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Kardiale Erkrankungen

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2 Kardiale Erkrankungen

2.1 Atherosklerose

2.1.1 Entwicklung der Atherosklerose

Die Atherosklerose ist eine führende Ursache der Morbidität und Mortalität in den industrialisierten Ländern. Es handelt sich um eine Krankheit, die über Jahrzehnte inapparent verläuft. Klinische Symptome treten erst im fortgeschrittenen Stadium auf, wenn verhindernde Maßnahmen zu spät sind. Die Atherosklerose ist eine multifaktorielle Erkrankung, deren Verlauf von angeborenen und erworbenen Risikofaktoren abhängt. Die Folgen der Atherosklerose manifestieren sich klinisch vor allem als koronare Herzkrankheit, cerebro-vaskuläre Erkrankung oder periphere arterielle Verschlusskrankheit. Die Pathogenese der Atherosklerose wird zumeist durch das Response-to-injury model erklärt, das Komponenten der früher kontrovers propagierten Lipidtheorien und Entzündungstheorien vereint. Die Framingham Heart Study führte zur Identifikation von wesentlichen Risikofaktoren der kardiovaskulären Erkrankung, nämlich Rauchen, hohes Cholesterin, Bluthochdruck, körperliche Inaktivität und Diabetes mellitus.

Atherosklerose-Risiko /1/

Wichtige Faktoren eines erhöhten Risikos sind Erbgut, höheres Lebensalter, Geschlecht, Dyslipidämie, Hypertonie, Rauchen, chronische Entzündung, Diabetes mellitus und chronische Nierenerkrankung. Die Risikofaktoren führen zur Dysfunktion des Gefäßendothels. Die individuelle Erkrankungsgefahr unterliegt dem Wechselspiel zwischen genetischen Faktoren, vor-bestehender Erkrankung und den Lebensgewohnheiten. Letztere sind ein Grund, warum eine ungesunde Lebensführung sich unterschiedlich negativ bei den einzelnen Personen auswirkt.

Labordiagnostische Indikatoren: Cholesterin (LDL), Triglyceride, Lp(a), HbA1c oder oraler Glucosetoleranz-Test, Homocystein, C-reaktives Protein und Creatinin.

Mechanismen der Atherosklerose /12/

Atherosklerotische Plaques entwickeln sich im Verlaufe von Dekaden. Die Anfänge der Atherosklerose beginnen in utero und bilden sich während der Lebensspanne in Abhängigkeit von der Prädisposition und der Lebensweise aus. Low density lipoproteins (LDL) gelangen physiologisch in die Intima der Arterien und werden bei normalem Cholesterin Gehalt des Blutes durch den High density lipoprotein (HDL) reversen Transportweg und durch Makrophagen wieder abtransportiert. Nach der Response to retention Hypothese entwickelt sich eine Atherosklerose auf Grund der verstärkten Ansammlung von LDL in der Intima der Arterien. Die Exsudation von LDL in die Intima wird begünstigt durch eine Dysfunktion des Gefäßendothels auf Grund von Risikofaktoren wie Hypercholesterinämie, Rauchen, Bluthochdruck, Hyperglykämie. Zusätzlich wird das Abtransportsystem des Cholesterins überladen.

In der Intima akkumulierte LDL werden oxidiert (oxLDL) oder enzymatisch modifiziert (eLDL). Ein multiples molekulares Netzwerk bestehend aus inflammatorischen Zytokinen und prothrombotische Faktoren wird durch die oxidierten Lipide aktiviert. Es entwickelt sich eine lokale Entzündungsreaktion und eine atherosklerotische Läsion (atherosklerotischer Plaque) bildet sich aus. Durch die Einwanderung von Entzündungszellen, die kontinuierlichen Akkumulation von LDL und Vermehrung lokaler Zellen und von Bestandteilen des Bindegewebes expandiert die Intima, so dass sich die Gefäßwand zunächst exzentrisch und später konzentrisch verdickt. Letzterer Prozess führt zu lokalen Stenosen. Atherosklerotische Plaques, die durch ausgeprägte intimale Lipidakkumulationen und Zelldebris und eine dünne fibröse Kappe charakterisiert sind, neigen akut zur Ruptur.

Der Kontakt des Blutes mit den Makrophagen und aktivierten Endothelzellen setzt Faktoren der Gewebe frei und der Kontakt mit Lipiden und Kollagen der offen gelegten Intima löst eine Thrombozytenaggregation und aktiviert die Gerinnung. Der dadurch bedingte akute und partielle Gefäßverschluss ist die Ursache für akute cerebrovaskuläre Syndrome, also instabile Angina pectoris, Herzinfarkt, plötzlicher Herztod oder Schlaganfall.

Die Akkumulation von LDL in der Intima in Form der Fatty streaks findet schon in den ersten Lebensjahren statt und entwickelt sich wie die FELIC-Studie gezeigt hat, bei Kindern von Müttern mit Hypercholesterinämie progressiver als bei Kindern von Müttern mit normalem Cholesterin /3/. Erst im Alter von 12–16 J. bilden sich atherosklerotische Plaques aus.

2.1.2 Atherosklerose bedingte Erkrankungen

Akutes Koronarsyndrom (acute coronary syndrome; ACS)

Bei Patienten mit ACS wird auf der Basis von Anamnese, Elektrokardiogramm (EKG) und biochemischen Markern der jeweilige Fall als ST-segment elevation infarction (STEMI), non-STEMI oder als nicht-ischämischer Brustschmerz klassifiziert. Gewöhnlich ist der auslösende Mechanismus eines akuten Myokardinfarktes (AMI) die Erosion oder Ruptur eines verletzlichen Lipid-beladenen atherosklerotischen Plaques eines Koronargefäßes. Dem vorbei fließenden Blut wird ein hoch thrombogener Plaqueinhalt (core) und Matrixmaterial des Plaques dargeboten. Pro-thrombotisches Material (Tissue factor, Thrombozyten-adhäsive Moleküle) gelangt vom Core des Plaques an die Oberfläche nach Ruptur der fibrösen Kappe. Die bestehende lokale Entzündung aktiviert das pro-thrombotische Potential, inhibiert die anti-fibrinolytische Kapazität des Hämostasesystems und triggert die Bildung eines Thrombus am Plaque /4/.

Der totale Verschluss eines Koronargefäßes führt gewöhnlich zur Ausbildung eine STEMI. Das ACS ohne ST-Anhebung im EKG bewirkt den non-STEMI oder eine instabile Angina. Beide werden durch den partiellen Verschluss eines Koronargefäßes oder dessen kompletten Verschluss bei noch erhaltener kollateraler Zirkulation verursacht.

Cerebro-vaskuläre Atherosklerose: Bei etwa 85 % der Schlaganfälle liegt eine Ischämie vor, zumeist ausgelöst durch embolisierende Thromben aus dem Herzen oder den Karotisarterien.

2.1.2.1 Primäre Prävention der koronaren Herzkrankheit

Das Ziel der primären Prävention ist die Verhinderung der Manifestation von kardiovaskulären Krankheiten. Unabhängige, klassische Risikofaktoren sind: Alter, männliches Geschlecht, Rauchen, atherosklerotische Gefäßerkrankung in der Familie, Diabetes mellitus, hoher Blutdruck, Hypercholesterinämie, hohes LDL-Cholesterin, niedriges HDL-Cholesterin, Hypertriglyceridämie. Unterschieden wird das globale Risiko (Bewertung mehrerer Risikofaktoren in einem Risikoprofil) vom Risiko eines einzelnen, extrem erhöhten Risikofaktors.

Wichtige isolierte Risikofaktoren sind:

  • Cholesterin: Als Patienten mit hohem Risiko gelten Personen mit einem Gesamt-Cholesterin ≥ 320 mg/dl (8,0 mmol/l) oder einem LDL-Cholesterin ≥ 240 mg/dl (6,22 mmol/l) /5/. Bei Beurteilung des globalen Risikos, werden je nach geschätztem Risiko oder Score-Wert das Überschreiten des LDL-Cholesterins von 100 mg/dl (2,6 mmol/l), 130 mg/dl (3,4 mmol/l) oder 160 mg/dl (4,1 mmol/l) als Therapie bedürftig angesehen.
  • Hypertonie: Als Patienten mit hohem Risiko gelten diejenigen mit einem Blutdruck über 180/110 mm Hg /5/. Bei Beurteilung des globalen Risikos ist ein Blutdruck ≥ 140/80 mm Hg pathologisch.

2.1.2.2 Risikostratifizierung durch Algorithmen und Scores

Zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen wird das globale Risiko einer Person ermittelt und verschiedene Risikofaktoren werden vermittels von Algorithmen oder Scores kombiniert. Siehe Tab. 2.1-1 – Abschätzung des kardiovaskulären Risikos durch Algorithmen und Scores.

Die anerkanntesten Algorithmen und Scores wurden aus der deutschen PROCAM-Studie /6/ und der US-amerikanischen Framingham-Studie /7/ abgeleitet. In Europa weit verbreitet und in 2011 in der neuesten Version publiziert ist der ESC-Score. Im ESC-Score werden Geschlecht, Alter, Rauchen, Cholesterinämie, Blutdruck und Diabetes berücksichtigt; im Framingham-Score zusätzlich HDL-Cholesterin und Familienanamnese; im PROCAM-Score zusätzlich die Triglyceride sowie das LDL-Cholesterin anstatt des Gesamt-Cholesterins. Abhängig vom Ausprägungsgrad der Risikofaktoren wird über Algorithmen und Scores ein prozentuales 10-Jahres-Risiko für den tödlichen oder nicht-tödlichen Herzinfarkt (PROCAM, Framingham) oder den kardiovaskulären Tod (ESC) berechnet und wie folgt bewertet:

  • Scores über 20 % (PROCAM, Framingham) oder 5 % (ESC) klassifizieren den Hochrisikopatienten.
  • Scores von 10–20 % (PROCAM, Framingham) oder 1–5 % (ESC) zeigen ein mittleres Risiko an.
  • Scores unter 10 % (PROCAM, Framingham) oder unter 1 % (ESC-Score) weisen auf ein niedriges Risiko hin.

Einen Score zur Beurteilung des 10-Jahres-Mortalitätsrisikos zeigt Abb. 2.1-1 – European Society of Cardiology kardiovaskulärer Risk Score.

Zu den Hochrisikopatienten zählen auch Personen mit Diabetes und manifester Atherosklerose und wenn anamnestisch folgende Vorerkrankungen bestehen:

  • Stabile oder instabile Angina pectoris.
  • Herzinfarkt.
  • Zustand nach aortokoronarem Bypass oder Angioplastie.
  • Aneurysma der Aorta des Bauches.
  • Ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacken sowie Karotisstenosen.

Aus den Scores ergeben sich Strategien der Präventions und Behandlung. Die niedrige Risikogruppe sollte zur Änderung des Lebensstils angehalten werden, die Gruppe mit mittlerem Risiko intensiv dazu und eventuell medikamentös behandelt werden und die hohe Risikogruppe sollte eine intensive Verminderung aller Risikofaktoren erfahren. Die Aussagen der verschiedenen Scores fallen unterschiedlich aus. So überschätzt der Framingham-Risiko Algorithmus bei deutschen Männern das Risiko der koronaren Herzkrankheit um mehr als das Doppelte, ist aber nicht so unzuverlässig für die amerikanische Bevölkerung.

Insgesamt haben die Algorithmen und Scores bei geschätztem niedrigen Risiko einen relativ guten negativen Vorhersagewert von über 90 %. Es besteht jedoch eine deutliche Rate an falsch-positiven Bewertungen bei Personen mit einem mittleren und hohen Risiko.

2.1.2.3 Neue Biomarker

Neue Marker zur primären Prävention der koronaren Herzkrankheit werden diskutiert (Tab. 2.1-2 – Neue Risikomarker zur primären Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen/8/. Sie werden im englischen Sprachgebrauch noch als Emerging markers bezeichnet. Obwohl einige statistisch unabhängig von den klassischen Risikomarkern mit dem kardiovaskulären Risiko assoziiert sind, verbessern sie die prognostische Effizienz der aus den klassischen Risikofaktoren abgeleiteten Algorithmen nicht oder allenfalls unwesentlich. Deswegen sind sie in den gegenwärtigen Empfehlungen zur Primärprävention allenfalls zur Substratifizierung von Patienten mit mittlerem Risiko vorgesehen.

2.1.3 Pathophysiologie der Atherosklerose

Eine populäre Hypothese ist, dass Risikofaktoren wie Hypertonie, Zigarettenrauchen, Insulinresistenz und Diabetes Typ 2 zur Schädigung des Gefäßendothels führen, LDL vermehrt in die Gefäßwand aufgenommen und dort enzymatisch oder oxidativ modifiziert wird. Das modifizierte LDL initiiert und unterhält eine Entzündungsreaktion, die zur Progression der Atherosklerose und Ruptur atherosklerotischer Plaques führt.

In der Ausbildung der Atherosklerose werden drei Phasen unterschieden /115/:

  • Initiierung der Atherosklerose.
  • Progression zum atherosklerotischen Plaque.
  • Plaque-Ruptur und akutes Koronarsyndroms.

Initiierung der Atherosklerose

Fokal erfolgt eine Anreicherung von LDL in die arterielle Intima unter Bildung der Fatty streaks. Diese verursachen keine Symptome und können wieder verschwinden oder zum atherosklerotischen Plaque fortschreiten. Die LDL in den Fatty streaks sind sequestriert von den Antioxidantien im Blut, was eine Modifikation in oxidierte LDL oder chemisch modifizierte LDL begünstigt. Die modifizierten LDL induzieren eine lokale inflammatorische Antwort.

Die Leukozytenadhäsion ist ein weiterer Faktor in der Initiierung der Atherosklerose. Normalerweise adhärieren Leukozyten nicht an die Endothelzellen. Pro-inflammatorische Stimuli wie die Risikofaktoren der Atherosklerose oder modifizierte LDL triggern jedoch die Expression von P-Selectin und vaskulären Molekülen der Zelladhäsion wie VCAM-1, die das reversible Rolling bzw. die irreversible Adhäsion von Lymphozyten und Monozyten an das Endothel vermitteln. Die Bindung von Leukozyten an VCAM-1 und ICAM-1 löst eine Signaltransduktion aus, die letztlich die Öffnung der interzellulären Junctions und den Durchtritt der Leukozyten durch das Endothel auslösen.

Monozyten der Intima differenzieren unter dem Einfluss von Entzündungsmediatoren vestärkt und durch Makrophagen-Kolonie stimulierenden Faktoren reifen die Monozyten zu Makrophagen. Oxidativ wirkende Enzyme (z.B. Myeloperoxidase, NAPDH-Peroxidase, induzierbare NO-Synthase oder Lipoxygenasen) sowie Lipasen und Proteasen der Makrophagen verstärken die Modifikation der LDL. Die modifizierten LDL werden durch Scavanger-Rezeptoren unkontrolliert in Makrophagen aufgenommen. Das Cholesterin der modifizierten LDL wird in Form von Cholesterinestern in zytosolischen Vakuolen gespeichert. Wegen ihres Aussehens in der Elektronenmikroskopie werden die Cholesterin beladenen Zellen als Schaumzellen bezeichnet. Diese verstärken die Entzündung durch die Bildung von Wachstumsfaktoren sowie inflammatorischen Zytokinen und Chemokinen, welche die weitere Einwanderung von Monozyten und Lymphozyten in die Intima sowie die Proliferation und Migration von glatten Muskelzellen in der Media stimulieren. Auch CD4+-T-Zellen wandern ein und vermitteln eine T-Helferzell Antwort der adaptiven Immunität.

Die Präsenz von Schaumzellen und die Ausbildung von Atheromen markiert die erste Phase der Atherosklerose (Abb. 2.1-2 – Initiierung von atherosklerotischen Plaques).

Progression zur komplexen atherosklerotischen Läsion

Während in den Fatty streaks vorwiegend Schaumzellen lokalisiert sind, ist der atheromatöse Plaque als fortgeschrittenes Stadium der Atherosklerose, durch die Präsenz von fibrösem Material gekennzeichnet (Abb. 2.1-3 – Progression zum atherosklerotischen Plaque). Die extrazelluläre Matrix des Plaques wird vorwiegend von den glatten Muskelzellen gebildet. Aktiviert durch den von Makrophagen und Endothelzellen gebildeten Platelet-derived growth factor (PDGF) und andere Mediatoren proliferieren diese, wandern von der Media in die Intima ein unter Degradation von extrazellulärer Matrix. Die Degradation wird durch MMP-9 und weitere Proteasen vermittelt. In der Intima bilden die glatten Muskelzellen extrazelluläre Matrixproteine wie Kollagen. Die Atherome bilden verstärkt Interleukin-18, dass die Bildung von Interferon-γ durch Makrophagen, T-Zellen und glatte Muskelzellen stimuliert, wodurch die Entzündungsreaktion weiter aktiviert wird.

In einem nächsten Schritt wird der durch seine Dicke hypoxische Plaque über die Vasa vasorum vaskularisiert. Es kommt zu lokalen Blutungen mit der Freisetzung von Thrombin. Dies aktiviert Endothelzellen, glatte Muskelzellen, Makrophagen und Thrombozyten zur Bildung von Entzündungsmarkern wie CD40-Ligand und RANTES (Regulated on activation, normal T-cell expressed and secreted) und Makrophage migration inhibitor factor (MIF). Die Wirkungen von CD40-Ligand, RANTES und MIF fördern die Progression des Plaques und evtl. die Ruptur seiner fibrösen Kappe mit der Folge der Thrombusbildung. Auch die Thrombozyten sind durch die Produktion von CD40-Ligand und PDGF in den Synergismus zwischen Inflammation und Thrombose involviert.

Plaque-Ruptur und akutes Koronarsyndrom /4/

Das lipidreiche Zentrum eines atheromatösen Plaques, auch als Necrotic core bezeichnet, wird von einer fibrösen Kappe bedeckt. Diese trennt das Blut mit seinen latent aktivierten Gerinnungspotential vom lipdreichen Zentrum, das teilweise thrombogenes Material enthält. Die fibröse Kappe ist oft nur 50 μm dick. Rupturierte Plaques haben meist ein größeres lipidreiches Zentrum, enthalten viele Entzündungszellen und punktuelle oder fleckige Kalzifizierungen.

Die fibröse Kappe, die den atheromatösen Plaque vor einer Ruptur schützt, besteht aus fibrillärem Kollagen, das von glatten Muskelzellen der Arterienwand gebildet wird. Die Stabilität der fibrösen Kappe ist abhängig vom Gleichgewicht zwischen Produktion und Abbau von Kollagen.

Entzündungszellen wie die aktivierten CD4+-T-Helferzellen haben einen wesentlichen Einfluss auf die Integrität der fibrösen Kappe:

Durch die Synthese von IFN-γ hemmen sie glatte Muskelzellen zur Bildung von fibrillärem Kollagen.

  • Durch die Synthese von CD40-Ligand (CD154), der den korrespondierenden Rezeptor CD40 auf Makrophagen aktiviert, werden von diesen verstärkt Matrix-Metalloproteasen (MMP) gebildet. Insbesondere die interstitiellen Kollagenasen MMP-1, MMP-8 und MMP-13 degradieren fibrilläres Kollagen und zerstören so die Integrität der fibrösen Kappe.

Insgesamt führt die Entzündung im atheromatösen Plaque zur zunehmenden Verdünnung der fibrösen Kappe, die zur Plaqueruptur, Thrombose und einem akuten Koronarsyndrom führen kann.

2.1.3.1 Bedeutsame neue Marker der Atherosklerose

Die Pathophysiologie neuer Marker ist in Tab. 2.1-2 – Neue Risikomarker zur primären Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen (CVD) dargestellt /15/.

2.1.3.2 Diabetes mellitus und Atherosklerose

Atherosklerose bedingte Gefäßkomplikationen sind bei Patienten mit Typ 2 Diabetes die wesentliche Ursache von Invalidität und Mortalität. Die Prävalenz der koronaren Herzkrankheit, des Schlaganfalls und der peripheren arteriellen Verschluss-Krankheit ist um den Faktor 2–4 höher als in der Allgemeinbevölkerung. Traditionelle Risikofaktoren sind:

  • Bluthochdruck (Messung des Blutdrucks)
  • Hyperglykämie (Nüchternglucose, HbA1c, Glucose-Toleranztest)
  • Dyslipidämie (Cholesterin, LDL, Triglyceride).

Ursachen der bei der Atherosklerose vorliegenden Dysfunktionen sind:

  • Entzündung der Fettzellen (Tests CRP, TNF-alpha, etc.)
  • Zerstörung von Inselzellen (Tests: Insulin, Proinsulin, Glucagon).

Die Gefäßkomplikationen bei Typ 2-Diabetikern stellen sich zahlenmäßig wie folgt dar:

  • Jeder Vierte hat Anzeichen einer kardialen Minderperfusion, jeder Dritte eine stumme Myokardischämie und jeder Neunte eine angiographisch nachgewiesene Koronarstenose /12/.
  • Bei Frauen ist jeder dritte und bei Männern jeder sechste Schlaganfall mit einem Diabetes verknüpft.
  • Die Prävalenz der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit ist beim Diabetiker doppelt so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung /16/.

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2.2 Metabolisches Syndrom

Das metabolische Syndrom (MetS) wurde primär als eine Koexistenz von Fettsucht, Hyper- und Dyslipidämie, Diabetes mellitus Typ 2, Gicht und Bluthochdruck beschrieben /1/. Assoziiert sind diese Befunde mit einer erhöhten Inzidenz an atherosklerotischen vaskulären Leiden, der Fettlebererkrankung und Cholelithiasis. Gemeinsam ist diesen Erkrankungen eine Überernährung, körperliche Inaktivität und eine genetische Prädisposition /2/.

Pathophysiologische Merkmale des MetS sind:

  • Abdominale Fettsucht.
  • Atherogene Dyslipidämie.
  • Bluthochdruck.
  • Gestörte Glucosetoleranz oder Diabetes Typ 2.

Die Diagnose des MetS wird gestellt, wenn drei oder mehr der folgenden Befunde erhoben werden:

  • Hyperglykämie.
  • Erhöhte Triglyceride.
  • Erniedrigtes HDL-Cholesterin.
  • Arterielle Hypertonie.
  • Viszerale Adipositas.

Gemeinsam bilden die Merkmale des MetS ein atherogenes Netzwerk mit erhöhtem Risiko für Diabetes mellitus und kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität. So hatten in einer Studie an 12.659 Kindern mit einem mittleren Alter von 11,3 Jahren, diejenigen, die in der oberen Quartile des Kollektivs lagen, zu denjenigen in der unteren Quartile eine um 78 % höhere Mortalitätsrate bis zum 55. Lj /3/. Kriterien der Beurteilung waren der Body mass index, Bluthochdruck, Glucoseintoleranz und Cholesterin im Serum. In einer anderen Studie an übergewichtigen Schulkindern im Alter von 8–14 Jahren hatten 6,5 % drei und mehr Faktoren des MetS /4/.

Die Prävalenz des MetS ist Alters abhängig und regional verschieden. Sie beträgt in den USA /5/ in den Altersgruppen 20–29 J., 60–69 J. und über 70 J. jeweils 7 %, 44 % und 42 %, in Hong Kong aber nur 6 %. Die Prävalenz des MetS in Deutschland beträgt bei den Männern 22,7 % und bei den Frauen 18 % /4/.

Das MetS ist keine einheitliche Krankheitsentität, sondern eine Konstellation nahe beieinander liegender klinischer und labordiagnostischer Befunde, die in Assoziation zu Diabetes mellitus und koronarer Herzkrankheit stehen.

Die Kriterien zur Diagnose des MetS /7/ sind aufgeführt in (Tab. 2.2-1 – Definitionen des metabolisch vaskulären Syndroms). In der Bevölkerung ist aber das Vermögen, mit den vorgeschlagenen Untersuchungen Personen mit erhöhtem Risiko für eine koronare Herzerkrankung oder einen Diabetes Typ 2 zu erkennen, geringer als mit den für diese Erkrankungen empfohlenen spezifischen Modellen der Vorhersage. Das haben die Ergebnisse der San Antonio Heart Study und der Mexiko City Diabetes Study gezeigt /8/. So waren der Framingham-Risk Score besser als das MetS zur Risikovorhersage kardiovaskulärer Erkrankungen /9/ und das Diabetes Predicting Model /10/ besser zur Vorhersage des Risikos des Diabetes Typ 2. Auch liefert das MetS keinen Beitrag zur Vorhersage der Mortalität bei prä-existierender kardiovaskulärer Erkrankung, wenn die Komponente Diabetes unberücksichtigt bleibt /11/. Liegt ein MetS vor, so zeigen die meisten Studien für diese Personen ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko mit einer Hazard Ratio von im Mittel 1,6 /12/. Das Risiko kardiovaskulärer Mortalität beträgt abhängig von der Definition des MetS 2,09–1,51 für Männer und 1,53–1,09 für Frauen /12/.

Neben den Risikofaktoren Dyslipidämie, Diabetes und Bluthochdruck ist die chronische Entzündung im Fettgewebe ein Bindeglied zwischen MetS und kardiovaskulärer Erkrankung /13/. Siehe auch:

Mittels Querschnittsuntersuchen der Kollektive der Base II- und der Ship-O Studien zum MetS wurde bei den Teilnehmern eine Untersuchung der Lp(a)-Konzentration durchgeführt. Es ergab sich eine inverse Korrelation zwischen Lp(a) und dem MetS /40/. Probanden mit MetS hatten eine Konzentration an Lp(a) die 11,9 mmol/l niedriger war als das Vergleichskollektiv ohne MetS. Insgesamt hatten 27,6 % der Probanden ein MetS.

2.2.1 Adipokine

Der Terminus Adipokine (Adipose tissue cytokines) beschreibt eine Gruppe von Polypeptiden, die vorwiegend, aber nicht ausschließlich vom Fettgewebe gebildet werden /141516/. Während die Adipokine speziell von den Adipozyten in die Zirkulation abgegeben werden erfolgt die Sekretion von Zytokinen zusätzlich durch die anderen Zellen des Fettgewebes wie Makrophagen, Fibroblasten und infiltrierte Monozyten.

Die Adipozyten des Fettgewebes machen etwa ein Drittel der Körperzellen aus und haben folgende wichtige Funktionen:

  • Speicherung von Energie.
  • Hydrolyse von Triglyceriden und Bildung freier Fettsäuren zur Energieversorgung der Gewebe.
  • Freisetzung von Adipokinen. Die wesentlichen Adipokine sind Leptin, Resistin und Adiponectin.

Die Adipokine sind in wichtige physiologische Funktionen wie den Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel, die Insulinsensitivität, die Appetitregulation, in inflammatorische Prozesse und die kardiale Funktion involviert.

Eine wichtige Rolle in der Bildung von Adipokinen spielt ektopisches Fettgewebe, das beim Adipösen hauptsächlich das viszerale Fett des Omentums sowie das epikardiale und mediastinale Fett bildet. Das ektope Fettgewebe wird für die Pathogenese vieler Adipositas-assoziierter Erkrankungen verantwortlich gemacht.

2.2.1.1 Adiponectin

Adiponectin ist ein Peptid mit dem MG von 30 kD und zirkuliert im Plasma in Komplexen unterschiedlicher Größe. Die höchste Aktivität haben hochmolekulare Komplexe. Die Adiponectin Konzentration im Plasma steht in inverser Beziehung zur Adipositas, Insulinresistenz, dem Diabetes Typ 2 und der kardiovaskulären Erkrankung /1718/.

Pathophysiologie

Adiponectin entfaltet seine Wirkung über zwei Rezeptoren. AdipoR1 wird vom Skelettmuskel und anderen Geweben exprimiert, AdipoR2 von den Hepatozyten. Adiponectin hemmt die hepatische Produktion von Glucose und die Lipogenese, stimuliert die Insulinsekretion, die Glucoseaufnahme der Muskulatur und die Fettsäureoxidation von Leber und Muskulatur, moduliert die Nahrungsaufnahme und den Energieverbrauch, hemmt die Bildung pro-inflammatorischer Zytokine und seine Sekretion wird durch Insulinsensitizer wie Roglitiazone stimuliert. Adiponectin wirkt entzündungshemmend durch Stimulierung der Sekretion von IL-10, blockt die Aktivierung von Nuclear factor κB und hemmt die Freisetzung von IL-6 und TNF-α. Umgekehrt hemmt eine Entzündung die Sekretion von Adiponectin und speziell die niedriggradige Fettgewebeinflammation des Adipösen führt zu einer Erniedrigung der Adiponectin Konzentration im Plasma. Somit kann Adiponectin als ein negativer Modulator einer systemischen Entzündung, die das metabolische Syndrom charakterisiert, angesehen werden.

Siehe auch Abb. 19.1-1 – Aktivierung von NFκB durch Phosphorylierung und nachfolgende proteolytische Degradation des Inhibitorproteins IκB durch IκB-Kinasen.

Indikation

Möglicher Marker zur Beurteilung des Risikos von Insulinresistenz und koronarer Herzkrankheit bei adipösen Personen.

Untersuchungsmaterial

Serum: 1 ml

Referenzbereich

7–12 mg/l, abhängig vom verwendeten Assay /19/.

Bewertung

Adiponectin ist ein wichtiger Marker zur Erkennung des kardiovaskulären Risikos, denn es unterbricht den gefährlichen Zyklus zwischen Inflammations-bedingter Gefäßschädigung, die mit der Arterioskleose und dem Diabetes Typ 2 assoziiert ist. Werte unter 4 mg/l gehen mit einem erheblichen Atherosklerose-Risiko einher. Die Therapie von Diabetikern mit Insulinsensitizern erhöht die Konzentration von Adiponectin, vermindert den Wert des Blutzuckers und von HbA1C, reduziert die Insulinresistenz und somit auch das kardiovaskuläre Risiko. Gewichtsabnahme erhöht die Adiponectin-Konzentration.

Die Adiponectin/Leptin Ratio kann ein Kriterium zur Unterscheidung des Diabetes Typ 1 vom Typ 2 bei Jugendlichen sein. So hatten Jugendliche des Typs 1 Adiponectinwerte von im Mittel 18 mg/l bei einer Ratio von 3,8, diejenigen des Typs 2 einen Wert von 9 mg/l und eine Ratio von 0,46 /20/.

Hinweis

Adiponectin zeigt im Verlauf von 30 Tagen eine intraindividuelle Variation bei /21/:

  • Übergewichtigen mit MVS von 12,2 %, äquivalent zur Änderung im Referenzbereich von 1,7 mg/l.
  • Normalpersonen von 18,8 %, äquivalent zur Änderung im Referenzbereich von 3,6 mg/l. Bei nicht obesen Personen schwankte die Adiponectin Konzentration innerhalb von 15 Monaten nur gering (Ausgangswert 8,3 ± 2,9 mg/l gegenüber 8,2 ± 3,0 nach 15 Monaten). Die diurnalen und 3 Std-postprandialen Schwankungen sind äußerst gering.

2.2.1.2 Leptin

Leptin ist ein sekretorisches Produkt des Adipozyten und die Konzentration im Plasma nimmt mit der Menge des Fettgewebes des Organismus zu. Es zirkuliert als ein Peptid von 164 Aminosäuren und hat ein MG von etwa 16 kD /1518/.

Pathophysiologie

Leptin hemmt die Nahrungsaufnahme, stimuliert den Energieverbrauch, hemmt die hepatische Glucoseproduktion und Fettsäuresynthese, aktiviert die Fettsäureoxidation in Leber und Muskulatur, stimuliert die Insulinsekretion und Glucoseaufnahme von Leber und Muskulatur, stimuliert die Sekretion inflammatorischer Zytokine und hemmt die Expression von Resistin. Insgesamt hat Leptin eine antiobese Wirkung, die über hypothalamische Wege vermittelt wird. Adipöse Personen haben eine erhöhte Leptinkonzentration, was vermuten lässt, dass sie resistent gegenüber Adipokin sind.

Indikation

Beurteilung der Fettgewebsmenge in Relation zur Nahrungsaufnahme.

Untersuchungsmaterial

Serum: 1 ml

Referenzbereich

Etwa 2–15 μg/l, abhängig vom verwendeten Assay.

Bewertung

Die Höhe der Leptin Konzentration im Serum ist von der Fettmasse des Organismus abhängig. Die Menge der aufgenommenen Nahrung, die Insulin Konzentration und die Cortisol Konzentration im Serum bestimmen die Erhöhung der Leptin Konzentration. Nach der Nahrungsaufnahme kommt es zu einem Anstieg des Leptins. Die Leptin Konzentration steigt mit Zunahme der Fettmenge des Organismus exponentiell an.

Während des Fastens ist Leptin niedrig. In einer Studie /22/ bei Schulkindern wurden kardio-metabolische Biomarker gemessen. Übergewicht war mit erhöhten Konzentrationen an Leptin, CRP und Fibrinogen sowie einer erniedrigten Konzentrationen von ApoA1 assoziiert. Die jeweiligen Odds ratios waren 59,8 (Leptin), 6,3 (CRP), 2,8 (Fibrinogen) und 2,6 (Apo A1).

Die Adiponectin/Leptin Ratio wird zur Differenzierung der Diabetestypen bei Jugendlichen bewertet. Siehe Tab. 2.2-2 – Individuelle Komponenten des metabolisch vaskulären Syndroms.

Hinweis

Stabilität im Serum bei 4 °C zwei Monate.

2.2.1.3 Resistin

Bei Verabreichung an Mäuse verursachte Resistin eine Insulinresistenz und erhielt so seinen Namen. Resistin ist ein 12,5 kD Peptid und gehört zur Familie der Cystein-reichen Proteine, auch Resistin-like molecules (RELMs) genannt. Im Plasma zirkuliert Resistin vorwiegend in hochmolekularer (hexamerer) Form /1518/.

Pathophysiologie

Resistin wird vom Fettgewebe und der Plazenta gebildet. Es vermindert die Insulinsensitivität der Gewebe und erhöht die Glucosebildung in der Leber. Auch stimuliert Resistin die Bildung proinflammatorischer Zytokine wie Il-6 und TNF-α. Insgesamt ist Resistin ein Glied in der Assoziation zwischen Fettsucht und Insulinresistenz. Es besteht die Vermutung, das Resistin eine Rolle in der Entwicklung der Adipositas und der Insulinresistenz spielt.

Indikation

Zur Zeit noch Forschung.

Untersuchungsmaterial

Serum: 1 ml

Referenzbereich

Etwa 5–15 μg/l, abhängig vom verwendeten Assay.

