der ALT über 2 fach des oberen Referenzbereichswerts bei anderen erst nach 5–13 Monaten.

Antihypertensiva /63/: α-Methyldopa wird kaum noch verordnet, ist aber bekannt für eine Erhöhung der Aminotransferasen in 10–30 % der Fälle und für Leberschädigungen in Form der akuten Hepatitis (unter 1 %). Bei 5 % der Patienten tritt in den ersten 3 Monaten ein ALT-Anstieg auf. Gewöhnlich sind die Patienten klinisch asymptomatisch, über 50 Jahre alt und haben α-Methyldopa seit 1–4 Wochen eingenommen. Beta-adrenerge Rezeptorenblocker (Propranolol, Metoprolol, Acebutalol) haben, ausgenommen dem Labetalol, nur ein geringes hepatotoxisches Potential. Calciumkanal-Antagonisten wie Diltiazem können eine akuten hepatitischen Leberschaden, eine Cholestase und eine granulomatöse Leberschädigung bewirken. Die Angiotensin Converting Enzyme (ACE) Inhibitoren (Captopril, Enalapril, Fosinopril) können eine blande Cholestase oder cholestatische Hepatitis bewirken. Enzymerhöhungen treten 1 Woche bis 1 Jahr nach Therapiebeginn auf. Vorkommen kann auch eine Hypersensitivitätsreaktion mit Fieber, Hautröte und Eosinophilie. Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten (Irbesartan, Candesartan, Losartan) können eine cholestatische Hepatitis verursachen.

Orale Antidiabetika /63/: Sulfonylharnstoffe (Chlorpropramid, Glibenclamid, Glyclazid) können eine lebertoxische Schädigung verursachen, die mit einer Hypersensitivitätsreaktion einhergeht. Für Metformin sind cholestatische Hepatitiden beschrieben. Glucosidaseinhibitoren werden zur adjuvanten Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 verordnet. Acarbose in Mengen über 100 mg/Tag kann nach 2–8-monatiger Therapie zu einer hepatozellulären Schädigung führen. Die zweite Generation der Thiazolidindione (Rosiglitazon, Pioglitazon) führt bei 0,25 % der Patienten zu einem Anstieg der ALT > 3 fach des oberen Referenzbereichswerts (ORW). Der Anstieg tritt 1–3 Wochen nach Therapiebeginn auf. Nach der FDA soll die ALT vor Therapiebeginn < 2,5 fach des ORW sein und alle 2 Monate kontrolliert werden. Die Therapie wird abgebrochen, wenn die ALT persistierend über 3 fach des ORW ist.

Lipidsenker /63/: Die Hypercholesterinämie ist ein wesentlicher Risikofaktor zur Entwicklung der koronaren Herzkrankheit. Die Senkung von Cholesterin mit HMG-CoA-Reduktasehemmern (HMG-CoA, Hydroxymethylglutaryl-CoA), den Statinen (z.B. Atorvastatin, Lovastatin, Pravastatin), kann die Herzinfarkt- und Schlaganfallrate senken. Unter Therapie kommt es innerhalb von 3 Monaten bei 3 % der Patienten zu einem Anstieg der ALT und bei 20–30 % der CK. Die Erhöhungen sind nach Absetzen der Therapie reversibel und erfordern keinen Therapieabbruch. Bei 0,2 von 100.000 Behandelten entwickelt sich eine schwere Leberschädigung. Statine sind kontraindiziert bei Lebererkrankungen, Myopathien und in der Schwangerschaft.

Antiepileptika /63/: Die Trias Fieber, Hautausschlag und Beteiligung innerer Organe sind Symptome einer Hypersensitivität und beruhen auf dem Reaktiven Metaboliten Syndrom (RMS). Das RMS wird diagnotiziert im Rahmen einer Behandlung mit Phenytoin, Phenobarbital, Carbamazepin und Lamotrigin. Das RMS wird bei 10–100 von 100.000 Patienten gesehen, die mit den genannten Antiepileptika behandelt werden. Die Symptomatik beginnt 1–8 Wochen nach Behandlungsbeginn mit Fieber, Übelkeit und Hautausschlag. Systemisch können Lymphadenopathie und Leukozytose auftreten, in 50 % der Fälle sind die ALT und andere Leberenzyme erhöht, gelegentlich wird eine schwere Hepatitis gesehen. Valproinsäure Therapie verursacht bei 1 von 37.000 Behandelten eine Leberschädigung. Bei Kindern unter 3 Jahren und bestimmten Krankheiten (Harnstoffzyklus-Störung, Defekt der Fettsäureoxidation) ist die Häufigkeit jedoch 1 : 500. Lamotrigin kann 2–3 Wochen nach Therapiebeginn in Einzelfällen eine akute Hepatitis verursachen. Die Häufigkeit hepatotoxischer Fälle beträgt für Felbamat 3–4/100.000, für Topiramat ist die Häufigkeit geringer. Valproinsäure verursacht sehr selten das Stevens-Johnson-Syndrom, eine bullöse Form des Erythema multiforme. Das Stevens-Johnson-Syndrom kann mit einer schweren Leberschädigung und Aminotransferasen von bis zu 6.000 U/l einhergehen /65/.

Psychotrope Arzneimittel /63/:

Antipsychotische und sedativ-hypnotische Medikamente: Chlorpromazin, Haloperidol, Prochlorpromazin und Sulpirid können eine cholestatische Leberschädigung bewirken, Clozapin und Risperidon verursachen demgegenüber eine hepatozelluläre Schädigung. Benzodiazepine führen nicht zu einer Leberschädigung, ausgenommen Clotiazepam, das eine schwere Hepatitis und Bentazepam das eine chronische Hepatitis bewirken kann.

Antidepressiva: Die selektiven Wiederaufnahme-Hemmer für Serotonin (Fluoxetin, Paroxetin, Sertalin) sind die im Wesentlichen verschriebenen Antidepressiva. Bei bis zu 0,5 % der Patienten kommt es nach einigen Wochen bis 1 Jahr zu einer hepatozellulären Schädigung mit Erhöhung der ALT. Für andere Antidepressiva sind akutes Leberversagen (Nefazodon) sowie akute und chronische hepatozelluläre Schädigung (Trazodon) beschrieben.

Cyclophosphamid, Busulfan, Azathioprin: Unter zytostatischer Therapie mit alkylierenden Reagenzien kann ein akuter Verschluss von Lebervenen auftreten. Im Vordergrund steht der hepatozelluläre Schaden mit Anstieg der Aminotransferasen.

Orale Ovulations­hemmer, Danazol: Sexualhormone, insbesondere das C17-alkylierte Testosteron, bewirken durch Hemmung der Na-K-ATPase eine Reduzierung des Gallenflusses mit der Folge einer kanalikulären Cholestase. Während des 1. oder 2. Zyklus kommt es zum Anstieg von GGT und AP, die Aminotransferasen sind variabel und überschreiten nicht das 5 fache des oberen Referenzbereichswerts. Bilirubin kann 10 mg/dl (171 μmol/l) überschreiten. Lebertumoren in Form von Adenomen der fokal nodulären Hyperplasie und des hepatozellulären Karzinoms sind beschrieben nach jahrelanger Einnahme hormoneller Kontrazeptiva, die noch recht hohe Hormondosen enthielten. Auch ist das Auftreten hepatozellulärer Karzinome nach Danazol-Therapie bekannt. Die Leberenzyme sind normal, Erhöhungen treten erst bei Nekrotisierung auf.

Heparin: Unter subkutaner Therapie mit 5.000–15.000 IU unfraktionierten Heparins innerhalb von 8 h kommt es nach einer Studie /66/ in 89 % der Fälle zu einer Erhöhung der ALT, zu 82 % der AST und zu 37 % der GGT. Die Maximalwerte werden um den 8. Behandlungstag erreicht, mit mittleren Werten der ALT von 3 fach und der AST von 2 fach des oberen Referenzbereichswerts. Bei Weiterführung der Heparin Therapie fallen die Aktivitäten wieder auf die Ausgangswerte.

Methotrexat /67/: Bei der Behandlung von Rheumatikern mit einmaliger Dosierung wöchentlich und unter der Voraussetzung, dass kein Alkoholabusus vorliegt, beträgt die Häufigkeit einer toxischen Leberschädigung 1 Fall auf Tausend, bezogen auf 5 Behandlungsjahre. Das American College of Rheumatology empfiehlt die Bestimmung von ALT und AST alle 4–8 Wochen. Ist mehr als die Hälfte der Bestimmungen innerhalb eines Jahres pathologisch, soll die Methotrexat Therapie gestoppt werden. Auch soll die Therapie modifiziert werden, wenn beim Monitoring des Serumalbumins ein Wert unter 3,5 g/dl ist.

Amiodaron: Neben Cornea- und Lungenveränderungen, Lichtsensibilisierung und Schilddrüsen-Funktionsstörung (Tab. 30.3-1 – Referenzbereiche für T4 und FT4) ist die Hepatopathie eine der Nebenwirkungen des Antiarrhythmikums Amiodaron. Störungen der Fettsäurenoxidation unter Amiodaron Therapie führen zur Verfettung der Leberzellen.

AIDS-Therapie: Ein Teil der HIV-Patienten unter retroviraler Therapie ohne Hepatitis B- und Hepatitis-C-Infektion hat erhöhte Aminotransferasen. In einer Studie /68/ hatten die meisten der HIV-Infizierten mit ALT-Werten über 80 U/l eine nicht-alkoholische Steatohepatitis.

Ecstasy /69/: Ecstasy, der populäre Straßennahme für N-methyl-3,4-methylendioxy-amphetamin oder 3,4 Methylendioxy-methamphetamin (MDMA) hat eine hepatische, kardiovaskuläre und zerebrale Toxizität, außerdem wirkt es hyperpyretisch. Die Leberschädigung ist vom hepatitischen Typ und gleicht der Virushepatitis. Die Patienten haben eine verstärkte Blutungstendenz.

Xenobiotika (siehe Tab. 1.9-4 – Verhalten der GGT im Serum bei Erkrankungen der Leber und der Gallenwege), z.B. Tetrachlorkohlenstoff, Pilzgifte (Phalloidin, Phalloin): Als Folgen einer toxischen Leberschädigung durch Umweltgifte kann es von der Enzyminduktion über die Fettleber, Hepatitis, Fibrose und Zirrhose bis zur Tumorentwicklung kommen. Der Ikterus ist selten und spricht für ein schweres Krankheitsbild. Direkt dosisabhängig Leberzell toxisch wirken z.B. Tetrachlorkohlenstoff und Pilzgifte. Während es bei der Tetrachlorkohlenstoff Vergiftung zu einer massiven hepatozellulären Zone 3-Nekrose mit sofortigem Anstieg der Aminotransferasen kommt, tritt bei der Knollenblätterpilz Vergiftung der Enzymanstieg gewöhnlich erst am 3. Tag nach Aufnahme des Pilzgerichtes auf (biphasischer Vergiftungsverlauf: Latenz etwa 12 h, dann Nausea, Erbrechen, Durchfälle, erst am dritten Tag Eintreten der hepatitischen Phase). Die Aminotransferasen und das Bilirubin sind nur locker mit dem Schweregrad der Vergiftung korreliert. Ein wichtiges prognostisches Zeichen ist die Thromboplastinzeit. In einer Studie /70/ starben 84 % der Patienten mit Werten unter 10 %, aber bei Werten über 40 % traten keine Todesfälle auf.

Pflanzliche Arzneimittel: Die Selbstmedikation mit pflanzlichen Arzneimitteln hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Da die Leber das wesentliche Organ zur Biotransformation dieser Mittel ist, unterliegt sie auch einer bevorzugten Schädigung. Detaillierte Information gibt Lit. /71/.

Autoimmunerkrankungen der Leber und Gallenwege: Die Autoimmunerkrankungen der Leber umfassen die autoimmune Hepatitis (AIH), die primäre biliäre Zirrhose (PBC) und die primär sklerosierende Cholangitis (PBC). Bei diesen Erkrankungen liegt eine Störung der Immuntoleranz gegenüber Lebergewebe vor, und zwar gegen Hepatozyten bei der AIH, gegen Zellen des Gallengangs bei der PBC und PSC. Es handelt sich um chronisch inflammatorische Erkrankungen. Für eine genetische Prädisposition spricht die Assoziation mit bestimmten HLA-Typen. Außerdem besteht eine Assoziation zu extrahepatischen Autoimmunerkrankungen /72/.

Autoimmunhepatitis (AIH): Die AIH ist eine chronisch progressive Hepatitis unbekannter Ursache, die Kinder und Erwachsene in jedem Lebensalter betrifft. Gelegentlich hat sie einen fluktuierenden Verlauf mit Perioden erhöhter oder verminderter Aktivität. Es ist wichtig, die AIH von anderen Formen der chronischen Hepatitis zu unterscheiden, da ein großer Teil der Patienten auf eine anti-inflammatorische oder immunsuppresive Therapie oder eine Kombination von beiden anspricht /73/.

Labordiagnostik: Der Anstieg der Aminotransferasen entspricht dem Ausmaß der Leberzellschädigung und zeigt keine Korrelation zur Entzündungsaktivität. So können 2–50 fache Anstiege gemessen werden. Die AP ist nur gering erhöht (AP/ALT-Ratio des Anstiegs unter 1,5). Diagnostisch bedeutsam ist die Erhöhung von IgG, das eine Konzentration von 1,1–3 fach des oberen Referenzbereichswerts haben kann. Autoantikörper werden nachgewiesen gegen ANA, glatte Muskulatur, Actin, SLA/LP, pANCA, LKM-1 und LC-1. Die HLA-Typisierung zeigt, dass eine Assoziation zu HLA-DR3- oder HLA-DR4 besteht. Die Kriterien zur Diagnostik der AIH sind im Beitrag 25.8.3 und unter Lit. /74/ aufgeführt.

Primär sklerosierende Cholangitis (PSC): Die PSC ist eine chronische cholestatische Lebererkrankung unbekannter Genese. Sie ist durch progressive Entzündung mit Zerstörung und Fibrosierung der intra- und extrahepatischen Gallengänge charakterisiert. In den USA und Europa sind ein erheblicher Teil der entzündlichen Darmerkrankungen mit einer PSC assoziiert. Die Prävalenz ist 1–4 pro 100.000 Einwohner, etwa 70 % sind Männer. Das mittlere Lebensalter ist 40 Jahre. Die Symptome treten 12–24 Monate vor der klinischen Diagnosestellung auf. Graduell zunehmende Müdigkeit und Juckreiz gefolgt von Ikterus sind häufige, Hepatomegalie, Splenomegalie, Hyperpigmentierung, Xanthelasmen und Xanthome weitere klinische Symptome. In den USA ist die PSC eine der am häufigsten vorkommenden chronisch cholestatischen Erkrankungen Erwachsener und eine der häufigsten Indikationen zur Lebertransplantation.

Labordiagnostik: Die ALT ist zum Zeitpunkt der Diagnosestellung nur leicht erhöht, die GGT und AP etwa 5 fach, bis zu zwei Drittel der Patienten haben eine Hyperbilirubinämie. Erhöht sind auch Coerulopasmin und Kupfer im Serum, auch die Kupferausscheidung im Urin ist vermehrt. Eine Hypergammaglobulinämie wird bei 30 % der Patienten gefunden und eine IgM-Erhöhung bei 30–50 %. Etwa 65 % der Patienten mit PSC haben Antikörper gegen perinukleäre zytoplasmatische Antigene (pANCA) und besitzen das Merkmal HLA-DRw52a /73, 75/.