Bewertung

Die Resistin Konzentration steigt mit Zunahme der Adipositas an und auch mit der Entwicklung einer Insulinresistenz und einem Diabetes Typ 2. Durch die Behandlung mit dem Insulinsensitizer Roglitazone wird Resistin herunter reguliert. Die Evidenz, dass keine Beziehung zwischen der Adipositas und der Resistin Konzentration besteht nimmt jedoch gegenüber früheren Untersuchungen zu. In der Schwangerschaft kommt es mit Ausbildung der fetoplazentaren Einheit zu einer kontinuierlichen Abnahme der Insulinsensitivität. Wird die Resistin Konzentration bei Schwangeren ohne und mit Gestationsdiabetes (GDM) verglichen, so haben diejenigen mit normaler Glucosetoleranz Werte von 9,3 ± 1,3 μg/l und diejenigen mit GDM von 4,3 ± 1,6 μg/l /23/. Eine Beziehung zwischen Insulinsensitivität und Resistin Konzentration besteht aber nicht /23/. Andere Untersucher haben einen Anstieg von Resistin beim GDM gefunden.

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2.3 Kardiovaskuläre Erkrankung

Die kardiovaskuläre Erkrankung (cardio vascular disease; CVD) ist weltweit die primäre Ursache eines vorzeitigen Todes und hatte einen Anteil von 46 % der nicht mitteilungspflichtigen Todesfälle in 2012. Da die CVD eine multifaktorielle Ursache hat und die meisten kardiovaskulären Ereignisse bei zuvor asymptomatischen Personen ablaufen, empfehlen die Gesundheitsbehörden globale Ansätze um das Risikoprofil einer Person zu ermitteln. Entscheidungen darüber, ob präventive Maßnahmen zu ergreifen sind, beruhen darauf, ob bei einer Person in den nächsten Jahren das Risiko eines akuten Herzinfarktes oder eines plötzlichen unerwarteten Todes besteht. Das Risikoprofil umfasst die Bestimmung der wesentlichen Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Rauchen, Bluthochdruck und prädisponierende Risikofaktoren wie die der familiäre Hintergrund /1/.

Laboruntersuchungen spielen eine wichtige Rolle in der Risikobeurteilung der CVD und in der Diagnose und Beurteilung eines akuten Myokardinfarktes (AMI) /2/.

Zur Diagnose von Nekrosen des Myokards werden im Serum Nekrosemarker wie das kardiale Troponin bestimmt.

  • Die primäre und sekundäre Prävention der CVD erfolgt durch die Bestimmung von Markern im Blut, z.B. Cholesterin, High density lipoprotein Cholesterin, Triglyceride, Nüchternglucose im Plasma und HbA1c.
  • Beurteilung der Herzfunktion durch Bestimmung des natriuretischen Peptides oder von NT-proBNP.

Die Ursachen von Nekrosen des Myokards sind aufgeführt in Tab. 2.3-1 – Myokardnekrosen auf Grund myokardialer Schädigung.

2.3.1 Klinik der kardiovaskulären Erkrankung

Risikofaktoren der kardiovaskulären Erkrankungen

Die CVD beinhaltet ein Cluster von Risikofaktoren, die gemeinsam das Gesamtrisiko dieser Erkrankung bestimmen.

Zur Ermittlung des Gesamtrisikos sind verschiedene Kalkulatoren des Risikos verfügbar (Tab. 2.1-1 – Abschätzung des kardiovaskulären Risikos durch Algorithmen und Scores). Auf Basis dieser Scores werden Personen ohne kardiovaskuläre Erkrankung und ohne Diabetes mellitus in Kategorien mit niedriger (unter 10 %), mittlerer (10–20 %) und hoher (über 20 %) Wahrscheinlichkeit eines kardiovaskulären Ereignisses eingeteilt. Die traditionellen Kriterien sind Alter, Geschlecht, Cholesterinwert und Rauchen (Kapitel 2.1.2 – Durch Atherosklerose verursachte Erkrankungen). In den USA fallen 31 % der klinisch asymptomatischen Männer und 7 % der Frauen in die intermediäre Risikogruppe (Tab. 2.3-2 – Kardiovaskuläre Erkrankung, Risikofaktoren und ihre Häufigkeit). „Nicht-traditionelle” Marker können zur weiteren Absicherung der korrekten Risikokategorie eingesetzt werden (Tab. 2.1-2 – Neue Risikomarker zur primären Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen). Nach der U.S. Preventive Services Task Force /3/ ist das CRP ein nützlicher Marker. 11 % der Männer in der intermediären Gruppe wurden in die höhere Risikogruppe umverteilt aufgrund eines CRP über 3 mg/L. Das hoch sensitive kardiale Troponin und das B-natriuretic peptide haben eine vergleichbare Bedeutung.

2.3.1.1 Genetische Disposition der kardiovaskulären Erkrankung (CVD, cardiovascular disease)

Verschiedene Genmutationen sind mit der CVD assoziiert. Bekannt sind /2/:

  • Gene, die mit prinzipiellen familiären Kardiomyopathien und Arrhythmien assoziiert sind.
  • Krankheiten (familiäre Hypercholesterinämie, autosomal rezessive Hypercholesterinämie, familiärer Apo-B-Defekt, Apo-A1-Mangel, Sitosterinämie, Tangier-Erkrankung, Homocystinurie) und ihre Genvarianten, die mit einem erhöhten CVD-Risiko verknüpft sind.
  • Genvarianten in Assoziation mit einem erhöhtem CVD-Risiko.

2.3.1.2 Epidemiologie

In Deutschland stirbt nahezu jeder zweite Erwachsene an den Folgen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung (mit abnehmender Häufigkeit: CVD, Schlaganfall, Herzinsuffizienz, Hypertonie, Erkrankung des peripher arteriellen Gefäßsystems). Die jährliche Herzinfarkt-Mortalität beträgt 107 pro 100.000 Einwohner.

Beim Myokardinfarkt betrug nach einer Studie /4/ das Durchschnittsalter bei Frauen bei 76,1 J. und 66,7 J. bei Männern.

Häufige sekundäre Erkrankungen waren:

  • Diabetes mellitus; Frauen 38,8 %, Männer 29,5 %.
  • Hypertonie; Frauen 68,1 %, Männer 66 %.
  • Herzinsuffizienz; Frauen 45 %, Männer 35,2 %.
  • Niereninsuffizienz; Frauen 22,1 %, Männer 19,4 %. Etwa 50 % der Patienten mit chronischer Nierenerkrankung der Stadien 4 und 5 entwickeln eine kardiovaskuläre Erkrankung.

Die Mortalität nach einem akuten Herzinfarkt betrug:

  • Krankenhaussterblichkeit 13,9 %.
  • 30-Tage-Sterblichkeit 16,7 %.
  • 90-Tage-Sterblichkeit 20,8 %.
  • 1-Jahres-Sterblichkeit 28,1 %.

Nach Altersjustierung haben Frauen und Männer gleiche Wahrscheinlichkeiten der Mortalität.

Weltweit beträgt die Letalität des AMI innerhalb des ersten Monats 30–50 % und die Hälfte der Todesfälle erfolgt in den ersten 2 Stunden.

Nach einer systematischen Untersuchung /5/ ist der Verlauf des akuten Herzinfarktes von Patienten, die inadäquat behandelt und nachgesorgt werden, wie folgt:

  • 23 % versterben, bevor sie das Hospital erreichen.
  • 13 % sterben nach der Aufnahme im Hospital.
  • Nach Entlassung aus dem Hospital versterben 10 % im ersten Jahr und dann jährlich jeweils weitere 5 %.
  • Nach 15 Jahren ist die kumulative Mortalität 70 %.
  • Nach dem zweiten Infarkt versterben 33 %, bevor sie das Hospital erreichen, 20 % im Hospital und weitere 20 % im ersten Jahr nach der Entlassung. Die jährliche Mortalitätsrate in den nachfolgenden Jahren beträgt jeweils 10 %.

2.3.2 Universelle Definition des Myokardinfarktes /6/

Der Myocardiinfarkt (MI) umfasst die Nekrose von Kardiomyozyten bei einem klinischen Bild, das aus einer akuten myokardialen Ischämie resultiert. Zur Diagnose des Herzinfarktes sind bestimmte Kriterien erforderlich wie der Nachweis des Anstiegs oder Abfalls kardialer Biomarker, insbesondere des hochsensitiven kardialen Troponins mit mindestens einem Wert oberhalb der 99. Perzentilen des Referenzbereichs des verwendeten Tests und mit mindestens einem erhöhten Wert danach.

Symptome der Ischämie sind:

  • Neue oder vermutete neue signifikante Veränderungen der ST-T Wellen oder ein Linksschenkelblock im EKG mit 12 Ableitungen
  • Die Ausbildung pathologischer Q-Wellen im EKG
  • Der Bildnachweis von neuem Verlust beweglichen Myokards oder regionale abnorme Veränderungen regionaler Anteile der Myokardwand
  • Eine intrakoronare Thrombusbildung, nachgewiesen angiographisch oder in der Autopsie.

Typen myokardialer Ischämie /6/

  • Instabile Angina: Sie ist als myokardiale Ischämie in Ruhe oder bei minimaler Arbeit und Fehlen einer Nekrose von Kardiomyozyten definiert. Bei unausgewählten Patienten, die sich mit einem akuten oder vermuteten Koronarsyndrom (NSTE-ACS) in einer Notfalleinheit vorstellen, führt die Bestimmung mit einem hoch sensitiven kardialen Troponintest anstatt eines Standard-Troponintests zu einer Erhöhung der Zahl von MI (etwa 4 % absolut und 20 % relativen Anstieg) und zu einem reziproken Abfall in der Diagnostik der instabilen Angina. Im Vergleich zu Patienten mit NSTEMI (non ST emergency myocardial infarction), haben diejenigen mit einer instabilen Angina keine Nekrose des Myokards, haben ein niedrigeres Risiko des Versterbens und profitieren weniger von einer intensivierten Therapie zur Hemmung der Thrombozytenaggregation und einer frühen therapeutischen invasiven Strategie.
  • Type 1 MI: Dieser Typ ist durch eine atherosklerotische Plaqueruptur charakterisiert. Diese beruht auf einer Ulzeration, Fissurenbildung oder Erosion, die zu einer intraluminalen Thrombusbildung in einer oder mehreren Koronararterien führt. Daraus resultiert ein verminderter myokardialer Blutfluss und/oder eine distale Embolisierung mit nachfolgender myokardialer Nekrose. Auch kann der Patient schon eine vorbestehende schwere Erkrankung der Koronararterien haben. Gelegentlich (in 5–20 % der Fälle), kann angiographisch keine Atherosklerose oder Erkrankung der Koronararterien, besonders bei Frauen, festgestellt werden.
  • Type 2 MI: Es liegt eine myokardiale Nekrose vor, beruhend auf Ursachen, die nicht auf einer koronaren Plaqueinstabilität beruhen. sondern es besteht eine Imbalance zwischen myokardialer Sauerstoffversorgung und dem Bedarf an Sauerstoff. Ursachen können sein: ein Spasmus der Koronararterien, eine Dysfunktion des Endothels der Koronararterien, Tachyarrhythmien, Bradyarrhythmien, Anämie, Ateminsuffizienz, niedriger Blutdruck und schwere Hypertonie. Auch bei kritisch Kranken und bei Patienten mit nicht-kardialen schweren operativen Eingriffen kann es zur myokardialen Nekrose kommen. Das kann auch der Fall sein durch die schädigende Wirkung von pharmakologischen Substanzen und Toxinen.

In der Diagnostik kann die Differenzierung des Typ 2 Mi (NSTEMI) von der instabilen Angina ein Problem sein. Eine Studie /19/ schlägt einen Algorithmus vor unter Anwendung des Troponinwerts bei Aufnahme und den Delta-Werten. Es zeigte sich eine höhere dignostische Sensitivität beim NSTEMI und eine verbesserte Unterscheidung gegenüber Patienten mit instabiler Angina und denjenigen mit nicht-kardialem Brustschmerz.

2.3.2.1 Diagnose des Myokardinfarktes

Der MI wird diagnostiziert durch /6/:

  • Klinische Symptomatik und EKG.
  • Biomarker, insbesondere kardiales Troponin, als Indikator einer Myokardnekrose. Siehe auch „Rule in mechanism“ in Beitrag 2.4.5.2.
  • Bildgebende Verfahren oder die Pathologie.

2.3.2.2 Ausschluss des AMI

Ein akuter Myokardinfarkt wird ausgeschlossen nach den Kriterien in Beitrag 2.4.5.3.

2.3.2.3 Verlauf des AMI

Zeitlicher Verlauf

Der zeitliche Verlauf des MI wird in folgende Phasen eingeteilt:

  • Akut (6 h bis 7 Tage).
  • Heilungsphase (7–28 Tage). In der Heilungsphase kann noch eine Anhebung des ST-Segments bestehen, auch biochemische Marker der Myokardnekrose können noch pathologisch sein.
  • Geheilt (ab Tag 29).

Klassifizierung von Größe und Lokalisation des Infarktes

Der Infarkt wird klassifiziert nach der Größe in /7/:

  • Mikroskopisch (fokale Nekrose).
  • Gering (unter 10 % des linken Ventrikels).
  • Mittel (10–30 % des linken Ventrikels).
  • Groß (über 30 % des linken Ventrikels).
  • Nach Lage in anterior, lateral, inferior, posterior, septal oder eine Kombination von Lokalisationen.

2.3.2.4 Risikobeurteilung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom

Zur Beurteilung des künftigen kardialen Risikos von ACS-Patienten werden Scores angewendet.

TIMI risk score /8/

Der Thrombolysis in Myocardial Infarction (TIMI) Risk score wendet zur Beurteilung des Risikos bei Patienten mit ACS für rekurrente Ischämie, MI oder Tod für die nächsten 14 Tage des stationären Aufenthaltes folgende Parameter an: Alter über 65 J., drei oder mehr Risikofaktoren der CVD (familiäre Anamnese für CVD, Hypertension, Diabetes, Raucher), bekannte CVD, zwei und mehr Brustschmerz Episoden in den letzten 24 h, Einnahme von Aspirin in den letzten 7 Tagen vor Krankenhausaufnahme, ST-Abweichung um mehr als 0,05 mV, Erhöhung eines myokardialen Nekrosemarkers. Jedes Kriterium erhält einen Punkt, die Summation wird bewertet. Der Algorithmus und seine Bewertung sind im Internet abrufbar.

GRACE risk model /9/

Das Global Registry of Acute Coronary Events (GRACE) risk model wendet zur Beurteilung des Risikos bei ACS-Patienten für rekurrente Ischämie, MI oder Tod für den stationären Aufenthalt und die 6 Monate nach dem akuten Ereignis folgende Parameter an: Höheres Alter, MI-Anamnese, Herzinsuffizienz, erhöhte Pulsrate, niedriger systolischer Blutdruck, erhöhtes Creatinin, Erhöhung eines myokardialen Nekrosemarkers, Absenkung des ST-Segment im EKG. Die 8 Kriterien werden zu einem Score addiert und mit einem Referenz Nomogramm verglichen.

ASCVD (Atherosclerotic cardiovascular Disease) risk factor from AHA (American Heart Association) and (ACC, American College Cardiology)

Der Kalkulator ermittelt das kardiovaskuläre Risiko und das eines Schlaganfalls für die folgenden 10 Jahre. Voraussetzung ist ein Alter von 40–75 Jahre und ein LDL-Cholesterin unter 190 mg/dl (4,9 mmol/l). Berücksichtigt werden, Alter, Diabetes, Geschlecht, Rasse, Rauchen, Cholesterin, HDL-Cholesterin, systolischer Blutdruck und diastolischer Blutdruck. Bei einem Risikogrenzwert von 10 % innerhalb von 10 Jahren hat der Kalkulator zur Erkennung eines kardiovaskulären Ereignisses eine diagnostische Sensitivität von etwa 80 % bei einer höchsten Spezifität von 69 % und einen positiven prädiktiven Wert von 17 % /10/.

Prognostisch wichtige Einflussfaktoren

Prognostisch wichtig für den Ausgang eines Herzinfarktes sind neben dem Alter folgende Faktoren:

  • Anamnese: Erstinfarkt, Zweitinfarkt, Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz.
  • Infarktgröße und Lokalisation (Vorder- oder Hinterwandinfarkt).
  • Niedriger initialer Blutdruck.
  • Ausmaß der Ischämie; sie wird durch biochemische Marker und die ST-Segment-Anhebung repräsentiert.
  • Diabetes mellitus. Bei Diabetikern mit ACS ist die Hazard-Ratio der 1-Jahresmortalität 1,65 im Vergleich zu den Nicht-Diabetikern mit ACS /11/.

EKG und MI

Die akute Anhebung des ST Segments im EKG in Verbindung mit kontinuierlicher klinischer Symptomatik hat einen hohen prädiktiven Wert für einen MI und sofortige Maßnahmen zur koronaren Reperfusion sollten eingeleitet werden. Denn auch Patienten, die innerhalb von 6 h nach dem akuten Ereignis in eine Klinik eingewiesen werden können noch keinen Anstieg der biochemischen Nekrosemarker haben, es sei denn, eine hochsensitive Bestimmungsmethode für kardiales Troponin wird eingesetzt.

Eine persistierende Anhebung des ST Segments zeigt an, dass eine okklusive und persistierende Thrombose vorliegt. Sie ist ein sensitiver Marker der Myokardischämie und wird innerhalb von Minuten nach Auftreten der klinischen Beschwerden nachweisbar. Die diagnostische Sensitivität beträgt 80–90 % für den MI. Es haben jedoch nur 30–40 % der Patienten mit akutem Brustschmerz bei der Aufnahme ins Hospital eine ST-Segment-Anhebung. Diese ist bei Männern mit MI deutlicher und häufiger als bei Frauen. Bei Vorliegen klinischer Beschwerden schließt ein normales EKG den MI nicht aus, und zur Bestätigung reicht auch der Anstieg oder Abfall der biochemischen Herzmarker /12/.

Beurteilung der Infarktgröße

Beim MI korrelieren die Höhe und der zeitliche Verlauf der CK-MB Masse und von kardialem Troponin mit der Infarktgröße und der Reperfusion wie vergleichende Untersuchungen zur Magnetresonanztomographie zeigen.

Diagnostik des frühen Re-Infarktes /13/

Der Terminus Re-Infarkt ist gültig für einen akuten MI der innerhalb von 28 Tagen nach einem Erst-infarkt oder Re-Infarkt abläuft /13/. Ein Re-Infarkt sollte in Betracht gezogen werden, wenn ein ST-Anstieg ≥ 0,1 mV oder neue pathologische Q-Wellen zurückkehren in mindestens zwei Ableitungen. Eine sofortige Bestimmung von cTn und eine nochmalige 3–6 h später sollen erfolgen. Ein kardial bedingter Anstieg von Troponin von ≥ 20 % in der zweiten Probe spricht für den Re-Infarkt /13/.

2.3.3 Biomarker der Myokardnekrose

Bei der Nekrose von Myozyten werden Strukturproteine, zytoplasmatische Proteine und andere Substanzen in das kardiale Interstitium freigesetzt /15/. Diese sind im Serum messbar und umfassen kardiales Troponin, die CK-MB, CK, Myoglobin, AST und LDH. Kardiales Troponin hat sich als zuverlässigster Marker erwiesen. Myoglobin und die Enzyme haben eine ungenügende diagnostische Spezifität. Einen typischen Verlauf der Nekrosemarker zeigt Abb. 2.3-2 – Zeitprofil von Enzymen, kardialem Troponin und CK-MB-Masse beim MI.

2.3.4 Sekundäre Prävention der koronaren Herzkrankheit (KHK)

Ein erhebliches Problem stellen Patienten mit vorbekannter KHK dar. Wichtig ist die korrekte Risiko Einstufung des einzelnen Patienten mit entsprechender Therapie Anpassung. Wichtige prädiktive Marker sind BNP/NT-proBNP, CRP, Cystatin C und kardiales Troponin. So wurden in einer Studie /16/ zwölf Marker bestimmt, um das Risiko festzustellen, ob bei stabiler CVD in den folgenden 3,6 Jahren ein koronares Ereignis erfolgt.

Die Hazard Ratios waren pro Zunahme einer Standardabweichung für:

  • NT-proBNP 1,71; Medianwert ohne Ereignis 89 ng/l, mit Ereignis 501 ng/l.
  • Cystatin C 1,43; Medianwert ohne Ereignis 0,81 mg/l, mit Ereignis 0,86 mg/l.
  • CRP 1,33; Medianwert ohne Ereignis 2,09 mg/l, mit Ereignis 3,86 mg/l.

In einer anderen Untersuchung /17/ wurde der prognostische Wert eines hoch sensitiven Tests für kardiales Troponin evaluiert. Die Patienten hatten ein akutes Koronarsyndrom, aber keine ST-Segment Erhöhung. Patienten mit einen kardialen Troponin (cTnI) ≥ 0,04 μg/l bei Aufnahme hatten am Tag 30 ein deutlich höheres Risiko für einen AMI und kardiale Mortalität als diejenigen mit niedrigerem Wert. Das Risiko war, bezogen auf den TIMI-Risikoscore, 3 fach (2,2–4) erhöht. Diese vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass die sensitive Bestimmung von kardialem Troponin einen hohen prognostischen Wert hat.

Die Entzündung ist einer der wesentlichen Ursachen der Atherosklerose. Die Erhöhung von CRP und Interleukin-1β sind mit dem erhöhten Risiko kardiovaskulärer Ereignisse verknüpft. Die Therapie mit Statinen reduziert Cholesterin und senkt auch das CRP. Die Reduzierung der Entzündung ohne Senkung des Cholesterins kann ebenfalls die Rate kardiovaskulärer Ereignisse vermindern. In einer Studie /18/ wurden Patienten, die anamnestisch einen Herzinfarkt hatten und bei denen das CRP einen Wert über 2 mg/l hatte mit Canakinumab therapiert. Bei Canakinumab handelt sich um einen therapeutischen monoklonalen Antiköper, der an Interleukin-1β bindet und dieses neutralisiert. Die Behandlung führte zu einer signifikanten Verminderung der Rate kardiovaskulärer Ereignisse.

2.3.5 Primärprävention der koronaren Herzkrankheit (KHK)

Die aktuelle Basis der individuellen Risikoabschätzung sind Scoes wie der ESC-, der Framingham- und der PROCAM-Score. Aber auch mit Laboruntersuchungen kann eine Assoziation zum längerfristigen Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse in definierten Gruppen der Bevölkerung erfolgen. Das wurde in dem MONICA, Risk, Genetics, Archiving, and Monograph (MORGAM) biomarker project untersucht /19/. Es wurden 30 Biomarker bestimmt, in einen Score integriert und das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse für 10 Jahre verfolgt. Als Marker mit der stärksten prognostischen Wertigkeit bildeten NT-proBNP (Hazard Ratio 1,23), CRP (Hazard Ratio 1,23) und sensitives kardiales Troponin (Hazard Ratio 1,18) die Grundlage des Scores.

2.3.6 Myokarditis

Die Myokarditis kann als Folge einer infektösen oder nicht-infektiösen Genese auftreten /20/, z.B. durch:

  • Virusinfektionen: Adenoviren, Enteroviren (z.B. Coxsackievirus), vasculotrope Viren (z.B. Parvovirus B19), lymphotrope Viren (z.B. Cytomegalievirus, Epstein Barr-Virus, Herpesvirus 6), kardiotoxische Viren (z.B. Hepatitis C-Virus, HIV, Influenzavirus) und möglicherweise auch durch das Angiotensin converting enzyme 2 trophische cardiotoxische Virus (z.B. Coronavirus)
  • Bakterien (Corynebacterium diphtheriae, Borrelia burgdorferi)
  • Parasiten (Trypnosoma cruzi)
  • Autoimmune rheumatische Karditis (Poststreptokokken)
  • Medikamente und Toxine
  • Amyloidose
  • Thyreotoxikose
  • Stimulation des Immunsystems (Impfungen und Krebstherapien)
  • Autoimmunerkrankungen (z.B. Sarkoidose).

Klinische Befunde /20/: Bei Patienten mit Herzfehler variiert die Inzidenz der Myokarditis bezugnehmend des Alters und der Region von 0,3 % bis 4,0 %. Patienten mit Brustschmerz haben zu 3 % eine akute Myokarditis und auch Perikarditis. Eine wesentliche Manifestation ist aber der Brustschmerz bei einem ansonsten unauffälligen klinischen Bild.

Laborbefunde /20/: Inflammationsmarker (Blutsenkungsreaktion, C-reaktives Protein) sind nur zum Teil bei der akuten Myokarditis erhöht, aber das high-sensitivity Troponin ist ein wertvoller Test zur Diagnostik einer Myokardschädigung. Das human homologue (hsa-MiR-Chr8:96), das von den Typ 17 Helfer T-Zellen synthetisiert wird, ist ein guter Marker zur Differenzierung der Patienten mit Myokarditis von denjenigen mit Herzinfarkt und von gesunden Kontrollen /21/.

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2.4 Kardiale Troponine

Die kardialen Troponine (cTn) sind die bevorzugten Biomarker zur Diagnostik einer Myokardschädigung und des akuten Myokardinfarktes, da sie eine hohe Gewebespezifität und Nachweisempfindlichkeit für eine myokardiale Schädigung haben. Die cTn eignen sich aber nicht zur Diagnostik der Erkrankung, die dem Myokardschaden zu Grunde liegt /1/. Zwei Isoformen der cTn werden unterschieden, das kardiale Troponin T (cTnT) und das kardiale Troponin I (cTnI). Beide Troponine sind Herzmuskel spezifische Proteine und werden deshalb auch als kardiale Troponine bezeichnet. CTnT und cTnI, sind Bestandteil des regulatorischen Komplexes der muskulären Kontraktilität des Herzens. Die Troponine bilden mit Tropomyosin das dünne Filament des kontraktilen Elementes des quergestreiften Muskels. Siehe Abb. 2.4-1 – Aufbau eines dünnen Filaments mit Troponinkomplex.

Unter der Anwendung hoch sensitiver Tests können cTn im Blut in niedriger Konzentration, auch bei einem Teil Gesunder gemessen werden. Die hohe Nachweisempfindlichkeit der Tests hat für den Kliniker Vor- und Nachteile. Denn ein gewisser Anteil der Patienten mit erhöhtem cTn erhält zwar den Befund eines akuten Myokardschadens, nicht aber die Diagnose eines Myokardinfarktes (MI) /2/.

Auf Grund Patent rechtlicher Gründe gibt es kommerziell nur einen Diagnostika Hersteller für cTnT Tests, aber eine Vielzahl für cTnI Tests.

Unterschieden werden sensitive und high-sensitivity cardiac troponin assays für cTnT und cTNI. Sensitive und high-sensitivity assays sind in der labordiagnostischen Anwendung.

2.4.1 Indikation

Untersuchung auf akute Myokardnekrose:

  • Diagnose und Verlauf des akuten Myokardinfarkts (MI).
  • Nachweis fokaler Nekrosen nach invasiv interventionellen kardiologischen Eingriffen.
  • Nachweis einer subklinischen Myokardschädigung.
  • Detektion der Stress-induzierten myokardialen Ischämie.
  • Nachweis einer toxischen Myokardschädigung.
  • Verdacht auf Myokarditis.
  • Erfolgsbeurteilung einer Thrombolysetherapie.
  • Primär-und Sekundärprävention der kardiovaskulären Erkrankung (cardiovascular disease, CVD).

2.4.2 Bestimmungsmethode

Beruhend auf der Nachweisempfindlichkeit und der Präzision werden sensitive von high-sensitivity cTn Immunoassays unterschieden. Der Begriff high-sensitivity kardiales Troponin (hs-cTn) reflektiert die Charakteristika des jeweiligen Assays und bezieht sich nicht auf die Methodik und Werte mit denen cTn gemessen wird. Die Werte sensitiver (konventioneller) cTn Immunoassays werden in der Regel in μg/L, die von high-sensitivity Immunoassays in ng/L angegeben.

Immunoassays zur Diagnostik des AMI haben folgende basale Kriterien zu erfüllen /3/.

  • Die Inpräzision am Wert der 99. Perzentilen Gesunder sollte ≤ 10 % betragen
  • Konzentrationen unterhalb der 99. Perzentilen sollten mit einem Assay bei mindestens 50 % (ideal > 95 %) der Gesunden oberhalb der Nachweisbarkeitsgrenze messbar sein zur Erreichung einer hohen Trefferquote.

High-sensitivity cardiac troponin (hs-cTn) Assays haben in der Regel eine empfindlichere untere Nachweisgrenze.

Wesentliche Merkmale der hs-cTn assays sind /3/:

  • Eine deutlich höhere Präzision an der Grenze des oberen Referenzwerts Gesunder (99th percentile of the upper reference limit; URL)
  • Ein höherer prädiktiver Wert zur Diagnostik des AMI
  • Ein 4 % absoluter und 20 % relativer Anstieg zum Nachweis des AMI Typ 1 und ein korrespondierender Abfall in der Diagnostik der instabilen Angina pectoris.
  • Ein zweifacher Anstieg der Häufigkeit des AMI Typ 2.

Sensitive Immunoassays für cTn und high-sensitive Immunoassays für cTn werden in den Zentrallaboratorien und als Point-of-Care Tests am Krankenbett und der Praxis des Arztes eingesetzt.

Siehe:

Point of Care cTnT-Test im Vollblut

Prinzip: Auf den Reagenzträger gegebenes Vollblut löst Biotin- bzw. Gold-markierte monoklonale cTnT-Antikörper. Zelluläre Bestandteile des Blutes werden durch ein Filter zurückgehalten. In Gegenwart von cTnT bilden sich Immunkomplexe durch Bindung der Biotin-markierten Antikörper-cTnT-Komplexe an immobilisiertes Streptavidin. Der Gold-markierte Indikatorantikörper bindet an den immobilisierten Antikörper-cTnT-Komplex und macht die Reaktion im Ablesefenster sichtbar. Als Positiv-Kontrolle dient ein weiterer Reagenzträger, bei dem die Gold-markierten cTnT-Antikörper direkt an immobilisiertes cTnT binden /4/. Der Test funktioniert bei einem Hämatokrit von 14–55 %.

Sensitive Bestimmung von cTnT im Serum /5/

Prinzip: Die quantitative cTnT-Bestimmung erfolgt als Einschritt-Sandwichtyp Immunoassay unter Anwendung der Streptavidin Technologie. Die Antikörper erkennen zwei eng benachbarte Epitope im zentralen Anteil des cTnT. Dadurch ist der Test unanfällig für proteolytische Degradation des cTnT. Der Test detektiert freies und Komplex gebundenes cTnT. Schnelltest und automatisierter Test sind aufeinander abgestimmt /5/.

Point of Care cTnI-Tests (POCT-cTnI) im Vollblut

Prinzip: Für die POCT-cTnI gibt es Immunoassays auf Reagenzträgern oder Cartridges mit zwei mono- oder polyklonalen Antikörpern gegen verschiedene Epitope von cTnI. Die Markierung des Indikatorantikörpers, der eine positive Reaktion anzeigt, ist unterschiedlich.

Sensitive Bestimmung von cTnI im Serum

Prinzip: Die Bestimmung von cTnI erfolgt mit Ein- oder Zweischritt-Immunoassays unter Verwendung von zwei mono- oder polyklonalen Antikörpern gegen verschiedene Epitope des cTnI. Das cTnI-Molekül wird im Blut degradiert, deshalb sollten die Antikörper gegen den zentralen Teil des Moleküls gerichtet sein. Da cTnI im Blut als binärer cTnI-TnC-Komplex erscheint, sollten die verwendeten Antikörper auch den Komplex erfassen.

High-sensitivity cTnT-Bestimmung /6/

Prinzip: Der hs-cTnT-Test wendet die FAB-Stücke von zwei monoklonalen Maus-Antikörpern an. Sie sind gegen Epitope der zentrale Region des TnT gerichtet. Der Capture-Antikörper ist biotinyliert und gegen Epitope der Aminosäuren 125–131 gerichtet, der Detektionsantikörper gegen ein Epitop der Aminosäuren 136–147.

High-sensitivity cTnI-Bestimmung

Prinzip: Ein evaluierter hs-cTnI-Test wendet drei differente monoklonale Antikörper zur Detektion von kardialen Troponinepitopen an: Einen gegen die Aminosäuren (AS) 30–35, einen gegen die AS 41–56 und einen gegen die AS 171–190. Die Nachweisgrenze beträgt 0,8 ng/l und der URL 48 ng/l. Detektierbar ist hs-cTnI bei 93 % Gesunder /5/.

2.4.3 Untersuchungsmaterial

Labortests: Serum, Plasma (Heparin, Citrat): 1 ml

POCT: Vollblut: 0,05–1 ml

2.4.4 Konzepte zur Testung von Troponin

Die Definition des Myokardinfarktes (MI) erfordert kurz nach dem akuten Ereignis einen Wert für cTn, der die 99 % Perzentile des Referenzbereichs des cTn-Tests eines Herstellers überschreitet und dann noch einen signifikanten Anstieg zeigt /3/.

2.4.4.1 Bestätigung eines AMI (Rule in Strategie)

Bei den cTn- und high sensitivity cTn-Tests auf AMI werden für den Ausschluss (rule out) und die Aufnahme auf eine Intensiveinheit zur Behandlung des AMI (rule in) die Strategie des absoluten cTn-Anstiegs (absolute change strategy) und die Strategie der relativen cTn-Änderung (relative change strategy) angewendet /3/.

Die Ausschlussstrategie wird oft auch als „one and done strategy“ bezeichnet /4/. Nach der stationären Aufnahme oder beim Hausarzt erfolgt die Bestimmung von cTn. Ein Wert über der 99 % Perzentilen spricht für einen MI, ein Wert darunter dagegen. Relative oder absolute Änderungen sind für die Tests der verschiedenen Hersteller nicht angegeben.

2.4.4.2 Ausschluss eines AMI (Rule out Strategie)

Serielle Bestimmungen von cTn mit der ersten Bestimmung bei Aufnahme und den folgenden 1 bis 2 h später bis zu einer Zeit von 6 h nach dem akuten Ereignis werden durchgeführt und die relative Änderung beurteilt. Wenn z.B. der cTn-Wert bei Aufnahme 0,4 μg/l ist und 2 h später 0,8 μg/l, so beträgt die relative Änderung Δ = [(0,8–0,4)/0,4] × 100 = 100 %. Eine Änderung von 15–20 % wird als ein Hinweis auf eine Herzmuskelschädigung bei z.B. einem AMI beurteilt.

2.4.4.3 Aufnahmewert und serielle Bestimmung innerhalb von 3 h unter Anwendung der 99 % Perzentilen

Es handelt sich um eine kombinierte Bewertung unter Anwendung des Aufnahmewerts gefolgt von serieller Messung innerhalb von 3 h unter Anwendung der 99 % Perzentilen /7/. Der Ausschluss eines AMI erfolgt entweder anhand des Aufnahmewerts, auch wenn beide Werte unterhalb der 99 % Perzentilen bleiben oder bei einem niedrigem Delta-Wert. Ein hohes Delta mit einem Anstieg oberhalb eines Wertes der 99 % Perzentilen bestätigt den MI /3/.

2.4.4.4 ESC-Leitlinien für die Behandlung akuter Koronarsyndrome bei Patienten, die sich ohne persistierende ST-Segment-Anhebung vorstellen /8/

Es wird empfohlen den 0 h/3 h Algorithmus anzuwenden oder als Alternative die 0 h/1 h Ergebnisse, wenn ein high-sensitivity cTn-Test mit einem validierten Algorithmus angewendet wird. Der positive prädiktive Wert für einen AMI bei Patienten, die die rule-in Kriterien erfüllen beträgt 75–80 %. Die meisten Patienten mit einer Diagnose, die den AMI ausschließt, haben Zustände, die eine Koronarangiographie zur endgültigen Diagnose erfordern.

2.4.5 Bewertung

Eine Myokardschädigung mit Nekrose beim AMI erfolgt entweder aufgrund einer akuten Ischämie, bedingt durch einen Myokardinfarkt oder resultiert ohne nachweisbare Ischämie aus einer Myokardschädigung anderer Ursache /9/. WHO Arbeitsgruppen haben in der Vergangenheit primär auf Basis des EKG eine Definition des Myokardinfarktes erarbeitet /10/. Wird aufgrund eines akuten Koronarsyndroms ein Myokardinfarkt vermutet, erfolgt die weitere Beurteilung auf Basis der Anhebung des ST-Segments im EKG.

  • Der Typ 1 Myokardinfarkt (T1MI) resultiert aus einer Atherothrombose der Koronararterien und bewirkt eine Anhebung des ST-Segments /11/.
  • Der Typ 2 Myokardinfarkt (T2MI) erfolgt in Abwesenheit einer nachweisbaren Ischämie und verursacht keine Anhebung des ST-Segments. Kein atherothrombotisches Ereignis trägt zur signifikanten Imbalance zwischen myokardialer Sauerstoffversorgung und dem Sauerstoffbedarf des Myokards beim T2MI bei /9/.

Sensitive and high-sensitivity cTn Assays ermöglichen den frühen und empfindlichen Nachweis einer Myokardnekrose und erlauben auf der Basis von Anamnese und EKG-Befund eine schnelle diagnostische Triage. Die Fälle werden klassifiziert als ST-segment elevation infarction (STEMI), entsprechend T1MI, als mögliches oder wahrscheinliches akutes Koronarsyndrom ohne Anhebung des ST-Segments (NSTEMI), entsprechend T2MI, oder als nicht ischämischer Brustschmerz /11/.

2.4.5.1 Messung von kardialem Troponin nur bei Aufnahme

Beim Einsatz eines high-sensitivity cTn Tests schließt ein niedriger Wert bei bis zu 50 % der Patienten mit Brustschmerz einen AMI aus /2/. Ein Review zum high-sensitivity cTnI bei Aufnahme von Patienten mit Verdacht auf AMI zeigte folgende Resultate /15/: Bei Aufnahme von Patienten ohne AMI war bei 61 % der hs-cTn-Wert unter 5 ng/L bei einem negativen prädiktiven Wert von 99,6 % für das primäre Ergebnis. Ein Jahr später hatten diese Patienten ein niedrigeres Ergebnis für den AMI und für den kardialen Tod als Patienten mit Werten über 5 ng/l.

Die Resultate von gepoolten fünf internationalen prospektiven Studien mit Nachverfolgung über 30 Tage erbrachte folgende Ergebnisse /16/: Patienten mit AMI hatten ein nicht ischämisches EKG und ein bei Aufnahme gemessenes pathologisches hs-cTnI. Der Grenzwert betrug 1,2 ng/L. Ein AMI bildete sich bei 9,2 % der Patienten aus. Der Grenzwert von 1,2 ng/L erbrachte eine diagnostische Sensitivität von 99,0 %  und einen negativen prädiktiven Wert von 99,5 %. Der Grenzwert ermöglichte die frühe Entlassung von 18,8 % der Patienten. Alle höheren Grenzwerte hatten einen negativen prädiktiven Wert von unter 98,0 %.

Die Festlegung auf den Einzelwert zeigt aber in der Diagnostik des AMI eine verminderte Spezifität, da hs-cTn-Tests auch cTn bei vielen Normalpersonen messen. So ist auch bei einer Vielzahl von Störungen, die kein AMI sind, hs-cTn gemessen. Siehe auch Tab. 2.4-3 – cTn bei akutem Koronarsyndrom und anderen Formen der Myokardschädigung.

2.4.5.2 Serielle Messung des kardialen Troponins

Die serielle Bestimmung von hs-cTn ist die bevorzugte Methode zur Abgrenzung des NSTEMI von der instabilen Angina und anderen Ursachen des akuten Koronarsyndroms. Bei Anwendung eines hs-cTn-Tests und einem diagnostischen Grenzwert an der 99. Perzentilen des oberen Grenzwerts, ergibt die Strategie der cTn Messung bei der Einweisung des Patienten und 3 und 6 Stunden später einen negativen prädiktiven Wert größer als 99 % bei Patienten mit niedrigem Risiko und ohne signifikanten EKG Veränderungen /7/. Der hs-cTn-Test erhöht die diagnostische Sensitivität. Das war jedoch nicht der Fall in der nachfolgend geschilderten Studie /12/. Blut wurde zur Bestimmung mit einem hs-cTnI-Test (Nachweisempfindlichkeit 3,4 ng/l) und einem standard cTnI-Test bei der Aufnahme und 3 und 6 Stunden später bestimmt. Wurde die cTn Konzentration 3 Stunden nach Einweisung beurteilt, so war der negative prädiktive Wert 99,4 % für standard Test und den hs-cTn-Test. Der positive prädiktive Wert (für ruling in eines MI) für hs-cTnI erhöhte sich von 75,1 % bei Einweisung auf 95,8 % nach 3 h und für den standard cTnI-Test von 80,9 % bei Einweisung auf 96,1 % nach 3 Stunden.

2.4.5.3 Messung bei der Aufnahme, gefolgt von Serienmessungen 1 bis 3 Stunden nach der Aufnahme, kombiniert mit der Berechnung der Veränderung (Delta) zwischen den Werten

Hs-cTnI-Tests erhöhen die diagnostische Sensitivität und vermindern das Messintervall auf auf 1 bis 2 h. Dabei wird der negative prädiktive Wert bei etwa 99 % gehalten /2/. Die European Society of Cardiology Practice Guidelines for Management of non-ST-Segment Elevation Acute Coronary Syndrome gab die Empfehlung, dass wenn für einen hs-Tn-Test ein validierter 0-Stunden und 1-Stunden Algorithmus verfügbar ist, die hs-cTn-Bestimmung bei Einlieferung und nach 1 h erfolgen kann. Das als eine Alternative zur Testung bei Einlieferung und nach 3 h /8/.

Zwei-Stunden Algorithmus

In einer Multicenter Studie und Anwendung eines hs-cTnI Tests wurde ein Zwei-Stunden Algorithmus zur Triage für das rule-out und rule-in auf Myokardinfarkt untersucht /13/. Die Werte bei Aufnahme und die absoluten Änderungen nach 2 Stunden wurden gemessen und beurteilt. Der Algorithmus klassifizierte 56 % der Patienten als rule-out, 17 % als rule-in und 27 % für eine weitere Beobachtung. Die diagnostische Sensitivität und der negative prädiktive Wert waren 99,2 % und 99,8 % für rule-out; Spezifität und positiver prädiktiver Wert betrugen 95,2 % und 75,8 % for rule-in.

Siehe Abb. 2.4-2 – Anwendung von rule-in und rule-out Algorithmen.

Ein-Stunden Algorithmus

in einer Multicenter Studie und Anwendung eines hs-cTnI Tests wurde ein Ein-Stunden Algorithmus zur Triage für das rule-out und rule-in auf Myokardinfarkt untersucht /14/. Die Werte bei Aufnahme und die absoluten Änderungen nach 1 Stunde wurden gemessen und beurteilt. Der Algorithmus klassifizierte 59,5 % der Patienten als rule-out, 16,4 % als rule-in und 24,1 % für eine weitere Beobachtung. Die diagnostische Sensitivität und der negative prädiktive Wert waren 99,6 % und 99,9 % für rule-out; Spezifität und positiver prädiktiver Wert betrugen 95,7 % und 78,2 % für rule-in.

Siehe Abb. 2.4-3 – 0/1 Stunden Beurteilung von Troponin zur Diagnostik eines akuten Myokard­infarkts.

2.4.5.4 ESC-Leitlinien für die Behandlung akuter Koronarsyndrome bei Patienten, die sich ohne persistierende ST-Segment-Anhebung vorstellen /8/

Empfohlen wird der 0h/3h Algorithmus oder als Alternative ein 0h/1h Algorithmus wenn ein hs-cTn-Test mit einem validierten Algorithmus angewendet wird. Der positive prädiktive Wert für den AMI ist 75–80 %.

2.4.5.5 Extrakardiale Erhöhung von kardialem Troponin

Patienten mit T2MI können erhöhte cTn Konzentrationen ohne kardiovaskuläre Erkrankung haben /9/, z.B. Infektion, Sepsis, Stauungsinsuffizienz des Herzens, chronische Nierenerkrankung. Siehe Tab. 2.4-4 – Erhöhung von kardialem Troponin ohne kardiovaskuläre Erkrankung.

2.4.5.6 Kardiales Troponin als prognostischer Marker

Erwachsene ohne kardiovaskuläre Erkrankung

Hs-cTn-Tests können bei Erwachsenen positiv sein, ohne dass diese eine kardiovaskuläre Erkrankung registriert haben. In der Dallas Heart Studie /12/,hatten 27 % der Personen im Alter von 30–65 Jahren ein positives Resultat für cTnT und 3,4 %hatten Werte über der 99. Perzentilen des oberen Referenzbereichswerts. In der Atherosclerosis Risk in Communities (ARIC) Studie /13/ und der Cardiovascular Health Studie /14/, hatten 66 %der Personen mittleren Alters oder ältere Menschen messbare Werte mit den hs-cTn Tests. In der ARIC Studie hatten 7,4 % der Teilnehmer Werte > 99. Perzentilen des oberen Referenbereichswerts und in der Cardiovascular Health Studie hatten 16,6 % hs-cTnT Werte oberhalb 12,9 ng/l. Diese und andere Studien haben gezeigt, dass fortgeschrittenes Alter, männliches Geschlecht, eine voran gegangene ischämische oder nicht ischämische kardiovaskuläre Erkrankung, eine chronische Nierenerkrankung oder aber kardiovaskuläre Risikofaktoren mit einer messbaren Erhöhung von kardialem Troponin einher gehen.

Patienten mit stabiler kardiovaskulärer Erkrankung

Hs-cTn-Tests werden zur Identifikation von Patienten mit kardialem Risiko angewendet für die die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Myokardinfarktes besteht. So haben z.B. Patienten mit einer high-sensitivity cTnT Konzentration von 8–14 ng/L (normaler Bereich) die hazard ratio von 1,47 für einen künftigen Myokardinfarkt /15/. Nach dem Prevention of Events with Angiotensin Converting Enzyme Inhibition (PEACE) trial /16/, ist eine high-sensitivity cTnT Konzentration über 6,3 ng/L mit einer erhöhten kumulativen Inzidenz für kardiovaskulären Tod bei Personen mit stabiler kardiovaskulärer Erkrankung assoziiert. In der ARIC study, sind high-sensitivity cTnT Konzentrationen oberhalb 3 ng/L mit erhöhter Mortalität und Konzentrationen über 6 ng/L mit dem Risiko einer ischämischen Herzerkrankung belastet. Zur Risikostratifizierung der kardiovaskulären Erkrankung.

Siehe Tab. 2.4-5 – Risikostratifizierung von Patienten/Personen mit und ohne akutem Koronarsyndrom.

Patienten mit vermutetem akutem Koronarsyndrom (ACS)

Eine frühe Risikostratifizierung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom kann mit einem sensitiven cTn Assay und einer Beurteilung des Resultates in Bezug auf die 99. Perzentile URL und anhand klinischer Symptome erfolgen /17/. cTn Assays von Patienten deren klinische Befunde mit einem akuten Koronarsyndrom in Einklang zu bringen sind haben gezeigt, dass Werte im unteren Referenzbereich mit einem höheren Risiko wiederholter kardialer Ereignisse belastet sind als Personen mit nicht messbaren Werten. In der Studie /18/ Treat Angina with Aggrastat and Determine Cost of Therapy with an Invasive or Conservative Strategy (TACTICS-TIMI 18) hatten Patienten deren cTnI gerade über der 99. Perzentilen URL (0,1 μg/l, CV 20 %) lagen,ein über 3 fach erhöhtes Risiko für wiederholte kardiale Ereignisse oder den kardial bedingten Tod im Vergleich zu Patienten mit niedrigeren Konzentrationen.

In einer weiteren Studie hatten Patienten mit akutem Koronarsyndrom und T2MI und high-sensitivity cTnI Konzentrationen ≥ 40 ng/L bei Einlieferung ein 3 fach erhöhtes Risiko myokardialer Infarkte und des kardial bedingten Todes innerhalb von 30 Tagen /19/.

Die Wahl der cTn Konzentration ab der eine Behandlung einsetzt ist ein entscheidender Faktor für den therapeutischen Erfolg. So hatten in der TACTICS-TIMI 18 Studie, 25 % mehr Patienten einen positiven Ausgang wenn die perkutane Re-Vaskularisation ab einem cTnT Wert von 0,01 μg/l anstatt von 0,1 μg/l erfolgte /18/. Richtlinien der Behandlung wurden von der American Heart Association festgelegt /20/.

2.4.5.7 Kardiale Chirurgie

Die drei wesentlichen Kriterien zur Diagnostik des Herzinfarktes sind Brustschmerz, Änderungen im EKG und abnorme Biomarker (kardiales Troponin, CK-MB). Der perioperative Herzinfarkt ist eine wesentliche Komplikation in der Herzchirurgie und eine diagnostische Herausforderung, denn eine präoperative Ischämie, ein ungenügender intraoperativer kardialer Schutz, der Schmerz von der Sterniotomie herrührend und eine Sedierung können die Infarktsymptomatik maskieren /44/. Empfohlene Grenzwerte zur Diagnostik des perioperativen Herzinfarktes waren für Troponin und CK-MB ≥ 10 fach des oberen Referenzbereichswerts. Das Academic Research Consortium-2 /45/ hat sich der Fragestellung angenommen und eine alternative Empfehlung veröffentlicht. Das Consortium-2 empfiehlt ein Verhätnis von ≥ 35 (aktueller Wert/oberer Referenzbereichswert) zur Diagnostik des perioperativen Infarktes bei kardialer Chirurgie, wenn gleichzeitig eine Ischämie vorliegt. Ist das nicht der Fall, so beträgt das Verhältnis ≥ 70. Es liegen jedoch noch zu wenig Daten vor, die diese Verhältnisse verifizieren.

Im Unterschied zum perioperativen Herzinfarkt wird auch der nebulöse Begriff „signifikante myokardiale Schädigung“ angewendet. Er beschreibt einen deutlich erhöhten Wert von kardialem Troponin und/oder von CK-MB, ohne das Vorhandensein einer Ischämie, aber ebenfalls einhergehend mit dem erhöhten Risiko eines postoperativen Todes oder einer längerfristig erhöhten Mortalitätsrate /44/.

2.4.6 Hinweise und Störungen

Untersuchungsmaterial

Da Heparin die Bestimmung von cTn, insbesondere durch Mikro-Fibringerinnsel stören kann, wird für einige kommerzielle Tests Serum als Probe empfohlen. EDTA führt zu einer Spaltung des Troponinkomplexes, deshalb wird EDTA-Blut zur cTnI-Bestimmung nicht empfohlen.

Bestimmungsmethode /1921/

cTnI: Es gibt viele kommerzielle Tests für automatisierte und Point of care-Instrumente mit Antikörpern gegen unterschiedliche Epitope von cTnI. Da der amino- und der carboxyterminale Teil der cTn aber gegen Proteolyse anfällig ist und diese wieder abhängig vom Ausmaß der Ischämie ist, zeigen die Tests ein unterschiedliches Verhalten im Verlaufe eines AMI. Auf Grund fehlender Standardisierung ist eine Vergleichbarkeit der cTnI-Tests nicht gegeben. Die high-sensitivity Tests (hs-cTnI und hs-cTnT) haben nicht notwendigerweise eine höhere Sensitivität bei Einweisung des Infarktpatienten als die konventionellen Tests.

cTnT: Da es nur einen Hersteller von cTnT-Tests gibt, liefern die quantitativen, im Labor durchgeführten Tests und die Point of care Tests die gleichen Ergebnisse, denn sie sind auf das gleiche Referenzmaterial kalibriert. Da die Tests mit zwei monoklonalen Antikörpern arbeiten, die gegen zentrale Antigene des cTn gerichtet sind, ist die Kreuzreaktivität mit Skelettmuskel TnT gering. Der Test ist robust gegen molekulare Veränderungen und Produkte der Degradation von TnT.

POCT: Sollte in einem Krankenhaus implementiert werden, wenn das hauseigene Labor nicht innerhalb von 30 min einen cTn-Wert liefern kann.

Stabilität

Lagerung der Probe mehrere Stunden bei Raumtemperatur kann auf Grund der Degradation von cTn, abhängig vom Test, zu einer Erhöhung oder Verminderung der Konzentration führen.

Hämolyse

Kann die Immunoassays von cTnI und cTnT stören, die Hinweise des Herstellers sind zu beachten.

Standardisierung von cTnI

Zur Standardisierung von cTnI hat das National Institute of Standards and Technology (NIST) gemeinsam mit der American Association of Clinical Chemistry (AACC) und der International Federation of Clinical Chemistry (IFCC) ein zertifiziertes Referenzmaterial für cTnI (SRM 2921) erstellt /22/. Die cTnI-Konzentration ist 31,2 mg/l.

Falsch-positive cTn-Resultate /23/

Die Prävalenz falsch-positiver cTn-Resultate liegt bei 0,2–3 %. Es handelt sich um analytische Interferenzen, bedingt durch Fibringerinnsel und Mikropartikel in der Probe, durch heterophile Antikörper, humane anti-Tier (Maus)-Antikörper, Rheumafaktoren, Hyperbilirubinämie, Hämolyse, Lipämie, erhöhte alkalische Phosphatase, die Bildung von Makro-Immunkomplexen. Diese Interferenzen sind Hersteller-spezifisch und gelten nicht für alle cTn-Tests.

Autoantikörper gegen cTn

Autoantikörper gegen cTnI und cTnT kommen jeweils in etwa 10 % der Seren aus der Normalbevölkerung vor, zumeist allein, aber in etwa 1 % auch gemeinsam. Sie können mit Assays gegen cTn interferieren und die Ursache falsch niedriger oder gar falsch negativer cTn-Messungen bei Patienten mit ACS sein /24/. Persistierende Autoantkörper können noch 3–12 Monate nach Klinikaufnahme bei ACS-Patienten nachweisbar sein.

2.4.7 Pathophysiologie

Der Troponinkomplex besteht aus drei verschiedenen Strukturproteinen, die im dünnen Filament des kontraktilen Apparates lokalisiert sind (Abb. 2.4-1 – Aufbau des dünnen Filaments mit Troponinkomplex). Sowohl im Herz- als auch Skelettmuskel wird jedes der Proteine von einem speziellen Gen kodiert. Es handelt sich um die Proteine cTnT, cTnI und cTnC. cTnT hat ein MG von 39 kD, cTnI von 26 kD und cTnC von 19 kD. Im Herz- und Skelettmuskel gibt es spezifische Isoformen von TnT und TnI. TnC ist im Herz- und Skelettmuskel identisch und deshalb zur Diagnostik eines Myokardschadens ungeeignet. Die wesentlichen Anteile von cTnT und cTnI sind im dünnen Muskelfilament strukturgebunden.

Nach Untergang der Herzmuskelzelle wird cTn schnell abgebaut und gelangt in die Zirkulation. Nur 6–8 % des cTnT und 3–4 % des cTnI liegen in zytoplasmatisch gelöster Form vor. Die unterschiedliche Kompartimentierung von cTnT und cTnI ist ein Grund für die biphasische Freisetzung von cTnT und die monophasische von cTnI. Der größte Anteil des cTn wird erst etwa 12 h, nach dem proteolytischen Abbau, als binärer cTnI/C- oder ternärer cTnI/C/T-Komplex aus den Myofibrillen freigesetzt. Dabei überwiegt der ternäre Komplex deutlich (Abb. 2.4-1 – Aufbau des dünnen Filaments mit Troponinkomplex). Binäres und ternäres cTn sind für die protrahierte Erhöhung des cTn beim AMI verantwortlich. Ein Teil des aus dem Zytosol freigesetzten cTnI bildet mit dem solublen cTnC (sTnC) in der Zirkulation den binären Komplex cTnI/sTnC, der von den kommerziell verfügbaren Immunoassays unterschiedlich detektiert wird /21/.

Die Freisetzung von cTn aus dem Herzmuskel erfolgt auf verschiedenen Wegen. Bei akuter Ischämie mit Nekrose des Myozyten erfolgt die Freisetzung nach irreversibler Schädigung der Zellmembran. Vorübergehende Ischämien können über eine kurzzeitiges Leakage der Zellmembran zur cTn-Freisetzung führen. Dieser Mechanismus findet möglicherweise auch beim Multiorganversagen statt, z.B. bei einer Sepsis. hs-cTn-Werte < 99. Perzentile URL sind das Zeichen einer kontinuierlichen Myokardschädigung auf Grund einer Minderdurchblutung im Rahmen einer Atherosklerose. Autoantikörper gegen cTnI richten sich gegen das Mittelfragment, besonders den C-terminalen Anteil. Siehe Abb. 2.4-4 – Kompartmentierung und Freisetzung von cTnT und cTnI beim Myokardinfarkt).

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2.5 CK-MB-Masse

Die CK-MB ist ein Isoenzym der CK und primär im Herzmuskel präsent. Die CK-MB wird bei einer Nekrotisierung von Myokard freigesetzt. Siehe Tab. 1.8-4 – Aktivitäten von CK und CK-MB bei Herzmuskelschädigung).

Bei Bestimmung der CK-MB-Masse wird die Proteinkonzentration des CK-MB-Isoenzyms bestimmt. Im Vergleich zur Messung der CK-MB-Enzymaktivität ist die Sensitivität und Spezifität zur Diagnostik des akuten Myokardinfarktes und auch für kleinere Myokardnekrosen verbessert /12/.

2.5.1 Indikation

Wenn die Bestimmung kardialer Troponine nicht möglich ist:

  • Frühdiagnostik des akuten Myokardinfarktes.
  • Monitoring des akuten Myokardinfarktes zur frühzeitigen Erkennung eines Reinfarktes.
  • Monitoring der Thrombolysetherapie.
  • Infarktdiagnostik nach aortokoronarer Bypasschirurgie.
  • Prognoseabschätzung bei instabiler Angina pectoris.

2.5.2 Bestimmungsmethode

POCT im Vollblut

Prinzip: Auf den Reagenzträger gegebenes Vollblut löst einen monoklonalen immobilisierten CK-MB-spezifischen Antikörper und einen zweiten, z.B. goldmarkierten Indikatorantikörper. Zelluläre Blutbestandteile werden durch ein Filter zurückgehalten. In Gegenwart von CK-MB bilden sich Immunkomplexe durch Bindung der CK-MB an den immobilisierten Antikörper. Der zweite Gold markierte Antikörper bindet an den immobilisierten Antikörper-CK-MB-Komplex und macht die Reaktion im Ablesefenster sichtbar.

Quantitative Bestimmung im Serum/Plasma

Prinzip: In einem Einschritt-Sandwichassay reagiert die CK-MB der Patientenprobe mit einem biotinylierten monoklonalen CK-MB spezifischen Antikörper und einem zweiten Ruthenium-Komplex-markierten CK-MB Antikörper zu einem Sandwichkomplex. Der Immunkomplex ist über Biotin an Streptavidin-beschichtete paramagnetische Mikropartikel gebunden. Die Elektrochemilumineszenz der Sandwichkomplexe wird gemessen. Es gibt aber auch andere Verfahren.

CK-MB-Isoformen

Zur Verbesserung der diagnostischen Sensitivität der CK-MB im frühen Stadium des Myokardinfarktes wird mit der Hochvolt Elektrophorese die CK-MB in ihre beiden Isoformen CK-MB 2 und CK-MB 1 aufgetrennt. Die beiden Isoformen beruhen auf einer post-synthetischen Modifikation der Primärstruktur der CK-MB. Durch die enzymatische Wirkung des Enzyms Carboxypeptidase wird die CK-MB in die beiden Isoformen transformiert. Nach Scannen des Elektrophoresegels mit ultraviolettem Licht wird die Ratio CK-MB 2/CK-MB 1 gebildet. Das Verfahren wird zur Differentialdiagnostik einer klinisch nicht erklärbaren CK-Aktivitätserhöhung eingesetzt.

2.5.3 Untersuchungsmaterial

  • Serum, Plasma: 1 ml
  • EDTA- oder Heparinvollblut: etwa 0,1 ml

2.5.4 Referenzbereich

CK-MB-Masse: Unter 5–8 μg/l (je nach Hersteller) /34/

Ratio CK-MB 2/CK-MB 1: Unter 1,7

2.5.5 Bewertung

Unter der Voraussetzung, dass die Bestimmung von cTn nicht möglich ist, wurde in den Guidelines der European Society of Cardiology und der American Heart Association/American College of Cardiology (ESC/ACC) der Bestimmung der CK-MB-Masse eine wichtige Rolle beim ACS zugewiesen /5/. Das gilt für die Diagnostik, Risikostratifizierung und die Auswahl von Behandlungsmethoden des ACS mit und ohne ST-Strecken-Anhebung im EKG /6/. Die CK-MB-Masse ist zwar weniger Myokard-spezifisch als die cTn aber die diagnostische Spezifität zum Ausschluss eines AMI ist höher /5/. Wie bei den cTn ist eine erhöhte CK-MB-Masse-Konzentration definiert als ein Wert oberhalb des Wertes der 99. Perzentile einer gesunden Kontrollgruppe (99. Perzentile URL; URL= Upper reference limit). Beim ACS soll die CK-MB-Masse bei der Aufnahme des Patienten, nach 2–4 h, nach 6–9 h und nach 12 h bestimmt werden. Das Verhalten der CK-MB-Masse beim ACS ist aufgezeigt in Tab. 2.5-1 – CK-MB-Masse beim akuten Koronarsyndrom und anderen Muskelschäden.

Eine Ratio CK-MB 2/CK-MB 1 über 1,7 ist ein früher Indikator der Nekrotisierung von Herzmuskelgewebe.

2.5.6 Hinweise und Störungen

POCT im Vollblut

CK-MB-Konzentrationen über 5 μg/l ergeben ein positives Testergebnis. Tests zur gleichzeitigen Bestimmung von CK-MB-Masse, Myoglobin und cTnI auf einem Träger werden angeboten.

Quantitative Bestimmung im Serum/Plasma

Die analytische Spezifität der Enzymimmunoassays ist hoch, so dass durch CKMM, CKBB, Makro-CK Typ I und Typ II und Adenylatkinase nur in sehr hohen Konzentrationen interferieren.

Störfaktoren

Hämoglobin unter 10 g/l (0,63 mmol/l), Bilirubin unter 500 mg/l (850 μmol/l), Triglyceride unter 1.350 mg/dl (15,4 mmol/l), Rheumafaktoren unter 1.500 U/ml und häufig verwendete Pharmaka stören die Tests nicht. Proben, die Präzipitate enthalten, müssen vor dem Test zentrifugiert werden. Fibringerinnsel wirken störend.

Stabilität

Bei Raumtemperatur mindestens 12 h, mindestens 3 Tage bei 2–8 °C, für längerfristige Aufbewahrung einfrieren (bei –20 °C mindestens 12 Monate, nur einmal Einfrieren und Auftauen).

2.5.7 Pathophysiologie

Der Anteil der Masse an CK-MB beträgt im Skelettmuskel 3–5 % und im Herzmuskel 5 %. In der pathologisch veränderten Herzmuskulatur ist der CK-MB Anteil jedoch 20–30 % /3/. Das erklärt, warum Personen ohne Vorerkrankung des Herzens bei einem Myokardinfarkt nur geringe Anstiege der CK-MB aufweisen können. Ursachen, die den Anteil der CK-MB erhöhen, sind chronisch kardialer Stress bedingt durch Hypertrophie der Ventrikel und koronare Herzerkrankung /3/.

Chronischer Stress induziert auch in der Skelettmuskulatur einen Anstieg des CK-MB-Anteils. Das ist z.B. bei Marathonläufern und anderen Ausdauersportlern sowie Personen, die im Alltag viel Muskelarbeit verrichten, der Fall. Auch bei Myopathien wie der Muskeldystrophie Duchenne und der Polymyositis können die Anteile von CK-MB-20–30 % betragen /47/. Diese Beispiele erklären, warum erhöhte Konzentrationen von CK-MB Masse nicht nur bei Nekrosen der Herzmuskulatur, sondern auch bei Skelettmuskelschäden messbar sind.

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2.6 Myoglobin

Myoglobin ist ein im Herz- und Skelettmuskel vorkommendes Protein und dient als Sauerstoffspeicher.

2.6.1 Indikation

Myoglobin hat eine Bedeutung im Rahmen der Multimarker-Diagnostik, zusätzlich zum kardialen Troponin zur:

  • Frühdiagnose oder Ausschluss einer Myokardnekrose bei akutem Koronarsyndrom (ACS).
  • Erkennung eines Reinfarktes.
  • Kontrolle der Thrombolyse des Herzinfarkts.
  • Risikostratifizierung beim ACS in Kombination mit kardialem Troponin und/oder CK-MB-Masse.

2.6.2 Bestimmungsmethode

Qualitativer und quantitativer Vollblutschnelltest

Prinzip: Die Myoglobinbestimmung wird auch in Kombination mit einem kardialen Troponin (cTn) und der CK-MB-Masse auf einem Reagenzträger angeboten.

Immunturbidimetrischer Test

Prinzip: Die mit Antikörpern gegen Myoglobin beladenen Polystyrolpartikel bilden einen Immunkomplex mit dem im Serum enthaltenen Myoglobin unter Ausbildung von Agglutinaten. Die Agglutinat-bedingte zunehmende Trübung wird photometrisch gemessen. Die Auswertung erfolgt über eine Kalibrationskurve.

Immunnephelometrischer Test

Prinzip: Agglutinationsreaktion zwischen Myoglobin und Myoglobin-Antikörpern, die kovalent an Kunststoffpartikel gebunden sind. Nach Inkubation wird über Streulichtmessung das Ausmaß der Agglutination mittels logit-log-Funktion berechnet.

Enzymimmunoassay

Prinzip: Die Bestimmung erfolgt mit homogenen oder heterogenen Assays. Häufig werden Einschritt-Sandwich-Tests eingesetzt.

2.6.3 Untersuchungsmaterial

  • Serum oder Plasma: 1 ml
  • Vollblut: etwa 0,1 ml
  • Urin bei Verdacht auf Myoglobinurie auf Grund einer Skelettmuskelschädigung: 10 ml

2.6.4 Referenzbereich

Serum, Plasma < 70–110 μg/l /1/

2.6.5 Bewertung

Es gibt keine Vorteile einer seriellen Myoglobin-Bestimmung gegenüber den cTn bei Patienten mit ACS.

Verhalten von Myoglobin beim AMI:

  • Eine Nekrotisierung von Myokardgewebe innerhalb von 6 h kann sicher ausgeschlossen werden, wenn die Bestimmung bei der Aufnahme des Patienten sowie 2 h, 4 h und 6 h nach akutem Schmerzbeginn erfolgt und Myoglobin bei all diesen Messungen normal ist.
  • Frühzeitig auf eine instabile Angina pectoris hinweisen, wenn keine signifikante Erhöhungen nach 2–4 h nachweisbar sind.

Das Verhalten von Myoglobin beim ACS und anderen Zuständen zeigt Tab. 2.6-1 – Myoglobin beim akuten Koronarsyndrom und anderen Muskelschäden.

Nachteile der Myoglobin-Bestimmung bei Patienten mit ACS sind:

  • Die schnelle Kinetik der Freisetzung und die Freisetzung in Form eines Stakkatophänomens in das Blut mit oft kurzen, nur 1–2 h dauernden Erhöhungen. Die Folge sind erforderliche Blutentnahmen in kurzen Zeitintervallen von maximal 2 h.
  • Die geringe Aussagekraft eines erst 6–10 h nach dem Schmerzbeginn auftretenden Myoglobinanstiegs, da auch eine Schädigung des Skelettmuskels möglich ist.
  • Die fehlende Aussagekraft bei normalem Myoglobin, wenn Myoglobin erst 10 h nach akutem Schmerzbeginn zum ersten Mal gemessen wird.
  • Die Diagnostik eines Re-infarktes kann schwierig sein, da der potenzielle Anstieg des Myoglobins eine hohe Variabilität zeigen kann.
  • Die niedrige diagnostische Spezifität, da nach einem Trauma der Skelettmuskulatur ebenfalls Myoglobin erhöht ist.

2.6.6 Hinweise und Störungen

Störfaktoren: Hämoglobin über 3 g/l (0,18 mmol/l), Bilirubin über 32,2 mg/dl (550 μmol/l) und eine hohe Rheumafaktorenkonzentration stören den immunnephelometrischen und immunturbidimetrischen Test und die Enzymimmunoassays. Lipämische Seren müssen zentrifugiert werden (10 min bei 15.000 × g).

Stabilität: Im Serum und Plasma bei Raumtemperatur mindestens 2 Tage, bei 4 °C mindestens 1 Monat und bei – 20 °C länger.