Primäre biliäre Zirrhose (PBC): Die PBC ist eine chronische progressive Erkrankung mit einer Destruktion kleinerer und mittlerer Gallengänge. Histologisch liegt ein granulomatös entzündlicher Umbau der interlobulären und septalen Gallengänge vor. Die Prävalenz der PBC ist 4–6 pro 100.000 Einwohner. Sie betrifft Frauen 6–10mal häufiger als Männer im Alter von 40–60 Jahren. Asymptomatische Patienten werden zunehmend diagnostiziert, seitdem die Bestimmung von AP, IgM und anti-mitochondrialen Antikörpern (AMA) bei Patienten mit Hepatomegalie oder Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung durchgeführt wird. Klinisch stehen Symptome wie Juckreiz, Müdigkeit oder Oberbauchbeschwerden im Vordergrund.

Labordiagnostik: Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung haben ein bis zwei Drittel der Patienten eine Hyperbilirubinämie, nahezu alle eine erhöhte AP, einen Anstieg von IgM und einen pathologischen Titer der AMA /76/. Die ALT ist gewöhnlich im Referenzbereich. Bei diesen Patienten besteht eine 6-mal häufigere Assoziation zum HLA-DRw8 Haplotyp als bei Normalpersonen.

Lebermetastasen /77/: Die zu erwartenden Enzymveränderungen sind abhängig vom Sitz, der Größe und der Anzahl der Metastasen. Nach einer Studie wurden Veränderungen in folgender Häufigkeit gefunden: GGT 88 %, AP 79 %, AST 64 %, LDH 63 %, CHE 59 %, ALT 55 %, GLDH 52 %, Bilirubin 40 %, Thromboplastinzeit 29 %; der De-Ritis-Quotient war über 2.

Anorexia nervosa /78/: Etwa 30 % der Patienten, die am Nadir des Körpergewichts durch längerfristig zu geringe Nahrungsaufnahme sind, können mediane ALT-Werte bis zum 10 fachen und mediane AST-Werte bis zum 8 fachen des oberen Referenzbereichswerts haben. Die Höhe der Aminotransferasen zeigt eine positive Korrelation zur Erniedrigung des Body Mass Index. Unter Ernährungstherapie kommt es bei einem Drittel der Patienten, die zuvor keine Erhöhung haben, zum Anstieg der Aminotransferasen. Die Gipfelwerte werden nach etwa 20 Tagen erreicht, der Median der ALT liegt etwa 2 fach höher als der obere Referenzbereichswert, der Median der AST etwa 1,5 fach.

Hitzschlag: Hitzschlag verursacht Enzymerhöhungen. So kommt es bei den Patienten in den ersten 24 h nach Klinikeinweisung zu Erhöhungen der LDH um das 2–6 fache, der CK um das bis zu 50 fache, der ALT um das bis zu 3 fache und der AST um das bis zu 20 fache. Die Höhe von AST und LDH werden als prognostische Indikatoren angesehen. Patienten mit AST-Werten über 1.000 U/l sind als schwer krank anzusehen und haben eine schlechte Prognose /79/.

α1-Antitrypsin-Mangel: Siehe Beitrag 18.5.5.2 – α1-Antitrypsin.

M. Wilson: Kinder mit M. Wilson haben zu 95 % eine Erhöhung der ALT im Mittel um das 5 fache des oberen Referenzbereichswerts. Unter Behandlung mit Penicillamin oder Zink kommt es nach 17 Monaten (Median) zu einem Abfall in den Referenzbereich bei 80 % der Patienten. Beim Rest persistieren die ALT-Werte in etwa beim 2 fachen des oberen Referenzbereichswerts /80/. Siehe auch Tab. 18.7.5-3 – M. Wilson.

Tabelle 1.6-4 Aminotransferasen bei Herzerkrankungen und Krankheiten ähnlicher Symptomatik

Herzinfarkt: Die AST kann zur Verlaufsbeurteilung des Herzinfarkts eingesetzt werden, die ALT, wenn eine Lebermitbeteiligung vermutet wird. Der AST Anstieg tritt ab 6–12 h nach dem akuten Ereignis auf, erreicht innerhalb von 16–48 h ein Maximum auf im Mittel das 5 fache des oberen Referenzbereichswerts und normalisiert am 3.–6. Tag. Erhöhungen der ALT sind inkonstant und gering, der De-Ritis-Quotient ist über 2. Bei Patienten mit eindeutig lokalisierbaren Infarkten werden innerhalb der ersten 24 h in über 95 % der Fälle AST-Anstiege gemessen. Ist der Infarkt nicht lokalisierbar oder nicht transmural, ist die Häufigkeit des AST-Anstiegs erheblich geringer. Die AST-Aktivität hängt von der Größe des Infarkts ab, Patienten mit Werten über 10 fach des oberen Referenzbereichswerts haben eine erhebliche Letalitätsrate /81/. Sehr hohe AST-Werte treten beim kardio­genen Schock auf.

Lungenarterienembolie: Die Lungenarterienembolie ist gegenüber dem Herzinfarkt klinisch nicht immer leicht abzugrenzen. Labordiagnostisch werden in etwa 20 % der Fälle leichte Anstiege der Aminotransferasen und der LDH gemessen, die CK ist weitestgehend normal.

Myokarditis: Leicht erhöht sein können CK und AST. Labordiagnostisch wird eine zum Teil stark beschleunigte Blutsenkungsreaktion und in etwa 50 % der Fälle eine leichte bis mäßige Leukozytose gefunden /82/.

Perikarditis: Erst wenn zusätzlich eine Myokarditis vorliegt, kann die AST erhöht sein.

Herzrhythmusstörung: Supraventrikuläre oder ventrikuläre Tachyarrhythmien können bei Kammerfrequenzen über 180/min leichte Erhöhungen der AST verursachen; dies ist auch der Fall bei elektrischer Kardioversion.

Herzkatheterisierung: Leichte Anstiege von AST, CK und LDH sind beschrieben.

Schrittmacherimplantation: Erhöhungen von AST und CK wurden nicht gemessen.

Operation am offenen Herzen: Innerhalb der ersten Stunden nach dem operativen Eingriff werden Aktivitätsanstiege von AST, CK und LDH registriert /83/.

Tabelle 1.6-5 Verhalten der Aminotransferasen bei Skelettmuskelschädigung (siehe auch Tab. 1.8-5 – Aktivitäten von CK und CK-MB bei akuter Skelettmuskelschädigung/84/

Progressive Muskeldystrophie: Alle Krankheitstypen (Typ I = Facio-scapulo-humeral, Typ II = Gliedmaßen-Gürteltyp, Typ III = Duchenne) gehen mit erhöhten Aminotransferasen einher, der De-Ritis-Quotient ist über 1. Typ I und II bewirken Erhöhungen der AST bis etwa zum 50 fachen, Typ III bis etwa zum 100 fachen des oberen Referenzbereichswerts. Die AST ist schon vor Krankheitsbeginn erhöht und zu Beginn der klinischen Beschwerden am höchsten.

Niedrige AST-Werte im Krankheitsverlauf weisen auf eine geringere Progression und eine günstigere Lebenserwartung hin. Im Lauf der Jahre nehmen die AST und die CK ab und erreichen im finalen Stadium den Referenzbereich.

Myositis: Die akute und subakute Form der Polymyositis bewirken erhebliche Erhöhungen der AST, die chronische Form hat normale oder leicht erhöhte Werte. Bei der Dermatomyositis sind leichtere Anstiege der AST möglich, die ALT ist normal. Die okkulare Myositis hat normale AST-Aktivitäten.

Hypothyreote Myopathie: Leichte Erhöhungen der AST, CK und LDH werden bei länger bestehender Hypothyreose gemessen.

Status epilepticus: Anstiege von CK, LDH, AST und ALT treten auf. Beim Status epilepticus entspricht der Aktivitätsverlauf demjenigen beim Herzinfarkt, jedoch sind die Anstiege höher, und die ALT ist erhöht. Beim grand mal-Anfall sind die Enzymwerte niedriger als im Status epilepticus, jedoch beim Alkohol-induzierten wiederum höher als beim idiopathischen. Nach einem grand mal-Anfall verhält sich der CK-Verlauf ähnlich dem des Herzinfarktes, die anderen Enzyme zeigen keinen hierzu korrelierenden Verlauf, die ALT ist aber ebenfalls häufig erhöht. Es tritt auch eine deutliche Erhöhung des Prolactins auf.

Maligne Hyperthermie: Kommt bei etwa 1 von 20.000 Narkosen vor und ist in 60 % der Fälle letal. Nach Applikation von Halothan, Muskelrelaxantien usw. entwickeln Symptom freie Patienten hohes Fieber und Muskelsteifheit. Der Anstieg der Aminotransferasen und der CK erfolgt nicht vor 24 h. Es handelt sich um eine autosomal dominant vererbbare Krankheit, die bevorzugt das männliche Geschlecht befällt /85/.

Schwere körperliche Arbeit: Abhängig von der Intensität und Dauer der körperlichen Leistung sowie vom Trainingszustand kommt es zur AST-Erhöhung unterschiedlichen Ausmaßes, seltener zum Anstieg der ALT. Bei Marathonläufern ist ein 2–3 facher AST-Anstieg bei leichter ALT-Erhöhung beschrieben. Anabolika Einnahme und körperliche Arbeit (Bodybuilder) können AST und ALT auf den 2 fachen oberen Referenzbereichswert ansteigen lassen /86/.

Tabelle 1.7-1 Prinzip der ChE-Bestimmung (oben) und Berechnung der Dibucainzahl (unten).

Butyrylthiocholin + H 2 O ChE Thiocholin + Butyrat Dibucainzahl = (1 – ChE gehemmt ) × 100 ChE ungehemmt

Tabelle 1.7-2 Chromogene Reaktionen zur Messung des gebildeten Thiocholins

1.

Thiocholin + 5,5’Dithio-bis-2 nitrobenzoat (DTNB) → 5-Mercaptothiocholin-2-nitrobenzoat + 5 Thio-2-nitrobenzoat.

Messung bei 405 bis 410 nm

2.

Thiocholin + 2 OH + 2 [Fe(CN)6]3– → Dithiobis(cholin) + H2O + 2 [Fe(CN)6]4– (empfohlene Reaktion nach Lit. /4/).

Messung bei 405 nm.

Tabelle 1.7-3 Referenzbereich der ChE

Butyrylthiocholin 37 °C /10/

Benzoylcholin 37 °C /11/

3,93–10,8 (65–180)

0,66–1,62 (11–27)

4,62–11,5 (77–192)

0,66–1,62 (11–27)

Angaben in kU/l (μkatal/l) für Erwachsene und Kinder.

Umrechnung: μkatal/l × 0,060=kU/l.

Tabelle 1.7-4 Lebererkrankungen, die mit einer verminderten ChE-Aktivität einhergehen können

Akute Hepatitiden: Unkomplizierte Virushepatitiden verursachen keine oder nur geringe ChE-Erniedrigungen; bei nekrotischen Verlaufsformen treten je nach Schweregrad erniedrigte Werte auf. Normale ChE Werte werden bei akuten Virushepatitiden häufiger gefunden als erniedrigte. Bei Hepatitis C sollen die ChE Werte höher sein als bei gesunden Kontrollpersonen /16/.

Chronische Hepatitiden: Bei der persistierenden und aktiven Verlaufsform bestehen keine Unterschiede in der Höhe der ChE. Etwa 40 % dieser Patienten haben normale Werte. Die Bedeutung der ChE liegt besonders in der Verlaufsbeurteilung. Bei ruhender Entzündungsreaktion und damit möglicher Normalisierung von ALT, AST und GGT kann die erniedrigte oder an der unteren Referenzbereichsgrenze liegende ChE das einzige pathologische Zeichen eines Leberschadens sein /12/.

Leberzirrhose: Die Leberzirrhose ist die Organerkrankung, die am häufigsten mit erniedrigter ChE einhergeht. In einer Studie /14/ waren die diagnostische Sensitivität und Spezifität jeweils 88 %. Bei einer Prävalenz von 25 Zirrhotikern auf 1.050 Untersuchte betrug der positive prädiktive Wert einer erniedrigten ChE nur 13 %, der prädiktive Wert der normalen ChE aber 99,7 %. Die ChE ist demzufolge als Screening­ auf Leberzirrhose ungeeignet, da von 8 Patienten mit erniedrigter ChE nur einer eine Leberzirrhose hat /14/. Ein normaler Wert der ChE schließt demgegenüber die Leberzirrhose weitestgehend aus. Trotz großer individueller Unterschiede besteht eine Korrelation zwischen Abnahme der ChE und dem Fortschreiten der Zirrhose für alle Formen der Zirrhosen, insbesondere aber die primäre biliäre Zirrhose und die Alkohol-toxische Zirrhose. Nur 11 % der Zirrhotiker sollen eine normale ChE haben.

Akute Durchblutungs­störung: Bei akuter Durchblutungsstörung ist der Abfall der ChE geringer als bei akuter Vergiftung. Im ersteren Fall sinkt sie bis maximal 50 % unter den unteren Referenzbereichswert, im letzteren aber stärker ab /12/.

Chronische Leberstauung: Eine geringe Verminderung der ChE mit oder ohne diskreten Anstieg der GGT kann auftreten.

Lebertumoren, Lebermetastasen: Bei Metastasenleber und primären Lebertumoren kommt es mit stärkerer Ausdehnung der Neopla­sie zum Abfall der ChE. Bei Lebermetastasen ist die ChE zu 58 % erniedrigt /17/.

Lebertransplantation: Der rasche Anstieg der ChE innerhalb weniger Tage zeigt die prompte Aufnahme der Funktion des Transplantats an.

Tabelle 1.7-5 Differentialdiagnostische Bedeutung der kombinierten Bestimmung von ChE und Albumin

ChE

Albumin

Leberschaden

Differentialdiagnose

Erniedrigt

Erniedrigt

Vorhanden (ALT erhöht)

Leberzirrhose, chronisch aktive Hepatitis, Virushepatitis (etwa 1/3 der ­Fälle).

Referenzbereich

Keiner (ALT normal)

Hemmung der ChE, z.B. durch Pestizide.

Erniedrigt

Keiner (ALT normal)

Leukämie, M. Hodgkin, Karzinom, postoperative Zustände, gastrointestinale Erkrankungen, Protein-Mangelernährung, Pankreatitis, Nie­reninsuffizienz, chronische Hepatitis C.

Erhöht

Referenzbereich

Keiner (ALT normal)

Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, atypische ChE-Variante Cynthia.

Vorhanden

Fettleber, z.B. alkoholisch bedingt (ALT leicht erhöht).

Erniedrigt

Keiner

Starker renaler Proteinverlust, z.B. nephrotisches Syndrom.

Normal

Normal

ALT normal

Leberzirrhose weitgehend ausgeschlossen, Vorhersagewert über 99 %.