2.6.7 Pathophysiologie

Myoglobin ist ein sauerstoffbindendes Hämprotein der quergestreiften Muskulatur (Skelett- und Herzmuskel). Das MG ist 17,8 kD und der Myoglobinanteil am Totalprotein der Muskulatur beträgt 2 % /2/. Myoglobin ist im Zytoplasma der Muskelzelle lokalisiert und permeiert bei einer Schädigung der Zellmembran schnell in den Extrazellulärraum. Myoglobinämien treten deshalb relativ rasch nach Schädigung von quergestreifter Muskulatur auf.

Myoglobin erreicht früher als die Aktivitäten der Muskelenzyme und die an Zellstrukturen gebundenen kardialen Proteine wie die Troponine pathologische Werte. Es kehrt auch früher als die genannten Enzyme und Strukturproteine in den Referenzbereich zurück, da es auf Grund seines niedrigen Molekulargewichtes rasch renal filtriert wird. Myoglobin kann deshalb bei terminaler Niereninsuffizienz deutlich erhöht sein.

Die physiologische Bedeutung des Myoglobins beruht auf seiner Fähigkeit, mit höherer Affinität als Hämoglobin molekularen Sauerstoff reversibel zu binden. Myoglobin spielt deshalb für den Transport und die Speicherung von Sauerstoff in der quergestreiften Muskulatur eine wichtige Rolle.

In der Chirurgie der Koronararterien lässt sich durch die Bestimmung von Myoglobin der Zeitpunkt eines perioperativen Myokardinfarkts besser ermitteln und die Diagnose früher stellen als mit anderen biochemischen Herzmarkern /3/.

Die kurze biologische Halbwertszeit von 10–20 min im Vergleich zur CK-MB Masse (ca. 12 h) hat diagnostische Vorteile. Bei der perkutanen Koronarintervention werden Änderungen der Mikroperfusion durch mehrere rasch aufeinander folgende Myoglobingipfel (Stakkatophänomen) bei wechselnder Perfusion des infarktbezogenen Gefäßes mit nur geringer Verzögerung im Serum messbar. Somit ist ein zeitliches Monitoring einer Myokardnekrose und ihre therapeutischen Beeinflussung Zeit aufgelöster kontrollierbar als mit kardialem Troponin und der CK-MB Masse /4/.

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2.7 Herzinsuffizienz

2.7.1 Definition der Herzinsuffizienz

Die Herzinsuffizienz ist ein komplexes klinisches Syndrom mit Symptomen und Beschwerden, die aufgrund struktureller oder funktioneller Schädigung des Herzens die Füllung der Ventrikel mit Blut und dessen Auswurf vermindern /1/. Das American College of Cardiology (ACC) und die American Heart Association (AHA) haben Stadien der Herzinsuffizienz eingeführt. Sie betonen, dass die Entwicklung der Erkrankung zu fortgeschrittenen Stadien und deren Progression die Lebenszeit reduzieren. Die ACC/AHA Stadien der Herzinsuffizienz heben den Ablauf der Erkrankung hervor (Tab. 2.7-7 – Stadien der Herzinsuffizienz).

Empfehlungen zu therapeutischen Maßnahmen in jedem Stadium haben das Ziel, die Risikofaktoren zu modifizieren /1/:

  • Stadium A: zu diesem Stadium gehören Patienten mit erhöhtem Risiko der Herzinsuffizienz. Empfehlung: Behandle das Risiko und die strukturelle Herzerkrankung um eine Herzinsuffizienz zu verhindern
  • Stadium B: Prä-Herzinsuffizienz. Die Patienten haben noch keine Symptome, aber eine strukturelle Herzerkrankung. Empfehlung: Reduziere die Symptome und somit auch die Morbidität
  • Stadien C und D: Es liegen charakteristische Symptome der Herzinsuffizienz vor (Kurzatmigkeit, ständiger Husten, Ödeme, Müdigkeit). Empfehlung: Maßnahmen zur Reduzierung der Morbidität und Mortalität.

2.7.2 Chronische Herzinsuffizienz (cHF)

Die typischen Symptome der cHF sind Atemnot oder Müdigkeit, entweder in Ruhe oder unter Belastung sowie Zeichen der Flüssigkeitsretention wie Beinödeme /2/. Da jedoch die diagnostische Spezifität der Symptome gering ist, lassen die klinischen Befunde nur eine Herzinsuffizienz vermuten, bestätigen diese aber nicht. So sind zwar die Atemnot unter Belastung und die Orthopnoe nützliche Hinweise auf eine linksventrikuläre Dysfunktion, jedoch verbergen sich hinter dem Symptom Atemnot mehr als 30 Ursachen und die Prävalenz der Dyspnoe in der Bevölkerung beträgt 3–25 %. Ist jedoch die Diagnose der cHF gestellt, dienen die klinischen Symptome dazu, den Schweregrad der cHF zu klassifizieren und die Wirkung einer Therapie zu kontrollieren /3/.

2.7.2.1 Epidemiologie

In der Framingham-Studie betrugen die jährlichen Inzidenzraten der cHF 2,3 auf 1.000 Männer und 1,8 auf 1.000 Frauen /4/. Generell wird in Europa und Nordamerika mit einer jährlichen Inzidenzrate von 1–4 Neuerkrankungen auf 1.000 Einwohner gerechnet. Die Prävalenz ist altersabhängig und betrug in Deutschland 0,127 % für die Altersgruppe von 45–65 Jahren und 1,55 % bei den über 65-Jährigen, gemessen an den Krankenhaus Aufenthalten im Jahre 2006 /5/. Die Herzinsuffizienz ist der Grund für 20 % aller stationären Einweisungen bei Patienten über 65 Jahren in den USA. Nach einer Studie in Glasgow /6/ beträgt die linksventrikuläre systolische Dysfunktion, festgestellt mittels Echokardiographie, 2,9 %. Die Dysfunktion war zu 1,5 % symptomatisch und zu 1,4 % asymptomatisch.

2.7.2.2 Ätiologie

Die Ätiologie der cHF ist in aufgeführt (Tab. 2.7-1 – Ätiologie der chronischen Herzinsuffizienz). Meist haben die Patienten mehr als eine der in der Tabelle aufgeführten Ätiologien. Die wesentliche Ursache ist die koronare Herzerkrankung. Nicht alle Patienten haben eine Kontraktionsstörung des linken Ventrikels und eine niedrige Ejektionsfraktion. Viele haben auch eine Mitralklappeninsuffizienz mit diastolischer Insuffizienz oder eine Aortenstenose. Etwa 30 % haben eine Störung des Reizleitungssystems, wodurch es zum verzögerten Einsetzen der links- oder rechtsventrikulären Systole kommt.

Etwa 20–50 % der Patienten haben eine erhaltene linksventrikuläre Funktion oder eine normale linksventrikuläre Ejektionsfraktion. Obwohl diese Herzen sich normal kontrahieren ist die Relaxation (Diastole) abnormal. Die Richtlinien der American College of Cardiology/American Heart Association Guidelines for the Diagnosis and Management of Heart failure empfehlen für diese Form der cHF den Terminus Heart failure with preserved ejection fraction anstatt des Terminus Diastolic heart failure /7/.

Viele Patienten mit cHF sind älter als 60 J. und 75 % haben eine Hypertonie. In der Glasgow-Studie /6/ hatten 50 % der Fälle einen vorangehenden Herzinfarkt und 62 % anamnestisch eine Angina pectoris. Von den 280.000 Personen, die jährlich in Deutschland einen Herzinfarkt erleiden, behalten von den Überlebenden 56.000 eine deutlich eingeschränkte linksventrikuläre Funktion mit einer Ejektionsfraktion (EF) von unter 40 %; bei 5–7 % ist die EF mit unter 30 % sogar hochgradig eingeschränkt.

2.7.2.3 Klassifikation und Prognose

Bei Erwachsenen wird als Maßstab zur Einteilung der cHF die New York Heart Association (NYHA)-Klassifikation /8/ oder die Einteilung des American College of Cardiology/American Heart Association /9/ angewendet.

Die Einteilung des Schweregrads der Symptome der cHF nach der NYHA-Klassifikation erfolgt in vier Stadien, entsprechend der Leistungsfähigkeit des Patienten (Tab. 2.7-2 –New York Heart Association Klassifikation der chronischen Herzinsuffizienz). Diese korreliert wiederum mit der Prognose des Patienten. Die Rate der 1-Jahres-Mortalität beträgt 50 % bei schwerer Herzinsuffizienz, die Rate der 4-Jahres-Mortalität 40–50 % bei mäßiger und 20–30 % bei milder Herzinsuffizienz.

Die Einteilung der Herzinsuffizienz des American College of Cardiology/American Heart Association erfolgt in vier Stadien und nennt Faktoren, die den Patienten mit hohem Risiko klassifizieren. Nach dieser Klassifikation kann eine cHF vom Stadium A nach Stadium D fortschreiten, aber nicht zurück. Das ist aber möglich nach den NYHA-Klasse IV-Symptomen, wo bei einem Patienten eine schnelle Besserung zu der Klasse III allein durch eine Diuretikatherapie erreicht werden kann.

Siehe Tab. 2.7-3 – Einteilung der chronischen Herzinsuffizienz nach den Leitlinien der European Society of Cardiology.

Patienten, die bereits bei asymptomatischer bis mäßiger Einschränkung der Ventrikelfunktion behandelt werden, haben eine bessere Prognose und Lebensqualität. Deshalb ist die Erfassung einer cHF bereits im Frühstadium der Ventrikeldysfunktion wichtig.

2.7.3 Pathophysiologie

Verschiedene Modelle werden zur pathophysiologischen Erklärung der cHF kombiniert /9/:

  • Das hämodynamische Modell, das von einer geänderten Volumenbelastung des insuffizienten Ventrikels und den dadurch bedingten Umbau ausgeht.
  • Das neurohormonale Modell, bei dem die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, des sympathischen Nervensystems und die Freisetzung von Vasopressin eine wesentliche Ursache sind.
  • Schließlich soll das Versagen autokriner und parakriner vasoaktiver Substanzen, die vom Myokard als gegenregulatorische Antwort auf eine Dehnung des Herzmuskels synthetisiert werden, eine Rolle spielen. Eine solche Substanz ist B-Type natriuretic peptide.

Umbau (Remodeling) des Herzmuskels

Nach einer Schädigung des Herzmuskels durch Nekrosen des Myokards oder durch Druck- und Volumenüberlastung kommt es zu einer für die Bedürfnisse der Organperfusion unzureichenden Pumpleistung. Die Antwort ist ein linksventrikuläres Remodeling, bei dem mechanische, neurohormonale und möglicherweise genetische Faktoren die Größe, Gestalt und Funktion des Ventrikels verändern. Das Ziel ist, das Herzminutenvolumen aufrecht zu erhalten. Ein solcher Prozess dauert nach einem Myokardinfarkt Monate und die damit verbundenen Veränderungen des Ventrikels können eine schädliche Wirkung auf das Herz als Pumporgan haben /10/. So können als Folge des Remodeling eine insuffizienz oder Störungen der Mitralklappen im Reizleitungssystem auftreten.

Beim Remodeling reagieren auf zellulärer Ebene die Myozyten nicht mit einer physiologischen, sondern einer exzentrisch Hypertrophie. Bei der physiologischen Hypertrophie kommt es zu einer proportionalen Zunahme von Länge und Breite des Myozyten. Bei der exzentrischen Hypertrophie des Myozyten, wie sie bei der dilatativen kardialen Myopathie auftritt, erfolgt vorwiegend eine serielle Vermehrung der kontraktilen Muskelproteine und somit eine stärkere Zunahme der Länge kardialer Myozyten gegenüber der Breite. Bei Drucküberlastung des Ventrikels werden neue kontraktile Proteine gebildet und parallel im Myozyten angeordnet, wodurch der einzelne Myozyt eine relative Zunahme in der Breite erfährt und es resultiert eine konzentrischen Hypertrophie des Ventrikels /11/.

Bei der hypertrophen Kardiomyopathie werden mutierte kontraktile Proteine gebildet. Die Folge ist eine gestörte myofibrilläre Anordnung, die zu einer sekundären Hypertrophie von Myozyten führt. Bei dieser Form der kardialen Hypertrophie werden in den Myozyten verstärkt embryonale Gene exprimiert, z.B. für natriuretische Peptide oder fetale kontraktile Proteine. Die Induktion von Genen zur Bildung natriuretischer Peptide und somit die Bildung dieser Peptide ist ein prognostischer Indikator des klinischen Schweregrades der kardialen dilatativen Myopathie /11/.

Hämodynamik und hormonelle Mechanismen bei chronischer Herzinsuffizienz

Ein verminderte kardiale Volumenleistung (Low output) bei der Low-output Herzinsuffizienz oder eine verminderte periphere vaskuläre Resistenz bei einer High-output Herzinsuffizienz sind mit einer verminderten atrialen Füllung assoziiert /12/. Vermittelt durch Barorezeptoren werden neurohumerale Mechanismen in Gang gesetzt, insbesondere werden aktiviert das sympathische Nervensystem, das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System und die normoosmotische Freisetzung von Vasopressin. Alle diese Systeme steigern in der Akutphase den arterielle Blutdruck und sichern die Durchblutung lebenswichtiger Organe /10/.

Die chronische Stimulation dieser Systeme führt jedoch zu einer weiteren kardialen Verschlechterung und Progression der Situation mit dauerhafter inadäquater peripherer Vasokonstriktion, Volumenretention und ineffizienter inotroper Stimulation. Die Folgen sind ein kardiales Remodeling mit Zunahme der myokardialen Dysfunktion, ischämische Dysfunktionen von Muskulatur, Leber, Nieren und Hirn, eine Lungenstauung und Hyponatriämie und Oedeme. Der geänderte hämodynamische, funktionelle und metabolische Status bedingen die Leitsymptome der chronischen Herzinsuffizienz wie inadäquate Leistungsfähigkeit, vorzeitige Ermüdbarkeit und Dyspnoe /13/.

Blutvolumen bei chronischer Herzinsuffizienz

Die Aktivierung neurohumoraler Mechanismen mit konsekutiv verstärkter Wasser- und Natriumretention. führt bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz zu einer Erhöhung des Blutvolumens /12/. Der Status des erhöhten Volumens an Körperwasser in Kombination mit einer ventrikulären Insuffizienz charakterisiert das Symptom der Stauungsinsuffizienz des Herzens. Bei Patienten mit cHF werden Na+ und Wasser paradoxerweise retiniert, trotz eines erhöhten intravasalen Volumens. Die Ursache ist, dass die Integrität der arteriellen Zirkulation, für die das Herzschlagvolumen und der periphere arterielle Widerstand ausschlaggebend sind, die wesentliche Determinante der renalen Wasser- und Na+-Ausscheidung darstellen (Abb. 2.7-1 – Ursachen und Folgen eines verminderten Blutvolumens im arteriellen System bei Herzinsuffizienz).

Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) und cHF

Patienten mit milder cHF können keine oder nur eine geringe Erhöhungen von Renin und Aldosteron, haben, diejenigen mit schwerer Insuffizienz aber immer /12/. Der Hyperaldosteronismus bei chronischer Herzinsuffizienz mit konsekutiver Na+- und Wasserretention ist im Unterschied zum primären Hyperaldosteronismus persistierend.

Beim primären Hyperaldosteronismus führt die Na+-Retention anfangs zu eine Erhöhung des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens um 1,5–2 Liter, dann hört aber die Na+-Retention auf und eine normale Na+-Balance stellt sich wieder ein (Escape-Phänomen).

Bei cHF findet ein solches Sich-entziehen (escape) von der Aldosteronwirkung nicht statt und Na+ werden weiterhin retiniert. Das ist aber nicht der Fall, wenn die Patienten mit Spironolacton behandelt werden, wodurch die Mineralokortikoid Rezeptoren blockiert werden und eine Natriurese resultiert /12/. Der nicht stattfindende Escape bei chronischer Herzinsuffizienz ist durch einen verstärkten Na+-Rücktransport im proximalen Tubulus bedingt, wodurch weniger Na+ zu den Sammelrohren gelangen. Die vermehrte proximal tubuläre Na+-Reabsorption beruht auf einer verstärkten α-adrenergen und Angiotensin II-bedingten Stimulation bei chronischer Herzinsuffizienz. Angiotensin II bewirkt bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz eine Konstriktion der afferenten und efferenten Arteriolen. In den Glomerula stimuliert es die mesangiale Kontraktion und führt so zur Verminderung der glomerulären Filtrationsfläche.

Siehe Abb. 2.7-2 – Mechanismen, durch die eine arterielle Hypovolämie zu einer verminderten Anlieferung von Natrium Wasser zum distalen Tubulus Wasser führt.

Freisetzung von Arginin-Vasopressin bei CHF

Die nicht-osmotische Sekretion von Arginin-Vasopressin bei cHF ist nicht osmotisch bedingt und führt bei einer Na+-Retention zur verstärkten Wasserretention und Hyponatriämie /12/. Nur selten beruht die Hyponatriämie auf der vermehrten Wasseraufnahme, bedingt durch ein verstärktes Durstgefühl. Bei Patienten mit cHF und Hyponatriämie sollte die Hypoosmolalität des Plasmas die Arginin-Vasopressin-Sekretion hemmen. Das ist jedoch nicht der Fall, es werden im Gegenteil persistierend erhöhte Konzentrationen von Arginin-Vasopressin gemessen.

Natriuretische Peptide und CHF

Die A- und B-Typ natriuretischen Peptide (z.B. ANP, BNP) werden durch Dehnung von Herzmuskelzellen aus den Vorhöfen bzw. Ventrikeln freigesetzt und ihre Konzentration im Blut nimmt zu, wenn der intraatriale Druck erhöht ist /12/. Die natriuretischen Peptide haben eine Wirkung auf die Nieren. An den Glomerula bewirken sie an den afferenten Arteriolen eine Dilatation und an den efferenten Arteriolen eine Vasokonstriktion. Somit wird die glomeruläre Filtrationsrate erhöht. In den Sammelrohren führen ANP und BNP zu einer verminderten Reabsorption von Na+ und dadurch wird die Ausscheidung von Na+ erhöht. Da schon in der frühen Phase der cHF die natriuretischen Peptide im Blut in erhöhter Konzentration auftreten, sind ANP und BNP sensitive Marker der cHF. Siehe auch (Tab. 2.8.2 – Verhalten von BNP und NT-proBNP bei Erkrankungen).

Endotheliale Hormone und CHF

Viele Körperzellen bilden aus Arachidonsäure Prostaglandin E und Prostacyclin. Beide Hormone haben einen vasodilatorischen Effekt und wirken damit der neurohumoralen vasokonstriktorischen Wirkung an der Niere bei cHF entgegen /12/. Ebenfalls einen dilatorischen Effekt hat das von Endothelzellen synthetisierte Stickstoffmonoxyd (NO). Es wirkt gemeinsam mit den natriuretischen Peptiden antagonistisch zu den neurohormonalen Kompensationsmechanismen bei cHF.

Endothelin ist demgegenüber ein potenter Vasokonstriktor und hohe Konzentrationen werden im Blut bei Patienten der NYHA Klasse III und IV gefunden und sind mit einer schlechten Prognose assoziiert.

Wirkung regulatorischer und gegenregulatorischer Mechanismen bei cHF

Solange die vasokonstriktorisch und Flüssigkeits-retenierend wirkenden neurohormonalen Systeme von den natriuretischen Peptiden vollständig antagonisiert werden, bleibt die cHF symptomlos und der Umbau des Herzmuskels ist verlangsamt.

Können die natriuretischen Peptide die Wirkung der neurohormonalen Systeme nicht mehr vollständig aufheben, entwickeln die Patienten die typischen Herzinsuffizienz-Symptome der NYHA II. Bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz sind die Konzentrationen der Katecholamine, von Renin und Aldosteron und von Endothelin erhöht.

Mit zunehmender Herzinsuffizienz, ab NYHA III, stellt sich eine Störung der Nierenperfusion ein. Somit werden das RAAS und das sympathische Nervensystem noch stärker stimuliert, der periphere Gefäßwiderstand steigt weiter an.

Die natriuretischen Peptide, obwohl in großer Menge gebildet, verlieren ihre Wirkung auf die Nieren und es kommt zur verstärkten Natrium- und Wasserretention. Die Folge ist eine Erhöhung des intravasalen Volumens mit Begünstigung einer kardialen Dilatation, die zu einer weiteren Verschlechterung der Herzfunktion führt.

Schweregrad der cHF

Zur Beurteilung des Schweregrades der cHF gibt es keine klare Beziehung zwischen der klinischer Symptomatik, dem Ausmaß der Funktionsstörung und der Prognose des Patienten. Den besten Vorhersagewert bezugnehmend des Schweregrades und der Prognose hat die Bestimmung der linksventrikulären Funktion, die durch die Ejektionsfraktion (EF) bestimmt wird.

Labordiagnostik bei cHF

Laboruntersuchungen erlauben folgende Diagnostik:

  • Das Ausmaß der durch eine cHF verursachten Störungen im Wasser- und Na+-Haushalt abzuschätzen.
  • Die O2-Versorgung des Herzmuskels festzustellen.
  • Den Schweregrad der CHF zu schätzen.
  • Ein therapeutisches Monitoring durchzuführen.

Laboruntersuchungen und ihre Bewertung bei chronischer Herzinsuffizienz zeigen:

Rechtsherzversagen

Pathophysiologische Ereignisse, die ein Rechtsherzversagen auslösen bzw. fördern, schließen – ähnlich wie das Versagen des linken Ventrikels – folgende Ereignisse ein: Hypertrophie, Fibrose, Ischämie, neurohumorale Aktivierung, Inflammation und Verschiebung von metabolischen Substraten /16/.

Klinische Befunde: Dyspnoe, frühes Sättigungsgefühl, Völlegefühl, Ödeme der unteren Extremitäten, Überempfindlichkeit des rechten oberen Quadranten. Müdigkeit, Belastungsdyspnoe.

Laborbefunde: Erhöhte Konzentration von Brain natriuretic Peptide (BNP) oder NT-proBNP im Serum.

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2.8 B-Typ-natriuretisches Peptid (BNP) und aminoterminales proBNP (NT-proBNP)

BNP ist ein 32 Aminosäuren langes Peptid, das vom ventrikulären Myokard gebildet und nur in geringen Mengen gespeichert wird. BNP reduziert den Blutdruck und steigert die renale Ausscheidung von Na+. Bei hämodynamischer Belastung, insbesondere der Ventrikel, wird aus dem Peptid Prä-proBNP über pro-BNP nach Spaltung innerhalb kurzer Zeit NT-ProBNP und BNP gebildet. BNP ist hormonell aktiv, NT-proBNP inaktiv. BNP hat die physiologische Wirkung natriuretischer Peptide (NP). Die NP sind natürliche Antagonisten des Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems und des sympathischen Nervensystems. Sie kontrollieren die Elektrolyt- und Flüssigkeitsbilanz durch koordinierte, zentrale und periphere Wirkung.

BNP und NT-proBNP werden von den kardialen Myozyten als Folge von Wandstress der Ventrikel freigesetzt. Der Wandstress steht in direkter Beziehung zum Durchmesser der Herzkammer und dem transmuralen Druck und ist invers korreliert zur Dicke der Kammerwand. Erhöhungen des Durchmessers der Kammer und des Drucks innerhalb des linken Ventrikels führen zur vermehrten Bildung von BNP und NT-proBNP und erhöhen deren Konzentration im Blut.

BNP und NT-proBNP sind bei Herzinsuffizienz (HI) erhöht und ihre Konzentration im Blut steigt mit dem Ausmaß und der Dauer der ventrikulären Dysfunktion des Herzens an.

2.8.1 Indikation

Zustände des Herzens mit erhöhtem Flüssigkeitsvolumen und erhöhtem arteriellen Druck im Organismus /12, 34/:

Diagnose einer Herzinsuffizienz, z.B. bei akut aufgetretener Dyspnoe:

  • Erkennung milder Formen einer Herzinsuffizienz.
  • Beurteilung des Schweregrades einer Herzinsuffizienz.
  • Risikostratifizierung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom und Stauungsinsuffizienz.
  • Therapeutisches Monitoring der linksventrikulären Dysfunktion des Herzens.

2.8.2 Bestimmungsmethode

BNP-Bestimmung im Labor

Die BNP Assays verwenden unterschiedliche Antikörper und Reagenzien zur Bestimmung des Peptides /5/. Aufgrund mangelnder Standardisierung sind bis zu 50 % Differenzen in den Werten der verschiedenen Assays berichtet.

Prinzip: BNP der Probe reagiert mit einem an eine Festphasegebundenen, BNP-spezifischen Antikörper und einem zweiten mit einem Label markierten Indikator Antikörper unter Ausbildung eines Sandwich-Komplexes. Die häufigsten Methoden wenden Antikörper an, die sich gegen zwei räumlich enfernte Epitoppe des Peptides richten. Einer der Antikörper ist spezifisch für den intakten Cysteinring, während der andere C-terminale Aminosäuren von BNP erkennt. Der Indikator Antikörper ist entweder mit einem Enzym, einem Lumineszenz-Label oder mit Radioaktivität markiert /6/.

BNP-Test für POCT /8/

Prinzip: Es handelt sich um einen Sandwich Immunoassay mit zwei gegen unterschiedliche Epitope der Ringstruktur von BNP gerichteten monoklonalen Antikörper. Der Indikator Antikörper ist mit einem Fluoreszenz-Label markiert. Die entstehende Fluoreszenz wird mit einem Detektor gemessen. Probenmaterial ist Vollblut.

NT-proBNP-Test im Labor /9/

Prinzip: NT-proBNP der Probe reagiert mit einem biotinylierten polyklonalen NT-proBNP spezifischen Antikörper und einem Ruthenium markierten Antikörper unter Ausbildung eines Sandwich. Dann werden Streptavidin beschichtete Mikropartikel hinzugegeben und der Sandwich über Biotin-Streptavidin Wechselwirkung an die Mikropartikel gebunden. In der Messzelle des Analysators werden die Mikropartikel durch magnetische Wirkung auf die Oberfläche einer Elektrode fixiert. Nach Entfernung der ungebundenen Bestandteile wird durch Anlegen einer Spannung eine Chemilumineszenz induziert und die Emission mit einem Photomultiplier gemessen. Die Antikörper sind monoklonalen Ursprungs und richten gegen die Aminosäuren 22–28 und 42–46 der zentralen Region von NT-proBNP

NT-proBNP-Test für POCT /10/

Die Bestimmung erfolgt als Immunoassay mit Träger-gebundenen Reagenzien. Ein Gold-markierter monoklonaler Antikörper erkennt NT-proBNP an der Aminosäuresequenz 22–28, der biotinylierte monoklonale Antikörper gegen die Sequenz 42–46.

2.8.3 Untersuchungsmaterial

POCT

  • BNP: EDTA-Blut 0,1–1 ml
  • NT-ProBNP EDTA- oder Heparinblut 0,1–1 ml

Labortests

  • BNP EDTA-Plasma: 1 ml
  • NT-ProBNP EDTA- oder Heparinplasma oder Serum: 1 ml

2.8.4 Referenzbereich

Die Referenzbereiche sind vom verwendeten Test abhängig, deshalb sind die Angaben des Testherstellers zu beachten (Tab. 2.8-1 – Alters-und Hersteller-abhängige obere Referenzwerte für BNP und NT-proBNP).

2.8.5 Bewertung

Die Resultate der BNP- und NT-proBNP-Bestimmung sind von diagnostischer und prognostischer Bedeutung in der Kardiologie.

Diagnostische Wertigkeit von BNP und NT-proBNP

Physiologische und pathologische Zustände mit einer Volumenexpansion und/oder Dehnung des linksventrikulären Myokards führen zur Freisetzung von BNP und NT-proBNP. Alter und Geschlecht sind die wesentlichen Faktoren der Konzentration von BNP und NT-proBNP bei kardial gesunden Personen. Die Tests für beide Herzmarker sind nicht standardisiert, deshalb sind zur Bewertung die Hersteller-spezifischen Angaben zu den oberen Referenzbereichswerten zu beachten. Die Konzentration von BNP und NT-proBNP steigt mit dem Alter an und ist bei Frauen höher als bei Männern. Diese Einflussgrößen und die Test-bezogenen Unterschiede sind dafür verantwortlich, dass weder für BNP noch für NT-proBNP einheitliche obere Referenzbereiche für die Diagnose einer Herzinsuffizienz (HI) bestehen. Es gibt aber Empfehlungen und Algorithmen. Die 2016 ESC Guidelines schließen für einen NT-proBNP Wert bis 125 ng/l bei Patienten < 75 Jahren eine Herzinsuffizienz aus und bei Patienten ab 75 Jahre beträgt der Grenzwert 450 ng/l /59/. Bei einem Grenzwert von 125 ng/l bei Patienten unter 75 Jahren und 450 ng/l über 75 Jahren hatten in einer Studie 65,6 % der Patienten eine erhöhte Konzentration von NT-proBNP /16/.

Die Inzidenz der Herzinsuffizienz nimmt mit dem Alter zu. Etwa 10 % der Personen über 65 Jahre und über 50 % der 85-jährigen haben eine HI. Werden BNP oder NT-proNP gemessen, muss die Konzentration im Zusammenhang mit der Anamnese, dem klinischen Bild und anderen Untersuchungen wie z.B. Echokardiogramm und EKG beurteilt werden.

Ein Flussdiagramm zur Diagnose unbehandelter Patienten mit klinischem Verdacht auf Herzinsuffizienz und die differentialdiagnostische Bedeutung von BNP und NT-proBNP sind in Abb. 2.8-1 – Interpretation der Konzentration von BNP und NT-proBNP /4/ angegeben. Die Werte unterscheiden sich von den Empfehlungen der ESC-Guidelines. NT-proBNP hat bei jungen Patienten, die sich mit Luftnot und Leistungsinsuffizienz vorstellen, eine diagnostische Sensitivität von 88 % bei einer Spezifität von 92 %, einen positiven prädiktiven Wert von 96,7 % und einen negativen von 80,6 % /13/. Bei einem Wert unter 300 ng/l liegt der negative prädiktive Wert bei 98 %. Bei stark erhöhten Werten liegt häufig eine systolische Herzinsuffizienz vor.

Viele Patienten mit HI haben eine normale systolische, aber eine gestörte diastolische Funktion. Die diastolische Herzinsuffizienz geht mit einer ähnlichen Mortalität einher wie die systolische. Dabei besteht eine echokardiografisch nachweisbare Füllungsstörung des Ventrikels. Konzentrationen von BNP über 100 ng/l und NT-proBNP über 220 ng/l weisen auf eine solche Insuffizienz hin, die echokardiografisch bestätigt werden muss.

Die Werte von BNP und NT-proBNP korrelieren mit der Einteilung der Herzinsuffizienz nach der New York Heart Association (NYHA)-Klasse.

Siehe:

Patienten mit Stauungsinsuffizienz des Herzens und akuter Dyspnoe haben in der Regel höhere BNP- und NT-proBNP Konzentrationen als diejenigen mit nicht-akuter Herzinsuffizienz. Werden BNP- und NT-proBNP als Suchtest auf eine Herzinsuffizienz in der Bevölkerung (Alter ≥ 45 J.) bestimmt, so werden, unter Anwendung alters- und Geschlechts spezifischer Grenzwerte, Personen mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion von ≤ 40 % mit einer diagnostischen Sensitivität und Spezifität von jeweils 75–100 % erkannt. Beide Parameter haben in etwa die gleiche Wertigkeit /14/.

Bei der stationären Aufnahme von Patienten mit akuter Dyspnoe ermöglicht die Bestimmung von BNP oder NT-proBNP eine Unterscheidung derjenigen mit und ohne kardiale Dysfunktion (Abb. 2.8-1–Interpretation der Konzentration von BNP und NT-proBNP).

Ein wichtiger Faktor bei Beurteilung der Konzentration von BNP und NT-proBNP ist das Vorliegen einer Niereninsuffizienz. Beide Herzmarker steigen mit Verminderung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) an und beeinflussen so die Entscheidungsgrenze. In einer Studie /16/ betrug die Konzentration von NT-proBNP in der Altersgruppe über 20 Jahre bei einer eGFR von:

  • Unter  30  [ml × min–1 × (1,73 m2)–1] 4489 (1994–11688) ng/l
  • 30–50  [ml × min–1 × (1,73 m2)–1] 2455 (951–5671) ng/l
  • Über 50  [ml × min–1 × (1,73 m2)–1] 1018 (336–2578) ng/l.

Adipöse Patienten haben niedrigere Werte von BNP und NT-proNP /17/. Eine mögliche Ursache soll die raschere BNP-Clearance aus Fettgewebe sein.

Das Verhalten von BNP und NT-proNP bei kardialer Dysfunktion ist in Tab. 2.8-2 – Verhalten von BNP und NT-proBNP bei Erkrankungen aufgeführt. Werte bei Dyspnoe zeigt Tab. 2.8-3 – NT-proBNP bei Patienten mit akuter Dyspnoe mit und ohne Herzinsuffizienz. Die in-Hospital Mortalität beim akuten Koronarsyndrom in Abhängigkeit vom BNP-Wert zeigt Tab. 2.8-4 –Kaplan-Meier Kurven zur Demonstation der 76 tägigen Überlebenskurve.

BNP und NT-proBNP sind akzeptable Marker zur Diagnostik, nicht aber zum Ausschluss einer Herzinsuffizienz bei Patienten, die in eine Notfalleinheit eingewiesen werden. Ein Grenzwert von 100 ng/L für BNP scheint ein guter Kompromiss zu sein. Das gilt nicht so sehr für NT-proBNP, aber die Alters-bezogenen Grenzwerte von 450 ng/L für < 50 Jährige, 900 ng/L für 50–75 Jährige und 1.800 ng/L für > 75 Jährige scheinen sinnvoll /2/. Bei Patienten mit septischem Schock und einer adäquaten Therapie waren NT-proBNP Werte > 1.000 ng/L zum Zeitpunkt von 72 Stunden mit einem negativen Ausgang assoziiert; Kriterium war die Mortalität innerhalb von 28 Tagen /7/.

Prognostische Wertigkeit von BNP und NT-proBNP

BNP und NT-proBNP sind bei Patienten mit chronischer HI bessere prognostische Indikatoren als die NYHA-Klassifikation. Bei Patienten mit stabiler Angina pectoris geben BNP und NT-proBNP Hinweise zu längerfristig auftretenden kardiovaskulären Ereignissen und zur Mortalität. Bei Patienten mit kürzlich erfolgtem Myokardinfarkt geben beide Marker Auskunft zur linksventrikulären Funktion, zur Infarktgröße und zum Überleben. Auch bei Volumen Überladung beim akuten Koronarsyndrom, Vorhofflimmern und Lungenembolie sind BNP und NT-proBNP gute prognostische Marker.

2.8.6 Hinweise und Störungen

Probe

Für BNP Tests ist EDTA-Plasma die bevozugte Probe, für NT-proBNP ist es Serum.

Bestimmungsmethode

Die Höhe der Werte von BNP und NT-proBNP sind vom Typ des verwendeten Assays, der Antikörperspezifität und dem Kalibriermaterial abhängig. Um beide Marker im klinischen Alltag korrekt anzuwenden ist es wichtig die Angaben des Herstellers zu den Referenzbereichen zu übernehmen /1246/. Insgesamt zeigen nach einem systematischen Review /47/ BNP und NT-proBNP einen hohen Grad an diagnostischer Richtigkeit ohne signifikante Differenz in der Odds-Ratio (OR) zur Diagnostik der chronischen Herzinsuffizienz (ORBNP 8,4; ORNT-proBNP 23,4) und des akuten Herzversagens (ORBNP 16,5; ORNT-proBNP 18,6).BNP kreuzreagiert nur unwesentlich in NT-proBNP Tests und umgekehrt /48/.

Die Resultate von BNP oder NT-proBNP sind bezugnehmend ihrer Unterschiede in der Kreuzreaktivität und der Detektion glykosylierter Fragmente von NT-ProBNP nicht austauschbar /48/. Die NT-proBNP Assays werden generell als harmonisiert beurteilt, da alle Assays die Antikörper und Kalibratoren eines Herstellers verwenden. Die diagnostischen Plattformen anderer Hersteller werden dann an diese adaptiert.

Probennahme BNP

Wird zur Bestimmung ein Immunoassay mit einer Kombination von Antikörpern gegen Epitope der Aminosäuren 90–97 und 103–107 eingesetzt, sollte das Blut in Plastikröhrchen, die EDTA enthalten, abgenommen werden /49/.

Probennahme NT-proBNP

Serumröhrchen oder Röhrchen die Lithium- oder NH4+-Heparinat enthalten. Separatorgel stört nicht. Im EDTA-Plasma können die Werte um bis zu 10 % niedriger sein als im Serum.

Stabilität BNP

Die Messung sollte innerhalb von 24 h geschehen, wenn das Blut bei Raumtemperatur gelagert wird. Ist eine Messung in dieser Zeit nicht möglich, sollte die Trennung von den korpuskulären Bestandteilen erfolgen und das Plasma in einem Röhrchen, das einen Kallikrein- oder Serin-Protease-spezifischen Inhibitor enthält, bei 4 °C bis zu 72 h gelagert werden. Alternativ ist tieffrieren möglich /49/.

Stabilität NT-proBNP

Im Vollblut und Plasma bei Raumtemperatur oder 4 °C bis 72 h stabil. Einfrieren von Serum/Plasma beeinflusst nicht die Konzentration. Lagerung bei –80 °C bis zu 1 Jahr /50/.

Blutentnahme

Sollte nicht nach körperlich belastenden Untersuchungen wie Ergometrie oder Stress-Echokardiographie erfolgen. Unter solchen Bedingungen kann es auch bei Gesunden zu Erhöhungen von BNP oder NT-proBNP kommen /51/.

Medikamente

Diuretika, ACE-Hemmer und Beta-Blocker können die BNP-Konzentration im Plasma vermindern. Vor Beginn einer Therapie sollte ein Ausgangswert ermittelt werden. Die Gabe von synthetischem BNP (Natrecor, Nesiritide) kann bei der BNP-Bestimmung zu erhöhten Werten führen. Ebenfalls beeinflusst die Gabe von Hemmstoffen der neutralen Endopeptidase, z.B. Omapatrilat, durch Hemmung des BNP-Abbaus dessen Plasmakonzentration. NT-proBNP wird in diesen Therapien nicht beeinflusst.

Kochsalzbelastung

Eine Erhöhung der täglichen Kochsalzbelastung von 10 g (171 mmol)/Tag auf 30 g (513 mmol)/Tag über 5 Tage führt zu einem Anstieg der BNP-Konzentration um 53 %. Auf Grund einer äquimolaren Freisetzung, aber längeren Halbwertszeit von NT-proBNP steigt dies bei chronischer Kochsalzbelastung stärker an als BNP /52/.

Alter und Geschlecht

Ab dem 45. Lj. kommt es alle 10 Jahre zu einem Anstieg von BNP um bis zu 50 % und von NT-proBNP von im Mittel bis zu 74 %. Bezugnehmend auf das gleiche Alter haben Frauen höhere Werte von BNP und NT-proBNP als Männer /53/.

Körperliche Belastung

Nach einem Standard Laufbandergometer-Protokoll wird 1 min nach Beendigung gegenüber dem Basiswert ein Anstieg von BNP um 143 % gemessen /54/. 15 min nach einem Marathonlauf sind die Werte von NT-proBNP um 211 % höher als der Basiswert /51/. Auch die Anzahl der Herzschläge beeinflusst die Konzentration von BNP und NT-proBNP. Mit jeder Zunahme um 10 Herzschläge pro Minute nimmt die Konzentration von BNP um 9 % ab und diejenige von NT-proBNP um 15 % /53/.

Body mass index

Obesitas ist mit einer glomerulärer Hyperfiltration und Alters bezogen niedrigeren Werten von NT-proBNP assoziiert. Es sollte deshalb bei Beurteilung der Werte die Estimated glomerular filtration rate (eGFR) berücksichtigt werden. Die Berechnung sollte aber nach der Cockcroft-Gault-Formel erfolgen, da in diese Alter und Gewicht mit eingehen. Ein Abfall der eGFRC-G um 10 % ist mit einem Anstieg von NT-proBNP um 9 % assoziiert /55/.

Intraindividuelle Variation

Bei Gesunden und Patienten mit stabiler Herzinsuffizienz betrug der VK% von Woche zu Woche bei BNP 40 % /56/ und bei NT-proBNP 35 % /56/.

Stationäre Liegezeit und Kosten von Patienten mir erhöhtem NT-proBNP: Patienten mit Herzinsuffizienz (HF) haben ein hohes Risiko der Re-Hospitalisation im Vergleich zu HF-negativen Patienten. Die HF-positiven Patienten hatten nach einer Studie eine längere totale Liegezeit (Median 18 versus 30 Tage). Die medizinischen Kosten der Hospitalisation waren 0,76 Millionen Yen im Vergleich zu 2,38 Millionen Yen /57/.

2.8.7 Pathophysiologie

Die natriuretischen Peptide ANP, BNP und C-CNP sind durch eine 17 Aminosäuren Ringstruktur mit einer Disulfidbrücke zwischen zwei Cysteinresten charakterisiert (Abb. 2.8-5–Spaltung des proBNP 1-108). Die Ringstruktur ist für die Rezeptorbindung und die biologischen Funktionen maßgebend. Die Prohormone werden von separaten Genen kodiert. Die Synthese von ANP und BNP erfolgt vorwiegend in den Vorhöfen bzw. Ventrikeln des Herzens. Bei linksventrikulärer Fehlfunktion, Ventrikelhypertrophie und anderen kardialen Dysfunktionen mit chronisch erhöhtem hämodynamischen Druck oder Volumenüberlastung unterliegen die ventrikulären Myozyten Modifikationen und reexprimieren fetale Gene, die eine verstärkte Synthese von ANP und BNP kodieren /2/.

ANP ist in sekretorischen Granula der Kardiomyozyten gespeichert und wird rasch ausgeschüttet bei Volumenüberlastung des Extrazellulärraumes. Die Abgabe von BNP erfolgt demgegenüber nicht durch Sekretion aus Speichergranula, sondern in Schüben die durch Genexpression reguliert werden. Stimulus ist die linksventrikuläre Dehnung des Myokards.

Die NP entfalten ihre Wirkung über drei Zellmembran Rezeptoren, die ihre Signale über den Guanylatcyclase Weg in das Zellinnere vermitteln. Der NP-Rezeptor A wird bevorzugt von BNP und ANP aktiviert, der Rezeptor B mit hoher Affinität von CNP und geringerer von ANP und BNP. Der NP-Rezeptor C, der in Leber, Lunge, Nierentubuli und im Gefäßendothel lokalisiert ist, eliminiert die NP aus der Zirkulation.

ANP und BNP wirken als Antagonisten des sympathischen Nervensystems und des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems. Die Guanylatcyclase Typ A-Rezeptoren sind im Organismus weit verbreitet, die größte Dichte ist aber in der Zona glomerulosa der Nebennieren sowie in den Sammelrohren der innerer Medulla der Nieren. Der natriuretische Effekt von ANP und BNP ist zweistufig.

Die natriuretischen Peptide üben ihre Wirkungen auf folgenden Ebenen aus /58/:

  • Am Glomerulum aktivieren sie die Verengung der efferenten und eine Erweiterung der afferenten Arteriolen und bewirken somit eine temporäre Erhöhung der glomerulären Filtrationsrate.
  • An den Sammelrohren längerfristig eine Verminderung der Na+-Reabsorption und somit eine Erhöhung der Na+-Ausscheidung im Urin.
  • Die physiologischen Wirkungen von ANP und BNP sind in Tab. 2.8-5– Wirkungen von ANP und BNP aufgeführt.

BNP wird in den Kardiomyozyten als 134 Aminosäuren langes Prä-proBNP synthetisiert und vom kurzen Arm des Chromosoms 1 kodiert. Post translational entsteht nach Abspaltung eines Signalpeptids zunächst proBNP (1–108). Das proBNP wird durch die Serinprotease Corin in den Kardiomyozyten in BNP mit den Aminosäuren 77–108 und in das biologisch inaktive NT-proBNP mit den Aminosäuren 1–76 gespalten. BNP hat ein MG von 3,5 kD und NT-proBNP von 8,5 kD. Beide Peptide gelangen äquimolar in die Zirkulation. Die Halbwertszeit von BNP ist etwa 20 min, die von NT-proBNP 1–2 h /5/.

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Tabelle 2.1-1 Abschätzung des kardiovaskulären Risikos durch Algorithmen und Scores

Studie

Zielsetzung und Ergebnis

Framingham /7/

Das individuelle Risiko, innerhalb der nächsten 10 Jahre an einen Herzinfarkt oder einer anderen koronaren Herzkrankheit zu versterben, wird geschätzt. Die Risikoabschätzung basiert auf einem Score, der in der Framingham Heart Study (USA) entwickelt wurde. Der Score errechnet sich aus den Punkten für die einzelnen Risikofaktoren. Risikofaktoren sind Geschlecht, Alter, Cholesterin, systolischer Blutdruck, Tabletten Einnahme gegen Bluthochdruck und Zigarettenrauchen. Die Angabe des Risikos erfolgt in Prozent. Neben einem Herzinfarktrisiko von über 20 % in den nächsten 10 Jahren gelten auch Patienten mit bestehender koronarer Herzkrankheit, andere Formen der Atherosklerose und ein Diabetes mellitus als Hochrisikofaktoren. Der Framingham Algorithmus ist abrufbar unter www.chd-taskforce.de. Ein Teil der Patienten mit einem ersten koronaren Ereignis haben nicht dieses traditionelle Risikoprofil. Auch führen Faktoren, die nicht im Score enthalten sind, zu einer Risiko Verminderung. So hat die Nurses Health Study gezeigt, dass Personen durch Änderung des täglichen Verhaltens wie Änderung der Nahrungsgewohnheiten, körperliche Aktivität, moderater Alkoholkonsum, das koronare Risiko um 84 % senken /11/. Etwa 31 % der asymptomatischen Männer und 7 % der Frauen in den USA im Alter von 40–79 Jahren und ohne Diabetes werden als mittleres Risiko eingruppiert. Es besteht kein Konsens, ob und wie diese Personen behandelt werden sollen. Etwa 11 % der Männer mit mittlerem Risiko werden der Hochrisikogruppe und 12 % der niedrigen Risikogruppe zugeordnet, wenn zusätzlich CRP bestimmt wird /12/.

PROCAM /6/

Der PROCAM-Risiko Rechner schätzt das individuelle Risiko einer Person, innerhalb der nächsten 10 Jahre einen Herzinfarkt zu erleiden. Die Risikobestimmung basiert auf den Daten der Prospective Cardiovascular Münster (PROCAM)-Studie. Der Score errechnet sich aus den Punkten für die einzelnen Risikofaktoren. Risikofaktoren sind Geschlecht, Alter, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin, Triglyceride, systolischer Blutdruck, Zigarettenrauchen, Diabetes mellitus und Familienanamnese (haben Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Sohn, Tochter vor dem 60 Lj. einen Herzinfarkt erlitten?). Das Risiko kann entweder mit Hilfe eines Algorithmus (www.chd-taskforce.de) oder vermittels eines Punktsystems (Score) geschätzt werden. Die Niedrigrisiko Gruppe (< 10 % Herzinfarkt Risiko in den nächsten 10 Jahren) hat eine PROCAM-Score ≤ 41 Punkte, die Gruppe mit mittlerem Risiko (10–20 %) von 42–50 und die Hochrisiko Gruppe (> 20 %) von über 50. Neben einem Herzinfarktrisiko in den nächsten 10 Jahren gelten auch Patienten mit derzeitiger Angina pectoris, mit Herzinfarkt oder Schlaganfall in der Vergangenheit als Hochrisikopatienten. Der PROCAM-Risiko Rechner ist abrufbar unter www.chd-taskforce.de.

ESC-Score /9/

Die European Society of Cardiology (ESC) hat auf Basis von Blutdruck, Cholesterinkonzentration, Alter, Geschlecht und Rauchen einen Score für ein tödliches kardiovaskuläres 10-Jahresrisiko für Hoch- und Niedrigrisiko-Regionen erstellt (Abb. 2.1-1 – European Society of Cardiology kardiovaskulärer Risk Score). Unabhängig von dem Score besteht ein hohes Risiko wenn folgende Kriterien bestehen:

  • Atherosklerose
  • oder Diabetes mellitus
  • oder chronische Niereninsuffizienz
  • oder Cholesterin über 300 mg/dl (8 mmol/l)
  • oder LDL-Cholesterin über 232 mg/dl (6 mmol)
  • oder Blutdruck über 180/110 mm Hg
  • oder multiple Risikofaktoren, die ein geschätztes fatales kardiovaskuläres Risiko über 5 % in den nächsten 10 Jahren ergeben.

Tabelle 2.1-2 Neue Risikomarker zur primären Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen (CVD)

Risikomarker

Klinische Bedeutung

Neue Risikomarker

Als sogenannte Emerging risk factors hat die National Academy of Clinical Biochemistry die nachfolgenden Untersuchungen vorgeschlagen /10/.

Entzündungsmarker

In die Auswahl einbezogen wurden hsCRP, Fibrinogen und die Leukozytenzahl. Erhöhte Werte von Fibrinogen, der Leukozytenzahl und von hsCRP sind unabhängig von anderen Risikofaktoren mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert.

Fibrinogen wird auf Grund analytischer Probleme und der mangelnden Standardisierung nicht empfohlen. Für die Leukozyten liegen noch keine eindeutigen Klassifikationskriterien zwischen der Zahl und dem kardiovaskulären Risiko vor.

– CRP

Die Bestimmung des hoch sensitiven C-reaktiven Proteins (hsCRP) klassifiziert die Patienten wie folgt: a) niedriges Risiko < 1,0 mg/l; mittleres Risiko 1,0–3,0 mg/l; c) hohes Risiko > 3 mg/l; d) Werte ≥ 10 mg/l sind nicht beweisbar, nochmalige Bestimmung nach Sanierung der Entzündung falls eine vorliegt. Ist der Wert unter 3 mg/l ist keine Wiederholung der Untersuchung erforderlich. Eine CRP-Konzentration über 10 mg/l spricht für eine akute Entzündung und erlaubt keine Beurteilung des kardiovaskulären Risikos. Die Untersuchung muss nach Abklingen der akuten Phase nochmals durchgeführt werden. Bei Vorliegen einer CRP-Konzentration zwischen 3 und 10 mg/l soll die Untersuchung wiederholt werden. Der niedrigere Wert gilt dann als der Wahre. Konzentrationen über 3 mg/l sprechen mit einiger Wahrscheinlichkeit für ein kardiovaskuläres Risiko. hs-CRP sollte nicht gemessen werden, wenn der Framingham-Score unter 10 % ist. Bei einem Score von 10–20 % hilft hsCRP bei der Entscheidung, ob eine präventive Therapie (Statine, Aspirin) durchgeführt werden sollte. Ein Wert > 3 mg/l weist darauf hin. Gemessen als Einzelparameter ist das relative Risiko einer koronaren Herzerkrankung 1,58 fach (Vertrauensbereich 1,37–1,83) höher wenn hsCRP über 3 mg/l anstatt unter 1 mg/l ist /11/.

Lipoproteinsubklassen

Obwohl die Konzentration kleiner LDL-Partikel bei beginnender CVD erhöht ist, wird auf Grund analytischer Probleme die Bestimmung nicht empfohlen. Außerdem sind die LDL-Größe oder das Vorliegen kleiner dichter LDL bei Berücksichtigung von Triglyceriden, HDL-Cholesterin und Glucose keine unabhängigen Risikofaktoren mehr.

– Lp (a)

Ab einem Grenzwert von ≥ 300 mg/l ist Lp (a) erhöht. Neuere gemeinsame Empfehlungen der Europäischen Gesellschaften für Kardiologie und Atherosklerose empfehlen sogar einen Schwellenwert von 600 mg/l um ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko zu definieren. Die Bestimmung von Lp (a) wird zur primären Prävention des koronaren Risikos nicht empfohlen. Ausnahmen sind jedoch:

  • Wenn die Scores ein intermediäres Risiko (10–20 %) ergeben und eine präventive Therapie erwogen wird.
  • Bei Personen mit Familienanamnese einer CVD zur Feststellung, ob eine Prädisposition besteht.

Im Vergleich zu Personen mit einem Lp (a)-Wert unter 300 mg/l haben diejenigen mit einem Wert darüber ein um den Faktor 1,59 (Vertrauensbereich 1,29–1,79) erhöhtes koronares Risiko /11/. Zum Monitoring von Lp (a) für die Therapiekontrolle liegen noch zu wenige Daten vor.

– Apo­lipo­proteine

Der erste Schritt zur Beurteilung einer Lipid-senkenden Therapie ist die Bestimmung von LDL-Cholesterin. Die Bestimmung von ApoB ist ein mindestens genauso zuverlässiger Parameter zur Beurteilung des koronaren Risikos wie das LDL-Cholesterin. Weil aber die Therapieziele zur Prävention für LDL-Cholesterin definiert sind, bringt die Bestimmung von ApoB keine praktischen Vorteile. Zur Beurteilung des kardiovaskulären Risikos kann anstatt der Ratio Gesamt-Cholesterin/HDL-Cholesterin auch die Ratio ApoB/Apo A1 bestimmt werden.

Estimated GFR

Bei allen Patienten mit Hypertension, Diabetes mellitus, Familienanamnese für kardiovaskuläre Erkrankung und solche mit einem intermediären kardiovaskulären Risiko sollte bestimmt werden: Glomeruläre Filtrationsrate (estimated GFR) und die Albuminausscheidung im Urin.

Kardiales Troponin

Siehe Beitrag 2.4

Homocystein

Die klinische Anwendung als Risikofaktor der CVD ist umstritten. Das Risiko wird anhand der Werte (μmol/l) eingeschätzt: ≤ 10 wünschenswert; > 10 bis < 15 intermedär; ≥ 15 bis unter 30 hoch; ≥ 30 sehr hoch. Die Behandlung von Patienten mit erhöhten Homocysteinwerten führt nicht zur Verminderung des koronaren Risikos /11/.

Natriuretisches Peptid

Erhöhte Werte von BNP und NT-BNP sind mit einer erhöhten kardiovaskulären Morbidität und Mortalität in den nächsten 2–7 Jahren assoziiert. Auch wurde für BNP und NT-ProBNP neben dem sensitiven Troponin I und T, anders als alle anderen neuen Risikofaktoren inklusive hsCRP gezeigt, dass mit diesen Markern die Risikovorhersage durch klassische Risikovorhersage-Modelle wie Framingham verbessert werden kann. Dennoch werden BNP und NT-proBNP noch nicht zur Screeninguntersuchung für die primäre Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen empfohlen.

Adiponectin /12/

Adiponectin hat Insulin-sensitive Effekte und spielt eine wichtige Rolle bei der Homöostase des Glucose- und Lipidstoffwechsels. Die Adiponectinkonzentration nimmt ab, wenn das Fettgewebe zunimmt. So haben adipöse Patienten mit Diabetes Typ 2 , essentieller Hypertonie, Dyslipidämie und kardiovaskulärer Erkrankung im Vergleich zu Normgewichtigen niedrigere Adiponectinwerte im Blut. Gewichtsabnahme führt zu einem Anstieg von Adinopectin. Eine protektive Potenz wird dem Adiponectin bezüglich der Entstehung von Insulinresistenz und Diabetes Typ 2 zugesprochen.Eine niedrige Konzentration von Adiponectin soll die vermehrte Freisetzung proinflammatorischer Zytokine aus dem Fettgewebe bewirken und somit die Entstehung der Atherosklerose fördern.

MPO

Die Myeloperoxidase (MPO) wird von aktivierten Granulozyten und Monozyten bei einer Inflammation freigesetzt. MPO erhöht das oxidative Potential von H2O2 unter Bildung von HOCL durch die Peroxidation von Chlorid. MPO fördert die Atherosklerose durch Oxidation von LDL was zur Bildung von Schaumzellen führt, die wiederum die Ausbildung von Fatty streaks und Atheromen bewirken. Mehrere Studien fanden, dass MPO unabhängig mit dem kardiovaskulären Risiko assoziiert ist, insbesondere für das Eintreten einer Herzinsuffizienz. Auch wurde für Patienten mit akutem Koronarsyndrom gezeigt, dass MPO die Risikostratifizierung zusätzlich zu klinische Kriterien (z.B. TIMI-Score) verbessert. So ist MPO prädiktiv für kardiovaskuläre Ereignisse innerhalb von 30 Tagen und nach 6 Monaten bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom, deren Troponin negativ war. Untersuchungsmaterial ist EDTA-Plasma, der obere Referenzwert 633 pmol/l (95. Perzentile) /13/.

Tabelle 2.2-1 Kriterien zur klinischen Diagnose des metabolischen Syndroms /7/

Kriterien

Messung

Kategorische Grenzwerte (erhöhtes Risiko)

Abdominale Fettsucht

Taillenumfang

Europäer: Männer ≥ 102 cm; Frauen ≥ 88 cm

United States of America: Männer ≥ 102 cm; Frauen ≥ 88 cm

Asien: Männer ≥ 90 cm; Frauen ≥ 80 cm

Mittelmeerregion, Mittlerer Osten: Männer ≥ 94 cm; Frauen ≥ 80 cm

Afrika Sub-Sahara: Männer ≥ 94 cm; Frauen ≥ 80 cm

Ethnien aus Zentral- und Süd-Amerika: Männer ≥ 90 cm; Frauen ≥ 80 cm

Blutdruck

Blutdruck

≥ 130/85 mmHg

HDL-Cholesterin

HDL-Chol­esterin

Männer < 40 mg/dL (1,0 mmol/l); Frauen < 50 mg/dl (1,3 mmol/l)

Triglyceride

Triglyceride

> 150 mg/dL (1,7 mmol/l)

Nüchternglucose

Glucose

> 100 mg/dL (5,55 mmol/l)

Die meisten Patienten haben einen Typ 2 Diabetes bei den vorgeschlagenen Kriterien

Tabelle 2.2-2 Individuelle Komponenten des metabolisch vaskulären Syndroms (MVS)

Komponente / Klinik und Labordiagnostik

Übergewicht/Obesitas: Übergewicht und Obesitas, im englischen Sprachgebrauch als Overweight und Obesity bezeichnet, sind nach der WHO als ein Body mass index (BMI) ≥ 25 kg/m2 (Übergewicht) und ≥ 30 kg/m2 (Obesitas) definiert. Bei Kindern wird ein BMI über der 85. Perzentilen als Übergewicht und über der 95. Perzentilen als Obesitas klassifiziert. Der BMI wird berechnet aus Gewicht (kg)/(Größe [m])2. Da das MVS mit einer Stammfettsucht assoziiert ist, wird nicht das Körpergewicht, sondern der Taillenumfang als ein Kriterium des MVS festgelegt. Nach NECP-ATP III ist bei Frauen ein Taillenumfang über 88 cm und bei Männern über 102 cm ein Kriterium. Nach der IDF ist dieses Kriterium enger gefasst (Tab. 2.2-1 – Kriterien des metabolischen Syndroms nach NECP-ATP III und IDF für Erwachsene kaukasischer Abstammung).

Die Ätiologie der Obesitas ist komplex und ist von vielen Faktoren abhängig. die da sind Genetik, Diät, physiche Aktivität, Schlaf, Medikamente, psychosozialer Stress, eine erhöhte Körpermasse, Dysfunktion des Fettgewebes, physischer Stress, Herzerkrankung, Diabetes Typ 2, Hyperlipidämie, Schlafapnoe, Arthritis, mentale Probleme /40/ aber die wesentliche Ursache ist eine Energieimbalance. Es besteht eine zu hohe Kalorienaufnahme bei zu geringem Energieverbrauch. Das führt zur verstärkten Speicherung von Energie in den Adipozyten welche durch die verstärkte Fetteinlagerung eine Hypertrophie erfahren und ebenfalls ihre Zellzahl vermehren (Hyperplasie). Bei Überschreiten der Speicherkapazität resultiert ein Stress der Mitochondrien und des endoplasmatischen Retikulums der Adipozyten mit Dysfunktion /24/. Diese umfasst die Bildung von Adipokinen, freien Fettsäuren und proinflammatorischen Zytokinen. Die Adipokine, zu ihnen gehören Adiponectin, Leptin, Resistin und Ghrelin zirkulieren im Blut, haben einen zentralen Einfluss auf den Verbrauch und Bedarf von Energie und begünstigen eine systemische Ieichtgradige Inflammation, Insulinresistenz, Atherosklerose, nicht-alkoholische Fettleber und Diabetes Typ 2. Insgesamt ist die Obesitas ein metabolischer und kardiovaskulärer Risikofaktor.

Nach der WHO beträgt das Übergewicht und die Adipositas bei Heranwachsenden global etwa 18 %. Die Prävalenz des metabolischen Syndroms bei denjenigen mit Adipositas liegt bei etwa 60 % und ist assoziiert mit weiteren Komorbiditäten wie Entwicklung eines Prädiabetes oder Diabetes Typ 2, der zweifachen Zunahme einer koronaren Herzkrankheit, der Zunahme des Schlaganfalls und einer 1,5-fachen Zunahme der Todesursache, auch schon im frühen Erwachsenenalter. In einer Studie bei 14–18jährigen Adipösen /37/ wurden folgende Grenzwerte zur Erkennung von Komorbiditäten angewendet: Hüftumfang (Jungens > 96 cm, Mädchen > 80 cm), Prädiabetes (Nüchternglucose ≥ 5.6 mmol/l) (HbA1c ≥ 39 mmol/mol), Insulinresistenz (HOMA-IR erhöht), Blutdruck ≥ 95. Perzentilen, Fette (LDL Jungens ≥ 1,03 mmol/l, Mädchen ≥ 1,29 mmol/l), Cholesterin > 5,2 mmol/l, Harnsäure (Jungens ≥ 417 umol/l, Mädchen ≥ 340 umol/l) CRP > 5,0 mg/L, Aminotransferasen erhöht.

Übergewicht und Obesitas während der Adoleszenz (Altersgruppe 10–19 Jahre) hat gesundheitliche Folgen wie Prädiabetes und Diabetes, die nicht-alkoholische Fettleber, Dyslipidämie, das polyzystische Ovarialsyndrom, eine verminderte Schlafapnoe und mentale Probleme aufgrund einer sozialen Stigmatisierung /42/. Befunde zeigt Tab. 2.2-4 – Befunde in der Adoleszenz bei Übergewicht und Obesitas.

Insulinresistenz /19/: Unter Insulinsensitivität versteht man die Wirkung von Insulin die Glucose im Plasma zu senken durch die Reduktion der hepatischen Glucoseproduktion und die Stimulierung der Glucoseaufnahme durch die Skelettmuskulatur und das Fettgewebe. Die Insulinresistenz beschreibt die abgeschwächte biologische Antwort der Gewebe auf Insulin. Entwickelt eine Person eine Insulinresistenz, hereditär bedingt oder metabolisch verursacht durch Fettsucht, so kann anfangs der erhöhte Insulinbedarf durch eine verstärkte Insulinproduktion kompensiert werden. Insulin ist jedoch das Hormon, welches physiologisch die Differenzierung von mesenchymalen Stammzellen über Präadipozyten zu Adipozyten triggert. Werden reichlich Kalorien aufgenommen, entwickelt sich bei vorliegendem Hyperinsulinismus eine Adipositas. Kommt es durch die Überlastung der β-Zellen zur verminderten Kapazität des Pankreas vom synthetisierten Proinsulin das Insulin abzuspalten, gelangt vermehrt Proinsulin in die Zirkulation. Proinsulin hat zwar nur einen geringen Glucose-senkenden Effekt, aber die gleiche Wirkung wie Insulin auf die mesenchymalen Stammzellen. Somit kommt es zur verstärkten Bildung von Adipozyten, insbesondere im viszeralen Fettgewebe. Dieses Fettgewebe bildet verstärkt Hormone, die sogenannten Adipokine, die teilweise einen negativen Einfluss auf die Insulinresistenz haben.

Eines dieser Hormone ist Adiponectin. Seine Wirkung besteht in der Verstärkung der Insulinsensitivität, außerdem hat es einen antiatherogenen Effekt. Bei fortgeschrittener Fetteinlagerung nimmt die Adiponectinsynthese der Fettzellen ab und somit die Insulinresistenz zu, was zu einer chronisch progressiven Verschlechterung der Stoffwechselsituation führt.

Labordiagnostik: Untersuchungen zur Diagnostik der Insulinresistenz oder des Diabetes Typ 2 sind die Nüchterglucose, der orale Glucosetoleranz-Test, der HOMA, der QUICKI und Proinsulin.

Hypertonie /25/: Daten der NHANES-III-Studie zeigen, dass die Prävalenz der Hypertonie progressiv mit dem BMI zunimmt. So hatten Personen mit einem BMI unter 25 kg/m2 zu 15 % eine Hypertonie, diejenigen mit einem BMI über 30 kg/m2 aber zu 40 %. Der Hyperaldosteronismus wird als ein wichtiger Faktor des MVS angesehen. So soll Aldosteron die metabolische Wirkung des Insulins vermindern, die Endothelfunktion der Gefäße schwächen, die Funktion der β-Zellen reduzieren, die Insulinsensitivität der Muskelzellen vermindern, und die Bildung pro-inflammatorischer Zytokine im Fettgewebe fördern.

Ein Teil der Wirkungen des Aldosterons soll über den Mineralokortikoid Rezeptor vermittelt werden. Insgesamt soll der Hyperaldosteronismus eine den Stoffwechel beeinträchtigende Wirkung haben. Diese trägt zum MVS und einer Dysfunktion des Endothels bei. Die Folgen sind eine resistente Hypertonie, kardiovaskuläre Beschwerden und chronische Nierenerkrankungen.

Dyslipidämie /2627/: Erhöhte Triglyceride und eine Verminderung von HDL-Cholesterin sind wesentliche Befunde des MVS. Obwohl LDL-Cholesterin kein Kriterium des MVS ist, besteht bei vielen Patienten doch eine Vermehrung kleiner dichter LDL-Partikel, die als besonders atherogen gelten. Fettzellen bestehen zu über 95 % aus Triglyceriden, die zu freien Fettsäuren (FFS) und Glycerin hydrolysiert werden. Dies geschieht durch die Triglyceridlipasen des Fettgewebes. Die Fettzelllipolyse wird durch Insulin, Katecholamine und atriale natriuretische Peptide beeinflusst. Katecholamine und atriale natriuretische Peptide aktivieren die Lipolyse. Die Lipolyse von Bauchfett wird stärker als diejenige von subkutanem Fett aktiviert. Da nur die Lipolyse von viszeralen Fett direkt mit der Leber (über die Pfortader) in Verbindung steht, hat eine Vermehrung des viszeralen Fettes eine direkte Wirkung auf den Fettstoffwechsel in der Leber. Diese bildet aus den vermehrt anfallenden FFS Very low-density liporotein (VLDL)-Partikel, wodurch die Konzentration der Triglyceride im Blut ansteigt.

Labordiagnostik /28/: Triglyceridwerte über 150 mg/dl (1,7 mmol/l), HDL-Cholesterin unter 40 mg/dl (1,0 mmol/l) bei Männern und unter 50 mg/dl (1,3 mmol/l) bei Frauen sind die Kriterien der Dyslipidämie beim MVS. Auch sollte das Labor das Nicht-HDL-Cholesterin, das alle atherogenen Apo B-enthaltenden Lipoproteine umfasst, bestimmen. Es wird berechnet aus dem Gesamt-Cholesterin minus dem HDL-Cholesterin. Das Nicht-HDL-Cholesterin ist besonders wichtig bei Personen mit Triglyceriden über 200 mg/dl (2,3 mmol/l). Der Zielwert des Nicht-HDL-Cholesterins sollte die Konzentration des LDL-Cholesterins nicht um mehr als 30 mg/dl (0,78 mmol/l) überschreiten. So beträgt bei einem Diabetiker der Grenzwert für LDL-Cholesterin 100 mg/dl (2,6 mmol/l) und der des Nicht-HDL-Cholesterins 130 mg/dl (3,4 mmol/l). Werte des Nicht-HDL-Cholesterins über 130 mg/dl (3,4 mmol/l) sind also auch ein Kriterium des MVS. Patienten mit MVS haben auch eine erhöhte ApoB-Konzentration. ApoB ist ein Kriterium der Anzahl der Lipidpartikel und unter Statintherapie ein besseres Kriterium des Therapieerfolgs als LDL-Cholesterin. Wird ein therapeutisches Ziel von unter 100 mg/dl (2,6 mmol/l) LDL-Cholesterin angestrebt, so liegt der vergleichbare Zielwert für ApoB bei unter 90 mg/dl.