Tabelle 1.7-6 Weitere Erkrankungen, die mit verminderter ChE-Aktivität einhergehen können

Schwere Krankheitsbilder, Schockzustand, Intensivpatienten: Schwere Krankheitsbilder mit kataboler Stoffwechsellage sind die häufigste Ursache einer ­erniedrigten ChE, z.B. Leukosen, postoperative Zustände, schwere Infektionskrankheiten, maligne Erkrankungen des Iymphoretikulären Systems, Karzinome mit und ohne Lebermetastasen /14/.

Septischer Schock: Nach einer Studie /18/ besteht eine signifikante Korrelation zwischen der Höhe der ChE in der Verlaufsbeurteilung und dem Überleben. Patienten mit Dysfunktion der Leber und einer Absenkung der ChE auf im Mittel 1.484 (512–3.556) U/l starben häufiger, während die Überlebenden eine mittlere Konzentration von 2.906 (852–9.644) U/l hatten; Substrat Butyrylthiocholin.

Chronisch entzündliche Darmerkrankung: Beim floriden M. Crohn und florider Colitis ulcerosa werden Werte der ChE gefunden, die etwa 60 % derjenigen eines gesunden Kollektivs entsprechen. In Remission und Teilremission kommt es zur Normalisierung. Die ChE zeigt sich als guter Parameter zur Abschätzung der Krankheitsaktivität. Ätiologisch wird eine Synthesehemmung der ChE im Rahmen einer Akute-Phase-Reaktion, am ehesten induziert durch Endotoxine, diskutiert /19/.

Muskelerkrankung: Deutliche Erniedrigungen der ChE können bei progressiver Muskeldystrophie und Myotonia kongenita Thomsen auftreten /20/.

Herzinfarkt, perniziöse Anämie, Trichinose: Die ChE spielt zur Diagnostik dieser Erkrankungen gegenüber anderen Laboruntersuchungen keine Rolle. Wenn eine Erniedrigung der ChE auftritt, ist sie nur kurzzeitig und sehr diskret. Bei Trichinose sind Erniedrigungen der ChE noch bis zu 6 Monate nach Befall nachweisbar.

Tabelle 1.7-7 Hemmung der Cholinesterase durch Medikamente /21/

Hemmung unter 15 %:

  • Nicht depolarisierende Muskelrelaxantien, z.B. Pancuronium, Vecuronium.
  • Antibiotika: Penicilline, Streptomycin

Hemmung von 20–100 %:

  • Carbamatester, die als Parasypathicomimetika eingesetzt werden, z.B. Neostigmin, Edrophonium, Pyridostigmin, Physostigmin
  • Organische Phosphorsäureester, die in Form der Alkylphosphate Anwendung als Pestizide finden
  • Kardiovaskuläre Medikamente, z.B. Chinidin, Esmolol
  • Zytostatika, z.B. Cyclophosphamid; die Erniedrigung tritt schon am ersten Behandlungstag auf, Normalisierung innerhalb einer Woche
  • Hormone, z.B. Kortikosteroide
  • Hormonelle Kontrazeptiva
  • Psychopharmaka, z.B. Lithium, Phenelzin
  • Bronchodilatatoren, z.B. Bambuterol
  • Glaukombehandlung, z.B. Ecothiopat
  • Muskelrelaxantien, z.B. Succinylcholin

Tabelle 1.7-8 Biochemische Eigenschaften der Cholinesterase Varianten

Genotyp

Häufigkeit

ChE (U/l)

Dibucainzahl

Fluoridzahl

RoN-Zahl

SC-Sensitivität

E1uE1u

95 %

660–1.620

79–86

56–65

80–100

Keine

E1uE1a

1 : 30

373–1.191

56–72

41–53

65–81

Selten*

E1uE1f

1 : 200

410–1.255

73–80

41–54

79–100

Selten

E1uE1s

1 : 220

326–900

79–86

56–67

94–100

Selten

E1aE1f

1 : 19.000

320–661

38–55

22–34

56–69

Leicht

E1fE1f

1 : 160.000

Niedrig

60–70

30–42

92–98

Leicht

E1fE1s

1:170.000

351–509

62–66

16–38

86

Leicht

E1aE1a

1 : 2.500

169–709

13–28

15–28

19–27

Schwer

E1aE1s

1 : 20.000

134–469

11–28

16–29

12–25

Schwer

E1sE1s

1 : 100.000

0–48

Schwer

E1aE1k

1 : 250

341–826

46–59

34–48

52–64

Leicht**

E1uE1k

Selten

387–938

79–86

58–66

86–100

Selten

E1uE1h

Selten

370–706

80–86

59–64

96–100

Selten

E1aE1h

Selten

149–246

23–36

22–32

28–32

Schwer

Daten aus Lit. /10/, außer Häufigkeiten und Werte für den Genotyp E1fE1f, beides wurde aus Lit. /1/ entnommen. Messung der ChE mit der Benzoylcholin-Methode. SC, Succinylcholin; * in Schwangerschaft möglich, ** in etwa 25 % der Fälle.

Tabelle 1.7-9 Erkrankungen, die mit einer Erhöhung der ChE einhergehen können /24/

Diabetes mellitus: Ist die häufigste Ursache einer Erhöhung der ChE.

Koronare Herzkrankheit: Ist die zweithäufigste Ursache einer Erhöhung der ChE.

Hyperlipoproteinämie Typ IV: 36 % der Patienten mit dieser Hy­per­lipoproteinämie haben eine erhöhte ChE.

Fettleber: Die Erhöhung der ChE ist häufig vergesellschaftet mit erhöhten Werten von ALT und/oder AST bzw. GGT. Bei fettiger Infiltration der Leber, als Ausdruck einer sekundären Le­bermitbeteiligung, kann die ALT-Erhöhung von einem leichten Anstieg der ChE, GLDH und GGT begleitet sein.

Nephrotisches Syndrom, exsudative Enteropathie: Die Synthese von ChE und Albumin in der Leber verläuft gekoppelt. Bei beiden Erkrankungen kommt es zum Verlust von Albumin mit kompensatorisch gesteigerter Synthese von Albumin- und ChE.

Hyperthyreose, schwere Adipositas: Leichtere Erhöhungen treten teilweise auf. Sie sind für die Diagnostik dieser Erkrankungen nicht bedeutend.

Ikterus juvenilis intermittens Gilbert-Meulengracht: Die ChE kann leicht bis mäßig erhöht sein.

Cynthiana-Variante: Es liegt familiär bedingt eine Variante der ChE mit 2–3 fach erhöhter Aktivität im Serum vor. Es besteht eine erhebliche Resistenz gegenüber Succinylcholin.

Tabelle 1.8-1 Prinzip der CK-Bestimmung

Creatinphosphat + Mg-ADP CK Creatin + Mg-ATP Glucose + ATP HK Glucose-6-phosphat + ADP Glucose-6-phosphat + NADP G6PDH Gluconat-6-phosphat + NADPH 2

Tabelle 1.8-2 Referenzbereiche der CK

CK

Erwachsene

  • Ambulante Patienten

≤ 170 (2,85)

≤ 190 (3,20) /4/

  • Klinik

≤ 145 (2,41)

≤ 171 (2,85) /5/

  • Afrikaner

≤ 330 (6,50)

≤ 520 (8,67) /6/

Kinder /7/

  • 0–90 Tg.

29–303 (0,48–5,05)

43–474 (0,72–7,90)

  • 3–12 Mon.

25–172 (0,42–2,87)

27–242 (0,45–4,03)

  • 3–24 Mon.

28–162 (0,47–2,70)

25–177 (0,42–2,95)

  • 2–10 J.

31–152 (0,52–2,53)

25–177 (0,42–2,95)

  • 1–14 J.

31–152 (0,52–2,53)

31–172 (0,52–2,87)

  • 15–18 J.

34–147 (0,57–2,45)

28–142 (0,47–2,37)

Angaben in U/l (μkatal/l), Umrechnung von μkat/l in U/l: 1 μkatal/l = 60 U/l

CK-MB-Konzentration /3, 8/: < 10 μg/l (Hersteller-abhängig)

Tabelle 1.8-3 Halbwertszeit und maximale Aktivität nach Infarkt /4/

CK-Isoenzym

Halbwerts­zeit (h)

Max. Werte ohne Lyse (h)

Nach erfolgreicher Lyse (h)

CK-MM

18*

21

13

CK-MB

12

20

11

CK-BB

3

* Bei Muskelkater 48 h

Tabelle 1.8-4 Aktivitäten von CK und CK-MB bei Herzmuskelschädigung

Angina pectoris: Bei stabiler Angina sind keine Anstiege der CK-MB zu beobachten, die instabile Angina kann geringe Anstiege zeigen /20/.

Myokardinfarkt: Die CK steigt proportional zur Schädigung an, die CK-MB überschreitet nach 4–6 h den oberen Referenzbereichswert. Werte der CK über 7.500 U/l weisen auf ein zusätzliches Trauma der Skelettmuskulatur, z.B. nach Reanimation hin.

Myokarditis: Bei der Myokarditis werden erhöhte werte von CK- und CK-MB gemessen; ein dem Infarkt ähnlicher Verlauf der CK-MB ist möglich /6/. Endokarditis und Perikarditis verursachen nur gelegentlich eine Erhöhung der CK.

Eingriff am Herzen: Herzkatheter oder koronare Angiographie führen bei komplikationslosem Verlauf zu keinem verwertbaren Anstieg der CK-MB /19/. Reanimation, Defibrillation und Thoraxtraumen führen zu erhöhten CK-Aktivitäten, die dem Ausmaß eines Skelettmuskeltraumas entsprechen; bei Myokardbeteiligung steigt auch die CK-MB an. Operative Eingriffe am Myokard setzen CK-MB frei; Werte der CK-MB, die 20 h nach einer Bypassoperation den oberen Referenzbereichswert zweifach überschreiten, sprechen für einen Infarkt /21/. Klappenersatz und Transplantation führen abhängig von der Schwere des Eingriffs zu Anstiegen von CK- und CK-MB mit Gipfelwerten meist nach der 24. Stunde. Belastungsprüfungen (Belastungs EKG) führen nicht zu pathologisch Erhöhungen von CK- und CK-MB /6/.

Verschiedenes: Bei Tachykardie, Herzinsuffizienz und Klappenfehler wird in der Regel kein signifikanter Anstieg von CK und CK-MB beobachtet /19/.

Tabelle 1.8-5 Aktivitäten von CK und CK-MB bei akuter Schädigung des Skelettmuskels

Körperliche Aktivität:

Arbeit/Sport: Nach jeder größeren körperlichen Arbeit steigt die CK-Aktivität abhängig von der Dauer, der Aktivität und dem Trainingszustand der Person an /22/. Eine Grenze, die eine Unterscheidung zwischen noch normaler Reaktion und bereits pathologischer Muskelschädigung erlaubt, existiert nicht. Besonders hohe Aktivitäten werden nach exzentrischen Übungen, z.B. bergab rennen /23/, und bei Rhabdomyolyse beobachtet. Die CK-MB nimmt nach einem dreistündigen Dauerlauf von im Mittel 1,5 μg/l innerhalb von 6 h auf 2,6 μg/l zu /24/. Damit kann ein Myokardinfarkt vorgetäuscht werden, wenn nicht gleichzeitig Troponin bestimmt wird.

Krankheiten: Solche mit erhöhter motorischer Aktivität, z.B. Tetanie, Krämpfe, M. Parkinson, Hustenanfälle, Status asthmaticus, Psychosen, Delirium tremens, führen zu erhöhten CK-Aktivitäten.

Intramuskuläre Injektionen: Abhängig von Substanz, Volumen, Konzentration und Osmolalität steigt die CK an, und die Diagnostik eines Infarkts wird erschwert /19/. Als Muskel schädigend gelten: Chlorpromazin, Diazepam, Lidocain, Pentazocin, Pethidin, Phenobarbital, Procainamid, Promethazin.

Operative Eingriffe: Operative Eingriffe, Traumen, Verbrennungen, Stromunfälle, arterielle Embolien und Drucknekrosen, wenn sie die Skelettmuskulatur direkt betreffen oder sekundär mitbelasten, können proportional zur Schwere, Erhöhungen der CK bewirken. Bei Verletzugen des Thorax zeigt eine erhöhte CK-MB eine Beteiligung des Myokards an /19/.

Akute Myositiden: Myositiden haben eine vielfältige Ursache: Polymyositis, Virus bedingte Myositis (Coxsackie B-Virus, Influenza A Virus) bakterielle (Leptospirose) und parasitäre Myositiden (Coccidiosis, Echinokokkose, Toxoplasmose, Trichinose, Zystizerkose). Die CK kann über 20.000 U/l betragen.

Rhabdomyolyse: Häufige Ursachen von Werten > 5.000 U/l sind Trauma, Immobilisation, Sepsis, vaskuläre und kardiale Operationen. Die Höhe der CK ist kein wichtiges Kriterium der akuten Niereninsuffizienz die der Hämodiaylse/ Hämofiltration bedarf und nicht für die Mortalität. Wichtig ist ein Score der einschließt: Alter und die Werte von Creatinin, Phosphat, Calcium, Bicarbonat und CK /25/.

Statine /26/: Statine sind 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl Coenzym A (HMG-CoA)-Reduktasehemmer und haben einen doppelten therapeutischen Effekt; die Reduktion des Cholesterins in den Low density lipoproteins und die Senkung des Risikos eines Herzinfarkts um etwa 25 %. Die Prävalenz der Statin-Myopathie beträgt 1,5–5 %. Myopathien treten im Median einen Monat bis ein Jahr nach Beginn der Statintherapie auf. Ein Trigger ist schwere Muskelarbeit. Auch sind Myopathien häufiger bei Patienten mit komplexen Krankheitskombinationen und mit einem breiten Spektrum an Medikamenten. Wesentliche weitere Risikofaktoren sind das Statin Präparat, die Dosierung und Medikamenteninteraktionen. Bei letzteren sind Proteaseinhibitoren (Cyclosporin, Amiodaron, Fibrate), die wie Simvastatin, Lovastatin und Atorvastatin ebenfalls durch das Cytochrom P450 3A4 (CYP3A4) metabolisiert werden, von Bedeutung. Es kommt zur Erhöhung der Statin Konzentration mit toxischer Wirkung auf die Muskulatur. Cyclosporin hemmt das CYP3A4 und Transportproteine, erhöht so die Statinkonzentration um das 2–25 fache und führt zur Rhabdomyolyse. Gemfibrozil zur Behandlung von Dyslipidämien erhöht die Konzentration einiger Statine um das Zweifache. Amiodaron erhöht in Kombination mit Simvastatin das relative Risiko einer Myopathie um den Faktor 10. Myalgien werden am häufigsten (5–7 %) als Nebenwirkung der Statine berichtet, die Prävalenz ist aber nur gering höher als bei Gabe von Placebo. Myopathien mit über 10 facher Erhöhung der CK wurden bei älteren Frauen unter Cerivastatin Therapie berichtet. Autoimmune nekrotisierende Myopathien mit Nachweis von anti-HMGCR Antikörpern sind progressiv und zeigen keine Besserung nach Absetzen der Statine. Siehe auch Beitrag 25.5.1.5.2 – Untergruppen der idiopathischen Myopathie.