Albuminurie: Die Albuminurie ist zwar kein Kriterium des MVS, aber die Hyperglykämie, Dyslipidämie und Hypertonie gehen mit einer Albuminurie einher. Zur Feststellung, ob die Nieren reversibel oder progredient geschädigt sind, wird die Albumin Ausscheidung im Spontanurin bestimmt. Ein Wert von 30–299 mg/g Creatinin spricht für die reversible Albuminurie, eine höhere Konzentration für die klinische Albuminurie (progrediente Nierenschädigung). Beim MVS weist CRP von 3–10 mg/l den behandelnden Arzt darauf hin, stärker den inflammatorischen und prothrombotischen Status des Patienten zu beachten und zu reagieren. Ansätze können eine Änderung des Lebensstils oder eine entsprechende Arzneimitteltherapie sein.

Adiponectin: Obwohl Hypertonie, Dyslipidämie, Insulinresistenz oder Diabetes Typ 2 die wesentlichen Elemente des MVS sind und die kausale Verbindung von der Adipositas zur Atherosklerose und koronaren Herzkrankheit, ist der zugrunde liegende Pathomechanismus noch nicht klar. Ein Link soll das Adiponectin sein, da es in inverser Beziehung zur Adipositas, Insulinresistenz, dem Diabetes Typ 2 und der kardiovaskulären Erkrankung steht. Außerdem erhöht die Therapie mit Insulinsensitizern (Thiazolidindione) beim Diabetes Typ 2 die Adiponectin Konzentration. Adiponectin wird als ein zusätzlicher Marker zur Beurteilung des Risikos einer Insulinresistenz, eines Diabetes mellitus, der Atherosklerose und koronaren Herzkrankheit erachtet. Die Serumkonzentration von Adiponectin wird bezugnehmend des Risikos von Insulinresistenz und Atherosklerose folgendermaßen interpretiert /19/: Über 10 mg/l geringes Risiko; 7–10 mg/l mittleres Risiko; 4–7 mg/l hohes Risiko; unter 4 mg/l sehr hohes Risiko.

Harnsäure /29/: Harnsäure spielt wahrscheinlich eine Rolle beim MVS. Eine Hypothese besagt, dass die Hyperurikämie auf einer Hyperinsulinämie beruht, da letztere die renale Ausscheidung von Harnsäure hemmt. Häufig geht aber die Hyperurikämie der Hyperinsulinämie voraus. So kommt die Hyperurikämie auch bei Personen mit MVS vor, die nicht übergewichtig sind. So hatten nur 5,9 % der Personen mit einem normalen BMI und einer Harnsäure unter 6 mg/dl (357 μmol/l) ein MVS, aber 59 % derjenigen mit einer Harnsäure über 10 mg/dl (595 μmol/l) /30/.

Tabelle 2.2-3 Erkrankungen, assoziiert oder ein Risikofaktor des metabolischen Syndroms (MetS)

Koronare Herzkrankheit: In der Framingham Heart Study /31/ wurde nach den NECP-ATP III-Kriterien die Entwicklung zum MVS verfolgt. Bei 73 % der Personen war eine Hypertonie bei Ausbildung des MVS präsent und Personen mit zentraler Obesitas hatten mit einer Odds ratio von 4,75 das höchste Risiko ein MVS zu erwerben. Patienten, die ein MVS manifestierten, hatten eine Kombination von Obesitas, Hypertonie und Hyperglykämie. Diese Personen hatten das 2,36 fach (Vertrauensbereich 1,54–3,61) erhöhte Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses und ein 3 fach (1,93–4,94) erhöhtes Mortalitätsrisiko.

Diabetes Typ 2: Personen mit MVS haben ein 5 fach erhöhtes Risiko einen Diabetes Typ 2 zu entwickeln /32/.

NAFLD: In der RISC Studie hatten 10–15 % normal gewichtiger Personen eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) und zu 70–80 % Personen mit Obesitas. Im Vergleich zu Personen mit einem Fettleberindex unter 20 hatten diejenigen mit einem über 60 eine verminderte Insulinsensitivität, ein niedrigeres HDL-Cholesterin, eine erhöhte arterielle Intimadicke, ein erhöhtes Risiko für koronare Herzerkrankung und Diabetes Typ 2 /33/.

Hepatitis C: Die chronische HCV-Infektion ist bei Nicht-Diabetikern mit einer Insulinresistenz und dem MVS assoziiert. Das ist besonders der Fall bei Patienten mit hoher HCV-RNA Konzentration. Angenommen wird eine Interaktion der Virusreplikation mit der Insulinwirkung /34/.

Kongenitale adrenale Hyperplasie (CAH): Patienten mit CAH auf Grund eines 21-Hydroxylase-Mangels haben eine hohe Androgenkonzentration im Plasma und zeigen einige Krankheits spezifische Merkmale des MVS. So ist etwa die Hälfte übergewichtig und 16 % haben eine Obesitas. Kinder mit CAH haben ein höheres Adiponectin im Vergleich zu Kontrollpersonen. Die Konzentration betrug im Median bei der Kontrollgruppe 6,7 mg/l und bei Patienten mit CAH 11 /35/. Möglicherweise schützen die hohes Adiponectin vor Insulinresistenz.

Polycystisches Ovarialsyndrom (PCOS): Das PCOS ist eine der häufigsten hormonellen Störungen bei Frauen, hat eine reproduktive, metabolische und kardiovaskuläre Komponente. Androgenexzess und Insulinresistenz erhöhen das Risiko der Glucoseintoleranz, von Diabetes Typ 2, Dyslipidämie und koronarer Herzkrankheit /36/.

Tabelle 2.2-4 Untersuchungen bei Adoleszenten mit Übergewicht oder Fettsucht nach Ref. /42/

Vorliegen von

Evaluation, Empfehlung

Diagnostische Kriterien

Dyslipidämie

Die Durchführung eines Fettstoffpanels im nüchternen Zustand wird empfohlen

Erhöhte LDL: LDL-Cholesterinkonzentration ≥ 130 mg/dL (3,4 mmol/L)

Erniedrigte HDL-Cholesterinkonzentration < 40 mg/dL (1,04 mmol/L)

Erhöhte Nicht-HDL-Cholesterinkonzentration ≥ 145 mg/dL (3,8 mmol/L)

Erhöhte Triglyceridkonzentration ≥ 130 mg/dL (1,5 mmol/L)

Prädiabetes und Diabetes

HbA1c Bestimmung

  • bei ≥ 10-Jährigen oder
  • wenn die Pubertät beginnt oder
  • wenn ein zusätzlicher Risikofaktor vorliegt

Prädiabetes: HbA1c 5,7 bis < 6,5 %

Diabetes: Random Glucose ≥ 200 mg/dL (≥ 11,1 mmol/L)

Erhöhte Nüchternglukose: 100 bis < 126 mg/dL (5,6 bis < 7,0 mmol/L)

Fettleber-Erkrankung

Die Alanin Aminotransferase (ALT) ist diagnostisch wenig sinnvoll, wird aber generell empfohlen

ALT > 25 U/L bei Jungen und 22 U/L bei Mädchen. Der obere Grenzwert ist in den einzelnen Laboratorien verschieden. Bei Vorliegen einer Steatose weist die Ultraschalluntersuchung auf eine Fettleber hin, aber diese Untersuchung beweist die Fettleber nicht.

Obstruktive Schlafapnoe

Schlafkontrolle empfohlen auf: Symptome wie chronisches Schnarchen, Schläfrigkeit tagsüber, nächtliches Schnappen nach Luft, Enuresis

Der Termin bei einem Schlafmediziner wird empfohlen.

PCOS

Menstruationsbeschwerden oder klinische Zeichen wie Hirsutismus und Akne

Vaginale Ultrasonographie: Ovulatorische Dysfunktion oder polyzystische Ovarien und Laborbefunde: Hyperandrogenismus, ovulatorische Dysfunktion

Muskuloskeletale Erkrankung

Sollten Symptome vorliegen, dann Röntgen der Hüften und der Unterschenkel

Erfordert die Expertise eines Orthopäden

Genetisch bedingte Fettsucht (selten)

Überweisung zu einem genetischen Spezialisten

Untersuchung von Genen und Chromosomen empfohlen

Tabelle 2.3-1 Myokardnekrosen auf Grund myokardialer Schädigung /7/

Schädigung primär durch Ischämie

  • Plaqueruptur
  • Intraluminale Bildung eines koronaren Thrombus

Schädigung durch Inbalance von Versorgung/Anforderung des Herzmuskels mit Blut

  • Tachy-/Bradyarrhythmien
  • Aortendissektion oder schwere Aortenklappen-Erkrankung
  • Hypertrophe Kardiomyopathie
  • Kardiogene Hypovolämie oder septischer Schock
  • Schweres respiratorisches Versagen
  • Schwere Anämie
  • Hypertonie
  • Koronarspasmus
  • Koronare Embolie oder Vaskulitis
  • Koronar-endotheliale Dysfunktion ohne signifikante CVD

Schädigungen durch nicht kardiale Ischämie

  • Kardiale Kontusion, schwere chirurgische Eingriffe, Ablation, Pacing, Defirillator-Schocks
  • Rhabdomyolyse mit kardialer Beteiligung
  • Myokarditis
  • Kardiotoxische Substanzen wie Anthrazykline, Herceptin

Schädigungen multifaktorieller Genese

  • Herzfehler
  • Stress-Kardiomyopathie
  • Schwere Lungenembolie oder pulmonaler Hochdruck
  • Sepsis und kritisch Kranke
  • Nierenversagen
  • Schwere akute neurologische Erkrankungen (Schlaganfall, Subarachnoidalblutung)
  • Infiltrative Prozesse (Sarkoidose, Amyloidose)
  • Schwere körperliche Anstrengung

Tabelle 2.3-2 Kardiovaskuläre Erkrankungen, Risikofaktoren und Häufigkeiten in den USA

Erkrankung

Häufigkeit (%)

Kardiovaskuläre Erkrankungen

36,3

Arterielle Hypertonie

33,3

Rauchen

20,8

LDL-Cholesterin ≥ 130 mg/dl

23,8

HDL-Cholesterin < 40 (50) mg/dl

15,5

Diabetes mellitus

10,6

Körperlicher Mangel an Aktivität in der Freizeit

30,8

Übergewicht (BMI > 25 kg/m2)

66,7

Fettleibigkeit BMI > 30 kg/m2

33,9

Heart Disease and Stroke Statistics 2009 der USA

Tabelle 2.3-3 Definition und Einteilung der Angina pectoris

Eine Angina pectoris erfolgt auf Grund einer regionalen myokardialen Ischämie, ist durch eine kardiale Minderperfusion des Myokards bedingt und resultiert meistens aus einer inadäquaten O2-Versorgung des Myokards. Mit hoch sensitiven Methoden wird kardiales Troponin im Blut bei vielen Patienten nachgewiesen (siehe 2.4).

Stabile Angina pectoris: Die klinischen Symptome treten unter Belastung oder Stress auf, sind komplett reversibel und wiederholen sich gewöhnlich in Zeitabständen von Monaten oder Jahren. Der Brustschmerz, mit einer Dauer von 3–15 min, ist das klassische Symptom. Durch Gabe von Nitroglyzerin wird die Symptomatik unterbrochen.

Instabile Angina pectoris: Pectanginöse Beschwerden in Ruhe, kürzlich aufgetretene neue Symptome, eine verlängerte Symptomdauer und eine variable Antwort auf Nitroglyzerin sind typischen Zeichen. Der Nachweis der Ischämie kann erfolgen durch einen positiven Stresstest in der Ergometrie und dem Befund einer Koronarterienerkrankung durch den Nachweis von Gefäßläsionen mittels Koronarangiographie.

Tabelle 2.3-4 Universelle Klassifikation des Myokardinfarktes /7/

Typ 1: Spontaner Myokardinfarkt

Spontane Myokardinfarkte resultieren aus der Ruptur eines atherosklerotisches Plaques, Ulzeration, Fissurenbildung, Erosion oder Dissektion einer Koronararterie. Es resultiert ein intraluminaler Thrombus in einer oder mehreren Koronararterien, wodurch es zu einem verminderten Blutfluss oder einer distal gelegenen Thrombosierung mit Nekrose von Myozyten kommt. Der Patient kann eine schwere, gelegentlich aber auch eine nicht-obstruktive oder keine Erkrankung der Koronararterien haben.

Typ 2: Myokardinfarkt, sekundär nach einer ischämischen Inbalance

Ein Myokardinfarkt mit Nekrosen ohne Bestehen einer koronaren Herzkrankheit liegt vor. Ursache ist eine Imbalance von Zufuhr und O2-Bedarf des Herzens, eine Endotheldysfunktion der Koronarien, ein Koronarspasmus, eine Embolie, Tachy-/Brady-Arrhythmien, Anämie, Ateminsuffizienz, hoher oder niedriger Blutdruck mit oder ohne linksventrikuläre Hypertrophie.

Typ 3; Myokardinfarkt mit Tod, wenn Biomarker nicht verfügbar

Kardialer Tod, der eine myokardiale Ischämie, neue EKG-Veränderungen oder einen Linksschenkelblock vermuten lässt. Aber der Tod trat ein, bevor Blut entnommen wurde oder bevor kardiale Biomarker angestiegen sind oder es wurde die Blutentnahme vergessen.

Typ 4a: Myokardinfarkt nach perkutaner koronarer Intervention (PCI)

Myokardinfarkt assoziiert mit einer PCI, der arbiträr definiert ist. Die Definition ist Anstieg des kardialen Troponins (cTn) > 5 fach der 99. Perzentilen des oberen Referenzbereichswerts bei Patienten mit zuvor basalen Werten < 5 fach der 99. Perzentilen oder ein Anstieg von cTn > 20 % bei erhöhten Basiswerten und wenn diese stabil sind oder abfallen. Zusätzlich entweder (i) Symptome, die auf eine myokardiale Ischämie oder neue ischämische EKG-Veränderungen oder (ii) einen neuen Linksschenkelblock hinweisen, oder (iii) der angiographische Verlust der Durchgängigkeit einer Haupt-Koronararterie oder eines Seitenastes oder ein langsamer oder nicht darstellbarer Fluss nach Embolisation, oder (iv) der Nachweis durch bildgebende Verfahren von nicht lebensfähigem Myokard oder abnorme Wandbewegungen.

Typ 4b: Myokardinfarkt durch eine Stentthrombose

Myokardinfarkt in Assoziation mit einer Stentthrombose bei Vorliegen einer myokardialen Ischämie, die diagnostiziert wird durch Koronarangiographie oder durch den Anstieg oder Abfall eines kardialen Biomarkers bei mindestens einem Wert oberhalb der 99. Perzentilen.

Typ 5: Myokardinfarkt, bedingt durch einen koronaren Bypass (Coronary artery bypass grafting; CABG)

Der mit dem CABG assoziierte Myokardinfarkt ist arbiträr definiert als Anstieg eines kardialen Biomarkers > 10 fach der 99. Perzentilen bei Patienten mit einem Basiswert ≤ 99. Perzentile. Zusätzlich, entweder (i) neue Q-Wellen oder ein neuer Linksschenkelblock, oder (ii) angiographischer Nachweis einer neuen Bypass Okklusion oder einer Koronararterien Okklusion, oder (iii) der Nachweis durch bildgebende Verfahren von nicht lebensfähigem Myokard oder abnorme Wandbewegungen.

Tabelle 2.3-5 Kriterien des akuten und des früheren Myokardinfarkts /7/

Kriterien des akuten Myokardinfarkts

Die Bezeichnung akuter Myokardinfarkt (AMI) sollte angewendet werden, wenn die Evidenz einer Myokardnekrose besteht und die klinischen Beschwerden in Einklang mit einer akuten myokardialen Ischämie sind. Unter diesen Voraussetzungen steht jedes der nachfolgenden Kriterien im Einklang mit der Diagnose MI:

1. Nachweis des Anstiegs oder Abfalls eines kardialen Biomarkers (bevorzugt kardiales Troponin) mit mindestens einem Wert oberhalb der 99. Perzentilen des oberen Grenzwertes (URL) und mindestens einem der folgende Punkte:

  • Symptome der Ischämie.
  • Neu oder vermutlich neue Anhebung der ST-Strecke oder ein neuer Linksschenkelblock.
  • Entwicklung neuer Q-Wellen im EKG.
  • Mit bildgebenden Verfahren neuer Nachweis eines vermindert beweglichen Myokards oder neue regionale Abnormitäten in der Mobilität der Herzwand.
  • Nachweis eines intra koronaren Thrombus durch Angiographie oder Autopsie.

2. Kardialer Tod mit Symptomen, die eine myokardiale Ischämie vermuten lassen und vermutlich neue EKG-Änderungen oder ein neuer Linksschenkelblock, aber der Tod erfolgte, bevor kardiale Biomarker bestimmt oder eine Änderung festgestellt werden konnte.

3. Der percutaneous coronary intervention (PCI) bezogene Myokardinfarkt ist willkürlich auf Grund des Anstiegs von kardialem Troponin (cTn) > 5 fach der 99. Perzentile des URL bei Patienten mit normalen Basiswerten (≤ 99. Perzentile URL) oder ein Anstieg von cTn > 20 %, wenn die Basiswerte erhöht, stabil oder fallend sind. Zusätzlich mindestens einer der folgenden Punkte:

  • Symptome der Ischämie.
  • Neue oder vermutlich neue Anhebung der ST-Strecke oder ein neuer Linksschenkelblock.
  • Entwicklung neuer Q-Wellen im EKG.
  • Mit bildgebenden Verfahren neuer Nachweis eines vermindert beweglichen Myokards oder neue regionale Abnormitäten in der Mobilität der Herzwand.
  • Nachweis eines intra koronaren Thrombus durch Angiographie oder Autopsie.

4. Eine Stentthrombose assoziiert mit einem MI, diagnostiziert durch Koronarangiographie oder Autopsie bei myokardialer Ischämie und im Zusammenhang mit der Anstieg oder Abfall eines kardialen Biomarkers mit mindestens einem Wert oberhalb der 99. Perzentilen des URL.

5. Der Coronary artery bypass crafting (CABG) bezogene MI ist willkürlich definiert mit mindestens einem Wert oberhalb 10 fach der 99. Perzentilen des URL bei Patienten mit normalen Basiswerten (≤ 99. Perzentile URL) und zusätzlich mindestens einer der folgenden Punkte:

  • Neue oder vermutlich neue pathologische Q-Wellen oder ein neuer Linksschenkelblock.
  • Angiographischer Nachweis der Okklusion des Transplantates oder einer nativen Koronararterie.
  • Mit bildgebenden Verfahren neuer Nachweis eines vermindert beweglichen Myokards oder neue regionale Abnormitäten in der Mobilität der Herzwand.

Kriterien eines früheren Myokardinfarkts

Eines der folgenden Kriterien trifft auf einen früheren Myokardinfarkt zu:

1. Pathologische Q-Wellen mit oder ohne Symptome in der Abwesenheit nicht ischämischer Ursachen.

2. Mit bildgebenden Verfahren Nachweis von Regionen mit Verlust von beweglichem Myokard, das dünn ist und sich nicht kontrahiert, in der Abwesenheit nicht ischämischer Ursachen.

3. Pathologische Befunde eines früheren Myokardinfarkts.

Tabelle 2.4-1 Grenzwerte sensitiver cTn-Tests /1/

Testsysteme cTnI*

LoD (μg/l)

99. Perz. (μg/l)

10 % VK (μg/l)

Axym ADV

0,02

0,04

0,16

Abbott Architect

0,009

0,028

0,032

Abbott i-STAT

0,02

0,08

0,10

Alere Triage

0,05

< 0,05

ND

Alere Triage Cardio3

0,01

0,02

ND

Beckman Acess Accu

0,01

0,04

0,06

Biomerieux Vidas Ultra

0,01

0,01

0,11

Mitsubishi Pathfast

0,008

0,029

0,014

Ortho Vitros ECi

0,012

0,034

0,034

Radiometer AQT90

0,009

0,023

0,039

Response RAMP

0,03

< 0,01

0,21

Roche Elecsys

0,16

0,16

0,30

Siemens Centaur Ultra

0,006

0,04

0,03

Siemens Dim. RxL

0,04

0,07

0,14

Siemens Immulite 2500

0,1

0,2

0,42

Siemens Stratus C

0,03

0,07

0,06

Siemens Vista

0,015

0,045

0,04

Tosoh AIA 21

0,06

< 0,06

0,09

Testsysteme cTnT*

  • Roche Cobas h232

0,05

ND

ND

  • Roche Elecsys Gen 4

0,01

< 0,01

0,03

  • Roche Cardiac Reader

0,03

ND

ND

LoD, Level of detection, untere Nachweisgrenze; Perz., Perzentile; VK, Variationskoeffizient; ND, nicht definiert

Tabelle 2.4-2 Grenzwerte von hs-cTn Tests /1/

Testsysteme cTnI

LoD

(ng/l)

99. Perz. (ng/l)

10 % VK (ng/l)

Abbott Architect

1,2

16

3,0

Beckman Access

2–3

8,6

8,6

Nanosphere MTP

0,2

2,8

0,5

Singulex Erenna

0,09

10,1

0,88

Siemens Vista

0,8

48

4,4

Testsysteme cTnT

  • Roche Elecsys

5,0

14

13

LOD, Level of detection; Perz, Perzentile; VK, Variationskoeffizient

Tabelle 2.4-3 Kardiale Troponine bei akutem Koronarsyndrom und anderen Myokardschäden

Akutes Koronarsyndrom (ACS): Das (ACS) betrifft eine Konstellation von klinischen Symptomen, die durch eine myokardiale Ischämie verursacht werden. Es umfasst den Typ 1 des Myokardinfarktes (STEMI) den Typ 2 (NSTEMI) und die instabile Angina pectoris (Tab. 2.3-4 – Universelll Klassifikation des Myokardinfarktes).

– Myokardinfarkt Typ 1 /25/: Der T1M1 ist durch eine akute Myokardschädigung, bedingt durch eine Plaqueruptur und eine intraluminale Thrombusbildung in den Koronararterien charakterisiert. Der T2MI resultiert aus einer Inbalance von myokardialen Sauerstoffbedarf und der Sauerstoffzufuhr und hat eine Pathophysiologie die von der Atherothrombose verschieden ist. Die Patienten haben eine ACS-Symptomatik und cTn Erhöhungen. Zusätzlich zu den anderen Kriterien des AMI (siehe Tab. 2.3-5 – Kriterien des akuten Myokardinfarktes) st ein cTn-Wert > 99. Perzentile URL und eine Zu- oder Abnahme des cTn in serieller Messung erforderlich. Zur Differenzierung, ob zwei cTn Werte unterschiedlich sind, erfordert das die > 3 fache Standardabweichung der Varianz des Tests. Da für die high-sensitivity cTn-Assays die Varianz 5–7 % beträgt, ist ein Anstieg oder Abfall ≥ 20 % als signifikant zu beurteilen. Siehe auch Beitrag 2.3.3 – Myokardinfarkt.

– Instabile Angina pectoris: Die Differenzierung zwischen instabiler Angina und T2MI erfolgt durch die Bestimmung des cTn. In der Regel werden keine positiven Werte gemessen. Sind jedoch Werte messbar, so sind diese mit einem erhöhten Risiko des plötzlichen Herztods innerhalb der nächsten 12 Monate behaftet. Auch mit ansteigendem cTn in den Tagen während des Klinikaufenthalts nimmt die Sterblichkeitsrate innerhalb von 30 Tagen zu.

Untersuchungen mit vier sensitiven cTn Tests haben gezeigt, dass beim Myokardinfarkt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Werte des cTn oberhalb des 2 fachen der 99. Perzentilen liegen, bei der instabilen Angina pectoris aber darunter /27/.

– Procedure related Myokardinfarkte der Typen 4 und 5 /17/: Die Procedure related myocardial cell injury mit Nekrose wird diagnostiziert durch Bestimmung von cTn vor und 3–6 Std nach und optional 12 Std nach Beendigung der Prozedur. Erhöhte Konzentrationen werden nur dann als durch die Prozedur verursacht angesehen, wenn das gemessene cTn vor Beginn normal war, also ≤ 99. Perzentile URL des verwendeten Assays lag.

– Percutaneous coronary intervention (PCI) bedingter Myokardinfarkt (Typ-4a MI) /17/: Bei Patienten, die einer PCI unterzogen werden und ein normales cTn (≤ 99. Perzentile URL) vor dem Vorgang haben, spricht eine Erhöhung von cTn > 5 fach der 99. Perzentilen URL innerhalb der folgenden 48 Std für einen Myokardinfarkt Typ 4, wenn zusätzlich noch eines der folgenden Kriterien vorliegt:

  • Hinweis auf eine verlängerte Ischämie (20 min) dokumentiert durch verlängerten Brustschmerz.
  • Ischämische ST-Änderungen oder neue Q-Wellen.
  • Angiographischer Nachweis auf Verminderung des koronaren Blutflusses.
  • Nachweis einer Bewegungsschwäche des Myokards oder regional atypische Wandbewegungen.

Wenn der cTn-Wert nach PCI ≤ 5 × 99. Perzentile URL ist und der Wert vor PCI normal war, sollte nicht von einem Myokardinfarkt gesprochen werden, sondern von einer Myokardschädigung. Das ist auch der Fall, wenn der Wert nach PCI > 5 × 99. Perzentile URL liegt, aber keine Ischämie vorliegt und angiographische Befunde oder Befunde durch bildgebende Verfahren normal sind.

Nach einer Studie /28/ ist die Langzeitprognose von PCI-Patienten vorwiegend vom cTn-Wert vor der PCI abhängig, Werte post-prozedural sind kein Anhalt für weitere Myokardinfarkte oder Tod.

– Koronararterienersatz (Typ 5-Myokard­infarkt) /17/: Während des Coronary artery bypass grafting (CABG) können viele Faktoren zur Myokardnekrose führen. Das betrifft Manipulation am Herzen, Koronardissektion, globale oder regionale Ischämie, mikrovaskuläre Ereignisse bei Reperfusion oder mangelnde Reperfusion und Muskelschädigung durch Bildung freier Sauerstoffradikale. Für einen CABG bedingten Myokardinfarkt sprechen innerhalb von 48 h nach CABG auftretende Erhöhungen von cTn > 10 × 99. Perzentile URL. Zusätzliche Kriterien:

  • Neue pathologische Q-Wellen oder Linksschenkelblock.
  • Angiographisch dokumentierte Okklusion einer Koronararterie oder des Tansplantats.
  • Nachweis einer Bewegungsschwäche des Myokards oder regional atypischer Wandbewegungen.

Herzchirurgische Eingriffe generell: Während und nach herzchirurgischen Eingriffen können große perioperative Myokardinfarkte, die üblicherweise mit der Entwicklung neuer pathologischer Q-Zacken im EKG einhergehen, auftreten. Häufiger sind T2MI, insbesondere kleinere perioperative Nicht-Q-Zacken-Infarkte. Grundsätzlich wird immer ein Myokardschaden mit Anstieg der cTn, trotz kardioprotektiver Maßnahmen, gemessen. Die Ausdehnung des Myokardschadens ist von der Art der Operation (Bypassoperation, Klappenersatz, kombinierter Eingriff), der Operationstechnik (mit oder ohne Verwendung eines kardiopulmonalen Bypasses mit Herz-Lungenmaschine) und der Kardioplegietechnik abhängig. Dabei gibt es fließende Übergänge zu kleinen perioperativen Nicht-Q-Zacken-Infarkten. Nach Mitralklappenoperationen sind beispielsweise wegen der notwendigen Kardiotomie die erwarteten Anstiege höher als nach Aortenklappenersatz; bei Aortenklappenersatz-Operation sind die Anstiege etwas niedriger als nach konventionellen aortokoronaren Bypassoperationen. Nach komplikationsloser sogenannter minimal-invasiver Bypassoperation ohne Verwendung einer Herzlungenmaschine, finden sich niedrigere oder nur grenzwertige Anstiege.

Myokardinfarkt assoziiert mit nicht-kardialen Prozeduren /17/: Der perioperative Myokardinfarkt ist eine häufige vaskuläre Komplikation bei nicht-kardialer Chirurgie und mit einer schlechten Prognose assoziiert. Die meisten Patienten haben keine ischämischen Symptome. Der asymptomatische perioperative Myokardinfarkt hat die gleiche 30 Tage-Mortalität wie der symptomatische. Deshalb wird bei Patienten mit hohem Risiko die Bestimmung von cTn vor und innerhalb von 48–72 h nach der Operation empfohlen. Bei der Bestimmung von high-sensitivity cTn haben 45 % der Patienten postoperativ Werte > 99. Perzentile URL und 22 % haben ansteigende Werte als Zeichen eines sich in Entwicklung befindlichen MI /29/.

Kritisch Kranke: Erhöhungen von cTn sind häufig auf Intensivstationen und mit einer schlechten Prognose assoziiert, unabhängig von der Erkrankung und dem Krankheitsstadium. Einige cTn-Erhöhungen reflektieren den T1MI, andere den T2MI.

Myokardiale Schädigung kardial oder nicht-kardial bedingt: Nicht ischämische kardiale Ursachen die eine myokardiale Schädigung verursachen präsentieren sich oft mit Brustschmerz oder anderen Symptomen und sorgen für diagnostische Unsicherheit. Zur Beurteilung einer solchen Situation ist die Bestimmung von cTn wichtig /26/.

– Herzinsuffizienz: Erhöhte cTn-Werte sind häufig bei akuter und chronischer Herzinsuffizienz. In der Multicenter ADHERE (Acute Decompensated Heart Failure Registry) National database wurde bei 81 % der Patienten cTn gemessen /30/. Von diesen hatten 6,2 % ein cTnI ≥ 1,0 μg/l und cTnT ≥ 0,1 μg/l. Bei Grenzwerten des cTnI von 0,4 μg/l und cTnT von 0,01 μg/l hatten 75 % der Patienten messbare Werte von cTn. Die universelle Definition des Myokardinfarktes besagt, dass die Bestimmung von cTn allein nicht ausreicht um bei einem Patienten mit Herzinsuffizienz einen AMI zu diagnostizieren. BNP bzw. NT-proBNP sind beim Myokardinfarkt abhängig vom Ausmaß der Herzinsuffizienz erhöht /17/.

– Tachykardie, Klappenfehler: Meist führen diese Zustände zu keinem cTn-Anstieg. Lang andauernde, hämodynamisch wirksame Tachykardien können zu einer sekundären Myokardischämie führen mit Anstiegen von cTn.

– Myokarditis: Die Myokarditis ist klinisch und pathologisch das Endresultat von myokardialer Infektion und Autoimmunität mit dem Ergebnis einer aktiv inflammatorischen Zerstörung von Myokardgewebe. Die wesentlichen Ätiologien sind viraler, bakterieller, fungaler, protozoaler, parasitärer, toxikologischer und hypersensitiver Natur, sowie durch immunologische Syndrome bedingt. Die klinischen Manifestationen reichen von asymptomatischen EKG Veränderungen bis zum kardiogenen Schock. Bei Verdacht auf Myokarditis wird routinemäßig cTn bestimmt. Im Myocarditis Treatment Trial hatten 34 % der Patienten mit Biopsie bestätigter Inflammation ein cTn über 3,1 μg/l. Bei Patienten mit systolischen Herzbeschwerden und negativem Biopsiebefund auf Myokarditis war das nur zu 11 % der Fall /31/.

– Myoperikarditis: Bei Perikarditis kommt es in 22–71 % der Fälle zu einer Beteiligung des Myokards. Die cTnI-Werte betrugen 0,5–50 μg/l /26/.

– Z.n. Kardioversion und Defibrillation: Normalerweise werden keine Anstiege von cTn gemessen. Jedoch nach multipler Schockabgabe (> 5–10) mit hoher Energie sind Erhöhungen von hs-cTn messbar. Nach operativer Implantation von intrakardialen Defibrillatoren und intra operativer Austestung wurde über kurzdauernde Anstiege von cTn über den Grenzwert bei einzelnen Patienten berichtet.

– Koronar­angiographie, Myokardbiopsie: Koronarangiographien und Herzkathederuntersuchungen führen bei komplikationslosen Verläufen nicht zum Anstieg von cTn. Myokardbiopsien können erhöhte high-sensitivity cTn-Werte verursachen.

– Sepsis: Erhöhungen von cTnI und cTnT wurden im Mittel in 62 % der Fälle gemessen /26/.

– Endstadium der chronischen Nieren­erkrankung /21/: Die Prävalenz der ischämischen Herzerkrankung ist bei Dialysepatienten 10–20 fach höher als in der Gesamtbevölkerung. Nach dem US Renal Data System haben etwa 40 % der Patienten im Endstadium der chronischen Nierenerkrankung (ESRD, endstage renal disease) einen Myokardinfarkt oder eine perkutane Koronarintervention. Auch ist die Überlebenswahrscheinlichkeit nach einem Myokardinfarkt deutlich vermindert. Zusätzlich haben diese Patienten vermehrt andere Risikofaktoren wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Hyperlipidämie und linksventikuläre Hypertrophie.

cTn ist häufig bei Dialyse pflichtigen ESRD-Patienten erhöht. Über Erhöhungen von cTnT wird zu 18–75 % berichtet und über Erhöhungen von cTnI in einer Häufigkeit von 4–17 %. Der Nachweis von cTn ist ein prognostischer Marker und persistierend erhöhte Werte weisen auf eine negative kardiovaskuläre Prognose hin. Eine Studie /32/ hat gezeigt, dass Erhöhungen von cTnT und cTnI bei Patienten mit ESRD mit einer 2–5 fachen Erhöhung der Mortalität assoziiert sind. cTnT zeigt empfindlicher solche Patienten an als cTnI. Eine weitere Studie /33/, in der längerzeitig der prädiktive Wert von erhöhtem cTnT untersucht wurde, hat jedoch gezeigt, dass cTnT nicht bei Dialysepatienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit ansteigt. Ein Anstieg muss immer als Zeichen von Myokardnekrosen interpretiert werden.

Die National Kidney Foundation Disease Outcomes Quality Initiative Work Group empfiehlt die Bestimmung von cTnT zur Risikostratifizierung von chronischen Dialysepatienten.

Lungenembolie /18/: Bei der akuten Lungenembolie steht die Atemnot im Vordergrund der klinischen Symptomatik. Da diese auch ein Symptom des ACS und des spontanen Pneumothorax ist, ist eine differentialdiagnostische Abgrenzung erforderlich. Bei hämodynamisch wirksamer Lungenembolie mit akuter Rechtsherzinsuffizienz kommt es auch ohne Vorliegen einer CVD durch die akute Überlastung des rechten Herzens zum Anstieg von cTn. Nach einer Metaanalyse /34/ haben 10–77 % (Median 39 %) der Patienten ein erhöhtes cTn. Bei diesen Patienten ist die 30 Tage-Mortalität erhöht (Odds Ratio 5,24). Häufig werden sehr hohe Anstiege von D-Dimeren gemessen. Beim ACS sind die D-Dimere nur leicht oder grenzwertig erhöht und beim spontanen Pneumothorax sind sie normal. Siehe auch Beitrag 2.8 – B-type natriuretisches Peptid (BNP) and N-terminal pro-B-type natriuretisches Peptid.

Chemotherapie /26/: Die hochdosierte Chemotherapie maligner Tumoren mit z.B. Anthracyclinen, Cyclophosphamid und wahrscheinlich auch Platin-basierten Substanzen kann nicht nur eine Knochenmarks-Zytotoxizität, sondern auch eine Kardiotoxizität bewirken. Unterschieden werden:

  • Die akute/subakute Form, sie ist die Häufigere und tritt jeder Zeit, bis zu 2 Wochen nach Beendigung der Therapie auf. Im EKG sind Auffälligkeiten in der Repolarisation und QT-Intervall Änderungen sowie supraventrikuläre und ventrikuläre Arrhythmien auffällig.
  • Die chronische Form wird differenziert in eine, die innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Chemotherapie und eine die erst nach 1 Jahr auftritt. Klinisch besteht eine asymptomatische systolische oder diastolische linksventrikuläre Dysfunktion, die zur Stauungsinsuffzienz führt.

cTn ist bei Kardiotoxizität erhöht und der Anteil der Patienten mit cTn Erhöhung unter oder nach hochdosierter Chemotherapie beträgt 30–38 %. Ist 1 Monat nach Beendigung der Therapie cTn noch erhöht weist das mit einer Wahrscheinlichkeit von 85 % auf stärkere kardiale Ereignisse innerhalb des ersten Jahres hin. Persistierend nicht-erhöhtes cTn hat eine negative Prädiktivität für Kardiotoxizität von 99 %. cTn sollte erstmalig nach Beendigung der Chemotherapie gemessen werden. Studien haben folgende Ergebnisse gezeigt /26/:

  • Die Positivität von cTn in jeder Konzentration und zu jeder Zeit während einer multicyclischen Chemotherapie idendifiziert Patienten mit einem signifikanten Risiko einer permanenten und schwereren Reduktion der systolischen Funktion.
  • Die Höhe und Frequenz der Erhöhungenvon cTn kumuliert mit der kumulativen Dosis.
  • Nach einer frühen Chemotherapie-bedingten Reduktion der linksventrikulären Ejektionsfraktion zeigen die Patienten eine komplette Rückkehr der normalen Funktion, wenn cTn nicht erhöht ist.
  • Geringe Erhöhungen von cTn sind eher mit einer Verminderung der diastolischen Funktion assoziiert.
  • Der negative prädiktive Wert des normal bleibenden cTn ist sehr aussagekräftig.
  • Die Behandlung mit Enalapril von Patienten, die 72 h nach einer hochdosierten Chemotherapie ein erhöhtes cTn haben, reduziert die linksvetrikuläre Funktion im nachfolgenden Jahr. Die Behandlung mit Enalapril startete 1 Monat nach der letzten Chemotherapiedosis für 1 Jahr.

Immuncheckpoint inhibitoren

Eine Immunotherapie, die gegen verschiedene spezifische immune checkpoints (cytotoxic T-lymphocyte antigen; CTLA-4), programmed cell death 1 (PD1) und programmed cell death 1 ligand (PD1-L1) gerichtet ist, hat die Behandlung maligner Tumoren verbessert. Die immun-bedingte Myokarditis ist aber eine Nebenwirkung mit oft fatalen Folgen. Die retrospective Untersuchung von Krankenakten hat gezeigt, dass ein Viertel der Patienten unter Behandlung eine Myokarditits mit asymptomatischer Erhöhung von kardialem Troponin erleidet. Die Mehrzahl der Patienten hatte ein metastasiertes Melanom und die Erhöhung von kardialem Troponin trat schon kurz nach Beginn der Immuntherapie auf /43/.

Tabelle 2.4-4 cTn-Erhöhungen ohne signifikante kardiovaskuläre Erkrankung (CVD) /17/

cTn-Erhöhung bei Myokardischämie ohne signifikante CVD

Myokardischämie anderer Ursachen

  • Koronarspasmen (Tsakutsubo-Syndrom)
  • Intoxikation mit Sympathomimetika (z.B. Kokain) oder sympathetical storm (z.B. bei Apical balooning syndrome, Subarachnoidalblutung, ischämischem Insult, intrazerebraler Blutung)
  • Vaskulitis (syst. Lupus erythematodes, Kawasaki-Syndrom)

Sekundäre Ischämie

  • Schock, z.B. Blutung
  • Anhaltende Tachykardie
  • Aortendissektion mit Koronarostienbeteiligung
  • Kohlenmonoxidintoxikation
  • Hypertensive Krise (linksventrikuläre Hypertrophie)

Andere Ursachen ohne ACS

Zunahme der Myokard-Wandspannung und Myokardüberdehnung

  • Akute Herzinsuffizienz
  • Hämodynamisch wirksame Lungenembolie
  • Schwere chronische Herzinsuffizienz
  • Vitien, z.B. Aortenklappenstenose
  • Hypertroph obstruktive Kardiomyopathie

Unbekannte Ursache

  • Chronische Niereninsuffizienz, Endstadium
  • Nach extremen Ausdauersport
  • Hypothyreose

Direkte Myokardschädigung ohne ACS

  • Trauma (Myokardkontusion, mehrfache Defibrillation, Intervention am Herzen)
  • Kompression bei Infiltration (Amyloidose, Sarkoidose, Hämochromatose)
  • Entzündlich, immun-bedingt (Myokarditis, Abstoßung nach Herztransplantation)
  • Toxisch (Adriamycin, 5-FU, Herceptin)
  • Sepsis, Schlangengifte, Verbrennungen, Niereninsuffizienz

Tabelle 2.4-5 Risikostratifizierung von Patienten mit/ohne akutem Koronarsyndrom (ACS)

Akutes Koronarsyndrom (ACS): Nach der Diagnose eines ACS ist der cTn-Wert wichtig als Risikoindikator für rekurrende ischämische Ereignisse und Mortalität. Mehr als 26 Studien zeigen, dass bei Patienten mit ACS das Risiko für rekurrende ischämische Ereignisse und Mortalität etwa 4 fach höher ist, wenn mit high-sensitivity cTn-Tests eine Erhöhung gemessen wird. So hatten Patienten mit ACS eine Hazard ratio > 3,7 für AMI und Tod in den folgenden 6 Monaten, wenn high-sensitivity cTnI ≥ 10 ng/l anstatt < 5 ng/l betragen hat /35/.

Patienten mit Myokardinfarkt und einer high-sensitivity cTnI Konzentration > 99. Perzentile URL haben ein erhöhtes Risiko für einen negativen Verlauf (rekurrende ischämische Ereignisse und Mortalität) in den 30 Tagen nach Klinikaufnahme (Hazard ratio 1,96; 95 % Konfidenzintervall 1,27–3,05) /36/.

Stabile CVD: 80,7 % der Patienten mit stabiler kardiovaskulärer Erkrankung hatten messbares high-sensitivity cTnT. Zu Anfang der Studie hatten diejenigen mit höheren cTnT eine stärkere Anämie, eine schlechtere linksventrikuläre Ejektionsfraktion, eine geringere ventrikuläre Masse und am Fahrradergometer eine schlechtere Leistung. Die Patienten wurden über 8,2 J. kontrolliert. Jede Verdopplung von hs-cTnT in dieser Zeit führte zu einer um 37 % höheren Rate kardiovaskulärer Ereignisse /37/.

Stabile Angina pectoris: Bei stabiler Angina zeigen die konventionellen cTn-Tests keine Erhöhung von cTn. Das ist anders, wenn mit high-sensitivity cTn-Tests untersucht wird. So hatten in einer Studie mit dem high-sensitivity cTnT Test 11,1 % dieser Patienten einen Wert über der 99. Perzentile URL (0,133 μg/l). In der Untersuchungsperiode von 5,2 Jahren korrelierte die Inzidenz der kardiovaskulären Mortalität mit der Höhe von cTnT /38/:

Marathonläufer: Extremer Ausdauersport verursacht eine Entzündungsreaktion und abhängig vom Test eine Erhöhung der cTn. In einer Studie /39/: hatte vor dem Marathonlauf mit einem cTnT-Test kein Teilnehmer einen Wert über der 99. Perzentile URL, aber mit dem high-sensitivity cTnT Test 28 %. Die IL-6 Konzentration betrug 2,1 ng/l (1,0–5,8). Nach dem Lauf hatten 43 % mit dem sensitiven cTnT-Test einen Anstieg > 99. Perzentile URL und mit dem high-sensitivity cTnT 100 %. Die IL-6-Konzentration war auf 27,6 ng/l (Bereich 9,2–89,7) angestiegen. Eine transitorische Inflammation wird für die Freisetzung des cTn ätiologisch erachtet.

Gesunde: Mit einem high-sensitivity cTnI-Test, der bei 93 % der Gesunden einen Wert misst, waren in der totalen Population im Vergleich zu Gesunden die Werte höher mit zunehmenden Alter, beim männlichen Geschlecht, bei höherem systolischen Blutdruck und größerer ventrikulärer Masse /5/: In einer anderen Studie /40/ war die Konzentration von high-sensitivity cTnI Gesunder von 70 J. mit Werten < 99. Perzentile URL im Alter von 75 J. um 51 % höher. Dies zeigt, bei Festsetzung der 99. Perzentilen URL ist das Alter zu berücksichtigen.

Tabelle 2.5-1 CK-MB-Masse beim akuten Koronarsyndrom und anderen Muskelschäden

Akutes Koronarsyndrom (ACS): Das ACS umfasst den Myokardinfarkt und die instabile Angina pectoris. In 12–39 % der Fälle von Myokardinfarkt mit Erhöhung von kardialem Troponin (cTn) ist die CK-MB negativ.

Bei Patienten mit ACS sollte die Bestimmung der CK-MB-Masse, vergleichbar den cTn erfolgen. Die CK-MB-Masse steigt im Serum von Stunde 3–10 nach Beginn des akuten Brustschmerzes an. Gipfelwerte werden nach 24 h gemessen und kehren 36–72 h nach Schmerzbeginn in den Referenzbereich zurück. Bei früher Reperfusion des Infarkt-bezogenen Gefäßes treten die Gipfelwerte schon 10 h früher auf /1, 8/. Die CK-MB-Masse eignet sich auf Grund des schnellen Abfalls nicht zur Spätdiagnose des Herzinfarktes.

Innerhalb der ersten 6–7 h nach Beginn des akuten Brustschmerzes zeigt die CK-MB-Masse eine dem Myoglobin vergleichbare diagnostische Sensitivität, hat aber eine höhere diagnostische Spezifität  /9/ Gegenüber den cTn hat die CK-MB-Masse den Vorteil, dass sie früher abfällt. Sollte der Patient frühzeitig einen Re-Infarkt erleiden, wird dieser besser mit der CK-MB-Masse erfasst.

Thrombolyse-Therapie: Anstiege der CK-MB-Masse über 24 μg/l/h bzw. ein relativer Anstieg von über 4 fach in 90 min bzw. ein über 5 facher Anstieg in 60 min nach Therapiebeginn einer Thrombolyse zeigen eine erfolgreiche Reperfusion des Infarktgefäßes an /10/.

Perkutane Koronarintervention (PCI): Nach elektiver PCI sind Anstiege > 3 × 99. Perzentile URL Indikatoren eines Myokardinfarktes und Erhöhungen um das 5–10 × 99. Perzentile URL mit einer erhöhten Mortalität assoziiert /11/. Nach dem 2012 Update to the Universal Definition of MI wird eine > 5 × 99. Perzentile URL empfohlen /12/.

Thrombosen: Thrombosen im Bereich des Beckens können mit einem Anstieg der CK-MB assoziiert sein.

Aortokoronare Bypasschirurgie: Werte über 60 μg/l sprechen für einen peri-operativen Infarkt, Anstiege über 10 fach des oberen Referenzbereichswerts sind der Indikator einer erhöhten Mortalität /11/.

Skelettmuskel­schädigung: Die CK-MB Masse kann auch bei Skelettmuskelschädigung in die Zirkulation gelangen. Es kann sich dabei um kurzdauernde schwere Muskelerkrankungen (Verletzungen, Operationen, Verbrennungen, Stromunfälle, Nekrotisierung nach Injektionen, körperliche Anstrengung, Krämpfe, Muskelentzündung) oder um chronische Muskelerkrankungen (Muskeldystrophie, Polymyositis) handeln. Bei einer Konzentration oberhalb des Grenzwertes ist diese Möglichkeit bei entsprechender Anamnese und klinischer Symptomatik in die Differentialdiagnose einzubeziehen.

Tabelle 2.6-1 Myoglobin beim akuten Koronarsyndrom und anderen Muskelschäden

Akutes Koronarsyndrom (ACS): Das ACS umfasst den Myokardinfarkt und die instabile Angina pectoris. Siehe auch Beitrag 2.3 und Beitrag 2.4.

Die Bestimmung des Myoglobins im Serum ist neben dem EKG-Befund ein schnell messbarer, sensitiver Laborparameter in der Frühphase des Myokardinfarktes. Der Myoglobinwert ist im Serum ab 2–3 h nach Schmerzbeginn erhöht. Myoglobin sollte bei Patienten, die erst 10 h nach Schmerzbeginn oder später in die Klinik kommen, nicht bestimmt werden, weil es unter Umständen bereits in den Referenzbereich zurückgekehrt ist.

Die prädiktiven Werte für Myoglobin (pVneg 98 % und pVpos 64 %) zeigen, dass der Ausschluss eines Myokardinfarktes sicherer als die Bestätigung ist. Da die meisten Patienten (85–95 %), die in eine Notfalleinheit mit ACS-Verdacht eingeliefert werden, keinen AMI entwickeln, ist es besonders wichtig, diejenigen ohne Infarkt zu selektieren.

Patienten mit erhöhtem Myoglobinwert bedürfen der weiterführenden engmaschigen Kontrolle durch cTnT oder cTnI. So wurde in Studien /56/ an Patienten mit akutem Brustschmerz gezeigt, dass mittels Myoglobin-Schnelltests bereits 90 min nach der Aufnahme eine Entscheidung über das Vorliegen eines Myokardinfarktes getroffen werden konnte. Die Gipfelwerte des Myoglobins beim AMI betragen etwa 600–1.000 μg/l. Patienten mit Myokardinfarkt und erhöhtem Myoglobin haben, wie diejenigen mit einem über dem Grenzwert liegenden cTn, eine schlechtere Prognose als ACS-Patienten ohne Erhöhung eines biochemischen Herzmarkers.

– PCI: Patienten mit elektiver perkutaner Koronarintervention (PCI) und Reperfusion des Infarktgefäßes zeigen einen steilen und deutlichen Anstieg des Myoglobins im Serum, die Werte fallen nach 10–20 h wieder in den Referenzbereich.

– Thrombolyse-Therapie: Unter Thrombolyse-Therapie spricht ein rascher Anstieg des Myoglobins ≥ 150 μg/l/h oder ein relativer Anstieg über 4 fach in 90 min nach Beginn der Thrombolyse-Therapie für eine erfolgreiche Reperfusion /17/. Ein Anstieg um unter 5 fach in der 1. Stunde nach Therapiebeginn schließt eine vollständige Reperfusion (TIMI 3-Fluss) im Infarkt-bezogenen Gefäß aus /7/.

– Aortokoronare Bypasschirurgie: Bei Patienten, die sich einer aortokoronaren Bypasschirurgie unterziehen, gibt es zwei Gründe für einen Myokardinfarkt:

  • Ein globaler ischämischer Myokardschaden während des aortalen Crossclamping und nachfolgender Reperfusion.
  • Der postoperative Myokardinfarkt.

In einer Studie /3/ konnte gezeigt werden, dass vermittels der Myoglobinbestimmung der AMI erkannt werden kann. Bei Patienten ohne Infarkt kam es beim Unklamping der Aorta nach 1 h zu Gipfelwerten des Myoglobins mit einem Abfall in den Referenzbereich innerhalb 4 h. Bei Patienten, die einen Infarkt entwickelt hatten, stieg der Myoglobinwert nach 1 h weiter an und war nach 3 h immer noch höher als bei Patienten ohne perioperativen Infarkt. Innerhalb der ersten 4 h hatten alle Patienten mit perioperativem Infarkt eine Myoglobinkonzentration über 400 μg/l.

Skelettmuskel­schädigung: Das Myoglobin gelangt bei Skelettmuskelschädigung in die Zirkulation. Es kann sich dabei um kurzdauernde schwere Muskelerkrankungen (Verletzungen, Operationen, Verbrennungen, Stromunfälle, Nekrotisierung nach Injektionen, körperliche Anstrengung, Krämpfe, Muskelentzündung) oder um schwere chronische Muskelerkrankungen (Muskeldystrophie, Polymyositis) handeln. Bei einer Konzentration oberhalb des Referenzbereichs ist diese Schädigung bei entsprechender Anamnese und klinischer Symptomatik in die Differentialdiagnose einzubeziehen.

Niereninsuffizienz: Patienten mit stärkerer Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate (Serumcreatinin > 2 mg/dl; 177 μmol/l) können einen Anstieg des Myoglobins im Serum haben.

Tabelle 2.7-1 Ätiologie der chronische Herzinsuffizienz /4/

Ischämische Herzerkrankung

82–95 %

Bluthochdruck

64–80 %

Herzklappenerkrankung

25–32 %

Cor pulmonale

3–7 %

Kardiomyopathie

1–2 %

Kongenitale Herzerkrankung

1–2 %

Tabelle 2.7-2 New York Heart Association (NYHA)-Klassifikation der Herzinsuffizienz /8/

Klasse

Charakteristika

1-Jahres-Mortalität

Klasse I (asympto­matisch)

Keine Einschränkung, Hinweise für Herzerkrankung, aber keine Symptome der Herzinsuffizienz, selbst bei Belastung

< 5 %

Klasse II (mild)

Geringe Einschränkung, Symptome der Herzinsuffizienz nur bei schwerer körperlicher Belastung

10 %

Klasse III (mäßig)

Deutliche Einschränkung, Symptome der Herzinsuffizienz bei geringer körperlicher Belastung, z.B. Gehen

20–30 %

Klasse IV (schwer)

Unfähigkeit, körperlich aktiv zu sein, Symptome bereits in Ruhe

50 %

Tabelle 2.7-3 Einteilung der chronischen Herzinsuffizienz Kriterien der European Association of Cardiology /8/

Gruppe

Erklärung

LVEF ≥ 50 %

Normale Ejektionsfraktion

LVEF 40–49 %

Mäßig oder mittelgradig eingeschränkte Ejektionsfraktion

LVEF < 40 %

Eingeschränkte Ejektionsfraktion

LVEF, linksventrikuläre Ejektionsfraktion

Tabelle 2.7-4 Laboruntersuchungen und ihre Bewertung bei chronischer Herzinsuffizienz (cHF) /13/

Blutbild: Es soll zum einen eine Anämie ausgeschlossen werden, zum anderen beim Vorliegen einer Anämie das Ausmaß der Minderversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff geschätzt werden. Moderate Anämien mit Hämoglobin (Hb)-Werten von 80–100 g/l sind bei einer cHF nicht tolerabel, da sie die Beschwerden des Patienten verschlimmern. Deshalb sollte eine moderate Anämie durch entsprechende Maßnahmen in eine milde Anämie (Hb-Wert > 100 g/l) korrigiert werden.

Natrium (Na): Der Konzentration im Serum dient der Abschätzung der neurohormonalen Aktivierung, die sich umgekehrt proportional zum Renin und Aldosteron verhält. Bei Patienten mit cHF werden Na+ und Wasser paradoxerweise retiniert, obwohl das intravaskuläre Flüssigkeitsvolumen vermehrt ist. Die renale Wasser- und Na+-Retention wird bei diesen Patienten wahrscheinlich nicht durch das Blutvolumen reguliert, sondern durch den Füllungsgrad eines anderen Kompartimentes, des sogenannten effektiven Blutvolumens /11/. Die Retention von Wasser im Überschuss zu Na+ kann bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz vorkommen. Eine so entstandene Hyponatriämie mit Werten < 137 mmol/l ist prognostisch ungünstig. Patienten mit cHF, Hyponatriämie und Hypoosmolalität haben hohe Werte an Arginin-Vasopressin /12/.

Kalium: Für Kalium sollen bei cHF die Serumwerte im Bereich von 4–5 mmol/l liegen. Niedrigere Kaliumwerte sind der Hinweis für eine schlechte Prognose.

Creatinin: Auf Grund neurohumoraler Wirkung mit hohem Renin und Aldosteron kommt es in der Niere zur Vasokonstriktion der afferenten und efferenten Arteriolen. Zusätzlich wird in den Glomerula die mesangiale Kontraktion gesteigert. Diese Mechanismen reduzieren die glomeruläre Filtrationsrate und können die Creatinin Konzentration im Serum erhöhen /12/.

Albumin im Urin: Mit Verschlechterung der ventrikulären Funktion steigt die Albumin Ausscheidung im Urin an.

Blutgasanalyse: Bei schweren Formen der cHF ist die Abschätzung der Sauerstoffversorgung des Herzens möglich.

BNP, NT-pro-BNP: Die Bestimmung von B-Type natriuretic peptide (BNP) und des N-terminalen Fragmentes von Pro-B-Typ natriuretischem Peptid (NT-proBNP) im Blut liefern einen wichtigen Beitrag des Labors zur Abklärung von Patienten mit klinischem Verdacht auf cHF. Diese Peptide sind schon im frühen klinischen Stadium der cHF erhöht und somit ein sensitiver Marker dieser Erkrankung. Dem negativen Ergebnis kommt wegen seines hohen prädiktiven Werts zum Ausschluss der Verdachts-Diagnose ein hoher Stellenwert zu. Siehe auch Beitrag 2.8 – BNP und NT-BNP.

Katecholamine: Die Barorezeptor induzierte Erhöhung des sympathischen Gefäßtonus, die mit der ventrikulären Dysfunktion erfolgt, hat z.B. die Konsequenzen einer erhöhten myokardialen Kontraktion, der Tachykardie und anderer Mechanismen. So ist eine Noradrenalin Konzentration > 400 ng/l im Plasma das Zeichen einer schlechten Prognose.

Renin, Aldosteron: Wie bei den Katecholaminen ist das Ausmaß der Erhöhung von Renin und Aldosteron ein prognostischer Marker der cHF. Patienten mit milder Herzinsuffizienz haben keine oder nur eine geringe Erhöhung von Renin oder Aldosteron, bei denjenigen mit schwerer Herzinsuffizienz ist die Renin- und Aldosteron-Konzentration hoch /12/.

Tabelle 2.7-5 Häufige, unspezifische Laborbefunde bei chronischer Herzinsuffizienz /13/

Laborbefund

Ursache

Hyperglykämie

Diabetes mellitus, stressbedingt, Diuretikatherapie

Hypoglykämie, Ammoniak ↑

Cholesterin ↓

Ausgeprägte und anhaltende Einflussstauung mit Leberinsuffizienz

Harnstoff ↑

Creatinin ↑

Harnsäure ↑

Prärenales Nierenversagen durch Hypoperfusion der Nieren; Harnstoff-Creatinin Ratio typischerweise > 15 : 1

Proteinurie

Schwere Herzinsuffizienz

Hyponatriämie

Schwere Herzinsuffizienz, Diuretikatherapie

Hypokaliämie

Diuretikatherapie

Hypomagnesiämie

Diuretikatherapie

Hyperkaliämie

Kalium sparende Diuretika, Angiotensin-Converting Enzyme (ACE)-Hemmer, Niereninsuffizienz

AST ↑, ALT ↑, GGT ↑, AP ↑, Bilirubin ↑

Leberschädigung durch Einflußstauung bei Rechtsherzversagen

TPZ ↓, Albumin ↓

Synthesestörung des Albumins und der Gerinnungsfaktoren bei stauungsbedingter Leberinsuffizienz.

Blutgase (pO2 ↓, pCO2 ↑)

Gestörter Gasaustausch bei schwerer Rechtsherzinsuffizienz mit Lungenödem

Lactat ↑, pH ↓

Schwere Linksherzinsuffizienz mit Durchblutungsstörung der Gewebe

cTn ↑, CK ↑, CKMB ↑

Akuter Myokardinfarkt mit Herzinsuffizienz, geringe Anstiege von cTn in Folge akuter Herzinsuffizienz möglich

Tabelle 2.7-6 Häufige Komorbiditäten bei chronischer Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) /13/

Komorbidität

Erklärung

Bluthochdruck

In der Euroheart Failure Statistik betrug die Prävalenz der Hypertonie 22–47 % in Nordeuropa, 35–65 % in Westeuropa, 47–70 % in den Mittelmeerländern und 74–70 % in Zentraleuropa. Bei Patienten mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) war der Anteil höher.

Koronare Herzkrankheit

In der Euroheart Failure Statistik betrug die Prävalenz der koronaren Herzkrankheit 38–42 % in Nordeuropa, 27–56 % in Westeuropa, 19–48 % in den Mittelmeerländern und 23–52 % in Zentraleuropa.

Vorhofflimmern

In der Euroheart Failure Statistik betrug die Prävalenz des Vorhofflimmerns 15–23 % in Nordeuropa, 20–32 % in Westeuropa, 21–32 % in den Mittelmeerländern und 18–26 % in Zentraleuropa.

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung

In der Euroheart Failure Statistik betrug die Prävalenz der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung 24–50 % in Nordeuropa, 17–33 % in Westeuropa, 20–52 % in den Mittelmeerländern und 17–70% in Zentraleuropa.

Anämie

Sie beträgt bei stationären Patieten mit HFpEF 21–68 % und 30–33 % bei den Ambulanten. Meist sind die Ferritinwerte normal, da es sich um eine Anämie chronischer Erkrankung handelt. Eine Therapie mit intravenösem Eisen bei normalem Ferritinwert verbessert das Befinden des Patienten.

Diabetes mellitus

In der Euroheart Failure Statistik betrug die Prävalenz des Diabetes mellitus 16–26 % in Nordeuropa, 18–35 % in Westeuropa, 14–37 % in den Mittelmeerländern und 12–46 % in Zentraleuropa. Die Beziehung zwischen Herzinsuffizienz und Diabetes ist bidirektional und die Inzidenz des Diabetes bei Patienten mit Herzinsuffizienz ist signifikant (kardiogener Diabetes).

Chronische Nierenerkrankung

In der Euroheart Failure Statistik betrug die Prävalenz der chronischen Nierenerkrankung (CKD) 7–13 % in Nordeuropa, 20–41 % in Westeuropa, 12–29 % in den Mittelmeerländern und 6–30 % in Zentraleuropa. Die kardiale Dysfunktion bei CKD ist mit strukturellen Veränderungen wie einer Fibrose, einer niedrigen Kapillardichte,einer Ischämie und kardialen Arrhythmien assoziiert.

Apnoe, obstruktiv (OSA) oder zentral bedingt (CSA)

Die Datenlage ist dürftig. Die CSA ist ein Marker der fortgeschrittenen Herzinsuffizienz.

Fettsucht

Die Prävalenz der HFpEF bei fettsüchtigen hospitalisierten Patienten beträgt 34–38 % und bei den Ambulanten 51 %. Bei normotensiver schwerer Fettsucht besteht eine exzentrische Hypertrophie des linken Ventrikels, bei länger bestehendem Bluthochdruck eine konzentrische Hypertrophie.

Depression

Bei stationären Patienten mit HFpEF beträgt die Prävalenz 21,5 % bei ambulanten Patienten 11–35 %. Eine Annahme ist, dass die Aktivierung einer Inflammationskaskade eine Dysregulation der neurohumeralen Axen bewirkt.

Ventrikuläre Implantate

Die häufigste Komplikation bei Patienten mit Herzinsuffizienz und ventrikulären Implantaten (VADs) ist ein Bluttrauma (Hämolyse Thombose und Blutungen). Diese Nebenwirkungen sind durch den Scherstress bedingt mit der Wirkung auf Erythrozyten, Thrombozyten und den von Willebrand Faktor (vWF). Die Struktur des vWF wird zerstört und somit auch die Funktion  /14/.

Tabelle 2.7-7 Stadien der Herzinsuffizienz /1/

Stadium

Definition und Kriterien

A (Risiko für Herzinsuffizienz)

Es besteht das Risiko einer Herzinsuffizienz, aber es liegen noch keine Symptome vor, weder solche, die auf eine strukturelle Schädigung hinweisen, noch sind kardiale Biomarker pathologisch, die auf einen Dehnungsschaden der Herzmuskulatur hinweisen, wie das bei Patienten mit Hochdruck, einer atherosklerotischen kardiovaskulären Schädigung, Diabetes, metabolischen Syndrom, Übergewicht, Exposition von kardiotoxischen Substanzen, bei genetischen Varianten, die zu einer Kardiomyopathie führen, sein kann. Auch anamnestisch liegt keine familiären Disposition vor, die Ursache für eine Kardiomyopathie sein kann.

Empfehlung: Blutdruckkontrolle entsprechend den Leitlinien.

B (prä-Herzinsuffizienz)

Keine Symptome oder Merkmale einer Herzinsuffizienz liegen vor, aber Nachweis von Folgendem:

Stukturelle Herzerkrankung: a) verminderte links- oder rechts-ventrikuläre systolische Funktion, b) ventrikuläre Hypertrophie, c) Kammervergrößerung, d) abnorme Bewegung der Herzwand, e) Herz­klappen­schaden.

Hinweis auf verstärkten Füllungsdruck: a) auf Grund invasiver hämodynamischer Messungen, b) durch nicht-invasive Bildgebung, die auf einen verstärkten Füllungsdruck hinweisen kann (z.B. Doppler Echo­kardio­graphie)

Patienten mit Risikofaktoren: a) Erhöhte Werte von BNP oder NT-BNP, b) Dauerhaft erhöhtes kardiales Troponin (in Abwesenheit weiterer Ursachen mit erhöhten Troponinwerten und Konditionen mit erhöhtem Troponin wie das akute Koronarsyndrom, eine chronisch koronare Herzerkrankung, eine Lungenembolie oder eine Myokarditis).

Labordiagnostik: BNP ≥ 35 pg/mL, NT-BNP ≥ 125 pg/mL oder erhöhtes kardiales Troponin.

C (symptomatische Herz­insuffizienz)

Es besteht ein struktureller Herzschaden mit akuten oder kürzlichen aufgetretenen Symptomen einer Herzinsuffizienz.

Diagnostik: Siehe Appendix 3 der Referenz /1/.

D (fortgeschrittene Herz­insuffizienz)

Deutliche Herzbeschwerden, die das tägliche Leben beeinträchtigen und mit häufigen Krankenhausaufenthalten einher gehen trotz einer den Leitlinien entsprechenden Behandlung.

Diagnostik: Siehe Appendix 3 der Referenz /1/.

Tabelle 2.8-1 Alters- und Hersteller-abhängige obere Referenzwerte von BNP und NT-proBNP (ng/l)

Hersteller

Alter

BNP /111/

< 45

45–54

55–64

65–74

≥ 75

  • Biosite

M

23,8

39,0

72,4

62,7

77,9

F

47,4

71,7

80,5

95,4

179,5

  • Siemens

M

29,4

32,8

38,8

67,6

121

F

35,9

56,7

75,5

72,9

167

  • Abbott

M

73

40

80

150

121

F

89

111

155

159

266

NT-proBNP*

18–44

45–54

55–64

65–74

≥ 75

M

86

121

210

376

486

F

130

249

287

301

738

Umrechnung: BNP, pmol/l = 3,5 ng/l; NT-proBNP, 1 pmol/l = 8,57 ng/l; 1 pg/ml = 0,118 pmol/l

* 97,5. Perzentile (Angabe der Packungsbeilage)

Tabelle 2.8-2 Verhalten von BNP und NT-proBNP bei Erkrankungen /12/

Akute Dyspnoe: Etwa 10–15 % der Patienten, die eine Notfalleinheit aufsuchen haben Atemnot auf Grund einer Herzinsuffizienz (HI) oder Lungenerkrankung. Etwa 80 % der Patienten mit akuter HI erscheinen mit dem Symptom Atemnot /18/. Vermittels gründlicher Anamnese, körperlicher Untersuchung, der Durchführung von EKG und Röntgenthorax sowie der Bestimmung der Sauerstoff-Sättigung, kann in der Mehrzahl der Fälle eine Abklärung erfolgen. Wichtig ist bei akuter Atemnot die Abgrenzung der HI von z.B. der Exazerbation einer COPD/Asthma, Lungenembolie, Pneumonie, Pneumothorax, Hyperventilation. Die Abgrenzung der kardialen von der nicht kardialen Genese bei Dyspnoe ist durch die Bestimmung von BNP und NT-proBNP möglich. So ist bei BNP-Werten < 100 ng/l bei Patienten mit Atemnot eine Herzinsuffizienz unwahrscheinlich (diagnostische Sensitivität 90 %, Spezifität 76 %, diagnostische Richtigkeit 83 %) /19/.

In weiteren Studien /15, 20/, wurde NT-proBNP bestimmt. Der Grenzwert zum Ausschluss einer akuten Herzinsuffizienz für alle Patienten wurde auf 300 ng/l festgelegt. In 2/3 der Fälle mit Vermutungsdiagnose Dyspnoe war diese nicht kardial bedingt, in 10 % der Fälle, bei denen eine nicht-kardiale Ursache vermutet worden war, lag eine HI vor. Die Autoren berichten, dass durch den Einsatz von NT-proBNP die Einweisung in die Intensiveinheit um 10 % reduziert und die Liegezeit verkürzt werden konnte. Andere Untersucher sehen keinen Vorteil in der routinemäßigen Bestimmung von NP bei Patienten mit Dyspnoe /21/.

Herzinsuffizienz (HI): Erhöhungen von BNP und NT-BNP bei scheinbar Herz-gesunden Personen umfassen ein breites Spektrum funktioneller und struktureller Korrelate. So können sie die Antwort auf einen Myokardinfarkt bedingten Remodellingvorgang sein, auch wenn bildgebende Verfahren ein normales Bild des Herzens zeigen /22/. Etwa 2 % der europäischen Bevölkerung haben eine symptomatische HI, bei Personen über 65 Jahren beträgt die Inzidenz 10 % und bei über 85 Jahren mehr als 50 %. Deshalb ist eine frühzeitige Diagnose wichtig. Die klinischen Symptome sind jedoch unspezifisch. Die diagnostischen Strategien umfassen die Durchführung eines EKGs und die Doppler-Echokardiographie. Letztere gilt als Gold-Standard. Nachteile sind jedoch eine schlechte Präzision, wodurch es immer wieder zu Fehl-Klassifikationen zwischen Patienten mit normaler und insuffizienter Herzfunktion kommt. BNP und NT-proNP haben eine gleich gute diagnostische Richtigkeit und klinische Relevanz bei akuter und chronischer HI /22/.