Labordiagnostik: Die Bestimmung eines CK-Basiswerts vor Statintherapie ist sinnvoll. Häufig haben Patienten mit Statin Myopathie CK-Werte 3–10 fach über dem oberen Referenzbereichswert. In solchen Fällen wird, wenn die klinische Symptomatik tolerierbar ist, kein Abbruch der Therapie empfohlen. Sind die Werte mehr als 10 fach erhöht oder sogar über 10.000 U/l wird ein Therapieabbruch empfohlen. Bei Patienten mit erhöhten Werten der CK ist die Verlaufsbeurteilung durch wöchentliche Bestimmung wichtig, je nach Verlauf wird das Statin gewechselt, die Therapie weitergeführt oder abgebrochen. Differentialdiagnostisch wichtig ist die Bestimmung von TSH zum Ausschluss einer Hypothyreose bedingten Myopathie und bei einer CK von mehreren Tausend Units die Bestimmung von anti-HMGCR-Antikörpern.

Andere Arzneimittel:

Pharmakologische Dosen: Dynamische Veränderungen der CK werden nicht beobachtet. Antiarrhythmika, β-Blocker, Clofibrat, Lithium, Phenothiazine und manche Steroide in pharmakologischen Dosen, sowie Suxamethoniumchlorid, Halothan, Hypokaliämika und Alkohol erhöhen die CK, während Prednison und verwandte Steroide sowie Regime der Chemotherapie sie erniedrigen können. Selten tritt bei prädisponierten Patienten eine maligne Hyperthermie oder Rhabdomyolyse auf /27/.

Intoxikation: Amphetamine, Barbiturate, Äthanol, Heroin, Theophyllin, organische Lösemittel, CO sind häufigere Ursachen. Wird die toxische Wirkung durch Druckeinwirkung auf den Muskel verstärkt, können sehr hohe CK erreicht werden. Im Extremfall können Rhabdomyolyse mit extrem hoher CK (weit über 20.000 U/l) oder eine maligne Hyperthermie auftreten. Ein Screening, um prädisponierte Patienten zu erkennen, ist nicht erfolgreich /27/.

Olanzapin: Atypisches Neurolepticum zur Behandlung der Schizophrenie. Unter Therapie kann es schon nach wenigen Tagen zur akuten Rhabdomyolyse mit sehr hoher CK kommen /28/.

Tabelle 1.8-6 CK bei chronischer Skelettmuskelschädigung

Chronische Muskel­schädigung (allgemein): Die CK ist abhängig von der Aktivität der Krankheit erhöht, ihr CK-MB-Anteil kann in schweren Fällen wegen der veränderten Isoenzymsynthese des chronisch kranken Muskels mehr als 10 % betragen. Ein erhöhter Anteil an CK-MB kann daher eine Beteiligung des Myokards nicht sichern. Änderungen der Aktivität während einiger Stunden sind selten.

Duchenne-Muskeldystrophie (DMD): Die DMD ist die häufigste im pädiatrischen Alter beginnende Muskeldystrophie (Häufigkeit 1/3.500) bei männlichen Geburten. Die DMD ist an das X-Chromosom gebunden und wird verursacht durch Mutationen im DMD-Gen, das das Muskelprotein Dystrophin kodiert. Die klinischen Beschwerden sind eine Muskelschwäche und progressive Störung der Muskulatur des Skeletts, des Zwerchfells und des Herzens, auch kommt es zu Störungen des Lernens. Der primäre Biomarker zur Diagnostik der DMD ist die Bestimmung der totalen CK-Aktivität. Ein kommerziell verfügbarer Biomarker, der die MM-Isoform der CK in getrockneten Tropfen von Blut bestimmt ist verfügbar. Der Test bestimmt die CK-MM, die vorwiegende Isoform der CK im Skelettmuskel und ist deshalb spezifischer als die totale CK-Aktivität. In einer Studie /35/ wurde gemessen, dass asiatische Neugeborene, sowohl männliche als auch weibliche, eine höhere Konzentration an CK-MM haben als andere Ethnien oder Rassen. Die mittleren und medianen CK-MM Werte sind in Abhängigkeit vom Geburtsgewicht und dem Tag der Blutentnahme in der Literaturstelle /35/ angegeben.

Bei der X-chromosomal rezessiven Muskeldystrophie werden die drei Typen Duchenne (Häufigkeit 1/3.500), Becker-Kiener (Häufigkeit 1/18.000) und der Typ Emery-Dreifuss (sehr selten) unterschieden. Die Häufigkeiten beziehen sich auf die Anzahl männlicher Geburten. Alle drei Formen werden beim Neugeborenenscreening durch Bestimmung der CK-MM erkannt. Die DMD beruht zu 30 % auf spontanen Mutationen im Gen Dystrophin. Die DMD resultiert aus der Abwesenheit von Dystrophin, einem essentiellen transmembranösen Muskelprotein im Dystrophin-Glykoprotein-Komplex. Die klinische Symptomatik beginnt vor dem 5. Lj. und ist progressiv, so dass es im Alter von 10–12 Jahren zum Verlust des Gehens kommt. Sowohl die totale CK-Aktivität, als auch die CK-MM sind sensitive diagnostische Marker und sind zum Zeitpunkt der klinischen Beschwerden 50–200 fach erhöht. Mit zunehmender Krankheitsdauer nehmen die totale CK-Aktivität und die CK-MM ab. Die Diagnose erfolgt durch molekulargenetische Untersuchung des Dystrophin-Gens. Ein erhöhter Anteil an CK-MB kann eine Beteiligung des Myokards nicht sichern.

Der Becker-Kiener Typ ist die Beckengürtelform der X-chromosomal rezessiven Muskeldystrophie, sie manifestiert sich klinisch im Alter von 5–25 Jahren, ist langsam progredient, der Verlust des Gehens erfolgt im Alter von 30–50 Jahren. Der Verlauf der totalen CK-Aktivität ist wie bei der DMD.

Autosomal dominante Typen (Facio-scapulo-humeraler Typ) und autosomal rezessive Typen (Gliedergürtel-Typ, distaler juveniler Typ) zeigen totale CK-Aktivitäten, die manchmal im Referenzbereich liegen und selten auf über 2.000 U/l ansteigen.

Primäre Myopathien: Beispiele sind die kongenitale Myotonie, Glykogenose Typ V (McArdle), Myasthenia gravis und die neurogenen Muskelatrophien (Kugelberg-Welander, Aran-Duchenne). Diese Myopathien zeigen je nach Krankheitsphase Werte der CK, die im Referenzbereich liegen oder nur gering erhöht sind. Die Werdning-Hoffmann Erkrankung zeigt keine CK-Erhöhungen. Bei der McArdle Erkrankung kommt es wegen des muskulären Mangels an Glykogenphosphorylase bei Muskelarbeit unter ischämischen Bedingungen nicht zu einem 3–5 fachen Anstieg der Lactatkonzentration im Blut. Dies wird im Lactat-Ischämie Test zur Diagnostik genutzt /29/. Für die Myasthenia gravis sind Autoantikörper gegen Rezeptoren von Acetylcholin typisch.

Chronische Myositiden: Polymyositis, Dermatomyositis, okuläre Myositis. Diese Myositiden zeigen deutlich geringere Aktivitäten der CK als die akut verlaufenden Formen, auch Aktivitäten im Referenzbereich sind möglich.

Sekundäre Myopathien: Erhöhte Aktivitäten der CK können sekundär beobachtet werden bei endokrinologischen Erkrankungen (Hyperthyreose, Hypokaliämie, Hypothyreose, Phäochromozytom), Intoxikation, Krampfleiden, Lähmungen, Lupus erythematodes, multipler Sklerose oder Sarkoidose. Bei Besserung der Grundkrankheit kehrt die CK in den Referenzbereich zurück.

Tabelle 1.8-7 CK bei Schädigungen anderer Gewebe

Schwangerschaft: Während der komplikationslosen Schwangerschaft bleibt die CK innerhalb des Referenzbereichs. Abhängig von der Intensität der Wehen und Dauer der Entbindung steigt die CK auf das 2–5 fache der oberen Referenzbereichswerts, ähnliche Aktivitäten werden nach Sectio beobachtet. Es handelt sich um CK-MM aus den Muskeln und CK-BB aus Uterus und Plazenta /19/.

Akutes Abdomen: Bei ausgedehnten destruierenden Prozessen wie nekrotisierende Pankreatitis, akute Leberzellnekrose, ulzerierendes Kolonkarzinom und insbesondere beim Mesenterialinfarkt können freigesetzte CK-BB und Makro-CK Typ 2 zu einer Erhöhung der CK führen /1923/.

Schwere Erkrankungen, maligne Tumoren: Bei sehr schweren Erkrankungen und bei malignen Tumoren (Bronchial-, Colon-, Mama-, Magen-, Nieren-, Pankreas-, Prostata-, Rektum-, Schilddrüsen-, Testiskarzinom) kann Makro-CK Typ 2, zum Teil zusammen mit CK-BB, im Serum auftreten und mit ihrer Aktivität den Krankheitsverlauf widerspiegeln /30/. Dadurch kann auch die CK erhöht sein.

Hämatologische Erkrankungen: Beim myeloproliferativen Syndroms kann CK-BB in Leukozyten, Erythrozyten und Thrombozyten vermehrt gebildet werden. Die CK-BB tritt in das Blut über und führt dann zu persistierenden Erhöhungen der CK-BB /31/.

Neurologische Erkrankungen: Akute und chronische Erkrankungen des CK-BB- und CK-mito reichen ZNS können zu einer Erhöhung dieser Isoenzyme im Liquor cerebrospinalis führen. Nur wenn die Blut-Hirn-Schranke stark geschädigt ist, kann CK-BB kurzzeitig im Blut nachgewiesen werden (neurochirurgische Eingriffe, Subarachnoidal Blutung, Schädel-Hirn Trauma) /32/. Das gilt auch für den apoplektischen Insult. Die bei dieser Erkrankung häufig zu beobachtende Erhöhung der CK im Serum ist meist auf CK-MM zurückzuführen /33/.

Gewebeschädigung: Bei der Schädigung anderer Gewebe kann eine erhöhte CK durch das Isoenzym CK-BB, seine postsynthetische Variante Makro-CK Typ 1 oder durch mitochondriale CK (Makro-CK Typ 2) hervorgerufen werden /6/. Änderungen der CK während einiger Stunden sind selten.

Tabelle 1.8-8 Organverteilung der CK-Isoenzyme

Gewebe

U/g

CK-MM

CK-MB

CK-BB

CKmito

Skelettmuskel

800–4.000

4+

(+)

(+)

+

Herzmuskel

240–800

3+

2+

(+)

+

Gehirn

Bis 550

3+

++

Blase

Bis 135

4+

+

Blut

Bis 0,2

4+

(+)

Kolon

Bis 200

(+)

(+)

4+

+

Nabelschnur ­Blut

Bis 1,0

4+

(+)

+

?

Prostata

Bis 135

4+

?

Uterus

Bis 400

4+

+

Venenwand

Bis 60

4+

?

4+, > 75 %; 3+, 50–75 %; 2+, 25–50 %; +, 5–25 %; (+): < 5 %

Tabelle 1.9-1 Prinzip der GGT-Bestimmung

L-γ-Glutamyl-3-carboxy-4-nitroanilid + Glycylglyccin GGT L-γ-Glutamyl-glycylglycin + 5-Amino-2-nitrobenzoat

Tabelle 1.9-2 Referenzbereiche der GGT

Erwachsene /2/

< 40 (0,65)

< 60 (1,00)

Kinder /3/

  • 1–7 Tage

18–148 (0,30–2,47)

25–168 (0,42–2,80)

  • 8–30 Tage

16–140 (0,27–2,33)

23–174 (0,38–2,90)

  • 1–3 Monate

16–140 (0,27–2,33)

16–147 (0,27–2,45)

  • 4–6 Monate

13–123 (0,22–2,05)

5–93 (0,08–1,55)

  • 7–12 Monate

8–59 (0,13–0,98)

8–38 (0,13–0,63)

  • 1–3 Jahre

2–15 (0,03–0,25)

2–15 (0,03–0,25)

  • 4–6 Jahre

5–17 (0,08–0,28)

5–17 (0,08–0,28)

  • 7–9 Jahre

9–20 (0,15–0,33)

9–20 (0,15–0,33)

  • 10–11 Jahre

12–23 (0,20–0,38)

12–25 (0,20–0,42)

  • 12–13 Jahre

10–20 (0,17–0,33)

12–39 (0,20–0,65)

  • 14–19 Jahre

6–23 (0,10–0,38)

6–30 (0,10–0,50)

Angaben in U/l (μkatal/l); 1 U/l = 0,0167 μkatal/l

Tabelle 1.9-3 Quotient GGT/ALT; Höhe und prozentuale Häufigkeit bei Erkrankungen der Leber und Gallenwege /9/

GGT/ALT

Erkrankung

< 1

1–6

> 6

%

%

%

Akute Virushepatitis

> 98

< 1

< 1

Chronische Hepatitis

~ 75

~ 25

< 1

Intrahepatische Cholestase*

~ 35

~ 45

~ 20

Zirrhosen ohne primär biliäre Zirrhose

~ 10

~ 65

~ 25

Fettleber

0

~ 90

~ 10

Primär biliäre Zirrhose

0

~ 60

~ 40

Extrahepatischer Verschlussikterus

0

~ 40

~ 60

Metastasenleber

0

~ 20

~ 80

* medikamentös induziert

Tabelle 1.9-4 Verhalten der GGT im Serum bei Erkrankungen der Leber und der Gallenwege

Akute Virushepatitis durch hepatotrope Viren: Die unkomplizierte Verlaufsform geht mit Gipfelwerten von etwa 100–300 U/l einher, der Quotient GGT/AST beträgt 0,1–0,2 in den ersten 2 Wochen nach Auftreten des Ikterus und/oder der klinischen Beschwerden. Der Abfall erfolgt in der 3. bis 4. Woche und ist langsamer als der von ALT und AST. Zur Feststellung der klinischen Heilung werden die GGT und ALT noch weitere 10–12 Wochen bis zur Normalisierung bestimmt. Die verschiedenen Schweregrade der akuten Hepatitis atypisch, typisch ikterisch und nekrotisierend zeigen keinen Unterschied in der Höhe der GGT-Werte. Bei der Hepatitis C wird die GGT als letztes Enzym normal, bei der Hepatitis B und D die ALT in zwei Drittel der Fälle. Persistierende Enzymerhöhung deutet den Übergang in einen chronischen Verlauf an.

Die cholestatische Verlaufsformen, insbesondere die häufig mit Cholestase verlaufende Virushepatitis E, geht mit einer in der Größenordnung der AST liegenden GGT-Erhöhung einher, der Quotient GGT/AST beträgt im Maximum des Anstiegs der GGT nahezu 1 /8, 9, 16/.

Chronische Virushepatitis durch hepatotrope Viren: Bei der chronisch persistierenden Hepatitis ist die GGT nicht oder nur etwa bis 2 fach erhöht, bei der chronisch mäßig aktiven stärker und der hoch aktiven Verlaufsform 5–10 fach. Die GGT ist im Unterschied zu den Aminotransferasen ungeeignet zur Diagnostik des akuten Schubes einer chronischen Hepatitis, z.B. des ikterischen Ausbruches einer nicht bekannten Leberzirrhose, von der akuten Hepatitis. Bei der chronischen Hepatitis ist der De-Ritis-Quotient um 1, bei der akuten darunter /8, 9, 16/.

Leberzirrhose: Bei posthepatitischer Zirrhose werden im Mittel zweifach erhöhte GGT-Werte gefunden, bei Alkoholzirrhose eine etwa 10 fache Erhöhung /16/. Bei der primären biliären Zirrhose sind in den ersten beiden der 4 Stadien GGT und AP häufig normal /17/, die späteren Stadien gehen schon vor Auftreten des Ikterus mit hohen GGT-Werten einher, die AP verläuft parallel, die ALT und AST sind nur gering bis mäßig erhöht /18/. Siehe auch Tab. 1.3-3 – Erkrankungen der Leber und Gallenwege, die mit erhöhter Gesamt-AP einhergehen können.

Fettleber: Unterschieden werden von der alkoholischen Fettlebererkrankung die Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD), die Nicht-alkoholische Fettleber (NAFL) eine benigne Form der NAFLD, und die Nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH).

Labordiagnostik: Die meisten Patienten mit alkoholischer Fettlebererkrankung haben eine Erhöhung der ALT und GGT, wobei die GGT stärker erhöht ist als die ALT. Bei der NAFLD ist, wenn die Leberenzyme erhöht sind, die GGT nur leicht erhöht und niedriger als die ALT /19/. Bei der NASH sind die Aminotransferasen und GGT meist erhöht. Die NAFL zeigt meist nur eine GGT-Erhöhung bei einer hyperechogenen Leber im Ultraschall.

In einer Studie /20/hatten Patienten mit einem Fettleberindex über 60 ALT-Werte von im Mittel 29 U/l und eine GGT von im Mittel 42 U/l. Ansteigende Werte von AST und GGT, eine erhöhte Leukozytenzahl und der erhöhte Titer glatter Muskelzellantikörper (anti-SMA) waren das Zeichen einer zunehmenden Fibrosierung /21/.

Akute Vergiftung: Akute schwere Vergiftungen mit hohen Aminotransferasen verursachen auch etwa den gleichen GGT-Anstieg. Eine Ausnahme ist die Leberschädigung vom Halothan-Typ /18/.

Cholestase: Die GGT übertrifft an diagnostischer Sensitivität, Frühzeitigkeit, Höhe und Dauer des Anstiegs die AP. Sie ist in nahezu allen Fällen mit extra- oder intrahepatischer Cholestase erhöht. Ist die GGT deutlich stärker erhöht als die ALT, so weist dies auf eine Cholestase als Leitsymptom hin. Die Werte sind im Allgemeinen bei extrahepatischer Cholestase höher als bei intrahepatischer und bei ikterischer höher als bei anikterischer. Cholestase-spezifisch ist die GGT jedoch nur im Befundmuster mit den Aminotransferasen und der AP.

Extrahepatische Cholestase: Ursachen sind z.B. Cholelithiasis und das Karzinom des Pankreaskopfes. Beim akuten Gallenstau treten innerhalb von 36 h Zellnekrosen auf mit dem Anstieg von GGT, ALT und AST. Es werden GGT-Werte höher als das 10 fache gefunden. Der Quotient GGT/AST ist beim frischen Verschluss 3–6, beim älteren über 6. In der differentialdiagnostischen Abgrenzung der extrahepatischen Cholestase gegenüber der akuten Hepatitis beträgt bei einer GGT über 3 fach des oberen Referenzbereichswerts der positive Vorhersagewert für Cholestase 90 %, der negative, der diese ausschließt, 100 % /22/.

Die anikterische Cholelithiasis und die akute Cholecystitis mit Ikterus machen geringere und weniger häufig GGT-Anstiege als die komplette Verlegung der Gallenwege.

Primär sklerosierende Cholangitis (PSC): Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ist die GGT etwa 5 fach oberhalb des oberen Referenzbereichswerts, auch die AP ist 2–5 fach erhöht, die ALT jedoch nur 2–4 fach. Siehe auch Tab. 1.6-3 – Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien. Die Aktivität der AP und GGT steigen kontinuierlich an. Eine dauerhafte stärkere Erhöhung von Bilirubin ist ein schlechtes prognostisches Zeichen.

Intrahepatische Cholestase: Die Erhöhungen der GGT bei intrahepatischer Cholestase erreichen nicht die Werte wie bei der extrahepatischen Form. Die Ursache der intrahepatischen Cholestase ist klinisch vielfach unklar. Die cholestatische Verlaufsform der akuten Virushepatitis manifestiert sich in einem signifikantem Anstieg von GGT, AP und Bilirubin. Die GGT ist 10–20 fach gegenüber dem oberen Referenzbereichswert erhöht /9/.

Schwangerschafts-Cholestase (Intrahepatic cholestasis of pregnancy, ICP): Die ICP hat eine Inzidenz von 0,01 % der Schwangerschaften in den USA. Typischerweise tritt sie im letzten Trimenon auf, obwohl auch schon über Fälle in der 13. SSW berichtet wurde. Juckreiz tritt bei 80 % der Schwangeren auf, Juckreiz und Ikterus gemeinsam bei 20 %. Histologisch liegt eine intrahepatische Chol­estase vor. Diese ist verknüpft zu 44 % mit Frühgeburtlichkeit, zu 16–25 % mit einem fetalen Distress-Syndrom und zu 1,3–2,5 % mit perinataler Mortalität /23/. Bei 20–60 % der Schwangeren mit Pruritus, Hyperbilirubinämie und erhöhter Gallensäurekonzentration sind die Ami­no­transferasen 2–10 fach erhöht. Bilirubin ist gewöhnlich unter 5 mg/dl (85 μmol/l) und die GGT ist normal oder nur leicht erhöht. Ist die GGT deutlich erhöht, muss an eine progressive intrahepatische Cholestase (PFIC) Typ 3 gedacht werden. Bei diesen Patientinnen liegt eine Mutation des Gens vor, das die kanalikuläre Phosphatidyltranslokase kodiert (Multi Drug Resistance gene 3, MDR 3). Der Galle fehlt Phosphatidylcholin, weshalb die hohen Konzentrationen an Gallensäuren in den Gallenkapillaren toxisch wirken können /24/.

Biliäre Atresie: Die biliäre Atresie hat eine Inzidenz von 1/10.000 bis 1/15.000 Lebendgeburten. Es liegt eine Entzündung der Epithelien der Gallenwege vor, die zu einer progressiven Sklerose und Verengung der Gallenwege führt. In 85 % der Fälle sind die gesamten extrahepatischen Gallenwege betroffen. Bei den meisten Kindern mit dieser Erkrankung ist diese bei der Geburt vorhanden. Die GGT ist gewöhnlich 10 fach über dem Alters-spezifischen Referenzbereichswert. Eine Aktivität über 300 U/l oder ein Anstieg von 6 und mehr Units täglich sind hinweisend in den ersten 10 Lebenswochen /25/.

Bylers Syndrom: Die progressive intrahepatische Cholestase (PFIC, Bylers Syndrom) ist selten und tritt normalerweise in der Neonatalperiode auf. Die beiden Subtypen PFIC-1 und PFIC-2 haben trotz Cholestase eine normale GGT und nur der Typ 3 hat eine erhöhte Aktivität /26/.

Primäre Lebertumoren, Lebermetastasen: Die Höhe des GGT-Anstiegs ist stärker von der Wachstumsgeschwindigkeit als von Größe und Sitz der Tumoren abhängig. Siehe auch Tab. 1.10-4 – Verhalten der GLDH im Serum bei Erkrankungen der Leber und Gallenwege.

Bei Vorliegen von Metastasen ist die GGT zu etwa 90 % erhöht /27/. Sie ist entweder als einziges Enzym erhöht oder aber stärker als die anderen Leberenzyme. Auf Grund der geringen diagnostischen Spe­zifität ist die GGT jedoch als Suchreaktion auf Lebermetastasen ungeeignet. Normale Werte schließen das Vorliegen von Lebermetastasen weitgehend aus. Die GGT ist als Ver­laufs­parameter zur Objektivierung des Ansprechens von Lebermetastasen auf eine Chemotherapie geeignet. Besserung des Allgemeinzustandes geht mit einem Abfall einher, das Nicht-Ansprechen auf die Chemotherapie mit einem weiteren Anstieg /28/.

Durchblutungsstörungen: Ursachen von Durchblutungsstörungen der Leber sind die akute Rechtsherzinsuffizienz und die Pfortader Thrombose. Bei akuten Durchblutungsstörungen ist in Relation zur starken Erhöhung von ALT, AST und der GLDH ein geringerer GGT-Anstieg messbar. Bei chronischer Leberstauung übersteigt die GGT kaum das 5 fache des oberen Referenzbereichswerts. Bei etwa 80 % dieser Patienten wird jedoch der geringe GGT-Anstieg oft als einzige Erhöhung der Enzyme der Leber gefunden /9/.

Arzneimittel: Grob labordiagnostisch differenziert werden anhand der Aktivität von ALT und AP ein hepatitischer, ein cholestatischer und ein cholestatisch-hepatitischer Schädigungstyp der Leber durch Arzneimittel. Siehe auch Tab. 1.6-3 – Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien. Beim cholestatisch-hepatitischen Schädigungstyp sind die Aminotransferasen nur gering oberhalb der Referenzbereichswerte, die GGT kann 3–10 fach den oberen Referenzbereichswert überschreiten. Der hepatitische Typ mit Anstieg der Aminotransferasen zeigt nur eine geringe GGT-Erhöhung. Der cholestatische Typ hat ein deutlich erhöhtes Bilirubin, gering oder nicht erhöhte Aminotransferasen bei relativ deutlich erhöhter AP und eine nicht dem Anstieg der AP entsprechende Erhöhung der GGT /29/.

Thyreostatika, anabole Steroide, Thiazid-Diuretika, Meprobamat, Phenothiazine, Azathioprin, Ifosfamid, Streptokinase, Diäthylpentamid, Aminopyrin und andere können zu einer leichten bis mittleren GGT-Erhöhung bei leicht erhöhten oder noch normalen Aminotransferasen führen.

Arzneimittel können eine Steatohepatitis (Perhexilin, Amiodaron, Tamoxifen, Stilbestrol, Nifedepim, antiretrovirale Medikamente, Methotrexat) /30/oder eine hepatotoxische Wirkung (nicht-steroidale Antiphlogistika, Antihypertensiva, Antidiabetika, Antikonvulsiva, Lipidsenker und psychotrope Pharmaka) /31/verursachen. Auch muss an pflanzliche Medikamente mit hepatotoxischer Wirkung (Pyrazollidinalkaloide, Germander, chinesische Heilkräuter, Ma-Huang, Jin Bu Huan, Syo-Saiko-To, Callilepsis laureola, Chaparral, Feigwurz) gedacht werden, die entzündliche Leberveränderungen vom hepatitischen Enzymmuster mit oder ohne Cholestase bewirken können /32/. Die Aminotransferasen sind stärker erhöht, der Anstieg der GGT ist leicht und von der cholestatischen Komponente abhängig, ebenfalls der Bilirubinwert. Die Prognose ist schlechter, wenn die hepatozelluläre Nekrose mit Ikterus einhergeht.

Medikamente, die bevorzugt eine Cholestase auslösen können, sind Androgene und Östrogene, insbesondere in hoher Dosierung, wie sie in der Therapie maligner Tumoren und aplastischer Anämien angewendet wird. Oft treten Hyperbilirubinämie, Erhöhung der AP und ein geringer Amino­transferasenanstieg bei normaler oder leicht erhöhter GGT erst beim zweiten Zyklus auf. Auch die oralen Kontrazeptiva der ersten Generation mit hohem Hormongehalt verursachten dieses Enzymmuster. Antikonzeptiva der zweiten und dritten Generation führen nur in einer Häufigkeit von etwa 1 : 10.000 zu solchen Reaktionen.

Xenobiotika: Umweltbelastungen der Leber durch Xenobiotika, die am Arbeitsplatz oder im Wohnmilieu freigesetzt werden, führen zur toxischen Leberschädigung, in deren Verlauf es auch zur GGT-Erhöhung kommen kann. Es kann in leichten Fällen nur eine Enzyminduktion auftreten, weitergehende Fälle können aber über die Fettleber, Hepatitis, Fibrose, Zirrhose, bis zur Tumorentwicklung reichen /33/. Xenobiotika sind z.B. Chlorkohlenwasserstoffe, Vinylchlorid, Trichloräthylen, chlorierte Naphthalene, Anilinderivate, Dimethylnitrosamin.

Alkoholische Hepatopathie: Alkoholabusus führt zu einem Spektrum von Lebererkrankungen, das von der metabolischen Verfettung über die Fettleber mit toxisch-degenerativer Zellschädigung und die alkoholische Hepatitis bis zur Leberzirrhose und schließlich zum Leberzellkarzinom führen kann. Siehe Tab. 1.2-5 – Laboruntersuchungen bei Hepatopathien, Tab. 1.6-3 – Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien und Tab. 18.6.4 – Labordiagnostische Untersuchungen zum Hinweis auf chronischen Alkoholmissbrauch.

Etwa zwei Drittel der chronischen Alkoholiker haben eine Erhöhung der GGT, die in Abhängigkeit vom akuten Alkoholkonsum Aktivitäten 2–3 fach über dem oberen Referenzbereichswert haben. Die ALT ist grenzwertig oder leicht erhöht, die AST meist noch normal. Die CHE ist im oberen Drittel des Referenzbereichs und der Quotient GGT/ALT ist über 1. Bei stärkerer Verfettung der Leber nehmen die Aktivitäten der Aminotransferasen und der CHE zu, so dass etwa ein Drittel dieser Personen eine erhöhte CHE hat. Die Erythropoese ist makrozytär mit MCV-Werten über 96 fl. Beachtet werden muss, dass die GGT zwar der am häufigsten eingesetzte Marker zur Erkennung des chronischen Abusus von Alkohol ist, aber bei einer diagnostischen Sensitivität von etwa 75 % nur eine Spezifität von etwa 50 % besitzt. Durch die Kombination von Carbohydrate Deficient Transferrin (CDT) und GGT können Sensitivität und Spezifität erhöht werden /34/. GGT-Werte unter 100 U/l oder die Ratio GGT (U/l)/Bilirubin (μmol/l) sind Prädiktoren der 1-Jahresüberlebensrate bei Leberzirrhose. Sie betrug 34 ± 10 % bei einem Wert unter 1 und 76 ± 5 % bei einem Wert darüber /35/.

Parenterale Ernährung: Monatelange parenterale Ernährung führt zu einer Störung der Leberfunktion. Während bei Kindern die Entwicklung einer Cholestase im Vordergrund steht, ist es bei Erwachsenen die Leberverfettung, aus der sich eine Fettleberhepatitis entwickelt. Diese kann bei progredientem Verlauf in eine Leberzirrhose übergehen. Parenteral ernährte Kinder mit Kurzdarmsyndrom hatten zu 84 % eine Erhöhung der GGT und zu 58 % der AP /36/. Bei 15 % der Erwachsenen mit parenteraler Ernährung von im Mittel 29 Monaten traten persistierende Erhöhungen von GGT oder der ALT auf /37/.