– Diagnostik der chronischen HI: Eine wichtige primäre Untersuchung bei Verdacht auf chronische HI ist die Bestimmung von BNP oder NT-proBNP. Beide zeigen eine gute Korrelation mit einer linksventrikulären systolischen Fraktion unter 40 ml, mit der diastolischen Fraktion und dem klinischen Schweregrad der HI.

Werden die Konzentrationen von BNP mit der Schwere der ventrikulären Dysfunktion, klassifiziert nach den Kriterien der New York Heart Association (NYHA) Klasse korreliert, so ergaben sich folgende Konzentrationen für die NYHA Klassen mit dem Biosite-Test (Abb. 2.8-2 – Mediane Konzentrationen, höchste und niedrigste Werte von BNP): 244 ± 286 ng/l in Klasse I; 398 ± 374 in Klasse II; 640 ± 447 in Klasse III; 817 ± 435 in Klasse IV /1/. Eine BNP Konzentration unter 50 ng/l schloss eine HI aus (negativer prädiktiver Wert 96 %). Eine HI war unwahrscheinlich bei einer BNP Konzentration < 100 ng/l, aber hoch wahrscheinlich bei Werten > 500 ng/l. Die Korrelation des Schweregrads der HI nach den NYHA Kriterien mit der Messung von NT-proBNP ergab folgende Werte für die NYHA Klassen (Roche, Median und 5. und 95. Perzentile) : 342 ng/l (33–3.410) in Klasse I; 951 (103–6.567) in Klasse II; 1.571 (126–10.449) in Klasse III; 1.707 (148–12.181) in Klasse IV. Ein NT-proBNP Wert > 125 ng/l ist verdächtig auf eine chronische HI.

BNP und NT-proBNP haben eine geringere diagnostische Sensitivität und Spezifität, wenn es sich um eine diastolische Dysfunktion handelt. Diese Patienten haben ein deutlich niedrigeres BNP- und NT-proBNP . Auch sind die Konzentrationen niedriger bei Patienten mit auf 50 % erniedrigter Ejektionsfraktion, aber noch erhaltener systolischer Funktion. Das zeigte eine Studie /23/, bei der Patienten mit akuter HI, aber erhaltener linksventrikulärer systolischer Funktion ein NT-proBNP (Roche-Test) von 3.070 ng/l (1.344–7.974) hatten, diejenigen mit verminderter systolischer Funktion aber Werte von 6.536 ng/l (2.777–13.407).

– Prognose der chronischen HI: BNP und NT-proBNP sind geeignet zur Ermittlung der Kurz- und Langzeitprognose einer chronischen HI. So zeigen diejenigen mit einer prognostischen Überlebenszeit von nur 2–4 Jahren eine 3,5–5,6 fach höheres BNP als längerzeitig Überlebende /23/. Ein NT-proBNP-oberhalb des Medians des Kollektivs war prädiktiv mit einem Risiko für Tod innerhalb eines Jahres /24/.

– Diagnostik der akuten HI: Wird bei Patienten mit akuter Dyspnoe und Verdacht auf akute HI die Bestimmung von BNP durchgeführt, so schließt eine Konzentration < 100 ng/l eine akute Stauungsinsuffizienz des Herzens aus (diagnostische Sensitivität 99 % bei einer Spezifität von 60 %, negativer prädiktiver Wert 99 %) /1519, 23/. Unter Anwendung von NT-proBNP sind altersabhängige Grenzwerte zu empfehlen. Für NT-proBNP sind die Grenzwerte Alters-abhängig und betragen 450, 900 und 1.800 ng/l bei Patienten < 50, 50-75 und über 75 Jahre. Erhöhte Werte von NT-proBNP waren der alleinigen klinischen Bewertung in der Diagnose der Herzinsuffizienz in der PRIDE study überlegen /25/. Patienten mit akuter HI haben deutlich höhere Werte von BNP und NT-proBNP als diejenigen mit chronischer HI /26/.

Bei Patienten mit akuter Dyspnoe ohne akute HI und denjenigen mit akuter Dyspnoe und akuter HI besteht ein erheblicher Unterschied in den NT-proBNP Werten (Tab. 2.8-3 – NT-proBNP bei Patienten mit akuter Dyspnoe und ohne Herzinsuffizienz/15/.

– Prognose der akuten HI: Bei Patienten mit Dyspnoe und akuter HI sind ansteigende Werte von BNP und NT-proBNP ein Zeichen der Progressivität und weisen auf eine schlechte Prognose hin. So waren Konzentrationen > 480 ng/l mit einer Mortalität von 51 % und einer erhöhten Rate von Krankenhaus Aufnahmen in 6 Monaten verbunden, Werte < 230 ng/l jedoch nur zu 2,5 % /15/. In einer Analyse von 1.256 Patienten mit akuter HI starben 8,6 % innerhalb von 76 Tagen. Ihr NT-proBNP war höher als bei denjenigen, die überlebten. Ein NT-proBNP > 5.180 ng/l hatte einen höheren prädiktiven Wert für Versterben in den nächsten 76 Tagen (Odds-Ratio = 5,2) (Abb. 2.8-3 – Mediane, höchste und niedrigste Werte von NT-proBNP bei Patienten mit und ohne Herzinsuffizienz/23/. Optimale Grenzwerte zur Vorhersage der Mortalität innerhalb von 60 Tagen und 1 Jahr waren für BNP 428 ng/l und 352 ng/l und für NT-proBNP 5.562 ng/l und 3.174 ng/l /28/.

– Therapie der HI: Bei akut dekompensierter HI sollte es durch eine intensivierte Rekompensation zu einem mindestens 30 %igen Abfall von NT-proBNP kommen. Bei akuter HI wurde durch eine Behandlung mit kompletter Restitution der Beschwerden die Konzentration von NT-proBNP um 55 % gegenüber dem Ausgangswert gesenkt und bei klinischer Stabilisierung um 37 % /29/.

Bei Patienten mit chronischer HI und einer Verbesserung der NYHA-Klasse, kommt es zu einem Abfall von BNP um im Mittel 45 %, während bei keiner Verbesserung der NYHA-Klasse kein Abfall von BNP resultiert /30/. Bei viermonatiger Therapie der chronischen Stauungsinsuffizienz mit Spironolacton fällt BNP von im Mittel 200 ng/l auf 80 ng/l ab.

Akutes Koronarsyndrom: Das akute Koronarsyndrom (ACS) umfasst die instabile Angina pectoris, die non-ST elevation myocardial infarction (NSTEMI) und die ST-elevation myocardial infarction (STEMI). Bei diesen Patienten sollten Blutennahmen zur Bestimmung von BNP oder NT-proBNP bei der Aufnahme und 2–5 Tage nach Eintritt des akuten Brustschmerzes durchgeführt werden /4/. Bei Patienten mit STEMI kommt es zu einem raschen Anstieg von BNP und stärker von NT-proBNP mit Gipfelwerten innerhalb von 12–24 h und einer Gipfelkonzentration die proportional zur Größe des Infarktes ist. Die Konzentrationen von BNP und NT-proBNP nehmen dann kontinuierlich ab, bleiben aber bis zu 12 Wochen erhöht. Bei einigen Patienten, insbesondere denjenigen mit ausgedehntem Infarkt, kommt es am 5. Tag zu einem zweiten Gipfel, der wahrscheinlich einen negativen Verlauf im Remodeling des Myokards anzeigt. Diejenigen mit kleinerem Infarkt haben nur einen mono-phasischen Gipfel. In der Phase des Remodeling werden beständig erhöhtes BNP bis zum Tag 90 gemessen /12/.

– Risikostratifizierung: Die Bestimmung von BNP beim ACS ist wesentlich zur Erkennung von Patienten mit erhöhtem Risiko an Mortalität oder Herzversagen. Dadurch ist es möglich, schon in den ersten Stunden nach Aufnahme in das Hospital diagnostische und therapeutische Maßnahmen zusätzlich zu den Routine Verfahren zu ergreifen. Von der Action Registry–GWTG /31/ wurden 19.528 Patienten mit STEMI und 9.220 mit NSTEMI, bei denen innerhalb von 24 h nach Aufnahme in das Krankenhaus BNP gemessen wurde, registriert. Abhängig vom Wert des BNP wurden die Patienten mit NSTEMI und STEMI in Quartilen gruppiert. Es zeigte sich eine stufenweise Zunahme des Risikos einer Mortalität im Krankenhaus mit Zunahme der Quartilen für Patienten mit NSTEMI und STEMI. Patienten mir NSTEMI hatten ein höheres BNP als diejenigen mit STEMI. Als ein Grund wurde Multimorbidität der NSTEMI-Patienten angenommen. Die Mortalitätsraten in Abhägigkeit von den BNP-Quartilen zeigt Tab. 2.8-4 – Inhospital Mortalität von Patienten mit ACS in Abhängigkeit vom BNP-Wert.

In einer anderen Studie /32/ wurde die Konzentration von NT-proBNP bei Patienten mit stabiler Angina pectoris vor Durchführung einer Koronarangiographie mit dem weiteren Verlauf koronarer Ereignisse in den darauf folgenden 9 Jahren korreliert. Wurde NT-proBNP gemessen, so war die Konzentration bei Patienten, die überlebten, mit 120 ng/l (50–318) niedriger als bei denjenigen, die an kardialen Ereignissen verstarben und eine Konzentration von 386 ng/l (146–897) hatten.

Vorhofflimmern (Atrial fibrillation, AF) /33/: AF ist die häufigste kardiale Rhythmusstörung. Die AF ist mit einer erhöhten Mortalität assoziiert und ein großer Risikofaktor kardiovaskulärer Morbidität, von HI und Schlaganfall. Die klinische Symptomatik ist heterogen und oft mit einer strukturellen Herzerkrankung verknüpft. Zur Feststellung des diagnostischen Wertes von NT-proBNP zur Vorhersage einer AF wurde in der Cardiovascular Health Study bei 5.445 Teilnehmern die Beziehung zwischen AF und NT-proBNP über mindestens 10 Jahre untersucht. Die manifeste AF wurde anhand des EKG diagnostiziert, die prävalente AF anhand der Konzentration von NT-proBNP bei Teilnehmern, die später eine manifeste AF entwickelten. Wurden die Teilnehmer in Quintilen mit Werten von NT-proBNP von jeweils 5–50, 51–91, 92–156, 156–290 und > 290 ng/l aufgeteilt, so betrugen die Hazard ratios für die Entwicklung einer AF jeweils 1,0; 1,4; 1,8; 2,4 und 4,0.

Lungenembolie /34/: Bei akuter Lungenembolie ist die Bestimmung von BNP und NT-proBNP zusätzlich zur Echokardiographie eine Hilfe zur Diagnostik einer rechtsventrikulären HI. So waren BNP Werte über 200 ng/l (Grenzwert ≤ 100 ng/l) hinweisend. Bei Bestimmung von NT-proBNP hatten alle Patienten mit rechtsventrikulärer HI Werte > 500 ng/l. Bei massiver Pulmonalembolie kann die Mortalität in der Klinik 40–50 % betragen, deshalb ist die prognostische Aussage von BNP und NT-proBNP wichtig.

Mehrere Studien zeigen, das Grenzwerte von BNP über den Bereich von 50–487 ng/l und für NT-proBNP über den Bereich von 500–1.000 ng/l mit hoher Prädiktivität den Tod vorhersagen.

Peripher arterielle Gefäßerkrankung: Die peripher arterielle Gefäßerkrankung (PAD) ist eine bedeutende Manifestation der systemischen Atherosklerose und kann Gefäßverschlüsse verursachen. Die Patienten haben ein erhöhtes Risiko der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität. In einer Studie /35/ hatten Patienten mit PAD und NT-proBNP über 213 ng/l ein 2,47 (1,27–4,03) erhöhtes Mortalitätsrisiko.

Kardio-renales Syndrom: Patienten mit chronischer Nierenerkrankung haben gegenüber Nierengesunden vermehrt kardiovaskuläre Erkrankungen und HI mit erhöhter Mortalität, resultierend aus einer Atherosklerose und linksventrikulärer Hypertrophie. Die Verbindung von Niereninsuffizienz und HI wird auch als kardio-renales Syndrom bezeichnet. Patienten mit diesem Syndrom haben erhöhte Konzentrationen von BNP und NT-proBNP. Das Problem besteht aber darin, dass sowohl kardial symptomatische als auch asymptomatische Patienten erhöhte Werte haben (NT-proBNP ist aber stärker erhöht als BNP) und die Niereninsuffizienz die Interpretation der Werte von BNP und NT-proBNP stört. Beide Peptide werden durch glomeruläre Filtration eliminiert, BNP zusätzlich noch durch vermittels des BNP-Clearance Rezeptors. Das erklärt warum bei Patienten mit Niereninsuffizienz NT-proBNP stärker erhöht ist als BNP. Bei Patienten mit Hämofiltration sinkt die Konzentration von BNP um 39 % und die von NT-proBNP um 59 % ab /36/. Die Erhöhung beider Peptide beim kardio-renalen Syndrom beruht aber vorwiegend auf der kardialen Komponente und weniger der renalen /37/. Patienten im Endstadium der chronischen Niereninsuffizienz und NT-proBNP > 2.387 ng/l vor dem initialen Start der Hämodialyse hatten ein 2,4 fach höheres Mortalitätsrisiko nach 3 Monaten als diejenigen mit einer Konzentration unter 429 ng/l /38/. Es wird versucht die renale Dysfunktion beim kardio-renalen Syndrom auszublenden durch Bildung der BNP/NT-proBNP-Ratio /39/. In einer prospektiven Studie /40/ von mehr als 200 Patienten mit nicht diabetischer milder oder moderater Niereninsuffizienz und einer eGFR 30–90 [ml × min–1 × (1,73 m2)–1], waren BNP und NT-proBNP auch prognostische Faktoren für das Fortschreiten einer milden oder moderaten chronischen Niereninsuffizienz (Endpunkte: terminale Niereninsuffizienz oder Verdopplung der Creatinin Konzentration).

Entzündungshemmer: Anti-inflammatorische Medikamente wie Cyclooxygenase Inhibitoren (Coxibs) und Non-steroidal antiinflammatory drugs (NSAIDs) erhöhen die Inzidenz von Myokardinfarkt und Schlaganfall. Es besteht die Annahme, dass diese Pharmaka die Bildung von kardiovaskulär protektiven Eicosanoiden (Prostacyclin) hemmen, nicht aber die von Thromboxan A2 /41/. Als Folge resultieren Erhöhung des Blutdrucks, eine höhere Rate kardiovaskulärer Ereignisse und die beschleunigte Entwicklung einer Atherosklerose. Bei Patienten unter NSAIDs, Coxibs oder Glukokortikoid Medikation beträgt das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse innerhalb von 200 Tagen nach Beginn der Einnahme und Werten von NT-proBNP ≥ 100 ng/l das 1,95 fache im Vergleich zu Patienten mit Werten unter 100 ng/l. Bei der Therapie mit Coxib war das Risiko sogar 7,41 fach höher /42/.

Herzchirurgie /43/: Die Bestimmung von BNP und kardialem Troponin I (cTnI) vor und 20 h nach einer Herzoperation geben Auskunft über eine sich entwickelnde kardiale Dysfunktion. Patienten mit einem postoperativen Anstieg beider Marker hatten ein 12 fach erhöhtes Risiko der HI. Bei Messung des cTnI von Siemens und des BNP von Biosite waren optimale Grenzwerte zur Prädiktion einer sich entwickelnden kardialen Insuffizienz die Kombination von cTnI > 5,4 μg/l und BNP > 450 ng/l.

Kardiovaskuläres Risiko: Prospektive Studien zeigen eine Assoziation von BNP und NT-proBNP und dem kardiovaskulären Risiko. Eine Metaanalyse /44/, die 40 Studien umfasst mit 87.474 Patienten und 10.625 kardiovaskulären Ereignissen, zeigt folgende Ergebnisse: Probanden mit einem BNP-Bereich von 9–142 ng/l bzw. einem NT-proBNP-Bereich von 30–750 ng/l wurden in Tertilen gruppiert. Diejenigen in der höchsten Tertile hatten ein 2,9 fach (95 % CI 1,9–4,4) höheres Risiko für künftige kardiovaskuläre Ereignisse als diejenigen in der niedrigsten Tertile.

Zur Feststellung des prognostischen Wertes von NT-proBNP im Vergleich zu den traditionellen Risikomarkern kardiovaskulärer Erkrankungen wie dem CRP im Serum und der Albumin/Creatinin Ratio wurden 658 Einwohner von Kopenhagen im Alter von 50–89 J. untersucht /45/. Registriert wurde das Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen und der kardiale Tod in den folgenden 5 Jahren nach der Blutentnahme zur Bestimmung von NT-proBNP. Personen, die im angegebenen Zeitraum verstarben, hatten zu Beginn der Studie ein NT-proBNP von im Mittel 505,5 (281,8–1.138,3) ng/l, die Überlebenden 234,9 (134,9–461,5) ng/l, die Albumin/Creatinin Ratio war im Mittel 14,0 (7,0–30,0) mg/g Creatinin versus 6,0 (4,0–11,0). Die Werte des CRP zeigten keinen signifikanten Unterschied. Ein ähnliches Ergebnis erbrachten die Daten für das Auftreten eines ersten koronaren Ereignisses. Die Resultate zeigen, dass NT-proBNP ein besserer Risikomarker für künftige kardiale Ereignisse und Mortalität ist als die traditionellen Risikofaktoren.

Tabelle 2.8-3 NT-proBNP bei Patienten mit akuter Dyspnoe mit und ohne Herzinsuffizienz (HI) /26/

Dyspnoe ohne HI

Dyspnoe mit HI

Alter

< 50

50–75

> 75

< 50

50–75

> 75

Mittelwert

163

500

1.209

7.947

7.964

10.519

Median

42

121

327

5.044

3.512

5.495

5. Perzentile

5

10

25

393

416

658

97,5. Perz.

778

2.101

7.916

36.201

29.089

35.183

Angaben in ng/l; Pz., Perzentile

Tabelle 2.8-4 In-Hospital Mortalität von Patienten mit ACS in Abhängigkeit vom BNP-Wert /31/

NSTEMI

STEMI

Quart.

BNP (μg/l)

Mortal.

BNP (μg/l)

Mortal.

Q 1

≤ 95

1,3 %

≤ 35

1,9 %

Q 2

> 95–≤ 316

3,2 %

> 35–≤ 132

3,9 %

Q 3

> 316– ≤ 855

5,8 %

> 132– ≤ 435

8,2 %

Q 4

> 855

11,2 %

> 435

17,9 %

Abkürzungen: Quart, Quartile; Mortal, Mortalität

Tabelle 2.8-5 Wirkungen ANP und BNP

  • Sympathomimetische Aktivität im zentralen und peripheren Nervensystem
  • Hemmung des Trinkens
  • Natriurese und Diurese
  • Hemmung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems
  • Relaxation der glatten Muskulatur und Vasodilatation
  • Erhöhung der Permeabilität des Gefäßendothels
  • Relaxation der glatten Muskulatur der tiefen Atemwege
  • Steigerung der Lipolyse im Fettgewebe
  • Hemmung des kardialen und vaskulären Remodeling
Frauen Alter Männer Nichtraucher Raucher Nichtraucher Raucher Bluthochdruck (mmHg) 180 7 8 9 10 12 13 15 17 19 22 65 14 16 19 22 26 26 30 35 41 47 10-Jahres-Mortalitätsrisiko in % 160 5 5 6 7 8 9 10 12 13 16 9 11 13 15 16 18 21 25 29 34 140 3 3 4 5 6 6 7 8 9 11 6 8 9 11 13 13 15 17 20 24 120 2 2 3 3 4 4 5 5 6 7 4 5 6 7 9 9 10 12 14 17 180 4 4 5 6 7 8 9 10 11 13 60 9 11 13 15 18 18 21 24 28 33 160 3 3 3 4 5 5 6 7 8 9 6 7 9 10 12 12 14 17 20 24 140 2 2 2 3 3 3 4 5 5 6 4 5 6 7 9 8 10 12 14 17 120 1 1 2 2 2 2 3 3 4 4 3 3 4 5 6 6 7 8 10 12 180 2 2 3 3 4 4 5 5 6 7 55 6 7 8 10 12 12 13 16 19 22 160 1 2 2 2 3 3 3 4 4 5 4 5 6 7 8 8 9 11 13 16 140 1 1 1 1 2 2 2 2 3 3 3 3 4 5 6 5 6 8 9 11 120 1 1 1 1 1 1 1 2 2 2 2 2 3 3 4 4 4 5 6 8 180 1 1 1 2 2 2 2 3 3 4 50 4 4 5 6 7 7 8 10 12 14 160 1 1 1 1 1 1 2 2 2 3 2 3 3 4 5 5 6 7 8 10 140 0 1 1 1 1 1 1 1 1 2 2 2 2 3 3 3 4 5 6 7 120 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2 2 2 2 3 3 4 5 180 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 40 1 1 1 2 2 2 2 3 3 4 160 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 2 2 2 3 140 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 2 2 120 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1 4 5 6 7 8 4 5 6 7 8 4 5 6 7 8 4 5 6 7 8 Cholesterin (mmol/l)

Abbildung 2.1-1 European Society of Cardiology kardiovaskulärer Risk Score /9/. Das 10-Jahresrisiko für ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis für Hochrisiko-Regionen ist angegeben. Die Zahlenwerte in der Tabelle geben das Risiko in % an in Abhängigkeit von: Cholesterinwert, Blutdruck, Alter, Geschlecht und Rauchen.

Endothel Endothel Elastica Monozyt Gefäßlumen LDL HDL LDL HDL LDL HDL LDL Mastzelle LDL SMC SMC LDL CCR2 LDL HDL Thrombozyten-Aggregation LDL LDL LDL LDL LDL LDL VCAM-1 P-Selectin E-Selectin MCP-1Chemoattractant MCSF IFNγ IL-1 ROS/TNF/IL-1/Ox LDL HDL Intima Schaumzelle Lymphozyt T /ICAM-1

Abbildung 2.1-2 Initiierung von atherosklerotischen Plaques; modifiziert nach Lit. /14/. Die Entwicklung beginnt mit einer Dysfunktion des Gefäßendothels. Diese bewirkt eine veränderte Durchlässigkeit für Lipoproteine, die in die Intima eindringen können. Dort kommt es zur Freisetzung proinflammatorischer Zytokine, z.B. Tumornekrosefaktor (TNF), durch ortsständige Entzündungszellen. Die Endothelzellen setzen Adhäsionsmoleküle (Selectine, VCAM, ICAM) frei, die Thrombozyten und Immunzellen in die Reaktion mit einbeziehen. In die Intima gelangende LDL werden nach Modifikation von Makrophagen aufgenommen. Die aktivierten Makrophagen bilden proinflammatorische Zytokine wie Interferon-γ, IL-1, TNF-α, reaktive Sauerstoffspezies (ROS) und oxidieren die LDL zu oxLDL. Diese aktivieren die Entzündung und halten sie in Gang. Glatte Muskelzellen (Smooth muscle cells; SMC) werden in die Entzündungsreaktion mit einbezogen und proliferieren. Makrophagen konvertieren durch die Beladung mit Lipiden zu Schaumzellen.

T T T Gefäßlumen Monozyten bildeninflammatorischeZytokine T-Lymphozyten bilden TGFβ und IFNγ und aktivierenMonozyten Tissue-Faktor Dünne Schulter SMC-Apoptose Lipid-rich gruel Mast_2-1-3zelle Thrombozyten- Aggregation Kollagen Ruptur vonMikrogefäß SMC Lipid-rich gruel SMC

Abbildung 2.1-3 Progression zum atherosklerotischen Plaque mit aus fibrösem Kollagen bestehender Kappe; modifiziert nach Lit. /14/. Die von aktivierten Monozyten und T-Lymphozyten freigesetzten pro-inflammatorischen Zytokine bewirken die Wanderung glatter Muskelzellen (SMC) von der Media in die Intima, wo sie fibröses Kollagen bilden. Eine Kappe aus fibrösem Kollagen deckt den zunehmend größer werdenden fibrösen Lipidkern (Lipid-rich gruel) ab. Wird fibröses Kollagen durch Inflammations-induzierte Synthese von Metalloproteasen degradiert, wird die Kappe zunehmend dünner und es kommt es zur Ruptur. Die Plaqueruptur, initiiert durch ein Zusammenspiel hämodynamischer, zellulärer und inflammatorischer Mechanismen, induziert eine Thrombusbildung durch Kontaktaktivierung von fließendem Blut mit Kollagen und Gewebefaktoren.

ECGTroponinDiagnosis + ++ Other cardiac UA NSTEMI STEMI Non-cardiac Low likelihood High likelihood

Abbildung 2.3-1 Beurteilung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom, modifiziert nach Lit. /2/.

Die initiale Beurteilung erfolgt anhand folgender Kriterien:

– Klinische Befunde (Bsp. Anamnese, Symptome).

– Ergebnis des EKG mit 12 Ableitungen.

– Absoluter Wert und Verlauf des kardialen Troponins.

Die jeweiligen Boxen zeigen die endgültige Diagnose, die sich aus der Kombination der klinischen Befunde und der Laborbefunde ableitet. Non-cardiac bezieht sich auf thorakale Erkrankungen; UA, instabile Angina; other cardiac, andere kardiale Erkrankungen (Bsp. Myokarditis, Tachyarrhythmia); NSTEMI, non-ST-segment elevation myocardial infarction; STEMI, ST-segment elevation myocardial infarction.

Vielfaches des oberen Referenzwerts501510 5Troponin ITroponin TLDHMyo-globinCK-MB (CK)1234Tage nach Herzinfarkt56710Referenz-bereich

Abbildung 2.3-2 Zeitprofil von Enzymen, kardialem Troponin und CK-MB Masse beim akuten Myokardinfarkt.

TnC Überlappungmit Tropo-myosin Tropo-myosin Aktin TnI TnT

Abbildung 2.4-1 Aufbau eines dünnen Filaments mit Troponinkomplex bestehend aus TnC, TnI und TnT.

Acute chest pain Re-test hs-cTn: 3 h hs-cTn < ULN Pain > 6 h hs-cTn no change Painfree, GRACE < 140, differential diagnoses excluded change (hs-cTn value > ULN) Highly abnormal hs-cTN + clinical presentation hs-cTn no change Work-up differential diagnoses Pain < 6 h Discharge/Stress testing Invasive management hs-cTn > ULN

Abbildung 2.4-2 Anwendung des 0 h/3 h rule-in und rule-out Algorithmus bei Verdacht auf non-ST-elevation akutem Myokardsyndrom unter Anwendung eines high-sensitivity cTn Assays. Modifiziert nach Lit. /8/.

ULN: upper limit of normal (also called upper reference limit, URL) definiert als 99. Perzentile Gesunder.

GRACE: Global Registry of Acute Coronary Events (weiterführend siehe Beitrag 2.3.3.5).

Δ change: die absolute Änderung von hs-cTn innerhalb 1 Stunde: Highly abnormal hs-cTn: Definiert den 5 fachen Anstieg über die 99. Perzentile.

Other 0 h ≥ D ng/l or 0-lh ≥ E ng/l 0 h < B ng/l and 0-lh < C ng/l 0 h < A ng/l or Suspected NSTEMI Observe Rule-in Rule-out A B C D E hs-cTnT (Elecsys) 5 12 3 52 5 hs-cTnI (Architect) 2 5 2 52 6 hs-cTnI (Dimension Vista) 0.5 5 2 107 19

Abbildung 2.4-3 Die 0/1 Stunden Beurteilung wird empfohlen bei Anwendung von high-sensitivity (hs-cTn) Assays wenn ein validierter Algorithmus vorhanden ist. Dieser rule-in und rule-out Algorithmus kann angewendet werden bei Patienten mit non-ST elevation Myokardinfarkt (NSTEMI) und ist eine Alternative zum 0/3 Stunden Algorithmus. Modifiziert nach Lit. /8/.

Ein Myokardinfarkt Typ 2 kann ausgeschlossen werden wenn:

– Bei Aufnahme des Patienten der hs-cTn sehr niedrig ist (0-Stunden-Wert unterhalb des Assay spezifischen Wertes der Kolumne A)

– Bei der Kombination eines niedrigen 0-Stunden Wertes (0 Stunden Wert unterhalb des Assay spezifischen Wertes der Kolumne B) und der Wert nach 1 Stunde unterhalb des Assay-spezifischen Wertes in Kolumne C beträgt.

Patienten haben wahrscheinlich einen Myokardinfarkt Typ 2 wenn:

– Die hs-cTn Konzentration bei Aufnahme mindestens moderat erhöht ist (0-Stunden Wert ≥ Assay spezifischer Wert in Kolumne D)

– Die hs-cTn Konzentration einen deutlichen Anstieg innerhalb der ersten Stunde zeigt (0–1 Stunden Anstieg ≥ Assay spezifischer Wert in Kolumne E).

Bound cTnTIC Cytoplasm cTnTIC Free cTnT cTnIC Free cTnI cTnT sTnC cTnI cTnI/sTnC cTnT

Abbildung 2.4-4 Kompartmentierung und Freisetzung von cTnT und cTnI beim Myokardinfarkt. In der Zirkulation kommt cTnI vorwiegend in Form der Komplexe cTnI/sTnC vor. sTnC, TnC in Lösung; cTnIC, binärer Komplex von TNT; cTnTIC, ternärer Komplex von TnT, modifiziert nach Lit. /21/.

Herz- Minuten- volumen Arterielle Hypovolämie PeriphererGefäß- widerstand Herz- Minuten- volumen PeriphererGefäß- widerstand Renale Natrium- undWasser- Retention Wiederherstellung eines normalenarteriellen Kreislaufs

Abbildung 2.7-1 Ursachen und Folgen eines verminderten Blutvolumens im arteriellen System bei Herzinsuffizienz. Dargestellt sind ebenfalls die Korrektur-Mechanismen. Modifiziert, mit freundlicher Erlaubnis nach Lit. /11/.

RenalerPerfusions-druck Glomeru-läre Filtra-tionsrateRenaleVaso-konstriktion а-adrenergeAktivität Proximal tubuläreNatrium- undWasserresorption Angio-tensin II-AktivitätReduktion des Herz-Minutenvolumensoder peripher arterielle VasodilationResistenz gegenüber natriuretischen Peptiden.Abgeschwächter Entzug von der Aldosteronwirkung. Distale Natrium- undWasseranlieferung

Abbildung 2.7-2 Mechanismen, durch die eine arterielle Hypovolämie zu einer verminderten Anlieferung von Natrium und Wasser am distalen Tubulus der Niere führt. Die Folgen sind ein Aldosteron escape sowie eine Resistenz gegenüber natriuretischen Peptiden. Modifiziert, mit freundlicher Erlaubnis nach Lit. /10/.

BNP <100 ng/LoderNT-proBNP <300 ng/L Herzinsuffizienzausgeschlossen Herzinsuffizienzwahrscheinlich BNP 100–400 ng/LoderNT-proBNP<450 ng/L (<50 Jahre)<900 ng/L (50–75 Jahre)<1.800 ng/L (>75 Jahre) BNP >400 ng/LoderNT-proBNP>450 ng/L (<50 Jahre)>900 ng/L (50–75 Jahre)>1.800 ng/L (>75 Jahre) Weitere Untersuchungen

Abbildung 2.8-1 Interpretation der Konzentration von BNP und NT-proBNP bei Patienten mit akuter Dyspnoe und einer GFR über 60 [ml × min–1 × (1,73 m2)–1/4/.

I II III IV NYHA BNP-Konzentration (ng/l) - 1.4001.2001.0008006004002000

Abbildung 2.8-2 Mediane Konzentrationen sowie höchste und niedrigste Werte von BNP (Biosite-Test) bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in jeder der vier New York Heart Association Klassifikationen (NYHA I–IV). Mit freundlicher Genehmigung nach Lit. /1/.

* II III IV 20.000 NT-proBNP-Konzentration (ng/l) NYHA 10.0002.0001.5001.0005000

Abbildung 2.8-3 Mediane Konzentrationen und höchste und niedrigste Werte von NT-proBNP (Roche-Test) bei Patienten ohne chronische Herzinsuffizienz* sowie mit Herzinsuffizienz in den New York Heart Association Klassifikationen (NYHA II–IV). Mit freundlicher Genehmigung nach Lit. /15/.

0,70 0,75 0,80 0,85 0,90 0,95 1,00 0 10 20 30 40 50 60 70 80 NT-pro BNP >5.180 ng/l Tage nach akutem Brustschmerz Kumulative Überlebensrate NT-pro BNP ≥5.180 ng/l

Abbildung 2.8-4 Kaplan-Meier Kurven zur Demonstration der 76tägigen Überlebensrate bei Patienten mit akuter Herzinsuffizienz in Abhängigkeit von der Höhe der Konzentration von NT-proBNP. Die kumulative Überlebensrate ist deutlich höher bei Patienten mit NT-proBNP ≤ 5.180 ng/l zum Zeitpunkt der Präsentation in der Klinik mit akuter destabilisierender Herzinsuffizienz. Mit freundlicher Erlaubnis nach Lit. /15/.

proBNP (1–108) 1 1 10 70 76 10 70 76 80 90 100 Corin H 2 N COOH H 2 N NT-proBNP (1–76) BNP (77–108) Spaltung COOH H P L G S P G S A S Y T Q G S G C K V L R R H L C C F C R K M S S S G D S R I L V R M A K P P R S 80 90 100 COOH Q G S G C K V L R R H L C C F C R K M S S S G D S R I V M K P S H P L G S P G S A S Y T L R A P E

Abbildung 2.8-5 Spaltung des B-Typ-natriuretischen Prohormons (proBNP 1–108). Die Peptidasen Corin oder Furin spalten proBNP 1–108 an Position 76 und es entstehen das hormonell inaktive 1–76-Aminosäuren-Fragment NT-proBNP und das aktive 32 Aminosäuren lange aktive Hormon BNP 77–108. Mit freundlicher Genehmigung, modifiziert nach Lit. /3/.

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