Tabelle 1.9-5 Erhöhungen der GGT aus unterschiedlichen Ursachen

Akute Pankreatitis, Pankreaskopfkarzinom: Die akute Pankreatitis kann von GGT-Werten begleitet sein, die das 5 fache des oberen Referenzbereichswerts ausmachen. Die höchsten Werte werden beim Karzinom des Pankreaskopfes gefunden. Ursache des Anstiegs kann zum einen eine Mitbeteiligung der Leber bei Alkohol-induzierter Pankreatitis sein, zum anderen die Verlegung des Gallengangs.

Herzinfarkt: Bei etwa 50 % der Patienten wird ein GGT-Anstieg mit Maximum in der 2. Woche gemessen. Die Ursache des Anstiegs ist unklar.

Nierenerkrankungen: Beim akuten Nierenversagen, dem nephrotischen Syndrom und der Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantation können leicht erhöhte Werte der GGT auftreten. Erhöhte Werte, mehr als das 4 fache des oberen Referenzbereichswerts, werden im Harn gemessen. Im Harn werden phy­sio­lo­gisch 2–4 fach höhere GGT-Aktivitäten als im Serum gefunden.

Bei zwei Drittel der Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom ist die GGT erhöht, bei nicht metastasierten Karzinomen jedoch nur in 4 % der Fälle /37/.

Hirntumor, Hirnblutungen: Leichte GGT-Anstiege können auftreten. Sie sollen dem Gefäßendothel entstammen und durch Nekrose oder während der Reparation freigesetzt werden.

Metabolisches Syndrom: Gegenüber Normalpersonen sind bei Personen mit metabolischem Syndrom die GGT, ALT und die ALT/AST-Ratio signifikant höher. In einer Studie /38/waren die Werte beim metabolischen Syndrom im Vergleich zu Normalpersonen für die ALT 34 ± 21 U/l gegenüber 29 ± 20 U/l, bei der Ratio 1,16 ± 0,39 gegenüber 1,00 ± 0,36 und bei der GGT 53 ± 88 U/l gegenüber 43 ± 57 U/l.

Rauchen und Alkohol: Alkoholkonsum und ein erhöhter Body mass index erhöhen die GGT im Serum. In der ESTHER-Studie /39/wurde gezeigt, dass beim moderaten bis schweren Alkoholkonsum (aber über 100 g/Woche) bei Rauchern gegenüber Nichtrauchern die GGT um den Faktor 1,6 erhöht ist, wenn täglich über 30 Zigaretten geraucht werden. Die Nichtraucher hatten einen Mittelwert von 34,5 U/l die Raucher von 50,9 U/l. Rauchen allein führte in dieser Studie zu keiner Erhöhung der GGT.

Koronares Ereignis: Die GGT ist ein Prädiktor eines akuten koronaren Ereignisses bei scheinbar gesunden Männern. Daten aus dem MONICA Augsburg Projekt haben gezeigt, dass bei Personen der gleichen Altersgruppe das Risiko eines koronaren Ereignisses 3,08 fach höher ist, wenn die GGT ≥ 35 U/l beträgt anstatt unter 13 U/l; bei Werten von 20–34 U/l ist das Risiko 2,02 fach höher /40/. Die kardiovaskuläre Mortalität nimmt mit dem Anstieg der GGT zu. So stieg in einer Studie /41/die Hazard ratio von 1,0 bei GGT-Werten unter 14 U/l auf 1,6 bei Werten ≥ 56 U/l an.

Arbeitsunfähigkeit: Die Höhe der GGT ist mit der Rate der Arbeitsunfähigkeit assoziiert, insbesondere bei Erkrankungen des Verdauungstraktes, der Muskulatur und des Skeletts, kardiovaskulärer und mentaler Beschwerden. So betrug die Alters-bezogene Hazard ratio für die jeweiligen GGT-Bereiche ≤ 24, 25–36, 37–66, 67–132 und > 132 U/l jeweils im Mittel 1,0; 1,24; 1,45; 1,80 und 2,52 /42/.

Langzeitüberleben: Die Höhe der GGT ist bei Männern und Frauen, insbesondere im Alter unter 30 Jahren mit dem Langzeitüberleben assoziiert. Personen mit Werten oberhalb der Referenzgruppe (Frauen mit Werten ≥ 9 U/l und Männer mit ≥ 14 U/l) haben ein generell erhöhtes Risiko früher zu versterben. Die Assoziation zur Krebsmortalität stieg, gemessen als Hazard ratio von 1,3 auf 2,3 und die nicht Karzinom-bedingte Hazard ratio von 1,1 auf 1,9 /43/.

Arbeitsunfähigkeit: Bauarbeiter, die wegen Muskelerkrankungen, Erkrankungen des Skeletts, Erkrankungen des Verdauungstraktes und kardiovaskulärer und mentaler Probleme sich früher als normal pensionieren lassen, haben eine Assoziation zu erhöhten GGT-Werten. Besonders ist das der Fall bei einer GGT > 67 U/l /44/.

Tabelle 1.9-6 Definition eines Standard-Drinks /12/

  • Der Standard-Drink ist definiert als ein spezifisches Gefäß, das es ermöglicht, das Trinkverhalten von Alkohol zu beurteilen.
  • Wenn auch das Volumen der Gefäße variiert, so sind sie dergestalt konzipiert, dass sie jeweils die gleiche Menge von Alkohol aufnehmen, z.B. 14 g oder 8 g.
  • Der mittlere Alkoholkonsum (Anzahl der Trinkgefäße in der Woche) wird als das Produkt aus Häufigkeit und Intensität berechnet.

Tabelle 1.10-1 Prinzip der GLDH-Bestimmung

2-Oxoglutarat + NADH + NH 4+ GLDH L-Glutamat + NAD + + H 2 O

Tabelle 1.10-2 Referenzbereiche der GLDH

Erwachsene /1/ bis 5,0 (

bis 7,0

Kinder* +

1– 30 Tg.

< 10

1–6 Mon.

< 7

7–12 Mon.

< 6

13–24 Mon.

< 5

2–3 J.

< 4

4–16 J.

< 5

Angaben in U/l. * Umgerechnet aus 25 °C-Werten.

Umrechnung: 1 U/l = 0,0167 μkatal/l

Tabelle 1.10-3 Quotient (ALT + AST)/GLDH /3, 4/

Quotient

Hinweis

< 20

Verschlussikterus

Primäre biliäre Zirrhose

Metastasenleber

Akute hypoxische oder toxische Schädigung

20–50

Akute Schübe bei chronischer Hepatitis

Cholestatische Hepatopathie

> 50

Akute Virushepatitis

(auch cholestatische Verlaufsform)

Akute Alkoholhepatitis

Tabelle 1.10-4 Verhalten der GLDH im Serum bei Erkrankungen der Leber und Gallenwege /9/

Akute Virushepatitis durch hepatotrope Viren: Die Gipfelwerte der GLDH überschreiten das 10fache des oberen Referenzbereiches allgemein nicht. Bei der akuten Virushepatitis B fallen nach Erreichen des Gipfelwerts die Enzymaktivitäten langsam ab, am schnellsten die LDH, es folgen die GLDH und AST, am langsamsten sind ALT und GGT. Entwickelt sich eine nekrotisierende Virushepatitis, so führt diese als Zeichen der Zellnekrosen zu einem Anstieg des De-Ritis-Quotienten und einem Abfall des Quotienten (ALT + AST)/GLDH. Die nekrotisierende Verlaufsform der akuten Virushepatitis kann bei der Hepatitis B zu 1 %, der Hepatitis A und Hepatitis C zu 0,1 % und in 20 % der Fälle bei der Hepatitis D zum fulminanten Leberversagen führen. Angezeigt wird das durch den Abfall der ALT bei Anstieg von GLDH, AST und LDH oder den Abfall aller Zellenzyme.

Chronische Hepatitis: Bei der chronisch aktiven Hepatitis können die Werte 2–4 fach erhöht sein. Bei der chronisch progredienten alkoholischen Hepatitis mit Aminotransferasen um das 3–4 fache und einer GGT um das 10 fache der oberen Referenzbereichswerte ist die GLDH nur mäßig erhöht.

Leberzirrhose: Die GLDH ist nicht oder nur gering erhöht und schwankt entsprechend des Krankheitsverlaufs. Ein Ansteigen der zuvor normalen oder leicht erhöhten GLDH bei fortgeschrittenen Zirrhosen sollte an ein Leberkarzinom denken lassen. Bei der primär biliären Zirrhose ist die GLDH stärker erhöht (in Relation zu den Aminotransferasen) als bei den anderen Zirrhosen und steigt im Laufe der Erkrankung an. Die Alkohol-toxische Leberzirrhose hat Werte der GLDH am oberen Referenzbereich /10/.

Alkohol-toxischer Leberschaden: Die Bedeutung der GLDH liegt in der Erkennung der Fettleber. So ist bei ausgeprägter Fettleber mit toxisch degenerativem Zellschaden in der Hälfte der Fälle der Quotient (ALT + AST)/GLDH unter 20 und bei einem weiteren Viertel zwischen 20 und 50. Bei der alkoholischen Hepatitis ist die GLDH nur mäßig erhöht und bei der Alkohol-toxischen Leberzirrhose am oberen Referenzbereichswert /10/.

Verschlussikterus: Beim akuten Verschluss auf Grund von Gallensteinen steigen die GLDH und die Aminotransferasen steil an und fallen bei fortbestehendem Verschluss innerhalb 1 Woche wieder ab, während die Enzyme der Cholestase (GGT, AP) weiter zunehmen. Bei rezidivierend auftretenden Gallenkoliken kann eine intermittierende, inkomplette Abflussstörung der Galle 1–2 Tage später an einer flüchtigen Erhöhung von GLDH, ALT und GGT erkannt werden.

Leberzellkarzinom, Metastasenleber: Das primäre Leberzellkarzinom ist durch Erhöhungen der Leberenzyme frühzeitig nicht zu diagnostizieren. Die diagnostische Sensitivität der GLDH zur Erkennung einer Metastasenleber beträgt 52 % /11/, die des Tumormarkers CEA 80 % bei einem Wert von über 10 μg/l /13/.

Akute toxische Leberschädigung /12/: Die schwere toxische Leberzellnekrose, z.B. durch Halothan, Tetrachlorkohlenstoff, Arsenverbindungen, Pilzgifte kann Werte der GLDH um 2.000 U/l verursachen. Die Aminotransferasen liegen in der gleichen Größenordnung, der Quotient (ALT + AST)/GLDH ist unter 20.

Hypoxische Hepatopathie: Abrupte Behinderung der Leberdurchblutung, bei akuter Rechtsherzinsuffizienz, akuter Leberstauung, Thrombosierung der Lebervenen, Verschluss der A. hepatica, Abstoßungskrise nach Lebertransplantation, lässt die GLDH rasch auf Werte von 1.000 U/l und höher ansteigen. Sie erreicht der AST vergleichbare oder höhere Aktivitäten /4/. Das Budd-Chiari-Syndrom bzw. obliterierende Erkrankungen der Lebervenen weisen nur uncharakteristische und geringe Veränderungen der Leberenzyme auf /9/. Leichte oder keine Erhöhung der GLDH wird bei der chronischen Leberstauung angetroffen (Tab. 1.6-3 – Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien – hier: Hypoxische Hepathopathien).

Arzneimittel: Verursachen Medikamente einen stärkeren Leberschaden, so können die Leberenzyme ein hepatitisches Muster mit moderat erhöhten Aminotransferasen und eventuell einer Begleitcholestase zeigen. Die GLDH ist in diesen Fällen nicht oder nur gering erhöht (siehe auch Tab. 1.6-3 – Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien – hier: Arzneimittel bedingte Hepatotoxizität).

Tabelle 1.11-1 Isoenzyme der LDH

Isoenzym

Vorwiegendes Vorkommen

LDH-1; HHHH; H4

Herzmuskel, Erythrozyten und Nieren

LDH-2; HHHM; H3M

LDH-3; HHMM; H2M2

Milz, Lunge, Lymphknoten, Thrombozyten, endokrine Drüsen

LDH-4; HMMM; HM3

Skelettmuskel

LDH-5; MMMM; M4

Leber

Tabelle 1.11-2 Prinzip der LDH Bestimmung

L-Lactat + NAD + LDH Pyruvat + NADH + H + a b

a) Reaktion bei pH 8,8–9,8; b) Reaktion bei pH 7,4–7,8

Tabelle 1.11-3 Referenzbereiche der LDH

LDH im Serum und Plasma

Erwachsene /5/

< 247 (4,12)

< 248 (4,13)

Obere Grenzwerte (Konsensus) /6/: + < 250 (4,20)

Kinder /7/

0–1 Jahr

196–438 (3,27–7,3)

1–3 Jahre

105–338 (1,75–5,6)

4–6 Jahre

107–314 (1,78–5,2)

7–12 Jahre

112–307 (1,87–5,1)

13–17 Jahre

115–287 (1,94–4,8)

Angaben in U/l (μkatal/l) und der 2,5. und 97,5. Perzentilen

LDH-Isoenzyme elektrophoretisch

CAF (%) /4/

Agarose (%) /2/

LDH-1

18–33

15–23

LDH-2

28–40

30–39

LDH-3

18–30

20–25

LDH-4

06–16

08–15

LDH-5

02–13

09–14

CAF, Zelluloseazetatfolie

LDH-1 immunologisch

Erwachsene /3/: bis 50 U/l (Messung bei 37 °C)

Tabelle 1.11-4 Erkrankungen, die eine Erhöhung der LDH im Serum verursachen können

Kardiale Erkrankungen: Die LDH bzw. die Isoenzyme 1 und 2 waren bedeutsam zur Erkennung eines über 36–48 h zurückliegenden Herzinfarktes. Nach akutem Ereignis: LDH-Anstieg nach 6–12 h, LDH-1 gewöhnlich über 45 % der LDH, LDH-1/LDH-2 über 0,7, in 80 % der Fälle über 1,0 /12/. Maximalwert nach 24–60 h, kann bis zum 10 fachen des oberen Referenzbereichswertes betragen. Normalisierung nach 7–15 Tagen. Die Bestimmung der LDH bei Herzinfarkt hat nur noch historische Bedeutung.

Die Aktivität der LDH steigt gewöhnlich bis zum 3–4 fachen der oberen Referenzbereichswerts an, Patienten mit Werten darüber haben eine deutlich höhere Letalität. Nicht selten werden Patienten erst 48–72 h nach dem akuten Ereignis eingewiesen. In diesen Fällen können neben der Erhöhung von Troponin die LDH- und AST-Erhöhung wichtige Kriterien für die Diagnose Infarkt sein. Aufgrund des langsamen Abfalls ist die LDH ebenfalls ein gutes Kriterien zur Verlaufsbeurteilung. Komplikationen, z.B. Leberstauung durch kardiale Insuffizienz oder Auftreten von Entzündungen, z.B. Pneumonie, werden am Anstieg der LDH und AST erkannt.

Herzinfarkt bei Trauma: Zur Abgrenzung des Infarkts bei polytraumatisierten Unfallpatienten, Verbrennungen und Stromschlag, bei denen die CK-MB erhöht sein kann, ist ein Quotient LDH-1/LDH-2 über 1,0 neben dem erhöhten Troponin ein weiterer Hinweis auf einen Herzinfarkt /13/.

Verschiedenes: Bei Myokarditis, Herzrhythmusstörungen, stumpfen Herztraumen, Katheterisierung des Herzens, Herzklappenersatz können Enzymerhöhungen auftreten wie beim Herzinfarkt. Bei supraventrikulären Tachykardien, nach Kardioversion und Katheterisierung des Herzens sind diskrete Anstiege der LDH möglich. Nach künstlichem Herzklappenersatz besteht eine enge Korrelation zwischen der LDH und einer Verkürzung der Lebenszeit der Erythrozyten.

Die Bestimmung der LDH ist eine zuverlässige Methode zur Quantifizierung des Ausmaßes der Hämolyse. Etwa 60 % der Patienten mit Herzklappenersatz haben eine erhöhte LDH. Diese ist nach Mitralklappenersatz höher als nach Aortenklappenersatz /14/.

Lungenembolie/-infarkt: In 38 % der Fälle wird ein leichter Anstieg der LDH, insbesondere der LDH-3, innerhalb von 24 h nachgewiesen. Ein Quotient LDH-1/LDH-2 unter 1,0 war ein wichtiges Kriterium zur Abgrenzung vom Herzinfarkt. Die AST ist leicht erhöht oder normal, Leukozytose bis 15 × 109/l /15/.

Erkrankungen der Leber: Zur Diagnostik von Lebererkrankungen ist die LDH zu insensitiv und unspezifisch. So haben zwar alle Patienten mit akuter Virushepatitis und Aminotransferasen höher als 10 fach des oberen Referenzbereichswerts auch eine Erhöhung der LDH, jedoch ist sie nur unregelmäßig bei chronischer Hepatitis erhöht. Auf Grund der Halbwertszeit der LDH-5 von nur 10 h ist die beginnende leichte Form einer akuten Hepatitis von einer ausklingenden typischen Verlaufsform mit in etwa gleichen Werten der Aminotransferasen abzugrenzen. Häufig ist die LDH nur im ersteren Fall erhöht /16/.

Infektiöse Mononukleose: Alle Patienten mit infektiöser Mononukleose haben eine erhöhte LDH. Ist die Leber mitbeteiligt, so ist sie die wesentliche Ursache des Anstiegs der LDH, erhöht ist dann besonders die LDH-5. Ist die Leber nicht beteiligt, was zu 80 % der Fall sein soll, sind alle Isoenzyme der LDH erhöht. Diese stammen, wie bei der Leukämie und den Lymphomen, aus Lymphozyten, insbesondere den B-Zellen /17/.

Portale Hypertension: Anstiege der LDH, deren Höhe in keinerlei Beziehung zur Aktivität der Leberzirrhose und des noch funktionstüchtigen Gewebes steht, werden gefunden.

Lebertumoren: Beim hepatozellulären Karzinom (HCC) werden Erhöhungen der LDH in bis zu 92 % der Fälle angegeben, bei Lebermetastasen beträgt die diagnostische Sensitivität 63 % /18/. Die Abgrenzung des HCC von Lebermetastasen gelingt durch die Bestimmung des Quotienten LDH-4/LDH-5 bei Patienten mit erhöhter LDH. Bei einem Grenzwert von 1,05 haben 95 % der Patienten mit HCC einen Wert darunter und 82 % derjenigen mit Lebermetastasen einen Wert oberhalb /18/. Jedoch ist die Bestimmung des AFP besser geeignet als die LDH zur Abgrenzung des HCC von Lebermetastasen. Auch schließt eine AFP-Konzentration unter 10 μg/l 90 % aller HCC aus, das ist bei normaler LDH nicht der Fall. Zu Lebertumoren siehe auch Tab. 1.6-3 – Verhalten der Aminotransferasen bei Hepatopathien – hier: Lebermetastasen, Tab. 1.9-4 – Verhalten der GGT im Serum bei Erkrankungen der Leber und der Gallenwege – hier: Primäre Lebertumoren, Beitrag 28.7.5.4 – Hepatozelluläres Karzinom und Beitrag. 28.13.5.2 – CEA-Serumkonzentration nicht maligner Erkrankungen und maligner Tumoren.

Skelettmuskelerkrankungen: Ursache von LDH-Erhöhungen können auch Skelettmuskelschäden sein, meist sind die Isoenzyme 1–3 erhöht. Zur Diagnostik sollten jedoch die CK und Myoglobin angefordert werden /19/.

Progressive Muskeldystrophie: Beim Typ Duchenne schon Jahre vor der klinischen Symptomatik LDH-Anstieg, im Verlauf der Erkrankung tritt eine Erhöhung um etwa den Faktor 5 auf. In weit fortgeschrittenen Fällen nur geringer oder kein Anstieg. Vermehrt sind die LDH-1–3. Beim Gliedergürtel- und Facioscapulo-humeralen Typ Erhöhung im Mittel auf das 2 fache.

Neurogene Muskelatrophie: Beim Typ Aran-Duchenne und Kugelberg-Welander der spinalen Muskelatrophie und bei der peronealen Muskelatrophie können erhöhte LDH-Werte auftreten (etwa bis Faktor 2).

Dermatomyositis, Polymyositis: Im akuten Zustandsbild können ausgeprägte Erhöhungen der LDH auftreten. Die LDH steigt stärker an als die CK und AST. Ebenfalls erhöht ist Prolactin.

Status epilepticus: Beim status epilepticus ist der Verlauf der LDH wie beim Herzinfarkt, nur kurzzeitige Anstiege treten demgegenüber beim Grand mal-Anfall auf.

Leistungssport: Aktivitätserhöhungen (3–5 fach) des oberen Referenzbereichswerts können bei Leistungssport und starker körperliche Arbeit vorkommen durch Freisetzung der LDH aus der Muskulatur.

Hämolytische Anämie: Akute intravasale hämolytische Anämien gehen in Abhängigkeit vom Abbau der Erythrozyten mit einer Erhöhung der LDH, Verminderung von Haptoglobin, Erhöhung von Bilirubin, Methämalbuminämie (bräunliches Serum) Hämoglobinurie und Hämosiderinurie einher. Ebenfalls können Erhöhungen von AST und ALT auftreten. Quotienten LDH/AST über 5 sind ein Zeichen der akuten hämolytischen Anämie und auch dann noch vorhanden, wenn die anderen oben genannten Zeichen nicht mehr nachweisbar sind. Bei intravasaler Hämolyse mit einer Retikulozytose über 10 % ist der Quotient LDH-1/LDH-2 höher als ohne Retikulozytose. In einer Studie /20/ betrug der Quotient bei Retikulozytose 0,98 im Vergleich zu 0,69 bei normaler Retikulozytenzahl. Eine durch intravasale Hämolyse verursachte freie Hämoglobinkonzentration von 10–20 mg/dl (6–12 μmol/l) verursacht einen LDH-Anstieg von 10–20 U/l /21/. Die akute Freisetzung von 3 g Hämoglobin, entsprechend einer freien Hb-Konzentration von etwa 600 mg/l, bindet alles verfügbare Haptoglobin und führt zu einem nicht mehr messbaren Haptoglobin. Die Haptoglobin Bestimmung ist demzufolge sensitiver als die LDH, wenn ein über dem oberen Referenzbereichswert liegender LDH Wert als diagnostisches Kriterium herangezogen wird. Siehe Tab. 18.8-4 – Hämolytische Anämie.

Angeborene hämolytische Anämien verursachen nur eine leichte Retikulozytose, aber keine oder nur diskrete Anstiege der LDH. Ausnahmen sind hämolytische Krisen, z.B. bei Favismus und Sichelzellanämie.

Megaloblastäre Anämie: Sowohl die megaloblastären Anämien, bedingt durch Vitamin B12- oder Folsäuremangel, als auch diejenigen Formen, die durch Pyrimidin- und Purinantimetaboliten hervorgerufen werden, können LDH-Erhöhungen um das Mehrfache des oberen Referenzbereichswerts verursachen /22/. Die Anstiege sind durch LDH-1 und LDH-2 bedingt. Die stärksten Anstiege werden bei der perniziösen Anämie gemessen. Bei Behandlung mit Vitamin B12 fällt die LDH vor dem Anstieg der Retikulozytenzahl ab und normalisiert nach 2–3 Wochen.

Thrombotisch thrombo­zytopenische Purpura: Die Erkrankung ist charakterisiert durch mikroangiopathische hämolytische Anämie, neurologische Symptome, Nierenerkrankung, Fieber und oft stärkere Erhöhung der LDH. Unter Plasmapherese Therapie sind das Verhalten der LDH und der Thrombozytenzahl gute prognostische Marker für das Überleben. In einer Studie /23/ zeigten unter Plasmapherese Therapie Patienten mit guter Überlebenschance eine abfallende LDH und ansteigende Thrombozytenwerte.

Wichtig waren die Werte am 3. Therapietag. Patienten mit guter Prognose hatten eine LDH von im Mittel 364 U/l und eine Thrombozytenzahl von 119 × 109/l, solche mit schlechter Prognose eine LDH von 891 U/l und eine Thrombozytenzahl von 46 × 109/l.

Essentielle Thrombo­zythämie: Patienten mit essentieller Thrombozythämie haben auf Grund eines vermehrten Thrombozytenumsatzes eine leicht erhöhte LDH /24/.

Niereninfarkt: 17 Patienten mit Embolie einer großen Nierenarterie und Niereninfarkt hatten innerhalb von 24 h nach Klinikeinweisung eine erhöhte LDH und 82 % davon eine Hämaturie /25/. Erhöht waren die Isoenzyme LDH-1 und LDH-2.

Korean hemorrhagic fever, chron. Glomerulopathie: Bei chronischen Nierenerkrankungen Erhöhung von LDH-1 und LDH-2, im oligurischen Stadium des Korean hemorrhagic fever LDH-3 /26/.

Behandlung mit G-CSF: Bei einem Teil der Patienten mit Anstieg der Leukozytenzahl kommt es parallel zur Erhöhung der LDH. In einer Untersuchung bei 16 Patienten wurden Werte von 527–947 U/l gemessen /27/. Patienten ohne Anstieg der Leukozytenzahl haben keine Erhöhung der LDH; es gibt aber auch Patienten mit Leukozytenanstieg ohne Erhöhung der LDH.

Postoperativ: Die LDH ist in 44 % der Fälle nach Abdominaloperationen bis zu 3 fach innerhalb der ersten postoperativen Woche erhöht /28/.

Schock: Es tritt ein den Aminotransferasen vergleichbarer Anstieg der LDH nach 8–12 h auf. Ursache ist die akute Leberzellschädigung auf Grund von Durchblutungsstörung und mikrovaskulären Verschlüssen /15/.

Maligne Tumoren: Die LDH ist als Suchtest auf maligne Tumoren ungeeignet, da die diagnostische Sensitivität und Spezifität zu niedrig sind. Zur Verlaufsbeurteilung und Therapiekontrolle bestimmter Tumoren ist sie jedoch ein gutes Kriterium /7/. Etwa 30 % der Tumorpatienten haben eine LDH-Erhöhung.

Leukämien: Die diagnostische Sensitivität der LDH bei akuter lymphatischer Leukämie beträgt 79 % und die Werte sind 3,3–3,9 fach höher als der obere Referenzbereichswert. Bei der akuten myeloischen Leukämie ist die Sensitivität 26–68 % bei einer 1,0–2,5 fachen Erhöhung und bei der chronisch myeloischen Leukämie ist die LDH gewöhnlich nicht erhöht /8/.

Neuroblastom: Die diagnostische Sensitivität der LDH bei Neuroblastomen ist etwa 75 %. In Kombination mit dem Lebensalter und dem Neuroblastom Stadium ist die Höhe der LDH im Serum ein wichtiges prognostisches Kriterium /29/.

Multiples Myelom: Erhöhte Werte der LDH sind der Indikator einer schlechten Prognose und weisen auf okkulte extra ossäre Erkrankung und eine hohe Tumormasse hin. In einer Studie /30/ hatten 11 % der Patienten mit Myelom eine LDH über 300 U/l. Nur 20 % der Patienten mit erhöhter LDH reagierte auf Chemotherapie, während die Responserate derjenigen mit normalen Werten bei 57 % lag.

Non-Hodgkin-Lymphom: Die diagnostische Sensitivität der LDH ist bei niedrig malignen Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) der Stadien I+II gering, erhöhte Werte werden im Stadium IV und bei den hoch malignen NHL gefunden. Bei den niedrig malignen NHL beträgt die Sensitivität 11–38 % bei einer 1,0–1,5 fachen Erhöhung, bei den hoch malignen 42–60 % bei einer Erhöhung von 3,0–3,3 fach. Die Überlebenszeit zeigt eine negative Korrelation zur Höhe des Ausgangswerts der LDH vor Therapie /8/.

M. Hodgkin: Bei Kindern ist die Höhe der LDH bei der erstmaligen Vorstellung ein prognostisches Kriterium; sie korreliert mit der Tumormasse und dem Stadium. In einer Studie /31/ hatten 44 % der Kinder des Stadiums I+II im Median 1,27 fache Erhöhungen über dem oberen Referenzbereichswert, im Stadium III+IV aber 71 % eine mediane Erhöhung um das 1,53 fache.

Dysgerminom: Das ovarielle Dysgerminom ist eine seltene Erkrankung. Die diagnostische Sensitivität der LDH beträgt 92–100 % bei einer Spezifität von 66 %, der mittlere Anstieg der LDH ist 4,5 fach des oberen Referenzbereichswerts. Bei Entfernung des Tumors kommt es zur Normalisierung, beim Rezidiv zum Wiederanstieg der LDH. Andere Ovarialtumoren machen eine Erhöhung der LDH in 42–71 % der Fälle, der mittlere Anstieg liegt bei 1,1–2,2 fach /8/.

Hodentumor: Bei der Diagnosestellung sind die meisten Patienten mit Testicular Germ Cell Tumors (TGCT) im klinischen Stadium I. Die Behandlung besteht in der Orchidektomie ohne weitere adjuvante Behandlung. Etwa zwei Drittel der Patienten bleiben Rezidiv frei, der Rest entwickelt Metastasen und wird teils mit Chemo- und /oder Radiotherapie behandelt. Zum Staging von TGCT-Patienten wurde in der 5. Ausgabe der TNM-Klassifikation (T= Primärtumor, N= Lymphknotenmetastasen, M = Fernmetastasen) neben AFP und hCG auch die LDH als Kriterium aufgenommen. Die Höhe der LDH ist ein Marker der Therapieresponse, der Überlebenszeit und Überlebensrate. Besser ist sogar die Bestimmung des LDH-1-Isoenzyms. In einer 5-Jahresstudie bei 44 Patienten betrugen bei Patienten mit Werten im Referenzbereich die prädiktiven Werte für Überleben für die LDH-1 100 %, für die Gesamt-LDH 81 %, für AFP 75 % und für hCG 77 %. Bei erhöhten Werten betrugen die prädiktiven Werte für Nichtüberleben für die LDH-1 100 % , für die Gesamt-LDH 46 %, für AFP 9 % und 18 % für hCG /32/.

Autologe Stammzelltransplantation: Die autologe Stammzelltransplantation führt in den ersten 5 Tagen zu einer Erhöhung der LDH mit Gipfelwerten, die das 2 fache des Ausgangswerts erreichen. Ursache ist die Infusion von LDH mit der Stammzellpräparation. Es wird angenommen, dass eine in-vitro Zelllyse erfolgt. Diese korreliert mit der Anzahl der Pheresen zur Gewinnung einer adäquaten Menge von CD34+-Zellen, mit der eine zunehmende Kontamination mit roten Blutzellen erfolgt /33/.

Tumorlyse-Syndrom (TLS): Eine multivariate Analyse zeigt, dass vor Chemotherapie einer akuten myeloischen Leukämie Basiswerte der LDH 1–4 fach und über 4 fach des oberen Referenzbereichswertes mit mittleren Odds ratios von 2,5 und 6,2 auf die Entwicklung eines TLS hinweisen /34/.

Lungenerkrankungen: Die LDH ist als zytoplasmatisches Enzym bei einigen Lungenerkrankungen im Serum erhöht. Sowohl die Parenchymzellen der Lunge, als auch lokale Entzündungszellen wie Alveolarmakrophagen und polymorphkernige Granulozyten sollen die Ursache sein. Im Pleurapunktat dient der Quotient LDH Punktat/LDH Serum der Unterscheidung zwischen transsudativem und exsudativem Erguss. Werte über 0,6 sprechen für ein Exsudat. Siehe Beitrag 47.2-5 – Laboruntersuchungen zur Abklärung der Ätiologie eines Pleuraergusses.

Idiopathische pulmonale Fibrose (IPF): Die IPF, auch als kryptogene fibrosierende Alveolitis bekannt, ist eine schwere chronische Erkrankung, die als Alveolitis beginnt und als interstitielle Fibrose fortschreitet. Für einen Response auf Kortikosteroid Therapie sprechen: Weibliches Geschlecht, erst kurze klinische Symptomatik, hohe Zellularität im Biopsiematerial und der bronchoalveolären Lavage (BAL) und zirkulierende Immunkomplexe im Serum. In der BAL weist ein Lymphozyten Anteil über 20 % und ein Quotient CD4/CD8-T-Zellen unter 0,5 auf ein relativ frühes Stadium der interstitiellen Pneumonitis hin. Bei dieser kann auch die LDH erhöht sein. Je größer die entzündliche Aktivität, desto höher ist die LDH. Die LDH kann hilfreich sein zur Abgrenzung der interstitiellen Pneumonitis von der pulmonalen Sarkoidose. Bei dieser ist die LDH normal auch bei der stabilen IPF /35/.

Bronchialkarzinom: Erhöhungen der LDH werden beim kleinzelligen Typ und ausgedehnter Erkrankung gefunden. Die Überlebensrate bei Patienten mit erhöhter LDH ist etwa nur halb so hoch wie bei denjenigen mit normaler LDH. Der NSE-Wert vor Therapiebeginn und im Verlauf ist empfindlicher als die LDH zur Beurteilung der Response und der Prognose /36/.

Pneumocystis carinii-Pneumonie: Eine isolierte Erhöhung der LDH ist bei Verdacht auf Pneumocystis-Pneumonie ein weiteres Indiz, das für die Diagnose spricht. Die LDH korreliert mit dem klinischen Verlauf. Dies ist bei AIDS-Patienten wichtig in der Unterscheidung zwischen sich verschlechternder Pneumonie und interkurrenter Reaktion auf eine medikamentöse Therapie. Bei Ansprechen auf die Therapie fällt die LDH ab /37/.

Covid 19 Erkrankung: Die LDH Aktivität ist erhöht und zeigt eine positive Korrelation mit der Schwere der Erkrankung. Die Aktivität der einzelnen Patienten beträgt 272–2141 U/l. Erhöhungen von LHD-3 und LDH-4 zeigen eher einen schlechteren Verlauf /42/.

Tabelle 1.11-5 Aussage elektrophoretischer LDH-Muster

Enzymmuster

Mögliche Ursache

Anodisch

Herzmuskelschaden (Infarkt, Operation)

Hämolyse (in vivo oder in vitro)

Ineffektive Erythropoese (Dyserythropoese)

Muskeldystrophie

Niereninfarkt

Keimzelltumor

Kathodisch

Leber- und Gallenwegs-Erkrankung

Rechtsherzinsuffizienz

Skelettmuskelverletzung

Prostatakarzinom

Maligne Erkrankung

Intermediär

Thrombozytenzerfall

Lymphoretikuläre Erkrankung

Milzinfarkt

Maligner Tumor

Tabelle 1.12-1 Referenzbereiche der Lipase

DGMRE-Methode 37 °C

  • Erwachsene /9/

< 20 J.

< 41 U/l

20–80 J.

< 60 U/l

> 80 J.

< 70 U/l

Diglycerid-Methode 37 °C

  • Erwachsene

8–57 U/l /10/

8–44 U/l /11/

< 1 J.

0–8 U/l

1–9 J.

5–31 U/l

10–18 J.

7–39 U/l

Vitros-Methode 37 °C

40–375 U/l

< 1 J.

10– 95 U/l

1–11 J.

10–175 U/l

11–18 J.

10–195 U/l

Tabelle 1.12-2 Diagnostische Sensitivität und Spezifität einer Lipaseerhöhung in Abhängigkeit vom Grenzwertfaktor* bei akuter Pankreatitis am Tag der Erkrankung. Siehe auch Tab. 1.4-2 – Ursachen pankreatogener Hyperamylasämien.

Methode

Grenzwert-

Faktor

Sensi­tivität

(%)

Spezifität

(%)

Turbidimetrie

0,75

86

61

Reagenzträger-Test

1,0

100

58

Turbidimetrie

0,75

96,5

50

Turbidimetrie

1,0

100

87

Diglycerid-Methode

1,0

100

91

Turbidimetrie

3,7

100

94

Diglycerid-Methode

5,9

90

97

Turbidimetrie

1,0

100

84

1,0

100

93

Turbidimetrie

1,75

98

100

* Wert des oberen Referenzbereichs x Grenzwertfaktor = Entscheidungswert für akute Pankreatitis

Tabelle 1.12-3 Ursachen einer Erhöhung der Lipase im Serum

Akute Pankreatitis: Hyperenzymämie ab 5–6 h nach Einsetzen der Symptome. Dauer 3–6 Tage (akute Pankreatitis, Passage eines Gallensteins) bis Wochen (Rezidiv einer chronischen Pankreatitis) oder länger (obstruktive und Alkohol-induzierte chronische Formen, Pseudozystenbildung).

Chronische Pankreatitis (rezidivierend, chronisch obstruktiv): Im beschwerdefreien Intervall Werte im Referenzbereich. Höchste Konzentration bei akuter seröser Entzündung bis zur 80 fachen des oberen Referenzbereichswerts. Bei chronischen Formen zeigt die Lipase Abflussstörungen des Gangsystems an ohne Bezug zur Masse des intakten Organs. Es besteht keine Beziehung zwischen der Aktivität im Serum und der Prognose des Leidens.

Akutes Abdomen: Bei Beteiligung der Bauchspeicheldrüse kann eine Hyperlipasämie bis zum 5 fachen des oberen Referenzbereichwertes bestehen: Ulcus duodeni penetrans, Duodenaldivertikel, Cholecystitis, Ileus.

ERCP*: 2 Std. nach dem Eingriff Anstieg der Lipase (früher, höher und länger als α-Amylase) mit Maximum nach 6 Std. bis zur 50 fachen (im Mittel 12 fachen) des oberen Referenzbereichwertes, Abfall zur Norm in 3–5 Tagen /19/.

Niereninsuffizienz*: Häufig Erhöhung der Lipase bei Kranken mit einem Creatinin über 3 mg/dl (265 μmol/l) im Serum ohne Korrela­tion der Analyte, obligat im Dialyse-pflichtigen Stadium.

Sonstige Erkrankungen*: Erhöhung der Lipase bei diabetischer Ketoazidose /18/; gering (bis 2 fach) bei Virushepatitis, Typhus ab­do­mi­nalis, Sarkoidose und bei metabolischer, zirkulatorischer oder systemischer Pankreasbeteiligung.

Enteritis regionalis, Colitis ulcerosa: Lipase häufiger und stärker (bis 4,5 fach) erhöht als α-Amylase (bis 2 fach) und ihre nicht saliväre Fraktion.

Malignom: Seltenes Auftreten bei abdominellen Tumoren ohne Pankreasbeteiligung, keine Erhöhung von α-Amy­lase.

* Siehe auch α-Amylase

Tabelle 1.13-1 Referenzbereich der sauren Phosphatase

Substrat p-Nitrophenylphosphat, Messung bei 37°C

Erwachsene /2/

4,8–13,5 (0,08–0,23)

Kinder /3/

Neugeborene

10–58 (0,17–0,97)

bis 6 Mon.

11–45 (0,18–0,75)

7–12 Mon.

11–35 (0,18–0,58)

2–9 J.

10–29 (0,17–0,48)

10–14 J.

10–27 (0,17–0,45)

15 J.

11–22 (0,18–0,37)

Substrat α-Naphthylphosphat, obere Referenzbereichgrenze bei 37, 30 und 25 °C, kinetische Messung

Erwachsene /4/

bis 4,7 (0,08); 4,2 (0,07); 3,4 (0,06)

bis 3,7 (0,06); 3,0 (0,05); 2,5 (0,04)

Kinder

Werte nicht vorhanden

Angaben in U/l (μkatal/l) für Serum und Plasma. Die Methode nach Hillmann, modifiziert mit Pentandiol-Aktivierung hat einen oberen Grenzwert 6,5 U/l (0,11 μkatal/l).

Tabelle 1.13-2 Erkrankungen, die mit einer Erhöhung der SP im Serum einhergehen können

Prostatakarzinom: Auf Grund geringer Sensitivität hat die SP beim Prostatakarzinom keine Bedeutung.

Morbus Paget, Hyperpara­thyreoidismus, multiples Myelom, Osteosarkom, Osteogenesis imperfecta, renale Osteodystrophie: Etwa 10 % der primären Knochenerkrankungen oder Erkrankungen mit Skelettbeteiligung verursachen eine Erhöhung der SP auf Grund einer erhöhten Aktivität der Osteoklasten. Im Mittel werden Erhöhungen bis zum 3 fachen des oberen Referenzbereichswerts gemessen. Die diagnostische Sensitivität der SP zur Erkennung von Erkrankungen des Skeletts ist niedriger als diejenige der AP /5/. Der Tartrat-sensitive SP-Anteil ist bei diesen Erkrankungen gering.

Metastasen maligner Tumoren: Das Prostatakarzinom metastasiert relativ häufig in die Knochen und Weichteile. Die Metastasen bilden eigenständig Tartrat hemmbare SP, deren pathologische Werte bestehen bleiben, auch wenn der Primärtumor entfernt ist. Die diagnostische Sensitivität der SP ist etwa 60 %. Etwa 20 % nicht prostatischer maligner Tumoren mit Knochenmetastasen verursachen pathologische saure Phosphatase-Werte, beim Mammakarzinom ist der Prozentsatz höher. Bei erfolgreicher Behandlung resultiert ein Abfall /6/.

Leukämie, Polycythämia vera, Thrombozythämie, megaloblastäre Anämie: Leicht bis mäßig erhöhte SP durch Freisetzung der SP aus Blutzellen, besonders den Thrombozyten /3/. Die freigesetzte SP ist durchTartrat hemmbar. Der Hemmeffekt ist beim Substrat p-Nitrophenylphosphat höher als bei α-Naphthylphosphat.

Morbus Gaucher, Morbus Niemann-Pick /7/: Ein Morbus Gaucher muss in Erwägung gezogen werden, wenn bei erhöhter SP eine klinisch unklare Splenomegalie, vielfach in Kombination mit Anämie, Thrombozytopenie und Knochenfrakturen vorliegt. Bei gegebener Befundkonstellation kann die Diagnose durch folgende weitere Befunde gesichert werden: Nachweis der typischen Gaucher Zellen im Punktat des Knochenmarks, Bestimmung einer erhöhten, leukozytären β-Glucosidase, Erhöhung der Fraktion V bei elektrophoretischer Auftrennung der SP.

Angiotensin I (Dekapeptid) Angiotensinogen Angiotensin II (Oktapeptid + Histidyl-Leucin) Renin ACE Kininogen Kallikrein Bradykinin Inaktive Peptide ACE

Abbildung 1.5-1 Biochemische Wirkungen von ACE.

Angiotensinogen Renin Kallikrein Kininogen Renin-Angiotensin-System Kinin-Kallikrein-System Angiotensin I(nicht vasoaktiv) ACE Bradykinin (Vasodilatator) Angiotensin II(RAS effector: Vasokonstriktor) InaktivesBradykinin

Abbildung 1.5-2 Wirkung von ACE auf das Renin-Angiotensin-System (RAS) und das Kinin-Kallikrein-System. Mit freundlicher Genehmigung nach Lit. /26/.

L-Aspartat + 2-Oxoglutarat AST Oxalacetat + L-Glutamat Oxalacetat + NADH + H + MDH L-Malat + NAD + Pyruvat + NADH + H + LDH L-Lactat + NAD + L-Alanin + 2-Oxoglutarat ALT Pyruvat + L-Glutamat

Abb. 1.6-1 Prinzip der Bestimmung von AST (oben) und ALT (unten) nach IFCC.

ADP ATP ADP CK AK CrP Cr AMP ADP

Abbildung 1.8-1 Beteiligung von CK und Adenylatkinase (AK) an der Energiegewinnung im Muskel /34/.

Gamma-glutamyl-cyclotransferase Gamma-glutamyl-Aminosäure Cystein Cystein Glycin Glycin Cysteinyl-Glycin Membran-gebun-dene Dipeptidase Gamma-glutamyl- Tr ansferase γ-Glutamyl-Aminosäure Aminosäure Gamma-glutamyl-cysteinyl-glycin(GSH) GSH Extrazellulär Intrazellulär Gamma-glutamylzyklus Gamma-glutamyl-cystein Gamma-glutamyl-cystein-Synthetase + Glutamin-säure Glutathion-Synthetase Amino-säure 5-oxoprolin 5-oxoprolinase

Abbildung 1.9-1 GGT und der Glutamatzyklus. Mit freundlicher Genehmigung nach Lit. /50/.

ALT> 2.000 (37°C) U/l Um2.000 (37 °C) U/lAkuteDurchblutungsstörung?Akute toxischeLebernekrose? <2.000 (37 °C) U/lAkute toxischeLebernekrose? Um 400 (37 °C) U/l CCl 4 -Typ >2.000 (37 °C) U/lAkuteDurchblutungsstörung Um60 (37 °C) U/lHalothan-Typ GLDH CHE GGT Um100 (37 °C) U/lAkuteVirushepatitis

Abbildung 1.10-1 Differentialdiagnose stark erhöhter ALT-Aktivitäten vermittels der GLDH /3/.

Klinischer Ikterus Bilirubin < 6 mg/dl (100 μmol/l) Leber- und Gallenwegs-Erkrankung oder Hämolyse möglich LDH/AST < 5 (37 °C) LDH/AST > 5 (37 °C) Leber- und Gallenwegs-Erkrankung(Ausnahme: Erhebliche sekundäreLeberbeteiligung bei Anämie) Hämolytische Erkrankung(Ausnahme: Infektiöse Mononukleose,manche Malignome der Leber) LDH-1 herrscht nicht vor LDH-1 herrscht vor Keine hämolytische Erkrankung Hämolytische Erkrankung

Abbildung 1.11-1 Abgrenzung des prähepatischen vom hepatischen Ikterus, modifiziert nach Lit. /11/.

Nach oben <